Samstag, 26. Dezember 2009

Weihnachtsgrüße

Wir wünschen allen Teilnehmern, Freunden und Unterstützern

Fröhliche Weihnachten
und einen guten

Rutsch ins Neue Jahr

Ihr Volker Stiny von winyourhome.de/braincontest.org


Hausgewinnspiel Baldham geht in die nächste Runde

Die 5. Spielrunde (deutsch) und die 4. Spielrunde (englisch) wurden am 23.12.2009 gestartet - um baldige Teilnahme wird gebeten.
Die 5. Runde (englisch) wird gerade vorbereitet.
Noch werden Neuanmeldungen angenommen. Helfen Sie mit, auch in Deutschland einen neuen Immobilienmarkt zu schaffen, wie dies in vielen anderen Ländern bereits üblich ist. Ein Informationsforum wird gerade eingerichtet.

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrages wird konkret

Dezember 24, 2009, Lisa Horn
Schon Ende Oktober 2009 hat sich Schleswig-Holstein gegen den bestehenden Glücksspielstaatsvertrag ausgesprochen. Jetzt folgen dem Bundesland auch Bremen, das Saarland, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Berlin. Das würde heißen, dass die Verlängerung des Glücksspielstaatsvertrages ab 2011 nicht mehr gewährleistet ist – denn stimmen weniger als 13 Länder für die Fortsetzung der Gesetzesnovelle, wird diese nicht weitergeführt. Es käme zu neuen Bestimmungen.

Schon seit seinem in Kraft treten, seit dem 1.1.2008, sorgt der "Neue Deutsche Glücksspielstaatsvertrag" für Aufregung. Die Auslegung des Gesetzes obliegt den Ländern, und diese wissen nicht so recht, wie man damit denn nun umgehen sollte. Die einen nehmen es gelassen, ganz nach dem Prinzip "wo kein Kläger, da kein Richter", Länder wie Nordrhein-Westfalen legen da schon eine strengere Gangart vor, wollen gezielt Poker-, Wett- oder Glücksspiel-Anbieter deutschlandweit verbieten. Doch immer mehr Länder sehen die Rechtfertigung für ein staatliches Monopol nicht mehr gegeben.

Die kritischen Stimmen vermehren sich, ganz offen spricht sich der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Peter Harry Carstensen, gegen den "Neuen Deutschen Glücksspielstaatsvertrag" aus: "Schleswig-Holstein setzt sich dafür ein, das bestehende staatliche Glücksspielmonopol zu beenden." Und zielt als neue Lösung auf ein Konzessionsmodell ab, das effektiv Jugendschutzbeschränkungen und Spielerschutz gewährleisten soll. Carstensen meint damit nicht nur Betriebe, sondern auch Online Poker, denn die bisherigen Internet-Sperren oder –Kontrollen hätte nichts gebracht. Und so meint Carstensen weiter: "Diesen unkontrollierten Angeboten aus dem Ausland sollen wieder staatlich kontrollierte Angebote im Internet auf der Grundlage von in Deutschland erteilten Erlaubnissen entgegengesetzt werden."

Neben den Spielerschutzmaßnahmen geht es hier natürlich auch um Geld, viel Geld. Denn durch den "Neuen Deutschen Glücksspielstaatsvertrag" schrumpften die Einnahmen der Länder beträchtlich. Und die, aus dem Glücksspiel, lukrierten Steuergelder werden für Sport- und Sozial-Förderung verwendet. Jetzt fehlt das Geld und die Töpfe der Fördergelder schrumpfen.

Was sagt der Bund zu den Meinungen aus den Ländern? Der will sich, wie es scheint, aus allem raus halten. So zumindest Bundesminister für Inneres, Thomas de Maizière, von der CDU – er will kein generelles Wett- und Glücksspielverbot in Deutschland. Das teilte er letzte Woche beim Bundestags-Sportausschuss mit. Das sei eine Sache der Länder und wäre eine "Kriegserklärung an die Länder".

Nachdem sich nun immer mehr Länder nicht mehr dem bestehenden Glücksspielstaatsvertrag beugen möchten, besteht konkrete Hoffnung, dass mit 2011 eine überarbeitete Novelle auf dem Tisch liegen könnte und es zu neuen Verhandlungen käme.

Quelle: pokernews.com/

Zwei Millionen Deutsche bei Online-Glückspielen



Landgericht Braunschweig spricht Sportwettvermittler Schadensersatzanspruch wegen Strafverfolgungsmaßnahmen zu  
Urteil vom 27. März 2009
In einem durch die Rechtsanwaltskanzlei Bongers geführten Klageverfahren vor dem Landgericht Braunschweig hat dieses mit Urteil vom 27. März 2009 (Az.: 4 O 1600/08) einem Sportwettvermittler den eingeklagten Schadensersatz in Höhe von über 8.000,- EUR vollumfänglich zugesprochen, welchen das Land Niedersachsen nunmehr an den Sportwettvermittler zu zahlen hat.

Gegen den Sportwettvermittler war im Jahr 2004 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels, § 284 StGB, eingeleitet worden. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erfolgten die Durchsuchung der betriebenen Wettbüros sowie die Beschlagnahme von notwendigem Betriebsvermögen. Nachdem das Landgericht Göttingen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hatte, wurden die beschlagnahmten Gegenstände wieder freigegeben. Für die erfolgten Strafverfolgungsmaßnahmen (Durchsuchung, Beschlagnahme) stellte das Landgericht Göttingen die Entschädigungspflicht nach dem Strafentschädigungsgesetz fest.

Der Sportwettvermittler hat im Rahmen dieses Entschädigungsverfahrens die ihm infolge der Beschlagnahme der Betriebsmittel und der daraufhin erfolgten Schließung der Wettbüros entstandenen Schäden geltend gemacht. Hierbei handelte es sich um die bis zur nächstmöglichen Beendigung der jeweiligen Mietverhältnisse aufgelaufenen Mietzinsverbindlichkeiten.

Die Staatsanwaltschaft lehnte zunächst den Anspruch mit der Begründung ab, der Schaden sei nicht aufgrund der Beschlagnahme der Betriebsmittel erfolgt, sondern resultiere "aus dem Mietvertrag" (!).

Dieser äußerst zweifelhaften Rechtsauffassung folgte das Landgericht Braunschweig auf die diesseits für den Sportwettvermittler erhobene Klage nicht, sondern stellte fest, dass der geltend gemachte Schaden in vollem Umfang zu ersetzen ist.

Damit ist erneut einem durch die Kanzlei Bongers vertretenen Sportwettvermittler ein Schadenersatzanspruch zugesprochen worden.

Auch hier wird wieder deutlich, welche Schadenersatzrisiken Behörden eingehen, wenn sie – trotz offener Rechtslage und gemeinschaftsrechtlicher Bedenken - straf- oder ordnungsrechtliche Maßnahmen durchführen, die zur Schließung derartiger Betriebsstätten führen. Da auch seit Inkrafttreten des Glückspielstaatsvertrages mehr als 25 Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte, mehrere Strafgerichte und nicht zuletzt die Europäische Kommission auf die Gemeinschaftswidrigkeit dieses Gesetzes verweisen, ist das Risiko, welches Behörden teilweise durch vollzogene Schließungsmaßnahmen eingehen, geradezu unkalkulierbar, zumal die wirtschaftlichen Schäden der Betreiber in den meisten Fällen deutlich höher liegen und letztlich aus Steuergeldern deren Schäden auszugleichen sein werden.

Kontakt:
Rechtsanwaltskanzlei Bongers

Rechtsanwalt Guido Bongers
Ludwigstr. 12
D - 61348 Bad Homburg
Tel: 0 61 72 / 10 14 01
Fax: 0 61 72 / 10 14 02
E-Mail: info@ra-bongers.de


Lizenzen für private Anbieter

Öffnung des Wettmarktes soll 750 Millionen Euro bringen

Frankfurt/Main (sid). Die Liberalisierung des Sportwettenmarktes und die Vergabe von Lizenzen an private Anbieter würden nach Angaben eines Wirtschaftsinstituts den Bundesländern Einnahmen in Höhe von rund 750 Millionen Euro garantieren. CDU-Politiker Hans-Jörg Arp, Landtagsabgeordneter in Schleswig Holstein sagte der Sport Bild, dies sei die Schätzung des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung in München. Schleswig-Holstein hatte bereits vor zwei Wochen angekündigt, bis zum Jahresende aus dem Glücksspielstaatsvertrag aussteigen zu wollen. Der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Vertrag zementiert das Monopol des Staates bei Sportwetten (Oddset) sowie Glücksspielen und schließt private Konkurrenz aus. Vor allem die rechtliche Begründung, durch das Verbot privater Anbieter die Glücksspielsucht bekämpfen zu wollen, gerät seither immer stärker unter Beschuss.

Quelle: www.rp-online.de/
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Gerichtshof der Europäischen Union - Schlussanträge des Generalanwalts in den Rechtssachen
C-203/08 und C-258/08 (Auszug)

Nach Ansicht von Generalanwalt Yves Bot ist den Inhabern von Ausschließlichkeitsrechten für den Betrieb von Glücksspielen unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt,ihr Angebot durch Einführung neuer Spiele und durch Werbung attraktiver zu machen.

Im Übrigen ist der Generalanwalt der Ansicht, dass die zuständigen Behörden eine angemessene Ausschreibung durchführen müssen, wenn sie einem privaten Wirtschaftsteilnehmer das ausschließliche Recht für den Betrieb eines Glücksspiels im Rahmen eines Verfahrens der Zulassung oder der Erneuerung dieser Zulassung verleihen wollen



PRESSEMITTEILUNG Nr. 112/09
Luxemburg, den 17. Dezember 2009

Gerichtshof der Europäischen Union
Schlussanträge des Generalanwalts in den Rechtssachen C-203/08 und C-258/08
The Sporting Exchange Ltd. / Minister van Justitie und Ladbrokes Betting &
Gaming, Ladbrokes International Ltd. / Stichting de Nationale Sporttotalisator

Nach Ansicht von Generalanwalt Yves Bot ist den Inhabern von Ausschließlichkeitsrechten für den Betrieb von Glücksspielen unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt,ihr Angebot durch Einführung neuer Spiele und durch Werbung attraktiver zu machen Im Übrigen ist der Generalanwalt der Ansicht, dass die zuständigen Behörden eine angemessene Ausschreibung durchführen müssen, wenn sie einem privaten Wirtschaftsteilnehmer das ausschließliche Recht für den Betrieb eines Glücksspiels im Rahmen eines Verfahrens der Zulassung oder der Erneuerung dieser Zulassung verleihen wollen

Die niederländischen Rechtsvorschriften über Glücksspiel sollen die Verbraucher vor der Spielsucht schützen und die Kriminalität bekämpfen. Sie verbieten zum einen die Veranstaltung oder Förderung von Glücksspielen ohne entsprechende Erlaubnis und beschränken zum anderen diese Erlaubnis auf einen einzigen Anbieter je Spielkategorie. Die Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten, von Lotto und von Zahlenspielen wurde der Stiftung Stichting de Nationale Sporttotalisator erteilt1. Die Erlaubnis zur Veranstaltung von Pferderennwetten wurde der Gesellschaft Scientific Games Racing BV erteilt. The Sporting Exchange Ltd mit Sitz im Vereinigten Königreich, die unter dem Namen Betfair auftritt, ermöglicht – unmittelbar oder mittelbar über das Internet – den Abschluss und das gegenseitige Aushandeln von Wetten über Sportereignisse, insbesondere Pferderennen.

Die Rechtssache C-203/08 geht auf den Rechtsstreit zwischen Betfair und dem Minister van Justitie (niederländischer Justizminister) wegen der Zurückweisung ihrer Anträge auf Zulassung zur Veranstaltung von Glücksspielen in den Niederlanden sowie ihrer Klagen gegen die Entscheidungen über die Verlängerung der Zulassungen von De Lotto und der SGR zurück.

Ladbrokes Betting & Gaming Ltd und Ladbrokes International Ltd, beide mit Sitz im Vereinigten Königreich, veranstalten Sportwetten, insbesondere Quotenwetten. Die Rechtssache C-258/08 steht im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel der beiden Gesellschaften gegen die von De Lotto gegen sie eingeleiteten Verfahren, mit denen ihnen untersagt werden soll, auf ihrer Internetsite Personen mit Wohnsitz in den Niederlanden Glücksspiele anzubieten, für die sie keine Erlaubnis besitzen.

Der Hoge Raad der Nederlanden (niederländischer Kassationsgerichtshof) und der Raad van State (niederländischer Staatsrat), die in letzter Instanz mit den Rechtsstreitigkeiten befasst sind, fragen den Gerichtshof nach der gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit der niederländischen Regelung über die Glücksspielpolitik.

Zunächst weist der Generalanwalt darauf hin, dass die Vereinbarkeit der niederländischen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht nach Maßgabe der Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr zu prüfen ist. In diesem Zusammenhang steht fest, dass die Regelung diese Verkehrsfreiheit beschränkt.

Der Generalanwalt erinnert daran, dass nach gefestigter Rechtsprechung die Mitgliedstaaten die Veranstaltung und den Betrieb von Glücksspielen auf ihrem Gebiet einschränken können, um die Verbraucher gegen übertriebene Ausgaben in Zusammenhang mit dem Spielen zu schützen und die öffentliche Ordnung gegen die Gefahr von Betrügereien zu verteidigen, die wegen der bedeutenden Geldsummen besteht, die durch Glücksspiele eingenommen werden können. Der Gerichtshof hat ebenfalls die Ansicht vertreten, dass ein Mitgliedstaat das Recht zum Betrieb von Glücksspielen legitimerweise einem einzigen Betreiber übertragen kann.

Dazu hat der Generalanwalt erstens festgestellt, dass die den Inhabern ausschließlicher Rechte für den Betrieb von Glücksspielen in den Niederlanden eingeräumte Befugnis, ihr Angebot durch die Einführung neuer Spiele und durch Werbung attraktiver zu machen, als solche nicht inkohärent mit den von der niederländischen Regelung verfolgten Zielen in ihrer Gesamtheit ist, weil dieses Verhalten durchaus zur Bekämpfung von Betrügereien beiträgt.

Soweit die niederländische Regelung die Verbraucher ebenfalls gegen die Spielsucht schützen will, müssen jedoch die Einführung neuer Spiele und die Werbung vom Mitgliedstaat streng kontrolliert und begrenzt werden, um ebenfalls mit der Verfolgung dieses Ziels vereinbar zu sein. Damit die beiden von der niederländischen Regelung verfolgten Ziele miteinander in Einklang stehen, müssen das Angebot der Inhaber ausschließlicher Rechte und die Werbung für erlaubte Spiele einen ausreichenden Anreiz bieten, damit die Verbraucher weiterhin im legalen Rahmen spielen, dürfen gleichzeitig aber nicht zu übermäßigem Spiel verleiten, das die Verbraucher oder zumindest die labilsten unter ihnen dazu bringen könnte, mehr als den Teil ihrer Einkünfte auszugeben, den sie zu ihrem Vergnügen verwenden können. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob diese Rechtsvorschriften angesichts ihres Inhalts und ihrer Durchführung tatsächlich zur Erreichung der beiden angestrebten Ziele beitragen.

Zweitens hat der Generalanwalt die Ansicht vertreten, dass das nationale Gericht nach der Feststellung, dass die Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, nicht verpflichtet ist, im Einzelfall zu prüfen, ob eine Maßnahme zur Durchsetzung dieser Rechtsvorschriften, wie etwa die Anordnung gegenüber einem Wirtschaftsteilnehmer, seine Internetsite mit Angeboten von Glücksspielen für im nationalen Hoheitsgebiet ansässige Personen unzugänglich zu machen, zur Erreichung der mit diesen Rechtsvorschriften verfolgten Ziele geeignet und ob sie verhältnismäßig ist, sofern die Maßnahme sich strikt darauf beschränkt, die Einhaltung dieser Rechtsvorschriften sicherzustellen.

Drittens hat der Generalanwalt zu der Frage, ob das Königreich der Niederlande nach dem in der Rechtsprechung des Gerichtshofs herausgearbeiteten Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung verpflichtet gewesen ist, die Betfair in anderen Mitgliedstaaten erteilten Zulassungen anzuerkennen, darauf hingewiesen, dass nach dem Urteil Liga Portuguesa2 dieser Grundsatz nicht für die Erlaubnis für das Anbieten von Glücksspielen über das Internet gilt.

Viertens hat der Generalanwalt die Ansicht vertreten, dass in einem System der Zulassung eines einzigen Wirtschaftsteilnehmers im Bereich der Glücksspiele der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Transparenzgebot einer Verlängerung der Zulassung ohne Ausschreibung entgegenstehen, sofern die Nichtdurchführung der Ausschreibung nicht stichhaltig begründet ist. Insoweit ist es Sache des nationalen Gerichts festzustellen, ob eine solche Verlängerung ohne Ausschreibung einem wesentlichen Interesse wie dem Schutz der öffentlichen Ordnung oder einem zwingenden Erfordernis des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Verbraucher gegen die Gefahren der Verschuldung und Spielsucht und der Betrugsbekämpfung entspricht oder ob sie mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar ist.

HINWEIS: Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für den Gerichtshof nicht bindend. Aufgabe des Generalanwalts ist es, dem Gerichtshof in völliger Unabhängigkeit einen Entscheidungsvorschlag für die betreffende Rechtssache zu unterbreiten. Die Richter des Gerichtshofs treten nunmehr in die Beratung ein. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.

HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts oder nach der Gültigkeit einer Gemeinschaftshandlung vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit demselben Problem befasst werden.
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1 – Stiftung für Spiele mit Sportvoraussagen (im Folgenden: De Lotto).
2 – Urteil vom 8. September 2008, C-42/07, PM Nr. 70/09

www.curia.europa.eu
Rechtssache C-203/08 und C-258/08



URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
3. Juni 2010(*)
„Art. 49 EG – Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs – Glücksspiele – Betrieb von Glücksspielen über das Internet – Regelung, die eine Erlaubnis einem einzigen Veranstalter vorbehält – Weigerung, einem Veranstalter, der bereits in anderen Mitgliedstaaten über eine Erlaubnis verfügt, eine Betriebserlaubnis zu erteilen – Rechtfertigung – Verhältnismäßigkeit – Kontrolle jeder konkreten Maßnahme zur Durchführung der nationalen Regelung“
In der Rechtssache C‑258/08
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 13. Juni 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Juni 2008, in dem Verfahren
Ladbrokes Betting & Gaming Ltd,
Ladbrokes International Ltd
gegen
Stichting de Nationale Sporttotalisator
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter), der Richterin P. Lindh sowie der Richter A. Rosas, U. Lõhmus und A. Arabadjiev,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
–        der Ladbrokes Betting & Gaming Ltd und der Ladbrokes International Ltd, vertreten durch W. Hoyng und M. Meulenbelt, advocaten, beauftragt von S. Kon und M. Evans, Solicitors,
–        der Stichting de Nationale Sporttotalisator, vertreten durch E. Pijnacker Hordijk, J. van Manen und M. van Wissen, advocaten,
–        der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels, M. de Grave und Y. de Vries als Bevollmächtigte,
–        der belgischen Regierung, vertreten durch A. Hubert und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte im Beistand von P. Vlaemminck, advocaat,
–        der dänischen Regierung, vertreten durch J. Bering Liisberg und V. Pasternak Jørgensen als Bevollmächtigte,
–        der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und B. Klein als Bevollmächtigte,
–        der griechischen Regierung, vertreten durch A. Samoni-Rantou, O. Patsopoulou und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
–        der spanischen Regierung, vertreten durch F. Díez Moreno als Bevollmächtigten,
–        der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
–        der finnischen Regierung, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski als Bevollmächtigte,
–        der norwegischen Regierung, vertreten durch P. Wennerås und K. Moe Winther als Bevollmächtigte,
–        der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa, A. Nijenhuis und S. Noë als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Dezember 2009
folgendes
Urteil
1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 49 EG.
2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Stichting de Nationale Sporttotalisator, einer Stiftung niederländischen Rechts (im Folgenden: De Lotto), und den im Vereinigten Königreich ansässigen Unternehmen Ladbrokes Betting & Gaming Ltd und Ladbrokes International Ltd (im Folgenden: Ladbrokes-Unternehmen) wegen des möglicherweise vorschriftswidrigen Verhaltens der Ladbrokes-Unternehmen auf dem niederländischen Glücksspielmarkt.
 Rechtlicher Rahmen
3        Art. 1 des Gesetzes über Glücksspiele (Wet op de kansspelen, im Folgenden: Wok) bestimmt:
„Vorbehaltlich der Bestimmungen des Abschnitts Va dieses Gesetzes ist es verboten,
a.      die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Preis- oder Prämienwettbewerb zu bieten, wenn die Ermittlung der Gewinner allein dem Zufall überlassen bleibt, den die Teilnehmer im Allgemeinen nicht entscheidend beeinflussen können, es sei denn, dass eine entsprechende Erlaubnis nach diesem Gesetz erteilt worden ist;
b.      ohne eine Erlaubnis nach diesem Gesetz die Teilnahme an einer unter Buchst. a genannten Veranstaltung oder einer entsprechenden Veranstaltung in Europa außerhalb des Königreichs der Niederlande zu fördern, oder zu diesem Zweck zur Veröffentlichung oder Verbreitung bestimmte Dokumente vorzuhalten; …“
4        Art. 16 Wok sieht vor:
„1.      Der Minister der Justiz und der Minister für Wohlfahrt, Gesundheit und Kultur können unter Berücksichtigung der Interessen gemeinnütziger Einrichtungen insbesondere auf dem Gebiet des Sports und der Körpererziehung, der Kultur, der gesellschaftlichen Wohlfahrt und der Gesundheit der Bevölkerung einer juristischen Person mit vollständiger Rechtsfähigkeit für eine von ihnen zu bestimmende Zeit eine Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten erteilen.
2.      Der Ertrag einer Wette ist … für die Zwecke zu verwenden, die die juristische Person mit der Veranstaltung und Annahme von Sportwetten fördern will.
3.      Mindestens 47,5 % der Gesamterträge, die mit den nach diesem Abschnitt und nach Abschnitt IVa veranstalteten Glücksspielen erzielt und auf der Grundlage eines Kalenderjahrs berechnet werden, sind für die Gewinnausschüttung bestimmt. …“
5        In Art. 21 Wok heißt es:
„1.      Die in Art. 16 genannten Minister erlassen Vorschriften über die Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten.
2.      Diese Vorschriften regeln insbesondere
a.      die Zahl der zu veranstaltenden Wetten,
b.      die Ermittlung der Ersatzergebnisse und das Gewinnschema,
c.      die Verwaltung und Deckung der mit der Veranstaltung verbundenen Kosten,
d.      die Verwendung der Erträge der veranstalteten Wetten,
e.      die Satzung und die Geschäftsordnung der juristischen Person,
f.      die staatliche Aufsicht,
g.      den Aufbau des von der juristischen Person jährlich vorzulegenden Berichts über ihre Tätigkeiten und deren finanzielle Ergebnisse sowie die Art und Weise der Veröffentlichung dieses Berichts.“
 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
6        Die niederländische Regelung über Glücksspiele beruht auf einem System ausschließlicher Erlaubnisse, nach dem es verboten ist, Glücksspiele zu veranstalten oder zu fördern – es sei denn, dass eine entsprechende behördliche Erlaubnis erteilt worden ist –, und die nationalen Behörden nur eine Zulassung für jedes erlaubte Glücksspiel erteilen.
7        Aus den dem Gerichtshof vom vorlegenden Gericht übermittelten Akten des Ausgangsverfahrens ergibt sich, dass in den Niederlanden keine Möglichkeit besteht, Glücksspiele interaktiv über das Internet anzubieten.
8        De Lotto ist eine privatrechtliche Stiftung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die Inhaberin der Zulassung für die Veranstaltung von Sportwetten, Lotto und Zahlenspielen ist. Sie verfolgt nach ihrer Satzung den Zweck, durch die Veranstaltung von Glücksspielen Mittel zu beschaffen und diese zwischen dem Gemeinwohl dienenden Einrichtungen, insbesondere im Bereich des Sports, der Körpererziehung, der allgemeinen Wohlfahrt, der öffentlichen Gesundheit und der Kultur, zu verteilen.
9        Die Ladbrokes-Unternehmen veranstalten Sportwetten und sind insbesondere für ihre Tätigkeiten im Bereich der Quotenwetten bekannt („bookmaking“). Über ihre Website bieten sie mehrere, hauptsächlich sportbezogene Glücksspiele an. Ferner bieten sie die Möglichkeit, über eine gebührenfreie Telefonnummer an von ihnen veranstalteten Wetten teilzunehmen. Diese Unternehmen üben keine materiellen Tätigkeiten im niederländischen Hoheitsgebiet aus.
10      De Lotto, die den Ladbrokes-Unternehmen vorwarf, in den Niederlanden ansässigen Personen über das Internet Glücksspiele anzubieten, für die sie nicht über die nach der Wok erforderliche Zulassung verfügten, wandte sich an den für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter der Rechtbank Arnhem (Gericht erster Instanz Arnhem), um den Unternehmen aufzugeben, dies abzustellen.
11      Mit Urteil vom 27. Januar 2003 gab der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter diesem Antrag statt und gab den Ladbrokes-Unternehmen auf, Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu ihrer Website für in den Niederlanden ansässige Personen zu sperren und diese daran zu hindern, telefonisch an Wetten teilzunehmen. Diese Maßnahmen wurden mit den Urteilen des Gerechtshof te Arnhem (Berufungsgericht Arnhem) vom 2. September 2003 und des Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof) vom 18. Februar 2005 bestätigt.
12      Am 21. Februar 2003 erhob De Lotto außerdem Klage gegen die Ladbrokes-Unternehmen bei der Rechtbank Arnhem. De Lotto beantragte, die von dem für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter gegen die Unternehmen verhängten Zwangsmaßnahmen zu bestätigen. Mit Urteil vom 31. August 2005 gab die Rechtbank der Klage von De Lotto statt und gab den Unternehmen unter Androhung einer Geldbuße auf, die Maßnahmen zur Sperrung des Zugangs zu Glücksspielen über das Internet und das Telefon für in den Niederlanden ansässige Personen aufrechtzuerhalten. Auf die Bestätigung dieses Urteils mit Urteil des Gerechtshof te Arnhem vom 17. Oktober 2006 hin legten die Ladbrokes-Unternehmen Kassationsbeschwerde an das vorlegende Gericht ein.
13      Da der Hoge Raad der Ansicht ist, dass die Auslegung des Unionsrechts erforderlich ist, um ihm die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zu ermöglichen, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.      Erfüllt eine auf die Lenkung der Spielleidenschaft in bestimmte Bahnen gerichtete, restriktive nationale Glücksspielpolitik, die tatsächlich dazu beiträgt, dass die mit der betreffenden nationalen Regelung verfolgten Ziele, nämlich die Eindämmung der Spielsucht und die Betrugsbekämpfung, erreicht werden, indem sie dafür sorgt, dass dank des regulierten Angebots von Glücksspielen der Umfang des Spielens (viel) begrenzter bleibt, als es ohne das nationale Regulierungssystem der Fall wäre, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere im Urteil vom 6. November 2003, Gambelli u. a. (C‑243/01, Slg. 2003, I‑13031), aufgestellte Voraussetzung, dass die Wetttätigkeiten durch diese Politik in kohärenter und systematischer Weise begrenzt werden, auch wenn dem oder den Inhabern der Genehmigung erlaubt ist, ihr Glücksspielangebot durch die Einführung neuer Glücksspiele attraktiver zu machen, das Augenmerk einer breiten Öffentlichkeit durch Werbung auf ihr Glücksspielangebot zu lenken und so (potenzielle) Spieler von dem illegalen Angebot von Glücksspielen fernzuhalten (vgl. Urteil vom 6. März 2007, Placanica u. a., C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04, Slg. 2007, I‑1891, Randnr. 55 a. E.)?
2.      a)     Hat, wenn eine nationale Regelung der Glücksspielpolitik mit Art. 49 EG vereinbar ist, das nationale Gericht bei ihrer Anwendung in einem konkreten Fall stets zu untersuchen, ob die zu erlassende Maßnahme, wie etwa die Anordnung, eine Website für die Teilnahme Gebietsansässiger des betroffenen Mitgliedstaats an den dort angebotenen Glücksspielen durch eine hierfür verfügbare Software unzugänglich zu machen, unter den konkreten Umständen des Falles als solche an und für sich die Voraussetzung erfüllt, dass sie den zur Rechtfertigung der nationalen Regelung geltend gemachten Zielen tatsächlich Rechnung trägt, und ob die sich aus dieser Regelung und ihrer Anwendung ergebende Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs unter Berücksichtigung dieser Ziele nicht unverhältnismäßig ist?
         b)     Macht es für die Beantwortung der Frage 2a einen Unterschied, wenn die zu erlassende Maßnahme nicht im Rahmen der Anwendung der nationalen Regelung von der Behörde beantragt und auferlegt wird, sondern im Rahmen eines Zivilverfahrens, in dem die mit der erforderlichen Genehmigung tätige Veranstalterin von Glücksspielen beantragt, die Maßnahme auf der Grundlage einer nach bürgerlichem Recht ihr gegenüber begangenen unerlaubten Handlung anzuordnen, die darin besteht, dass die Gegenpartei die betreffende nationale Regelung missachtet und sich damit einen unlauteren Vorsprung vor der mit der erforderlichen Genehmigung tätigen Partei verschafft?
3.      Ist Art. 49 EG so auszulegen, dass bei Anwendung dieser Bestimmung die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats aufgrund des in diesem Mitgliedstaat geltenden geschlossenen Genehmigungssystems für das Anbieten von Dienstleistungen bei Glücksspielen nicht verbieten kann, dass ein Dienstleistungsanbieter, dem bereits in einem anderen Mitgliedstaat eine Genehmigung für die Erbringung dieser Dienstleistungen über das Internet erteilt worden ist, diese Dienstleistungen auch im erstgenannten Mitgliedstaat über das Internet anbietet?
 Zu den Vorlagefragen
 Zur ersten Frage
14      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob bei einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens, die die Eindämmung der Spielsucht und die Betrugsbekämpfung bezweckt und tatsächlich zur Verwirklichung dieser Ziele beiträgt, davon ausgegangen werden kann, dass sie Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise begrenzt, obwohl der oder die Inhaber einer ausschließlichen Erlaubnis berechtigt sind, ihr Angebot auf dem Markt durch die Einführung neuer Glücksspiele und durch Werbung attraktiver zu machen.
15      Art. 49 EG verlangt die Aufhebung jeder Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus den anderen Mitgliedstaaten gilt –, sofern sie geeignet ist, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, in dem er rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Die Dienstleistungsfreiheit gilt sowohl zugunsten des Dienstleistenden als auch zugunsten des Dienstleistungsempfängers (Urteil vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C‑42/07, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).
16      Eine Regelung eines Mitgliedstaats, die die Veranstaltung und die Bewerbung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Veranstalters unterwirft und es allen anderen – auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten, stellt eine Beschränkung des in Art. 49 EG verbürgten freien Dienstleistungsverkehrs dar (Urteile Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 52, sowie vom heutigen Tag, Sporting Exchange, C‑203/08, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 24).
17      Zu prüfen ist jedoch, ob eine solche Beschränkung im Rahmen der Ausnahmeregelungen, die in den nach Art. 55 EG auf diesem Gebiet anwendbaren Art. 45 EG und 46 EG ausdrücklich vorgesehen sind, zulässig oder gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 55).
18      Art. 46 Abs. 1 EG lässt Beschränkungen zu, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs hat eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses herausgestellt, die diese Beschränkungen ebenfalls rechtfertigen können, wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen (Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 56).
19      In diesem Kontext können die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, ein ausreichendes Ermessen der staatlichen Stellen rechtfertigen, festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (Urteile Gambelli u. a., Randnr. 63, sowie Placanica u. a., Randnr. 47).
20      Den Mitgliedstaaten steht es frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele ihrer eigenen Wertordnung entsprechend festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen. Die von ihnen vorgeschriebenen Beschränkungen müssen jedoch den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen, insbesondere an ihre Verhältnismäßigkeit, genügen (vgl. in diesem Sinne Urteile Placanica u. a., Randnr. 48, sowie Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 59).
21      Im Einzelnen müssen die Beschränkungen, die auf die in Randnr. 18 des vorliegenden Urteils angeführten Gründe gestützt werden, geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen (vgl. in diesem Sinne Urteil Gambelli u. a., Randnr. 67).
22      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs obliegt es den nationalen Gerichten, zu überprüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften tatsächlich den Zielen, die sie rechtfertigen könnten, entsprechen und ob die darin vorgesehenen Beschränkungen nicht im Hinblick auf diese Ziele unverhältnismäßig sind (Urteile Gambelli u. a., Randnr. 75, sowie Placanica u. a., Randnr. 58).
23      Im vorliegenden Fall ist dem Wortlaut der ersten Vorlagefrage zu entnehmen, dass das vorlegende Gericht die mit der Wok verfolgten Ziele klar angibt, nämlich den Verbraucherschutz durch Eindämmung der Spielsucht und die Betrugsbekämpfung, und dass es der Auffassung ist, dass die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung diesen Zielen tatsächlich entspricht und nicht über das zur Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinausgeht.
24      Das vorlegende Gericht hat allerdings insoweit Zweifel an der Kohärenz und Systematik der nationalen Regelung, als diese zwar die in der vorstehenden Randnummer genannten Ziele verfolgt, gleichzeitig aber den Wirtschaftsteilnehmern, die in den Niederlanden über eine ausschließliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen verfügen und zu denen De Lotto gehört, erlaubt, ihr Angebot auf dem Markt durch die Einführung neuer Glücksspiele und durch Werbung attraktiver zu machen.
25      Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, kann eine Politik der kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor durchaus mit dem Ziel in Einklang stehen, Spieler, die als solchen verbotenen Tätigkeiten geheimer Spiele oder Wetten nachgehen, dazu zu veranlassen, zu erlaubten und geregelten Tätigkeiten überzugehen. Zur Erreichung dieses Ziels ist es erforderlich, dass die zugelassenen Veranstalter eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zur verbotenen Tätigkeit bereitstellen, was als solches das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken mit sich bringen kann (Urteil Placanica u. a., Randnr. 55).
26      Zwar wird in den Gründen des Urteils Placanica u. a. nur auf das Ziel der Bekämpfung der Kriminalität im Glücksspielsektor Bezug genommen, während die niederländische Regelung im Ausgangsverfahren auch die Eindämmung der Spielsucht bezweckt, doch sind diese beiden Ziele in ihrer Gesamtheit zu würdigen, weil sie sich auf den Schutz der Verbraucher sowie den Schutz der Sozialordnung beziehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. März 1994, Schindler, C‑275/92, Slg. 1994, I‑1039, Randnr. 58, vom 21. September 1999, Läärä u. a., C‑124/97, Slg. 1999, I‑6067, Randnr. 33, sowie vom 21. Oktober 1999, Zenatti, C‑67/98, Slg. 1999, I‑7289, Randnr. 31).
27      Es obliegt dem vorlegenden Gericht, in Anbetracht der Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung dadurch, dass sie die Inhaber einer ausschließlichen Erlaubnis ermächtigt, neue Spiele anzubieten und Werbung zu treiben, als Teil einer Politik der kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor zur wirksamen Kanalisierung der Spiellust in rechtmäßige Bahnen anzusehen ist.
28      Sollte sich herausstellen, dass das Königreich der Niederlande eine Politik der starken Expansion der Glücksspiele verfolgt, indem es den Verbrauchern übermäßige Anreize und Aufforderungen zur Teilnahme an Glücksspielen bietet, um vor allem Mittel zu beschaffen, und dass die Finanzierung sozialer Tätigkeiten über eine Abgabe auf die Einnahmen aus zugelassenen Glücksspielen deshalb keine nützliche Nebenfolge, sondern der eigentliche Grund der von diesem Mitgliedstaat betriebenen restriktiven Politik ist, wäre festzustellen, dass eine solche Politik die Glücksspieltätigkeit nicht auf kohärente und systematische Weise begrenzt und daher nicht geeignet ist, die Verwirklichung des Ziels der Eindämmung der Spielsucht der Verbraucher zu gewährleisten.
29      Im Rahmen dieser Prüfung hat das vorlegende Gericht insbesondere zu untersuchen, ob die rechtswidrigen Spieltätigkeiten in den Niederlanden ein Problem darstellen können und ob eine Ausweitung der zugelassenen und regulierten Tätigkeiten geeignet wäre, diesem Problem abzuhelfen.
30      Da nämlich das Ziel, die Verbraucher vor der Spielsucht zu schützen, grundsätzlich schwer mit einer Politik der Expansion von Glücksspielen, die insbesondere durch die Schaffung neuer Spiele und die Werbung für sie gekennzeichnet ist, vereinbar ist, kann eine solche Politik nur dann als kohärent angesehen werden, wenn die rechtswidrigen Tätigkeiten einen erheblichen Umfang haben und die erlassenen Maßnahmen darauf abzielen, die Spiellust der Verbraucher in rechtmäßige Bahnen zu lenken.
31      Sollte, wie De Lotto in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die Nachfrage nach Glücksspielen in den Niederlanden, insbesondere im Bereich des heimlichen Angebots, bereits erheblich zugenommen haben, ist dies zu berücksichtigen.
32      Die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung soll nicht nur Betrug und andere Straftaten im Glücksspielbereich bekämpfen, sondern auch den Verbraucherschutz gewährleisten. Somit muss das richtige Gleichgewicht gefunden werden zwischen dem Erfordernis einer kontrollierten Expansion der zugelassenen Glücksspiele, um das Glücksspielangebot für die Öffentlichkeit attraktiv zu machen, und der Notwendigkeit, die Spielsucht der Verbraucher so weit wie möglich zu verringern.
33      Bei dieser Prüfung könnten sich bestimmte Anhaltspunkte, die sich den dem Gerichtshof vorliegenden Akten entnehmen lassen, als hilfreich erweisen.
34      Nach der Entscheidung von 2004 über die ausschließliche Zulassung von De Lotto für die Veranstaltung von Sportwetten trägt diese „Stiftung dafür Sorge, dass die Tätigkeiten der Kundenwerbung und der Werbung zurückhaltenden und ausgewogenen Inhalts sind, und sie achtet insbesondere darauf, dass die übermäßige Teilnahme an nach dieser Entscheidung veranstalteten Glücksspielen eingedämmt wird“.
35      Darüber hinaus hat der niederländische Justizminister mit Schreiben vom 23. Juni 2004 die Zulassungsinhaber aufgefordert, „die Zahl der Werbenachrichten stark einzuschränken und dieser restriktiven Werbepolitik dadurch Form und Inhalt zu geben, dass sie für die Glücksspielveranstalter einen Verhaltens- und Werbekodex erarbeiten, der für alle Veranstalter gelten soll“. Dieser Kodex ist in den Niederlanden am 15. Februar 2006 in Kraft getreten.
36      Diese Gesichtspunkte könnten den Willen der nationalen Behörden belegen, die Expansion der Glücksspiele in den Niederlanden in engen Grenzen zu halten.
37      Das vorlegende Gericht muss jedoch prüfen, ob die Entwicklung des Glücksspielmarkts in den Niederlanden erkennen lässt, dass die Behörden dieses Mitgliedstaats die Expansion der Glücksspiele sowohl hinsichtlich des Umfangs der von den Inhabern einer ausschließlichen Erlaubnis durchgeführten Werbung als auch hinsichtlich der Schaffung neuer Spiele durch diese Veranstalter wirksam kontrollieren und damit die mit der nationalen Regelung verfolgten Ziele angemessen miteinander in Einklang bringen.
38      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass bei einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens, die die Eindämmung der Spielsucht und die Betrugsbekämpfung bezweckt und wirksam zur Erreichung dieser Ziele beiträgt, davon ausgegangen werden kann, dass sie die Wetttätigkeit in kohärenter und systematischer Weise begrenzt, obwohl der oder die Inhaber einer ausschließlichen Erlaubnis berechtigt sind, ihr Angebot auf dem Markt durch die Einführung neuer Spiele und durch Werbung attraktiver zu machen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die illegalen Spieltätigkeiten im betreffenden Mitgliedstaat ein Problem darstellen können, dem eine Expansion der zugelassenen und regulierten Tätigkeiten abhelfen kann, und ob diese Expansion nicht einen Umfang hat, die sie mit dem Ziel der Eindämmung der Spielsucht unvereinbar macht.
 Zur zweiten Frage
39      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das nationale Gericht im Hinblick auf die Anwendung einer mit Art. 49 EG vereinbaren mitgliedstaatlichen Regelung über Glücksspiele verpflichtet ist, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Durchführungsmaßnahme, die die Einhaltung dieser Regelung sicherstellen soll, zur Erreichung des mit dieser verfolgten Ziels geeignet ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Das vorlegende Gericht möchte auch wissen, ob diese Frage anders zu beantworten ist, wenn die zu erlassende Maßnahme nicht von den Behörden, sondern von einem Einzelnen im Rahmen eines Zivilverfahrens beantragt wird.
40      Wie in Randnr. 22 des vorliegenden Urteils ausgeführt, obliegt es den nationalen Gerichten, zu prüfen, ob mitgliedstaatliche Rechtsvorschriften, die eine im Vertrag verankerte Grundfreiheit beschränken, zur Erreichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele, die diese Rechtsvorschriften rechtfertigen könnten, geeignet sind und ob die darin vorgesehenen Beschränkungen nicht im Hinblick auf diese Ziele unverhältnismäßig sind.
41      Der zweiten Frage liegt die Annahme zugrunde, dass die niederländische Glücksspielregelung mit Art. 49 EG vereinbar ist.
42      Im Ausgangsverfahren beruht die Beschränkung des in Art. 49 EG verbürgten freien Dienstleistungsverkehrs unmittelbar auf den Bestimmungen der Wok, da sie die Veranstaltung und die Bewerbung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Veranstalters unterwirft, die es allen anderen – auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten.
43      Eine Maßnahme zur Durchführung der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung, wie die von dem für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter an die Ladbrokes-Unternehmen gerichtete Anordnung, für in den Niederlanden ansässige Personen den Zugang zu ihrer Website zu sperren und es ihnen unmöglich zu machen, telefonisch an Wetten teilzunehmen, ist unerlässlich für den Schutz, den dieser Mitgliedstaat in seinem Hoheitsgebiet im Glücksspielbereich gewähren will, und kann daher nicht als eine zusätzliche Beschränkung gegenüber derjenigen angesehen werden, die sich unmittelbar aus den Bestimmungen der Wok ergibt.
44      Diese Durchführungsmaßnahme stellt nämlich lediglich die praktische Wirksamkeit der niederländischen Glücksspielregelung sicher. Ohne eine solche Maßnahme würde dem in der Wok vorgesehenen Verbot jede Wirksamkeit fehlen, weil von den nationalen Behörden nicht zugelassene Wirtschaftsteilnehmer Glücksspiele auf dem niederländischen Markt anbieten könnten.
45      Da die vom nationalen Gericht angeordnete Durchführungsmaßnahme als solche nicht zu zusätzlichen Beschränkungen auf dem Markt führt, steht die Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht in engem Zusammenhang mit der Prüfung, die das nationale Gericht im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Wok mit Art. 49 EG durchgeführt hat.
46      Unter diesen Umständen braucht, anders als die Ladbrokes-Unternehmen vortragen, nicht mehr geprüft zu werden, ob die Durchführungsmaßnahme wirklich durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, ob sie geeignet ist, die Ziele der Eindämmung der Spielsucht und der Betrugsbekämpfung zu erreichen, oder ob sie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinausgeht.
47      Zudem ist es für die Entscheidung des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreits unerheblich, ob die Durchführungsmaßnahme aufgrund des Tätigwerdens der Behörden zur Durchsetzung der nationalen Regelung oder auf Antrag eines Einzelnen im Rahmen eines Zivilverfahrens zum Schutz der von ihm aus dieser Regelung hergeleiteten Rechte erlassen wurde.
48      Der Gegenstand dieses Rechtsstreits betrifft nämlich die Anwendung des Art. 49 EG, der dem Einzelnen Rechte verleiht, die er gerichtlich geltend machen kann und die die nationalen Gerichte zu wahren haben (vgl. Urteile vom 3. Dezember 1974, van Binsbergen, 33/74, Slg. 1974, 1299, Randnr. 27, und vom 11. Januar 2007, ITC, C‑208/05, Slg. 2007, I‑181, Randnr. 67).
49      Die nationalen Gerichte haben unabhängig davon, in welchem Verfahren sie befasst worden sind, alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass Wirtschaftsteilnehmer in einem Mitgliedstaat in Situationen, die unter das Unionsrecht fallen, das Recht auf freien Dienstleistungsverkehr ausüben können.
50      Demnach ist auf die zweite Frage zu antworten, dass das nationale Gericht bei Anwendung einer mit Art. 49 EG vereinbaren mitgliedstaatlichen Regelung über Glücksspiele nicht verpflichtet ist, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Durchführungsmaßnahme, die die Einhaltung dieser Regelung sicherstellen soll, zur Erreichung der mit dieser verfolgten Ziele geeignet ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, sofern diese Maßnahme unerlässlich ist, um die praktische Wirksamkeit dieser Regelung sicherzustellen und keine zusätzliche Beschränkung gegenüber derjenigen enthält, die sich aus dieser Regelung ergibt. Für die Entscheidung des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreits ist es unerheblich, ob die Durchführungsmaßnahme aufgrund des Tätigwerdens der Behörden zur Durchsetzung der nationalen Regelung oder auf Antrag eines Einzelnen im Rahmen eines Zivilverfahrens zum Schutz der von ihm aus dieser Regelung hergeleiteten Rechte erlassen wurde.
 Zur dritten Frage
51      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 49 EG dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der des Ausgangsverfahrens entgegensteht, die die Veranstaltung und die Bewerbung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Veranstalters unterwirft und es allen anderen – auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten.
52      Diese Frage stellt sich im gleichen rechtlichen Rahmen wie die erste Vorlagefrage in der Rechtssache, in der das Urteil Sporting Exchange ergangen ist, und hat den gleichen Wortlaut.
53      Die Ladbrokes-Unternehmen machen geltend, dass sie Inhaber einer von den Behörden des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland erteilten Erlaubnis seien, nach der sie Sportwetten und andere Glücksspiele über Internet und Telefon anbieten dürften, und dass sie in diesem Mitgliedstaat sehr strengen Vorschriften unterlägen, um Betrug und Spielsucht vorzubeugen. Wenn ein Mitgliedstaat die Veranstaltung von Glücksspielen beschränke, müsse er berücksichtigen, dass das öffentliche Interesse, das die fragliche Beschränkung rechtfertige, bereits durch die Regeln geschützt werde, die der Mitgliedstaat aufgestellt habe, in dem der Dienstleister über eine Erlaubnis zum Betrieb solcher Spiele verfüge. Diese Kontrollen und die Garantien dürften nicht verdoppelt werden.
54      Dazu ist festzustellen, dass der Sektor der über das Internet angebotenen Glücksspiele in der Europäischen Union nicht harmonisiert ist. Ein Mitgliedstaat darf deshalb die Auffassung vertreten, dass der Umstand allein, dass ein Veranstalter wie die Ladbrokes-Unternehmen zu diesem Sektor gehörende Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er niedergelassen ist und in dem er grundsätzlich bereits rechtlichen Anforderungen und Kontrollen durch die zuständigen Behörden dieses anderen Mitgliedstaats unterliegt, rechtmäßig über das Internet anbietet, keine hinreichende Garantie für den Schutz der nationalen Verbraucher vor den Gefahren des Betrugs und anderer Straftaten bietet, wenn man die Schwierigkeiten berücksichtigt, denen sich die Behörden des Sitzmitgliedstaats in einem solchen Fall bei der Beurteilung der Qualitäten und der Redlichkeit der Anbieter bei der Ausübung ihres Gewerbes gegenübersehen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 69).
55      Außerdem bergen die Glücksspiele über das Internet, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und größere Gefahren in sich, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden (Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 70).
56      Dass ein Veranstalter, der Glücksspiele über das Internet anbietet, vor allem deshalb keine aktive Verkaufspolitik im betreffenden Mitgliedstaat verfolgt, weil er dort keine Werbung treiben kann, steht nicht im Gegensatz zu den in den beiden vorstehenden Randnummern angeführten Erwägungen. Diese beruhen allein auf den Auswirkungen der bloßen Möglichkeit des Zugangs zu Glücksspielen über das Internet und nicht auf den möglicherweise unterschiedlichen Folgen eines aktiven oder passiven Angebots von Leistungen dieses Veranstalters.
57      Demnach kann die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beschränkung in Anbetracht der Besonderheiten, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, als durch das Ziel der Bekämpfung von Betrug und anderen Straftaten gerechtfertigt angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 72).
58      Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, dass Art. 49 EG dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der des Ausgangsverfahrens nicht entgegensteht, die die Veranstaltung und die Förderung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Veranstalters unterwirft und es allen anderen – auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten.
 Kosten
59      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
1.      Bei einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens, die die Eindämmung der Spielsucht und die Betrugsbekämpfung bezweckt und wirksam zur Erreichung dieser Ziele beiträgt, kann davon ausgegangen werden, dass sie die Wetttätigkeit in kohärenter und systematischer Weise begrenzt, obwohl der oder die Inhaber einer ausschließlichen Erlaubnis berechtigt sind, ihr Angebot auf dem Markt durch die Einführung neuer Spiele und durch Werbung attraktiver zu machen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die illegalen Spieltätigkeiten im betreffenden Mitgliedstaat ein Problem darstellen können, dem eine Expansion der zugelassenen und regulierten Tätigkeiten abhelfen kann, und ob diese Expansion nicht einen Umfang hat, die sie mit dem Ziel der Eindämmung der Spielsucht unvereinbar macht.
2.      Bei Anwendung einer mit Art. 49 EG vereinbaren mitgliedstaatlichen Regelung über Glücksspiele ist das nationale Gericht nicht verpflichtet, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Durchführungsmaßnahme, die die Einhaltung dieser Regelung sicherstellen soll, zur Erreichung der mit dieser verfolgten Ziele geeignet ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, sofern diese Maßnahme unerlässlich ist, um die praktische Wirksamkeit dieser Regelung sicherzustellen und keine zusätzliche Beschränkung gegenüber derjenigen enthält, die sich aus dieser Regelung ergibt. Für die Entscheidung des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreits ist es unerheblich, ob die Durchführungsmaßnahme aufgrund des Tätigwerdens der Behörden zur Durchsetzung der nationalen Regelung oder auf Antrag eines Einzelnen im Rahmen eines Zivilverfahrens zum Schutz der von ihm aus dieser Regelung hergeleiteten Rechte erlassen wurde.
3.      Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der des Ausgangsverfahrens nicht entgegensteht, die die Veranstaltung und die Förderung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Veranstalters unterwirft und es allen anderen – auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten.
Unterschriften
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PARR: EuGH verkennt die Chancen des Internets und dreht die Zeit zurück
BERLIN. Zur Entscheidung des EuGH, dass das nach portugiesischem Recht bestehende Verbot für Unternehmen wie bwin, Glücksspiele über das Internet zu verbieten, mit dem freien Dienstleistungsverkehr zu vereinbaren ist, erklärt der sportpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Detlef PARR:

Das Urteil zeigt: Auch in Deutschland besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf - wir müssen die bestehenden Auflagen des Glücksspielsvertrags überdenken. Private Wettanbieter können die Auflagen des Spielerschutzes ebenso erfüllen wie staatliche und tun dies bereits heute.

Schon längst bietet das Internet die Möglichkeit des wirksamen Spielerschutzes. Der Glücksspielstaatsvertrag wäre nach dem neuen EuGH-Urteil nur dann geeignet, das Ziel der Suchtbekämpfung zu erreichen, wenn er dies in einem kohärenten System tun würde. Da in Deutschland jedoch vergleichbare Spielkategorien wie Sportwetten (Staatsmonopol) und Pferdewetten (Privatwirtschaft) völlig unterschiedlich behandelt werden, liegt nach dem neuen EuGH-Urteil ein klarer Verstoß gegen Europarecht vor. Damit wird der EuGH spätestens in dem deutschen Vorlageverfahren Carmen Media dem Glücksspielstaatsvertrag die europarechtliche Anerkennung entziehen.

Das Urteil des EuGH ist ein Schritt in die falsche Richtung. Der EuGH stärkt den nationalen Monopolen den Rücken. Die Begründung des Gerichts, dass "die Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden können", ist pure Augenwischerei. Niemand kann bisher glasklar definieren, welche Voraussetzungen konkret erfüllt sein müssen, damit sich Beschränkungen für Wettanbieter durch die Politik rechtfertigen lassen.
Diese Definition muss die Politik liefern. Alle Beteiligten zusammen auf Bundes- und Landesebene müssen ihr Lagerdenken überwinden und eine Lösung finden, die die negativen Auswirkungen des Glücksspielstaatsvertrags korrigiert.

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