SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN
JULIANE KOKOTT
vom 12. September 2019(1)
Rechtssache C‑482/18
Google Ireland Limited
gegen
Nemzeti Adó- és Vámhivatal Kiemelt Adó- és Vámigazgatósága
(Vorabentscheidungsersuchen des Fővárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság [Gericht für Verwaltungs- und Arbeitssachen Budapest, Ungarn])
„Vorabentscheidungsersuchen – Grundfreiheiten – Dienstleistungsfreiheit – Beschränkungen und Diskriminierungen – Materielles Steuerrecht und Steuerverfahrensrecht – Umsatzbasierte Werbesteuer – Besteuerung ausländischer Aktivitäten in ungarischer Sprache – Territorialitätsprinzip im Unionsrecht – Verpflichtung zur steuerrechtlichen Registrierung – Unterschiedliche Verfahren der Registrierung für In- und Ausländer – Sanktionen im Fall der Nichtregistrierung“
I. Einleitung
1. In diesem Verfahren ist der Gerichtshof primär mit Fragen des Steuerverfahrensrechts, insbesondere der Sanktionierung von Verstößen gegen steuerrechtliche Registrierungspflichten, befasst, die der Feststellung und Durchsetzung einer Steuerschuld dienen. Diese Sanktionen können in Ungarn eine erhebliche Größenordnung (insgesamt bis zu 1 Mrd. ungarische Forint [HUF], etwa 3 Mio. Euro) erreichen, um bisher nicht in Ungarn registrierte Steuerpflichtige zur Abgabe einer Steuererklärung zu zwingen. Im Zuge dieser Sanktionierung bestehen gewisse verfahrensrechtliche Hürden, die es einem Steuerpflichtigen erschweren, dem Bußgeld zu entgehen, bzw. es gerichtlich überprüfen zu lassen. Von beiden sind insbesondere im Ausland ansässige Steuerpflichtige betroffen, die bislang noch keine in Ungarn steuerpflichtigen Einkünfte erzielen. Deswegen stellen sich Fragen im Zusammenhang mit den Grundfreiheiten.
2. Darüber hinaus kann sich der Gerichtshof auch die Frage stellen, ob Ungarn nicht per se unionsrechtlich gehindert ist, von ausländischen (europäischen) Unternehmen eine Steuer zu erheben, obwohl diese Unternehmen nicht in Ungarn ansässig sind. Die vorliegende Steuer erfasst nämlich Unternehmen, die lediglich Dienstleistungen in ungarischer Sprache über das Internet anbieten, ohne dass diese zwingend in Ungarn „konsumiert“ werden. Denkbar ist nämlich auch, dass außerhalb Ungarns lebende Personen mit ungarischen Sprachkenntnissen diese Dienstleistungen empfangen, wie z. B. die in Rumänien lebende ungarische Minderheit. Daher ist zu klären, ob das Unionsrecht einen Territorialitätsbezug für eine nationale Steuer verlangt und, wenn ja, ob dieser mit der Anknüpfung an die ungarische Sprache gewahrt ist.
3. Letzteres ist eine neue Frage, deren Beantwortung erhebliche Auswirkungen auf die Steuerkompetenzen der Mitgliedstaaten haben kann. Sie stellt sich in vergleichbarer Art und Weise beispielsweise auch bezüglich einer italienischen Transaktionssteuer für den ausländischen Handel von Derivaten, welche auf Wertpapieremissionen eines in Italien ansässigen Unternehmens basiert.(2)
II. Rechtlicher Rahmen
A. Unionsrecht
4. Die einschlägigen Rechtsnormen des Unionsrechts ergeben sich aus dem AEUV und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
B. Nationales Recht
5. Den Hintergrund des Rechtsstreits bildet das A reklámadóról szóló 2014. évi XXII. törvény (Gesetz Nr. XXII von 2014 über die Werbesteuer, im Folgenden: Werbesteuergesetz) in der im Jahr 2016 geltenden Fassung.
6. Diese Werbesteuer wurde – als umsatzbasierte Steuer – zu dem Zweck in die inländische Rechtsordnung eingeführt, den Grundsatz der angemessenen Lastenverteilung zur Geltung zu bringen.
7. Nach § 2 Abs. 1 Buchst. e des Werbesteuergesetzes ist die Veröffentlichung von Werbung gegen Entgelt, die im Internet überwiegend in ungarischer Sprache oder auf überwiegend ungarischsprachigen Internetseiten erfolgt, werbesteuerpflichtig. Nach § 5 Abs. 3 des Werbesteuergesetzes greift diese Steuer im Streitjahr erst für Unternehmen mit einem entsprechenden werbesteuerpflichtigen Umsatz von mehr als 100 Mio. HUF im Jahr und weist damit eine progressive Tarifstruktur auf.
8. Nach § 2 Abs. 2 Buchst. b des Werbesteuergesetzes ist jeder Auftrag zur Veröffentlichung von Werbung werbesteuerpflichtig, es sei denn, dass der Auftraggeber der Werbeveröffentlichung
ba) von dem Steuerpflichtigen im Sinne des § 3 Abs. 1 die Erklärung nach § 3 Abs. 3 verlangt hat und diesen Umstand glaubwürdig belegen kann und
bb) die nach Buchst. ba verlangte Erklärung binnen zehn Arbeitstagen nach der Aushändigung der Rechnung oder des Buchungsbelegs über die Veröffentlichung der Werbung nicht erhalten hat und
bc) den Umstand nach Buchst. ba, die veröffentlichende Person und das Entgelt für die Veröffentlichung der staatlichen Steuerbehörde angezeigt hat.
9. Gemäß § 3 Abs. 1 des Werbesteuergesetzes ist jeder, der die Veröffentlichung von Werbung, die im Internet überwiegend in ungarischer Sprache oder auf überwiegend ungarischsprachigen Internetseiten erfolgt, gegen Entgelt übernimmt, ein „Steuerpflichtiger, unabhängig davon, wo er ansässig ist“.
10. Nach § 7/B Abs. 1 des Werbesteuergesetzes ist ein Steuerpflichtiger im Sinne von § 3 Abs. 1, der von der staatlichen Steuerbehörde nicht als zu irgendeiner Steuerart veranlagt registriert ist, verpflichtet, sich binnen 15 Tagen nach Aufnahme der steuerpflichtigen Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 auf dem von der staatlichen Steuerbehörde eingeführten Vordruck anzumelden.
11. Gemäß § 7/B Abs. 2 des Werbesteuergesetzes verhängt die staatliche Steuerbehörde, wenn der Steuerpflichtige im Sinne von Abs. 1 die Anmeldepflicht nicht erfüllt – neben der Aufforderung zur Erfüllung der Pflicht –, zunächst ein Versäumnisbußgeld in Höhe von 10 Mio. HUF.
12. § 7/B Abs. 3 des Werbesteuergesetzes erlaubt der staatlichen Steuerbehörde, bei erneuter Feststellung der Pflichtversäumung ein Versäumnisbußgeld in Höhe des Dreifachen des zuvor verhängten Versäumnisbußgeldes zu verhängen.
13. § 7/B Abs. 4 des Werbesteuergesetzes sieht vor, dass die staatliche Steuerbehörde das Versäumen der Anmeldepflicht nach Abs. 1 täglich in einer Entscheidung feststellt, die mit ihrer Zustellung rechtskräftig und vollziehbar wird und die gerichtlich überprüft werden kann. Im gerichtlichen Überprüfungsverfahren sind ausschließlich Urkundenbeweise zulässig, und das Gericht entscheidet ohne Verhandlung.
14. Nach § 7/B Abs. 5 des Werbesteuergesetzes kann das Versäumnisbußgeld, wenn der Steuerpflichtige auf die erstmalige Aufforderung durch die Steuerbehörde seiner Anmeldepflicht nachkommt, unbeschränkt herabgesetzt werden.
15. Gemäß § 7/D des Werbesteuergesetzes darf die staatliche Steuerbehörde zulasten ein und desselben Steuerpflichtigen auf der Grundlage des § 7/B insgesamt höchstens 1 Mrd. HUF an Versäumnisbußgeldern verhängen.
16. Handelt es sich um Gesellschaften mit Sitz in Ungarn, erfüllt der Steuerpflichtige aufgrund von § 17 Abs. 1 Buchst. b der Besteuerungsordnung mit der Einreichung des Antrags (des ausgefüllten Vordrucks) auf Eintragung und der zugehörigen Anlagen beim Firmenregistergericht und seinem Antrag auf Zuteilung einer Steuernummer automatisch die Pflicht zur Anmeldung bei der staatlichen Steuer- und Zollbehörde.
17. Nach § 172 der Besteuerungsordnung kann ein Steuerpflichtiger bei Nichterfüllung der Pflicht zur Anzeige (Anmeldung, Änderungsmeldung), Datenangabe, Eröffnung eines Zahlungskontos sowie zur Abgabe einer Steuererklärung mit einem Bußgeld in Höhe von 500 000 bzw. 1 000 000 HUF belegt werden.
18. Gemäß § 172 Abs. 7 der Besteuerungsordnung fordert die Steuerbehörde den Steuerpflichtigen, falls dieser die Pflicht zur Anzeige (Anmeldung, Änderungsmeldung), Datenangabe oder Eröffnung eines Zahlungskontos versäumt, sowie im Fall des Abs. 1 Buchst. f gleichzeitig mit der Festsetzung der Geldbuße – unter Fristsetzung – zur Erfüllung auf oder kann ihn, falls es sich um die Versäumung einer Pflicht zur Belegausstellung handelt, hierzu auffordern. Mit Ausnahme des Versäumnisbußgeldes nach Abs. 1 Buchst. f sind der doppelte Betrag des verhängten Bußgeldes und eine neue Frist festzusetzen, falls der Steuerpflichtige die in der zur Erfüllung verpflichtenden vorhergehenden Entscheidung festgesetzte Frist versäumt hat.
III. Ausgangsrechtsstreit
19. Die Klägerin ist eine in Irland registrierte Kapitalgesellschaft mit dem Namen „Google Ireland Limited“ (im Folgenden: Google). Ihr Sitz und ihre Hauptverwaltung befinden sich in Dublin. Sie hat im Jahr 2016 eine werbesteuerpflichtige Tätigkeit ausgeübt. Google ist jedoch ihrer Anmeldepflicht im Zusammenhang mit der Aufnahme ihrer steuerpflichtigen Tätigkeit nach § 7/B Abs. 1 des Werbesteuergesetzes bis heute nicht nachgekommen.
20. Die Steuerbehörde verhängte gegen Google wegen Versäumung der Anmeldepflicht im Zusammenhang mit den Werbesteuern nach den §§ 7/B bis 7/D des Werbesteuergesetzes mit ihrer am 16. Januar 2017 erlassenen Entscheidung ein Versäumnisbußgeld in Höhe von zunächst 10 Mio. HUF (das entspricht derzeit ca. 30 600 Euro) und dann täglich in Höhe des Dreifachen des zuvor verhängten Versäumnisbußgeldes, insgesamt Versäumnisbußgelder in Höhe von 1 Mrd. HUF (dies entspricht derzeit ca. 3,06 Mio. Euro).
21. Mit der vorsätzlichen Außerachtlassung ihrer Steuerpflicht habe Google einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Personen erlangt, die im Inland niedergelassen seien, ihre Steuerpflichten gemäß den Rechtsvorschriften erfüllten und Werbung veröffentlichten. Dass Google seit dem 1. Januar 2015 in Ungarn ihre Steuerzahlungspflichten nicht erfüllt habe, sei ein so schwerwiegender Rechtsverstoß, der die Anwendung eines Bußgeldes in erheblicher Höhe, das zur Erfüllung der Steuerpflichten anhalten solle, rechtfertige.
22. Google hat gegen die Entscheidungen der Steuerbehörde Klage erhoben und deren Aufhebung beantragt, wobei sie sich primär gegen die Höhe des Bußgeldes wendet. Dieses sei deutlich (bis zu 2 000-mal) höher als bei inländischen Unternehmen, die nicht dieser besonderen, sondern nur einer allgemeinen Anzeigepflicht unterfallen. Außerdem erfolge eine Registrierung bei inländischen Unternehmen automatisch mit der Eintragung in das Firmenregister, so dass nur Ausländer von der Sanktion erfasst werden. Darüber hinaus werde auch ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf verletzt, da die Entscheidungen über das Bußgeld mit ihrer Zustellung rechtskräftig und vollziehbar würden, die Beweismöglichkeiten eingeschränkt seien und dem Ausländer außergewöhnlich wenig Zeit für die angemessene Vorbereitung des Verfahrens und die Ausübung seiner Rechte zur Verfügung stünden.
23. Über die Anfechtungsklage gegen den Bußgeldbescheid muss das vorlegende Gericht nun entscheiden.
IV. Vorabentscheidungsersuchen und Verfahren vor dem Gerichtshof
24. Mit Entscheidung vom 13. Juli 2018 hat das vorlegende Gericht beschlossen, ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV durchzuführen, und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:
1. Sind die Art. 18 und 56 AEUV und das Diskriminierungsverbot dahin auszulegen, dass sie der steuerrechtlichen Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die es im Rahmen eines Bußgeldsystems, das an das Versäumen der Anmeldepflicht im Zusammenhang mit der Werbesteuer anknüpft, ermöglicht, nicht in Ungarn niedergelassene Gesellschaften mit einem Versäumnisbußgeld zu belegen, dessen Betrag bis zu 2 000-mal höher sein kann als das Versäumnisbußgeld, mit dem in Ungarn niedergelassene Gesellschaften belegt werden können?
2. Ist die in der vorstehenden Frage genannte außergewöhnlich hohe Sanktion mit Strafcharakter geeignet, nicht in Ungarn niedergelassene Dienstleister davon abzuhalten, ihre Dienstleistungen in Ungarn zu erbringen?
3. Sind Art. 56 AEUV und das Diskriminierungsverbot dahin auszulegen, dass sie einer Regelung entgegenstehen, wonach in Ungarn niedergelassene Unternehmen die Anmeldepflicht mit der Vergabe der ungarischen Steuernummer bei der Eintragung in das ungarische Firmenregister automatisch – ohne gesonderten Antrag – erfüllen, selbst wenn sie überhaupt keine Werbeveröffentlichungen vornehmen, während Unternehmen, die in Ungarn nicht niedergelassen sind, aber Werbeveröffentlichungen vornehmen, der Anmeldepflicht nicht automatisch Genüge tun, sondern diese gesondert erfüllen müssen, wobei sie im Fall der Versäumung dieser Pflicht mit einer besonderen Sanktion belegt werden können?
4. Sind für den Fall, dass die erste Frage bejaht wird, Art. 56 AEUV und das Diskriminierungsverbot dahin auszulegen, dass sie einer Sanktion wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen, die wegen der Versäumung der Anmeldepflicht im Zusammenhang mit der Werbesteuer verhängt wird, wenn sich herausstellt, dass dieser Artikel einer solchen Regelung entgegensteht?
5. Sind Art. 56 AEUV und das Diskriminierungsverbot dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung entgegenstehen, nach der die Entscheidung, mit der die gegen im Ausland niedergelassene Unternehmen verhängten Bußgelder festgesetzt werden, mit ihrer Bekanntgabe rechtskräftig und vollziehbar wird und ihre Überprüfung nur in einem gerichtlichen Verfahren möglich ist, bei dem das Gericht keine mündliche Verhandlung abhalten kann und ausschließlich der Urkundenbeweis zulässig ist, während in Ungarn niedergelassene Unternehmen das verhängte Bußgeld mit einem Einspruch anfechten können und es darüber hinaus hinsichtlich des gerichtlichen Verfahrens keinerlei Beschränkungen gibt?
6. Ist Art. 56 AEUV im Hinblick auf das in Art. 41 Abs. 1 der Charta verankerte Recht des Betroffenen auf gerechte Behandlung seiner Angelegenheit dahin auszulegen, dass dieses Erfordernis nicht erfüllt ist, wenn sich das Versäumnisbußgeld täglich verdreifacht, ohne dass dem Dienstleister die frühere Entscheidung bereits zur Kenntnis gelangt ist, so dass es ihm unmöglich ist, die versäumte Handlung bis zur folgenden Bußgeldverhängung nachzuholen?
7. Ist Art. 56 AEUV unter Berücksichtigung des in Art. 41 Abs. 1 der Charta verankerten Rechts des Betroffenen auf gerechte Behandlung seiner Angelegenheit, des in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta verankerten Rechts, gehört zu werden, und des in Art. 47 der Charta verankerten Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht dahin auszulegen, dass diese Erfordernisse nicht erfüllt sind, wenn die Entscheidung nicht mit einem Einspruch angefochten werden kann, im gerichtlichen Verfahren ausschließlich der Urkundenbeweis zulässig ist und das Gericht in der Sache keine mündliche Verhandlung abhalten kann?
25. Zu diesen Fragen haben im Verfahren vor dem Gerichtshof Google, Ungarn, die Tschechische Republik und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen und sich an der Verhandlung vom 4. Juni 2019 beteiligt.
V. Rechtliche Würdigung
26. Google wendet sich im Ausgangsverfahren gegen einen Bußgeldbescheid. Primärer Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens ist daher die Vereinbarkeit der ungarischen Bußgeldbestimmungen im Zusammenhang mit der Nichtregistrierung eines Steuerpflichtigen im Sinne des Werbesteuergesetzes. Hintergrund davon ist wiederum die Tatsache, dass das Werbesteuergesetz jede Person zum Steuerpflichtigen erklärt, die Werbung im Internet in überwiegend ungarischer Sprache oder auf überwiegend ungarischen Internetseiten gegen Entgelt veröffentlicht. Die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen ist dafür irrelevant, so dass auch ausländische Unternehmen eine in Ungarn steuerpflichtige Tätigkeit ausüben, sobald sie mit ungarischer Werbung im Internet Geld verdienen.
27. Die Fragen des vorlegenden Gerichtes können dabei in mehrere Gruppen eingeordnet werden. Eine Frage bezieht sich auf die unterschiedlichen Systeme der Registrierung für in- und ausländische Steuerpflichtige im Sinne des Werbesteuergesetzes (Frage 3 – dazu unter B.), ein Teil der Fragen auf die Höhe der Sanktion (Fragen 1 und 2 sowie 4 und 6 – dazu unter C.) und ein anderer Teil auf die Verteidigung gegen ein solchermaßen verhängtes Bußgeld (Fragen 5 und 7 – dazu unter D.).
28. Obwohl kein Steuerbescheid Gegenstand des nationalen Verfahrens ist und das vorlegende Gericht auch nicht an der unionsrechtlichen Zulässigkeit der Steuer zweifelt, wurde darüber hinaus auch die extraterritoriale Reichweite des gewählten Steuergegenstandes (Werbung in ungarischer Sprache über das Internet) in der mündlichen Verhandlung problematisiert. Zwar prüft der Gerichtshof im Bereich des nicht harmonisierten Steuerrechts normalerweise nicht die Auswahl des Besteuerungsgegenstandes durch den nationalen Gesetzgeber, doch erscheint im vorliegenden Fall die Prüfung der unionsrechtlichen Zulässigkeit der Werbesteuer (dazu unter A.) gerechtfertigt. Sollte nämlich die zugrunde liegende Steuer unionsrechtswidrig sein, würde der darauf basierende Bußgeldbescheid möglicherweise schon deshalb das gleiche Schicksal teilen.
A. Unionsrechtliche Zulässigkeit der Werbesteuer
29. Der Bereich des Steuerrechts fällt grundsätzlich in die Kompetenz der Mitgliedstaaten. Ausnahmen stellen nach Art. 113 AEUV die Umsatzsteuer, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern dar. Aus diesem Grund finden sich nur wenige unionsrechtliche Vorschriften im Bereich der direkten Steuern. Insbesondere schließt Art. 114 Abs. 2 AEUV Bestimmungen über Steuern aus, und Art. 115 AEUV gestattet nur solche unionsrechtlichen Rechtsvorschriften, die sich unmittelbar auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken.
30. Zwar hat die EU-Kommission gleichwohl eine umsatzbasierte Digitalsteuer vorgeschlagen,(3) doch kann dahinstehen, ob eine solche Steuer der ungarischen Werbesteuer entgegenstehen würde, da der Unionsgesetzgeber den Vorschlag der Kommission noch diskutiert.
31. Allerdings könnte sich eine unionsrechtliche Unzulässigkeit der Werbesteuer aus zwei weiteren Aspekten ergeben. Im Bereich der harmonisierten indirekten Steuern könnte dies aus Art. 401 der Mehrwertsteuerrichtlinie(4) folgen. Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer originären Steuerkompetenzen dennoch an das Primärrecht, hier insbesondere an die Grundfreiheiten, gebunden.(5)
1. Verstoß gegen Art. 401 der Mehrwertsteuerrichtlinie?
32. Art. 401 der Mehrwertsteuerrichtlinie stellt klar, dass die Mitgliedstaaten keine neuen Steuern einführen können, wenn diese den Charakter von Umsatzsteuern haben. Selbst wenn die Ansicht des vorlegenden Gerichts,(6) wonach die Werbesteuer eine umsatzbasierte Verbrauchsteuer ist, zuträfe, würde Art. 401 der Mehrwertsteuerrichtlinie auch einer solchen Steuer nicht entgegenstehen, wie ich bereits zu anderen umsatzbasierten Ertragsteuern ausgeführt habe.(7) Auch die Werbesteuer ist keine (allgemeine) Umsatzsteuer, und sie ist auch nicht auf eine Überwälzung auf den Verbraucher angelegt.
33. Insofern ist die Einordnung der Werbesteuer als umsatzbasierte Verbrauchsteuer nicht überzeugend. Aus der Konzeption der ungarischen Werbesteuer ergibt sich vielmehr, dass die Dienstleistungsanbieter direkt besteuert werden sollen. Insofern soll die finanzielle Leistungsfähigkeit dieser Unternehmen und nicht die finanzielle Leistungsfähigkeit ihrer Kunden erfasst werden. Dies wird besonders durch den Umstand deutlich, dass sich die Kunden ihrer Steuerpflicht durch die Angabe des die Werbung veröffentlichenden Unternehmens nach § 2 Abs. 1 Buchst. b des Werbesteuergesetzes entledigen können. Somit ähnelt die Sondersteuer für Werbeunternehmen ihrem Charakter nach einer besonderen direkten Ertragsteuer, bei der „lediglich“ statt des Gewinns der erzielte Umsatz innerhalb eines bestimmten Zeitraumes als Bemessungsgrundlage herangezogen wird. Sie hat damit den Charakter einer direkten Ertragsteuer und ist folglich nicht an Art. 401 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu messen.
2. Verstoß gegen die Grundfreiheiten?
34. Damit kommt allenfalls ein Verstoß gegen die Grundfreiheiten in Betracht. Hier könnte ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV vorliegen, weil die umsatzbasierte Werbesteuer an die Erbringung von Werbedienstleistungen in einer entsprechenden Sprache anknüpft und unabhängig von dem Ort der Niederlassung des Unternehmens erhoben wird.
a) Prüfungsmaßstab für die Dienstleistungsfreiheit
35. Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit sind nach ständiger Rechtsprechung alle Maßnahmen, die die Ausübung der von Art. 56 AEUV garantierten Freiheit untersagen, behindern oder weniger attraktiv machen.(8) Grundsätzlich erfasst dies Diskriminierungen, aber auch diskriminierungsfreie Beschränkungen.
36. Allerdings ist bei Steuern und Abgaben zu berücksichtigen, dass diese per se eine Belastung darstellen und dadurch die Attraktivität einer Dienstleistung immer senken. Eine Prüfung von Steuern am Maßstab von diskriminierungsfreien Beschränkungen würde folglich sämtliche nationalen Steuertatbestände dem Unionsrecht unterwerfen und damit die Souveränität der Mitgliedstaaten in Steuerangelegenheiten wesentlich in Frage stellen.(9) Dies widerspräche der ständigen Rechtsprechung, wonach die Mitgliedstaaten bei einer fehlenden Harmonisierung in der Union frei sind, ihre Steuerhoheit in diesem Bereich auszuüben.(10)
37. Will man die vom Gerichtshof anerkannte Steuerhoheit der Mitgliedstaaten sowie das Budgetrecht der Parlamente nicht über Gebühr einschränken, so sind nationale steuerliche Maßnahmen daher grundsätzlich nur am Diskriminierungsverbot der Grundfreiheiten zu messen.(11)
38. Daher hat der Gerichtshof schon mehrfach entschieden, dass mitgliedstaatliche Regelungen zu Bedingungen und Höhe der Besteuerung von der Steuerautonomie der Mitgliedstaaten gedeckt sind, soweit die Behandlung des grenzüberschreitenden Sachverhalts gegenüber dem inländischen nicht diskriminierend ist.(12)
39. Diese Zurücknahme der Prüfungsdichte im Steuerrecht entspricht bei genauer Betrachtung dem Gedanken, der den Gerichtshof in seiner sogenannten Keck-Rechtsprechung(13) dazu bewogen hat, von einer allgemeinen Beschränkungsprüfung abzusehen. Nicht diskriminierende Steuergesetze sind danach nicht geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten – mithin den Binnenmarkt – unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern. Das gilt, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben und sich auch tatsächlich in der gleichen Weise auswirken.
b) Vorliegen einer Diskriminierung?
40. Eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit setzt daher hier – d. h. im Anwendungsbereich der autonomen Steuerhoheit der Mitgliedstaaten – zunächst voraus, dass überhaupt zwei oder mehr Vergleichsgruppen unterschiedlich behandelt werden. Ist dies der Fall, so stellt sich als Nächstes die Frage, ob diese Ungleichbehandlung von grenzüberschreitenden gegenüber rein inländischen Sachverhalten Erstere benachteiligt.
41. Daran fehlt es hier. Der grenzüberschreitende und der rein inländische Sachverhalt werden im Rahmen der Werbesteuer gleichbehandelt, da es völlig unerheblich ist, wo der Leistende seinen Sitz hat. Wäre Google in Ungarn ansässig und würde von dort aus das Werbegeschäft mit ungarischer Internetwerbung betreiben, unterläge Google dieser Steuer im gleichen Umfang, wie wenn es dieselben Umsätze von seinem Sitz in Irland aus erbringt. Mangels Diskriminierung durch das Werbesteuergesetz ist der Anwendungsbereich der Grundfreiheiten nicht eröffnet.
c) Zu den Grenzen der autonomen Steuerhoheit
42. Jedoch könnte die Tatsache, dass hier einige der besteuerten Dienstleistungen möglicherweise weder in Ungarn genutzt werden (ungarische Werbung, die sich an die ungarisch sprechende Bevölkerung z. B. in Rumänien richtet) noch der Steuerpflichtige in Ungarn ansässig ist (wie Google), unionsrechtlich problematisch sein. Hier könnte angezweifelt werden, ob sich Ungarn wirklich noch im Rahmen seiner durch den Gerichtshof anerkannten (autonomen) Steuerhoheit (dazu oben, Nrn. 36 ff.). bewegt.
43. Insofern ist zu klären, ob das Unionsrecht für die Ausübung der autonomen Steuerhoheit verlangt, dass die besteuerte Tätigkeit in Ungarn ausgeübt oder genutzt werden muss oder ob der Steuerpflichtige in Ungarn ansässig sein muss. Mir ist ein solches Gebot des Unionsrechts nicht bekannt. Noch im Jahr 2016 hat der Gerichtshof den Einwand der fehlenden Territorialität gegen eine belgische Steuer auf ausländische Gesellschaftsformen mit keiner Silbe problematisiert.(14)
44. Auch auf das Völkerrecht lässt sich ein so eng verstandener Inlandsbezug nicht stützen. So ist z. B. die Besteuerung anhand der Nationalität – wie dies die Vereinigten Staaten praktizieren – auch ein völkerrechtlich anerkanntes Besteuerungssystem, selbst wenn der Staatsangehörige weder in den Vereinigten Staaten ansässig ist noch dort irgendwelche Leistungen erbracht hat. Wie schon der Ständige Internationale Gerichtshof im Jahr 1927 entschieden hat, lässt das Völkerrecht den Staaten einen weiten, nur in bestimmten Fällen begrenzten Gestaltungsspielraum für Regelungen, die sich auf Handlungen beziehen, welche außerhalb des eigenen Territoriums stattgefunden haben.(15) Eine solche Grenze für die Berücksichtigung einer „auswärtigen Rechtssetzungsgewalt“ hat der Internationale Gerichtshof später – in einem Fall der Anerkennung der Staatsbürgerschaft eines anderen Staates für die Ausübung diplomatischen Schutzes – in einer hinreichenden engen Verbindung (sogenannter genuine link) gesehen.(16)
45. Im Lichte dieser Grundsätze dürfte es völkerrechtlich daher lediglich bedenklich sein, wenn ein Staat irgendwelche Personen oder Vorgänge auf der Welt besteuert, zu denen er keinerlei Bezug aufweist. Insofern muss irgendeine vernünftige Anknüpfung bestehen, um nationale Steuergesetze auch auf Auslandssachverhalte erstrecken zu können, erst recht um Steuern bei nicht Gebietsansässigen beizutreiben.(17) Normalerweise besteuert ein Staat seine Ansässigen unbeschränkt und nicht Gebietsansässige beschränkt auf das im Staatsgebiet generierte Einkommen (Ansässigkeits- und Quellenprinzip). Beides ist letztlich Ausdruck des Territorialitätsprinzips, das gilt auch für den Tätigkeitsort und den Konsum (d. h. den Verbrauchsort).
46. Die Tatsache, dass die besteuerte Dienstleistung eventuell nicht in Ungarn „konsumiert“ wird, ist daher unschädlich, sofern eine andere Anknüpfung besteht. Weder verlangt Ersteres das Unionsrecht, noch handelt es sich um eine allgemeine völkerrechtliche Voraussetzung für die Ausübung einer eigenen Steuerkompetenz. Im Gegenteil: Im Ertragsteuerrecht werden viele Dienstleistungen in fremden Territorien nur deshalb besteuert (bzw. können nur deshalb besteuert werden), weil der Steuerpflichtige im eigenen Territorium ansässig ist. Auch nach Art. 7 Abs. 1 OECD-Musterabkommen 2017(18) ist für Unternehmensgewinne grundsätzlich der Ansässigkeitsort und nicht der Erbringungsort der Dienstleistungen maßgebend.
47. Ebenso ist die Tatsache, dass der Steuerpflichtige nicht in Ungarn ansässig sein muss, um der Werbesteuer zu unterfallen, unschädlich. Einige Einkünfte, die sich auf einen bestimmten Ort beziehen, werden im Einklang mit dem Völkerrecht im Belegenheitsstaat und nicht im Ansässigkeitsstaat besteuert. Entsprechend weist z. B. Art. 13 OECD-Musterabkommen 2017 für den Gewinn aus der Veräußerung von Vermögen ebenfalls dem Belegenheitsstaat eine Besteuerungskompetenz zu.
d) Sprache als hinreichender Territorialitätsbezug
48. Fraglich ist daher nur, ob auch die Anknüpfung einer Steuer an die Sprache der Dienstleistung als hinreichender Territorialitätsbezug (sogenannter genuine link)(19) betrachtet werden kann. Dies kann im vorliegenden Fall meines Erachtens bejaht werden.
49. Der hinter der ungarischen Werbesteuer stehende Gedanke ist – wie Ungarn in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt hat – offenkundig, dass sich ungarische Werbung im Internet primär an Ungarisch sprechende Nutzer richtet, die sich zum Großteil auf dem ungarischen Territorium befinden. Google generiert daher Einkünfte mit „Hilfe“ der Bevölkerung Ungarns, die aber nicht in Ungarn besteuert werden. Ohne die Erfindung des Internets wäre ein Großteil dieser Einkünfte wohl nur mit einer Niederlassung in Ungarn zu erzielen gewesen, so dass Ungarn ohne Weiteres eine entsprechende Ertragsteuer hätte erheben können. Soll diese Kompetenz allein deshalb wegfallen, weil der technische Fortschritt neue Möglichkeiten schafft, Einkünfte ohne Präsenz in dem jeweiligen Mitgliedstaat zu erzielen?
50. Ich denke nein. Die Anknüpfung an die Verwendung der Amtssprache des eigenen Landes weist grundsätzlich einen hinreichenden vernünftigen („reasonable“) Territorialitätsbezug auf. Dass die Sprache einen wichtigen Teil der Identität einer Nation ausmacht und damit mit einem Staat und dessen Staatsgebiet in einem starken Zusammenhang steht, wird niemand bestreiten können. Inwieweit dies auch für die „Allerwelts“-Sprache Englisch gilt, kann hier dahinstehen.
51. Darüber hinaus knüpft z. B. auch das Unionsrecht mit Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 für die Bestimmung des Gerichtsstandes im Ergebnis u. a. an die verwendete Sprache an. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof schon entschieden, dass die Verwendung einer anderen Sprache als der in dem Mitgliedstaat der Niederlassung des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendeten Sprache die Feststellung erlaubt, dass die Tätigkeit des Gewerbetreibenden auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers ausgerichtet ist.(20) Insofern indiziert die Verwendung der ungarischen Sprache auch eine Ausrichtung der Tätigkeit von Google auf das ungarische Territorium.
52. Dass dieser Territorialitätsbezug im Einzelfall nicht immer vorliegt, weil in anderen Staaten möglicherweise die gleiche Sprache verwendet wird (wie hier durch die ungarische Minderheit in Rumänien), ist unschädlich und gehört zur Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gerade im Steuerrecht.(21) Das trifft hier jedenfalls zu, wenn die Verwendung der eigenen Amtssprache in anderen Ländern von untergeordneter Bedeutung ist. Ebenfalls unschädlich ist, wenn sich der ungarische Nutzer der Werbeleistung außerhalb des Territoriums aufhält. Der „genuine link“ besteht auch dann noch aufgrund der Staatsangehörigkeit.
53. Auch die Tatsache, dass ein Abstellen auf die konkreten Konsumenten von ungarischer Werbung mittels der IP-Adressen der Internetnutzer möglicherweise einen präziseren Territorialitätsbezug aufweist, ändert nichts an dem obigen Befund. Weder das Unionsrecht noch das Völkerrecht schreiben die Wahl des präzisesten Anknüpfungspunktes vor, sofern es einen solchen überhaupt gibt. Auch das Abstellen auf die IP-Adresse wäre im Übrigen nur ein Hilfskriterium, da diese IP-Adresse durch den Nutzer fast beliebig (z. B. über VPN-Clients) verschleiert werden kann. Damit basiert das Abstellen auf eine IP-Adresse auch nur auf der Vermutung, dass in den meisten Fällen der Nutzer sich gerade in dem entsprechenden Land befindet. Die ungarische Regelung basiert – in Übereinstimmung mit der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Kommission – auf einer ähnlichen, wenn auch vielleicht etwas gröberen Generalisierung, wonach ungarische Werbung im Internet in der Regel von ungarischen Staatsangehörigen oder in Ungarn lebenden Personen genutzt wird.
54. Selbst wenn auch Rumänien Werbeleistungen an die in seinem Territorium wohnende Ungarisch sprechende Bevölkerung besteuern würde, zu denen also auch ein „genuine link“ bestünde, würde dies primär Fragen einer Doppelbesteuerung aufwerfen. Diese Doppelbesteuerungsprobleme stellen sich aber auch bei den herkömmlichen Anknüpfungen (Ansässigkeit, Tätigkeit, Nationalität) und stellen nicht die Besteuerungsbefugnis eines Staates (hier die von Ungarn) in Frage.
55. Der Gerichtshof hat nämlich mehrfach entschieden, dass die Nachteile, die sich in Ermangelung einer Harmonisierung auf Unionsebene aus der parallelen Ausübung der Besteuerungsbefugnisse der verschiedenen Mitgliedstaaten ergeben können, keine Beschränkungen der Verkehrsfreiheiten darstellen, sofern eine solche Ausübung nicht diskriminierend ist.(22) Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen, um namentlich Doppelbesteuerungen zu beseitigen.(23)
3. Ergebnis
56. Somit war Ungarn nicht aufgrund des Unionsrechts gehindert, die streitgegenständliche Werbesteuer einzuführen.
B. Frage 3: Registrierungspflichten des Steuerpflichtigen
57. Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Ergebnis wissen, ob die Dienstleistungsfreiheit von Google nach Art. 56 AEUV in Verbindung mit den Art. 62 und 54 AEUV durch die besondere Registrierungspflicht nach § 7/B des Werbesteuergesetzes verletzt wird. Hintergrund ist die Tatsache, dass eine bereits vorliegende Registrierung nach Maßgabe anderer Steuergesetze (d. h. eine anderweitige steuerrechtliche Veranlagung) von der besonderen Registrierungspflicht nach § 7/B des Werbesteuergesetzes befreit.
58. Auch insoweit gilt der oben (Nrn. 35 ff.) herausgearbeitete Prüfungsmaßstab der Grundfreiheiten im Steuerrecht, der sich auf eine Diskriminierungsprüfung beschränkt. Die Regelungen zur effektiven Durchsetzung einer Steuer können von den materiellen Regelungen der Steuer nicht getrennt werden und fallen ebenso wie Letztere in die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten.
59. Damit ist die entscheidende Frage, ob aufgrund der besonderen Registrierungspflicht eine Ungleichbehandlung zwischen dem rein inländischen und dem grenzüberschreitenden Sachverhalt erfolgt, mithin ob inländische und ausländische Unternehmen unterschiedlich behandelt werden.
60. Wie auf Nachfragen in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt wurde, unterliegen auch inländische Unternehmen der besonderen Registrierungspflicht, sofern sie in Ungarn noch nicht steuerrechtlich registriert sind. Damit erfolgt die Differenzierung im ungarischen Recht nicht danach, ob es sich um einen inländischen oder einen ausländischen Steuerpflichtigen handelt. Sie erfolgt allein nach dem Kriterium, ob schon eine steuerrechtliche Registrierung erfolgt ist oder nicht. Damit liegt keine ungleiche Behandlung des inländischen im Vergleich zum ausländischen Sachverhalt, sondern nur eine ungleiche Behandlung des schon registrierten zu dem noch nicht registrierten Steuerpflichtigen vor.
61. Ob darin eventuell schon eine mittelbare Diskriminierung ausländischer Unternehmen (dazu näher unter Nrn. 70 ff.) erblickt werden kann, kann insoweit offenbleiben. Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass die Pflicht zur steuerrechtlichen Registrierung als Voraussetzung zur Ausübung der Steuerhoheit als solches eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen kann.(24) Eine Registrierung binnen 15 Tagen nach Aufnahme der Tätigkeit ist als solche – in Übereinstimmung mit der Ansicht der Kommission – auch nicht unverhältnismäßig, insbesondere da steuerrechtliche Anzeige- und Registrierungspflichten vor Aufnahme einer Tätigkeit durchaus üblich und auch nicht unangemessen sind.
62. Im Ergebnis ist eine besondere Registrierungspflicht im Rahmen einer besonderen Steuer für bislang noch nicht registrierte Steuerpflichtige als solche unionsrechtlich jedenfalls gerechtfertigt.
C. Fragen 1, 2, 4 und 6: Art und Höhe der besonderen Sanktionen
63. Entscheidend bleibt daher, ob die mit dieser besonderen Registrierungspflicht verbundenen besonderen Sanktionen nach Maßgabe des § 7/B des Werbesteuergesetzes gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV verstoßen.
1. Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit
a) Unmittelbare Diskriminierung
64. Auch insoweit erfolgt formal keine Ungleichbehandlung zwischen dem rein inländischen und dem grenzüberschreitenden Sachverhalt. Alle noch nicht steuerrechtlich registrierten Steuerpflichtigen, die in den Anwendungsbereich der Werbesteuer fallen, müssen sich gleichermaßen registrieren und werden gleichermaßen sanktioniert, wenn sie dagegen verstoßen. Alle bereits steuerrechtlich in Ungarn erfassten Steuerpflichtigen sind von dieser Registrierungspflicht befreit und müssen insoweit keine Sanktionen befürchten. Auch dies erfasst Inländer wie Ausländer gleichermaßen.
65. Dass für viele ungarische Gesellschaften eine Sanktion wegen einer fehlenden Registrierung per se ausscheidet, da sie mit der Eintragung im Handelsregister automatisch auch steuerrechtlich registriert sind, ändert daran nichts. Dies gilt nämlich für beide Sanktionsmechanismen (die des § 7/B des Werbesteuergesetzes und des § 127 der Besteuerungsordnung) gleichermaßen. Insofern sind in und außerhalb Ungarns gegründete Gesellschaften nicht vergleichbar. Vergleichbar sind nur bislang nicht registrierte Steuerpflichtige, die entgeltliche Tätigkeiten im Sinne des Werbesteuergesetzes ausführen.
66. Insofern werden innerhalb des Werbesteuergesetzes formal alle Steuerpflichtigen gleichbehandelt. Auch alle schon registrierten Steuerpflichtigen werden gleichbehandelt. Problematisch ist lediglich, dass ein Verstoß gegen die Registrierungspflicht bezüglich anderer Steuern eine andere Sanktion nach sich zieht als ein Verstoß gegen die besondere Registrierungspflicht nach dem Werbesteuergesetz.
67. Jedoch verlangt das Unionsrecht nicht, dass jeder Verstoß gegen die Registrierungspflicht bezüglich jeder Steuer gleich ausgestaltet sein muss. So können aus Sicht des Unionsrechts durchaus andere Sanktionen verhängt werden, wenn sich ein Mehrwertsteuerpflichtiger nicht registriert oder wenn sich ein Einkommensteuerpflichtiger nicht registriert. Das Unionsrecht verbietet mittels der Grundfreiheiten lediglich eine schlechtere Behandlung (Diskriminierung) des grenzüberschreitenden Sachverhalts.
68. Wenn aber ein Inländer mit Werbeeinkünften, der sich nicht registriert, und ein Ausländer mit Werbeeinkünften, der sich nicht registriert, gleichbehandelt werden, dann fehlt es daran.
69. Da aus dem Vorabentscheidungsersuchen nicht klar hervorgeht, ob ein Inländer, der gleichzeitig gegen seine ertragsteuerrechtliche Registrierungspflicht verstößt, auch nach den schärferen Sanktionen des § 7/B des Werbesteuergesetzes oder nur nach den milderen Sanktionen des § 172 der Besteuerungsordnung sanktioniert wird, muss dies das vorlegende Gericht beurteilen.
b) Mittelbare Diskriminierung
70. Die Grundfreiheiten untersagen aber auch alle versteckten oder mittelbaren Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungskriterien zu dem gleichen Ergebnis führen.(25) Entscheidend für den diskriminierenden Charakter ist daher die Frage, ob die unterschiedliche Behandlung der Verstöße gegen die verschiedenen Registrierungspflichten einer Ungleichbehandlung nach der Herkunft bzw. dem Sitz der Unternehmen gleichkommt.
71. Wie ich bereits in meinen Schlussanträgen in den Rechtssachen Vodafone und Tesco dargelegt habe,(26) sind für die Annahme einer versteckten Diskriminierung strenge Maßstäbe anzulegen. Denn die versteckte Diskriminierung soll nicht die Erweiterung eines Diskriminierungstatbestands bewirken, sondern lediglich auch solche Fälle erfassen, die rein formal betrachtet keine Diskriminierung darstellen, aber materiell wie eine solche wirken.(27)
72. Keinesfalls kann daher in quantitativer Hinsicht ein bloßes Übergewicht – im Sinne einer Betroffenheit von mehr als 50 % der Unternehmen – ausreichen; vielmehr müsste die Korrelation zwischen dem angewandten Unterscheidungsmerkmal und dem Sitz eines Unternehmens in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle festzustellen sein.(28)
73. Wichtiger als dieses rein quantitative Element erscheint mir aber das vom Gerichtshof inzwischen auch häufiger verwendete qualitative Kriterium zu sein, wonach das Unterscheidungsmerkmal seinem Wesen nach bzw. typischerweise ausländische Gesellschaften betreffen muss.(29) Ein bloß zufälliger Zusammenhang, mag er quantitativ auch noch so deutlich ausfallen, kann demnach im Grundsatz nicht ausreichen, um eine mittelbare Diskriminierung zu begründen.
74. Es kommt vielmehr auf einen dem Unterscheidungsmerkmal immanenten Zusammenhang an, der schon bei abstrakter Betrachtung die Wahrscheinlichkeit einer Korrelation in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle eindeutig vermuten lässt.
75. Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist die entscheidende Frage, ob die bislang fehlende steuerrechtliche Registrierung eines Unternehmens in Ungarn – nur diese löst die entsprechenden Sanktionen nach Maßgabe des Werbesteuergesetzes aus – ihrem Wesen nach mit dem (ausländischen) Sitz eines Unternehmens korreliert. Ein solcher Zusammenhang ist hier – in Übereinstimmung mit der Auffassung der Kommission – festzustellen.
76. § 7/B Abs. 1 stellt darauf ab, dass man nicht als zu irgendeiner Steuerart veranlagt anzusehen ist. Zu irgendeiner anderen Steuerart in Ungarn veranlagt sind alle nach ungarischem Recht gegründeten Gesellschaften des Privatrechts, die mit ihrer Gründung steuerrechtlich erfasst werden. Es sind auch alle Steuerpflichtigen, die entweder Umsätze in Ungarn erbringen oder Tätigkeiten in Ungarn ausüben. Für beides ist die Ansässigkeit in Ungarn ein entscheidender Faktor, so dass mit dieser Regelung dem Wesen nach vor allem Steuerinländer erfasst werden.
77. Damit laufen im Grundsatz nur Steuerausländer Gefahr, nach Maßgabe des § 7/B Abs. 2 und 3 des Werbesteuergesetzes sanktioniert zu werden. Lediglich atypische Inlandsfälle wären erfasst, z. B. eine natürliche Person mit Wohnsitz in Ungarn, die anfängt, Werbeleistungen auf Ungarisch im Internet zu erbringen, und vorher noch keine Einkünfte hatte, oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in Ungarn, die erstmalig mittels Werbeleistungen wirtschaftlich tätig werden würde. Insofern kann in Übereinstimmung mit Google und der Kommission nicht von Zufall gesprochen werden, dass wohl weit überwiegend nur ausländische Unternehmen diesem besonderen Bußgeld nach Maßgabe des § 7/B Abs. 2 und 3 des Werbesteuergesetzes unterfallen.
78. Aufgrund der Struktur und der Regelung des § 7/B Abs. 1 des Werbesteuergesetzes kann hier eine mittelbare Diskriminierung durch die besondere Sanktionierung von Registrierungsverstößen bezüglich der Werbesteuer und damit eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bejaht werden.
2. Rechtfertigung der mittelbaren Diskriminierung
79. Eine Beschränkung von Grundfreiheiten kann allerdings aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein, sofern sie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu erreichen, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zieles notwendig ist.(30)
a) Zwingende Gründe des Allgemeinwohls
80. Der Gerichtshof hat vielfach entschieden, dass die Notwendigkeit, die Beitreibung der Steuer zu gewährleisten, einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen kann, der eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen kann.(31)
81. In Ermangelung einer unionsrechtlichen Harmonisierung verfügt der nationale Gesetzgeber auf dem Gebiet des Steuerrechts und der effektiven Steuerdurchsetzung dabei über ein gewisses Ermessen. Dieser Rechtfertigungsgrund erlaubt mithin auch eine Differenzierung zwischen den einzelnen Steuerarten, wenn sich die Durchsetzung der jeweiligen Steuer aus Sicht des Mitgliedstaates unterschiedlich schwierig gestaltet.
82. Bei einer Steuer, die unabhängig von der Ansässigkeit des Steuerpflichtigen im Inland ist, gestaltet sich die Durchsetzung einer Steuerpflicht – wie man am Beispiel von Google sehr gut erkennen kann – schwieriger als bei der Durchsetzung einer Einkommensteuer eines vor Ort ansässigen Steuerpflichtigen. Insofern ist die unterschiedliche Sanktionierung je nach Steuerart nachvollziehbar und damit sachlich gerechtfertigt.
83. Fraglich ist nur, ob die konkrete Ausgestaltung gerechtfertigt ist. Insofern hat der Gerichtshof immer darauf hingewiesen, dass die Verhängung von Sanktionen als erforderlich anzusehen sein kann, um die wirksame Einhaltung einer nationalen Regelung zu gewährleisten, allerdings unter der Voraussetzung, dass Art und Höhe der verhängten Sanktion gemessen an der Schwere der mit ihr geahndeten Zuwiderhandlung in jedem Einzelfall verhältnismäßig sind.(32)
b) Verhältnismäßigkeit der Beschränkung
84. Die Sanktion als solche muss daher verhältnismäßig sein. Das ist sie nur dann, wenn sie geeignet ist, die Erreichung des Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.(33)
85. Eine nationale Regelung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.(34)
86. Man könnte einerseits daran zweifeln, ob die Sanktionen von zunächst 10 Mio. HUF (entspricht ca. 30 600 Euro) für den ersten Verstoß und dann verdreifacht für jeden weiteren Tag auf der Basis des vorhergehenden Bußgeldes, insgesamt aber begrenzt auf 1 Mrd. HUF (entspricht ca. 3,06 Mio. Euro), überhaupt geeignet sind, die Steuer durchzusetzen. Dieses Bußgeld hat nicht dazu geführt, dass Google sich in Ungarn registriert hat. Wie Google in der mündlichen Verhandlung selbst einräumte, ist sie der Registrierungspflicht nach § 7/B des Werbesteuergesetzes bis heute nicht nachgekommen.
87. Andererseits kann aus der beharrlichen Missachtung des Gesetzes durch ein einzelnes Unternehmen nicht auf die Ungeeignetheit eines Gesetzes geschlossen werden. Im vorliegenden Fall scheint die Möglichkeit, gegen Unternehmen mit Sitz im Ausland und bisher fehlender steuerrechtlicher Registrierung im Inland, die ihrer Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung nicht nachkommen, eine Sanktion zu verhängen, jedenfalls nicht offensichtlich ungeeignet zu sein, das Ziel der effektiven Beitreibung der Werbesteuer zu erfüllen.
88. Gegenüber den oben genannten Sanktionen (Nr. 86) dürfte auch kein milderes, gleichermaßen geeignetes Mittel existieren. Geringere Beträge wären zwar ein milderes Mittel, sie wären aber nicht gleichermaßen geeignet, da sie den finanziellen Druck reduzieren würden.
89. Darüber hinaus müssen die Sanktionen auch in einem angemessenen Verhältnis zum legitimen Ziel der Sicherstellung einer effektiven und gleichmäßigen Besteuerung sein. Die Sicherstellung einer effektiven und gleichmäßigen Besteuerung ist ein hochrangiges Schutzgut eines Rechtsstaates, der sich allein über Steuermittel finanziert und dafür immer in die Grundrechte seiner Staatsbürger eingreift. Für die Akzeptanz und die Rechtfertigung einer Steuer kommt dem Gebot der gleichmäßigen Besteuerung(35) aller Steuerpflichtigen insofern eine überragend wichtige Bedeutung zu.
90. Wie Albert Hensel – ein bekannter deutscher Steuerrechtsprofessor aus der Weimarer Republik – schon vor knapp 100 Jahren ausführte, ist die eigene und fast voraussetzungslos erfolgende Besteuerung nur zu ertragen, wenn sichergestellt ist, dass der Nachbar (d. h. jeder andere Steuerpflichtige) in gleicher Lage auch die gleiche Steuerschuld zu tragen hat.(36)
91. Diesem Gedanken einer gleichmäßigen tatsächlichen Besteuerung der Steuerpflichtigen untereinander stehen bei der Abwägung im Rahmen der Angemessenheitsprüfung die Grundfreiheiten und Grundrechte des Einzelnen, hier die von Google, gegenüber.
92. Ein Versäumnisbußgeld in Höhe von insgesamt ca. 3 Mio. Euro für den Verstoß gegen eine steuerrechtliche Registrierungsverpflichtung erscheint auf den ersten Blick nicht unbedingt angemessen zu sein. Allerdings ist neben der recht drastischen Höhe auch zu berücksichtigen, dass es Google grundsätzlich in der Hand hatte, ob die Sanktion eingreift und in welcher Höhe sie entsteht, und dass sich diese Höhe angesichts der Umsätze und Gewinne von Google doch etwas relativiert. Wäre Google ihrer Registrierungspflicht nachgekommen, wäre auch kein Versäumnisbußgeld entstanden. Hätte Google sich so schnell wie möglich nach der ersten Aufforderung registriert, wäre ein Versäumnisbußgeld jedenfalls nicht in dieser Höhe entstanden. Es hätte nach § 7/B Abs. 5 des Werbesteuergesetzes unter Umständen sogar in Gänze reduziert werden können.
93. Wird jedoch das Gesetz näher betrachtet, so sprechen mehrere Punkte für eine Unverhältnismäßigkeit der von Ungarn im Gesetz vorgesehenen Sanktionen.
94. So fehlt zum einen jede Verknüpfung zur Höhe der Steuer, deren Festsetzung mittels der Sanktionen gesichert werden soll. Ein ausländischer Steuerpflichtiger mit nur 1 HUF Umsatz oberhalb der im Streitjahr relevanten Grenze von 100 Mio. HUF durch „ungarische Werbung“ würde mit dem ersten Tag ein Versäumnisbußgeld tragen müssen, welches 10 Mio. HUF betragen würde. Am zweiten Tag wären es schon ca. 30 Mio. HUF und am dritten Tag 90 Mio. HUF. Bereits nach drei Tagen würde das Bußgeld den Umsatz übersteigen, der die Basis für die Steuer darstellt. Bei einer Gewinnmarge von weniger als 10 % wäre das Bußgeld bereits am ersten Tag höher als der Gewinn, der eigentlich besteuert werden soll. Das Verhältnis zur eigentlich geschuldeten Steuer stellt sich in diesem Beispiel noch viel schlechter dar.
95. Auch die Gründe für eine fehlende Registrierung finden laut dem Gesetz keine Berücksichtigung. Es ist immer der gleiche Betrag festzusetzen. Jedoch macht es im Hinblick auf die Sicherung der effektiven Steuererhebung schon einen Unterschied, ob der Antrag auf Registrierung durch unvorhersehbare Umstände verspätet erfolgte oder ob der Steuerpflichtige, wie im Fall von Google, die Registrierung bewusst und hartnäckig verweigert.
96. Auch der exponentielle Anstieg des Versäumnisbußgeldes mit jedem weiteren Tag bei gleichzeitiger Begrenzung auf ca. 3,06 Mio. Euro ist im Hinblick auf die Sicherstellung einer gleichmäßigen Besteuerung unverhältnismäßig, wie dies die Kommission und auch die Tschechische Republik betonen. Diese Gesetzestechnik schließt es sogar aus, dass der Zweck eines Zwangsgeldes erreicht werden kann.
97. Der Zweck eines Zwangsgeldes besteht nämlich darin, den Steuerpflichtigen zu einer bestimmten Handlung anzuhalten. Dieser Zweck verlangt aber, dass der Steuerpflichtige wenigstes die Chance hat, sich dem Zwangsmittel zu beugen, was eine gewisse Handlungszeit voraussetzt. Daran fehlt es hier aber. Noch bevor überhaupt das erste festgesetzte Versäumnisbußgeld dem Steuerpflichtigen per Post bekannt gegeben werden kann, hat die ungarische Behörde das nächste in dreifacher Höhe festgesetzt. Selbst wenn der Steuerpflichtige sofort handeln würde, könnte er den weiteren – exponentiell erhöhten – Versäumnisbußgeldern kaum entgehen.
98. Diese Art und Weise der Verhängung von Zwangsmitteln ist unangemessen. Sie steht außer Verhältnis zu dem damit verfolgten Ziel einer gleichmäßigen Steuerfestsetzung.
99. An der Unverhältnismäßigkeit des Bußgeldes ändert sich auch nichts aufgrund der Tatsache, dass sich möglicherweise – wie Ungarn im Gegensatz zum vorlegenden Gericht vorträgt – das verhängte Bußgeld später durch die Behörde sogar in Gänze herabsetzen lässt. So wird ein unverhältnismäßiges Bußgeld nicht dadurch verhältnismäßig, weil es möglicherweise später auf eine verhältnismäßige Höhe reduziert werden kann, wenn diese Herabsetzung allein im Belieben der Behörde steht. Insofern hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine nachträgliche richterliche Würdigung einer Sanktion nicht deren Unverhältnismäßigkeit verhindert, wenn das Gesetz keine andere Möglichkeit vorsieht, je nach Schwere der begangenen Zuwiderhandlung eine weniger einschneidende Sanktion zu verhängen.(37) Gleiches muss aber auch für eine nachträgliche behördliche Überprüfung einer bereits festgesetzten Sanktion gelten.
100. Im Ergebnis ist die Art und Weise der Verhängung der Zwangsmittel unverhältnismäßig und die mittelbare Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit daher nicht gerechtfertigt.
D. Fragen 5 und 7: besonderer Rechtsschutz gegen die Sanktionen
101. Mit seinen Fragen 5 und 7 möchte das vorlegende Gericht im Ergebnis wissen, ob eine ungerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit unter Berücksichtigung von Art. 41 Abs. 1 und Art. 47 Abs. 2 der Charta vorliegt, wenn gegen das besondere Versäumnisbußgeld nach § 7/B des Werbesteuergesetzes nur ein eingeschränkter Rechtsschutz möglich ist. Diese Einschränkungen bestehen darin, dass gegen das besondere Versäumnisbußgeld kein behördliches Einspruchsverfahren vorgesehen ist, sondern nur gerichtlicher Rechtsschutz möglich ist, der sich auf ein schriftliches Verfahren und den Urkundenbeweis reduziert.
102. Prüfungsmaßstab einer Verletzung der Dienstleistungsfreiheit wegen eines besonders ausgestalteten Rechtsschutzverfahrens gegen einen steuerrechtlichen Versäumniszuschlag ist wie zuvor eine Ungleichbehandlung des ausländischen Sachverhaltes, die auch hier formal gesehen nicht vorliegt. Jeder, der gegen das besondere Versäumnisbußgeld nach § 7/B des Werbesteuergesetzes vorgeht, ist demselben Verfahren unterworfen. Grundsätzlich verlangt das Unionsrecht auch nicht, dass der Rechtsschutz gegen jeden Versäumniszuschlag gleich welcher Art identisch ausgestaltet sein muss.
103. Allerdings führt die Gesetzgebungstechnik des § 7/B des Werbesteuergesetzes – wie ich oben unter den Nrn. 75 ff. ausgeführt habe – zu einer mittelbaren Diskriminierung ausländischer Unternehmen. Dies gilt auch für den eingeschränkten Rechtsschutz gegen ein solchermaßen verhängtes Versäumnisbußgeld. Auch hier ist zu prüfen, ob diese Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt ist, was das Vorliegen eines zwingenden Grundes des Allgemeinwohls voraussetzt.(38)
104. Welche gesetzgeberischen Gründe für dieses eingeschränkte Rechtsschutzverfahren maßgeblich waren, ist dem Vorabentscheidungsverfahren nicht zu entnehmen. Auch unter Berücksichtigung eines Entscheidungsspielraums der Mitgliedstaaten beim Erlass allgemeiner Gesetze,(39) erschließt sich nicht, warum ein Mitgliedstaat der Union, mithin ein Rechtsstaat, bei einem besonders schnell ansteigenden Versäumnisbußgeld in erheblichen Dimensionen, welches primär ausländische Unternehmen betrifft, den Rechtsschutz gegen eine eventuell rechtswidrige Festsetzung reduziert.
105. Bei Versäumniszuschlägen im Bagatellbereich wäre es nachvollziehbar, die Überprüfung zu beschleunigen und dafür auf ein Verwaltungsvorverfahren, eine mündliche Verhandlung und weiter gehende Beweismittel zu verzichten. Hier würde der von Ungarn in der mündlichen Verhandlung erwähnte Verwaltungsvereinfachungsgedanke als Rechtfertigungsgrund in Betracht kommen. Das gilt aber nicht für einen Versäumniszuschlag von bis zu ca. 3,06 Mio. Euro, dessen Maximalbetrag innerhalb weniger Tage (laut Google innerhalb von fünf Tagen) der Verspätung aufgrund der exponentiell möglichen Festsetzung erreicht wird und dessen Betrag unabhängig von der Höhe der Steuerschuld ist.
106. Damit fehlt es schon an einem zwingenden Grund des Allgemeinwohls für diese Differenzierung, die dem Wesen nach nur ausländische Unternehmen erfasst. Folglich ist die Beschränkung nicht gerechtfertigt.
107. Ob darüber hinaus auch noch im Einzelnen die vom vorlegenden Gericht genannten Grundrechte tangiert sind, braucht der Gerichtshof daher – wie auch die Kommission zutreffend betont – hier nicht zu entscheiden.
VI. Ergebnis
108. Aus diesen Gründen schlage ich vor, die Vorlagefragen des Fővárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Gericht für Verwaltungs- und Arbeitssachen Budapest, Ungarn) wie folgt zu beantworten:
1. Das Unionsrecht steht der Einführung einer an die offizielle Landessprache des betreffenden Mitgliedstaates anknüpfenden Ertragsteuer im vorliegenden Fall nicht entgegen.
2. Eine besondere Registrierungspflicht zur Durchführung und Durchsetzung einer besonderen Steuer (hier der Werbesteuer) verstößt als solche nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit.
3. Die konkrete Art und Weise der Verhängung von Zwangsmitteln gegenüber Unternehmen mit Sitz außerhalb Ungarns durch das ungarische Werbesteuersteuergesetz stellt eine mittelbare Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar, die aufgrund ihrer Unverhältnismäßigkeit nicht gerechtfertigt ist.
4. Auch die Einschränkungen der Rechtsschutzmöglichkeiten in Hinblick auf die besonders hohen Zwangsgelder im Rahmen der ungarischen Werbesteuer stellen eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar.
1 Originalsprache: Deutsch.
2 Vgl. die anhängige Rechtssache C‑565/18 – Société Générale S.A.
3 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum gemeinsamen System einer Digitalsteuer auf Erträge aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen vom 21. März 2018( COM[2018] 148 final).
4 Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).
5 Vgl. statt vieler: Urteile vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, EU:C:2006:544, Rn. 40), vom 11. August 1995, Wielockx (C‑80/94, EU:C:1995:271, Rn. 16), und vom 14. Februar 1995, Schumacker (C‑279/93, EU:C:1995:31, Rn. 21).
6 Siehe die Ausführungen in dem Vorabentscheidungsersuchen auf Seite 7 (französische Version).
7 Vgl. ausführlich meine Schlussanträge in der Rechtssache Tesco-Global Áruházak (C‑323/18, EU:C:2019:567) und in der Rechtssache Vodafone Magyarország (C‑75/18, EU:C:2019:492).
8 Urteile vom 20. Dezember 2017, Global Starnet (C‑322/16, EU:C:2017:985, Rn. 35), vom 22. Januar 2015, Stanley International Betting und Stanleybet Malta (C‑463/13, EU:C:2015:25, Rn. 45), und vom 10. Mai 2012, Duomo Gpa u. a. (C‑357/10 bis C‑359/10, EU:C:2012:283, Rn. 35 und 36).
Siehe analog zur Niederlassungsfreiheit auch Urteile vom 21. Mai 2015, Verder LabTec (C‑657/13, EU:C:2015:331, Rn. 34), vom 16. April 2015, Kommission/Deutschland (C‑591/13, EU:C:2015:230, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 29. November 2011, National Grid Indus (C‑371/10, EU:C:2011:785, Rn. 36).
9 Siehe dazu meine Schlussanträge in den Rechtssachen X (C‑498/10, EU:C:2011:870, Nr. 28), Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2013:531, Nrn. 82 ff.), X (C‑686/13, EU:C:2015:31, Nr. 40), C (C‑122/15, EU:C:2016:65, Nr. 66) und ANGED (C‑233/16, EU:C:2017:852, Nr. 28).
10 Unlängst erst wieder: Urteil vom 18. Juni 2019, Österreich/Deutschland (C‑591/17, EU:C:2019:504, Rn. 54); vgl. auch Urteile vom 19. September 2017, Kommission/Irland (Zulassungssteuer) (C‑552/15, EU:C:2017:698, Rn. 71), und vom 21. November 2013, X (C‑302/12, EU:C:2013:756, Rn. 23).
11 Ebenso Kokott, J., Das Steuerrecht der Europäischen Union, München 2018, § 3, Rn. 117 ff., Szudoczky, R., The Sources of EU Law and Their Relationships: Lessons for the field of Taxation, IBFD, Doctoral Series (Vol. 32), Amsterdam, 2014, S. 334 ff., 343, 358 ff.
Für die Niederlassungsfreiheit ebenso Müller-Graff, P.‑C., in: Streinz, R., EUV/AEUV, München, 3. Aufl. 2018, Art. 49, Rn. 70.
12 Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Mai 2016, NN (L) International (C‑48/15, EU:C:2016:356, Rn. 47), vom 14. April 2016, Sparkasse Allgäu (C‑522/14, EU:C:2016:253, Rn. 29), Beschluss vom 4. Juni 2009, KBC‑bank (C‑439/07 und C‑499/07, EU:C:2009:339, Rn. 80), Urteil vom 6. Dezember 2007, Columbus Container Services (C‑298/05, EU:C:2007:754, Rn. 51 und 53).
Speziell zur Dienstleistungsfreiheit siehe nur: Urteile vom 18. Oktober 2012, X (C‑498/10, EU:C:2012:635, Rn. 20) und vom 11. Juni 2009, X und Passenheim-van Schoot (C‑155/08 und C‑157/08, EU:C:2009:368, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).
13 Urteil vom 24. November 1993, Keck und Mithouard (C‑267/91 und C‑268/91, EU:C:1993:905, Rn. 16).
14 Urteil vom 26. Mai 2016, NN (L) International (C‑48/15, EU:C:2016:356, Rn. 45 ff.).
15 Permanent Court of International Justice, Urteil Nr. 9 vom 7. September 1927, Lotus, S. 19.
16 Court of International Justice, Nottebohm Case, Urteil vom 6. April 1955, S. 23 und 24.
17 Kokott, J., „The „Genuine Link“ Requirement for Source Taxation in Public International Law“, in Haslehner/Kofler/Rust, Tax and the Digital Economy, 2019, Kap. 2 (S. 9 ff.).
18 OECD-Musterabkommen 2017 zur Beseitigung der Doppelbesteuerung sowie der Steuerverkürzung und ‑umgehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, in der Fassung des OECD Update 2017 vom 21. November 2017 (im Folgenden: OECD-MA 2017).
19 Vgl. dazu näher Kokott, J., Das Steuerrecht der Europäischen Union, München 2018, § 2, Rn. 142 ff.
20 Urteil vom 7. Dezember 2010, Pammer und Hotel Alpenhof (C‑585/08 und C‑144/09, EU:C:2010:740, Tenor Nr. 2).
21 Zur Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers vgl. Urteile vom 24. Februar 2015, Sopora (C‑512/13, EU:C:2015:108, Rn. 33 und 34), und vom 26. September 2013, Dansk Jurist- og Økonomforbund (C‑546/11, EU:C:2013:603, Rn. 70); siehe auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Sopora (C‑512/13, EU:C:2014:2375, Nrn. 51 ff.).
22 Urteile vom 26. Mai 2016, NN (L) International (C‑48/15, EU:C:2016:356, Rn. 47), vom 21. November 2013, X (C‑302/12, EU:C:2013:756, Rn. 28), und vom 8. Dezember 2011, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑157/10, EU:C:2011:813, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).
23 Urteile vom 26. Mai 2016, NN (L) International (C‑48/15, EU:C:2016:356, Rn. 47), und vom 12. Februar 2009, Block (C‑67/08, EU:C:2009:92, Rn. 31).
24 Urteile vom 26. Mai 2016, NN (L) International (C‑48/15, EU:C:2016:356, Rn. 59), vom 18. Oktober 2012, X (C‑498/10, EU:C:2012:635, Rn. 39), und vom 19. Juni 2014, Strojírny Prostějov und ACO Industries Tábor (C‑53/13 und C‑80/13, EU:C:2014:2011, Rn. 46).
25 Urteile vom 26. April 2018, ANGED (C‑233/16, EU:C:2018:280, Rn. 30), vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2014:47, Rn. 30), vom 8. Juli 1999, Baxter u. a. (C‑254/97, EU:C:1999:368, Rn. 13), und vom 14. Februar 1995, Schumacker (C‑279/93, EU:C:1995:31, Rn. 26).
26 Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Tesco-Global Áruházak (C‑323/18, EU:C:2019:567) und in der Rechtssache Vodafone Magyarország (C‑75/18, EU:C:2019:492).
27 Siehe meine Schlussanträge in der Rechtssache Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2013:531, Nr. 40), in der Rechtssache ANGED (C‑233/16, EU:C:2017:852, Nr. 38) und in der Rechtssache Memira Holding (C‑607/17, EU:C:2019:8, Nr. 36).
28 Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2013:531, Nr. 41).
29 Vgl. Urteile vom 2. März 2017, Eschenbrenner (C‑496/15, EU:C:2017:152, Rn. 36) zur Arbeitnehmerfreizügigkeit, vom 5. Dezember 2013, Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs (C‑514/12, EU:C:2013:799, Rn. 26), vom 28. Juni 2012, Erny (C‑172/11, EU:C:2012:399, Rn. 41), vom 1. Juni 2010, Blanco Pérez und Chao Gómez (C‑570/07 und C‑571/07, EU:C:2010:300, Rn. 119), zur Niederlassungsfreiheit, vom 10. September 2009, Kommission/Deutschland (C‑269/07, EU:C:2009:527), und vom 8. Juli 1999, Baxter u. a. (C‑254/97, EU:C:1999:368, Rn. 13).
Vgl. ferner meine Schlussanträge in der Rechtssache ANGED (C‑233/16, EU:C: 2017:852, Nr. 38) und in der Rechtssache Memira Holding (C‑607/17, EU:C:2019:8, Nr. 36); anders noch meine Schlussanträge in der Rechtssache Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2013:531, Nr. 42 ff.).
30 Urteile vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2014:47, Rn. 42), vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C‑400/08, EU:C:2011:172, Rn. 73), und vom 5. Oktober 2004, CaixaBank France (C‑442/02, EU:C:2004:586, Rn. 17).
31 Urteile vom 26. Mai 2016, NN (L) International (C‑48/15, EU:C:2016:356, Rn. 59), vom 19. Juni 2014, Strojírny Prostějov und ACO Industries Tábor (C‑53/13 und C‑80/13, EU:C:2014:2011, Rn. 46), und vom 18. Oktober 2012, X (C‑498/10, EU:C:2012:635, Rn. 39).
32 Urteile vom 26. Mai 2016, NN (L) International (C‑48/15, EU:C:2016:356, Rn. 59), vom 3. Dezember 2014, De Clercq u. a. (C‑315/13, EU:C:2014:2408, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).
33 Vgl. nur Urteile vom 17. Juli 2014, Nordea Bank (C‑48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 25), vom 29. November 2011, National Grid Indus (C‑371/10, EU:C:2011:785, Rn. 42), vom 15. Mai 2008, Lidl Belgium (C‑414/06, EU:C:2008:278, Rn. 27), vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, EU:C:2006:544, Rn. 47), vom 13. Dezember 2005, SEVIC Systems (C‑411/03, EU:C:2005:762, Rn. 23), und vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 35).
34 Urteile vom 11. Juni 2015, Berlington Hungary u. a. (C‑98/14, EU:C:2015:386, Rn. 64), vom 12. Juli 2012, HIT und HIT LARIX (C‑176/11, EU:C:2012:454, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 17. November 2009, Presidente del Consiglio dei Ministri (C‑169/08, EU:C:2009:709, Rn. 42).
35 Dieses Gebot hat der Gerichtshof selbst schon im Unionsrecht (d. h. im Mehrwertsteuerrecht) anerkannt – siehe nur Urteil vom 25. Januar 2001, Kommission/Frankreich (C‑429/97, EU:C:2001:54, Rn. 40). Es gilt aber auch auf jedem anderen nationalen oder unionsrechtlichen Steuerrechtsgebiet.
36 Hensel, A., Die Abänderung des Steuertatbestandes durch freies Ermessen und der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz, Vierteljahresschrift für Steuer- und Finanzrecht 1927, Seite 62: Jeder Steuerpflichtige habe das Recht, zu sagen: Ich verlange, dass mein Nachbar ebenso schwer von der Steuerlast betroffen wird wie ich selbst. Albert Hensel bezeichnete schon damals die „Allgemeinheit und Gleichheit der Besteuerung“ als den „obersten Grundsatz eines rechtsstaatlichen Steuersystems“.
37 Vgl. Urteil vom 26. Mai 2016, NN (L) International (C‑48/15, EU:C:2016:356, Rn. 61).
38 Urteile vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2014:47, Rn. 42), vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C‑400/08, EU:C:2011:172, Rn. 73), und vom 5. Oktober 2004, CaixaBank France (C‑442/02, EU:C:2004:586, Rn. 17).
39 Vgl. Urteile vom 6. November 2003, Gambelli u. a. (C‑243/01, EU:C:2003:597, Rn. 63), vom 21. September 1999, Läärä u. a. (C‑124/97, EU:C:1999:435, Rn. 14 und 15), und vom 24. März 1994, Schindler (C‑275/92, EU:C:1994:119, Rn. 61), alles zum Glückspielwesen, sowie vom 5. März 1996, Brasserie du pêcheur und Factortame (C‑46/93 und C‑48/93, EU:C:1996:79, Rn. 48 ff.), zum Lebensmittelrecht.
Quelle: CURIA - Startseite - Gerichtshof der Europäischen Union (europa.eu)