Montag, 18. August 2014
Der Oberste Gerichtshof zum UWG v. 14.03.2005
Behörden, Politiker und die Vertreter der staatlichen Glücksspielanbieter sind immer schnell mit der Behauptung eines „illgalen Glücksspiels“ bei der Hand, ohne zu bedenken, dass auch ein in Deutschland nicht zugelassenes Spielangebot nicht zwingend illegal sein muß.
s.a.
Der EuGH und die Deutungshoheit (zu EuGH C-156/13 = Digibet)
AG Sonthofen: Weiterer Vorlagebeschluß zum deutschen Glücksspielrecht
Noch 2005 hat der Oberste Gerichtshof in einem Revisionsverfahren entschieden:
Gericht: OGH
Entscheidungsdatum: 14.03.2005
Geschäftszahl: 4Ob255/04k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei b***** AG (vormals b***** GmbH), *****, vertreten durch Dr. Clemens Thiele, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. T***** AG, 2. Jens S*****, beide vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 30.000 EUR), Feststellung (Streitwert 340 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 6.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 28. September 2004, GZ 3 R 105/04p-23, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 23. März 2004, GZ 5 Cg 165/03v-15, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
1. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird in „***** AG" berichtigt.
2. Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das abweisende Urteil des Erstgerichts in der Hauptsache wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 5.843,92 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit 5.457,92 EUR (darin 1.167,10 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Zu 1.:
Die Klägerin hat ihre Firma geändert. Ihre Parteibezeichnung war daher gem § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen.
Zu 2.
Das klagende Unternehmen mit Sitz in Wels betreibt aufgrund einer Bewilligung durch das Land Oberösterreich vom 26. 11. 2001 für Buchmachertätigkeiten den gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen über das Internet. Wer sich unter der Domain „www.bet-at-home.com" als Teilnehmer registrieren lässt, erhält Zugangsdaten als E-Mail zugeschickt und kann dann über ein Wettkonto, auf dem Wetteinsätze abgebucht und Gewinne gutgebucht werden, Wetten abwickeln.
Die Erstbeklagte mit Sitz in Deutschland, deren Vorstand der Zweitbeklagte ist, ermöglicht es, über das Internet unter der Domain „www.tipp24.de" an den von Dritten veranstalteten Glücksspielen Lotto, Toto, Spiel 77 und Oddset teilzunehmen. Die Erstbeklagte übernimmt es, Tipps sowie Wetteinsätze entgegenzunehmen und weiterzuleiten; eigene Glücksspiele bietet die Erstbeklagte nicht an.
Am 16. 3. 2001 erließ das Landesgericht Hamburg in einem Rechtsstreit der Erstbeklagten gegen die „e***** AG" (in der Folge: AG), die damalige Muttergesellschaft der Klägerin, eine einstweilige Verfügung, worin der AG verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für den Abschluss von Sportwetten oder Glücksspielen mit Unternehmen, die über keine deutsche Erlaubnis für den Abschluss von Sportwetten bzw die Durchführung von Glücksspielen verfügen, zu werben, insbesondere über das Internet auf ein derartiges Unternehmen bzw Internetdienste hinzuweisen bzw auf dieses Internetangebot einen verweisenden Link zu setzen. Mit Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 10. 1. 2002 wurde die einstweilige Verfügung mit der Maßgabe bestätigt, dass der AG verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im deutschen Inland für den Abschluss von Sportwetten oder Glücksspielen mit Unternehmen, die über keine deutsche Erlaubnis für den Abschluss von Sportwetten bzw die Durchführung von Glücksspielen verfügen, zu werben, indem sie über das Internet auf das Internet-Angebot eines derartigen Unternehmens und/oder im Internet auf seine Internetadresse, die dieses Angebot erkennbar macht, hinweist und/oder einen auf dieses Internetangebot verweisenden Link setzt. Diesen Entscheidungen lag zugrunde, dass unter der Domain „www.bet-at-home.de" ein Angebot für Sportwetten ins Internet gestellt wurde, bei dem die Teilnehmer zwar nicht unmittelbar um Geld spielen konnten. Es war jedoch möglich, über diese Website - worauf an mehreren Stellen deutlich hingewiesen wurde - auf Wettangebote um Geld auf der Domain „www.bet-at-home.com" zuzugreifen. Nach Ansicht des Hanseatischen Oberlandesgerichts verstieß die AG damit gegen das deutsche Strafgesetzbuch und damit auch gegen § 1 dUWG.
Im Zusammenhang mit diesen Gerichtsentscheidungen gab die Erstbeklagte am 7. 3. 2001 eine Presseaussendung heraus, in der sie mitteilte, dass rechtliche Schritte gegen die von Österreich aus tätige Klägerin eingeleitet worden seien, und dass dem an der Klägerin beteiligten Fußball-Nationalspieler Lothar M***** die gelbe Karte gezeigt werde. Die Klägerin wird als „Anbieter von unerlaubten Glücksspielen in Deutschland via Internet" bezeichnet, und der Zweitbeklagte mit den Worten zitiert: „Dabei nehmen die Betreiber in Kauf, dass sich deutsche Mitspieler nach deutschem Recht strafbar machen". Diese Pressemitteilung ist auch im Internetauftritt der Erstbeklagten unter der Domain „www.tipp24.de" aufrufbar.
Im zweiten Quartal des Jahres 2003 wechselte die Klägerin ihren Provider, dem sie irrtümlich nicht mitteilte, dass die Länderdomain „www.bet-at-home.de" nicht freigeschaltet werden solle. Diese Domain war deshalb im zweiten Quartal des Jahres 2003 einige Tage lang aufrufbar. Daraufhin erwirkte die Erstbeklagte gegen die Klägerin am 12. 5. 2003 eine - weitere - einstweilige Verfügung des Landesgerichts Hamburg, womit der Klägerin verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über das Internet über die unter der Internetadresse „www.bet-at-home.de" abrufbare Website entgeltliche Glücksspiele für Kunden aus Deutschland anzubieten bzw zu veranstalten, solange sie keine behördliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen in Deutschland habe.
2003 suchte die Klägerin in Deutschland Werbepartner für die Werbung unter ihrer Domain „www.bet-at-home.com". Diese Werbepartner wurden in der Folge von der Erstbeklagten schriftlich abgemahnt und darauf hingewiesen, dass sie für ein in Deutschland nicht genehmigtes Glücksspiel würben, und es der Klägerin untersagt worden sei, nach § 284 dStGB in Deutschland Sportwetten anzubieten oder für diese Sportwetten zu werben, weil die erteilte Genehmigung nur in Österreich und nicht in Deutschland gelte. Die Werbepartner wurden weiters darauf aufmerksam gemacht, dass auch sie bei Werbung für ein derartiges Sportwettenangebot oder bei Hilfestellung zum Anbieten derartiger Sportwetten einen Verstoß gegen § 284 dStGB zu verantworten hätten. Über die Internetadresse „www.bet-at-home.com" kann man auch von Deutschland aus an den von der Klägerin veranstalteten Sportwetten teilnehmen.
Die Klägerin stellte folgendes Urteilsbegehren (AS 101):
1. Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, es ab sofort zu unterlassen, die Klägerin an der grenzüberschreitenden Werbung und Durchführung von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltung über die Internetfunktion des World Wide Web unter der Adresse http://www.bet-at-home.com zu behindern, insbesondere
a) durch die Androhung von Maßnahmen gegenüber Werbepartnern und Wettkunden, welche eine Erbringung oder Bewerbung solcher grenzüberschreitender Dienstleistungen dadurch unmöglich machen sollen, dass der Klägerin verboten werden soll, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs entgeltliche Glücksspiele für Kunden aus Deutschland anzubieten bzw zu veranstalten, solange sie keine behördliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen in Deutschland habe, und
b) durch die Behauptung des Zweitbeklagten, dabei nehme die Klägerin in Kauf, dass sich dort Mitspieler nach deutschem Recht strafbar machen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin für sämtliche kausale zukünftige Schäden aus den rechtswidrigen Abmahnungen sowie der rechtswidrig beantragten und erlassenen einstweiligen Verfügung des Landesgerichts Hamburg vom 12. 5. 2003 sowie der Behauptung, die Klägerin nehme in Kauf, dass sich deutsche Mitspieler nach deutschem Recht strafbar machten, zur ungeteilten Hand haften.
3. [Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung]
Das Verhalten der Beklagten verstoße insbesondere gegen §§ 1 und 7 dUWG, weil die Beklagten die Klägerin durch Abmahnungen und Klagsdrohungen sittenwidrig behinderten und zum Zweck der Werbung für das eigene Unternehmen herabsetzten.
Die Beklagten erhoben unter Hinweis auf ihren Unternehmenssitz die Einrede der „internationalen Unzuständigkeit" und beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Sie handelten nicht wettbewerbswidrig, weil sie sich nur gegen Verstöße der Klägerin gegen das deutsche Wettbewerbsrecht zur Wehr gesetzt und sachlich über Verfahrenshintergründe berichtet hätten. Das Betreiben von Glücksspielen oder Lotterien ohne behördliche Genehmigung sowie auch die Bewerbung eines derartigen Angebots seien in Deutschland nach § 284 Abs 1 dStGB strafbar. Da sich die behaupteten wettbewerbswidrigen Handlungen der Beklagten auf den deutschen Markt bezögen, sei deutsches Sachrecht anzuwenden.
Das Erstgericht sprach mit Beschluss aus, sachlich und örtlich zuständig zu sein, und wies das Klagebegehren ab. Es hielt fest, nicht feststellen zu können, ob die Beklagten auch die Domain www.tipp24.at benutzten. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass die Frage des anwendbaren Sachrechts dahingestellt bleiben könne, weil die einschlägigen Rechtsvorschriften nach österreichischem und deutschem UWG einander inhaltlich entsprächen. Angesichts der Entscheidungen zweier deutscher Gerichte, wonach der damaligen Muttergesellschaft der Klägerin und somit auch der Klägerin selbst verboten worden sei, in Deutschland für den Abschluss von Sportwetten oder Glücksspielen mit Unternehmen, die über keine deutsche Erlaubnis für den Abschluss von Sportwetten oder die Durchführung von Glücksspielen verfügten, zu werben, sei die beanstandete Pressemitteilung, die nach wie vor im Internet aufgerufen werden könne, keine wettbewerbswidrige Handlung. Auch die Abmahnungen von Werbepartnern der Klägerin seien durch die genannten Gerichtsentscheidungen gerechtfertigt.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil teilweise ab, indem es folgendes Unterlassungsgebot erließ:
„Die Beklagten sind schuldig, es ab sofort zu unterlassen, die Klägerin an der grenzüberschreitenden Werbung und Durchführung von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltung über die Internetfunktion des World Wide Web unter der Adresse http://www.bet-at-home.com zu behindern, insbesondere a) durch die Androhung von Maßnahmen gegenüber Werbepartnern und Wettkunden, indem sie gegenüber Werbepartnern und Wettkunden der Klägerin behaupten, die Teilnahme an und die Werbung für von der Klägerin angebotene(n) Glücksspiele sei in Deutschland strafgesetzlich verboten; b) durch die Behauptung des Zweitbeklagten, dabei nehme die Klägerin in Kauf, dass sich dort Mitspieler nach deutschem Recht strafbar machten". Das Unterlassungsmehrbegehren und das Feststellungsbegehren wies das Berufungsgericht ab; dem Begehren auf Urteilsveröffentlichung gab es teilweise Folge. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof nicht berufen sei, für die Einheitlichkeit oder Fortbildung fremden Rechts zu sorgen.
Die von der Klägerin beanstandeten Handlungen seien nach der Formulierung des Unterlassungsgebots auf den deutschen Markt bezogen, weil den Beklagten untersagt werden solle, die Klägerin an der grenzüberschreitenden, also außerhalb Österreichs wirksamen Werbung und Durchführung von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltung zu behindern. Bei der Werbung im Internet komme es auf den Markt jener Staaten an, auf den die Werbung nach ihrer Gestaltung und den sonstigen Umständen erkennbarerweise abziele, demnach hier auf den deutschen Markt. Es sei somit deutsches Sachrecht (§§ 1, 14 dUWG) anzuwenden. Die beanstandete Äußerung des Zweitbeklagten, die Klägerin nehme in Kauf, dass sich deutsche Mitspieler nach deutschem Recht strafbar machten, enthalte den objektiv überprüfbaren Tatsachenkern, dass eine Teilnahme an den von der Klägerin über das Internet angebotenen Sportwetten nach deutschem Recht strafbar sei. Die Aussage betreffe die gewerblichen Leistungen der Klägerin und sei objektiv geeignet, deren Geschäftsbetrieb zu erschweren. Äußerungen über die Rechtsfolgen einer bestimmten Gesetzeslage könnten Tatsachenbehauptungen, aber auch reine Werturteile sein; je weniger die zu beurteilende Rechtsfolgenbehauptung nicht einfach aus dem Gesetz abzulesen sei, sondern auf einem Vorgang der persönlichen Erkenntnisgewinnung beruhe, je eingehender die Grundlagen dieses Erkenntnisprozesses dargestellt würden, und je deutlicher zum Ausdruck komme, dass eine subjektive Überzeugung im geistigen Meinungsstreit vertreten werde, umso eher werde ein reines Werturteil vorliegen. Die Pressemitteilung der Beklagten lasse nicht erkennen, dass die Rechtsfolgenbehauptung nur die subjektive Überzeugung der Beklagten oder die von deutschen Gerichten vertretene Rechtsmeinung wiedergebe und auf rechtlichen Schlussfolgerungen aus der Auslegung durchaus interpretationsbedürftiger Tatbestandselemente beruhe; sie sei daher ebenso Tatsachenbehauptung wie die beanstandeten Hinweise der Erstbeklagten an Werbepartner der Klägerin.
Diese Tatsachenbehauptungen seien insofern unrichtig, als sie keinerlei Hinweis auf die Rechtsmeinung des EuGH in der Rechtssache „Gambelli" vom 6. 11. 2003 enthielten. Im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit des Art 49 EG hänge die rechtliche Zulässigkeit der Tätigkeit der Klägerin davon ab, ob die deutsche Bewilligungsregelung und -praxis den vom EuGH in der genannten Entscheidung entwickelten Grundsätzen entspreche.
Es stehe nicht fest, dass solches tatsächlich der Fall sei. Die Rechtslage sei daher nicht eindeutig, wie dies die Erstbeklagte in ihrer nach wie vor verbreiteten Pressemitteilung und in ihren Abmahnschreiben an Werbepartner der Klägerin darstelle, erweckten doch diese Äußerungen den Eindruck, es bestünden keinerlei Zweifel an der Strafbarkeit des Verhaltens der Klägerin, ihrer Kunden und Werbepartner.
Die beanstandeten Äußerungen seien daher nicht erweislich wahr und verstießen somit gegen § 14 dUWG. Selbst wenn man die Äußerungen als bloße Werturteile qualifizieren wollte, verstießen sie gegen § 1 dUWG, weil sie eine Behinderung der Klägerin im Wettbewerb um Kunden und Werbepartner darstellten und für die Erstbeklagte kein hinreichender Anlass bestanden habe, den eigenen Wettbewerb mit einer Herabsetzung der Mitbewerberin zu verbinden, für deren Richtigkeit keine volle Gewähr bestehe.
Damit erweise sich das Unterlassungsbegehren insoweit als gerechtfertigt, als es die Warnung von Wettkunden und Werbepartnern vor einem strafgesetzwidrigen Verhalten oder strafgerichtlicher Verfolgung bei einer Teilnahme an oder Werbung für von der Klägerin veranstalteten Sportwetten zum Gegenstand habe. Es sei aber auf die tatsächlich wettbewerbswidrigen Handlungen der Beklagten einzuschränken gewesen; die gegenüber Werbepartnern und Wettkunden zu unterlassenden Androhungen seien näher zu umschreiben gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Wettbewerbswidrigkeit der beanstandeten Äußerungen unrichtig beurteilt hat; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
1. Die Beklagten halten in der Revision ihren Einwand der fehlenden inländischen Gerichtsbarkeit aufrecht. Diesen Ausführungen ist zu entgegnen, dass die Beklagten den ihre Einrede der Unzuständigkeit und mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit verwerfenden Beschluss des Erstgerichts nicht bekämpft haben, obwohl sie in erster Instanz - ungeachtet ihres Erfolgs in der Hauptsache - zu dessen Anfechtung legitimiert waren. Die Entscheidung über die Prozesseinreden ist damit in Rechtskraft erwachsen (G. Kodek in Fasching, ZPO² § 261 Rz 82 mwN). Es ist den Beklagten deshalb verwehrt, dieses Thema in dritter Instanz an den Obersten Gerichtshof heranzutragen.
2. Das Klagebegehren bezieht sich ausdrücklich auf Handlungen, die ein grenzüberschreitendes Wirksamwerden der Tätigkeit der Klägerin verhindern sollen; die Handlungen wirken sich damit auf dem deutschen Markt aus, indem sie Werbung der Klägerin in Deutschland unterbinden sollen. Der Senat teilt daher die rechtsfehlerfreie Beurteilung des Berufungsgerichts, dass im Hinblick auf den wirkungsbetroffenen Markt (§ 48 Abs 2 IPRG; vgl Verschraegen in Rummel, ABGB³ § 48 IPRG Rz 68; 4 Ob 305/00g = ÖBl 2003, 133 - Pflanzenschutzmittelvertrieb; 4 Ob 201/04v; RIS-Justiz RS0045408) deutsches Sachrecht zur Anwendung gelangt (§ 510 Abs 3 ZPO).
3. Die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO kann auch bei Maßgeblichkeit eines fremden Rechts zulässig sein, wenn durch eine Abweichung der inländischen Gerichte von gefestigter fremder Lehre und Rechtsprechung die Rechtssicherheit gefährdet wird. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat allerdings nicht die Aufgabe, die Einheitlichkeit oder gar die Fortentwicklung fremden Rechts in seinem ursprünglichen Geltungsbereich zu gewährleisten, weil ihm insoweit nicht die dem § 502 Abs 1 ZPO zugrundegelegte Leitfunktion zukommt (4 Ob 136/99z = ZfRV 2000, 114; RIS-Justiz RS0042940 und RS0042948).
4. Zutreffend zeigen die Revisionswerber auf, dass das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung vom 28. 9. 2004 nicht auf die mit 8. 7. 2004 in Kraft getretene Neufassung des deutschen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (dUWG nF), dBGBl I 2004/32, Bedacht genommen und deutsches Wettbewerbsrecht in einer nicht mehr geltenden Fassung angewendet hat.
Auf eine Änderung der Rechtslage hat das Gericht in jeder Lage des Verfahrens Bedacht zu nehmen, sofern die neuen Bestimmungen nach ihrem Inhalt auf das in Streit stehende Rechtsverhältnis anzuwenden sind. Bei einem neuen Gesetz ist daher grundsätzlich nach den Übergangsbestimmungen zu beurteilen, ob eine Gesetzesänderung für das laufende Verfahren von Bedeutung ist (4 Ob 106/94 = SZ 67/161 = ÖBl 1995, 128 - Verführerschein II; 1 Ob 73/98m = SZ 71/89; RIS-Justiz RS0031419; zur Beachtlichkeit von Rechtsänderungen nach Schluss der Verhandlung erster Instanz s auch E. Kodek in Rechberger, ZPO² § 503 Rz 5 mwN; Fasching, Lehrbuch² Rz 1927; ders ZPO IV 330). Das dUWG nF ist am Tag nach seiner Verkündung in Kraft getreten (§ 22 dUWG) und war daher im Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz allein maßgebend.
Im Ergebnis hat sich dieser Fehler des Berufungsgerichts (Anwendung außer Kraft getretener Normen) aber nicht zu Lasten der Beklagten ausgewirkt; das Klagebegehren wäre nämlich (auch) schon nach alter Rechtslage abzuweisen gewesen. Eine erhebliche Rechtsfrage begründet demnach, dass das Berufungsgericht - wie auszuführen ist - bei der Anwendung deutschen Rechts von deutscher Rechtsprechung zur neuen Rechtslage abgegangen ist.
5. Die Revisionswerber werfen dem Berufungsgericht vor, die Unwahrheit der beanstandeten Äußerungen unrichtig beurteilt und die jüngste deutsche Rechtsprechung zur Wettbewerbswidrigkeit der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet für deutsche Teilnehmer durch ausländische Unternehmen, die (nur) über eine Genehmigung ihrer Heimatbehörden verfügen, unberücksichtigt gelassen zu haben.
Nach der neuen Rechtslage (§ 4 Nr 8 dUWG) ist der Tatbestand der Anschwärzung (ebenso wie schon früher nach § 14 dUWG aF) nicht erfüllt, wenn der Verletzer die Wahrheit der Äußerungen bewiesen hat (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht23 § 4 dUWG Rz 8.20).
Der BGH vertritt in ständiger Rechtsprechung, dass ein ausländischer Anbieter von Glücksspielen im Internet, der auch gegenüber Interessenten in Deutschland auftritt, die dafür notwendige Erlaubnis einer inländischen deutschen Behörde benötigt, um sich nicht iSd § 284 dStGB strafbar zu machen; eine solche Erlaubnis ist auch nicht mit Rücksicht darauf entbehrlich, dass der Anbieter eine Erlaubnis der Behörden seines Heimatstaates besitzt (GRUR 2002, 636 - Sportwetten).
Auch nach der Entscheidung des EuGH im Fall "Gambelli" (EuGH NJW 2004, 139 = MMR 2004, 92 [Bahr]) hat der BGH diese Auffassung - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese Entscheidung - aufrechterhalten und ausgeführt, § 284 dStGB verbiete nur das Veranstalten eines Glücksspiels ohne behördliche Erlaubnis und sei insoweit durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Diese Strafvorschrift treffe selbst keine Entscheidung darüber, ob und inwieweit Glücksspiele abweichend von ihrer grundsätzlichen Unerlaubtheit zugelassen werden könnten oder nicht und verstoße als solche schon deshalb nicht gegen die gemeinschaftsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit (BGH MMR 2004, 529 [Hofmann] - Schöner Wetten mwN). Dieser Auffassung ist auch das Oberlandesgericht Hamburg bei einem dem hier zu entscheidenden Fall vergleichbaren Sachverhalt (eine englische Gesellschaft mit ausreichender ausländischer Genehmigung bewarb im Internet in deutscher Sprache die entgeltliche Teilnahmemöglichkeit an Sportwetten) gefolgt (MMR 2004, 752 - Glücksspielvermittlung im Internet).
Im Lichte dieser deutschen Rechtsprechung ist den Beklagten der Wahrheitsbeweis für die beanstandeten Tatsachenbehauptungen gelungen. Das Unterlassungsbegehren ist daher auch in dem vom Berufungsgericht erlassenen Umfang nicht berechtigt. Ob andere deutsche Instanzgerichte oder das deutsche Schrifttum § 284 dStGB für gemeinschaftsrechtswidrig halten, wie die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung aufzuzeigen versucht, ist demgegenüber ohne Bedeutung, kommt es doch für die inhaltliche Richtigkeit einer in Deutschland öffentlich vertretenen Rechtsauffassung in erster Linie auf die Rechtsprechung des zuständigen deutschen Höchstgerichts an. Aus demselben Grund war auch die Anregung, ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH einzuleiten, nicht aufzugreifen.
6. Die Klägerin hat auch eine gezielte Behinderung durch die Beklagten geltend gemacht. Der damit angesprochene Tatbestand des § 4 Nr 10 dUWG setzt die positive Feststellung einer gezielten Behinderung in Verdrängungsabsicht voraus (Baumbach/Hefermehl aaO § 4 Rz 10.8 f); solche Feststellungen haben die Vorinstanzen nicht getroffen. Davon abgesehen steht die Verbreitung kommerzieller Meinungsäußerungen auch unter dem Schutz der Meinungsfreiheit; solches ist wettbewerbsrechtlich so lange unbedenklich, als sich die Äußerungen - wie hier - auf den Versuch der geistigen Einflussnahme und Überzeugung beschränken und die Grenze zu physischem, wirtschaftlichem oder vergleichbarem Druck auf die Adressaten nicht überschreiten (vgl zum Tatbestand des Boykotts Baumbach/Hefermehl aaO Rz 10.123). Auch unter diesem Aspekt ist das Klagebegehren nicht berechtigt.
Der Revision ist Folge zu geben und die abweisende Entscheidung des Erstgerichts in der Hauptsache wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 ZPO, im Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO. Zu berücksichtigen ist, dass die Leistungen des österreichischen Rechtsanwalts für einen ausländischen Klienten nach § 3a Abs 10 Z 3 UStG 1994 nicht der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen. Sie gelten als am Ort des Empfängers erbracht (Empfängerlandprinzip) und unterliegen daher jener Umsatzsteuer, die dort, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt, zu entrichten ist (4 Ob 199/01w = RZ 2002/11; RIS-Justiz RS0114955). Ob - und allenfalls in welcher Höhe - die Beklagten (oder ihr inländischer Vertreter selbst) für die erbrachten anwaltlichen Leistungen in Deutschland Umsatzsteuer abzuführen haben, bedarf keiner näheren Prüfung, weil mit der kommentarlosen Verzeichnung von 20 % USt durch die Beklagten ohne Zweifel nur die inländische USt angesprochen worden ist. Dass die Beklagten für die angesprochenen Leistungen in Deutschland umsatzsteuerpflichtig sind, wäre dem Grunde und der Höhe nach zu behaupten und zu bescheinigen gewesen (§ 54 Abs 1 ZPO; 4 Ob 199/01w). Den Beklagten waren daher nur die Vertretungskosten ohne Umsatzsteuer zuzusprechen.
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