Freitag, 16. März 2012

Wirtschaftswissenschaftler kritisiert Eurojackpot

Der Wirtschaftswissenschaftler und Mitglied im “Beirat Glücksspiel“ Michael Adams kritisierte die Gewinnstruktur des neuen Eurojackpots, mit dem möglichst viele Menschen zum Lottospielen in die Lottoabgabestellen gelockt werden sollen. Mit dem Eurojackpot werden die Vorgaben des staatlichen Glücksspielmonopols unterlaufen, so Adams gegenüber dapd.
Die Bürger sollten mit dem Monopol vor Spielsucht geschützt werden. Aufdringliche Werbung ist unzulässig. weiterlesen


Mit dem neuen Eurojackpot wird die Notwendigkeit eines Monopols konterkariert!

Bis zu 90 Millionen Gewinn mit dem Eurojackpot

Der Eurojackpot startet mit dem Versprechen auf Gewinne bis zu 90 Millionen Euro. Der Deutsche Lottoverband warnt hingegen vor einer höheren Gefährdung für Spielsüchtige.

Die Spielsuchtbekämpfung wird mit der neuen Zahlenlotterie Eurojackpot nach Einschätzung des Deutschen Lottoverbandes ad absurdum geführt. Der Glücksspielstaatsvertrag werde mit Sucht begründet, und nun komme ein Spiel auf den Markt, in dem man bis zu 90 Millionen Euro gewinnen könne, sagte André Jütting, Vertretungsberechtigter Geschäftsführer des Verbandes, im Interview mit der Nachrichtenagentur dapd in Hamburg.

Nach Angaben von Jütting lehnte der Fachbeirat Glücksspielsucht den Eurojackpot dreimal ab.
"Eurojackpot weist ein höheres Gefährdungspotential auf als 6 aus 49", heißt es in einem Bericht. Es sei nicht von einem Substitutionseffekt auszugehen; zudem könnten derzeitige Nichtspieler in den Markt gezogen werden. Neuheiten müssten dem Beirat stets vorgelegt werden. Sein Urteil sei nicht bindend. Doch habe der unabhängige Fachbeirat eine beratende Funktion für die Länder, sagte Jütting. Quelle

Den Ländern geht es beim staatlichen Wettmonopol nicht vorrangig um den Verbraucherschutz. Sie versuchen nicht nur eine traditionelle staatliche Einnahmequelle aufrechtzuerhalten, sondern vielmehr das Glücksspiel-Monopol weiter auszuweiten. weiterlesen


Westlotto: «Wir wollen mittelfristig die Spieler erreichen, die nicht »6 aus 49» spielen.»

Lotterie Eurojackpot lockt jüngere Spieler mit Millionengewinnen

Die bundesweite Kampagne zum Lotterie-Start, die Print-, Hörfunk- und Außenwerbung umfasst, läuft noch bis Anfang Mai.
Sie soll die Altersgruppe der 20- bis 50-Jährigen ansprechen, die für die traditionelle Lotterie "6 aus 49" meist nichts mehr übrig haben. weiterlesen

Um sich langfristig die Milliardengewinne zu sichern, hatten die Länder kurzerhand den Schutz der Bevölkerung vor Spielsucht zum politischen Staatsziel erklärt.
Genau an dieser Stelle wird das Glücksspielsucht-Dilemma deutlich: Auch wenn niemand ernsthaft glaubt, dass man mit einer neuen Mega-Lotterie die Glücksspielsucht-Vorbeugung stärkt, so muss dafür dennoch das geltende Recht des Werbeverbotes für Glücksspiel beachtet werdenQuelle

Die Lotto-Branche fordert nun, dass die Werberestriktionen für Lottoangebote insgesamt gelockert oder sogar aufgehoben werden. 
Quelle
 
So möchte der Staat auch mit dem Eurojackpot die Spielsucht bekämpfen und gleichzeitig am Glücksspiel mitverdienen. Die Lottogesellschaften erwarten dadurch einen zusätzlichen Umsatz von 590 Millionen € jährlich. Von weiteren Umsatzsteigerungen kann in der Zukunft aber ausgegangen werden. Die Begeisterung und Zahlungsbereitschaft der Lottofans steigt spürbar an, sobald der Eurojackpot im eigenen Land geknackt wurde, wie Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen. Diese "finanzielle" Zielsetzung, stürzte das Monopol (vgl. EuGH 08.09.11), indem damit gegen die Ziele des GlüStV und gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben verstoßen wurde und weiterhin verstoßen wird. Eine Scheinliberalisierung, wie von den 15 Bundesländern vorgesehen, wird ganz sicher nicht ausreichen den 90-Millionen-Eurojackpot zu legitimieren.

Das OVG NRW hat sich mit dem Urteil (4 A 17/08) vom 29.09.2011 ausführlich mit der Werbepraxis der staatlichen Glücksspielanbieter auseinandergesetzt und unter der Rn 49 festgestellt:
"Die Monopolregelung ist schon wegen der Werbepraxis der Monopolträger nicht geeignet, die Verwirklichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele zu erreichen."
(vgl. OVG Koblenz vom 13.03.2012)

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 8 C.15.09) verfügte am 24.11.2010 ein faktisches Werbeverbot für den Deutschen Lotto- und Totoblock

Wenn das Glücksspielmonopol mit Suchtbekämpfung begründet wird, ist Sympathie- und Imagewerbung des Lottoblocks verboten. 


EuGH: Engelmann Rs. C 64/08
Rn. 23
Viertens weist das Gericht auf das aktive Streben der nationalen Behörden nach Einnahmen aus dem Spielbankabgabeaufkommen hin. Dies stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs, nach der Beschränkungen der Grundfreiheiten im Bereich des Glücksspiels effektiv dem Ziel dienen müssten, die Gelegenheiten zum Spiel tatsächlich zu vermindern, und nicht dazu, eine Finanzierungsquelle zu erschließen.

Ich würde mich nicht wundern, wenn die 15 Bundesländer mit dem GlüÄndStV erneut scheitern würden.
Bereits 2011 hat die EU-Kommission den Entwurf der Bundesländer durchfallen lassen.

Das Oberverwaltungsgericht Münster berief sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), dass es nicht einerseits eine "Monopolregelung" geben kann, "die auf die Bekämpfung der Spielsucht und den Spielerschutz als zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützt wird" und anderseits die "Behörden (…) die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen". weiterlesen

Der EuGH führt im Urteil C-347/09 Dickinger/Ömer u.a. wie folgt aus:
67 Da das Ziel, die Verbraucher vor der Spielsucht zu schützen, grundsätzlich schwer mit einer Politik der Expansion von Glücksspielen, die insbesondere durch die Schaffung neuer Spiele und die Werbung für sie gekennzeichnet ist, vereinbar ist, kann eine solche Politik nur dann als kohärent angesehen werden, wenn die rechtswidrigen Tätigkeiten einen erheblichen Umfang haben und die erlassenen Maßnahmen darauf abzielen, die Spiellust der Verbraucher in rechtmäßige Bahnen zu lenken (Urteil Ladbrokes Betting & Gaming und Ladbrokes International, Randnr. 30).

Auch staatliche Monopole müssen wirksam von staatlicher Seite beaufsichtigt werden

Einen weiteren Akzent setzt der EuGH im Hinblick auf die staatliche Aufsicht über Monopole. Der EuGH fordert die nationalen Gerichte auf, zu prüfen, ob die staatlichen Kontrollen über die Tätigkeit des Monopolinhabers gewährleisten können, dass dieser tatsächlich in der Lage ist, die geltend gemachten Ziele in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (Rn 57). Diese Ausführungen haben für Deutschland besondere Brisanz, weil hier eine staatliche Aufsicht faktisch nicht existent ist und Rechtsverstöße der Monopolinhaber immer nur, aber dutzendweise von privaten Konkurrenten und Verbänden über die Zivilgerichtsbarkeit abgestellt werden.

62 Ein Mitgliedstaat kann sich daher nicht auf Gründe der öffentlichen Ordnung berufen, die sich auf die Notwendigkeit einer Verminderung der Gelegenheiten zum Spiel beziehen, wenn die Behörden dieses Mitgliedstaats die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Glücksspielen teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen (vgl. in diesem Sinne EuGH v. 06.11.2003 – Gambelli Az.: C-243/01 Randnr. 69).

In Deutschland ist das Glücksspielwesen völlig inkohärent geregelt.
Aus Einnahmegründen werden die Bereiche am stärksten reglementiert, von denen die geringsten bzw. keine Suchtgefahren ausgehen, während Glücksspiele mit höherem Suchtgefahren von privaten angeboten werden dürfen.
Die Regelungen hinsichtlich Spielautomaten seien dagegen durch die neue Spielverordnung noch einmal gelockert worden. Bei Automaten in den Casinos gebe es gar keine gesetzliche Regelung.

Der Zweck heiligt nicht immer alle Mittel, gerade dann nicht, wenn der EuGH andere Vorgaben macht.

Nach der europäischen Rechtsprechung sind staatliche Monopole nur ausnahmsweise zulässig. Monopole sind im europäischen Binnenmarkt ein Fremdkörper, der jeweils besonderer Rechtfertigung bedarf. Folgerichtig heißt es in der amtlichen Pressemitteilung des EuGH (C-212/08 Zeturf Nr. 65/11), die nationalen Gerichte (Rn 54) müssten überhaupt erst einmal prüfen, ob die Einführung des Monopols "tatsächlich" erforderlich ist und seinem Anliegen gerecht wird.

Der Staat muss detailliert nachweisen, dass Monopole erforderlich sind.

Der EuGH macht in der Entscheidung sehr deutlich, dass er nicht länger gewillt ist, pauschale und vorgeschobene Begründungen für staatliche Glücksspielmonopole ausreichen zu lassen.
Das Gericht muss die konkreten Anwendungsmodalitäten der nationalen Regelungen beachten und insbesondere auch die Entwicklung des Glücksspielmarktes dauerhaft berücksichtigen. Die floskelhafte Begründung, ein Monopol sei zur Suchtbekämpfung erforderlich, reicht nicht mehr aus.

Schon am 27. April 2005 stellte das BVerfG mit seinem Beschluss (Az.: 1 BvR 223/05) klar, dass der bloße Verweis auf abstrakte Gefahren des Glücksspiels gerade nicht ausreichen kann, um die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen. Dementsprechend kann damit auch kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung begründet werden (vgl. Prof. Widmaier, Rechtsgutachten v. 2006, S. 40 ff)

EuGH: Costa u.a.
Neben den Grundfreiheiten hat die die Konzessionen vergebende Behörde den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das daraus folgende Transparenzgebot zu beachten (R. 54). Dem entsprechend muss die Behörde zur Erfüllung des Transparenzerfordernisses "einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit sicherstellen, der eine Öffnung der Konzessionen für den Wettbewerb und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden sind" (Rn. 55, bestätigt in Rn. 72). Mit dem Argument einer Verringerung der Gelegenheit zum Spiel, als Rechtfertigung grundsätzlich anerkannt (Rn. 61), kann angesichts der expansiven Politik im italienischen Glücksspielsektor die Ungleichbehandlung nicht begründet werden (Rn. 62). Auch das Argument der Kriminalitätsbekämpfung kann nur dann vorgebracht werden, wenn die eingesetzten Mittel kohärent und systematisch sind (Rn. 63 unter Verweis auf Rn. 48 und 53 des Placanica-Urteils). Der EuGH bestätigt hierbei noch einmal seine strengen Transparenzanforderungen. Diese sollen gewährleisten, dass "alle interessierten Wirtschaftsteilnehmer auf der Grundlage sämtlicher einschlägiger Informationen an Ausschreibungen teilnehmen können, und die Gefahr von Günstlingswirtschaft oder von willkürlichen Entscheidungen der Vergabestelle ausschließen" (Rn. 73).

EuGH: Stoß u.a.
Rn 83 Allerdings muss eine so restriktive Maßnahme wie die Schaffung eines Monopols, die sich nur im Hinblick auf die Gewährleistung eines besonders hohen Verbraucherschutzniveaus rechtfertigen lässt, mit der Errichtung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen.

EuGH: Carmen Media Group
85 Das Ermessen, über das die Mitgliedstaaten demnach zur Beschränkung des Angebots an Glücksspielen verfügen, entbindet sie aber nicht davon, sich zu vergewissern, dass die von ihnen geschaffenen Beschränkungen den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. u. a. Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86 Nach ständiger Rechtsprechung kann eine in einem Mitgliedstaat geschaffene Erlaubnisregelung, mit der legitime, in der Rechtsprechung anerkannte Ziele verfolgt werden, insbesondere keine Ermessensausübung der nationalen Behörden rechtfertigen, die geeignet ist, den Bestimmungen des Unionsrechts und vor allem denen, die eine Grundfreiheit wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende betreffen, ihre praktische Wirksamkeit zu nehmen (vgl. u. a. Urteil vom 3. Juni 2010, Sporting Exchange, C 203/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 49).

EuGH: Winner Wetten C-409/06
Aus der bisherigen Rechtsprechung des EuGH ergibt sich, das Maßnahmen, die nicht dazu beitragen die Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen, nicht mit dem Ziel gerechtfertigt werden können, Anreize zu überhöhten Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, gegen die Art. 43 EG und 49 EG verstößt. (Rn 68)

EU-Kommission kritisiert (neuen) deutschen Glücksspielstaatsvertrag

Die EU-Kommission kritisiert in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme den revidierten Glücksspielstaatsvertrag, der mit Ausnahme von Schleswig-Holstein zur Jahresmitte in allen Bundesländern in Kraft treten soll. Sie lobte die Ausweitung von 5 auf 20 Anbieter für Online-Sportwetten, monierte aber die Absicht, Casino-Spiele und Online-Poker nicht zuzulassen.

Die EU-Kommission weist die Bundesländer darauf hin, dass ein Mitgliedsstaat der EU belastbare Beweise vorbringen muss, wenn er eine Beschränkung einer Dienstleistung durchsetzen will. Die Bundesländer hätten nicht überzeugend dargelegt, dass Online-Poker und Casino-Spiele besonders süchtig machten und der Geldwäsche dienen könnten. Die Beweise dafür müssten sie nun erbringen.  weiterlesen


EuGH: Der Staat muss detailliert nachweisen, dass Monopole erforderlich sind und diese streng überwachen. (C-347/09 Dickinger/Ömer Rn 57,   C-212/08 Zeturf Rn 47, 48, 54, Stoß u. a., Rn. 71, 83; Ladbrokes)

Der EuGH fordert die nationalen Gerichte auf, zu prüfen, ob die staatlichen Kontrollen über die Tätigkeit des Monopolinhabers gewährleisten können, dass dieser tatsächlich in der Lage ist, die geltend gemachten Ziele in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (C-347/09 Dickinger/Ömer Rn 57). Diese Ausführungen haben für Deutschland besondere Brisanz, weil hier eine staatliche Aufsicht faktisch nicht existent ist und Rechtsverstöße der Monopolinhaber immer nur, aber dutzendweise von privaten Konkurrenten und Verbänden über die Zivilgerichtsbarkeit abgestellt werden.

Zeturf C-212/08 Rn 58. Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, muss eine so restriktive Maßnahme wie die Schaffung eines Monopols mit der Errichtung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (Urteil Stoß u. a., Randnr. 83).
 

Beschränkungen dürfen nur der Sucht- und Kriminalitätsbekämpfung dienen - und nicht finanziellen Interessen ! Quelle

Mit der Einführung des neuen Eurojackpot wird die Notwendigkeit eines Monopols konterkariert!
(vgl. EuGH-Entscheidungen u.a. C-212/08 Zeturf, Rn 54, 59, 66; C-347/09 Dickinger/Ömer Rn 62, 67)


C-347/09 Dickinger/Ömer Rn 62: Ein Mitgliedstaat kann sich daher nicht auf Gründe der öffentlichen Ordnung berufen, die sich auf die Notwendigkeit einer Verminderung der Gelegenheiten zum Spiel beziehen, wenn die Behörden dieses Mitgliedstaats die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Glücksspielen teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen (vgl. in diesem Sinne EuGH v. 06.11.2003 – Gambelli Az.: C-243/01 Randnr. 69).

C-347/09 Dickinger/Ömer Rn 67: Da das Ziel, die Verbraucher vor der Spielsucht zu schützen, grundsätzlich schwer mit einer Politik der Expansion von Glücksspielen, die insbesondere durch die Schaffung neuer Spiele und die Werbung für sie gekennzeichnet ist, vereinbar ist, kann eine solche Politik nur dann als kohärent angesehen werden, wenn die rechtswidrigen Tätigkeiten einen erheblichen Umfang haben und die erlassenen Maßnahmen darauf abzielen, die Spiellust der Verbraucher in rechtmäßige Bahnen zu lenken (Urteil Ladbrokes Betting & Gaming und Ladbrokes International, Randnr. 30).
 
Zur Rechtsstaatlichkeit im Glücksspielwesen weiterlesen

Staatliche Betreiber versuchen zur Einnahmeerhöhung mit immer neuen Produkten ihren Markt auf neue Verbrauchergruppen auszudehnen (erst 2009 eingestellte Minuten - Jugend-Internet-Lotterie QUICKY, Tageslotterie-KENO, Lotto am Mittwoch, Oddset, Toto, Super 6, Glücksspirale, Sofortlotterie-Rubbellose, BINGO und ab 23.03.2012 der neue Eurojackpot mit einer Gewinnsumme bis 90 Mio €) anstatt einer solchen Ausweitung entgegenzuwirken, wie es in den politischen Zielen der Gesetzesmotive zu § 284 StGB (Deutscher Bundestag, Drucksache 13/8587) nachzulesen ist.

Hierzu führt RA Martin Reeckmann, Regierungsdirektor a.D wie folgt aus:
Die hierbei vom Bundesrat eingenommene Position beinhaltet nichts anderes als das Interesse der Bundesländer an der Aufrechterhaltung der Monopolstellung der landeseigenen Unternehmen im Deutschen Lotto- und Totoblock, das mit der Erweiterung des Sechsten Strafrechtsreformgesetzes unverblümt dem Bundes- und Strafgesetzgeber untergeschoben wurde. Weder der Initiative der Länder noch den nachfolgenden Beratungen in Bundesrat und Bundestag zur Änderung der §§ 284 ff. StGB lagen wissenschaftlich belastbare Erkenntnisse zu Spielsucht oder Kriminalitätsbelastung privater Glücksspielangebote zu Grunde. Es hat auch keine inhaltliche Erörterung von Fragen der Spielsucht stattgefunden. In den Gesetzesmaterialen finden sich keine diesbezüglichen Hinweise oder Belege. Quelle

Die Unionsrechtswidrigkeit führt zur Unanwendbarkeit der §§ 1 ff GlüStV mit der Folge, dass auch die verwaltungsakzessorischen §§ 284 ff StGB unanwendbar sind. (mehr)

Ebenfalls unanwendbar ist § 9 GlüStV als Rechtsgrundlage für Untersagungsverfügungen, da an das Fehlen einer Erlaubnis, die in unionsrechtswidriger Weise nicht erlangt werden konnte, keine Sanktionen geknüpft werden können, zumal derzeit wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts keine Erlaubnispflicht besteht. Dies darf auch nicht durch eine Heranziehung der subsidiären Vorschriften des Landesstrafrechts (z.B. Art. 7 II BayLStVG i.V.m. § 284 StGB) umgangen werden. (Streinz/Kruis, NJW 2010, 3749 f.)

zuletzt aktualisiert: 02.04.2012