Donnerstag, 30. April 2020

Ministerpräsident Söder: "Schutz des Lebens an oberster Stelle"


Söder zu Corona-Lockerungen:
"Schutz des Lebens an oberster Stelle"

Der bayrische Ministerpräsident Söder mahnt zur Vorsicht bei den Lockerungen der Maßnahmen der Corona-Pandemie.
Er sei nicht zu "Experimenten mit der Gesundheit der bayrischen Bevölkerung bereit." Quelle:

Wenn der Ministerpräsident das ernst meint, dann sollte er für eine vernünftige Erfassung der Neuinfektionen im Rahmen der Meldepflicht sorgen.

Dazu ist z.B. festzustellen:
"wann, wo, warum, und wer (Alter, Geschlecht, Beruf, Vorerkrankungen etc)" sich ansteckte und ob eine Ansteckungsgefahr für Andere besteht?

Diese Angaben müssten unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsrechts und des Datenschutzes veröffentlicht werden, damit sich die Bevölkerung auch eigenverantwortlich besser vor dem jeweiligen Infektionsherd schützen kann.

Damit könnte die Ausbreitung des Infektionsgeschehens kleinteilig besser erfasst, bekämpft und generell mehr über das Problem gelernt werden.

Auch die Behörden sind zur Gefahrenabwehr verpflichtet. 
Tatsächlich begeht nach § 223 Strafgesetzbuch (StGB) eine Körperverletzung, wer jemand Anderen in seiner Gesundheit schädigt.

Dazu zählt grundsätzlich auch die Ansteckung mit einer Krankheit, die für einen Verstoß gegen § 227 StGB (Körperverletzung mit Todesfolge) sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren vorsieht.

Strafbar kann gemäß § 229 StGB auch schon die fahrlässige Körperverletzung sein.

Der Staat macht keine gute Figur mit dem Schutz besonders Schutzbedürftiger.

"MONITOR" berichtete am 30. April 2020 über Hunderte von positiv getesteten in Massenunterkünften wie Gefängnissen und Flüchtlingsheimen. https://www.youtube.com/monitor_ard

Die Sammelunterkünfte bieten nicht den Raum um den gesetzlich vorgegebenen Mindestabstand einhalten zu können. Korrekterweise müssten die in den geschlossenen Systemen festgestellten Zahlen aus den allgemeinen Fallzahlen herausgerechnet werden. Die Ansteckungsrate muß dort sehr hoch sein, weil ein großer Anteil der Verstorbenen zuvor in Heimen gelebt hat und über 70 Jahre alt war.

Für sinnvoll hält Wieler dagegen Tests auch unabhängig von Symptomen in Kliniken, Alten- und Pflegeheimen - um Risikogruppen zu schützen. Falls sich herausstellen sollte, dass das Infektionsgeschehen z. Zt. hauptsächlich in Sammelunterkünften, sowie in Kliniken, Alten- und Pflegeheimen vorkommt, dann wäre die Allgemeinheit nur sehr beschränkt einem Infektionsrisiko ausgesetzt. 

Das Virus kann man nur da aushungern, wo es tatsächlich aktiv ist.

Eine allgemeine Ausgangssperre, verbunden mit der Einhaltung des Mindestabstandes und dem Tragen von Masken durch die Allgemeinheit beeinflusst das Infektionsgeschehen in den Sammelunterkünften, 
Kliniken, Alten- und Pflegeheimen nicht, insbesondere da ein Besuchsverbot jeglichen Kontakt zusätzlich verhindert.  
Somit ist eine allgemeine Ausgangsbeschränkung weder geeignet, noch erforderlich und damit unverhältnismäßig. 

Da die allgemeine Ausgangsbeschränkung nichts an den Zuständen in den Heimen, Kliniken und Sammelunterkünften und auch die Zahl der Neuinfektionen nicht senken kann, gäbe es nach dieser langen Zeit keine belastbaren Gründe für die uneingeschränkte Fortdauer der strengen bayrischen Regelung des Verbots des Verlassens der Wohnung mehr, womit sich diese Grundrechtseinschränkung aus meiner Sicht als verfassungswidrig darstellen würde.

Volker Stiny

Heimbewohner in der Todesfalle
Als das Virus erkannt wurde, war es zu spät: Innerhalb weniger Tage infizierten sich 112 der 160 Bewohner des Wolfsburger Hanns-Lilje-Heims mit Corona, 47 von ihnen starben. Auch viele Pflegekräfte erkrankten an COVID-19. 
https://www.3sat.de/gesellschaft/politik-und-gesellschaft/ich-weiss-nicht-mal-wie-er-starb-102.html

Will das RKI Obduktionen verhindern?
RKI: Eine innere Leichenschau, Autopsien oder andere aerosolproduzierenden Maßnahmen sollten vermieden werden. Sind diese notwendig, sollten diese auf ein Minimum beschränkt bleiben.

Der Präsident des Bundesverbands Deutscher Pathologen, Karl-Friedrich Bürrig, und der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Pathologie, Gustavo Baretton, äußern ebenfalls Kritik an der RKI-Empfehlung - allerdings, um das Wissen über Covid-19 zu mehren: "Gerade aktuell sollten Obduktionen bei diesen Verstorbenen nicht vermieden, sondern im Gegenteil so oft wie möglich durchgeführt werden, auch um den Zusammenhang mit anderen Grunderkrankungen der Verstorbenen zu erhellen. Daran besteht ein hohes öffentliches Interesse", schrieben sie in einem gemeinsamen Brief an das RKI, der tagesschau.de vorliegt.
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/inland/corona-obduktionen-101.html

update vom 29. Mai 2020

Corona-Ausbruch in Deutschland
Die verlorenen Wochen
In Deutschland wurde die Gefahr einer Corona-Pandemie zu Beginn deutlich unterschätzt. Das geht aus vertraulichen Dokumenten hervor, die BR und "Welt am Sonntag" vorliegen.
Eine Rekonstruktion.
Am 31. Dezember versendet das internationale Frühwarnsystem ProMED eine E-Mail. Es geht um eine unbekannte Lungenentzündung in China.
Die Meldung zum neuartigen Coronavirus geht auch nach Berlin ans Robert Koch-Institut.
Noch am 12. Februar bezeichnete Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Gefahr einer Pandemie laut den Dokumenten im Gesundheitsausschuss als „irreal“.
https://www.tagesschau.de/inland/corona-ausbruch-deutschland-rekonstruktion-101.html



Montag, 27. April 2020

COVID-19-Maßnahmen auf dem Prüfstand des Unionsrechts

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Christoph v. Donat
Spielhallen dürfen derzeit nicht öffnen.
Auch dieser staatliche Eingriff in die Grundrechte und die EU-Grundfreiheiten muss kontinuierlich auf den Prüfstand.

Die anhaltenden COVID-19-Eindämmungsmaßnahmen mögen überwiegend gerechtfertigt gewesen sein, sie bleiben es aber nur so lange, wie es dem Staat objektiv nicht möglich ist, mit milderen Mitteln einen dem gesundheitlichen Risiko angemessenen Schutz der Bevölkerung zu erreichen. Gerade für das Kleine Spiel hatte der EuGH bereits entschieden, dass es bei einer einschränkenden Regelung nicht nur auf die Zielsetzung bei Erlass der Regelung ankommt, sondern auch auf spätere Auswirkungen (EuGH, Urt. v. 30.6.2016, Rs. C-464/15 „Admiral Casinos“, Rn. 30).

Da die Eindämmungsmaßnahmen in den freien Dienstleistungsverkehr und den freien Kapitalverkehr eingreifen, gehören die Maßnahmen auch auf den Prüfstand des Unionsrechts. Das Problem bei der rechtlichen Überprüfung fängt bereits bei den Kenntnissen über die gesundheitlichen Risiken an. Wie hoch ist das Risiko der Inanspruchnahme, Auslastung oder Überlastung der Intensivkapazitäten tatsächlich und wie hoch ist das über die normale Sterblichkeitsrate hinausgehende Mortalitätsrisiko? Welchen gesundheitlichen Risiken ist das medizinische Personal ausgesetzt? Der Staat muss seine Annahmen, die den Beschränkungen zugrunde liegen, offenlegen und mithilfe statistischer Daten belegen. An die Nachweisführung sind höhere Anforderungen zu stellen, je mehr Zeit seit Ausbruch der Pandemie vergangen ist. Ohne „Beweise“ sind die staatlichen Eingriffe von vornherein rechtswidrig (vgl. EuGH, Urt. v. 19.10.2016, Rs. C-148/15 „Deutsche Parkinson Vereinigung“, Rn. 35).

Der Kollege Karpenstein hat in seinem Beitrag vom 14.06.2017 unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH in der Sache Online Games eindrücklich darauf verwiesen, dass die Verwaltungsgerichte keine Reparaturbetriebe der Verwaltung sind. Das Unionsrecht gebietet, dass die Verwaltung die wissenschaftlichen Nachweise erbringen muss, damit das Gericht prüfen kann, ob die Beschränkungen gerechtfertigt sind. Das Gericht darf nicht anstelle der Verwaltung bzw. des Verordnungsgebers ihm geeignet erscheinende Rechtsfertigungsgründe zusammensuchen. Hier rächt sich, dass die schwerwiegendsten Eingriffe in die EU-Grundfreiheiten, die wir in der Europäischen Union erlebt haben, in Deutschland im Verordnungswege ergehen und Verordnungen in Deutschland, da alles Wesentliche schon im Gesetz geregelt sein sollte, keine gesonderte Begründung erhalten.

Eine Maßnahme ist zudem nur verhältnismäßig, wenn das Ziel kohärent und systematisch verfolgt wird. Die unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Sachverhalte kann dazu führen, dass die Eingriffe insgesamt rechtswidrig sind (vgl. EuGH, Urt. v. 6.3.2018, Rs. C-52/16 u. C-113/16 „SEGRO“, Rn. 78). Wieso reichen Sicherheitsabstand und Hygienemaßnahmen in der einen Branche aus, in der anderen nicht? Gerade die Spielhallen mit ihren Einlasskontrollen und den nach § 3 Abs. 2 SpielV erforderlichen Abständen und Sichtblenden verfügen bereits über Grundlagen für ein COVID-19-Hygiene-Konzept.

Sollten die Verordnungsgeber argumentieren, dass Glückspiel als Freizeitaktivität für die Allgemeinheit nicht den Stellenwert des Einzelhandels und der Frisöre habe, müssen sie auch die Frage beantworten, ob sie das Ziel des Glückspielstaatsvertrags ernst nehmen, den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung durch ein geeignetes Angebot zu kanalisieren.
Sollten die Verordnungsgeber an der unterschiedlichen Behandlung gleicher oder jedenfalls vergleichbarer Sachverhalte mit dem Argument festhalten wollen, dass dies notwendig sei, um die Frequenz der Kontakte gering zu halten, wenn Kontakte schon insgesamt nicht zu vermeiden sind, werden einzelnen Branchen Sonderlasten auferlegt, die wiederum zu Ersatzansprüchen gegen den Staat führen können.

Kontakt:
Müller-Wrede & Partner Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Christoph v. Donat
Leibnizstraße 53
10629 Berlin
Tel.: +49 30 399 250 33
eMail: donat@mwp-berlin.de
Web: www.mwp-berlin.de






Montag, 20. April 2020

Bayern führt Maskenpflicht ab 27. April ein



Markus Söder verkündet Maskenpflicht für Bayern
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Söder: Corona-Infektionen in Bayern verdoppeln sich alle 34 Tage
Die Corona-Infektionen in Bayern verdoppeln sich zum Start der Woche rechnerisch nur noch alle 34 Tage. Das teilte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag in seiner zweiten Regierungserklärung zur Corona-Pandemie im Landtag in München mit.
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Coronavirus in Bayern: Ab Montag gilt die Maskenpflicht DER SPIEGEL
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Bayern führt Maskenpflicht ab 27. April ein

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat in seiner zweiten Regierungserklärung zur Corona-Krise eine Maskenpflicht und eine teilweise Lockerung der Schließungsbestimmungen angekündigt.

Söder erklärt Bayerns Strategie
Masken-Selbstversorgung "ist relativ einfach"
Erst prescht Bayern mit dem Shutdown zur Corona-Eindämmung vor, nun lockert Ministerpräsident Söder die Maßnahmen. Im ntv-Interview erklärt er, warum die Maskenversorgung kein Problem sei, äußert eine Befürchtung und widerspricht in einem Punkt Kanzlerin Merkel.
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Warum so spät? 
Warum haben wir deutschlandweit viele Wochen mit sinnlosen Diskussionen verloren?

DEBATTE ÜBER MASKENPFLICHT
Virenschleuder U-Bahn – Wie sich Corona in New York ausbreitete
Die Analyse eines US-Ökonomen zeigt: In New York war der ÖPNV der wichtigste Corona-Verbreitungsweg. In Teilen Deutschlands gilt nun Maskenpflicht in Bussen und Bahnen. Wenn der Rest nicht mitzieht, wird daraus bald ein reales Experiment.
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Solange es keinen Impfstoff gebe, seien Vorsicht und Distanz das einzig mögliche Konzept. 

Bereits am 18. März 2020 hatte ich eine Maskentragepflicht für alle gefordert
Ohne Mundschutz, werden wir den Kampf gegen das Coronavirus nicht gewinnen können!

Kein Hightech - Lowtech wirkt und zwar sofort !

Die Kanzlerin und die 16 Ministerpräsidenten wollten sich nicht auf die Maskenpflicht festlegen, empfehlen sie nur.

Jena bleibt damit Vorreiter. Hier gilt eine Maskenpflicht bereits seit dem 6. April.

Hier gilt die Pflicht seit knapp zwei Wochen in Bussen, Bahnen und Supermärkten, seit einer Woche auch an der Arbeitsstätte.
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Und es scheint wie Taiwan oder Süd Korea zu wirken - 11 Tage ohne neue Corona-Fälle in Jena
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Liegt es an der Maskenpflicht? Festlegen will sich das Rathaus noch nicht. Die Pflicht unterstütze aber definitiv die Eindämmung, hieß es gegenüber BILD.
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Im Video erklärt Jenas Oberbürgermeister Thomas Nitzsche die erfolgreiche Corona-Taktik
Anmerkung: Das Interview mit Thomas Nitzsche führte JenaTV bereits am 17. April. Auch am Abend des 20. April meldete JenaTV, in der Stadt habe es keine neuen Infektionen mehr gegeben.
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Bau- und Gartenmärkte würden als „erste Vorlaufphase“ in dieser Woche geöffnet, ab nächster Woche würden andere Branchen mit Geschäftsräumen bis 800 Quadratmetern dazukommen, darunter Buchläden und Autohäuser. Ab 4. Mai dürften auch Friseure öffnen. 
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Der Chef der Bundesärztekammer hält die beschlossene Verlängerung teilweise für ungerechtfertigt. 
Für die Fortsetzung der Kontaktbeschränkung bis zum 3. Mai gebe es keine konkrete wissenschaftliche oder medizinische Grundlage. "Im Moment gibt es überhaupt keinen Hinweis darauf, dass wir auf eine Überforderung der Krankenhäuser zusteuern", sagte Reinhardt.
Reinhardt glaubt nach eigener Aussage nicht daran, dass Deutschland das Thema Coronavirus im Mai oder Juni hinter sich haben werde. "Wir sind erst dann wirklich durch, wenn wir einen wirksamen Impfschutz für die Bevölkerung haben", sagte er.
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"Sofortige Anpassung der Corona-Strategie"
Freie-Wähler-Generalsekretärin Susann Enders betonte, man fordere "eine sofortige Anpassung der Corona-Strategie in Bayern" und eine "zügige und kontrollierte Rückkehr zur Normalität". Sie fügte hinzu: "Das ist ein wichtiger Schritt, den wir wagen müssen, um die massiven Auswirkungen des Lockdown für Menschen und Wirtschaft abzumildern."
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Das Bayerische Gesundheitsministerium informiert Sie zum neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und klärt Sie über Schutzmaßnahmen auf.
Was Bürgerinnen und Bürger jetzt wissen müssen
Wir alle müssen dazu beitragen, die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus einzudämmen. Und wir müssen uns alle selbst schützen.
Das müssen Sie jetzt beachten: ....
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Rechtsgrundlagen
Das Bayerische Gesundheitsministerium informiert Sie über alle gültigen Rechtsgrundlagen zum neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2.
Rechtsverordnungen
Allgemeinverfügungen
Bekanntmachungen
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Zweite Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung
(2. BayIfSMV)
Vom 16. April 2020
(BayMBl. Nr. 205)
BayRS 2126-1-5-G
§ 1 Veranstaltungs- und Versammlungsverbot
§ 2 Betriebsuntersagungen
§ 3 Besuchsverbote
§ 4 Hochschulen
§ 5 Allgemeine Ausgangsbeschränkungen
§ 6 Öffentlicher Personennahverkehr
§ 7 Ordnungswidrigkeiten
§ 8 Örtliche Maßnahmen
§ 9 Änderung der Einreise-Quarantäneverordnung
§ 10 Inkrafttreten, Außerkrafttreten [Schlussformel]
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3sat - Kultur - Kulturzeit - Abschied vom Grundgesetz?
Abschied vom Grundgesetz?
Zur Eindämmung der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung strikte Maßnahmen angeordnet und Bürgerrechte eingeschränkt. Renommierte Verfassungs- und Staatsrechtler schlagen Alarm.
DATUM: 06.04.2020 Weiter zum VIDEO (3sat-Mediathek)

Grundrechtseinschränkungen - MNS-Schutz als milderes Mittel
 

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sprechen sich für eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in Bussen, Bahnen und Geschäften aus. "Es wäre wünschenswert gewesen, wenn es zu einer bundeseinheitlichen Regelung gekommen wäre und das verpflichtende Tragen von Mund-Nase-Masken sowohl in Geschäften als auch im öffentlichen Nahverkehr eingeführt worden wäre", sagte DPolG-Chef Rainer Wendt dem "Handelsblatt".

Auch Maßnahmen in Bahn angemahnt

GdP-Vize Jörg Radek sagte, "umso mehr Menschen einen Mund-Nase-Schutz bei größeren Menschenansammlungen tragen, umso besser ist der eigene Schutz und der anderer vor einer möglichen Coronaviren-Übertragung."
Es sei im Verhältnis zu anderen Auflagen "der geringere Eingriff zum Zwecke der Minimierung des Ansteckungsrisikos".
Radek betonte, dass die Maßnahme auch Polizistinnen und Polizisten bei ihren Einsätzen helfe.
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Weil-erwartet-bundesweite-Maskenpflicht-article21723495.html


Pegida-Demo in Dresden – Ordnungsamt überrascht alle in Corona-Krise
Nach der sächsischen Corona-Schutz-Verordnung sind Ansammlungen untersagt, allerdings können Ausnahmegenehmigungen erteilt werden.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) hält angesichts des Infektionsgeschehens eine solche Demonstration in der gegenwärtigen Situation für nicht vertretbar.
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Ob sich da nicht etwa ein sächsiches Ordnungsamt an die Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen hält und das Ansteckungsrisiko geprüft hat?
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Samstag, 18. April 2020

Baden-Württemberg führt eine Maskenpflicht ein


update vom 21. April 2020

Entscheidung
Baden-Württemberg führt eine Maskenpflicht ein
Egal ob Community-Maske, Halstuch oder Schal: Vom 27. April an gilt auch in Baden-Württemberg die Pflicht, Mund und Nase beim Einkaufen und im Nahverkehr zu bedecken.
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Baden-Württemberg: Vorsichtige Lockerungen der Corona-Verordnung im Bereich von Wirtschaft und Schulen

Mit der fünften Änderung der Corona-Verordnung beschließt die Landesregierung vorsichtige Lockerungen im Bereich von Wirtschaft und Schulen. Das Vorgehen orientiert sich am Schutz der Gesundheit und steht gleichzeitig im Einklang mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen.

Das Kabinett hat am 17. April im Umlaufverfahren die fünfte Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-Verordnung beschlossen. Diese regelt unter anderem die Vorschriften zur Kontaktbeschränkung und die Frage, welche Einrichtungen, Geschäfte und Gastronomiebetriebe geöffnet werden können beziehungsweise geschlossen bleiben müssen. Die Basis der notwendigen Anpassungen bildet der Rahmenbeschluss aus der gestrigen Sondersitzung des Kabinetts zu den Entscheidungen, die Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin am vergangenen Mittwoch getroffen haben. Die neuen Regelungen für Geschäfte gelten ab Montag, 20. April.
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Fahrplan für Lockerungen der Corona-Beschränkungen



Das Kabinett hat sich auf einen Fahrplan zur Lockerung der Corona-Beschränkungen in Baden-Württemberg geeinigt. Auf der Basis der Verständigung von Bund und Ländern werden die Beschränkungen der Corona-Verordnung schrittweise zurückgenommen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Fortschritte im Kampf gegen die Corona-Pandemie als zerbrechlichen Erfolg bezeichnet. Die Rückkehr zur Normalität werde noch Monate dauern. Er warb um Verständnis für die getroffenen Maßnahmen, auch wenn sie manchem Bürger nicht gerecht vorkämen. „So ein Virus ist halt nun mal nicht gerecht“, sagte er. „Der kommt und traktiert uns.“
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Ministerpräsident Winfried Kretschmann beantwortet Ihre häufigsten Fragen zur neuen Corona-Verordnung. 

00:32 Kindergärten und Notbetreuung
02:50 Warum dürfen Frisöre öffnen aber Kosmetikstudios nicht?
04:29 Warum können Sie jetzt noch keine Prognosen für Mai, Juni oder Juli machen?
06:22 Wie soll das mit den Empfehlung zum Maskentragen funktionieren?

Mehr Infos zur neuen Verordnung finden Sie hier:
https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/vorsichtige-lockerungen-der-corona-verordnung-im-bereich-von-wirtschaft-und-schulen/


Bundesministerium für Gesundheit
Bund und Länder überprüfen gemeinsam die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus.

Auch weiterhin gilt:
Wer sich schützt, schützt andere.
Die Entstehung neuer Infektionsketten soll bestmöglich vermieden werden.
Die wichtigsten Punkte aus dem Bund-Länder-Beschluss haben wir für euch im Video zusammengefasst.


Am 15. April 2020 berichtete der SPIEGEL:
Spekulation über Aerosol-Viruswolken
Ob zwei Meter Abstand reichen, ist ungewiss
Kleine Partikel tragen das Coronavirus von Mensch zu Mensch. Wie gefährlich diese Aerosolwolken wirklich sind, wollen deutsche Forscher nun erstmals messen.
Forscher in den USA vermuten, dass sich das Coronavirus nur so schnell verbreiten konnte, weil die Bioaerosole es durch die Umwelt tragen. Dieser Infektionsweg sei bereits für andere Erreger belegt, darunter Masern, Tuberkulose, Influenza - und auch für Sars-CoV-1, das von 2002 bis 2003 grassierende Coronavirus. Diese Verbreitungsmethode könnte demnach auch erklären, warum es so viele Infizierte mit milden Symptomen gibt, da die Corona-Aerosole nur geringe Konzentrationen des Virus tragen. Auch die US-amerikanische "National Academies of Sciences" unterstützt diese These.  Weiter zum vollständigen Artikel ... 

Am 10. April 2020 berichtete der SPIEGEL:
Unterschätzte Ansteckungsgefahr
Verbreitet sich das Coronavirus auch über die Luft?
Bioaerosole sind nur einen tausendstel Millimeter groß. Doch Forscher glauben, sie seien für weitaus mehr Infektionen verantwortlich als bislang gedacht.
Zweieinhalb Stunden lang probten 60 Sänger. Alle hielten sich für gesund. Fast drei Wochen später wurden 45 Chormitglieder positiv getestet. Mindestens drei von ihnen kamen mit Covid-19 ins Krankenhaus. Zwei sind inzwischen verstorben.  Weiter zum vollständigen Artikel ... 

Hintergrund:

Am 23. März wurden bundesweit Ausgangsbeschränkungen erlassen. Diese zeigten ihre Wirkung schon eine Woche später: Am 27. März erreichten die täglichen Neuinfektionen mit fast 6.700* Fällen ihren Höhepunkt.

Nur zwei Tage später, am 29. März, brach die Zahl der Neuinfektionen dann um fast ein Drittel ein und lag dann nur noch bei 3.965* bestätigten Neuinfektionen pro Tag.

Die Zahl der Neuinfektionen sank dann bis zum 19. April 2020 auf nur noch 2.458* pro Tag und fiel bereits einen Tag später auf nur noch 1.775 Fälle.*

Dadurch spricht vieles dafür, dass die Trendwende vielerorts bereits stattgefunden hat.

Das RKI geht in seinen statistischen Prognosen davon aus, dass sie nun kontinuierlich weiter sinken wird.

Das bedeutet: Die Trendwende ist vermutlich erreicht, die Kurve wird flacher. Zwar wird die Zahl der Infizierten in der nächsten Zeit weiter wachsen — aber weitaus langsamer als bisher.

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Archiv.html

Robert Koch Institut:

Abrupter Rückgang der Raten an Atemwegserkrankungen in der deutschen Bevölkerung   


Insgesamt ist zu beobachten, dass die ARE-Raten seit der 10. KW (2.3.  – 8.3.2020) stark gesunken sind. Diese Entwicklung ist sowohl bei Kindern (bis 14 Jahren) und bei den Jugendlichen und Erwachsenen (ab 15 Jahren) zu verzeichnen.

Insbesondere bei den Erwachsenen ist ein so deutlicher Abfall der ARE-Raten über mehrere Wochen extrem ungewöhnlich und konnte in keiner der drei Vorsaisons verzeichnet werden. Eine ähnliche Entwicklung wird auch bei den ILI beobachtet.
Quelle: Epidemiologisches Bulletin 16/2020 vom 16. April 2020 (Seite 7ff)  pdf-download


Modellierung von Beispielszenarien der SARS-CoV-2-Epidemie
2020 in Deutschland

20. März 2020
Schlussfolgerungen
Von jetzt an und in den nächsten Wochen sind maximale Anstrengungen erforderlich um die COVID-19-Epidemie in Deutschland zu verlangsamen, abzuflachen und letztlich die Zahl der Hospitalisierungen, intensivpflichtigen Patienten und Todesfälle zu minimieren.
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Bundesverfassungsgericht kippt Demoverbot


Das Bundesverfassungsgericht hat einem Eilantrag gegen das Verbot einer Demonstration in Stuttgart an diesem Samstag stattgegeben. Die Stadt hatte dem Anmelder und dessen Anwalt nach deren Darstellung nicht einmal einen ablehnenden Bescheid geschickt. Ein Mitarbeiter habe am Telefon gesagt, über Versammlungen werde derzeit nicht entschieden, weil sich deren Verbot direkt aus der Corona-Verordnung für Baden-Württemberg ergebe.

Dieses Vorgehen verletze den Kläger in seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, entschieden die Karlsruher Richter.

Der Mann wollte am Nachmittag von 15.30 Uhr bis 17.30 Uhr auf dem zentralen Schlossplatz mit maximal 50 Leuten gegen die Einschränkung der Grundrechte demonstrieren. Der Beschluss verpflichtet die Stadt Stuttgart, über die Anmeldung neu zu entscheiden. Treffe die Stadt keine Entscheidung, dürfe der Kläger die Demonstration wie angemeldet abhalten, hieß es.

Mit Eilanträgen bei den Verwaltungsgerichten war der Mann vorher gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht dagegen hielt den Erlass einer einstweiligen Anordnung für geboten.
"Eine Verfassungsbeschwerde wäre nach gegenwärtigem Stand offensichtlich begründet", heißt es in dem Beschluss vom Freitag.

Die Stadt hatte dem Gericht in einer Stellungnahme mitgeteilt, es sei ihr nicht möglich, Auflagen festzusetzen, die der aktuellen Pandemielage gerecht würden. Das ist den Richtern viel zu pauschal. Es sei zwar richtig, dass die Infektionszahlen gerade in Stuttgart in den vergangenen Wochen stark gestiegen seien. Das befreie aber nicht davon, "möglichst in kooperativer Abstimmung mit dem Antragsteller alle in Betracht kommenden Schutzmaßnahmen in Betracht zu ziehen und sich in dieser Weise um eine Lösung zu bemühen". Es müssten immer die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden.

Am Mittwoch hatten die Richter im Eilverfahren bereits das Verbot zweier Demonstrationen in Gießen gekippt. Die Stadt hatte die Kundgebungen daraufhin unter strengen Auflagen erlaubt.

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
Beschluss vom 17. April 2020 - 1 BvQ 37/20
Beschluss vom 15. April 2020 - 1 BvR 828/20


Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung gegen Versammlungsverbot teilweise erfolgreich

Pressemitteilung Nr. 25/2020 vom 16. April 2020
Beschluss vom 15. April 2020  1 BvR 828/20

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Ersten Senats einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Gießen und des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen ein Versammlungsverbot teilweise stattgegeben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdeführers gegen die Verfügung der Stadt Gießen insoweit wiederhergestellt, als danach die von dem Beschwerdeführer für den 16. und 17. April 2020 angemeldeten Versammlungen verboten wurden. Die Versammlungsbehörde hatte unzutreffend angenommen, die Verordnung der Hessischen Landesregierung zur Bekämpfung des Corona-Virus enthalte ein generelles Verbot von Versammlungen von mehr als zwei Personen, die nicht dem gleichen Hausstand angehören und daher die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit verletzt, weil sie nicht beachtet hat, dass zu deren Schutz ein Entscheidungsspielraum bestand.
Die Stadt Gießen hat, wie die Kammer ausdrücklich entschieden hat, Gelegenheit, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Kammer erneut darüber zu entscheiden, ob die Durchführung der vorgenannten Versammlungen von bestimmten Auflagen abhängig gemacht oder verboten wird.

Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer meldete bei der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens mehrere Versammlungen unter dem Motto „Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen – Schutz vor Viren, nicht vor Menschen“ an. Als vorgesehene Versammlungstermine wurden der 14., 15., 16. und 17. April 2020, jeweils von 14 bis 18 Uhr, genannt. Er gab eine ungefähre erwartete Teilnehmerzahl von 30 Personen an. Geplant waren jeweils eine circa zweistündige Auftaktkundgebung in Gießen am Berliner Platz sowie ein anschließender Aufzug durch mehrere Straßen mit drei jeweils 15-minütigen stationären Zwischenkundgebungen. Zugleich informierte der Beschwerdeführer die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens über beabsichtigte „Infektionsschutzmaßnahmen auf Grund der CoViD19-Pandemie (‚Corona-Kompatibilität‘)“. Die Versammlungsteilnehmer würden durch Hinweisschilder zur Einhaltung von Sicherheitsabständen angehalten und von Ordnern auf entsprechend markierte Startpositionen gelotst. Die Markierungen der Startpositionen befänden sich in einem Abstand von 10 Metern nach vorn und nach hinten und 6 Metern zur Seite. Sie würden jeweils von Einzelpersonen bzw. Wohngemeinschaften oder Familien eingenommen. Redebeiträge würden über das eigene Mobiltelefon des jeweiligen Redners zu einer Beschallungsanlage übertragen. Während des Aufzugs würden die vorgesehenen Abstände beibehalten und es werde darauf geachtet, dass neu hinzukommende Versammlungsteilnehmer sich hinten einreihten. Für Vorschläge zu weitergehenden Infektionsschutzmaßnahmen sei man dankbar; entsprechende Auflagen werde man befolgen. Die Versammlungen wurden mit Flyern und Aufrufen im Internet beworben.

Nach einem Kooperationsgespräch verfügte die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ein auf § 15 Abs. 1 VersG gestütztes Verbot der Versammlungen. Bei Durchführung der Versammlungen seien die öffentliche Sicherheit und die öffentliche Ordnung unmittelbar gefährdet. Die Versammlungen würden gegen § 1 Abs. 1 der Verordnung der Hessischen Landesregierung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 14.März 2020 in der Fassung der Verordnung vom 30. März 2020 verstoßen. Der Beschwerdeführer erhob Widerspruch.
Sein beim Verwaltungsgericht gestellter Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs blieb - auch in der Beschwerdeinstanz - erfolglos.
Die Hessische Landesregierung und die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens haben am 15. April 2020 zu dem  Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht Stellung genommen.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:
Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Allerdings können die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde dann maßgeblich werden, wenn verwaltungsgerichtliche Beschlüsse betroffen sind, die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen sind und die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen, insbesondere wenn die behauptete Rechtsverletzung bei Verweigerung einstweiligen Rechtsschutzes nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte, die Entscheidung in der Hauptsache also zu spät käme.
Dementsprechend sind die im Eilrechtsschutzverfahren erkennbaren Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde zu berücksichtigen, wenn aus Anlass eines Versammlungsverbots über einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs zu entscheiden ist und ein Abwarten bis zum Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens oder des Hauptsacheverfahrens den Versammlungszweck mit hoher Wahrscheinlichkeit vereitelte.

Ausgehend davon ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung geboten, weil die Verbotsverfügung der Antragsgegnerin den Antragsteller offensichtlich in seinem Grundrecht aus Art. 8 GG verletzt. Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistet für alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Nach Art. 8 Abs. 2 GG kann dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt  werden. Die Verordnung der Hessischen Landesregierung zur Bekämpfung des Corona-Virus enthält jedenfalls kein generelles Verbot von Versammlungen unter freiem Himmel für mehr als zwei nicht dem gleichen Hausstand angehörige Personen. In diesem Sinne hat sich auch die Hessische Landesregierung in ihrer Stellungnahme vom 15. April 2020 eingelassen. Demgegenüber nimmt die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens an, der Verordnungsgeber habe „auch bewusst öffentliche Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz unterbinden“ wollen. Sie ist in ihrer Verbotsverfügung erkennbar jedenfalls von einem generellen Verbot von Versammlungen von mehr als zwei Personen ausgegangen, die nicht dem gleichen Hausstand angehören. Auf der Grundlage dieser unzutreffenden Einschätzung hat die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens Art. 8 Abs. 1 GG verletzt, weil sie verkannt hat, dass § 1 der Verordnung der Versammlungsbehörde für die Ausübung des durch § 15 Abs. 1 VersG eingeräumten Ermessens gerade auch zur Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit einen Entscheidungsspielraum lässt. Der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 8 Abs. 1 GG konnte sie schon deshalb von vornherein nicht angemessen Rechnung tragen. Darüber hinaus wird die Entscheidung der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens den verfassungsrechtlichen Maßgaben des Art. 8 Abs. 1 GG auch deshalb nicht gerecht, weil sie über die Vereinbarkeit der Versammlung mit § 1 der Hessischen Verordnung nicht unter hinreichender Berücksichtigung der konkreten Umsände des Einzelfalls entschieden hat. Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens macht überwiegend Bedenken geltend, die jeder Versammlung entgegengehalten werden müssten, und lässt auch damit die zur Berücksichtigung von Art. 8 Abs. 1 GG bestehenden Spielräume des § 1 der Verordnung leerlaufen.

Quelle



Montag, 6. April 2020

Glücksspielstaatsvertrag: Kein transparentes Konzessionsverfahren

Spielhallen: OVG Bautzen bestätigt Anwendbarkeit des Unionsrechts und des Kohärenzgebotes s.u.

Glücksspielstaatsvertrag: Kein transparentes Konzessionsverfahren
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Fabian Maschke

Darmstadt 1.4.2020.


Das VG Darmstadt hat auf Antrag des österreichischen Wettveranstalters Vierklee GesmbH die Bundesländer angehalten, Konzessionen für die Sportwettveranstaltung nur in einem dem Transparenzgebot entsprechenden Verfahren zu vergeben. Das derzeitige Verfahren enthalte Transparenzdefizite und widerspreche dem Diskriminierungsverbot.

Die von Rechtsanwalt Rolf Karpenstein/Hamburg vertretene Wettveranstalterin aus Tirol hat großes Interesse am deutschen Markt, sah sich aber einem intransparenten Verfahren gegenüber. Nicht nur seien einige Konzessionsanforderungen unionsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Vielmehr widerspreche die Informationspolitik der Bundesländer dem Transparenzgebot und es sei nicht gesichert, dass das Verfahren das Gebot der Chancengleichheit wahrt.

Das VG Darmstadt unter dem Vorsitz der Richterin Schild bestätigte die Kritik der Antragstellerin. Zwar ließ das Verwaltungsgericht offen, ob sich die Bundesländer an der Richtlinie über die Konzessionsvergabe hätte orientieren müssen. Auch ließ das Gericht offen, ob die Verletzungen der aus der Notifizierungsrichtlinie folgenden Stillhaltefrist, u.a. durch den Freistaat Sachsen, dazu führt, dass der Dritte GlüÄndStV gegenstandslos und unanwendbar ist.

Das Gericht sah aber das Transparenzgebot und das Diskriminierungsverbot in mehrfacher Hinsicht verletzt und beschloss (Zitat):
„Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, aufgrund des aktuell stattfindenden Konzessionsverfahrens vorläufig – bis zur Nachholung eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens – keine Konzessionen für Sportwetten an teilnehmende Bewerber zu vergeben.“
Das Gericht stellte zunächst klar, dass die Antragstellerin antragsbefugt ist. Eine Duldung verschaffe ihr nicht dieselbe Rechtsposition wie eine Konzession.

Das Verfahren verletze in mehrfacher Hinsicht das unionsrechtliche Transparenzgebot, das auch in § 4b Abs. 1 S. 2 GlüStV angesprochen wird. So seien Interessenten zu unterschiedlichen Zeitpunkten über den Verfahrensbeginn informiert worden. Informationen auf der Internetseite des Regierungspräsidiums genügten dem Transparenzgebot nicht. Schon im deutschen Markt tätige Wirtschaftsteilnehmer seien durch die Informationspolitik der Bundesländer bevorteilt worden.

Auch seien Konzessionskriterien unklar gewesen und hätten auf Antrag abgeändert werden können, ohne dass dies im Voraus festgelegt und bekannt gemacht wurde.

Das Verfahren sei zudem diskriminierend, weil es keinen einheitlichen Zeitpunkt für den gemeinsamen Markteintritt festlegt.

Zudem sei die Bekanntmachung im Amtsblatt der EU verwirrend. Ein Wirtschaftsteilnehmer könne nicht mit der notwendigen Transparenz erkennen, dass er sich möglichst schnell um eine Konzession bemühen muss, um keinen Wettbewerbsnachteil zu erhalten. Auch ergäben Formulierungen in der Bekanntmachung zum Teil wenig Sinn. Überdies sei versäumt worden, in der Bekanntmachung alle erforderlichen Kriterien und Unterlagen für eine Konzession zu benennen.

Kritik übte das VG Darmstadt – wie schon zuvor andere Hessische Verwaltungsgerichte – auch an der Beteiligung des verfassungswidrigen Glücksspielkollegiums. Die Aufgabenverteilung im Konzessionsverfahren sei unklar und es sei nicht gewährleistet, dass Entscheidungen des Glücksspielkollegiums willkürfrei sind
(Zitat):
„Jenseits der auch vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof bereits bemängelten Verfassungswidrigkeit des Glücksspielkollegiums, weil es ein Organ sui generis ohne die notwendige verfassungsrechtliche und demokratische Legitimation darstellt, bleibt das Vergabeverfahren jedenfalls auch deshalb hinter dem Transparenzgebot zurück, weil erneut das Glücksspielkollegium in nicht nachvollziehbarer Art und Weise an der Entscheidungsfindung beteiligt ist.“
Auch die weithin unbestimmten Konzessionskriterien kritisierte das VG Darmstadt:
„Schließlich dürften auch die inhaltlichen Anforderungen, wie sie jetzt in § 4b Abs. 2 GlStV sowie in § 4a GlStV niedergelegt sind, nicht unbedingt geeignet sein, willkürliche Entscheidungen der zuständigen Glücksspielaufsicht im Zusammenwirken mit dem Glücksspielkollegium auszuschließen. Zwar sind einige Anforderungen in dem Vertrag selbst durch die insgesamt notwendigen Erklärungen und Konzepte geregelt (4b Abs. 2 Nr. 1 bis 7 GlStV), doch bleiben zahlreiche Auslegungsspielräume bestehen, für die nicht überprüfbar ist, ob und in wieweit sie durch den Antragsgegner bzw. dass im Hintergrund agierende Glücksspielkollegium willkürfrei und diskriminierungsfrei angewandt werden.“
Jetzt liegt der Ball im Spielfeld des Glücksspielkollegiums. Möge er nicht noch länger ruhen.

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Spielhallen: OVG Bautzen bestätigt Anwendbarkeit des Unionsrechts und des Kohärenzgebotes 

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Fabian Maschke, Wien

In einem Beschwerdeverfahren hat der Dritte Senat beim OVG Bautzen (erstmalig) anerkannt, dass sich Spielhallenbetreiber auf die unionsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten und die daraus folgenden Gebote der Systematik und der Kohärenz sowie der Publizität und der Transparenz berufen können (OVG Bautzen, Beschl. vom 13.12.2018, 3 B 128/18 u.a.).

Damit steht obergerichtlich bestätigt fest, dass alle Entscheidungen der sächsischen Landesdirektion, die zum Nachteil von Spielhallenbetreibern ergingen, ermessensfehlerhaft sind. Denn die Landesdirektion hatte sich trotz der ihr sehr regelmäßig unterbreiteten Klarstellungen der Rechtslage durch deutsche Anwaltskollegen immer gegen die Anwendbarkeit des Unionsrechts und des Kohärenzgebotes im Bereich der Spielhallenproblematik gesperrt.

Wie das OVG des Saarlandes bestätigt ist eine Ermessens-Entscheidung der Behörde, bei der wesentliche für die Entscheidung relevante Gesichtspunkte unberücksichtigt blieben, auch nach deutschem Recht rechtswidrig (§ 114 VwGO). Dass die Entscheidungen der Landesdirektion in das Ermessen der Behörde gestellt sind, folgt nicht nur daraus, dass die Landesdirektion in zahlreichen Fällen von Mindestabständen zu Schulen, zu fremden oder zu eigenen Spielhallen abgewichen ist, sondern zwingend auch daraus, dass den unionsrechtlichen Grundfreiheiten Anwendungsvorrang zukommt. Selbst eine im nationalen Recht gebundene Entscheidung wird im Anwendungsbereich des Unionsrechts zu einer Ermessensentscheidung, weil jede deutsche Behörde von sich aus die unmittelbar anwendbaren Grundfragen beachten und Beschränkungen im nationalen Recht daraufhin überprüfen muss, ob der Eingriff gerechtfertigt ist.

Das OVG des Saarlandes führt insoweit aus: „Die im Bescheid des Landesverwaltungsamtes getroffene Feststellung, die mit der Schließung verbundenen wirtschaftlichen Einbußen und sonstigen Belastungen könnten regelmäßig eine Härte nicht begründen und nicht zu einem Erfolg im Auswahlverfahren führen, belegt, dass das Landesverwaltungsamt Härtefallgesichtspunkte bei der von ihm getroffenen Auswahlentscheidung ausgeblendet hat. Damit hat der Antragsgegner ein wesentliches Entscheidungskriterium außer Acht gelassen.

Eine in das Ermessen der Behörde gestellte Verwaltungsentscheidung, bei der wesentliche nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevante Gesichtspunkte unberücksichtigt geblieben sind, ist mit § 114 S. 1 VwGO nicht vereinbar und daher (im Hauptsachenverfahren) aufzuheben. … Dies bedeutet, dass das Landesverwaltungsamt für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren vorläufig den Weiterbetrieb der Spielhalle zu dulden hat.“

Dies gilt in allen von der Landesdirektion negativ entschiedenen Spielhallenverfahren. Die Landesdirektion hat sich stets auf den Standpunkt gestellt, Unionsrecht fände keine Anwendung, das Kohärenzgebot beziehe sich ohnehin nur auf Beschränkungen durch ein staatliches Monopol. Zitat aus einem Bescheid des Glücksspielreferates der Landesdirektion:

„Da von Seiten des für die Anhörung beauftragten Rechtsanwalts K weiterhin auf entgegenstehendes Unionsrecht und eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit abgestellt wird, sei auf die Ausführungen in den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 4/16 vom 16.12.2016 unter Verweis auf 8 C 6/15 vom 16.12.2016) verwiesen. Unter Berücksichtigung der dortigen Ausführungen kann von unserer Seite keine Beeinträchtigung der europäischen Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit gesehen werden. … Eine Klärung zu Fragen der unionsrechtlichen Grundfreiheiten hat erst dann zu erfolgen, wenn ein konkreter grenzüberschreitender Sachverhalt unter nationale Rechtsvorschriften fällt, die möglicherweise das Unionsrecht verletzten.“

Zwar war die Landesdirektion für ihre These, das Unionsrecht fände trotz des gesicherten grenzüberschreitenden Interesses an dem Betrieb von Spielhallen keine Anwendung und das Kohärenzgebot sei auf monopolistische Eingriffe beschränkt, von den sächsischen Verwaltungsgerichten unterstützt worden. Maßgeblich ist indessen für die Landesdirektion immer das Unionsrecht selbst, und zwar in dessen Auslegung durch den EuGH. Und die Rechtsprechung des EuGH zur Anwendbarkeit des Unionsrechts und zur Anwendbarkeit des so genannten Kohärenzgebotes auch in Fällen, die keinen monopolistischen Eingriff beschränken, war der Landesdirektion mehr als nur einmal erläutert worden.

Bei allen Entscheidungen der Landesdirektion sind also – mit den Worten des OVG des Saarlandes – „wesentliche für die Entscheidung relevante Gesichtspunkte – nämlich das unmittelbar anwendbare und höherrangige Unionsrecht und die Rechtsprechung des EuGH – unberücksichtigt geblieben“.

Sämtliche Entscheidungen der Landesdirektion werden daher in den Hauptsacheverfahren von aufrechten Gerichten schon allein wegen dieses Ermessensfehlers aufgehoben.

Ebenso sind die zahlreichen fehlerhaften Beschlüsse der sächsischen Verwaltungsgerichte gemäß § 80 Abs. 7 VwGO durch das jeweilige Gericht der Hauptsache aufzuheben, und zwar schon allein wegen ihrer Korrekturbedürftigkeit. Auf die sich praktisch täglich verändernden Umstände kommt es nicht an (OVG Bautzen, Beschluss vom 24.07.2014, A 1 B 131/14: „Das Gericht kann aber gemäß § 80 Abs. 7 S. 1 VwGO von Amts wegen auch ohne Änderung der Sach- und Rechtslage Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben, wenn es zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage gekommen ist oder die frühere Interessenabwägung nachträglich als korrekturbedürftig erachtet.“).

Auf die sächsischen Verwaltungsgerichte kommen also kurz zu Weihnachten dank des dritten Senats beim OVG in Bautzen viele Korrekturarbeiten zu, auf die Landesdirektion zahlreiche unionsrechtliche Staatshaftungsklagen. Denn die Ausblendung des Unionsrechts in einem Bundesland, welches zur Europäischen Union gehört, ist zwanglos ein hinreichend qualifizierter Verstoß, der zur unionsrechtlichen Staatshaftung (dazu EuGH, C-445/06) führt.

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Rechtsanwalt Dr. Fabian Maschke
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Oberverwaltungsgericht des Saarlandes kippt Auswahlentscheidung 

Rechtsanwalt Dr. Marco Rietdorf
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Sozietät Redeker Sellner Dahs
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Mit Beschluss vom 13.12.2018 (Az.: 1 B 248/18) hat das Oberverwaltungsgericht Saarlouis in einem von der Sozietät Redeker Sellner Dahs geführten Beschwerdeverfahren die Auswahlentscheidung zwischen zwei konkurrierenden Spielhallen für rechtswidrig erklärt und die Erlaubnisbehörde im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Fortbetrieb der unterlegenen Spielhalle bis zu einer erneuten Auswahlentscheidung vorläufig zu dulden.

Zur Entscheidung stand eine Verbundspielhalle, die sich in einem Abstand von etwa 81 m Luftlinie zu einer weiteren Spielhalle befindet. Die Behörde lehnte den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Weiterbetrieb der beiden Spielhallen im Rahmen eines Auswahlverfahrens ab. Ebenso abgelehnt wurde der Antrag auf Erlaubnis zum Weiterbetrieb der Spielhallen für einen angemessenen Zeitraum unter Befreiung vom Verbot der Mehrfachkonzessionen sowie vom Abstandsgebot im Härtefallverfahren. Die Auswahlentscheidung wurde mit der vermeintlich besseren „Qualität der Betriebsführung“ des Betreibers der konkurrierenden Spielhalle begründet. Eine Härtefallbefreiung wurde kategorisch ausgeschlossen. Das Vertrauen des Spielhallenbetreibers sei nicht schutzwürdig, da er sich nicht bemüht habe, seinen fest geschlossenen Mietvertrag vorzeitig zu kündigen. Auch eine „unbillige Härte“ liege nicht vor. Dass dem Betreiber, der über keine anderen Spielhallen verfügt, die Insolvenz drohe, sei unerheblich.

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes ist dieser Argumentation entgegengetreten und hat die Auswahlentscheidung der Behörde mit klaren Worten verworfen. Anstatt allein auf die Qualität der Betriebsführung abzustellen, hätte, so der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts, die Behörde zunächst das Maß der Betroffenheit in der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit ermitteln und jeweils in Relation zur Betroffenheit des Konkurrenten setzen müssen. Weitere Kriterien seien im jeweiligen Einzelfall in die vergleichende Betrachtung einzubeziehen. Die Bereitschaft zu gesetzeskonformem Verhalten stelle zwar ein im Rahmen der Auswahlentscheidung zu den konkurrierenden Bestandsspielhallen berücksichtigungsfähiges Auswahlkriterium dar. Relevant seien jedoch nur bußgeldbewehrte Rechtsverstöße. Diese dürften zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung zudem nicht mehr als fünf Jahre zurückliegen. Wurde kein Bußgeld verhängt oder betrug dieses weniger als 200,- €, betrage die Frist drei Jahre. Inwieweit darüber hinaus das Gebot der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität bei der Auswahlentscheidung eine Rolle spielt, lässt der Senat offen, da es hierauf in dem Fall nicht ankam.

Eine in das Ermessen der Behörde gestellte Entscheidung, bei der wesentliche für die Entscheidung relevante Gesichtspunkte unberücksichtigt geblieben sind, ist rechtswidrig. Dies zwingt nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts die Behörde dazu, eine erneute Auswahlentscheidung unter Beachtung seiner Rechtsauffassung zu treffen und bis zu diesem Zeitpunkt den Weiterbetrieb der von dem Spielhallenbetreiber präferierten Spielhalle zu dulden. Die Frage einer Befreiung vom Abstandsgebot stelle sich insoweit nicht. Die Behörde habe hierüber nur zu entscheiden, sollte die Spielhalle in dem neuen Auswahlverfahren trotz der für sie streitenden besonderen wirtschaftlichen Betroffenheit unterliegen. Fehlende Umstrukturierungsmaßnahmen könnten dem Spielhallenbetreiber dann allerdings nicht vorgeworfen werden. Dieser habe während des 5-Jahreszeitraums nicht verlässlich abschätzen können, ob er oder ein Konkurrent nach Ablauf der Übergangsfrist eine reguläre Erlaubnis erhalten wird. Dies relativiere, so das Oberverwaltungsgericht, die Zumutbarkeit einer frühzeitigen Neuausrichtung. Grundsätzlich könne jeder der Konkurrenten die Hoffnung hegen, schon im Rahmen der Auswahlentscheidung zum Zuge zu kommen und deshalb einer Härtefallbefreiung nicht zu bedürfen.

Anders verhalte sich dies bei einer Befreiung vom Verbundverbot. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts musste allen Betreibern insoweit bewusst sein, dass sie für den Weiterbetrieb nach Ablauf der Übergangsfrist keine reguläre neue Spielhallenerlaubnis mehr erhalten werden. Bereits während des 5-jährigen Übergangszeitraums habe daher Veranlassung bestanden, die über den 30.06.2017 fortwirkenden Dispositionen auf den Prüfstand zu stellen. Mietverträge mit der Zweckbestimmung „Betrieb von Spielhallen“ seien beim Fehlen einer vertraglich vereinbarten Risikoverlagerung für den Fall der endgültigen Versagung der Spielhallenerlaubnis unter dem Gesichtspunkt einer Störung der Geschäftsgrundlage vorzeitig kündbar. Bemühe sich der Spielhallenbetreiber nicht erfolglos um eine Vertragsanpassung, könne er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, über den 30.06.2017 hinaus mietvertraglich gebunden zu sein.

Das Unterlassen von Umstrukturierungsmaßnahmen habe nicht ohne Weiteres zur Folge, dass eine Härtefallbefreiung unter dem Blickwinkel einer drohenden Existenzvernichtung zwangsläufig ausscheidet. Denn das saarländische Landesrecht halte, so das Oberverwaltungsgericht, in § 12 Abs. 3 SSpielhG eine Regelung vor, nach der eine Befreiung auch erfolgen kann, wenn die engen Voraussetzungen einer unbilligen Härte nicht vollumfänglich erfüllt sind, aber ein Konzept mit konkreten Maßnahmen zur weiteren Anpassung des Betriebs der Spielhalle an die neuen Erlaubnisvoraussetzungen und an die Ziele des Gesetzes vorgelegt und umgesetzt wird. Ziel der bundesweit einmaligen Regelung sei es, im Einzelfall Kompromisse zwischen den widerstreitenden Interessen der Spielhallenbetreiber und den Zielen der Neuregelung zu ermöglichen. Entsprechende Konzepte hätten nicht nur die wirtschaftliche Betroffenheit des Spielhallenbetreibers in den Blick zu nehmen, sondern auch dem Anliegen einer zeitnahen Erreichung der gesetzlichen Ziele zu dienen und seien gemeinsam mit dem Befreiungsantrag binnen der Frist des § 12 Abs. 1 Satz SSpielhG, d.h. bis zum 31.12.2016, einzureichen.

Infolge des Beschlusses dürften sich die meisten der bislang vom Landesverwaltungsamt bislang getroffenen Auswahlentscheidungen als obsolet erweisen. Wurden sie – wie im Regelfall – mit der „Qualität der Betriebsführung“ begründet, ist eine erneue Auswahlentscheidung unumgänglich. Der Betrieb der im Auswahlverfahren unterlegenen Spielhalle(n) ist bis dahin zu dulden. Dies gilt bei Verbundspielhallen in jedem Fall für die im Erlaubnisverfahren präferierte Spielhalle des Betreibers. Bezüglich der übrigen im Verbund befindlichen Spielhallen ist dagegen § 12 Abs. 3 SSpielhG in den Blick zu nehmen. Das Landesverwaltungsamt hat die Regelung bislang schlichtweg nicht geprüft. Seine Härtefallentscheidungen sind deshalb fehlerhaft.

Sächsisches Oberverwaltungsgericht Bautzen              13.12.2018
Beschluss
3 B 128/18
Leitsatz
Die glücksspielrechtliche Aufsicht gemäß § 18a Abs. 4 SächsGlüStVAG beschränkt sich auf solche Spielhallen, auf die der Glücksspielstaatsvertrag gemäß § 2 Abs. 3 GlüStV anwendbar ist, weil diese Geld- und Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereithalten.
Aus dem dem Mindestabstandsgebot des § 18a Abs. 4 Satz 1 GlüStVAG zugrunde liegenden Schutz Jugendlicher vor Suchtgefahren folgt, dass innerhalb des Mindestabstands nicht nur der Betrieb der Spielhalle selbst, sondern auch eine nach § 26 Abs. 1 GlüStV zulässige Werbung untersagt werden kann.
Das europarechtliche Kohärenzgebot ist auch dann zu beachten, wenn die Betätigung auf dem Gebiet des Glückspiels von einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung abhängig gemacht wird oder die Dienstleistungsfreiheit allgemein eingeschränkt wird.
Unterschiedliche landesrechtliche Regelungen insbesondere im Hinblick auf die Länge des einzuhaltenden Mindestabstands sind unter dem Gesichtspunkt des Kohärenzgebots unschädlich.
Die Beschränkung des Mindestabstandsgebots in § 18a Abs. 4 Satz 1 SächsGlüStVAG auf den Abstand zu allgemeinbildenden Schulen ist nicht zu beanstanden.
Schlagwörter:
Glücksspiel,
Spielhalle,
Mindestabstand,
Kohärenz,
Transparenz,
Werbung,
allgemeinbildende Schule,
Mischlage
Rechtsvorschriften:
GlüStV § 2 Abs. 3,
GlüStV § 3 Abs. 7,
GlüStV § 9 Abs. 1,
GlüStV § 24,
GlüStV § 26 Abs. 1,
SächsGlüStVAG § 18a
Verweise / Links:
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Ist die Sportwetten Regulierung in Deutschland gescheitert?


Ist die Sportwetten Regulierung in Deutschland gescheitert?
Martin Hill, 3. April 2020, Recht & Gesetze
Anfang des Jahres begannen die Buchmacher sich für Sportwetten-Lizenzen in Deutschland zu bewerben. Doch jetzt ist das Verfahren bis auf Weiteres ausgesetzt. Weiter zum vollständigen Artikel ...  
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Ernüchterung und Ärger bei Sportwettenanbietern:
Gericht stoppt bundesweites Erlaubnisverfahren
Berlin. Der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) bedauert, dass das Verwaltungsgericht Darmstadt mit Beschluss vom 1. April 2020 das bundesweite Sportwettenerlaubnisverfahren bis auf Weiteres ausgesetzt hat. Ein Wettanbieter aus Österreich, der nicht DSWV-Mitglied ist, hatte erfolgreich geltend gemacht, dass das Verfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei sei.
DSWV-Präsident Mathias Dahms zeigt sich verärgert:

“Die Entscheidung des Gerichts ist für unsere Mitglieder ein schwerer Schlag. Obwohl uns bereits 2012 vom Gesetzgeber Konzessionen in Aussicht gestellt wurden, steht eine baldige Erlaubniserteilung, die der seit Jahresbeginn geltende Glücksspielstaatsvertrag ermöglichen sollte, jetzt zum wiederholten Male in den Sternen.
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Da muss sich niemand ärgern. Jedermann hat sich an das Recht zu halten. Hier ist das Vergaberecht einzuhalten, das eine Günstlingswirtschaft verhindern soll. mehr zu:  Wettbewerbsverzerrung und Begünstigung
Hintergrund:

Reform des Glücksspielstaatsvertrags: DSWV fordert praxistaugliche und verbraucherorientierte Regulierung
Ministerpräsidentenkonferenz debattiert am 24. und 25. Oktober über die Zukunft der Glücksspielregulierung.
Eine verbraucherschutzorientierte Regulierung der Sportwette und des Online-Glücksspiel ist möglich, benötigt aber eine Grundsatzreform.
Berlin. – Bei der Jahres-Ministerpräsidentenkonferenz am 24. und 25. Oktober in Elmau wird die Diskussion um einen neuen Glücksspielstaatsvertrag fortgesetzt. Der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) appelliert für eine Grundsatzreform der deutschen Glücksspielregulierung, die gesellschaftliche Realitäten anerkennt und ein rechtssicheres Fundament für bestehende Märkte schafft.
Da der bestehende 3. Glückspieländerungsstaatsvertrag am 30. Juni 2021 ausläuft, ist eine Neuregelung der Glücksspielregulierung notwendig. Die Mitglieder des DSWV betrachten mit Sorge die Verhandlungen um eine Anschlussregulierung, auch weil viele im Länderkreis diskutierten Regulierungsvorhaben mehr Gefahren als Chancen für den Spielerschutz mit sich bringen. Scheitert die Verständigung auf einen „großen Wurf“, droht ein weiteres Ausufern des unregulierten Marktes: “Verbraucherschutz und Regulierung schließen sich nicht aus.
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Rückblick:
Die Anforderungen zur Vergabe glücksspielrechtlicher Erlaubnisse sind seit Jahren bekannt und werden trotzdem nicht beachtet:
VGH-Kassel: Konzessionsverfahren nicht verfassungskonform
Überraschende Wendung beim VGH-Kassel in Sachen Konzessionsverfahren
Veröffentlicht am 27. Januar 2016
Zum Beschluss des VGH Kassel in 8 B 883/15 (VG Wiesbaden 5 L 1448/14)
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Der Europäische Gerichtshof führt in seinem jüngsten Urteil aus:
„Aus einer ständigen Rechtsprechung folgt jedoch, dass von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen müssen und dass eine nationale Regelung nur dann geeignet ist, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn die eingesetzten Mittel kohärent und systematisch sind (Urteile vom 6. März 2007, Placanica u. a., C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04, EU:C:2007:133, Rn. 48 und 53, sowie vom 16. Februar 2012, Costa und Cifone, C‑72/10 und C‑77/10, EU:C:2012:80, Rn. 63).“
Der Gerichtshof betont in Rn. 43, dass der unionsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit verlangt, dass beschränkende Regelungen mit nachteiligen Folgen für den Einzelnen „klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen vorhersehbar sein müssen.“
Jeder aufrechte Amtswalter wird bestätigen, dass die Anforderungen an eine deutsche Konzession weder klar noch bestimmt sind. Schon gar nicht ist das Ganze in seinen Auswirkungen vorhersehbar, nicht für den Amtswalter und schon gar nicht für den Wirtschaftsteilnehmer und schon überhaupt nicht für potentielle Interessierte aus dem EU-Ausland, die sich nirgendwo einen transparenten Überblick verschaffen können, wo wann und warum welcher Standort für eine oder mehrere Spielhallen in Betracht kommt. weiterlesen 
Transparenzvorschriften der Union
Finanzielle Transparenz zwischen den EU-Ländern, den öffentlichen Unternehmen und anderen Unternehmen  weiterlesen