Donnerstag, 28. Januar 2010

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS YVES BOT vom 26. Januar 2010

Rechtssache C‑409/06
Winner Wetten GmbH
gegen
Bürgermeisterin der Stadt Bergheim
(Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Köln [Deutschland])

„Glücksspiele – Sportwetten – Nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit – Konflikt zwischen einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift und einer unmittelbar anwendbaren Gemeinschafts- norm – Aufgabe des nationalen Gerichts – Verpflichtung, die Anwendung des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen und die innerstaatliche Rechtsvorschrift unangewendet zu lassen – Ausnahme“ weiterlesen

Nationale Gerichte sind nicht berechtigt, Regelungen zum Verbot der Wettvermittlung ins EU-Ausland trotz Verstoßes gegen Europarecht für eine Übergangszeit weiter anzuwenden. Diesen Standpunkt vertrat Generalanwalt Yves Bot mit den am 26.01.2010 vorgelegten Schlußanträgen in der Rs. C-409/06 Winner Wetten (www.curia.eu), dem ersten Verfahren beim Europäischen Gerichtshof, das unmittelbar das Sportwettenrecht in Deutschland betrifft. Der diesbezügliche Entscheidungsvorschlag lautet wörtlich: "Ein Gericht eines Mitgliedstaats darf seine nationale Regelung über Sportwetten nicht ausnahms- und übergangsweise weiter anwenden, wenn diese Regelung eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellt, weil sie nicht in kohärenter und systematischer Weise zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt".

Hintergrund:
Mit dem GlüStV wurde der Weg einer radikalen Bekämpfung des Glücksspiels unter Zurückstellung seiner fiskalischen Interessen gewählt.

Trotz massiver, im Zuge des Notifizierungsverfahrens (RL 98/34/EG) geäußerter Kritik seitens der EU-Kommission, dass der notifizierte Gesetzesentwurf nicht EU-rechtskonform sei, ist der Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) am 1.1.2008 in Kraft getreten.
Seine Umsetzung soll nicht nur die Geschäftstätigkeit EU-lizenzierter Anbieter einschränken, sondern stellt auch einen Affront an die Kommission dar, die im Rahmen der Notifizierung unmissverständlich Stellung zum geplanten Vertrag bezogen hat.

Dem Schreiben der Kommission IP/08/119 vom 31. Januar 2008 kann entnommen werden: Einschlägige Maßnahmen müssen jedoch mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, d. h. notwendig, angemessen und nicht diskriminierend sein. "In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass Internet-Pferdewetten in Deutschland nicht verboten sind und das Angebot an Spielautomaten stark ausgeweitet wurde. Zudem ist die Werbung für Glücksspiele per Post, in der Presse und im Radio nach wie vor erlaubt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs müssen Beschränkungen des Glücksspiels aus Gründen des Allgemein- interesses (z.B. Verbraucherschutz) „kohärent und systematisch“ zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Ein Mitgliedstaat kann somit nicht vorgeben, dass er sich gezwungen sehe, den Zugang seiner Bürger zu Wettangeboten einzuschränken, wenn er sie gleichzeitig dazu ermuntert, an staatlichen Glücksspielen teilzunehmen.“

Dr. Ronald Reichert schreibt am 21.11.2008: „Die Europäische Kommission hat mit dem Schreiben vom 19.5.2008 mit dankenswerter Klarheit in dem beim EuGH vorliegenden deutschen Vorabentscheidungsverfahren Rs. C-46/08 Stellung bezogen.

Die von ihr dem EuGH empfohlenen Antworten auf die Vorlagefragen des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts bestätigen auf ganzer Linie die von zahlreichen Rechtsgutachten und verwaltungs- gerichtlichen Entscheidungen erhobenen gemeinschaftsrechtlichen Beanstandungen gegen die Regelungen des GlüStV. Von den Ländern und ihren Rechtsvertretern zeitweise gestreute Mutmaßungen über eine vermeintlich unterschiedliche Rechtsposition zwischen dem Wettbewerbskommissar McCreevy (GD Markt) und dem Juristischen Dienst erweisen sich als haltlos. Dem EuGH wird im praktischen Ergebnis die Verwerfung der Monopolregelungen des GlüStV zumindest für den Wettbereich nahegelegt.

Die Kommission positioniert sich vor allem zur Frage der Gesamtkohärenz erstmals in einer Weise, die für Deutungen keinen Spielraum mehr lässt. Bislang waren die Ländervertreter noch bemüht, die Ausführungen des Juristischen Dienstes vom 10.12.2007 in den Giessener und Stuttgarter Vorabentscheidungsverfahren in eine Ablehnung der Gesamtkohärenz umzudeuten. Hierzu im Widerspruch stehende Aussagen der Europäischen Kommission wurden übergangen. Die jetzt vorliegende Kommissionsstellungnahme zieht einen Schlussstrich unter solche Versuche:

Die Kommission bekräftigt wie zuvor die Notwendigkeit einer sektoralen Betrachtungsweise im Glücksspielsektor (Rn. 30). Verschiedene Spiele sind je nach Spielform und Beschränkung nach Maßgabe der jeweiligen Zielsetzung des Gesetzgebers zu beurteilen (Rn. 30). Das ist aber – wie vom Unterzeichner stets hervorgehoben - nur der erste Schritt der Prüfung. Soweit die gesetzliche Regulierung für unterschiedliche Bereiche des Glückspiels wie in Deutschland einheitliche Ziele der Spielsuchtbekämpfung verfolgt, wie Bund und Länder dies für alle Glückspielbereiche für sich in Anspruch nehmen und gegenüber der Europäischen Kommission geltend machen, muss dabei zusätzlich die Behandlung dieser Glückspielformen miteinander verglichen werden (Rn. 32). Es schließt sich also an die sektorale Betrachtung eine Untersuchung der Gesamtkohärenz an, bei der sich die Behandlung der verschiedenen Glückspielbereiche als mit den verfolgten Zielsetzungen kompatibel erweisen muss. Diese Klarstellung wirkt in der Rechtsprechung vereinzelt anklingenden Tendenzen entgegen, sektorale Betrachtung und Gesamtkohärenz alternativ zu verstehen (z.B. Niedersächsisches OVG, B. v. 8.7.08 – 11 MC 489/07 -).

Entscheidend für diese Beurteilung der deutschen Rechtslage auf Gesamtkohärenz ist nach Auffassung der Europäischen Kommission der Umstand, dass von Pferdewetten, Glücksspielautomaten, Online-Spielbanken "die gleiche oder eine höhere Gefahr der Spielsucht ausgeht" (Rn. 34). Zu Recht betont die Kommission, dass Pferdewetten zu den Sportwetten gehören. Sie weist sodann in Bezug auf Pferdewetten und Automaten nach, dass insoweit trotz des gleichen oder höheren Spielsuchtpotentials geringere Beschränkungen gelten. Unter ergänzendem Hinweis auf die dementsprechenden EFTA-Entscheidungen vom 14.03.2007, Rs. E-1/06 und 30.05.2007, Rs. E-3/06 in Sachen Esa / Nordwegen und Ladbrokes leitet die Kommission aus alledem als klare Entscheidungsempfehlung für den EuGH her:

"Art. 49 EG ist dahingehend auszulegen, dass ein mit der Bekämpfung von Spielsuchtgefahr begründetes innerstaatliches faktisches Monopol hinsichtlich der Veranstaltung von Sportwetten und Lotterien (mit nicht nur geringem Gefährdungspotential) nicht die in der Rechtsprechung festgelegten Kriterien der Kohärenz und Systematik erfüllt, wenn in diesem Mitgliedsstaat gleichzeitig andere Glücksspiele mit einem nachgewiesenen höheren Suchtgefährdungs- potential von privaten Dienstleistungserbringern erbracht werden dürfen."

2009 war viel vom Kasino-Kapitalismus die Rede - von den Kasinos selbst dagegen kaum. Dabei sind die goldenen Zeiten auch für Deutschlands Spielbanken längst vorbei, allerdings mit dem Unterschied, dass die größten Notfälle nicht verstaatlicht, sondern privatisiert werden. Geregelt ist nun, dass das Land zwar die ordnungspolitische Aufsicht behält, das Geschäft aber in private Hand kommt. Am 22. Dezember etwa unterschrieb der Finanzminister von Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn (SPD), den Kaufvertrag für die landeseigene Spielbanken GmbH.
Das Unternehmen mit drei Standorten in Magdeburg, Halle und Wernigerode gehört seit Jahresbeginn der Sybilgroup. mehr Der israelische Finanzinvestor mit Sitz auf Zypern hat ich für Sachsen-Anhalt viel vorgenommen: "Wir möchten die Spielbanken wieder sichtbarer machen. Dazu werden wir zunächst einen neuen modernen Namen finden" und kündigte an: "Wir werden neue Spielformen einführen, Gewinnspiele, Verlosungen und andere Aktionen. Sie dürfen gespannt auf die nächsten Wochen sein!" Kasino-Käufer gerät stark unter Druck
Glücksspiel-Aufsicht hat viele Fragen - MZ vom 09.03.10. Millionen für Vockerode
Der Deutschland-Manager der Sybil-Unternehmensgruppe hat dem Land Sachsen-Anhalt drei Spielcasinos abgekauft, den Bau eines gigantischen Urlaubs- Unterhaltungs- und Einkaufskomplexes versprochen.... Quelle: Naumburger Tageblatt vom 22.05.10

Zu berücksichtigen wäre, ob und inwieweit der zwischenzeitliche Verkauf der Spielbanken an ein zypriotisches Unternehmen mit dem Vortrag, zur Bekämpfung der Spiel-/Wettsucht sei ein staatliches Monopol erforderlich, in Übereinklang zu bringen ist.

In den letzten Jahren haben die Spielbanken mit der Schaffung von Dependancen, im Bereich der Innenstädte Automatensäle eröffnet und zielen damit auf neue Kunden mit dem „kleinen Geldbeutel.“ Dies obwohl gerade von Automatenspielen die höchste Suchtgefahr ausgeht und Glücksspiel an staatlichen Slot-Machines ist in keiner Weise limitiert ist. Übersicht über Glücks- und Gewinnspiele in Deutschland.

So schreibt auch Prof. Dr. Johannes Caspar am 21.4.2008 u.a. in seinem Gutachten: „Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH ergibt sich, dass Beschränkungen des Glücksspiels, die in den Schutzbereich der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit eingreifen können, dem Anliegen gerecht werden müssen, die Gelegenheit zum Spielen wirklich zu vermindern und die Tätigkeit in diesem Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. März 2007, Placanica u.a. Slg. 2007, I, 1891, Rn. 52; ferner EuGH, Urteil vom 6. November 2003, Gambelli u.a. Slg. 2003, I, 13031, Rn. 67; dazu vgl. jüngst Ennuschat, in: Aktuelle Probleme des Rechts der Glücksspiele, 2008, S. 63f).“

Es ist zu erwarten, dass nach der Hartlauer-Entscheidung der EuGH in Zukunft das Kohärenzgebot einer strengeren Prüfung unterziehen wird.

„Die Kommission, verschiedene nationale Gerichte sowie der Wissenschaftliche Dienst des Schleswig-Holsteinischen Landtages gehen von der Notwendigkeit einer Kohärenz der Glücksspielpolitik insgesamt aus (zuletzt VG Schleswig, Beschluss vom 30. Januar 2008 – 12 A 102/06; Aufforderungsschreiben der Kommission vom 31.1.08, Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Umdruck 16/1460, S. 22ff). mehr
Danach macht die Forderung des EuGH nach einer kohärenten und systematischen Regulierung eine Bewertung der jeweiligen Spielformen und deren Regulierung in Abhängigkeit von den ihnen immanenten tatsächlichen Gefahrenpotentialen seitens des nationalen Gesetzgebers erforderlich. Beschränkungen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit müssen demnach in sich geschlossene, am Suchtpotential der jeweils eingegrenzten Glücksspielaktivitäten ausgerichtete verhältnismäßige Regelungsstrategien erkennen lassen.“

"Eine Außerachtlassung wesentlicher suchtrelevanter Bereiche bei gleichzeitiger Monopolisierung anderer, nachweislich weniger suchtrelevanter Glücksspielbereiche kann damit den Anforderungen einer geschlossenen und in sich stimmigen Gesamtregelungsstrategie nicht mehr entsprechen. Nach dieser Auffassung steht es dem nationalen Gesetzgeber zwar frei, Teilregelungen auf dem Glücksspielsektor zu treffen, er muss dabei jedoch von solchen Regelungen absehen, die den Glücksspielsektor insgesamt unterschiedlich behandeln, indem einzelne suchtrelevante Bereiche in nicht nachvollziehbarer Weise aus dem Regulierungskonzept ausgeklammert werden. Letzterer Auffassung ist zu folgen. Ein Koheränzgebot für die gesamte Glücksspielpolitik der Mitgliedstaaten entspricht allein den sich aus den Grundfreiheiten ergebenden Grundsätzen der Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit im Primärrecht der Gemeinschaft, die einer sektoral unterschiedlichen Behandlung der verschiedenen Facetten des Glückspiels ohne einen näheren Bezug zum jeweiligen Suchtpotential der regulierten Aktivitäten nicht zulässt.“ (so Prof. Caspar)

Doch auch die Lottogesellschaften können allem widerstehen, nur nicht der Versuchung. Mit Einführung der schnellen Lotterien KENO/Quicky verabschiedeten sich die Lottogesellschaften von der einst selbst auferlegten Zurückhaltung. Die Wettbewerbszentrale schrieb bereits in ihrer Pressemitteilung am 10.04.2007: "Ausnutzung des Glückspielmonopols zu fiskalischen Zwecken bei Lotterie „Quicky“ wettbewerbswidrig" weiter lesen

Der Gesetzgeber hat bei Geldspielgeräten definiert, dass von „unangemessen hohen Verlusten in kurzer Zeit“ nicht die Rede sein kann, wenn der Einsatz pro Stunde auf € 80,00 limitiert ist.
D. h., ein Geldspielgerät i. S. d. § 33 c GewO und nach § 284 StGB dann kein Glückspiel, wenn pro Stunde ein höherer Verlust als € 80,00 nicht möglich ist. (auf Grundlage des § 33f Abs.1 GewO erlassenen SpielV (BGBl. I. 2006, 280) mit Wirkung vom 01.01.2006)

Gleiches gilt für die Frage, ob die weiterhin bestehende Erlaubnis, Pferdewetten im Internet zu bewerben und zu veranstalten, mit den Verboten in den §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 und Abs. 4 GlüStV in Einklang zu bringen ist.

Ob bei einer solchen Gesamtbetrachtung insbesondere unter Berücksichtigung der Automatenspiele, denen besondere Suchtgefährdungen zukommen sollen, noch von einer kohärenten Bekämpfung der Spielsucht und einer systematischen und diskriminierungsfreien Rechtsprechung gesprochen werden kann, erscheint zweifelhaft.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH sind die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann erfüllt, wenn die Beschränkungen die „Gelegenheiten zum Spiel wirklich vermindern“ (EuGHE 2003, 13031 [Gambelli], Rn. 67; EuGHE 2007, 1891 [Placanica], Rn. 53 m.w.N.; so auch Europäische Kommission, Aufforderungsschreiben vom 10. April 2006 zur Einleitung des Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2003/4350, S. 5. Der EuGH betont weiter, dass die Mitgliedstaaten sich nicht auf das legitime Ziel der Suchtbekämpfung (als Teil der öffentlichen Sozialordnung) berufen können, wenn sie „die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Glücksspielen teilzunehmen, damit der Staatskasse Einnahmen zufließen“ (EuGHE 2003, 13031 [Gambelli], Rn. 69, 72).

Ähnlich formuliert es auch die Europäische Kommission als einen gemeinschaftsrechtswidrigen Missstand, wenn die Kunden zu einer aktiven Teilnahme am Glücksspiel eingeladen werden (Schriftsatz vom 10. Dezember 2007 – JURM [2007] 170/PD/hb in den verb. Rs. C-316/07 u.a., ZfWG 2008, 94 ff., Rn. 49).

Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass die gemeinschaftsrechtliche Vorgabe, dass zur Verwirklichung des Ziels insbesondere der Suchtbekämpfung die Beschränkungen kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit beitragen müssen, der verfassungsrechtlichen Vorgabe, dass eine konsequente Ausrichtung am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Spielsucht materielle Regelungen und strukturelle Sicherungen erforderlich macht, entspricht.


Seitens der staatlichen Monopolanbieter wird den klaren Vorgaben des EuGH und des Bundesverfassungsgerichts in der damaligen Hauptsacheentscheidung vom 28.3.06 oft nicht nachgekommen.

Das BVerfG, stellte in dem Verfahren (1 BvR 1054/01), fest, dass ein staatliches Monopol nur dann verhältnismäßig ist, wenn es rechtlich so ausgestaltet ist, dass es konkret der Suchtprävention dient. Da weder der LottStV noch das BayStlG Regelungen zur Bekämpfung problematischen Spielverhaltens enthalten, ist dies gerade nicht der Fall (Rdnr. 119-132). Im weiteren Verlauf belegt das Verfassungsgericht mit zahlreichen Beispielen, dass der Betrieb der staatliche Sportwette ODDSET fiskalische Ziele verfolgt ( Rdnr. 133-139). Dabei stellt es fest, dass es nicht darauf ankommt, ob Werbemaßnahmen aggressiv sind. Schon die Tatsache, dass sie zum Wetten anreizen, läuft dem Ziel der Kanalisierung des Spieltriebs zuwider ( Rdnr. 136). Auch die Vertriebswege von ODDSET über das Internet, SMS und das „breit gefächerte Netz von Lotto-Annahmestellen“ führen dazu, dass „Sportwetten zu einem allerorts verfügbaren ùnormalen Gut des täglichen Lebens“ werden (Rdnr. 137-139). Darüber hinaus betreibt die staatliche Lotterieverwaltung Bayerns keine „aktiv kommunizierende Prävention“ ( Rdnr. 140f). Die rechtlichen Regelungen reichen somit nicht aus, um den Ausschluss privater Anbieter und Vermittler zu legitimieren (Rdnr.142f). Bei Beibehaltung des Monopols muss der Staat durch rechtliche und organisatorische Regelungen eine konsequente Bekämpfung der Spielsucht sicherstellen (Rdnr.148ff.). Dazu macht das Verfassungsgericht einige Vorgaben. Bei einer Beibehaltung des Monopols dürfen nur noch Werbemaßnahmen mit Aufklärungs- und Informationscharakter durchgeführt werden. Der Spielsucht muss durch geeignete Maßnahmen, z.B. durch Selbstsperren, entgegengewirkt werden. Das Bereithalten von Informationen reicht dafür nicht aus. Spieler- und Jugendschutz müssen in den Vordergrund rücken. Vertriebswege, wie Fernsehübertragungen, Internet und SMS, sind dann nicht mehr möglich. Eine Kontrollinstanz „mit ausreichend Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates“ ist einzurichten (Rdnr. 151-154).

Es sind gegen die Landeslotteriegesellschaften seit Inkrafttreten des GlüStV zum 1. Januar 2008 bereits zahlreiche Gerichtsentscheidungen ergangen, die nachdrücklich belegen, dass die Monopolanbieter die verfassungsgerichtlichen Vorgaben laufend missachten.

So wurde noch am 9.3.09 vom LG München I gegen den Freistaat Bayern wegen verbotswidriger Werbung entschieden. (33 O 4084/09 vom 9.3.09/10.6.09) ähnlich das OLG Oldenburg am 18.09.2008( Az. 1 W 66/08). Auch das Verwaltungsgericht Mainz konstatiert ein verfassungsrechtliches Defizit des Sportwettenmonopols (Az. 6 L 770/09.MZ) und bezieht in seinen Beschluss vom 4. September 2009 die u.a. die tatsächliche Anzahl der Lottoannahmestellen mit ein. weitere Urteile

Soweit teilweise Verwaltungsgerichte diese tatsächliche Ausgestaltung gar nicht näher überprüfen oder Werbemaßnahmen der staatlichen Lotteriegesellschaften als "Regelungsdefizite" eingeordnet haben, so ist dies schon insoweit nicht nachvollziehbar, als sowohl das Bundesverfassungsgericht wie auch der Europäische Gerichtshof in ihrer ständigen Rechtsprechung den Gerichten vorgeben, insbesondere die tatsächliche Ausgestaltung, also den tatsächlichen Auftritt der Lotteriegesellschaften zu überprüfen.
Betrachtet man den Gesamtauftritt der Lotteriegesellschaften, so erkennt man leicht, dass sich an diesem tatsächlichen Auftritt faktisch nichts geändert hat, da die Vertriebsnetze über tausende von Lottoannahmestellen bis heute genauso gleich geblieben sind, wie wesentliche Teile der Werbung für die einzelnen Produkte der Lotteriegesellschaften.

Das Verwaltungsgericht Arnsberg nimmt einen Verstoß des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gegen die Art. 43 und 49 des EG-Vertrages (EG) sowie des durch den EuGH vorgegebenen Verhältnismäßigkeits- grundsatz und somit gegen höherrangiges Recht an. Beschlüsse vom 07.10.2009 (Aktenzeichen: 1 L 243/09)

So stellte das VG Berlin am 28.08.2009 (Az. 35 L 335.09) fest: „Das Sportwettenmonopol verstoße gegen höherrangiges Recht. Das Monopol sei auch deshalb unverhältnismäßig und somit verfassungsrechtlich nicht tragfähig, weil die staatliche Förderung des gewerblichen Automatenspiels (als der Glücksspielart mit der höchsten Suchtgefahr) durch die jüngste Änderung der Spielverordnung und die Nichtbefolgung von Expertenratschlägen zur Reduzierung der dadurch hervorgerufenen Steigerung der Suchtgefahren den mit dem GlüStV vorgeblich verfolgten Zwecken des Spielerschutzes und der Suchtprävention diametral widerspreche (Rn. 10). Im Ergebnis werde zudem statt einer Verminderung lediglich eine Wanderbewegung der Spielsüchtigen von streng regulierten zu weniger streng regulierten Glücksspielen bewirkt. Gleiches gilt für die Frage, ob die weiterhin bestehende Erlaubnis, Pferdewetten im Internet zu bewerben und zu veranstalten, mit den Verboten in den §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 und Abs. 4 GlüStV in Einklang zu bringen ist.“

Ursprünglich wollte das Land Schleswig-Holstein dem Glücksspielstaatvertrag nicht zustimmen und favorisierte ein Alternativmodell. Aus "fiskalischen Gründen" stimmte das Land dem Glücksspielstaatsvertrag aber schließlich zu.

Nun kündigt Schleswig-Holstein den Glücksspielstaatsvertrag weil die erwarteten Mehreinnahmen ausblieben. mehr Auch sollen die Spielbanken privatisiert werden.

Eine Rechtfertigung des Vertrages über den Spielerschutz, und der damit verbundenen Monopolstellung der staatlichen Spielbanken und Lotterien, sei nicht gegeben – so ein Mitglied der FDP-Fraktion gegenüber der deutschen Tageszeitung „Die Welt“. Auch andere Bundesländer, wie Berlin, Sachsen-Anhalt, Bremen, das Saarland und Baden-Württemberg werden wahrscheinlich nicht für die Verlängerung des monopolistischen GlüStV stimmen.

Der Koalitionsvertrag zeigt, dass die fiskalischen Interessen im Vordergrund stehen. Ziel der Neuregelung seien mehr Einnahmen, sagte Wolfgang Kubicki von der FDP. mehr
Dass eine kohärente und systematische Begrenzung der Spieltätigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ohnehin bis heute in Deutschland nicht umgesetzt wurde, ist offensichtlich.

Aus alledem ist davon auszugehen, dass der neue GlüStV auch nicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts genügt und somit erneut verfassungswidrig ist.

Die staatliche Regulierung des Glücksspielmarktes mit Blick auf die gemeinschaftsrechtlichen Kohärenzanforderungen an Staatsmonopole
von Professor Dr. Christian Koenig
Der Aufsatz befasst sich mit den gemeinschaftsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen an staatliche Glücksspielmonopole am Beispiel des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland. Dabei wird zunächst das Spannungsverhältnis zwischen dem Ziel der Abwehr und Bekämpfung von Suchtgefahren und den fiskalischen Interessen auf der Seite der Bundesländer aufgezeigt. Im Rahmen der Rechtfertigung werden insbesondere die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an die Kohärenz staatlicher Beschränkungsmaßnahmen präzisiert und die Bedeutung der mitgliedstaatlichen Darlegungs- und Untersuchungslast betont. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass eine Marktzugangssperre im Bereich von Glücksspielen mit geringen Suchtgefahren aufgrund der fehlenden Kohärenz des deutschen Glücksspielrechts nicht gerechtfertigt ist. Professor Dr. Christian Koenig LL.M. (LSE) ist Direktor am Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Quelle

Auch in Dr. Laila Mintas Buch "Glückspiele im Internet" werden die geltenden deutschen Regelungen zum Glücksspielwesen als nicht europarechtskonform erachtet. Sie stellten kein geeignetes Mittel zur Bekämpfung der Wettgefahren, insbesondere der Spielsucht, dar. Es fehle an einer nennenswerten Eindämmungswirkung. Zudem sei auch ein reglementiertes Lizenzmodell denkbar, was nicht zu einem generellen Ausschluss Privater führe. Rezension
Weitere Publikationen von Rechtsanwalt Martin Reeckmann, Regierungsdirektor a.D.

Am 8. und 9. Dezember 2009 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof statt. Im wesentlichen geht es um die Frage, ob das in Deutschland bestehende Sportwettenmonopol (Glückspielstaatsvertrag) gemeinschaftskonform ist. mehr

Deutsches Sportwettenmonopol vor dem
Europäischen Gerichtshof:



SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
YVES BOT

vom 26. Januar 2010
Rechtssache C-409/06
Winner Wetten GmbH

Zusammengestellt und bearbeitet von
Volker Stiny
winyourhome.de / braincontest.org
update 26.10.10

Mittwoch, 27. Januar 2010

EuGH: Schlussanträge des Generalanwalts Bot bestätigen Anwendungsvorrang von Gemeinschaftsrecht gegenüber nationalem Recht im Bereich Glücksspiel

Brüssel, Belgien (ots) - Die European Gaming and Betting Association (EGBA) begrüßt die heute vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) veröffentlichten Schlussanträge des Generalanwalts Bot im Fall C-409/06, Winner Wetten. In seinen Schlussanträgen bestätigt der Generalanwalt den ausnahmslosen Anwendungsvorrang von Gemeinschaftsrecht gegenüber nationalem Recht auch für Übergangszeiten. Mitgliedstaaten sind verpflichtet, gemeinschaftsrechtswidrige nationale Gesetzgebung nicht anzuwenden. mehr

Dass in Bayern die Uhren manchmal etwas anders gehen ist ja hinreichend bekannt.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 15. Juli 1964 – Rs. 6/64 [Costa/E.N.E.L.], Slg. 1964, 1253 [1269 ff.], und vom 9. März 1987 – Rs. 106/77 [Simmenthal] –, EuGHE 1978, 629, Rn. 13 ff.) besteht aus Art. 10 EGV und dem als Struk-turprinzip des Gemeinschaftsrechts entwickelten Grundsatz des „effet utile“ für nationale Gerichte die Pflicht, gemeinschaftsrechtswidriges nationales Recht von sich aus außer Anwendung zu lassen (vgl. zum Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts auch BVerfG, Urteile vom 8. April 1987 – 2 BvR 687/85 –, BVerfGE 75, 223 [244 f.] m.w.N., und vom 28. Januar 1992 – 1 BvR 1025/82 u.a. [Nachtbackverbot] –, BVerfGE 85, 191 [204]).

Hinsichtlich der Nichtanwendung nationaler Gesetze wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit ist zwar eine besonders sorgfältige Prüfung und auch Zurückhaltung geboten. Bei hinreichend manifesten Verstößen nationaler Rechtsnormen gegen das Gemeinschaftsrecht sind die nationalen Gerichte zu deren Nichtanwendung jedoch nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. (s. VG Berlin, Urteile VG 35 A 108.07 und 35 A 15.08, so auch VG Freiburg, Urteil vom 16. April 2008 – 1 K 2683/07 –, zitiert nach juris, Rn. 27; Bay. Verwaltungsgerichtshof vom 03.04.2009). Auf diese Bedeutung hat auch der BGH am 14.2.2008 hingewiesen.

Wie wenig die bayerischen Behörden und das VG München von dem Anwendungsvorrang hält, wird klar wenn man sich die Begründung des Ablehnungsbeschlusses vom 9.2.2009 und die Einlassung der Behörde genauer ansieht.

Weder die Behörde noch das VG München ist dem Anwendungsvorrag des Gemeinschaftsrechts trotz Hinweises meiner Anwältin gefolgt. (s. S. 15ff der Klage vom 28.1.2009)

So schreibt die Behörde an das VG München auf Seite 2 unter III.:

„Europarecht steht der Anwendung des Glückspielstaatsvertrages nicht entgegen.
1. Europarecht ist in der vorliegenden Sache schon bereits thematisch überhaupt nicht einschlägig. Denn ein grenzüberschreitender Sachverhalt, der für die Anwendbarkeit von Europarecht unabdingbare Voraussetzung ist, ist hier nicht einmal ansatzweise erkennbar.“

auf Seite 3 steht ferner:

„2. Der Glückspielstaatsvertrag ist mit Europarecht vereinbar.
An der Vereinbarkeit des Glückspielstaatsvertrages mit Europarecht kann ......kein ernsthafter Zweifel mehr bestehen.
Das der Glückspielstaatsvertrag mit Europarecht vereinbar ist, entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs .....“

Diese Behauptungen wurden vom VG München übernommenen und finden sich auf Seite 8:

„Europarecht sei im vorliegenden Fall bereits thematisch nicht einschlägig, da kein grenzüberschreitender Sachverhalt erkennbar sei: Der Antragsteller betreibe das Glücksspiel von Deutschland aus, ihm werde lediglich das Veranstalten des Glücksspiels in Bayern, d.h. gegenüber Spielteilnehmern, die sich zum Zeitpunkt der Spielteilnahme in Bayern aufhalten, untersagt, die Erfüllung dieser Verpflichtung sei auch technisch problemlos möglich. Abgesehen davon sei die Vereinbarkeit des Glückspielstaatsvertrags mit Europarecht in einer Vielzahl verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen, auch des BayVGH, bestätigt worden, hieran könne seit der Mitteilung der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 20. Mai 2008 und den Schlussanträgen des Generalanwalts beim EuGH vom 14. Oktober 2008 in der Rechtssache C-42/07 kein ernsthafter Zweifel mehr bestehen.“

und auf Seite 14 des Beschlusses vom 9.2.2009:

„Da dem Antragsteller lediglich die Veranstaltung und Vermittlung des angebotenen Spiels bezogen auf das Gebiet des Freistaats Bayern untersagt wird, ist ein Europarechtsbezug, der zur Unanwendbarkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV im konkreten Fall wegen Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht führen könnte nicht gegeben.“

Dass dies so nicht richtig sein kann, ergibt sich daraus, dass die div. deutschen Vorlageverfahren zum GlüStV noch gar nicht in einem Hauptsacheverfahren durch den EuGH behandelt wurden. Bereits am
31.01.2008 war beim Deutschen Lottoverband zu lesen:

"Der Glückspielstaatsvertrag verstößt auf ganzer Linie gegen den EG-Vertrag.
Nur wenige Wochen nach Inkrafttreten hat die EU-Kommission in Brüssel heute den neuen Glücksspielstaatsvertrag in zentralen Punkten als EG-rechtswidrig bezeichnet und das Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Bereits mehrfach, auch während des Gesetzgebungsverfahrens, hatte die EU-Kommission Deutschland mit deutlichen Worten ermahnt. "Die Ministerpräsidenten haben über Monate nicht reagiert. Jetzt wird der Steuerzahler bald die Quittung dafür bekommen", so Faber. Die EU-Kommission lässt keinen Zweifel daran, dass dies die letzte Warnung der Kommission vor der Klageeinreichung in Luxemburg ist". Nun ist es soweit - es finden die ersten Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof statt.

Weitere Veröffentlichungen:
Geplanter Glücksspielstaatsvertrag europarechts- und verfassungswidrig
vom 23.10.2007
Der Glücksspielstaatsvertrag zwischen den 16 deutschen Ländern soll bis zum Jahresende von allen Länderparlamenten ratifiziert werden, damit er fristgerecht nach Ende der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Sportwetten-Urteil vom 28. März 2006 gesetzten Übergangsfrist, den 31. Dezember 2007, in Kraft treten kann. Dieser Zeitraum dürfte allerdings angesichts erheblicher rechtlicher Bedenken und formeller Fehler (nicht erfolgte Notizierung der Ausführungsgesetze an die Europäische Kommission) nicht zu halten sein.
Die Europäische Kommission, die als "Hüterin der Verträge" die Einhaltung des Europarechts zu überwachen hat, hat allerdings in mehreren Schreiben grundlegende Zweifel an zentralen Regelungen geäußert und insbesondere einen Verstoß gegen die Niederlassungs-, Dienstleistungs- und Zahlungsverkehrsfreiheit festgestellt. Die Europäische Kommission kündigte bereits jetzt an, bei Verabschiedung des Vertrags umgehend ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten.

EU-Kommissar McCreevy kritisiert deutsches Wettmonopol
Brüssel verfolgt Verletzungsverfahren weiter
In einem Brief an den EVP-Abgeordneten des EU-Parlaments Werner Lange bezweifelt EU-Wettbewerbskommissar Charles McCreevy höchstpersönlich, dass der Glücksspielstaatsvertrag europarechtlich haltbar ist: Die Kommission halte daran fest, "dass die zentralen Beschränkungen der neuen deutschen Rechtsvorschriften möglicherweise unverhältnismäßig und ungerechtfertigt" seien, heißt es in dem Brief, der der WELT vorliegt. Dies gelte insbesondere für das strafrechtliche Verbot von Glücksspielen im Internet.

Glücksspielstaatsvertrag gescheitert? - Europäische Kommission hält Entwurf für europarechtswidrig vom 30.05.2007
Nachdem die Europäische Kommission bereits im März 2007 die vorgesehenen Internet-Regelungen des in Deutschland geplanten Glücksspielstaatsvertrags für europarechtswidrig erklärt hatte (Stellungnahme vom 22. März 2007), kritisierte sie nunmehr auch weitere Vorschriften.
Beeinträchtigung der EG-Wettbewerbsregeln
Die Kommission sieht abschließend auch eine Vertragsverletzung darin, dass durch den geplanten Staatvertrag die EG-Wettbewerbsregeln beeinträchtigt würden. Die Lottogesellschaften seien öffentliche Unternehmen im Sinne von Art. 86 Abs. 1 EG-Vertrag, die den Charakter eines Finanzmonopols hätten (Art. 86 Abs. 2 EG). Vor diesem Hintergrund dürfe Deutschland keine Vorschriften aufrechterhalten oder erlassen, die den Bestimmungen des EG-Vertrags und insbesondere den Wettbewerbsregeln zuwiderliefen. Auch werde die regionale Aufteilung des Marktes fortgeschrieben, die das deutsche Bundeskartellamt in seiner Entscheidung vom 23. August 2006 verurteilt habe.

Schreiben der Kommission vom 04.04.2006 über die Zulässigkeit des Strafrechts, IP/06/436 v. 4. April 2006 und
vom 31. Januar 2008 IP/08/119; EuGH-Vorlage - VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30.01.2008, Az.: 12 A 102/06 Vertragsverletzungsverfahren - freier Dienstleistungsverkehr: Übersicht

Die Schlußanträge des Generalanwalts Yves Bot vom 26. Januar 2010 bestätigen die bisherige Richtung und lässen die Frage aufkommen, wer denn gegen welche Gesetze und Vorschriften verstößt, wenn fortlaufend höherrangiges Recht wissentlich nicht beachtet wird ?
Der Staatsvertrag beschränkt die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit), Art. 14 GG (Eigentum), Art. 2 Abs. 1 GG (Allgemeine Handlungsfreiheit), Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG (Freiheit der Werbung), Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG (Medienfreiheiten) und aus Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitssatz).
Das Monopol der Bundesländer für Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten und anderen Glücksspielen am Maßstab des Grundgesetzes und des EG-Vertrages Rechtsgutachten zum Entwurf vom 14. Dezember 2006 eines Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland
Prof. Dr. Rupert Scholz
Prof. Dr. Clemens Weidemann
Berlin/Stuttgart, Februar 2007



Zusammengestellt und bearbeitet von
Volker Stiny

Deutsches Sportwettenmonopol vor dem
Europäischen Gerichtshof:




SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
YVES BOT
vom 26. Januar 20101(1)
Rechtssache C‑409/06
Winner Wetten GmbH
gegen
Bürgermeisterin der Stadt Bergheim
(Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Köln [Deutschland])
„Glücksspiele – Sportwetten – Nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit – Konflikt zwischen einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift und einer unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsnorm – Aufgabe des nationalen Gerichts – Verpflichtung, die Anwendung des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen und die innerstaatliche Rechtsvorschrift unangewendet zu lassen – Ausnahme“

1.        Kann eine Regelung eines Mitgliedstaats, die für Sportwetten ein Ausschließlichkeitsrecht vorsieht, um die Verbraucher vor der Gefahr der Spielsucht zu schützen, es aber nicht ermöglicht, dieses Ziel zu erreichen, so dass sie gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt, für eine Übergangszeit aufrechterhalten werden und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen und wie lange?
2.        Mit diesen Fragen möchte das Verwaltungsgericht Köln (Deutschland) vom Gerichtshof wissen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen von der im Urteil Simmenthal(2) aufgestellten und in ständiger Rechtsprechung bestätigten Verpflichtung abgewichen werden kann, wonach der nationale Richter, wenn er sich einem Konflikt zwischen einer Bestimmung des internen Rechts und einer unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsnorm gegenübersieht, nach dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts die Anwendung der Gemeinschaftsnorm sicherstellen und sein internes Recht unangewendet lassen muss.
3.        In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich dem Gerichtshof zunächst vorschlagen, dem vorlegenden Gericht einige Hinweise zu geben, die es diesem ermöglichen sollen, zu überprüfen, ob seine Prämisse zutrifft, wonach die fragliche Regelung gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt.
4.        Unter der Annahme, dass diese Prämisse zutreffend ist, werde ich sodann darlegen, welche Hindernisse der Anwendung und Aufrechterhaltung einer gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht verstoßenden innerstaatlichen Rechtsvorschrift – sei es auch nur für eine Übergangszeit – grundsätzlich entgegenstehen. Schließlich werde ich ausführen, aus welchen Gründen von der aus dem Urteil Simmenthal folgenden Verpflichtung bezüglich der hier in Rede stehenden Regelung selbst dann nicht abgewichen werden kann, wenn man annimmt, dass eine solche Abweichung grundsätzlich möglich ist.
I –    Rechtlicher Rahmen
5.        Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) lautet:
„Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.“
6.        § 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) sieht vor:
„(1)      Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.
(2)      … die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts [hat] Gesetzeskraft … wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt … die Entscheidungsformel [ist] … im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen …“
7.        § 284 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) lautet:
„Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
8.        Durch den am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland haben die Länder einen bundesweit einheitlichen Rahmen für die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen geschaffen. Aus § 5 dieses Vertrags geht hervor, dass die Länder ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherstellen müssen und dass sie diese Aufgabe durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften mit einer maßgeblichen Beteiligung der öffentlichen Hand erfüllen können. Ferner ist nach dieser Vorschrift das Tätigwerden der Länder auf ihr eigenes Gebiet beschränkt, sofern nicht eine Zustimmung eines anderen Landes vorliegt.
9.        § 1 Abs. 1 des Sportwettengesetzes Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 1955 sieht vor:
„Die Landesregierung kann Wettunternehmen für sportliche Wettkämpfe zulassen. Träger des Wettunternehmens kann nur eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine juristische Person des privaten Rechts sein, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören.
…“
10.      Nach den Angaben der Europäischen Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen hatte zur Zeit der Ereignisse, die dem Ausgangsverfahren zugrunde liegen, lediglich die Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG(3) eine Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten im Land Nordrhein-Westfalen(4) erhalten.
11.      § 14 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz Nordrhein-Westfalen lautet:
„Die Ordnungsbehörden können die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung … abzuwehren.“
II – Ausgangsrechtsstreit und Vorlageentscheidung
12.      Die Winner Wetten GmbH(5) verfügt seit dem 1. Juni 2005 über ein Geschäftslokal in Bergheim im Land NRW, in dem sie vor allem Oddsetwetten (Buchmacherwetten) für das Sportwettunternehmen Tipico Co. Ltd(6) vermittelt. Tipico ist in Malta ansässig und registriert und verfügt dort über eine Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten.
13.      Mit Ordnungsverfügung vom 28. Juni 2005 untersagte die Bürgermeisterin der Stadt Bergheim der WW die weitere Durchführung von Sportwetten, deren Veranstalter nicht über eine entsprechende Genehmigung des Landes NRW verfügen, und wies sie darauf hin, dass eine Zuwiderhandlung die Schließung ihrer Betriebsräume zur Folge haben könne.
14.      WW legte gegen diese Ordnungsverfügung einen Widerspruch ein, den der Landrat des Rhein-Erft-Kreises am 22. September 2005 zurückwies. Daraufhin erhob sie gegen die Ordnungsverfügung und die Entscheidung, mit der ihr Widerspruch zurückgewiesen worden war, Klage beim Verwaltungsgericht Köln.
15.      Im Rahmen dieser Klage machte WW geltend, das im Land NRW geltende Sportwettenmonopol verstoße gegen die in Art. 49 EG gewährte Dienstleistungsfreiheit, wie sie im Urteil vom 6. November 2003, Gambelli u. a.(7), ausgelegt worden sei. In diesem Urteil habe der Gerichtshof bestätigt, dass sich ein im Inland ansässiger Wirtschaftsteilnehmer, der für einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Wettanbieter Wetten vermittle, auf die Dienstleistungsfreiheit berufen könne. Er habe auch entschieden, dass ein staatliches Wettmonopol mit dem Gemeinschaftsrecht nur vereinbar sei, wenn es die Wetttätigkeit kohärent und systematisch begrenze. Dies sei jedoch in Deutschland wegen der Werbung, die von den staatlichen Veranstaltern von Sportwetten betrieben werde, nicht der Fall.
16.      In seinem Vorlagebeschluss führt das Verwaltungsgericht Köln erstens aus, dass WW tatsächlich gegen die Regelung des Landes NRW verstoßen habe, indem sie als Vermittlerin für Tipico Sportwetten angeboten habe, obwohl beide Gesellschaften nicht über eine entsprechende Zulassung verfügt hätten und eine solche auch nicht hätten erlangen können.
17.      Zweitens verstoße das Sportwettenmonopol des Landes NRW angesichts der vom Gerichtshof im Urteil Gambelli u. a. dargestellten Voraussetzungen gegen die Vorschriften des EG-Vertrags über die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit.
18.      Das Verwaltungsgericht Köln verweist hierzu auf das Urteil vom 28. März 2006 und den Beschluss vom 2. August 2006, die das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Regelung des Freistaats Bayern bzw. die des Landes NRW erlassen hat. In diesen Entscheidungen habe das Bundesverfassungsgericht die Auffassung vertreten, dass die Sportwettenmonopole beider Länder einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit darstellten, da sie eine effektive Suchtbekämpfung nicht sicherstellten. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass die Vorgaben und Ziele des Grundgesetzes denen des Gemeinschaftsrechts entsprächen, wie sie im Urteil Gambelli u. a. dargelegt worden seien.
19.      Das vorlegende Gericht weist ferner darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht die bestehende Rechtslage bis zum 31. Dezember 2007 unter der Voraussetzung aufrechterhalten habe, dass das Sportwettenrecht während dieser Übergangszeit im Einklang mit dem Grundgesetz neu geregelt werde. Das Bundesverfassungsgericht habe daher vorgegeben, dass der staatliche Sportwettenveranstalter unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen der tatsächlichen Ausübung seines Monopols und dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht herzustellen habe.
20.      Das vorlegende Gericht führt jedoch aus, dass die Neuregelung der tatsächlichen Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht ausreiche, um die Unvereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht auszuräumen. Die Beseitigung dieses Verstoßes erfordere eine Änderung der rechtlichen Ausgestaltung des Monopols. Darüber hinaus dürfe wegen des Anwendungsvorrangs unmittelbar geltenden Gemeinschaftsrechts nationales Recht, das zu diesem im Widerspruch stehe, nicht angewendet werden.
21.      Um keine „inakzeptable Gesetzeslücke“ entstehen zu lassen, habe das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen jedoch mit Beschluss vom 28. Juni 2006 entschieden, die Regelung über Sportwetten im Land NRW unter den gleichen zeitlichen und materiellen Maßgaben aufrechtzuerhalten, wie sie das Bundesverfassungsgericht für das bayerische Gesetz vorgesehen habe.
22.      Angesichts dieser Erwägungen hat das Verwaltungsgericht Köln daher mit Beschluss vom 21. September 2006 entschieden, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1.      Sind Art. 43 EG und 49 EG dahin gehend auszulegen, dass nationale Regelungen für ein staatliches Sportwettenmonopol, die unzulässige Beschränkungen der in Art. 43 EG und 49 EG garantierten Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit enthalten, weil sie nicht entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil Gambelli u. a.) in kohärenter und systematischer Weise zur Begrenzung der Wetttätigkeit beitragen, trotz des grundsätzlichen Anwendungsvorrangs unmittelbar geltenden Gemeinschaftsrechts ausnahmsweise für eine Übergangszeit weiterhin angewandt werden dürfen?
2.      Bei Bejahung der Frage 1: Welche Voraussetzungen gelten für die Annahme einer Ausnahme vom Anwendungsvorrang, und wie ist die Übergangszeit zu bemessen?
III – Schriftwechsel mit dem vorlegenden Gericht
23.      Das vorlegende Gericht hat am 11. Mai 2007 unaufgefordert ein Schreiben an den Gerichtshof gesandt, in dem es ausgeführt hat: „Für die Beurteilung der dem Vorabentscheidungsgesuch zugrunde liegenden Anfechtungsklage kommt es nach ständiger … Rechtsprechung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides (hier: 22. September 2005) an. Sollten später Änderungen der Sportwettenpraxis – etwa infolge der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 und 02. August 2006 – eingetreten sein, wären diese für die Beurteilung des Ausgangsrechtsstreits unerheblich.“
24.      Im Juli 2008 hat der Gerichtshof das vorlegende Gericht mit einem Ersuchen um Klarstellung nach Art. 104 § 5 seiner Verfahrensordnung aufgefordert, mitzuteilen, ob die Vorlagefragen angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 22. November 2007 weiterhin für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich seien.
25.      In diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die in seinem Urteil vom 28. März 2006 vorgesehenen Übergangsmaßnahmen, die es erlaubten, die im Freistaat Bayern geltende Regelung über Sportwetten mit bestimmten Maßgaben aufrechtzuerhalten, die Rechtswidrigkeit der vor dem Urteil vom 28. März 2006 erlassenen Untersagungsverfügungen nicht ausräumen könnten, so dass diese Verfügungen aufgehoben werden müssten.
26.      In seinem Schreiben vom 8. August 2008 hat das vorlegende Gericht mitgeteilt, dass eine Beantwortung seiner Vorlagefragen für die Entscheidung des Rechtsstreits weiterhin erforderlich sei. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen habe in einem Beschluss vom 18. April 2007 die Auffassung vertreten, hinsichtlich der Rechtmäßigkeit von Verfügungen, mit denen das Anbieten von Sportwetten untersagt werde, sei auf den Zeitpunkt der zu erlassenden gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Da sich die seit dem 1. Januar 2008 geltende Rechtslage stark von der vorherigen Rechtslage unterscheide, werde das vorlegende Gericht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung vom 28. Juni 2005 und der Entscheidung vom 22. September 2005, um die es im Ausgangsverfahren geht, auf den 31. Dezember 2007 abstellen, d. h. auf einen Zeitpunkt, zu dem die alte gemeinschaftsrechtswidrige Rechtslage weiterhin anzuwenden gewesen sei.
IV – Beurteilung
27.      Vor der Prüfung der vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen erscheinen folgende Anmerkungen erforderlich, die zum einen die Zulässigkeit dieser Fragen, zum anderen die Prämisse, auf der sie beruhen, betreffen.
A –    Zulässigkeit der Vorlagefragen
28.      Die Zulässigkeit der Fragen des vorlegenden Gerichts könnte angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 22. November 2007 bezweifelt werden. Sie ist auch von der norwegischen Regierung in Frage gestellt worden, die vorträgt, die Fragen seien hypothetisch, da die Unvereinbarkeit der Regelung des Landes NRW mit dem Gemeinschaftsrecht nicht nachgewiesen sei.
29.      Was den ersten Punkt betrifft, durfte man sich die Frage stellen, ob die im Ausgangsverfahren angefochtenen Rechtsakte angesichts des oben genannten Urteils des Bundesverfassungsgerichts aufgehoben werden mussten und der vorliegende Vorlagebeschluss damit gegenstandslos geworden ist.
30.      Es ist jedoch festzustellen, dass das vorlegende Gericht in seiner Antwort vom 8. August 2008 mitgeteilt hat, dass seine Vorlagefragen für die Entscheidung des Rechtsstreits weiterhin relevant seien. Um über die Klage des Ausgangsverfahrens zu entscheiden, müsse es auf den 31. Dezember 2007 abstellen, d. h. auf einen Zeitpunkt, zu dem die Regelung, die WW das Anbieten von Sportwetten für Tipico untersage, gemäß den vom Bundesverfassungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen angeordneten Übergangsmaßnahmen weiterhin anwendbar gewesen sei.
31.      Die Frage, auf welchen Zeitpunkt das Verwaltungsgericht Köln für die Entscheidung über die bei ihm anhängige Anfechtungsklage abstellen muss, und die Bestimmung der Konsequenzen, die hinsichtlich der Verfügungen, die Gegenstand der Klage des Ausgangsverfahrens sind, aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22. November 2007 zu ziehen sind, hängen von den materiellen und prozessualen Regeln des innerstaatlichen Rechts ab und fallen daher unter die Beurteilungsbefugnis des vorlegenden Gerichts.
32.      Entsprechend der Aufgabenverteilung zwischen dem nationalen Gericht und dem Gerichtshof im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens und dem Geist der Zusammenarbeit, der dieses Verfahren bestimmt, ist zur Kenntnis zu nehmen, dass das Verwaltungsgericht Köln der Ansicht ist, es habe weiterhin über den Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens zu entscheiden, und dass es seine Fragen aufrechterhält.
33.      Da diese Fragen die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betreffen, muss der Gerichtshof meines Erachtens über sie entscheiden, da nach ständiger Rechtsprechung in einem Verfahren nach Art. 234 EG nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen hat.(8)
34.      Was den zweiten Punkt angeht, der den Einwand der norwegischen Regierung betrifft, ist es richtig, dass sich die Fragen, die das vorlegende Gericht dem Gerichtshof vorgelegt hat, wie die Kommission und die deutsche Regierung hervorgehoben haben, nur stellen, wenn die Regelung des Landes NRW über Sportwetten tatsächlich gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt. Mit der Kommission und der deutschen Regierung bin ich zudem der Auffassung, dass angesichts der Erläuterungen des vorlegenden Gerichts angezweifelt werden kann, ob es diese Frage zutreffend beurteilt hat.
35.      Dieser Umstand rechtfertigt es meines Erachtens, dass der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht entsprechend dem Geist der Zusammenarbeit, der das Vorabentscheidungsverfahren bestimmt, und um ihm sämtliche Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu geben, die ihm für die Entscheidung des Rechtsstreits nützlich sein können, Anhaltspunkte gibt, die es ihm ermöglichen, die Richtigkeit seiner Prämisse zu überprüfen.
36.      Zudem darf der Umstand, dass das vorlegende Gericht seine Prämisse angesichts dieser Hinweise zurücknehmen könnte, den Gerichtshof nicht dazu veranlassen, die Fragen des vorlegenden Gerichts für unzulässig zu erklären und ihre Beantwortung abzulehnen. Zwar ist die genannte Prämisse nach gegenwärtiger Aktenlage umstritten, das nationale Gericht kann sie jedoch auch bestätigen, da die Frage, ob die Regelung des Landes NRW so konzipiert wurde und konkret umgesetzt wird, dass ihre Schutzziele in kohärenter und systematischer Weise erreicht werden, letztlich auf einer Beurteilung beruht, die in dessen Zuständigkeit fallen.(9)
37.      Nach ständiger Rechtsprechung kann der Gerichtshof die Beantwortung einer Vorlagefrage, die die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betrifft, nur unter außergewöhnlichen Umständen ablehnen, wenn diese Auslegung offensichtlich für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht relevant ist, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über ausreichende tatsächliche und rechtliche Angaben verfügt, um dem vorlegenden Gericht eine Antwort zu geben, die für die Entscheidung dieses Rechtsstreits sachdienlich ist.(10)
38.      Diese Ablehnungsgründe greifen im vorliegenden Fall nicht ein.
39.      Das vorlegende Gericht, nach dessen Ansicht die Regelung über Sportwetten, auf deren Grundlage die vor ihm angefochtenen Rechtsakte erlassen wurden, gegen die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit verstößt, möchte nämlich wissen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen von der nach dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts bestehenden Verpflichtung, diese Regelung unangewendet zu lassen und die betreffenden Rechtsakte aufzuheben, abgewichen werden kann. Es legt dem Gerichtshof diese Frage vor, weil das Bundesverfassungsgericht und das Oberverwaltungsgericht der Auffassung waren, diese Regelung müsse aufrechterhalten werden, obwohl sie gegen das Grundgesetz verstoße.
40.      Meines Erachtens verfügt der Gerichtshof über genügend tatsächliche und rechtliche Angaben, um diese Frage zu beantworten. Der Umstand, dass die Prämisse, die der Frage zugrunde liegt, auf der Beurteilung durch den nationalen Richter beruht und von diesem bestätigt werden kann, zeigt darüber hinaus, dass diese Frage weder im Rahmen eines rein hypothetischen Problems gestellt wurde noch für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits offensichtlich unerheblich ist.
41.      Ich bin daher der Auffassung, dass die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen zulässig sind.
B –    Prämisse des vorlegenden Gerichts, wonach die Regelung des Landes NRW gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt
42.      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts verstößt die Regelung des Landes NRW über Sportwetten gegen die Dienstleistungsfreiheit wie sie im Urteil Gambelli u. a. ausgelegt wurde, da staatlich zugelassene nationale Einrichtungen zur Teilnahme an solchen Wetten ermutigten, so dass diese Regelung eine effektive Suchtbekämpfung nicht sicherstelle. Die Änderungen, die WestLotto den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechend an der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit vorgenommen habe, könne an der Unvereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht nichts ändern, da deren Beseitigung auch Änderungen der rechtlichen Ausgestaltung des Monopols erfordere.
43.      Die Schritte der rechtlichen Argumentation, mit der das vorlegende Gericht zu dem Schluss gelangt, die in Rede stehende Regelung sei mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar, erscheinen unangreifbar.
44.      Aus dem Urteil Gambelli lässt sich nämlich herleiten, dass sich WW, die als Vermittlerin für ein in Malta ansässiges Unternehmen Sportwetten anbietet, auf die Bestimmungen des Art. 49 EG berufen kann.(11) Darüber hinaus teile ich die Auffassung der Kommission, wonach sich WW nur auf die Bestimmungen des Vertrags über die Dienstleistungsfreiheit und nicht auf diejenigen über die Niederlassungsfreiheit berufen kann, da es sich um eine Gesellschaft deutschen Rechts handelt, die ihre Tätigkeit in Deutschland ausübt.
45.      Im Übrigen ist unstreitig, dass eine nationale Regelung wie die des Landes NRW, die es verbietet, in diesem Land Sportwetten anzubieten, die von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen veranstaltet werden, eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellt.
46.      Eine solche Beschränkung kann zwar durch den Schutz der öffentlichen Ordnung oder einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie den Schutz der Verbraucher vor Anreizen zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein, muss jedoch in einem angemessenen Verhältnis zu diesem Ziel stehen, was voraussetzt, dass dieses kohärent und systematisch verfolgt wird.(12) Im Urteil Gambelli u. a. hat der Gerichtshof entschieden, dass diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, wenn ein Mitgliedstaat eine restriktive Regelung im Bereich der Glücksspiele einzig zu dem Zweck erlassen habe, die Verbraucher gegen die Gefahren überhöhter Ausgaben zu schützen, tatsächlich jedoch eine Politik verfolge, mit der für die Verbraucher starke Anreize zur Teilnahme an diesen Spielen geschaffen würden.(13)
47.      Schließlich ist es – wie ich bereits ausgeführt habe – Sache des nationalen Richters, zu beurteilen, ob die fragliche Regelung konkret in Übereinstimmung mit den verfolgten Zielen umgesetzt wurde.
48.      Dagegen kann die Schlussfolgerung, zu der das vorlegende Gericht gelangt ist, in Anbetracht der beiden folgenden Erwägungen in Frage gestellt werden.
49.      Erstens kann, wie die norwegische Regierung geltend gemacht hat, zumindest angesichts der Präzisierungen, die in der Rechtsprechung nach dem Urteil Gambelli u. a erfolgt sind, nicht ausgeschlossen werden, dass die Voraussetzungen, die das Grundgesetz vorsieht, strenger sind als diejenigen, die das Gemeinschaftsrecht vorschreibt.
50.      So hat der Gerichtshof im Urteil vom 6. März 2007, Placanica u. a.(14), entschieden, dass die zugelassenen Betreiber, wenn die Regelung eines Mitgliedstaats im Bereich der Glücksspiele den Zweck verfolge, die Glücksspieltätigkeiten in kontrollierbare Bahnen zu lenken, um ihrer Ausnutzung zu kriminellen Zwecken vorzubeugen, eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zur verbotenen Tätigkeit bereitstellen müssten, was als solches das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken mit sich bringen könne.(15)
51.      Gegenwärtig ist der Gerichtshof in den schwebenden Verfahren Sporting Exchange (C‑203/08) und Ladbrokes Betting & Gaming und Ladbrokes International (C‑258/08) mit der Regelung eines Mitgliedstaats befasst, nach der Glücksspiele einem Monopolsystem unterstellt sind, um die Verbraucher vor der Spielsucht zu schützen und zugleich die Kriminalität zu bekämpfen.
52.      Ich habe dem Gerichtshof vorgeschlagen, zu entscheiden, dass die den Inhabern ausschließlicher Rechte für den Betrieb von Glücksspielen in dem betreffenden Mitgliedstaat eingeräumte Befugnis, ihr Angebot durch die Einführung neuer Spiele und durch Werbung attraktiver zu machen, als solche nicht inkohärent in Ansehung der von diesem Mitgliedstaat verfolgten Ziele in ihrer Gesamtheit ist. In diesen Fällen kommt es darauf an, dass die Einführung neuer Spiele und die Werbung vom Mitgliedstaat streng kontrolliert und begrenzt werden, um ebenfalls mit der Verfolgung des Ziels des Schutzes der Verbraucher vor der Spielsucht vereinbar zu sein.
53.      Da das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Zielen konkret schwer zu finden ist, habe ich dem Gerichtshof auch vorgeschlagen, den Mitgliedstaaten einen weiten Ermessensspielraum zuzugestehen. Ob die fragliche Regelung in ihren konkreten Modalitäten der Anwendung durch die zuständigen Behörden und den oder die Inhaber des ausschließlichen Rechts, Glücksspiele anzubieten, diese Ziele kohärent und systematisch verfolgt, muss sich aus der Beurteilung der konkreten Folgen dieser Regelung durch den nationalen Richter ergeben.
54.      Mit anderen Worten zeigt die Tatsache, dass der oder die Inhaber des Rechts, Glücksspiele anzubieten, in einem Mitgliedstaat Werbung betreibt oder betreiben, der die Ausübung dieser Tätigkeit eingeschränkt hat, um die Verbraucher vor überhöhten Ausgaben und der Gefahr der Abhängigkeit zu schützen, nicht notwendigerweise, dass eine Missachtung der Bedingung vorliegt, wonach die Ziele kohärent und systematisch verfolgt werden müssen, und damit auch nicht, dass die betreffende Regelung gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt. Der nationale Richter muss die Gesamtheit der Ziele der fraglichen Regelung berücksichtigen und ihre konkreten Folgen für die Verbraucher unter Berücksichtigung des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten in diesem Bereich würdigen.
55.      Zweitens hat das vorlegende Gericht nicht erläutert, warum die rechtliche Ausgestaltung der Tätigkeit des Inhabers des Rechts, Sportwetten anzubieten, gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen soll, so dass die Änderungen, die WestLotto in Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich ihrer Tätigkeit vorgenommen habe, diese Unvereinbarkeit nicht beseitigen könnten.
56.      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof gegenwärtig mit mehreren Vorlagefragen in den verbundenen Rechtssachen Stoß u. a.(16) befasst ist, bei denen es gerade darum geht, ob die in den Ländern Baden-Württemberg und Hessen geltende Regelung über Sportwetten, die große Ähnlichkeit mit der im Land NRW geltenden Regelung aufweist, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.
57.      Das vorlegende Gericht könnte daher auch veranlasst werden, seine Prämisse auf die Urteile hin zu überprüfen, die in diesen vom Gerichtshof parallel zum vorliegenden Verfahren behandelten Rechtssachen ergehen werden.
58.      Folglich wäre es meines Erachtens zweckmäßig, dem vorlegenden Gericht vor der Prüfung der Vorlagefragen folgende Hinweise zu der Prämisse zu erteilen, die diesen Fragen zugrunde liegt:
–        Eine Regelung eines Mitgliedstaats, die die Veranstaltung von Sportwetten zu dem Zweck einschränkt, vom Vertrag erfasste oder von der Rechtsprechung als berechtigt angesehene Interessen zu schützen, muss, um mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar zu sein, ihre Ziele kohärent und systematisch verfolgen.
–        Der nationale Richter muss überprüfen, ob diese Bedingung erfüllt ist, und dabei die Gesamtheit der Ziele der fraglichen Regelung berücksichtigen und ihre konkreten Folgen für die Verbraucher unter Berücksichtigung des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten in diesem Bereich würdigen.
–        Das vorlegende Gericht kann gegebenenfalls auch die Hinweise berücksichtigen, die in dem Urteil erteilt werden, das in den verbundenen Rechtssachen Stoß u. a. ergehen wird.
C –    Materielle Prüfung
59.      Im Rahmen der Prüfung der Fragen des vorlegenden Gerichts ist von der Prämisse auszugehen, dass die in Rede stehende Regelung eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellt, da sie nicht dazu beiträgt, die Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
60.      Das vorlegende Gericht ist zu Recht der Ansicht, dass es diese Regelung wegen des Konflikts zwischen seinen nationalen Vorschriften und einer unmittelbar anwendbaren Bestimmung des Gemeinschaftsrechts(17) unangewandt lassen muss.
61.      Nach dem Standpunkt, den der Gerichtshof im Urteil Simmenthal eingenommen hat und der später durch eine ständige Rechtsprechung bestätigt wurde, ist das innerstaatliche Gericht im Fall eines Konflikts zwischen einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift und einer Norm des Gemeinschaftsrechts gehalten, für die volle Wirksamkeit dieser Norm Sorge zu tragen, indem es die innerstaatliche Vorschrift erforderlichenfalls – auch wenn sie später erlassen wurde – aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewandt lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Vorschrift auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste.(18)
62.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob von dieser Verpflichtung abgewichen werden kann.
63.      Es fragt daher, ob ein Gericht eines Mitgliedstaats seine nationale Regelung über Sportwetten ausnahms- und übergangsweise weiter anwenden darf, obwohl diese Regelung eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellt, weil sie nicht dazu beiträgt, die Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
64.      Das vorlegende Gericht führt aus, dass es dem Gerichtshof diese Frage vorlege, weil das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen den Vorrang des Gemeinschaftsrechts in seinem Beschluss vom 28. Juni 2006 vorübergehend ausgeschlossen habe, um keine „inakzeptable Gesetzeslücke“ entstehen zu lassen. Nach diesem Beschluss blieben die streitigen Bestimmungen des Gesetzes über Sportwetten daher trotz des Verstoßes gegen Art. 49 EG unter den gleichen zeitlichen und materiellen Maßgaben, wie sie das Bundesverfassungsgericht für die bayerischen Vorschriften im Hinblick auf die in Art. 12 GG geregelte Berufsfreiheit vorgesehen habe, vorläufig anwendbar.
65.      Aus seinen Erläuterungen ergibt sich auch, dass das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 2. August 2006 die gleichen Übergangsmaßnahmen hinsichtlich der Regelung des Landes NRW getroffen hat.
66.      Diese Ausführungen können dahin verstanden werden, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob von der im Urteil Simmenthal aufgestellten Verpflichtung aus zwei unterschiedlichen Gründen abgewichen werden darf, nämlich zum einen wegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die streitige Regelung bis zum 31. Dezember 2007 aufrechtzuerhalten, und zum anderen wegen der Notwendigkeit, eine Gesetzeslücke zu vermeiden, die für die Verbraucher im Land NRW nachteilig sein könnte.
67.      Die Antwort auf die Vorlagefrage lässt sich, was die Auswirkung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts betrifft, sehr klar aus dem Urteil Filipiak herleiten.
68.      In jener Rechtssache sah sich der Gerichtshof einer Situation gegenüber, in der eine Regelung eines Mitgliedstaats im Bereich der Einkommensteuer, die sich als mit der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit unvereinbar erwies, vom Verfassungsgericht des betreffenden Mitgliedstaats für mit der Verfassung diese Staates unvereinbar erklärt worden war. Das Verfassungsgericht hatte jedoch den Zeitpunkt, zu dem die betreffenden Vorschriften ihre Geltungskraft verlieren würden, hinausgeschoben.
69.      Der nationale Richter, bei dem ein Rechtsstreit zwischen der Finanzverwaltung und einem Steuerpflichtigen, der eines dieser Freizügigkeitsrechte ausgeübt hatte, anhängig war, fragte den Gerichtshof, ob der Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts ihn verpflichte, die betreffende Regelung trotz der Verlängerung ihrer Geltungskraft durch das Verfassungsgericht unangewandt zu lassen.
70.      Der Gerichtshof hat daran erinnert, wie ein Konflikt zwischen einer Bestimmung des innerstaatlichen Rechts und einer unmittelbar anwendbaren Vorschrift des Gemeinschaftsrechts vom nationalen Gericht zu lösen ist. Nach dem Urteil Simmenthal wird dieser Konflikt dadurch gelöst, dass das nationale Gericht das Gemeinschaftsrecht anwendet und die entgegenstehende nationale Vorschrift unangewandt lässt, und nicht dadurch, dass es die Nichtigkeit der nationalen Vorschrift feststellt, was in die Zuständigkeit der Behörden und Gerichte des jeweiligen Mitgliedstaats fällt.(19)
71.      Er hat ausgeführt, dass der Umstand, dass das Verfassungsgericht den Zeitpunkt, zu dem die streitigen nationalen Vorschriften ihre Geltungskraft verlören, verschoben habe, das nationale Gericht nicht daran hindere, diese Vorschriften in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit gemäß dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts unangewandt zu lassen.(20)
72.      Mit anderen Worten müssen die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit und die der Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht ihre Wirkungen entfalten können, ohne miteinander in Widerspruch zu geraten. So, wie sich die Aufgabe des nationalen Richters nach dem Urteil Simmenthal auf Konflikte zwischen einer Gemeinschaftsnorm und einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift beschränkt, überlagert eine Entscheidung des Verfassungsgerichts, mit der die aus der Unvereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschrift mit der Verfassung zu ziehenden Konsequenzen zeitlich hinausgeschoben werden, nicht die Pflicht des nationalen Richters, den Vorrang des Gemeinschaftsrechts immer dann sicherzustellen, wenn er sich einem derartigen Konflikt gegenübersieht.
73.      Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall der Umstand, dass die streitige Regelung auch gegen das Grundgesetz verstößt und dass das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, sie für eine Übergangszeit aufrechtzuerhalten, in keiner Weise die Verpflichtung des vorlegenden Gerichts mindert, die Regelung in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit unangewandt zu lassen, wenn es der Auffassung ist, sie verstoße gegen Art. 49 EG.
74.      Nach dem Urteil Simmenthal muss das vorlegende Gericht die streitige Regelung daher unangewandt lassen, soweit sie einem Dienstleistungserbringer wie WW, der sich auf Art. 49 EG berufen kann, entgegengehalten wird. Dagegen steht diese Rechtsprechung keineswegs einer weiteren Anwendung der Regelung auf in Drittstaaten ansässige Anbieter von Sportwetten entgegen, die sich nicht auf die Dienstleistungs- oder die Niederlassungsfreiheit berufen können.
75.      Die Prüfung der Frage im Hinblick auf den zweiten vom vorlegenden Gericht angeführten Grund führt mich zur Würdigung der Frage, ob die streitige Regelung, obwohl sie gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt, so lange aufrechterhalten werden kann, bis die zuständigen Behörden eine neue Regelung erlassen, die mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.
76.      Eine solche Aufrechterhaltung hätte den Zweck, zu verhindern, dass während dieser Frist eine Gesetzeslücke entsteht, die es allen Anbietern von Sportwetten, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, erlauben würde, den Verbrauchern im Land NRW ihre Wetten anzubieten, ohne dass andere Regulierungsmaßnahmen bestünden als die in ihrem Herkunftsstaat geltenden.
77.      Die Aufrechterhaltung der streitigen Regelung hätte also nicht nur zur Folge, dass das nationale Gericht sie im Rahmen des bei ihm anhängigen Rechtsstreits anwenden dürfte, sondern auch, dass es sämtlichen nationalen Behörden einschließlich der Gerichte erlaubt wäre, sie während der gesamten so zu bestimmenden Übergangszeit weiterhin anzuwenden.
78.      Um die Bedeutung der untersuchten Problematik zu bemessen, ist auch daran zu erinnern, dass die fragliche Regelung nach der Prämisse des vorlegenden Gerichts eine wirksame Bekämpfung der Spielsucht nicht ermöglicht. Mit anderen Worten bewirkt die Regelung dieser Prämisse zufolge, dass Anbietern, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, verboten wird, Verbrauchern im Land NRW Sportwetten anzubieten; sie ist danach aber ungeeignet, die Verbraucher vor einem übermäßigen Anreiz zu solchen Wetten seitens des zugelassenen Veranstalters zu schützen.
79.      Mehrere Mitgliedstaaten, die sich am vorliegenden Verfahren beteiligt haben, haben geltend gemacht, dass die streitige Regelung des Landes NRW bis zum Erlass eines mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehenden Gesetzes anwendbar bleiben solle. Sie haben diesen Standpunkt auf mehrere Argumente gestützt, die kurz wie folgt zusammengefasst werden können.
80.      Zum einen könnten die Wirkungen eines Gemeinschaftsakts, der entweder im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens über die Gültigkeit oder in dem einer Nichtigkeitsklage für rechtswidrig erklärt worden sei, auf der Grundlage von Art. 231 Abs. 2 EG zur Wahrung der Rechtssicherheit und zur Vermeidung einer Gesetzeslücke, die die mit diesem Akt verfolgten Ziele beeinträchtige, fortgelten.
81.      Zum anderen laufe der Ausschluss jeglicher Möglichkeit einer Übergangszeit dem Ermessensspielraum zuwider, der den Mitgliedstaaten in Bezug auf den Schutz der Sozialordnung und ihrer Bürger vor den mit Glücksspielen verbundenen Gefahren eingeräumt sei.
82.      Schließlich ergebe sich die Zulässigkeit einer Übergangszeit auch aus den Bestimmungen des Art. 228 Abs. 2 EG, wonach einem Mitgliedstaat, der einem Urteil des Gerichtshofs, mit dem ein Verstoß gegen seine Verpflichtungen festgestellt worden sei, nicht nachgekommen sei, vor der Einleitung eines erneuten Vertragsverletzungsverfahrens eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermittelt werden müsse, was bewirke, dass ihm noch eine allerletzte Frist gewährt werde.
83.      Im Gegensatz zu diesen Mitgliedstaaten bin ich der Ansicht, dass dem vorlegenden Gericht nicht gestattet werden sollte, eine Regelung anzuwenden, wenn es ihre Unvereinbarkeit mit Art. 49 EG festgestellt hat.
84.      Ich stütze meinen Standpunkt auf folgende Argumente. Zum einen würde die – sei es auch nur übergangsweise – Aufrechterhaltung dieser Regelung grundsätzlich den Vorrang des Gemeinschaftsrechts und den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz beeinträchtigen. Zum anderen wäre eine Abweichung von der im Urteil Simmenthal aufgestellten Verpflichtung selbst unter der Annahme, dass sie unter außergewöhnlichen Umständen in Betracht gezogen werden könnte, nicht möglich, wenn die streitige Regelung wie im vorliegenden Fall zur Erreichung ihrer Ziele ungeeignet ist und sich die Gründe, aus denen sie gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, aus einem Vorabentscheidungsurteil ergeben, das mehr als 18 Monate vor Erlass der im Ausgangsverfahren angefochtenen Rechtsakte ergangen ist.
1.      Grundsätzliche Hindernisse
85.      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit, die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf das Recht der Mitgliedstaaten zeitlich hinauszuschieben, bisher nur anerkannt worden ist, soweit es um die Vergangenheit ging.
86.      So erkennt der Gerichtshof seit dem Urteil Defrenne(21) an, dass von der Rückwirkung eines Urteils, das auf ein Auslegungsersuchen hin ergangen ist, unter außergewöhnlichen Umständen abgewichen werden kann, wenn die Rückwirkung schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen auf Rechtsverhältnisse hätte, die gutgläubig aufgrund der Ungewissheit über die tatsächliche Tragweite des Gemeinschaftsrechts eingegangen worden waren.(22)
87.      Zudem verpflichtet das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedstaaten nach ständiger Rechtsprechung entsprechend dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht, bestands- oder rechtskräftig gewordene Verwaltungsakte oder gerichtliche Entscheidungen in Frage zu stellen.(23)
88.      Bisher ist der nationale Richter nur in dem Fall, dass ein Akt des Sekundärrechts vor ihm ernsthaft angefochten wird und dass dieser Akt Gegenstand einer Prüfung durch den Gerichtshof ist, berechtigt, die Wirkungen einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts in die Zukunft hinauszuschieben. Darüber hinaus muss der Kläger schwerwiegende Gründe für seine Nichtigkeitseinrede vorgebracht haben und die Notwendigkeit, die Anwendung des fraglichen Rechtsakts bis zur Entscheidung des Gerichtshofs auszusetzen, vor dem nationalen Richter nachgewiesen haben.
89.      Dieses Beispiel ist jedoch für die hier zu untersuchende Frage nicht relevant, da es sich auf eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts bezieht, deren Rechtmäßigkeit ernsthaft bestritten und gerade geprüft wird.
90.      Zwar ist die Möglichkeit, dass die Wirkungen einer Rechtsvorschrift fortgelten, obwohl diese gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, in Art. 231 Abs. 2 EG für den Fall, dass eine Verordnung im Rahmen einer Direktklage für nichtig erklärt worden ist, ausdrücklich vorgesehen.
91.      Ebenso ist unstreitig, dass der Gemeinschaftsrichter diese Vorschrift auf sämtliche sekundäre Rechtsakte ausgeweitet hat und dass sie auch im Rahmen von Vorabentscheidungsverfahren über die Gültigkeit angewandt wird. Daher kann der Gemeinschaftsrichter, wenn er im Rahmen einer direkten Nichtigkeitsklage oder eines Vorabentscheidungsverfahrens über die Gültigkeit feststellt, dass ein Akt des sekundären Gemeinschaftsrechts rechtswidrig ist und für nichtig erklärt werden muss, vorsehen, dass dieser Rechtsakt entweder bis zum Inkrafttreten des Akts, der an seiner Stelle erlassen werden soll, oder während der Dauer, die der Gemeinschaftsrichter bestimmt, weiterhin bestimmte Wirkungen hervorruft.(24)
92.      Die Anwendung der genannten Bestimmung beruht auf Gründen der Rechtssicherheit. Es soll verhindert werden, dass rechtliche Situationen, die vor Erlass des Urteils entstanden sind, wieder in Frage gestellt werden, oder dass die Nichtigerklärung des betreffenden Rechtsakts eine Gesetzeslücke entstehen lässt, die die Ziele dieses Rechtsakts gefährden könnte.
93.      So hat der Gerichtshof in neuerer Zeit im Urteil vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission(25), nach der Feststellung, dass die Verordnung(26), die u. a. das Einfrieren der Gelder des Klägers vorsah, unter Verstoß gegen mehrere Grundrechte des Klägers erlassen worden und für nichtig zu erklären gewesen sei, entschieden, die Wirkungen dieser Verordnung für einen Zeitraum von drei Monaten ab der Verkündung des Urteils aufrechtzuerhalten, um dem Rat der Europäischen Union zu ermöglichen, diese Verstöße zu heilen.(27)
94.      Im Gegensatz zu den Mitgliedstaaten, die sich am vorliegenden Verfahren beteiligt haben, bin ich der Ansicht, dass der Übertragung der in Art. 231 Abs. 2 EG vorgesehenen Möglichkeit auf Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, die gegen eine unmittelbar anwendbare Norm des Gemeinschaftsrechts verstoßen, grundsätzliche Hindernisse entgegenstehen, die schwer zu überwinden sind.
95.      Bei der Prüfung der Gründe, auf die der Gerichtshof die Definition der Aufgabe gestützt hat, die dem nationalen Gericht zukommt, wenn es sich einem Konflikt zwischen diesen beiden Kategorien von Normen gegenübersieht, stelle ich fest, dass er folgende Punkte festgehalten hat.
96.      Erstens müsse eine unmittelbar anwendbare Bestimmung des Gemeinschaftsrechts ihre volle Wirkung einheitlich in sämtlichen Mitgliedstaaten vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens und während der gesamten Dauer ihrer Gültigkeit entfalten, da sie eine unmittelbare Quelle von Rechten und Pflichten für alle diejenigen darstelle, die sie betreffe, einerlei, ob es sich um die Mitgliedstaaten oder um Einzelpersonen handele.(28)
97.      Zweitens hätten die unmittelbar anwendbaren Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts nach dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts zur Folge, dass allein durch ihr Inkrafttreten jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts ohne Weiteres unanwendbar werde.(29)
98.      Drittens wäre die praktische Wirksamkeit des Art. 234 EG gemindert, wenn das nationale Gericht daran gehindert wäre, das Gemeinschaftsrecht unmittelbar entsprechend dem in dem Vorabentscheidungsverfahren erlassenen Urteil anzuwenden.
99.      Der Gerichtshof hat daraus den Schluss gezogen, dass jede Bestimmung einer nationalen Rechtsordnung oder jede Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder Rechtsprechungspraxis mit den in der Natur des Gemeinschaftsrechts liegenden Erfordernissen unvereinbar wäre, die dadurch zu einer Abschwächung der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts führen würde, dass dem für die Anwendung dieses Rechts zuständigen Gericht die Befugnis abgesprochen werde, bereits zum Zeitpunkt dieser Anwendung alles Erforderliche zu tun, um diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften auszuschalten, die unter Umständen – sei es auch nur vorübergehend – ein Hindernis für die volle Wirksamkeit der Gemeinschaftsnormen bildeten.(30)
100. Darüber hinaus hat der Gerichtshof im Urteil Factortame u. a.(31) entschieden, dass die Anforderungen der Wirksamkeit und der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts dem nationalen Gericht die Befugnis verliehen, eine als mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar angesehene Bestimmung seines innerstaatlichen Rechts auszusetzen, um die durch den Vertrag gewährten Rechte vorläufig zu garantieren, auch wenn ihm sein nationales Recht dies nicht erlaube.
101. Es ist offenkundig, dass die wirksame und einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts und damit der Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts selbst beeinträchtigt würden, ließe man zu, dass eine Vorschrift des innerstaatlichen Rechts, die gegen eine unmittelbar anwendbare Vorschrift des Gemeinschaftsrechts verstößt, weiter anwendbar bliebe.
102. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass es nach dem Urteil Costa(32) „eine Gefahr für die Verwirklichung der … Ziele des Vertrags bedeuten und dem Verbot des [Art. 12 EG]“, der jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Anwendungsbereich des Vertrags verbietet, „widersprechende Diskriminierungen zur Folge haben [würde], wenn das Gemeinschaftsrecht je nach der nachträglichen innerstaatlichen Gesetzgebung von einem Staat zum anderen verschiedene Geltung haben könnte“.(33)
103. Würde das nationale Gericht eine innerstaatliche Rechtsvorschrift anwenden, obwohl der Kläger die Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem Gemeinschaftsrecht zu Recht bestritten hat, würde damit auch das Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz in Abrede gestellt und die praktische Wirksamkeit des Art. 234 EG beeinträchtigt.
104. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt und in den Art. 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist; er ist im Übrigen auch in Art. 47 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union bekräftigt worden.(34)
105. Die praktische Wirksamkeit des Art. 234 EG in Verbindung mit der unmittelbaren Wirkung der Rechte aus den Verkehrsfreiheiten soll es dem Einzelnen gerade ermöglichen, sich gegen eine Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats zu wenden und zu erreichen, dass sie auf ihn nicht angewandt wird, wenn sie gegen eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts wie eine Verkehrsgrundfreiheit verstößt.
106. Wenn ich daher die Rechtsprechung zur zeitlichen Begrenzung der Rückwirkung eines Vorabentscheidungsurteils untersuche, stelle ich fest, dass der Gerichtshof bestrebt war, den Schutz der Rechtssicherheit für zuvor gutgläubig geschaffene rechtliche Situationen mit dem Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz zu vereinbaren, indem er zugunsten von Personen, die vor der Verkündung seines Urteils eine gerichtliche Klage erhoben oder einen gleichwertigen Rechtsbehelf eingelegt hatten, eine Ausnahme von der Nichtrückwirkung des Urteils vorgesehen hat.
107. Der Gerichtshof hat diese Rechtsprechung sowohl in seinen Auslegungsurteilen(35) als auch im Rahmen von Vorabentscheidungsverfahren, in denen er eine Gemeinschaftsnorm für ungültig erklärt hat(36), angewandt.
108. Wendete man die streitige Regelung im Ausgangsrechtsstreit gegenüber WW an, was eine Abweisung ihrer Klage als unbegründet zur Folge hätte, würde dies bewirken, ihr den wirksamen gerichtlichen Schutz der Rechte zu versagen, die ihr unmittelbar durch die Vertragsbestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit verliehen werden.
109. Das Grundrecht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz und der Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts stellen daher meines Erachtens schwer zu überwindende Hindernisse dar, die der Möglichkeit entgegenstehen, eine Ausnahme von der im Urteil Simmenthal aufgestellten Verpflichtung vorzusehen.
110. Selbst unter der Annahme, dass eine derartige Ausnahme nach einer Abwägung des durch die innerstaatliche Rechtsvorschrift geschützten Interesses mit den durch die Bestimmung des Gemeinschaftsrechts gewährten Rechten, die mit der Abwägung vergleichbar wäre, die der Gerichtshof im Urteil Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission zwischen dem Schutz von Grundrechten und der Bekämpfung des Terrorismus vorgenommen hat, in Betracht gezogen werden könnte, ist sie meines Erachtens unter den Umständen des vorliegenden Falls aus folgenden Gründen nicht zulässig.
2.       Zusätzliche, speziell im vorliegenden Fall bestehende Hindernisse
111. Meiner Ansicht nach stehen zwei Hindernisse der Möglichkeit entgegen, eine nationale Rechtsvorschrift wie die in Rede stehende Regelung aufrechtzuerhalten, obwohl sie gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt.
112. Das erste besteht darin, dass diese Regelung nach der Prämisse des vorlegenden Gerichts nicht dazu beiträgt, die Wetttätigkeiten kohärent und systematisch einzuschränken. Mit anderen Worten bewirkt diese Regelung, dass in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Veranstaltern von Sportwetten verboten wird, ihre Wetten Verbrauchern im Land NRW anzubieten, schützt diese Verbraucher aber nicht vor einem übermäßigen Anreiz zum Glücksspiel seitens des zugelassenen Veranstalters.
113. Das Argument, die fragliche Regelung müsse aufrechterhalten werden, um eine Gesetzeslücke zu vermeiden, kann daher nicht durchgreifen, da diese Regelung selbst ungeeignet ist, die Verbraucher zu schützen. Nach der Prämisse des vorlegenden Gerichts stellt sie in Wirklichkeit lediglich eine diskriminierende oder zumindest protektionistische Maßnahme dar.
114. Das zweite Hindernis besteht darin, dass die streitige Regelung nach dieser Prämisse angesichts der Kriterien, die der Gerichtshof im Urteil Gambelli u. a. aufgestellt hat, das mehr als 18 Monate vor dem Erlass der mit der Klage im Ausgangsverfahren angefochtenen Verfügungen ergangen ist, gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt.
115. Begrenzt der Gerichtshof die Rückwirkung seiner Urteile zeitlich, ist er bestrebt, diese Abweichung von der wirksamen Anwendung des Gemeinschaftsrechts mit dem Erfordernis in Einklang zu bringen, eine einheitliche Auslegung dieses Rechts in sämtlichen Mitgliedstaaten sicherzustellen. Zum einen kann nach ständiger Rechtsprechung nur der Gerichtshof selbst über diese Begrenzung entscheiden.(37)
116. Zum anderen – dieser zweite Punkt ist hier entscheidend – kann sich die zeitliche Einschränkung der Wirkungen nur aus dem Urteil ergeben, in dem die Gemeinschaftsnorm ausgelegt wird. Daher kann eine solche Einschränkung nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nur in dem Urteil selbst vorgenommen werden, in dem über die erbetene Auslegung entschieden wird.(38)
117. Diese Bedingung ist aus folgendem Grund zwingend. Die zeitliche Wirkung der vom Gerichtshof auf ein Vorabentscheidungsersuchen hin vorgenommenen Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts muss sich notwendig nach einem einheitlichen Zeitpunkt bestimmen. Insoweit stellt der Grundsatz, dass eine Beschränkung nur in dem Urteil selbst erfolgen kann, in dem über die erbetene Auslegung entschieden wird, die Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten und der Einzelnen in Ansehung des Gemeinschaftsrechts sicher und erfüllt damit die Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit ergeben.(39)
118. Stellt der Gerichtshof in einem Vorabentscheidungsurteil fest, dass sich seine Auslegung des Gemeinschaftsrechts aus einem seiner früheren Urteile herleitet, in denen er die Wirkungen des Gemeinschaftsrechts zeitlich nicht beschränkt hat, können die zeitlichen Wirkungen des zweiten Urteils daher dem Gerichtshof zufolge nicht beschränkt werden.(40)
119. Eine Abweichung vom Urteil Simmenthal im vorliegenden Fall zuzulassen, stünde damit im Widerspruch zu der oben genannten Rechtsprechung. Darüber hinaus würde dies die Mitgliedstaaten von ihrer aus der Loyalitätspflicht nach Art. 10 EG folgenden Verpflichtung befreien, ihre Rechtsvorschriften ständig und schnellstmöglich an die Gemeinschaftsrechtsprechung anzupassen, ohne abzuwarten, dass ihre Rechtsvorschriften selbst im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens oder eines Vertragsverletzungsverfahrens angefochten werden.
120. Nach alledem schlage ich daher vor, dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass ein Gericht eines Mitgliedstaats seine nationale Regelung über Sportwetten nicht ausnahms- und übergangsweise weiter anwenden darf, wenn diese Regelung eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellt, weil sie nicht in kohärenter und systematischer Weise zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt.
121. Da ich vorschlage, die Frage, ob von der im Urteil Simmenthal aufgestellten Verpflichtung abgewichen werden kann, zu verneinen, erscheint eine Prüfung der zweiten Vorlagefrage, die sich auf die Bedingungen einer solchen Abweichung bezieht, nicht erforderlich.
V –    Ergebnis
122. Angesichts der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Verwaltungsgerichts Köln wie folgt zu beantworten:
Eine Regelung eines Mitgliedstaats, die die Veranstaltung von Sportwetten zu dem Zweck einschränkt, vom EG-Vertrag erfasste oder von der Rechtsprechung als berechtigt angesehene Interessen zu verteidigen, muss, um mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang zu stehen, ihre Ziele in kohärenter und systematischer Weise verfolgen.
Das nationale Gericht muss überprüfen, ob diese Bedingung erfüllt ist, und dabei die Gesamtheit der Ziele der fraglichen Regelung berücksichtigen und ihre konkreten Auswirkungen auf die Verbraucher unter Berücksichtigung des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten in diesem Bereich beurteilen.
Das vorlegende Gericht wird auch gegebenenfalls die Hinweise berücksichtigen können, die im Urteil in den verbundenen Rechtssachen Stoß u. a. (C‑316/07, C‑358/07 bis C‑360/07, C‑409/07 und C‑410/07) enthalten sein werden.
Ein Gericht eines Mitgliedstaats darf seine nationale Regelung über Sportwetten nicht ausnahms- und übergangsweise weiter anwenden, wenn diese Regelung eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellt, weil sie nicht in kohärenter und systematischer Weise zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt.

1 – Originalsprache: Französisch.

2 – Urteil vom 9. März 1978 (106/77, Slg. 1978, 629).

3 – Im Folgenden: WestLotto.

4 – Im Folgenden: Land NRW.

5 – Im Folgenden: WW.

6 – Im Folgenden: Tipico.

7 – C‑243/01, Slg. 2003, I‑13031.

8 – Vgl. aus neuerer Zeit Urteil vom 19. November 2009, Filipiak (C‑314/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 40).

9 – Urteile vom 21. Oktober 1999, Zenatti (C‑67/98, Slg. 1999, I‑7289, Randnr. 37), und Gambelli u. a. (Randnr. 66).

10 – Urteil Filipiak (Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

11 – Urteil Gambelli u. a. (Randnr. 58).

12 – Ebd. (Randnr. 67).

13 – Ebd. (Randnr. 69).

14 – C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04, Slg. 2007, I‑1891.

15 – Randnr. 55.

16 – C‑316/07, C‑358/07 bis C‑360/07, C‑409/07 und C‑410/07.

17 – Die unmittelbare Anwendbarkeit der Bestimmungen des Vertrags über die Dienstleistungsfreiheit wurde im Urteil vom 3. Dezember 1974, van Binsbergen (33/74, Slg. 1974, 1299), anerkannt.

18 – Urteile Simmenthal (Randnr. 24) und Filipiak (Randnr. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19 – Urteil Filipiak (Randnr. 82).

20 – Ebd. (Randnr. 84).

21 – Urteil vom 8. April 1976 (43/75, Slg. 1976, 455).

22 – Vgl. u. a. Urteil vom 11. August 1995, Roders u. a. (C‑367/93 bis C 377/93, Slg. 1995, I‑2229, Randnr. 43).

23 – Urteile vom 16. März 2006, Kapferer (C‑234/04, Slg. 2006, I‑2585, Randnr. 24), und vom 19. September 2006, i-21 Germany und Arcor (C‑392/04 und C‑422/04, Slg. 2006, I‑8559, Randnr. 51).

24 – Urteile vom 15. Oktober 1980, Providence agricole de la Champagne (4/79, Slg. 1980, 2823, Randnrn. 45 und 46), vom 5. Juli 1995, Parlament/Rat (C‑21/94, Slg. 1995, I‑1827, Randnrn. 29 bis 32), und vom 3. September 2009, Parlament/Rat (C‑166/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 72 bis 75).

25 – C‑402/05 P und C‑415/05 P, Slg. 2008, I‑6351.

26 – Es handelte sich um die Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan (ABl. L 139, S. 9).

27 – Randnrn. 373 ff.

28 – Urteil Simmenthal (Randnrn. 14 und 15).

29 – Ebd. (Randnr. 17).

30 – Ebd. (Randnrn. 22 und 23).

31 – Urteil vom 19. Juni 1990 (C‑213/89, Slg. 1990, I‑2433).

32 – Urteil vom 15. Juli 1964 (6/64, Slg. 1964, 1253).

33 – Ebd., S. 1270.

34 – (ABl. C 364, S. 1). Vgl. Urteil Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (Randnr. 335 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35 – Vgl. u. a. Urteil vom 4. Mai 1999, Sürül (C‑262/96, Slg. 1999, I‑2685), mit dem der Gerichtshof entschieden hat, dass die unmittelbare Wirkung des Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige (ABl. 1983, L 110, S. 60) wegen der Ungewissheiten, die hinsichtlich der Tragweite dieser Bestimmung bestanden hätten und der Gefahr, dass die Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten erschüttert würden, nicht zur Begründung von Ansprüchen auf Leistungen für Zeiten vor Erlass des Urteils geltend gemacht werden könne, soweit die Betroffenen nicht vor diesem Zeitpunkt gerichtlich Klage erhoben oder einen gleichwertigen Rechtsbehelf eingelegt hätten (Randnrn. 112 und 113).

36– In den Randnrn. 25 bis 27 des Urteils vom 26. April 1994, Roquette Frères (C‑228/92, Slg. 1994, I‑1445), führt der Gerichtshof aus:

„… der Gerichtshof [kann], wenn er von der Möglichkeit Gebrauch macht, die Wirkung der Feststellung der Ungültigkeit einer Gemeinschaftsverordnung im Vorabentscheidungsverfahren für die Vergangenheit zu begrenzen, bestimmen, ob eine Ausnahme von dieser Begrenzung der zeitlichen Wirkung seines Urteils zugunsten der Partei des Ausgangsverfahrens vorgesehen werden kann, die die Klage vor dem nationalen Gericht gegen die nationale Maßnahme zur Durchführung der Verordnung erhoben hat, oder ob im Gegenteil auch für diese Partei eine nur in die Zukunft wirkende Feststellung der Ungültigkeit der Verordnung in angemessener Weise Abhilfe schafft (vgl. Randnr. 18 des Urteils [vom 27. Februar 1985], Société des produits de maïs [112/83, Slg. 1985, 719]).

Im Fall einer Partei, die wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens vor dem nationalen Gericht einen auf der Grundlage einer ungültigen Gemeinschaftsverordnung erlassenen Bescheid über die Erhebung von Währungsausgleichsbeträgen angefochten hat, hätte eine solche Begrenzung der Wirkungen der Ungültigerklärung im Vorabentscheidungsverfahren für die Vergangenheit zur Folge, dass dieses nationale Gericht die Klage gegen den streitigen Erhebungsbescheid abweisen würde, obwohl die Verordnung, auf deren Grundlage dieser Bescheid erlassen wurde, vom Gerichtshof im Rahmen desselben Verfahrens für ungültig erklärt worden ist.

Ein Marktteilnehmer wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens sähe sich damit des Anspruchs auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz bei einem Verstoß der Organe gegen die Rechtmäßigkeit des Gemeinschaftshandelns beraubt, und die praktische Wirksamkeit des [Art. 234 EG] würde dadurch beeinträchtigt.“

37 – Urteil vom 8. Februar 1996, FMC u. a. (C‑212/94, Slg. 1996, I‑389, Randnr. 56). Aus dem grundlegenden Erfordernis, dass das Gemeinschaftsrecht in allen Fällen einheitlich anzuwenden ist, folgt nach Ansicht des Gerichtshofs, dass es allein seine Sache ist, darüber zu entscheiden, ob die Geltung der von ihm vorgenommenen Auslegung in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt werden soll (Urteil vom 27. März 1980, Denkavit italiana, 61/79, Slg. 1980, 1205, Randnr. 18).

38 – Urteil vom 6. März 2007, Meilicke u. a. (C‑292/04, Slg. 2007, I‑1835, Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39 – Ebd. (Randnr. 37).

40 – Ebd. (Randnrn. 38 bis 41).