URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)
6. September 2012(*)
„Mehrwertsteuer – Sechste Richtlinie – Art. 17 Abs. 2 und Art. 19 – Vorsteuerabzug – Steuer, die für Dienstleistungen geschuldet oder gezahlt wird, die von einer Holdinggesellschaft bezogen werden – Dienstleistungen, die direkt, unmittelbar und eindeutig mit besteuerten Ausgangsumsätzen zusammenhängen“
In der Rechtssache C-496/11
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Central Administrativo Sul (Portugal) mit Entscheidung vom 20. September 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 26. September 2011, in dem Verfahren
Portugal Telecom SGPS SA
gegen
Fazenda Pública,
Beteiligte:
Ministério Público,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten U. Lõhmus sowie der Richter A. Ó Caoimh und C. G. Fernlund (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Portugal Telecom SGPS SA, vertreten durch A. Gonçalves Ferreira, advogado,
– der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes als Bevollmächtigten,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und P. Guerra e Andrade als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2 Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Portugal Telecom SGPS SA (im Folgenden: Portugal Telecom) und der Fazenda Pública über die anzuwendende Methode zur Bestimmung der Höhe der Vorsteuer, die von der von Portugal Telecom geschuldeten Mehrwertsteuer abzuziehen ist.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 Art. 2 der Sechsten Richtlinie lautet:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;
2. die Einfuhr von Gegenständen.“
4 Art. 4 der Sechsten Richtlinie sieht vor:
„(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.“
5 Art. 11 der Sechsten Richtlinie bestimmt den Steuerwert wie folgt:
„A. Im Inland
(1) Die Besteuerungsgrundlage ist:
a) bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter den Buchstaben b), c) und d) genannt sind, alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen
…“
6 Art. 17 der Sechsten Richtlinie regelt Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug und sieht u. a. vor:
„(1) Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.
(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden;
…
(5) Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.
Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.
Jedoch können die Mitgliedstaaten
a) dem Steuerpflichtigen gestatten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden, wenn für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen geführt werden;
b) den Steuerpflichtigen verpflichten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden und für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen zu führen;
c) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen;
d) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Vorsteuerabzug nach der in Unterabsatz 1 vorgesehenen Regel bei allen Gegenständen und Dienstleistungen vorzunehmen, die für die dort genannten Umsätze verwendet wurden;
e) vorsehen, dass der Betrag der Mehrwertsteuer, der vom Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden kann, nicht berücksichtigt wird, wenn er geringfügig ist.
…“
7 Art. 19 der Richtlinie regelt die Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs wie folgt:
„(1) Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 1 ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält:
– im Zähler den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absätze 2 und 3 berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer;
– im Nenner den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer. Die Mitgliedstaaten können in den Nenner auch die Subventionen einbeziehen, die nicht in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a) genannt sind.
Der Pro-rata-Satz wird auf Jahresbasis in Prozent festgesetzt und auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet.
…
(3) Der für ein Jahr vorläufig geltende Pro-rata-Satz bemisst sich nach dem auf der Grundlage der Umsätze des vorangegangenen Jahres ermittelten Pro-rata-Satz. Ist eine solche Bezugnahme nicht möglich oder nicht stichhaltig, wird der Pro-rata-Satz vom Steuerpflichtigen unter Überwachung durch die Finanzverwaltung nach den voraussichtlichen Verhältnissen vorläufig geschätzt. Die Mitgliedstaaten können jedoch ihre derzeitige Regelung beibehalten.
Die Festsetzung des endgültigen Pro-rata-Satzes, die für jedes Jahr im Laufe des folgenden Jahres vorgenommen wird, führt zur Berichtigung der nach dem vorläufigen Pro-rata-Satz vorgenommenen Vorsteuerabzüge.“
Portugiesisches Recht
Das Mehrwertsteuergesetzbuch
8 Art. 1 des Código do imposto sobre o valor acrescentado (Mehrwertsteuergesetzbuch; im Folgenden: CIVA) legt die Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer fest. Die Art. 3 bis 6 dieses Gesetzbuchs regeln Fälle der Nichtbesteuerung.
9 Nach Art. 9 CIVA sind von der Steuer u. a. befreit
„…
28. folgende Bank- und Finanzumsätze:
…
f) Umsätze und Dienstleistungen – einschließlich der Vermittlung, aber mit Ausnahme der bloßen Verwahrung und Verwaltung –, die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften oder Vereinigungen, Schuldverschreibungen und sonstige Wertpapiere mit Ausnahme von Warenpapieren beziehen;
…“
10 Art. 23 CIVA in der für das in Rede stehende Steuerjahr (das Jahr 2000) geltenden Fassung bestimmte:
„(1) Wenn ein Steuerpflichtiger in Ausübung seiner Tätigkeit Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen ausführt, für die teilweise kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, ist die auf den Erwerb entrichtete Mehrwertsteuer nur zu dem Prozentsatz abziehbar, der dem Jahresbetrag der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze entspricht.
(2) Ungeachtet der Bestimmungen des vorstehenden Absatzes kann der Steuerpflichtige den Abzug gemäß der tatsächlichen Zuordnung aller oder eines Teils der verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen vornehmen, sofern er vorab die Generaldirektion ‚Direkte und indirekte Steuern‘ hiervon unterrichtet, wobei diese im Fall starker Verzerrungen bei der Besteuerung besondere Auflagen festsetzen oder dieses Verfahren beenden kann.
(3) Die Steuerverwaltung kann den Steuerpflichtigen verpflichten, gemäß den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes zu verfahren,
a) wenn der Steuerpflichtige unterschiedliche wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt;
b) wenn die Anwendung des Verfahrens nach Abs. 1 zu starken Verzerrungen bei der Besteuerung führt.
(4) Der in Abs. 1 genannte Prozentsatz des Vorsteuerabzugs ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält im Zähler den Jahresbetrag der zum Vorsteuerabzug nach Art. 19 und Art. 20 Abs. 1 berechtigenden Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen abzüglich der Mehrwertsteuer und im Nenner den Jahresbetrag aller Umsätze des Steuerpflichtigen abzüglich der Mehrwertsteuer, einschließlich der von der Steuerpflicht befreiten oder nicht steuerbaren Umsätze, insbesondere der nicht besteuerten Subventionen, sofern diese keine Ausstattungsbeihilfen darstellen.
(5) Lieferungen von Gegenständen des Anlagevermögens, die im Rahmen der Tätigkeit des Unternehmens verwendet wurden, und Immobilien- oder Finanzgeschäfte, die gegenüber der Tätigkeit des Steuerpflichtigen ergänzenden Charakter haben, werden bei der Berechnung nach dem vorstehenden Absatz nicht berücksichtigt.
(6) Der auf der Grundlage der Umsätze des vorangegangenen Jahres ermittelte vorläufige Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs wird gemäß den Werten des Jahres, auf den er sich bezieht, berichtigt, was eine entsprechende Berichtigung der vorgenommenen Vorsteuerabzüge zur Folge hat, die in der Erklärung für den letzten Zeitraum des betreffenden Jahres ausgewiesen sein muss.
(7) Steuerpflichtige, die eine Tätigkeit aufnehmen oder diese wesentlich ändern, können den Vorsteuerabzug auf der Grundlage eines vorläufig geschätzten Pro-rata-Satzes vornehmen, der in den Erklärungen nach den Art. 30 und 31 angegeben sein muss.
(8) Für die Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs wird der Quotient des Bruchs auf den nächsthöheren Centbetrag aufgerundet.
(9) Hinsichtlich der Anwendung der Bestimmungen des vorliegenden Artikels kann der Minister für Finanzen und Planung bei bestimmten Tätigkeiten Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, oder solche, bei denen diese Berechtigung nicht besteht, als nicht vorhanden ansehen, sofern diese einen unbedeutenden Teil des Gesamtumsatzes ausmachen und das in den Abs. 2 und 3 vorgesehene Verfahren sich als undurchführbar erweist.“
Die nationale Regelung für Holdings
11 Die Sociedades gestoras de participações sociais (im Folgenden: SGPS) sind Holdinggesellschaften, die in Portugal in der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 495/88 vom 30. Dezember 1988 (Diário da República I Serie A, Nr. 301 vom 30. Dezember 1988) in ihrer durch die gesetzesvertretende Verordnung Nr. 318/94 vom 24. Dezember 1994 (Diário da República I, Serie A, Nr. 296 vom 24. Dezember 1994) geänderten Fassung (im Folgenden: Holding-Verordnung) geregelt sind.
12 Art. 1 der Holding-Verordnung bestimmt:
„(1) Die … SGPS haben als einzigen Gesellschaftszweck die Verwaltung der Beteiligungen an anderen Unternehmen als mittelbare Form der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit.
(2) Für die Zwecke der vorliegenden gesetzesvertretenden Verordnung wird eine Beteiligung an einer Gesellschaft als mittelbare Form der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit angesehen, wenn sie nicht lediglich Gelegenheitscharakter hat und sie mindestens 10 % des stimmberechtigten Kapitals dieser Gesellschaft ausmacht, wobei die Beteiligung entweder unmittelbar oder über Anteile an anderen Gesellschaften, in denen die SGPS eine beherrschende Stellung einnimmt, gehalten werden kann.
…“
13 Nach Art. 4 Abs. 1 der Holding-Verordnung sind SGPS berechtigt, an alle oder einige Gesellschaften, an denen sie eine Beteiligung von mindestens 10 % des stimmberechtigten Kapitals halten, oder ausnahmsweise an Gesellschaften, an denen sie eine Beteiligung von weniger als 10 % des stimmberechtigten Kapitals halten, oder an solche, mit denen sie „Beherrschungsverträge“ geschlossen haben, technische Verwaltungs- und Managementdienstleistungen zu erbringen.
14 Nach Art. 4 Abs. 2 der Holding-Verordnung ist die Erbringung der Dienstleistungen Gegenstand eines schriftlichen Vertrags, in dem die entsprechende Gegenleistung festgelegt wird, die den Marktwert nicht übersteigen darf.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
15 Portugal Telecom ist eine SGPS. Sie erbringt technische Verwaltungs- und Managementdienstleistungen an Gesellschaften, an denen sie beteiligt ist.
16 Im Rahmen dieser Tätigkeiten bezog Portugal Telecom bestimmte der Mehrwertsteuerregelung unterliegende Beraterdienstleistungen. Sie stellte ihren Tochtergesellschaften diese Dienstleistungen zu demselben Preis, zu dem sie sie bezogen hatte, zuzüglich der Mehrwertsteuer in Rechnung.
17 Im Steuerjahr 2000 zog Portugal Telecom die gesamte Vorsteuer von der überwälzten Mehrwertsteuer ab, da sie der Auffassung war, dass die entsprechenden bezogenen Dienstleistungen für die besteuerten Umsätze, d. h. die technischen Verwaltungs- und Managementdienstleistungen, objektiv verwendet worden seien.
18 Die Steuerverwaltung vertrat im Anschluss an eine von ihr durchgeführte Prüfung die Ansicht, dass Portugal Telecom die Mehrwertsteuer, mit der die bezogenen Dienstleistungen belastet worden seien, nicht vollständig habe abziehen dürfen, sondern die Methode des Pro-rata-Abzugs hätte anwenden müssen. Infolgedessen richtete sie an Portugal Telekom einen Steuerbescheid, in dem der abzugsfähige Anteil der auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer auf ungefähr 25 % festgesetzt wurde.
19 Portugal Telecom erhob gegen diesen Steuerbescheid Klage vor dem Tribunal Administrativo e Fiscal de Lisboa (Gericht für Verwaltungs- und Steuersachen Lissabon). Dieses wies die Klage im Wesentlichen ab, weil es der Auffassung war, dass der grundlegende Zweck von SGPS die Ausübung steuerbefreiter Tätigkeiten sei. Soweit neben diesen Tätigkeiten auch die ergänzende Erbringung technischer Verwaltungs- und Managementdienstleistungen für alle oder einige Gesellschaften, an denen die SGPS beteiligt seien und die mehrwertsteuerpflichtig seien, zulässig sei, seien die technischen Verwaltungs- und Managementdienstleistungen untrennbar mit der Verwaltung der Gesellschaftsanteile verbunden. Folglich sei für die Bestimmung des abzugsfähigen Mehrwertsteuerbetrags die Pro-rata-Methode anzuwenden.
20 Portugal Telecom focht die erstinstanzliche Entscheidung vor dem Tribunal Central Administrativo Sul (Zentrales Verwaltungsgericht Süd) an. Sie machte hierbei geltend, dass die rechtliche Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung sowohl gegen das nationale Mehrwertsteuerrecht als auch gegen Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie verstoße.
21 Portugal Telecom ist der Ansicht, dass es sich bei den zu besteuernden Umsätzen, die sie im Zusammenhang mit ihren Beteiligungen bewirkt habe, um Dienstleistungen handele, die in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den im Hinblick auf ihre Erbringung bezogenen Dienstleistungen ständen, und sie infolgedessen in Anwendung der Methode der tatsächlichen Zuordnung die gesamte beim Bezug der Dienstleistungen entrichtete Steuer abziehen dürfe.
22 Unter diesen Umständen hat das Tribunal Central Administrativo Sul beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Steht es im Widerspruch zur korrekten Auslegung des Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie, wenn die portugiesische Steuerverwaltung von der Rechtsmittelführerin – einer Holdinggesellschaft – aus dem Grund, dass deren Hauptgesellschaftszweck die Verwaltung von Kapitalanteilen anderer Gesellschaften ist, verlangt, für die gesamte auf ihre Eingangsumsätze angefallene Mehrwertsteuer die Methode des Pro-rata-Abzugs anzuwenden, selbst wenn diese Eingangsumsätze (erworbene Dienstleistungen) einen direkten, unmittelbaren und eindeutigen Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen – Dienstleistungserbringungen – auf der Ausgangsebene aufweisen, die anschließend im Rahmen einer rechtlich zulässigen Zusatztätigkeit in Gestalt der Erbringung von technischen Verwaltungsdienstleistungen durchgeführt werden?
2. Kann eine Einheit, die als Holdinggesellschaft zu qualifizieren ist und die Mehrwertsteuer zu zahlen hat, wenn sie Gegenstände und Dienstleistungen erwirbt, die sie anschließend in vollem Umfang unter Erhebung von Mehrwertsteuer den Gesellschaften, an denen sie beteiligt ist, in Rechnung stellt, die gesamte bei diesen Erwerben angefallene Mehrwertsteuer mittels Anwendung der in Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Abzugsmethode der tatsächlichen Zuordnung abziehen, wenn es sich hierbei um eine ergänzende Tätigkeit – Erbringung von technischen Verwaltungs- und Managementdienstleistungen – im Verhältnis zur Haupttätigkeit – Verwaltung von Gesellschaftsanteilen – handelt?
Zu den Vorlagefragen
Zur Zulässigkeit
23 Die portugiesische Regierung rügt in erster Linie, dass das Vorabentscheidungsersuchen unzulässig sei.
24 Ihr zufolge hat das vorlegende Gericht die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Rechtsvorschrift nicht genau bezeichnet. Es beschränke sich darauf, die Art. 20 und 23 CIVA zu erwähnen, obgleich es von der ersten Vorschrift unterschiedliche Fassungen gebe und die zweite eine Vielzahl von Fragen im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug regele. Im Übrigen enthalte die Vorlageentscheidung keine genauen Angaben zur nationalen Regelung über Holdings.
25 Der Gerichtshof könne zwar im Rahmen der in Art. 267 AEUV vorgesehenen Zusammenarbeit zwischen den Gerichten dem innerstaatlichen Gericht anhand der Akten Hinweise für die Auslegung geben, die ihm für die Beurteilung der Wirkungen der Bestimmungen dienlich erschienen, doch enthalte die Vorlageentscheidung an keiner Stelle eine auch nur kurze, präzise Angabe zu den Bestimmungen des im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden innerstaatlichen portugiesischen Rechts.
26 Die festgestellten Lücken in der Vorlageentscheidung haben nach Ansicht der portugiesischen Regierung zur Folge, dass dem Gerichtshof eine sachgerechte Antwort nicht möglich sei.
27 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Informationen, die dem Gerichtshof im Rahmen einer Vorlageentscheidung geliefert werden müssen, diesem ermöglichen sollen, dem vorlegenden Gericht sachdienliche Antworten zu geben. Dazu ist erforderlich, dass das nationale Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich seine Fragen einfügen, festlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 31. März 2011, Schröder, C-450/09, Slg. 2011, I-2497, Randnr. 18, und vom 16. Februar 2012, Varzim Sol, C-25/11, Randnr. 30).
28 Im vorliegenden Fall wird in der Vorlageentscheidung ausgeführt, dass die Steuerverwaltung für den Abzug der von der Klägerin des Ausgangsverfahrens getragenen Vorsteuer die Pro-rata-Methode nach Art. 23 Abs. 1 CIVA vorschreibe, wohingegen die Klägerin der Ansicht sei, die Methode nach Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie anwenden zu dürfen.
29 Diese Angaben sind in Anbetracht der in Randnr. 27 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ausreichend. Das Vorabentscheidungsersuchen ist demnach zulässig.
Zur Begründetheit
30 Mit seinen Vorlagefragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 17 Abs. 2 und 5 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Holdinggesellschaft wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die in Ergänzung zu ihrer Haupttätigkeit, die im Halten des gesamten Gesellschaftskapitals der Tochtergesellschaften oder eines Teils desselben besteht, Gegenstände und Dienstleistungen bezieht, die sie anschließend den Tochtergesellschaften in Rechnung stellt, zum Abzug der auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer in Anwendung der Methode nach Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie berechtigt ist oder ob sie von der nationalen Steuerverwaltung gezwungen werden kann, eine der in Art. 17 Abs. 5 dieser Richtlinie vorgesehenen Methoden anzuwenden.
31 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Holding, deren einziger Zweck im Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen besteht, ohne dass sie – unbeschadet ihrer Rechte als Aktionärin oder Gesellschafterin – unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Gesellschaften eingreift, kein Mehrwertsteuerpflichtiger im Sinne von Art. 4 der Sechsten Richtlinie und somit nicht zum Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 der Sechsten Richtlinie berechtigt (vgl. Urteile vom 20. Juni 1991, Polysar Investments Netherlands, C-60/90, Slg. 1991, I-3111, Randnr. 17, vom 14. November 2000, Floridienne und Berginvest, C-142/99, Slg. 2000, I-9567, Randnr. 17, sowie vom 27. September 2001, Cibo Participations, C-16/00, Slg. 2001, I-6663, Randnr. 18).
32 Der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen können nicht als wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne der Sechsten Richtlinie angesehen werden, die den Erwerber bzw. Inhaber zum Steuerpflichtigen machen würden. Der bloße Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen stellt nämlich keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dar, weil eine etwaige Dividende als Ergebnis dieser Beteiligung Ausfluss der bloßen Innehabung des Gegenstands ist (vgl. Urteile vom 22. Juni 1993, Sofitam, C-333/91, Slg. 1993, I-3513, Randnr. 12, vom 6. Februar 1997, Harnas & Helm, C-80/95, Slg. 1997, I-745, Randnr. 15, sowie Cibo Participations, Randnr. 19).
33 Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Beteiligung an einem anderen Unternehmen unbeschadet der Rechte, die dem Anteilseigner in seiner Eigenschaft als Aktionär oder Gesellschafter zustehen, mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht, an der die Beteiligung erworben worden ist (Urteile Polysar Investments Netherlands, Randnr. 14, Floridienne und Berginvest, Randnr. 18, Cibo Participations, Randnr. 20, sowie vom 29. Oktober 2009, SKF, C-29/08, Slg. 2009, I-10413, Randnr. 30).
34 Eingriffe einer Holding in die Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie Beteiligungen erworben hat, sind eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie, wenn sie die Durchführung von Transaktionen einschließen, die gemäß Art. 2 der Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegen, wie etwa das Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen der Holding an ihre Tochtergesellschaften (Urteil Cibo Participations, Randnr. 22).
35 Ferner ist das in den Art. 17 ff. der Sechsten Richtlinie vorgesehene Recht auf Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Dieses Recht kann für die gesamte Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden (vgl. u. a. Urteile vom 6. Juli 1995, BP Soupergaz, C-62/93, Slg. 1995, I-1883, Randnr. 18, vom 21. März 2000, Gabalfrisa u. a., C-110/98 bis C-147/98, Slg. 2000, I-1577, Randnr. 43, vom 13. März 2008, Securenta, C-437/06, Slg. 2008, I-1597, Randnr. 24, und vom 4. Juni 2009, SALIX Grundstücks-Vermietungsgesellschaft, C-102/08, Slg. 2009, I-4629, Randnr. 70). Jede Einschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug wirkt sich auf die Höhe der steuerlichen Belastung aus und muss in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten. Ausnahmen sind daher nur in den in der Sechsten Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig (Urteile vom 11. Juli 1991, Lennartz, C-97/90, Slg. 1991, I-3795, Randnr. 27, und BP Soupergaz, Randnr. 18).
36 Die Mehrwertsteuer kann nur abgezogen werden, wenn die Eingangsumsätze direkt und unmittelbar mit zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängen. Das Recht auf Abzug der für den Bezug von Gegenständen oder Dienstleistungen auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer ist nur gegeben, wenn die hierfür getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der auf der Ausgangsstufe versteuerten, zum Abzug berechtigenden Umsätze gehören (vgl. Urteile Cibo Participations, Randnr. 31, vom 26. Mai 2005, Kretztechnik, C-465/03, Slg. 2005, I-4357, Randnr. 35, vom 8. Februar 2007, Investrand, C-435/05, Slg. 2007, I-1315, Randnr. 23, Securenta, Randnr. 27, und SKF, Randnr. 57).
37 Ein Recht auf Vorsteuerabzug wird jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen dann angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und – als solche – Kostenelemente der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind. Derartige Kosten hängen nämlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen zusammen (vgl. u. a. Urteile Kretztechnik, Randnr. 36, Investrand, Randnr. 24, und SKF, Randnr. 58).
38 Was die auf das Recht zum Vorsteuerabzug anwendbare Regelung betrifft, so entsteht das in Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie vorgesehene Abzugsrecht nur, wenn die bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen direkt und unmittelbar mit den zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängen. Dabei ist der vom Steuerpflichtigen letztlich verfolgte Zweck unerheblich (vgl. Urteile vom 8. Juni 2000, Midland Bank, C-98/98, Slg. 2000, I-4177, Randnr. 20, vom 22. Februar 2001, Abbey National, C-408/98, Slg. 2001, I-1361, Randnr. 25, und Cibo Participations, Randnr. 28).
39 Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer auf Eingangsumsätze, die von dem Steuerpflichtigen „sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht“, in der Weise regelt, dass der Vorsteuerabzug auf den Teil beschränkt ist, der dem Betrag der erstgenannten Umsätze entspricht. Gemäß dieser Vorschrift kann ein Steuerpflichtiger, der Gegenstände und Dienstleistungen sowohl für zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze als auch für Umsätze, die nicht dazu berechtigen, verwendet, den Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer vornehmen, der dem Betrag der erstgenannten Umsätze entspricht (Urteil Cibo Participations, Randnrn. 28 und 34).
40 Aus dieser Rechtsprechung geht zum einen hervor, dass die in Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie vorgesehene Abzugsregelung nur die Fälle erfasst, in denen der Steuerpflichtige die Gegenstände und Dienstleistungen sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten, für die dieses Recht nicht besteht, verwendet, also gemischt nutzt, und zum anderen, dass die Mitgliedstaaten eine der in Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Abzugsmethoden nur für diese Gegenstände und Dienstleistungen verwenden dürfen.
41 Hingegen fallen Gegenstände und Dienstleistungen, die der Steuerpflichtige einzig und allein für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, nicht in den Anwendungsbereich von Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie, sondern unter die Vorsteuerabzugsregelung des Art. 17 Abs. 2 dieser Richtlinie.
42 Schließlich hat der Gerichtshof entschieden, dass die Regelungen in Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie die Vorsteuer auf Aufwendungen betreffen, die ausschließlich mit wirtschaftlichen Tätigkeiten im Zusammenhang stehen, und dass die Festlegung der Methoden und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne der Sechsten Richtlinie im Ermessen der Mitgliedstaaten steht, die bei der Ausübung ihres Ermessens Zweck und Systematik dieser Richtlinie berücksichtigen und daher eine Berechnungsweise vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist (Urteil Securenta, Randnrn. 33 und 39).
43 Portugal Telecom zufolge ist die nationale Steuerverwaltung der Ansicht, dass die Erbringung von technischen Verwaltungs- und Managementdienstleistungen in Anbetracht ihres ergänzenden Charakters im Verhältnis zur Haupttätigkeit von der Verwaltung der Gesellschaftsanteile nicht getrennt werden könne. Folglich würden die Dienstleistungen, die SGPS bezögen und ihren Tochterunternehmen erbrächten, für die Zwecke des Rechts auf Vorsteuerabzug als gemischte Umsätze angesehen, und die Steuerverwaltung schreibe die Methode des Pro-rata-Vorsteuerabzugs vor.
44 Für den Fall, dass die Steuerverwaltung tatsächlich die in der vorstehenden Randnummer dargestellte Auffassung vertritt, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist, ist darauf hinzuweisen, dass durch die Regelung über den Vorsteuerabzug der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeiten geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden soll. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet daher völlige Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten grundsätzlich selbst der Mehrwertsteuer unterliegen (vgl. Urteile Midland Bank, Randnr. 19, Abbey National, Randnr. 24, Cibo Participations, Randnr. 27, Kretztechnik, Randnr. 34, und Investrand, Randnr. 22).
45 Für den Fall, dass davon auszugehen ist, dass die auf der Eingangsstufe bezogenen Dienstleistungen insgesamt einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden wirtschaftlichen Tätigkeiten auf der Ausgangsstufe aufweisen, wäre der betreffende Steuerpflichtige berechtigt, nach Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie die gesamte Mehrwertsteuer abzuziehen, mit der der Bezug der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen auf der Eingangsstufe belastet ist. Dieses Recht zum Vorsteuerabzug darf nicht allein deshalb eingeschränkt werden, weil die nationale Regelung wegen des Gesellschaftszwecks der betreffenden Gesellschaften oder deren allgemeiner Tätigkeit die besteuerten Umsätze als Ergänzung der Haupttätigkeit dieser Gesellschaften einstuft.
46 Wenn die genannten Dienstleistungen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der dem Betrag der erstgenannten Umsätze entspricht, und die Mitgliedstaaten sind berechtigt, eine der in Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Methoden zur Bestimmung des Rechts auf Vorsteuerabzug vorzusehen.
47 Wenn schließlich die Dienstleistungen sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, ist Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie nicht anwendbar, und die Methoden für den Abzug und die Aufteilung werden entsprechend den Ausführungen in Randnr. 42 des vorliegenden Urteils von den Mitgliedstaaten festgelegt.
48 Es obliegt dem vorlegenden Gericht, festzustellen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen insgesamt einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden wirtschaftlichen Tätigkeiten auf der Ausgangsstufe aufweisen oder ob diese Dienstleistungen von dem Steuerpflichtigen sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten, für die dieses Recht nicht besteht, oder aber ob sie von dem Steuerpflichtigen sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden.
49 Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 17 Abs. 2 und 5 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Holdinggesellschaft wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die in Ergänzung ihrer Haupttätigkeit der Verwaltung von Anteilen an Gesellschaften, deren Gesellschaftskapital sie ganz oder teilweise hält, Gegenstände und Dienstleistungen bezieht, die sie anschließend den genannten Gesellschaften in Rechnung stellt, zum Abzug der auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer berechtigt ist, sofern die auf der Eingangsstufe bezogenen Dienstleistungen einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden wirtschaftlichen Tätigkeiten auf der Ausgangsstufe aufweisen. Wenn die betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen von der Holdinggesellschaft sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt, und die nationale Steuerbehörde ist berechtigt, eine der in Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Methoden zur Bestimmung des Rechts auf Vorsteuerabzug vorzusehen. Wenn die betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, ist Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie nicht anwendbar, und die Methoden für den Abzug und die Aufteilung werden von den Mitgliedstaaten festgelegt, die bei der Ausübung dieser Befugnis den Zweck und die Systematik der Sechsten Richtlinie berücksichtigen und insoweit eine Berechnungsmethode vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist.
Kosten
50 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:
Art. 17 Abs. 2 und 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass eine Holdinggesellschaft wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die in Ergänzung ihrer Haupttätigkeit der Verwaltung von Anteilen an Gesellschaften, deren Gesellschaftskapital sie ganz oder teilweise hält, Gegenstände und Dienstleistungen bezieht, die sie anschließend den genannten Gesellschaften in Rechnung stellt, zum Abzug der auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer berechtigt ist, sofern die auf der Eingangsstufe bezogenen Dienstleistungen einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden wirtschaftlichen Tätigkeiten auf der Ausgangsstufe aufweisen. Wenn die betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen von der Holdinggesellschaft sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt, und die nationale Steuerbehörde ist berechtigt, eine der in Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Methoden zur Bestimmung des Rechts auf Vorsteuerabzug vorzusehen. Wenn die betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, ist Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie nicht anwendbar, und die Methoden für den Abzug und die Aufteilung werden von den Mitgliedstaaten festgelegt, die bei der Ausübung dieser Befugnis den Zweck und die Systematik der Sechsten Richtlinie berücksichtigen und insoweit eine Berechnungsmethode vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist.
Unterschriften
Quelle
Donnerstag, 21. August 2014
EuGH zur Beschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug RS C-25/11 v. 16.02.2012
EuGH Urteile vom 6. Oktober 2005,
Kommission/Spanien (C- 204/03, Slg. 2005, I- 8389) und
Kommission/Frankreich (C- 243/03, Slg. 2005, I- 8411)
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)
16. Februar 2012(*)
„Steuerrecht – Sechste
Mehrwertsteuerrichtlinie – Vorsteuerabzug – Art. 17 Abs. 2 und 5
sowie Art. 19 – ‚Subventionen‘, die für den Erwerb von
Gegenständen und Dienstleistungen verwendet werden – Beschränkung
des Rechts auf Vorsteuerabzug“
In der Rechtssache C-25/11
betreffend ein
Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom
Supremo Tribunal Administrativo (Portugal) mit Entscheidung vom 10.
November 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Januar 2011, in
dem Verfahren
Varzim Sol – Turismo, Jogo e Animação
SA
gegen
Fazenda Pública
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin
A. Prechal sowie der Richter L. Bay Larsen (Berichterstatter) und E.
Jarašiūnas,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Varzim Sol – Turismo,
Jogo e Animação SA, vertreten durch A. Jacinto und M. Brás,
advogados,
– der portugiesischen
Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes als Bevollmächtigten,
– der Europäischen
Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und P. Guerra e
Andrade als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der
Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über
die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen
betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 2 und 5 sowie Art. 19 der
Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche
steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden:
Sechste Richtlinie).
2 Dieses Ersuchen ergeht im
Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Varzim Sol – Turismo, Jogo
e Animação SA (im Folgenden: Varzim Sol) und der Fazenda Pública
wegen Nacherhebungsbescheiden über Mehrwertsteuer und Verzugszinsen
für die Jahre 2002 bis 2004.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 Nach Art. 2 der Sechsten
Richtlinie unterliegen „Lieferungen von Gegenständen und
Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland
gegen Entgelt ausführt“, und „die Einfuhr von Gegenständen“
der Mehrwertsteuer.
4 In Art. 11 Teil A Abs. 1
Buchst. a der Sechsten Richtlinie heißt es:
„Im Inland
(1) Die Besteuerungsgrundlage ist:
a) bei Lieferungen von
Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter den Buchstaben
b), c) und d) genannt sind, alles, was den Wert der Gegenleistung
bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom
Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält
oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis
dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen …“
5 Art. 17 der Sechsten
Richtlinie, der Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug
regelt, bestimmt in seinen Abs. 2 und 5:
„(2) Soweit die Gegenstände und
Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet
werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten
Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die im Inland geschuldete oder
entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen,
die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder
geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden,
b) die Mehrwertsteuer, die für
eingeführte Gegenstände geschuldet wird oder entrichtet worden ist;
c) die Mehrwertsteuer, die nach
Artikel 5 Absatz 7 Buchstabe a), Artikel 6 Absatz 3 geschuldet wird.
…
(5) Soweit Gegenstände und
Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze
verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf
Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht
nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der
Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten
Umsätze entfällt.
Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel
19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze
festgelegt.
Jedoch können die Mitgliedstaaten
a) dem Steuerpflichtigen
gestatten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen
Pro-rata-Satz anzuwenden, wenn für jeden dieser Bereiche getrennte
Aufzeichnungen geführt werden;
b) den Steuerpflichtigen
verpflichten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen
Pro-rata-Satz anzuwenden und für jeden dieser Bereiche getrennte
Aufzeichnungen zu führen;
c) dem Steuerpflichtigen gestatten
oder ihn verpflichten, den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit
oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen;
d) dem Steuerpflichtigen gestatten
oder ihn verpflichten, den Vorsteuerabzug nach der in Unterabsatz 1
vorgesehenen Regel bei allen Gegenständen und Dienstleistungen
vorzunehmen, die für die dort genannten Umsätze verwendet wurden;
e) vorsehen, dass der Betrag der
Mehrwertsteuer, der vom Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden
kann, nicht berücksichtigt wird, wenn er geringfügig ist.
…“
6 Art. 19 der Richtlinie, der
die Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs regelt,
bestimmt in seinem Abs. 1:
„Der Pro-rata-Satz des
Vorsteuerabzugs nach Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 1 ergibt sich
aus einem Bruch; dieser enthält:
– im Zähler den je Jahr
ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug nach Artikel 17
Absätze 2 und 3 berechtigenden Umsätze, abzüglich der
Mehrwertsteuer;
– im Nenner den je Jahr
ermittelten Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum
Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze, abzüglich der
Mehrwertsteuer. Die Mitgliedstaaten können in den Nenner auch die
Subventionen einbeziehen, die nicht in Artikel 11 Teil A Absatz 1
Buchstabe a) genannt sind.
Der Pro-rata-Satz wird auf Jahresbasis
in Prozent festgesetzt und auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet.“
Nationales Recht
7 Art. 23 des
Mehrwertsteuergesetzes bestimmt:
„(1) Wenn ein Steuerpflichtiger
in Ausübung seiner Tätigkeit Lieferungen von Gegenständen oder
Dienstleistungen ausführt, für die teilweise kein Recht auf
Vorsteuerabzug besteht, ist die auf den Erwerb entrichtete
Mehrwertsteuer nur zu dem Prozentsatz abziehbar, der dem Jahresbetrag
der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze entspricht.
(2) Ungeachtet der Bestimmungen
des vorstehenden Absatzes kann der Steuerpflichtige den Abzug gemäß
der tatsächlichen Zuordnung aller oder eines Teils der verwendeten
Gegenstände und Dienstleistungen vornehmen, sofern er vorab die
Generaldirektion Direkte und indirekte Steuern hiervon unterrichtet,
wobei diese ihm im Fall starker Verzerrungen bei der Besteuerung
besondere Voraussetzungen auferlegen oder dieses Verfahren beenden
kann.
(3) Die Steuerverwaltung kann den
Steuerpflichtigen zu einem Vorgehen gemäß den Bestimmungen des
vorstehenden Absatzes verpflichten,
a) wenn der Steuerpflichtige
unterschiedliche wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt;
b) wenn die Anwendung des
Verfahrens nach Absatz 1 zu starken Verzerrungen bei der Besteuerung
führt.
(4) Der in Absatz 1 genannte
besondere Prozentsatz des Vorsteuerabzugs ergibt sich aus einem
Bruch; dieser enthält im Zähler den je Jahr ermittelten Betrag der
zum Vorsteuerabzug nach Artikel 19 und Artikel 20 Absatz 1
berechtigenden Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen,
abzüglich der Mehrwertsteuer, und im Nenner den je Jahr ermittelten
Gesamtbetrag aller Umsätze des Steuerpflichtigen, abzüglich der
Mehrwertsteuer, einschließlich der von der Steuerpflicht befreiten
oder nicht von der Mehrwertsteuerregelung erfassten Umsätze,
insbesondere der nicht besteuerten Subventionen, sofern diese keine
Ausstattungsbeihilfen darstellen.
…“
8 Gesellschaften, die über eine
Konzession für den Betrieb von Glücksspielen in einer
Glücksspielzone verfügen, sind u. a. den Bestimmungen des
Decreto-lei Nr. 422/89 vom 2. Dezember 1989 in geänderter Fassung
unterworfen. Art. 16 dieses Decreto-lei sieht vor:
„(1) Unbeschadet der anderen in
diesem Text vorgesehenen Verpflichtungen, der ergänzenden
Rechtsvorschriften und der jeweiligen Konzessionsverträge
verpflichten sich die Konzessionsunternehmen,
…
b) in den dafür vorgesehenen
Räumlichkeiten des Casinos regelmäßig Animationsprogramme mit
einem guten künstlerischen Niveau zu organisieren;
c) touristische, kulturelle und
sportliche Veranstaltungen zu fördern und zu organisieren, an
öffentlichen Initiativen dieser Art teilzunehmen, die auf die
Förderung des Tourismus in der betreffenden Glücksspielzone
abzielen, und die Werbung für die Glücksspielzone im Ausland zu
unterstützen oder zu betreiben …
(2) Zur Erfüllung der
Verpflichtungen in den Buchstaben b) und c) des vorstehenden Absatzes
müssen die Konzessionäre einen Betrag in Höhe von mindestens 3 %
der im vorausgegangenen Jahr erzielten oder, wenn es sich um das
erste Konzessionsjahr handelt, der im fraglichen Jahr erzielten
Bruttospieleinnahmen bereitstellen, wobei in jedem Fall die für die
Erfüllung der genannten Verpflichtungen bereitgestellte Summe nicht
kleiner als 1 % dieser Einnahmen sein darf.“
9 Die vertragliche Regelung der
Konzessionen für den Betrieb von Glücksspielen in den
Glücksspielzonen wurde durch das Decreto-lei Nr. 275/2001 vom 17.
Oktober 2001 geändert. Dessen Art. 2 Abs. 4 sieht vor:
„Die jährlichen Gegenleistungen, zu
denen die Konzessionäre in den Glücksspielzonen Algarve, Espinho,
Estoril und Póvoa de Varzim verpflichtet bleiben, dürfen nicht
unter den in der beigefügten Tabelle angegebenen Werten liegen …“
10 Art. 5 dieses Decreto-lei, der
die Regelung der Anrechnung von Lasten im Bereich Animation und
Tourismuswerbung betrifft, bestimmt:
„(1) In den jährlichen
Gegenleistungen für den Betrieb, die die Konzessionsunternehmen
erbringen müssen, … erfolgt die Anrechnung von bis zu 1 % der
Bruttoeinnahmen aus den Glücksspielen auf die Lasten in Bezug auf
die Erfüllung der in Artikel 16 Absatz 1 Buchstaben b) und c) des
Decreto-lei Nr. 422/89 … vorgesehenen Verpflichtungen; diese Lasten
dürfen nicht unter 3 % der Bruttoeinnahmen aus den Glücksspielen
liegen.
(2) Übersteigen diese Lasten
zusammen mit den Nettoausgaben für Animation und Restauration und
den Lasten für Werbung und Marketing 3 % der Bruttoeinnahmen aus den
Glücksspielen, sind die Konzessionäre … berechtigt, ergänzend 50
% der den … erforderlichen Mindestbetrag übersteigenden Lasten
abzuziehen, wobei dieser zusätzliche Abzug 3 % der Bruttoeinnahmen
aus den Glücksspielen nicht übersteigen darf.
(3) Der letztgenannte Abzug darf
im Fall der Glücksspielzonen Póvoa de Varzim … nur nach Maßgabe
und bis zu einer Höhe von 25 % der Steigerung der Bruttoeinnahmen
aus Glücksspielen eines jeden Geschäftsjahrs im Vergleich zum
vorangegangenen Geschäftsjahr vorgenommen werden.“
11 Diese für die Anrechnung der
Lasten im Bereich der Animation und Tourismuswerbung geltende
Regelung wurde in dem Vertrag über die Varzim Sol gewährte
Konzession für den Betrieb von Glücksspielen in der ständigen
Glücksspielzone Póvoa de Varzim wiedergegeben.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
12 Varzim Sol betreibt ein Casino
auf der Grundlage eines am 14. Dezember 2001 geschlossenen
Konzessionsvertrags für den Betrieb von Glücksspielen in der
ständigen Glücksspielzone Póvoa de Varzim. Dieser Vertrag
verpflichtet sie zur Durchführung einer bestimmten Zahl von
künstlerischen und kulturellen Veranstaltungen, aber auch zur
Beteiligung an der Werbung für die Glücksspielzone, in der sich das
Casino befindet.
13 Varzim Sol übt zugleich
Tätigkeiten im Bereich Glücksspiele, die von der Mehrwertsteuer
befreit sind, Tätigkeiten im Bereich Restauration und Animation, die
der Mehrwertsteuer unterliegen, sowie Tätigkeiten im Bereich
Verwaltung und Finanzen, bei denen die Mehrwertsteuer teilweise
abzugsfähig ist, aus. In den Bereichen, die der Mehrwertsteuer
unterliegen, wird der Vorsteuerabzug nach der Methode der
tatsächlichen Zuordnung gemäß Art. 23 Abs. 2 des
Mehrwertsteuergesetzes vorgenommen.
14 Außerdem ist Varzim Sol gemäß
den geltenden Rechtsvorschriften und dem Konzessionsvertrag
verpflichtet, an den portugiesischen Staat eine anfängliche
Gegenleistung, aber auch eine jährliche Gegenleistung zu zahlen, die
auf der Grundlage der im Glücksspielbereich erzielten Einnahmen
berechnet wird. Sie ist berechtigt, einen Teil der für die Erfüllung
ihrer Verpflichtungen in Bezug auf Animation und Tourismuswerbung
entstandenen Kosten auf diese jährliche Gegenleistung anzurechnen.
Der Betrag dieser Anrechnung hängt sowohl von der Höhe der
entstandenen Kosten als auch von der Höhe der durch die
Glücksspieltätigkeit erzielten Einnahmen ab.
15 Nach einer Prüfung durch die
Steuerbehörden erhielt Varzim Sol Nacherhebungsbescheide über einen
Betrag von 496 697,14 Euro für die Jahre 2002 bis 2004. Diese
Berichtigungen beruhen auf einer Beanstandung der von Varzim Sol zur
Berechnung des Betrags der abzugsfähigen Vorsteuer für die Bereiche
Restauration und Animation angewendeten Methode.
16 Die Fazenda Pública ist
nämlich der Auffassung, dass die auf die jährliche Gegenleistung
als Kompensation für die mit der Animation und der Werbung
zusammenhängenden Lasten vorgenommene Anrechnung als
Betriebsbeihilfe im Sinne von Art. 23 Abs. 4 des
Mehrwertsteuergesetzes zu qualifizieren sei. Da diese Beihilfe nicht
der Mehrwertsteuer unterliege, müssten die Tätigkeiten in den
Bereichen Restauration und Animation als gemischte Tätigkeiten
behandelt werden. Daher müsse der Vorsteuerabzug für diese Bereiche
auf der Basis eines Pro-rata-Satzes vorgenommen werden, der eine
Berücksichtigung sowohl der von der Steuer befreiten Tätigkeiten
als auch der besteuerten Tätigkeiten erlaube.
17 Varzim Sol zahlte die
geforderten Beträge, erhob aber Klage. Diese Klage wurde vom
Tribunal administrativo e fiscal do Porto abgewiesen. Varzim Sol
legte hiergegen Rechtsmittel zum Supremo Tribunal Administrativo ein.
18 Varzim Sol ist der Auffassung,
dass sich der angerechnete Betrag, selbst wenn er – was nicht der
Fall sei – als Subvention zu qualifizieren wäre, nicht auf
Mehrwertsteuerabzüge von Steuerpflichtigen auswirken könne, die im
Rahmen der Methode der tatsächlichen Zuordnung ausschließlich
besteuerte und keine befreiten Tätigkeiten ausübten, wie die
Restauration und die Animation, die zum Vorsteuerabzug berechtigten.
19 Hilfsweise macht Varzim Sol
geltend, dass die vom Tribunal administrativo e fiscal do Porto
bestätigte Argumentation der Fazenda Pública zu einer gegen die
Sechste Richtlinie in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof in den
Urteilen vom 6. Oktober 2005, Kommission/Spanien (C 204/03, Slg.
2005, I 8389) und Kommission/Frankreich (C 243/03, Slg.
2005, I 8411), verstoßenden Verzerrung in Bezug auf
Mehrwertsteuerabzüge führe.
20 Vor diesem Hintergrund hat das
Supremo Tribunal Administrativo das Verfahren ausgesetzt und dem
Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Art. 23 des
Mehrwertsteuergesetzes mit Art. 17 Abs. 2 und 5 sowie Art. 19 der
Sechsten Richtlinie vereinbar?
2. Falls diese Frage bejaht wird,
ist es mit Art. 17 Abs. 2 und 5 sowie Art. 19 der Sechsten Richtlinie
vereinbar, wenn aufgrund von Beihilfen für den betreffenden Bereich,
die nicht besteuert werden („Inputs“), gemäß Art. 23 des
Mehrwertsteuergesetzes ein bestimmter Pro-rata-Satz für den Abzug
der von den Steuerpflichtigen, die – sei es auch durch tatsächliche
Zuordnung – lediglich steuerpflichtige Tätigkeiten durchführen,
entrichteten Mehrwertsteuer festgelegt wird?
Zu den Vorlagefragen
Zur Zulässigkeit
21 Die Portugiesische Republik
macht in erster Linie geltend, das Vorabentscheidungsersuchen sei
unzulässig.
22 In Bezug auf die erste Frage
führt sie aus, diese habe die Beurteilung der Vereinbarkeit des
innerstaatlichen portugiesischen Rechts, d. h. von Art. 23 des
Mehrwertsteuergesetzes, mit bestimmten Normen des gemeinsamen
Mehrwertsteuersystems zum Gegenstand.
23 Der Gerichtshof könne zwar im
Rahmen der in Art. 267 AEUV vorgesehenen Zusammenarbeit zwischen den
Gerichten dem innerstaatlichen Gericht anhand der Akten
Auslegungsgesichtspunkte liefern, die ihm für die Beurteilung der
Wirkungen der Bestimmungen dienlich erschienen, doch enthalte die
Vorlageentscheidung an keiner Stelle auch nur kurze, präzise Angaben
zu den Bestimmungen des im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden
innerstaatlichen portugiesischen Rechts.
24 Die Ungenauigkeit der ersten
Frage impliziere sogar, dass mit ihr um eine allgemeine Stellungnahme
ersucht werde, was nach Art. 267 AEUV nicht zulässig sei.
25 Diese Erwägungen gälten im
Wesentlichen auch für die zweite Frage.
26 Wegen der Lücken in der
Vorlageentscheidung könne somit weder der Gerichtshof eine
sachdienliche Antwort geben, noch könnten die Mitgliedstaaten und
die übrigen Beteiligten in der vorliegenden Rechtssache Erklärungen
abgeben.
27 Insoweit ist erstens darauf
hinzuweisen, dass das mit Art. 267 AEUV errichtete System der
Zusammenarbeit auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den
nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht. Im Rahmen eines
gemäß diesem Artikel eingeleiteten Verfahrens ist die Auslegung der
nationalen Vorschriften Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten und
nicht des Gerichtshofs, und es kommt diesem nicht zu, sich zur
Vereinbarkeit von Vorschriften des innerstaatlichen Rechts mit den
Bestimmungen des Unionsrechts zu äußern. Dagegen ist der
Gerichtshof befugt, dem nationalen Gericht alle Hinweise zur
Auslegung des Unionsrechts zu geben, die es diesem Gericht
ermöglichen, über die Frage der Vereinbarkeit nationaler
Rechtsvorschriften mit dem Unionsrecht zu entscheiden (Urteile vom 6.
März 2007, Placanica u. a., C 338/04, C 359/04 und
C 360/04, Slg. 2007, I 1891, Randnr. 36, und vom 8.
September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin
International, C 42/07, Slg. 2009, I 7633, Randnr. 37).
28 Zwar soll sich der Gerichtshof
nach dem Wortlaut der Fragen, zu denen das vorlegende Gericht um
Vorabentscheidung ersucht, zur Vereinbarkeit einer innerstaatlichen
Rechtsvorschrift mit dem Unionsrecht äußern, doch ist er durch
nichts daran gehindert, dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche
Antwort zu geben, indem er ihm Hinweise zur Auslegung des
Unionsrechts liefert, anhand deren das Gericht selbst über die
Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht entscheiden
kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Placanica u. a., Randnr. 37).
29 Zweitens ist darauf
hinzuweisen, dass der Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen
eines nationalen Gerichts nur dann zurückweisen kann, wenn die
erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem
Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des
Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur
ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und
rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche
Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a.
Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman, C 415/93, Slg. 1995,
I 4921, Randnr. 61, und vom 31. März 2011, Schröder, C 450/09,
Slg. 2011, I 2497, Randnr. 17).
30 Die Informationen, die dem
Gerichtshof im Rahmen einer Vorlageentscheidung geliefert werden
müssen, dienen nicht nur dazu, es dem Gerichtshof zu ermöglichen,
dem vorlegenden Gericht sachdienliche Antworten zu geben, sondern sie
sollen auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen
Beteiligten die Möglichkeit geben, sich gemäß Art. 23 der Satzung
des Gerichtshofs der Europäischen Union zu äußern. Dazu muss das
nationale Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den
sich seine Fragen einfügen, definieren oder zumindest die
tatsächlichen Annahmen erläutern, auf denen diese Fragen beruhen
(vgl. Urteil Schröder, Randnr. 18).
31 Das Vorabentscheidungsersuchen
ist somit als zulässig anzusehen, wenn die vom vorlegenden Gericht
gelieferten Informationen genügen, um den Gegenstand des
Ausgangsrechtsstreits sowie dessen für die Unionsrechtsordnung
bedeutsamen Hauptstreitpunkte darzulegen und um sowohl den
Mitgliedstaaten die Abgabe ihrer Erklärungen gemäß Art. 23 der
Satzung des Gerichtshofs und eine wirkungsvolle Beteiligung am
Verfahren vor dem Gerichtshof als auch dem Gerichtshof eine
sachdienliche Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts zu
ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteil Schröder, Randnrn. 19, 21
und 22).
32 Im vorliegenden Fall ergibt
sich aus der Vorlageentscheidung, dass der Vorsteuerabzug bei den von
Varzim Sol ausgeübten und der Mehrwertsteuer unterliegenden
Tätigkeiten der Restauration und Animation nach der Methode der
tatsächlichen Zuordnung vorgenommen wird. Zudem ist Varzim Sol in
Bezug auf die jährliche Gegenleistung, die auf der Grundlage der im
Glücksspielbereich erzielten Einnahmen berechnet wird und von ihr an
den Staat zu zahlen ist, berechtigt, auf diese einen Teil der für
die Umsetzung ihrer Verpflichtungen zur Animation und
Tourismuswerbung entstandenen Kosten anzurechnen. Nach Auffassung der
Finanzverwaltung sind die Tätigkeiten der Restauration und
Animation, da diese Anrechnung eine nicht der Mehrwertsteuer
unterliegende Betriebsbeihilfe darstelle, als gemischte Tätigkeiten
zu behandeln, so dass der Vorsteuerabzug in diesen Bereichen auf der
Grundlage eines Pro-rata-Satzes vorzunehmen sei, der eine
Berücksichtigung sowohl steuerfreier als auch besteuerter
Tätigkeiten ermögliche. Varzim Sol ist dagegen der Auffassung, dass
sich diese angebliche Subvention nicht auf den Mehrwertsteuerabzug
bei Steuerpflichtigen auswirken dürfe, die im Rahmen der Methode der
tatsächlichen Zuordnung ausschließlich besteuerte und keine
befreiten Tätigkeiten ausübten, wie die Restauration und die
Animation, die zum Vorsteuerabzug berechtigten.
33 Diese Informationen reichen
nach der in den Randnrn. 30 und 31 des vorliegenden Urteils
angeführten Rechtsprechung aus. Im Übrigen deutet nichts darauf
hin, dass die vom vorlegenden Gericht gelieferten Informationen es
den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs genannten
Verfahrensbeteiligten nicht erlaubt hätten, ihre Erklärungen gemäß
diesem Artikel abzugeben und sich wirkungsvoll am Verfahren vor dem
Gerichtshof zu beteiligen.
34 Das Vorabentscheidungsersuchen
ist demnach zulässig.
Zur Begründetheit
35 Mit seinen Fragen, die zusammen
zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 17
Abs. 2 und 5 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen
sind, dass sie es einem Mitgliedstaat, der gemischt Steuerpflichtigen
gestattet, den in diesen Bestimmungen vorgesehenen Abzug je nach der
Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände und
Dienstleistungen vorzunehmen, verbieten, den abzugsfähigen Betrag
für Bereiche, in denen diese Steuerpflichtigen ausschließlich
besteuerte Tätigkeiten ausüben, unter Einbeziehung von nicht
besteuerten „Subventionen“ in den Nenner des zur Ermittlung des
Pro-rata-Satzes des Abzugs dienenden Bruchs zu berechnen.
36 Nach ständiger Rechtsprechung
ist das in den Art. 17 ff. der Sechsten Richtlinie geregelte Recht
auf Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mechanismus der
Mehrwertsteuer und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden.
Es wird für die gesamte Steuerbelastung der vorausgehenden
Umsatzstufen sofort ausgeübt. Jede Einschränkung des Rechts auf
Vorsteuerabzug wirkt sich auf die Höhe der steuerlichen Belastung
aus und muss in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten.
Ausnahmen sind daher nur in den in der Sechsten Richtlinie
ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig (vgl. u. a. Urteil
Kommission/Frankreich, Randnr. 28).
37 Insoweit sieht Art. 17 Abs. 1
der Richtlinie vor, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn
der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht, und nach Art. 17
Abs. 2 ist der Steuerpflichtige, soweit die Gegenstände und
Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet
werden, befugt, die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für
Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen
Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw.
erbracht wurden oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten
Steuer abzuziehen (vgl. Urteil Kommission/Frankreich, Randnr. 29).
38 Für gemischt Steuerpflichtige
folgt aus Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie,
dass das Recht auf Vorsteuerabzug anhand eines gemäß Art. 19 dieser
Richtlinie festgelegten Pro-rata-Satzes zu ermitteln ist. Art. 17
Abs. 5 Unterabs. 3 ermächtigt jedoch die Mitgliedstaaten, eine der
anderen in diesem Unterabsatz aufgeführten Methoden zur Bestimmung
des Rechts auf Vorsteuerabzug vorzusehen, zu denen die Festlegung
eines besonderen Pro-rata-Satzes für jeden Tätigkeitsbereich oder
der Abzug der Vorsteuer nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines
Teils der Gegenstände und Dienstleistungen zu einer bestimmten
Tätigkeit gehören (vgl. Urteil Kommission/Frankreich, Randnr. 30).
39 Nach Art. 11 Teil A Abs. 1
Buchst. a der Sechsten Richtlinie sind die unmittelbar mit dem Preis
eines Gegenstands oder einer Dienstleistung zusammenhängenden
Subventionen ebenso wie diese zu besteuern. Für andere als die
unmittelbar mit dem Preis zusammenhängenden Subventionen sieht Art.
19 Abs. 1 dieser Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten die
Möglichkeit haben, sie bei der Ermittlung des anwendbaren
Pro-rata-Satzes in den Nenner einzubeziehen, wenn ein
Steuerpflichtiger sowohl Umsätze tätigt, für die ein Recht auf
Vorsteuerabzug besteht, als auch befreite Umsätze (vgl. Urteil
Kommission/Frankreich, Randnr. 31).
40 Im Ausgangsverfahren ist
unstreitig, dass es Varzim Sol gestattet war, den Abzug nach einer
anderen Methode als dem gemäß Art. 19 der Sechsten Richtlinie
festgelegten Pro-rata-Satz vorzunehmen, nämlich nach der in Art. 17
Abs. 5 Unterabs. 3 dieser Richtlinie geregelten Methode der Zuordnung
der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände und Dienstleistungen
zu einer bestimmten Tätigkeit.
41 Da jedoch die von Varzim Sol in
den Bereichen Restauration und Animation ausgeübten Tätigkeiten der
Mehrwertsteuer unterlagen, bezieht sich das Recht auf Vorsteuerabzug
nach der Methode der tatsächlichen Zuordnung auf die gesamte
Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen.
42 Da es dem Steuerpflichtigen
nämlich gestattet war, den Vorsteuerabzug nach der Methode der
tatsächlichen Zuordnung vorzunehmen, sind die Bestimmungen des Art.
19 der Sechsten Richtlinie nicht anwendbar und können daher das sich
aus dieser Richtlinie ergebende Recht auf Vorsteuerabzug in den
fraglichen Bereichen nicht beschränken.
43 Nach den vorstehenden
Erwägungen ist auf die vorgelegten Fragen zu antworten, dass Art. 17
Abs. 2 und 5 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen
sind, dass sie es einem Mitgliedstaat, der gemischt Steuerpflichtigen
gestattet, den in diesen Bestimmungen vorgesehenen Abzug je nach der
Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände und
Dienstleistungen vorzunehmen, verbieten, den abzugsfähigen Betrag
für Bereiche, in denen diese Steuerpflichtigen ausschließlich
besteuerte Tätigkeiten ausüben, unter Einbeziehung von nicht
besteuerten „Subventionen“ in den Nenner des zur Ermittlung des
Pro-rata-Satzes des Abzugs dienenden Bruchs zu berechnen.
Kosten
44 Für die Parteien des
Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden
Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher
Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die
Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht
erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof
(Achte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 17 Abs. 2 und 5 und Art. 19 der
Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche
steuerpflichtige Bemessungsgrundlage sind dahin auszulegen, dass sie
es einem Mitgliedstaat, der gemischt Steuerpflichtigen gestattet, den
in diesen Bestimmungen vorgesehenen Abzug je nach der Zuordnung der
Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände und Dienstleistungen
vorzunehmen, verbieten, den abzugsfähigen Betrag für Bereiche, in
denen diese Steuerpflichtigen ausschließlich besteuerte Tätigkeiten
ausüben, unter Einbeziehung von nicht besteuerten „Subventionen“
in den Nenner des zur Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Abzugs
dienenden Bruchs zu berechnen.
Unterschriften
- Verfahrenssprache: Portugiesisch.
http://dejure.org
EuGH Urteile vom 6. Oktober 2005,
Kommission/Spanien (C- 204/03, Slg. 2005, I- 8389) und
Kommission/Frankreich (C- 243/03, Slg. 2005, I- 8411)
RICHTLINIE 2006/112/EG DES RATES - Einschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug
TITEL IX
STEUERBEFREIUNGEN
KAPITEL 3
Allgemeine Bestimmungen
Artikel 137
(Entsprechend Artikel 137 ist ein Wahlrecht zu einer Besteuerung der Umsätze gem. Artikel 135 Absatz 1 Buchstabe i -nicht- vorgesehen.)
(1) Die Mitgliedstaaten können ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen, sich bei folgenden Umsätzen für eine Besteuerung zu entscheiden: a) die in Artikel 135 Absatz 1 Buchstaben b bis g genannten Finanzumsätze; b) Lieferung von anderen Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden als den in Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe a genannten; c) Lieferung unbebauter Grundstücke mit Ausnahme von Baugrundstücken im Sinne des Artikels 12 Absatz 1 Buchstabe b; d) Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. (2) Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten für die Inanspruchnahme des Wahlrechts nach Absatz 1 fest. Die Mitgliedstaaten können den Umfang dieses Wahlrechts einschränken.(Artikel 137 Absatz 1 schließt für den europäischen Steuerpflichtigen die Optionsmöglichkeit für Glücksspielumsätze nach Art. 135 Absatz (1) Buchstabe (i) ausdrücklich aus, wodurch dem Unternehmer ein Wahlrecht zur Besteuerung der Umsätze aus 135,1,i gem. Artikel 137 verwehrt ist. Dies wird durch Absatz (2) bestätigt, der Umsätze aus 135,1,i erneut ausschließt, weshalb die Mitgliedstaaten keine Möglichkeit haben, die Einzelheiten dieses Rechts zu regeln oder dessen Umfang einzuschränken oder zu erweitern. Deshalb darf der Unternehmer keine Umsatzsteuer abführen und keine Vorsteuern geltend machen, selbst wenn er das wollte!)
KAPITEL 3
Einschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug
Artikel 176
Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission einstimmig fest, welche Ausgaben kein Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen. In jedem Fall werden diejenigen Ausgaben vom Recht auf Vorsteuerabzug ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen.
KAPITEL 4
Einzelheiten der Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug
Artikel 178
Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige folgende Bedingungen erfüllen:
a) für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe a in Bezug auf die Lieferungen von Gegenständen und dem Erbringen von Dienstleistungen muss er eine gemäß den Artikeln 220 bis 236 sowie 238, 239 und 240 ausgestellte Rechnung besitzen;
b) für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe b in Bezug auf die Lieferungen von Gegenständen und das Erbringen von Dienstleistungen gleichgestellte Umsätze muss er die von dem jeweiligen Mitgliedstaat vorgeschriebenen Formalitäten erfüllen;
c) für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe c in Bezug auf den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen muss er in der Mehrwertsteuererklärung nach Artikel 250 alle Angaben gemacht haben, die erforderlich sind, um die Höhe der Steuer festzustellen, die für die von ihm erworbenen Gegenstände geschuldet wird, und eine gemäß den Artikeln 220 bis 236 ausgestellte Rechnung besitzen;
d) für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe d in Bezug auf den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen gleichgestellte Umsätze muss er die von dem jeweiligen Mitgliedstaat vorgeschriebenen Formalitäten erfüllen;
Artikel 289
Steuerpflichtige, die eine Steuerbefreiung in Anspruch nehmen, haben kein Recht auf Vorsteuerabzug gemäß den Artikeln 167 bis 171 und 173 bis 177 und dürfen die Mehrwertsteuer in ihren Rechnungen nicht ausweisen.
ANHANG II
EXEMPLARISCHES VERZEICHNIS ELEKTRONISCH ERBRACHTER DIENSTLEISTUNGEN IM SINNE DES
ARTIKELS 56 ABSATZ 1 BUCHSTABE K
1. Bereitstellung von Websites, Webhosting, Fernwartung von Programmen und Ausrüstungen;
2. Bereitstellung von Software und deren Aktualisierung;
3. Bereitstellung von Bildern, Texten und Informationen sowie Bereitstellung von Datenbanken;
4. Bereitstellung von Musik, Filmen und Spielen, einschließlich Glücksspielen und Lotterien sowie von Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung;
5. Erbringung von Fernunterrichtsleistungen.
vgl.: Bedingungen und Beschränkungen
Mittwoch, 20. August 2014
Kommunale Wettbürosteuer erdrosselt die Buchmacher
Kommunale Wettbürosteuer erdrosselt die Buchmacher / Dreifache Steuerlast ist nach Ansicht des Deutschen Buchmacherverbandes rechtswidrig und skandalös
Die von den nordrhein-westfälischen Kommunen Hagen und Dortmund geplante Wettbürosteuer von 10,00 Euro je qm und Monat ist nach Meinung des Deutschen Buchmacherverbandes Essen e.V. (DBV) eindeutig rechtswidrig und erdrosselt die Betreiber.
"Die Buchmacher zahlen bereits die Wettsteuer auf den Wetteinsatz sowie die kommunale Vergnügungssteuer für die Geldspielgeräte in den Wettbüros", erläutert Dr. Norman Albers, Sprecher des DBV und selbst Buchmacher in Düsseldorf, "die geplante Quadratmeterabgabe käme noch dazu. Wir haben dann eine Dreifachbesteuerung".
"Wie soll diese weitere Abgabe erwirtschaftet werden, die in Hagen höher ist als die ortsübliche Gewerbemiete?" fragt sich Alfred Konopa, Buchmacher aus Dortmund, das ebenfalls erwägt eine solche kommunale Abgabe einzuführen.
Die Rechtslage ist eigentlich eindeutig. Das Bundesverfassungsgericht hat erst am 14. März 2014 klargestellt, dass pauschalierte Glücksspielabgaben der Kommunen den Gleichheitssatz verletzen und verfassungswidrig sind. "Stückzahlsteuern oder Quadratmetersteuern sind demnach nicht geeignet, die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Besteuerten angemessen abzubilden" erklärt Norman Albers und führt weiter aus, "Anknüpfungspunkt der Steuer ist die Übertragung von Sportübertragungen in Wettbüros, das ist zudem völlig willkürlich, denn Sportübertragungen in Gaststätten werden nicht besteuert."
"In Wahrheit geht es um die zusätzliche Besteuerung des Wettaufkommens, man will die privaten Wettbüros kaputt besteuern, wenn man sie schon nicht verbieten kann", ist Alfred Konopa überzeugt. Hier wäre die Gleichbehandlung von Lotterien/Oddset und Sportwetten jedoch zwingend erforderlich, egal ob privater oder staatlicher Anbieter. Lotto und Oddset bleiben von der neuen Steuer aber ausgenommen. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten würde zudem auch die Besteuerung der Internet-Wettanbieter erforderlich machen und müsste zusätzlich auch sicherstellen, dass nicht der gleiche Tatbestand neben der Wettsteuer nicht noch ein weiteres Mal besteuert würde.
"Die Fakten sind eigentlich klar, leider ist die Sache zu ernst und zu bedrohlich, um es als Schildbürgerstreich abzutun, wir werden daher um unser Recht kämpfen müssen," so die abschließende Einschätzung von Vorstandssprecher Dr. Norman Albers.
Quelle: Deutscher Buchmacherverband Essen e.V
Pressekontakt: Deutscher Buchmacherverband Essen e.V. Geschäftsstelle Dortmund Klönnestr. 94 44143 Dortmund Tel. +49 (0) 231 39554820 Email: info@buchmacherverband.de
Die von den nordrhein-westfälischen Kommunen Hagen und Dortmund geplante Wettbürosteuer von 10,00 Euro je qm und Monat ist nach Meinung des Deutschen Buchmacherverbandes Essen e.V. (DBV) eindeutig rechtswidrig und erdrosselt die Betreiber.
"Die Buchmacher zahlen bereits die Wettsteuer auf den Wetteinsatz sowie die kommunale Vergnügungssteuer für die Geldspielgeräte in den Wettbüros", erläutert Dr. Norman Albers, Sprecher des DBV und selbst Buchmacher in Düsseldorf, "die geplante Quadratmeterabgabe käme noch dazu. Wir haben dann eine Dreifachbesteuerung".
"Wie soll diese weitere Abgabe erwirtschaftet werden, die in Hagen höher ist als die ortsübliche Gewerbemiete?" fragt sich Alfred Konopa, Buchmacher aus Dortmund, das ebenfalls erwägt eine solche kommunale Abgabe einzuführen.
Die Rechtslage ist eigentlich eindeutig. Das Bundesverfassungsgericht hat erst am 14. März 2014 klargestellt, dass pauschalierte Glücksspielabgaben der Kommunen den Gleichheitssatz verletzen und verfassungswidrig sind. "Stückzahlsteuern oder Quadratmetersteuern sind demnach nicht geeignet, die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Besteuerten angemessen abzubilden" erklärt Norman Albers und führt weiter aus, "Anknüpfungspunkt der Steuer ist die Übertragung von Sportübertragungen in Wettbüros, das ist zudem völlig willkürlich, denn Sportübertragungen in Gaststätten werden nicht besteuert."
"In Wahrheit geht es um die zusätzliche Besteuerung des Wettaufkommens, man will die privaten Wettbüros kaputt besteuern, wenn man sie schon nicht verbieten kann", ist Alfred Konopa überzeugt. Hier wäre die Gleichbehandlung von Lotterien/Oddset und Sportwetten jedoch zwingend erforderlich, egal ob privater oder staatlicher Anbieter. Lotto und Oddset bleiben von der neuen Steuer aber ausgenommen. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten würde zudem auch die Besteuerung der Internet-Wettanbieter erforderlich machen und müsste zusätzlich auch sicherstellen, dass nicht der gleiche Tatbestand neben der Wettsteuer nicht noch ein weiteres Mal besteuert würde.
"Die Fakten sind eigentlich klar, leider ist die Sache zu ernst und zu bedrohlich, um es als Schildbürgerstreich abzutun, wir werden daher um unser Recht kämpfen müssen," so die abschließende Einschätzung von Vorstandssprecher Dr. Norman Albers.
Quelle: Deutscher Buchmacherverband Essen e.V
Pressekontakt: Deutscher Buchmacherverband Essen e.V. Geschäftsstelle Dortmund Klönnestr. 94 44143 Dortmund Tel. +49 (0) 231 39554820 Email: info@buchmacherverband.de
Dienstag, 19. August 2014
Gustl Mollath freigesprochen - Kommentare zum Urteil
Dr. h.c. Gerhard Strate - Dokumentation
Verfahren gegen Gustl Mollath
Mitschrift der mündlichen Urteilsbegründung (pdf-downlod)
LG Regensburg - Pressemitteilung
Gustl Mollath (wikipedia) Mollath-Blog
Dipl.-Psych. Dr. phil Rudolf Sponsel
Kein Salomon sondern die versuchte eierlegende Wollmilchsau - wohlverstandenes Recht ist etwas anderes
Ich kann in dem Urteil nichts Salomonisches erkennen. Nur den Versuch, es allen irgendwie Recht zu machen - also sich in der notwendig misslingenden Artistik der eierlegenden Wollmilchsau zu versuchen.
Die Auf- und Verarbeitung der Tatvorwürfe zu den angeblich lebensgefährlichen Misshandlungen erscheint mir als regelrechte Provokation (mal sehen, wie sich das in der Begründung darstellt).
An solcher Rechtsprechung kann ich keinerlei wissenschaftliche Grundlage oder verständliche Methodik erkennen. Es verschmiert, glättet, vernebelt, lässt weg, fügt zusammen, montiert wie weiland Dr. Leipziger in seiner manipulativen Textmontage zum angeblichen Vergiftungswahn Mollaths. Das ist nicht Rechtsprechung auf wissenschaftlicher Grundlage sondern mehr Literatur und science fiction.
Das Gute am Schlechten: nie wurde mir klarer, wie es um das Recht, die Rechtswissenschaft und die Rechtsprechung in diesem Land - vermutlich nicht nur in Bayern - bestellt ist. So gesehen war und ist der Fall Mollath - neben einigen anderen spektakulären Fällen - ein wahrer Augenöffner, wenngleich es manchmal wohl besser wäre, nicht so gut oder so viel zu sehen.
Quelle
Prof. Dr. Henning Ernst Müller
Salomonisches Urteil mit schalem Beigeschmack - Finale im Prozess gegen Gustl Mollath
Weiter zum vollständigen Artikel ...
Hintergrund
Prof. Dr. Henning Ernst Müller
Vorletzte und letzte Worte vor dem Urteil – der fünfzehnte Tag der Hauptverhandlung gegen Gustl Mollath
Oliver García
Fall Mollath: Alles verloren (Auszüge)
....Die Rehabilitierung, so führte ich aus, lag dabei vor allem in dem Nachweis, daß der Abstemplung Mollaths als Paranoiker, seiner Pathologisierung (die überhaupt der Kern des “Falls Mollath” ist – ohne sie wäre es nur zu einer Bewährungsstrafe gekommen, was nur ein “alltägliches” Fehlurteil gewesen wäre, falls Mollath unschuldig ist), lächerliche Irrtümer zugrunde lagen, ja daß Mollath sogar zurecht argwöhnen konnte, verfolgt zu werden....
In seinem Wiederaufnahmeantrag hatte sich Meindl nicht damit begnügt, die Anordnung von Ministerin Beate Merk in der Weise auszuführen, daß er nur die ohnehin im Ausgangsverfahren gehäuften Fehler eher äußerlicher Natur (wie die falsche Urkunde, die dann ja auch dem OLG Nürnberg für die Anordnung der Wiederaufnahme genügte) aufzuführen. Er hatte offensichtlich den Willen, zum Kern dessen vorzustoßen, was im Fall Mollath falsch gelaufen ist. Neben dem genannten Pathologisierungsaspekt wies er auch nach, daß die Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin erschüttert war.
Wechsel der Tatdarstellungen in ihren Aussagen über die Jahre sprächen nicht gegen, sondern gerade für ihre Glaubwürdigkeit (die bislang ausführlichste Wiedergabe von Meindls Plädoyer findet sich im Liveblog der Mittelbayerischen).
Noch nicht bekannt war damals, daß Meindl in seinem Aufklärungseifer außerdem dem Vorsitzenden Richter am Landgericht a.D. Otto Brixner unter zahlreichen Gesichtspunkten Rechtsbeugung vorwarf (Einzelheiten im Minderheitenbericht des Untersuchungsausschusses).
In der ursprünglichen Fassung des Wiederaufnahmeantrags hatte Meindl Richter Brixner Rechtsbeugung unter anderem deshalb vorgeworfen, weil Mollath in einem der Kfz-Beschädigungsfällen ohne jeden Beweis überführt worden war.
In seinem jetzigen Plädoyer nahm Meindl zwei Fälle aus diesem Komplex aus, weil der Nachweis nicht zu führen sei. Einer von ihnen dürfte der Rechtsbeugungsfall aus dem Wiederaufnahmeantrag sein.
Meindl, ausgerechnet Meindl, schlüpft in die häßliche Rolle einer Staatsanwaltschaft, die in ihrem unbedingten Verfolgungseifer jedes Maß – jedes Beweismaß – verloren hat. Es sind diese Staatsanwälte, die Menschen wie Horst Arnold, Ralf Witte und Thomas Ewers ins Unglück stürzten und die Jörg Kachelmann bereits auf den Fersen waren. Die ersten drei sind Opfer falschbeschuldigender Frauen geworden, aber in erster Linie Opfer einer Justiz, die es verlernt hat zu ertragen, daß ein mögliches Verbrechen ungesühnt bleiben muß, wenn man nicht wesentlich mehr hat als eine Aussage-gegen-Aussage-Situation.
Wie kommt Meindl zu seiner Überzeugung, außer durch jene “Gesamtschau”, die nichts anderes als eine Umschreibung für “Bauchgefühl” sein dürfte? Im Hintergrund scheint eine verquere Logik zu stehen. Aus seinem Plädoyer wird so zitiert:
Dann spielt er en detail die Möglichkeit durch, dass Petra M. tatsächlich einen „perfiden wie genialen Plan“ geschmiedet haben könnte, um ihren Mann mundtot zu machen. Nicht ohne vorher zu erklären, dass solche „Verschwörungstheorien“ weniger von Mollath selbst als von einigen Beobachtern ins Spiel gebracht worden seien.
[...]
Letztendlich glaube Meindl „nicht an die Komplott-These, weil ich nicht daran glauben darf. Das, was ich habe, muss ich würdigen, mehr mache ich nicht. “
An anderer Stelle wird er so wiedergegeben:
Meindls Zwischenergebnis:
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Der Fall Mollath, ein Fall für die Rechtswissenschaft?
Initiative gegen Machtmissbrauch
weiterlesen
Art. 48/1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
Der EuGH bestätigt dies in seinem Urteil (C-409/06) vom 8. September 2010 unter der Rn 58 wie folgt:
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UN – Resolution 217 a vom 10.12.1948
Artikel 11
Dem genügt eine "Überzeugung" des Gerichtes nicht!
Für eine unabhängige Justiz im Freistaat
weiterlesen
Die Staatsanwaltschaft ist gehalten, nicht nur belastende, sondern auch entlastende Umstände zu erforschen und diese später gleichermaßen zu berücksichtigen. Dies hat zu der Bezeichnung als „objektivste Behörde der Welt“ geführt...
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Der zuständige Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl beschrieb seine Lage vor dem Ausschuss so:
Eine undankbare Aufgabe, aber nicht unlösbar:
Dipl.-Psych. Dr. phil Rudolf Sponsel
Wiederaufnahme Gustl F. Mollath
Forensischer und Verkehrs-Psychologe, Psychotherapeut
09.08.2014
Fragwürdige aussagepsychologische Argumentation des Staatsanwaltes
Prof. Müller führte aus: "Als entscheidendes Kennzeichen für die Wahrheit der Aussage nennt OStA Meindl deren Konstanz („roter Faden“) im „Kerngeschehen“ über fünf Jahre hinweg bei verschiedenen Anlässen. Diese Herleitung erscheint jedoch wenig tragfähig: Auch ein lügender Mensch ist ohne Weiteres in der Lage, die wesentlichen Inhalte der insgesamt knappen Tatschilderung – auch über fünf Jahre hinweg – zu wiederholen. Diese Konstanz sagt nichts über die Wahrheit der Aussage."
Der Konstanz-Wertung Prof. Müllers ist uneingeschränkt zuzustimmen. Sie besagt hier nichts, und schon gar nichts Entscheidendes, noch dazu, wenn sie so wenig präzise summarisch behauptet wird. Hier wäre es das Mindeste gewesen, die behauptete Konstanz des Kerngeschehens im einzelnen auszuführen und Aussage(element) für Aussage(element) nach den wichtigsten Hypothesen zu vergleichen. Anzeigemotivation, Aufkommen und Umstände werden sachfremd ausgeblendet. Und wenn dieser Konstanz ein solches Gewicht beigemessen wird, hätte man damit zwingend einen aussagepsychologischen Sachverständigen von Format, z.B. Prof. Dr. Köhnken, beauftragen müssen.
Schon das Attest ist fragwürdig durch verschiedene Versionen, das Verschwinden der Festplatte und die persönlichen Beziehungsverquickungen.
Der ganze Aufbau und Verlauf der Psychiatrisierung, beginnend mit dem "Attest" 2001 Dr. R., dem Attest Dr. K., und den Aussagen der Exfrau, vor allem in Berlin, beschreibt massives Interesse und Raffinesse von dem sich der Staatsanwalt entgegen seiner früheren kritischen Haltung nunmehr offenbar gefangen nehmen ließ.
Erstes Fazit: Die totale Kehrtwendung des Staatsanwalts in seinem Plädoyer nährt die Komplotthypothese einer besonderen Ebene, etwa in Form einer einfachen bayerischen Schwarmintelligenz ganz ohne dunkle Kommunikationskanäle. Prof. Dr. Nedopil hat's vorgemacht. Auf das Urteil darf man gespannt sein.
Quelle
komplette Version der IT-Untersuchung (pdf-download)
Der Fall Gustl Mollath: Die neue Hauptverhandlung
Juristischer Blog des Beck-Verlags der pensionierten Oberstaatsanwältin Gabriele Wolff
gabrielewolff
Dazu schreibt Herr Seler, der im Gerichtssaal anwesend war, in einem Kommentar auf “regensburg-digital” Folgendes:
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Soviel zur Verpflichtung der “Objektivste Behörde der Welt,“ die in gleicher Weise Entlastung- wie Belastungsmomente zu prüfen hat!
Staatsanwaltschaft - Objektivste Behörde der Welt?: Die Verantwortung der Staatsanwaltschaft im Spannungsfeld von Macht, Gesetz und Selbstverständnis von Stefanie Gipp
Taschenbuch (amazon)
ISBN-10: 3932756290
ISBN-13: 978-3932756290
OBJEKTIVSTE BEHÖRDE DER WELT
Über einen ganzdeutschen Justizmythos
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Die Mär von der Staatsanwaltschaft als der objektivsten Behörde der Welt, ist einmal mehr widerlegt worden.
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Fehlurteile - „Im Namen des Volkes“? - „Richterrecht“ in Deutschland
In Fachkreisen wird davon ausgegangen, dass bei Zivilgerichtsverfahren über 25 % aller Urteile falsch sind. Mehr als 10 % aller Zivilgerichtsurteile werden grob fahrlässig oder absichtlich falsch angefertigt. In manchen Bereichen dürfte die Quote der falschen Urteile nahe zu bei 100 % liegen, d. h. man kann hier nur noch von einer „Unrechtsprechung“ reden. (2) Es ist in Deutschland nicht das gültig, was man aus den Gesetzen logischerweise entnehmen kann, sondern das, was Richter urteilen. Daher der zweite Teil des Titels: „`Richterrecht´ in Deutschland“. (3) Grob falsche Urteile werden gerade auch von Richtern an Land- und Oberlandesgerichten (als Berufungsinstanzen) angefertigt, so dass der von einem Richter oder einem Richtergremium geschädigte, rechtsuchende Bürger einer solchen Rechtsprechung weitgehend ohnmächtig gegenüber steht. (4)
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LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 14.03.2014
- 11 O 1226/14 –
Betreiber eines Internet-Portals darf Behauptungen Mollaths über Kündigung einer Mitarbeiterin der HypoVereinsbank nicht weiter verbreiten
Verbreitung unwahrer Behauptungen nicht durch grundgesetzlich geschützte Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat dem Betreiber eines Nürnberger Internet-Portals untersagt, von ihm erhobene Behauptungen und briefliche Äußerungen Mollaths über eine ehemalige Bankmitarbeiterin weiter zu verbreiten.
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Verfahren gegen Gustl Mollath
Mitschrift der mündlichen Urteilsbegründung (pdf-downlod)
LG Regensburg - Pressemitteilung
Gustl Mollath (wikipedia) Mollath-Blog
Dipl.-Psych. Dr. phil Rudolf Sponsel
Kein Salomon sondern die versuchte eierlegende Wollmilchsau - wohlverstandenes Recht ist etwas anderes
Ich kann in dem Urteil nichts Salomonisches erkennen. Nur den Versuch, es allen irgendwie Recht zu machen - also sich in der notwendig misslingenden Artistik der eierlegenden Wollmilchsau zu versuchen.
Die Auf- und Verarbeitung der Tatvorwürfe zu den angeblich lebensgefährlichen Misshandlungen erscheint mir als regelrechte Provokation (mal sehen, wie sich das in der Begründung darstellt).
An solcher Rechtsprechung kann ich keinerlei wissenschaftliche Grundlage oder verständliche Methodik erkennen. Es verschmiert, glättet, vernebelt, lässt weg, fügt zusammen, montiert wie weiland Dr. Leipziger in seiner manipulativen Textmontage zum angeblichen Vergiftungswahn Mollaths. Das ist nicht Rechtsprechung auf wissenschaftlicher Grundlage sondern mehr Literatur und science fiction.
Das Gute am Schlechten: nie wurde mir klarer, wie es um das Recht, die Rechtswissenschaft und die Rechtsprechung in diesem Land - vermutlich nicht nur in Bayern - bestellt ist. So gesehen war und ist der Fall Mollath - neben einigen anderen spektakulären Fällen - ein wahrer Augenöffner, wenngleich es manchmal wohl besser wäre, nicht so gut oder so viel zu sehen.
Quelle
Prof. Dr. Henning Ernst Müller
Salomonisches Urteil mit schalem Beigeschmack - Finale im Prozess gegen Gustl Mollath
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Hintergrund
Prof. Dr. Henning Ernst Müller
Vorletzte und letzte Worte vor dem Urteil – der fünfzehnte Tag der Hauptverhandlung gegen Gustl Mollath
Es handelt sich hier nicht um einen normalen Strafprozess. Der Angeklagte hat die Sanktion (in Form einer siebeneinhalbjährigen Unterbringung in der Psychiatrie) schon längst „über-verbüßt“, bevor regulär geklärt ist, ob er überhaupt eine Sanktion verdient hat.Weiter zum vollständigen Artikel ...
..... Immerhin erreicht Mollath noch, dass die mit den Zeugen Lindner und Spitzer unter Beweis gestellten Tatsachen (die Ex-Frau habe diesen Geldtransfers angeboten) vom Gericht als wahr unterstellt werden.
Oliver García
Fall Mollath: Alles verloren (Auszüge)
....Die Rehabilitierung, so führte ich aus, lag dabei vor allem in dem Nachweis, daß der Abstemplung Mollaths als Paranoiker, seiner Pathologisierung (die überhaupt der Kern des “Falls Mollath” ist – ohne sie wäre es nur zu einer Bewährungsstrafe gekommen, was nur ein “alltägliches” Fehlurteil gewesen wäre, falls Mollath unschuldig ist), lächerliche Irrtümer zugrunde lagen, ja daß Mollath sogar zurecht argwöhnen konnte, verfolgt zu werden....
In seinem Wiederaufnahmeantrag hatte sich Meindl nicht damit begnügt, die Anordnung von Ministerin Beate Merk in der Weise auszuführen, daß er nur die ohnehin im Ausgangsverfahren gehäuften Fehler eher äußerlicher Natur (wie die falsche Urkunde, die dann ja auch dem OLG Nürnberg für die Anordnung der Wiederaufnahme genügte) aufzuführen. Er hatte offensichtlich den Willen, zum Kern dessen vorzustoßen, was im Fall Mollath falsch gelaufen ist. Neben dem genannten Pathologisierungsaspekt wies er auch nach, daß die Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin erschüttert war.
Wechsel der Tatdarstellungen in ihren Aussagen über die Jahre sprächen nicht gegen, sondern gerade für ihre Glaubwürdigkeit (die bislang ausführlichste Wiedergabe von Meindls Plädoyer findet sich im Liveblog der Mittelbayerischen).
Noch nicht bekannt war damals, daß Meindl in seinem Aufklärungseifer außerdem dem Vorsitzenden Richter am Landgericht a.D. Otto Brixner unter zahlreichen Gesichtspunkten Rechtsbeugung vorwarf (Einzelheiten im Minderheitenbericht des Untersuchungsausschusses).
In der ursprünglichen Fassung des Wiederaufnahmeantrags hatte Meindl Richter Brixner Rechtsbeugung unter anderem deshalb vorgeworfen, weil Mollath in einem der Kfz-Beschädigungsfällen ohne jeden Beweis überführt worden war.
In seinem jetzigen Plädoyer nahm Meindl zwei Fälle aus diesem Komplex aus, weil der Nachweis nicht zu führen sei. Einer von ihnen dürfte der Rechtsbeugungsfall aus dem Wiederaufnahmeantrag sein.
Meindl, ausgerechnet Meindl, schlüpft in die häßliche Rolle einer Staatsanwaltschaft, die in ihrem unbedingten Verfolgungseifer jedes Maß – jedes Beweismaß – verloren hat. Es sind diese Staatsanwälte, die Menschen wie Horst Arnold, Ralf Witte und Thomas Ewers ins Unglück stürzten und die Jörg Kachelmann bereits auf den Fersen waren. Die ersten drei sind Opfer falschbeschuldigender Frauen geworden, aber in erster Linie Opfer einer Justiz, die es verlernt hat zu ertragen, daß ein mögliches Verbrechen ungesühnt bleiben muß, wenn man nicht wesentlich mehr hat als eine Aussage-gegen-Aussage-Situation.
Selbst bei offensichtlich unhaltbaren Urteilen (wie im Fall Rupp) sieht sich die Staatsanwaltschaft nicht etwa in der Pflicht, die Wiederaufnahme zu beantragen, sondern stellt sich mit Klauen und Zähnen dem Wiederaufnahmeantrag der Verteidigung entgegen.Bei den Sachbeschädigungen sei der Indizienbeweis möglich:
“Ich habe keine Zweifel daran, dass als Täter niemand anders in Frage kommt, (…) als der Angeklagte.”Wer kann das sagen, außer Oberstaatsanwalt Meindl, der “keinen Zweifel” an Mollaths Schuld hat?
Wie kommt Meindl zu seiner Überzeugung, außer durch jene “Gesamtschau”, die nichts anderes als eine Umschreibung für “Bauchgefühl” sein dürfte? Im Hintergrund scheint eine verquere Logik zu stehen. Aus seinem Plädoyer wird so zitiert:
Dann spielt er en detail die Möglichkeit durch, dass Petra M. tatsächlich einen „perfiden wie genialen Plan“ geschmiedet haben könnte, um ihren Mann mundtot zu machen. Nicht ohne vorher zu erklären, dass solche „Verschwörungstheorien“ weniger von Mollath selbst als von einigen Beobachtern ins Spiel gebracht worden seien.
[...]
Letztendlich glaube Meindl „nicht an die Komplott-These, weil ich nicht daran glauben darf. Das, was ich habe, muss ich würdigen, mehr mache ich nicht. “
An anderer Stelle wird er so wiedergegeben:
Meindls Zwischenergebnis:
“Die Angaben der Petra M. sind glaubhaft. Ich glaube ihr, weil ich nicht an die Komplotthypothese glauben darf und kann. Es kann jeder an diese These glauben, aber ich bin Jurist und muss mich an objektive Tatsachen halten.”Sollte Meindl tatsächlich so argumentiert haben, würde dies natürlich, als Begründung in das Urteil übernommen, zur Aufhebung in der Revision führen, wegen des groben Fehlers eines “Verstoßes gegen die Denkgesetze”.
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Der Fall Mollath, ein Fall für die Rechtswissenschaft?
Initiative gegen Machtmissbrauch
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Das Gericht muß zweifelsfrei die Schuld für die vorgeworfenen Taten feststellen und rechtsförmlich beweisen. Daran fehlte es in den bisherigen Entscheidungen. Auch dem aktuellen Urteil fehlt der unumstößliche Nachweis der Schuld im Sinne der Anklage, wodurch auch diese Entscheidung nicht den Anforderungen entspricht.
Art. 48/1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
"Jeder Angeklagte gilt bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis seiner Schuld als unschudig"
Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und unparteiisches Gerichtweiterlesen
Der EuGH bestätigt dies in seinem Urteil (C-409/06) vom 8. September 2010 unter der Rn 58 wie folgt:
„Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nach ständiger Rechtsprechung ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt, in den Art. 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist und auch in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bekräftigt worden ist, und dass die Gerichte der Mitgliedstaaten insoweit in Anwendung des in Art. 10 EG niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit den Schutz der Rechte zu gewährleisten haben, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen (Urteil vom 13. März 2007, Unibet, C-432/05, Slg. 2007, I-2271, Randnrn. 37 und 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).“Grundrechtsschutz im Gemeinschaftsrecht
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UN – Resolution 217 a vom 10.12.1948
Artikel 11
1. Jeder, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, hat das Recht, als unschuldig zu gelten, solange seine Schuld nicht in einem öffentlichen Verfahren, in dem er alle für seine Verteidigung notwendigen Garantien gehabt hat, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.weiterlesen
Dem genügt eine "Überzeugung" des Gerichtes nicht!
Für eine unabhängige Justiz im Freistaat
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Die Staatsanwaltschaft ist gehalten, nicht nur belastende, sondern auch entlastende Umstände zu erforschen und diese später gleichermaßen zu berücksichtigen. Dies hat zu der Bezeichnung als „objektivste Behörde der Welt“ geführt...
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Der zuständige Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl beschrieb seine Lage vor dem Ausschuss so:
"Mein Auftrag war: Führe ein Wiederaufnahmeverfahren zugunsten Gustl Mollaths."Nur: Wo nimmt man einen Wiederaufnahmegrund her?
Eine undankbare Aufgabe, aber nicht unlösbar:
"Ein guter Jurist kann alles in jede Richtung schreiben", sagte Meindl vor dem Ausschuss. "Sie können Unschuldige hinter Gitter bringen, einen Schuldigen freisprechen."Weiter zum vollständigen Artikel ...
Dipl.-Psych. Dr. phil Rudolf Sponsel
Wiederaufnahme Gustl F. Mollath
Forensischer und Verkehrs-Psychologe, Psychotherapeut
09.08.2014
Fragwürdige aussagepsychologische Argumentation des Staatsanwaltes
Prof. Müller führte aus: "Als entscheidendes Kennzeichen für die Wahrheit der Aussage nennt OStA Meindl deren Konstanz („roter Faden“) im „Kerngeschehen“ über fünf Jahre hinweg bei verschiedenen Anlässen. Diese Herleitung erscheint jedoch wenig tragfähig: Auch ein lügender Mensch ist ohne Weiteres in der Lage, die wesentlichen Inhalte der insgesamt knappen Tatschilderung – auch über fünf Jahre hinweg – zu wiederholen. Diese Konstanz sagt nichts über die Wahrheit der Aussage."
Der Konstanz-Wertung Prof. Müllers ist uneingeschränkt zuzustimmen. Sie besagt hier nichts, und schon gar nichts Entscheidendes, noch dazu, wenn sie so wenig präzise summarisch behauptet wird. Hier wäre es das Mindeste gewesen, die behauptete Konstanz des Kerngeschehens im einzelnen auszuführen und Aussage(element) für Aussage(element) nach den wichtigsten Hypothesen zu vergleichen. Anzeigemotivation, Aufkommen und Umstände werden sachfremd ausgeblendet. Und wenn dieser Konstanz ein solches Gewicht beigemessen wird, hätte man damit zwingend einen aussagepsychologischen Sachverständigen von Format, z.B. Prof. Dr. Köhnken, beauftragen müssen.
Schon das Attest ist fragwürdig durch verschiedene Versionen, das Verschwinden der Festplatte und die persönlichen Beziehungsverquickungen.
Der ganze Aufbau und Verlauf der Psychiatrisierung, beginnend mit dem "Attest" 2001 Dr. R., dem Attest Dr. K., und den Aussagen der Exfrau, vor allem in Berlin, beschreibt massives Interesse und Raffinesse von dem sich der Staatsanwalt entgegen seiner früheren kritischen Haltung nunmehr offenbar gefangen nehmen ließ.
Es widerspricht jeglicher Menschenerfahrung, dass eine solch lebensbedrohlich angegangene Ehefrau noch über ein Jahr bei einem als gemeingefährlich erlebten Ehemann ausharrt.
Erstes Fazit: Die totale Kehrtwendung des Staatsanwalts in seinem Plädoyer nährt die Komplotthypothese einer besonderen Ebene, etwa in Form einer einfachen bayerischen Schwarmintelligenz ganz ohne dunkle Kommunikationskanäle. Prof. Dr. Nedopil hat's vorgemacht. Auf das Urteil darf man gespannt sein.
Quelle
komplette Version der IT-Untersuchung (pdf-download)
Der Fall Gustl Mollath: Die neue Hauptverhandlung
Juristischer Blog des Beck-Verlags der pensionierten Oberstaatsanwältin Gabriele Wolff
gabrielewolff
Dazu schreibt Herr Seler, der im Gerichtssaal anwesend war, in einem Kommentar auf “regensburg-digital” Folgendes:
“für leise Heiterkeit unter den Zuschauern sorgte gestern ein “Versprecher” von Oberstaatsanwalt Herrn Meindl. Er formulierte so:Das ist eben der weisungsgebundene Staatsanwalt
… daß ich nicht an eine Verschwörungstheorie glauben “darf”.
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Soviel zur Verpflichtung der “Objektivste Behörde der Welt,“ die in gleicher Weise Entlastung- wie Belastungsmomente zu prüfen hat!
Staatsanwaltschaft - Objektivste Behörde der Welt?: Die Verantwortung der Staatsanwaltschaft im Spannungsfeld von Macht, Gesetz und Selbstverständnis von Stefanie Gipp
Taschenbuch (amazon)
ISBN-10: 3932756290
ISBN-13: 978-3932756290
OBJEKTIVSTE BEHÖRDE DER WELT
Über einen ganzdeutschen Justizmythos
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Die Mär von der Staatsanwaltschaft als der objektivsten Behörde der Welt, ist einmal mehr widerlegt worden.
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Fehlurteile - „Im Namen des Volkes“? - „Richterrecht“ in Deutschland
In Fachkreisen wird davon ausgegangen, dass bei Zivilgerichtsverfahren über 25 % aller Urteile falsch sind. Mehr als 10 % aller Zivilgerichtsurteile werden grob fahrlässig oder absichtlich falsch angefertigt. In manchen Bereichen dürfte die Quote der falschen Urteile nahe zu bei 100 % liegen, d. h. man kann hier nur noch von einer „Unrechtsprechung“ reden. (2) Es ist in Deutschland nicht das gültig, was man aus den Gesetzen logischerweise entnehmen kann, sondern das, was Richter urteilen. Daher der zweite Teil des Titels: „`Richterrecht´ in Deutschland“. (3) Grob falsche Urteile werden gerade auch von Richtern an Land- und Oberlandesgerichten (als Berufungsinstanzen) angefertigt, so dass der von einem Richter oder einem Richtergremium geschädigte, rechtsuchende Bürger einer solchen Rechtsprechung weitgehend ohnmächtig gegenüber steht. (4)
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LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 14.03.2014
- 11 O 1226/14 –
Betreiber eines Internet-Portals darf Behauptungen Mollaths über Kündigung einer Mitarbeiterin der HypoVereinsbank nicht weiter verbreiten
Verbreitung unwahrer Behauptungen nicht durch grundgesetzlich geschützte Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat dem Betreiber eines Nürnberger Internet-Portals untersagt, von ihm erhobene Behauptungen und briefliche Äußerungen Mollaths über eine ehemalige Bankmitarbeiterin weiter zu verbreiten.
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