Auszüge aus dem Artikel von Ileana Grabitz vom 27. Februar 2010, 04:00 Uhr
Münchner Landgericht verhängt Ordnungsstrafe
In einem weiteren, gestern erlassenen Urteil wird die Verwaltung aufgefordert, keine Lotterielose mehr an Jugendliche ausgeben zu lassen - unter Androhung eines Ordnungsgelds von 250 000 Euro. In Testverkäufen war zuvor offenbar nachgewiesen worden, dass in 84 Prozent der Fälle Lose an Minderjährige ohne Vorlage eines Ausweises verkauft worden waren.
............So war der Präsident der staatlichen Lotterieverwaltung einer der größten Befürworter des 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags, der das staatliche Monopol auf Glücksspiele verfügte und im gleichen Schritt teils radikale Werbebeschränkungen für Lottoannahmestellen verhängte.
Tatsächlich hatten sich Bund und Länder das Monopol auf Lotto und Sportwetten damals nur durch ein Hintertürchen sichern können. Gemäß eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts war dies nur zulässig, wenn sie im gleichen Zug einen organisierten Kampf gegen die Spielsucht anzettelten - etwa indem sie die Werbung für Jackpot und Sportwetten stark reduzierten. Das versprachen die staatlichen Anbieter von Lotto und Sportwetten zwar. .......
Auch die EU-Kommission ist mit dem deutschen Gesetz nicht zufrieden. Sie leitete in dieser Sache bereits 2008 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Erst Anfang Februar hatte der neue EU-Kommissar für Binnenmarkt, Michel Barnier, bekräftig, das Verfahren fortsetzen zu wollen. Quelle: Die Welt mehr
Lotto Bayern verstößt gegen Minderjährigenschutz und gegen Internet-Werbeverbot
Staatliche Lotterieverwaltung erneut in zwei Fällen verurteilt
15.04.2010 (Köln) – Gleich zwei Verhandlungen gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch die Staatliche Lotterieverwaltung in Bayern (Lotto Bayern), standen am 25. Februar vor dem Landgericht I in München an. Nach den jetzt vorliegenden Urteilen sieht das Gericht in beiden Fällen Verstöße gegen den Glücksspielstaatsvertrag als erwiesen an.
Das LG München I verurteilte zum einen Lotto Bayern es zu unterlassen, für Sofortlotterien, insbesondere Bayernlose, extraGehalt oder Astrolose im Internet zu werben oder werben zu lassen (4HK O 13833/09). Anlass war ein niedlich bebilderter, ausführlicher Hinweis, mit dem die staatliche Lottogesellschaft "rechtzeitig zum Osterfest" auf ihrer Webseite ein so genanntes "Glückspäckchen im Osternest" beworben hatte.
In dem zweiten Verfahren wurde Lotto Bayern nach mündlicher Verhandlung durch das LG München I verboten, Minderjährigen den Kauf von Sofortlotterielosen, insbesondere Astro- und/oder Bayernlose zu ermöglichen oder diese Handlung durch Dritte zu begehen (4HK O 13834/09). Das Landgericht München I folgte damit einer Entscheidung der 33. Zivilkammer zum Erlass einer Einstweiligen Verfügung. Wiederholt war bei Testkäufen festgestellt worden, dass in vielen bayerischen Lottoannahmestellen Minderjährige ungehindert Rubbellose kaufen, KENO spielen oder Oddset-Sportwetten abgeben können. Das Gericht stellt in seinem Urteil zudem fest, dass der staatliche Lotterieveranstalter "offensichtlich keine zielgerichtete Überprüfung dieser (bereits spätestens seit der Zustellung der einstweiligen Verfügung zu Last gelegten) Sachverhalte durchgeführt" habe.
Diese Urteile widerlegen erneut Äußerungen von Erwin Horak, dem Präsidenten der Staatlichen Lotterieverwaltung. Er beteuert gegenüber den Medien immer wieder die angeblich erfolgreiche Aufklärungs- und Präventionsarbeit in Bayern beteuert. Insbesondere betont Horak dabei die Wirksamkeit der Maßnahmen für den Spieler- und Jugendschutz in den bayerischen Annahmestellen.
Die Darstellung stimmt nicht mit der Wirklichkeit überein. So hatte auch die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. im Februar vergangenen Jahres Klage gegen Lotto Bayern eingereicht. Grund: Bei Testkäufen in Annahmestellen wurden vielfach Lotto- und andere Lose an Minderjährige verkauft. Kontrollen gab es kaum: 84 % aller Jugendlichen konnten ohne Vorlage eines Ausweises eine Oddset-Wette platzieren. 72 % wurden erst gar nicht erst nach einem Ausweis befragt. 54 % konnten mit der Ausrede "vergessen" eine Wette platzieren. Quelle: GIG – Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V.
OLG Oldenburg: “Denken Sie daran … vor dem Urlaub LOTTO zu spielen” ist verbotene Glücksspielwerbung
LG München I vom 19.04.2010: Lotto Bayern verstößt auch mit seiner Keno-Werbung gegen den Glücksspielstaatsvertrag Quelle: GIG - Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V.
Landgericht Potsdam trübt Goldgräberstimmung bei Lotto Brandenburg
Werbung für "L-Dorado" verboten. Mehrfacher Verstoß gegen den Glücksspielstaatsvertrag.
Die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam hat die Land Brandenburg Lotto GmbH verurteilt, die Bewerbung ihres Produktes "L-Dorado" zu unterlassen. Zudem hat das LG die Aktivlegitimation des GIG Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V. bestätigt und den Vorwurf der Rechtsmissbräuchlichkeit eindeutig verneint (Az. 51 O 65/09).
18.3.2010 Testkäufe bei Lotto-Annahmestellen: 120 Mahnungen
OLG Koblenz: Werbung der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH verstößt gegen Glücksspielstaatsvertrag veröffentlicht: 07.12.2009
OLG Koblenz untersagt Werbung mit einem "Jackpot" veröffentlicht: 04.06.2009
Lotto Rheinland-Pfalz GmbH muss bestimmte Werbung für Lotterie "Goldene 7" unterlassen veröffentlicht: 20.11.2009.
Oberlandesgericht Koblenz, Urteil v. 04.11.2009 - Az.: 9 U 889/09 Leitsatz:
Die Bewerbung der Sofortlotterie "Goldene 7 - Das neue 5 EUR-Los" verstößt gegen die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages. Die auffällige Gestaltung der gesamten Reklame animiert den Kunden zur Teilnahme an der Lotterie.
LG München I, mit dem Beschluss vom 06.11.2008 wurde es der SLV verboten, im geschäftlichen Verkehr bei der Bewerbung der Lotterie "Lotto" die Höhe des Jackpots mitzuteilen, wenn dies wie im Urteil konkret abgebildet bei Anzeigen in Zeitungen, bei Jackpotaufstellern und in der Kundenzeitschrift "Spiel mit" geschehe.
Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil v. 18.08.2009 - Az.: 6 U 103/08 Leitsatz:
1. Eine blickfangmäßig auf Aufstellern am Gehweg vorgenommene, sehr auffällige Darstellung des aktuellen Lotto-Jackpots stellt eine unzulässige Werbung für Glücksspiele dar, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise in den Hintergrund treten.
2. Ebenso unzulässig ist die Werbung mit früher in der Annahmestelle erzielten Gewinnen.
3. Sachliche Informationen über Glücksspiele auf der Internetseite des Veranstalters können trotz des Internet-Werbeverbots zulässig sein, wenn auf der Internetseite selbst keine Spiel-Teilnahme möglich ist.
Kammergericht Berlin, Urteil v. 12.08.2009 - Az.: 24 U 40/09 Leitsatz:
1. Werbetafeln, die einen lächelnden "Lotto-Trainer" zeigen und den Jackpot anpreisen, verletzen die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages.
2. Ein Leuchtelement mit der Aufschrift "Lotto" und dem bekannten grünen Kleeblatt verstößt nicht gegen den Glücksspielstaatsvertrag, sofern sich die erforderlichen Warn- und Schutzhinweise im Ladeninnern der Lottoannahmestelle finden.
Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. 07. 2009 zum Lotterieterminal „Quicky“ mehr
Landgericht Berlin, Urteil v. 05.05.2009 - Az.: 103 O 56/09 Leitsatz:
Die Oster-Aktion "Oster-Rubbellose" im Osterkorb verstößt gegen glücksspielrechtliche Vorschriften. Die Reklame sei nicht sachlich gehalten und animiere durch die besondere Aufmachung der Abbildung zum Spielen.
Oberlandesgericht Muenchen, Urteil v. 30.04.2009 - Az.: 29 U 5351/08 Leitsatz: Ist eine Werbung für staatliche Spielbanken gezielt darauf ausgerichtet, zur Teilnahme am Glücksspiel aufzufordern, wird damit die Spielleidenschaft ausgenutzt und die Reklame ist rechtswidrig.
Kammergericht Berlin, Urteil v. 30.03.2009 - Az.: 24 U 168/08 Leitsatz:
Reklame mit der Aussage "Horoskop-Spielscheine für Lotto 6 aus 49" verstößt gegen glücksspielrechtliche Vorschriften. Es liegt kein sachlicher Grund für diese besondere Form der Präsentation vor.
Kammergericht Berlin, Urteil v. 30.03.2009 - Az.: 24 U 145/08 Leitsatz:
1. Es handelt sich um unerlaubte Glücksspielwerbung, wenn der Jackpot farblich als auch gestalterisch herausgestellt wird.
2. Wird auf der Internetseite eines Glücksspielanbieters ein überdimensional großes Lotterielos abgebildet sowie eine glücklich lächelnde Personen, handelt es sich um verbotene Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet.
Landgericht Berlin, Urteil v. 24.03.2009 - Az.: 103 O 202/08 Leitsatz:
Eine Werbetafel, auf dem ein "Lotto-Trainer" abgebildet ist, verstößt gegen glücksspielrechtliche Vorschriften. Der Aufsteller überschreitet durch seine grafische Gestaltung und den zugehörigen Text den zulässigen Inhalt der Werbung für Glücksspiel.
Landgericht Berlin, Urteil v. 03.03.2009 - Az.: 102 O 273/08 Leitsatz:
1. Ein Werbeaufsteller vor einer Lotto-Annahmestelle, auf dem ein lächelnder Lotto-Trainer mit Lottoschein in der einen und Kugelschreiber in der anderen Hand abgebildet ist und der die Aufschrift "Der LOTTO-Trainer meint: Viel Glück!" enthält, stellt eine unzulässige Werbung für Glücksspiele dar. Glücksspielwerbung hat sich auf sachliche Informationen zu beschränken und darf nicht zur Teilnahme auffordern.
2. Ein auf die Straße hinausragendes Leuchtelement mit der Aufschrift "LOTTO" und dem Kleeblatt stellt Werbung dar und muss daher auch Warnhinweise enthalten.
3. Der Verkauf von Lotto-Scheinen unmittelbar neben Alltagswaren ist grundsätzlich zulässig.
LG Berlin Urteil v. 11.02.2009, Az. 97 O 116/08 zur Unterlassung einer Jackpot-Werbung verurteilt. Glückspielrecht - Unzulässige Jackpot-Werbung - Der Werbeaufsteller hob das Wort "Jackpot!" und die aktuelle Gewinnsumme blickfangmäßig... Quelle: http://www.wettbewerbszentrale.de
Oberverwaltungsgericht Lueneburg, Beschluss v. 12.09.2008 - Az.: 11 ME 476/07 Leitsatz:
1. Die Annahme von Lottoscheinen über Service-Terminals in Sparkassen stellt einen neuen Vertriebsweg für die staatlichen Lotterien dar. Eine Ausweitung der Vertriebswege widerspricht dem Ziel der Begrenzung des Glücksspielangebots.
2. Im Übrigen ist die Annahme über Service-Terminals mit der anonymen Spielteilnahme über das Internet vergleichbar und auch deshalb unzulässig.
Oberlandesgericht Muenchen, Beschluss v. 22.04.2008 - Az.: 29 W 1211/08
Leitsatz: Den staatlichen Glücksspiel-Anbietern (hier: Lotto Bayern) ist es verboten, im Bereich des Glücksspielwesens die Höhe von planmäßigen Jackpots zu bewerben.
Wettbewerbszentrale: „Staat kann nicht einerseits Lotteriemonopol zum Schutz vor Spielsucht begründen, dann aber selbst ausdrücklich zur Teilnahme an Lotterie auffordern“ - Durch Beschluss vom 22.04.2008 hat das Oberlandesgericht München in einem von der Wettbewerbszentrale gegen den Freistaat Bayern geführten Verfahren in drei Fällen Jackpotwerbung für Lotto untersagt.
Landgericht Muenchen_I, Urteil v. 11.03.2008 - Az.: 33 O 1694/08 Leitsatz:
Den staatlichen Glücksspiel-Anbietern (hier: Lotto Bayern) ist es verboten, im Bereich des Glücksspielwesens im Internet die Höhe von planmäßigen Jackpots zu bewerben.
Oberlandesgericht Celle, Urteil v. 05.09.2007 - Az.: 13 U 62/07: Lotterie "Quicky" wettbewerbswidrig
Leitsatz: Das Anbieten der staatlichen Lotterie "Quicky" in gastronomischen Betrieben (Restaurants, Bars, Cafes, Bistros) ist wettbewerbswidrig.
Landgericht Hannover Urteil vom 15.03.2007 Az. 23 O 99/05
Leitsatz: Ausnutzung des Glückspielmonopols zu fiskalischen Zwecken bei Lotterie „Quicky“ wettbewerbswidrig
Die Lotteriegesellschaft Toto-Lotto Niedersachsen GmbH darf das Lotteriespiel „Quicky“ nicht außerhalb von Toto-Lotto-Annahmestellen, wie z. B. in Gaststätten, anbieten. Dies hat das Landgericht Hannover auf Antrag der Wettbewerbszentrale mit Urteil vom 15.03.2007 (nicht rechtskräftig) entschieden.
LG München I: Bayrische Lotterieverwaltung darf nicht mit Verlosung von FIFA WM-Tickets werben -
Das Landgericht München I hat dem Freistaat Bayern per einstweiliger Verfügung vom 29.03.2006 verboten für die Verlosung von WM-Tickets zu werben, wenn die Teilnahme an dieser Verlosung vom Abschluss von Verträgen über Lotterien/Wetten, wie Lotto, Ergebniswette, Auswahlwette und GlücksSpirale, sowie der ODDSET-Kombi-Wette abhängig ist.
Zocker und Kassierer Gewinnausschüttung in Prozent Quelle: Universität Hohenheim, Forschungsstelle Glücksspiel, Unternehmensangaben; aus: wiwo
update v. 09.05.2010
Samstag, 27. Februar 2010
Landgericht München I: Staatliche Lotterieverwaltung Bayern soll 125.000 Euro Ordnungsgeld zahlen
München - Das Landgericht München I hat Staatliche Lotterieverwaltung Bayern zur Zahlung eines Ordnungsgelds von 125.000 Euro verurteilt. mehr und mehr
Höchststrafe statt Höchstgewinn
- OLG München – Ordnungsmittelbeschluss gegen Lotto Bayern
- Jackpot-Werbung kommt die Staatliche Lotterieverwaltung teuer zu stehen
06.05.2010 (Köln) – Mit einer Vielzahl von Jackpot-Anzeigen und Werbetafeln mit anreizender, plakativer Hervorhebung der Höchstgewinne für "Lotto 6aus 49" hat die Staatliche Lotterieverwaltung in Bayern (Lotto Bayern) gegen ein Urteil des Landgerichts München I verstoßen und war deswegen zu einem Ordnungsgeld von 125.000 Euro, ersatzweise 10 Tagen Ordnungshaft, verurteilt worden. Dagegen hatte Lotto Bayern erwartungsgemäß sofortige Beschwerde erhoben.
Das Oberlandesgericht München wies jetzt mit seinem Beschluss vom 28.04.2010 (29 W 1209/10) diese Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Bei den beanstandeten Werbemaßnahmen stünden die plakative Hervorhebung der Gewinnabgabe in "eklatantem Missverhältnis" zur Erwähnung von Suchtgefahr und geringer Gewinnwahrscheinlichkeit. Der Präsident der Staatlichen Lotterieverwaltung, Erwin Horak, muss nun bei einem weiteren Verstoß ergänzend zum Ordnungsgeld mit bis zu sechs Monaten Ordnungshaft rechnen, im Wiederholungsfall sogar mit einer Haft von bis zu zwei Jahren.
Der Beschluss reiht sich in eine lange Serie rechtskräftig nachgewiesener Verstöße der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern ein. Die Entscheidungen der Gerichte wurden jedoch bisher weder von der Lotterieverwaltung, noch der Glücksspielaufsicht oder der Landesregierung wirklich ernst genommen. Was vermutlich auch daran liegt, dass die Ordnungsgelder letztlich dem Landeshalt erhalten bleiben; sie fließen lediglich vom Finanz- in das Justizressort. Die Frage ist, wie Gerichte mit zukünftigen Verstößen umgehen.
Quelle: GIG – Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V. mehr
Der Lotto-Krieg: Glücksspiel-Anbieter klagen um die Wette wiwo
update: 09.05.2010
Höchststrafe statt Höchstgewinn
- OLG München – Ordnungsmittelbeschluss gegen Lotto Bayern
- Jackpot-Werbung kommt die Staatliche Lotterieverwaltung teuer zu stehen
06.05.2010 (Köln) – Mit einer Vielzahl von Jackpot-Anzeigen und Werbetafeln mit anreizender, plakativer Hervorhebung der Höchstgewinne für "Lotto 6aus 49" hat die Staatliche Lotterieverwaltung in Bayern (Lotto Bayern) gegen ein Urteil des Landgerichts München I verstoßen und war deswegen zu einem Ordnungsgeld von 125.000 Euro, ersatzweise 10 Tagen Ordnungshaft, verurteilt worden. Dagegen hatte Lotto Bayern erwartungsgemäß sofortige Beschwerde erhoben.
Das Oberlandesgericht München wies jetzt mit seinem Beschluss vom 28.04.2010 (29 W 1209/10) diese Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Bei den beanstandeten Werbemaßnahmen stünden die plakative Hervorhebung der Gewinnabgabe in "eklatantem Missverhältnis" zur Erwähnung von Suchtgefahr und geringer Gewinnwahrscheinlichkeit. Der Präsident der Staatlichen Lotterieverwaltung, Erwin Horak, muss nun bei einem weiteren Verstoß ergänzend zum Ordnungsgeld mit bis zu sechs Monaten Ordnungshaft rechnen, im Wiederholungsfall sogar mit einer Haft von bis zu zwei Jahren.
Der Beschluss reiht sich in eine lange Serie rechtskräftig nachgewiesener Verstöße der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern ein. Die Entscheidungen der Gerichte wurden jedoch bisher weder von der Lotterieverwaltung, noch der Glücksspielaufsicht oder der Landesregierung wirklich ernst genommen. Was vermutlich auch daran liegt, dass die Ordnungsgelder letztlich dem Landeshalt erhalten bleiben; sie fließen lediglich vom Finanz- in das Justizressort. Die Frage ist, wie Gerichte mit zukünftigen Verstößen umgehen.
Quelle: GIG – Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V. mehr
Der Lotto-Krieg: Glücksspiel-Anbieter klagen um die Wette wiwo
update: 09.05.2010
Missbraucht Landesregierung Lotto-Millionen?
Martin Dulig, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, erklärt:
Unland muss Verteilung der Lotto-Mittel auf neue Grundlage stellen!
„Wenn beim Lotto schon so viele Menschen verlieren, dann müssen wenigsten die Schwächsten in der Gesellschaft die Gewinner sein. Der Löwenanteil der Lotto-Millionen fließt in Sachsen aber in der Finanzierung der Hochkultur. Wohlfahrt, Jugend und Suchtprävention bleiben hingegen auf der Strecke. Das entspricht aber weder der Intention des Staatsvertrages, noch ist es im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes. Es drängt sich also der Verdacht auf, dass der Finanzminister die Lotto-Mittel zur Querfinanzierung im Haushalt missbraucht. mehr
Unland muss Verteilung der Lotto-Mittel auf neue Grundlage stellen!
„Wenn beim Lotto schon so viele Menschen verlieren, dann müssen wenigsten die Schwächsten in der Gesellschaft die Gewinner sein. Der Löwenanteil der Lotto-Millionen fließt in Sachsen aber in der Finanzierung der Hochkultur. Wohlfahrt, Jugend und Suchtprävention bleiben hingegen auf der Strecke. Das entspricht aber weder der Intention des Staatsvertrages, noch ist es im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes. Es drängt sich also der Verdacht auf, dass der Finanzminister die Lotto-Mittel zur Querfinanzierung im Haushalt missbraucht. mehr
Justiz droht Lotto-Chef
Aus einem Artikel von Klaus Ott aus der Süddeutschen Zeitung vom 26.02.2010
Geldbuße oder Haft wegen Jackpot-Werbung
Hinter Gitter muss Bayerns Lotto-Chef Erwin Horak noch nicht, und das Gefängnis wird ihm vermutlich auch später erspart bleiben. Es ist nur eine vorsorgliche Drohung, die das Münchner Landgericht jetzt ausgesprochen hat. Sollte die Staatliche Lotterieverwaltung weiterhin zu heftig für eine Teilnahme an ihrem Glücksspiel werben, und sollte sie ein deshalb verhängtes Ordnungsgeld in Höhe von 125 000 Euro nicht aufbringen, dann müsste ihr Präsident Horak in Haft. Zehn Tage lang, falls nicht gezahlt wird; bis zu sechs Monate, falls auch künftig zu intensiv mit dem Jackpot geworben wird; sowie "im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahre". und weiter....
Der Jackpot lockt besonders viele Kunden in die Annahmestellen, wo sie ihre Tippscheine abgeben. Die Münchner Justiz hat Horaks Lottogesellschaft frühzeitig dazu verdonnert, den Jackpot nicht mehr zu sehr in den Vordergrund zu stellen.
Das sei aber weiterhin geschehen, rügte die Wettbewerbszentrale und trug mehr als 100 angebliche Verstöße beim Landgericht vor. Und das befand jetzt, die staatliche Lotterieverwaltung habe offenbar versucht, mit einer "spitzfindigen Auslegung" eines früheren Urteils Werbeverbote zu umgehen. Das sei nicht statthaft. Die Lottogesellschaft müsse für die Verstöße zahlen, oder Horak müsse ins Gefängnis, entschied das Landgericht. Weitere Verstöße sollen streng geahndet werden, rechtskräftig ist dieser Beschluss noch nicht. Die Lotterieverwaltung geht in Berufung.
Horaks Gesellschaft erklärt, man habe die Werbung schon stark eingeschränkt und Zeitungsinserate wiederholt überarbeitet. Auch seien sogenannte Aufsteller mit Jackpot-Plakaten ganz aus den Straßen verbannt worden. Man halte die Gerichtsentscheidung für falsch. Das Landgericht glaubt übrigens nicht, dass sein Ordnungsgeld recht hilfreich ist. Dieser Betrag werde eigentlich nur vom Finanzhaushalt zum Justizhaushalt umgebucht und verbleibe so letztlich immer beim Freistaat.
Haft für Horak wäre also wirksamer, ist aber nicht in Sicht.
Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 26.02.2010
Mit Horoskop-Glückszahlen gegen die Glücksspielsucht?
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG mehr
Lotto informiert: Vermeintlicher Verstoß der Staatlichen Lotterieverwaltung gegen Untersagung der Jackpotwerbung
Vermeintlicher Verstoß der Staatlichen Lotterieverwaltung (SLV) gegen Untersagung der Jackpotwerbung aus dem Urteil des LG München I vom 06.11.2008
Hier: Ordnungsgeld (Beschluss des LG München I vom 04.02.2010)
In dem dem aktuellen Ordnungsgeldbeschluss zu Grunde liegenden Urteil des LG München I vom 06.11.2008 wurde es der SLV verboten, im geschäftlichen Verkehr bei der Bewerbung der Lotterie "Lotto" die Höhe des Jackpots mitzuteilen, wenn dies wie im Urteil konkret abgebildet bei Anzeigen in Zeitungen, bei Jackpotaufstellern und in der Kundenzeitschrift "Spiel mit" geschehe. Gerügt wurde die Unausgewogenheit der Größendarstellung der Jackpotzahl im Vergleich zu den Pflichthinweisen zu Sucht, Minderjährigenschutz und Hilfsangeboten bzw. das Fehlen der Pflichthinweise.
In der Folge hat die SLV aus ihrer Sicht alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um den Vorgaben des o.g. Urteils gerecht zu werden und daher mit ihrer weiteren Werbung keinen kerngleichen Verstoß zu begehen.
Im Einzelnen:
- Die im Urteil vom 06.11.2008 gerügte Werbung auf der Titelseite der "Spiel mit" wurde seinerzeit sofort ersatzlos eingestellt und ist nicht streitgegenständlich.
- Die Jackpot-Aufsteller wurden sämtlich mit deutlich lesbaren Pflichthinweisen versehen, sodass unseres Erachtens kein kerngleicher Verstoß gegeben ist, da im Urteil vom 06.11.2008 das Fehlen der Pflichthinweise auf den Jackpot-Aufstellern gerügt wurde.
- Die (bundesweit geschalteten und in keinem Bundesland - weder von den Gerichten noch von den Lotterieaufsichten - beanstandeten) Anzeigen in der Bild-Zeitung wurden neu überarbeitet, sodass der Eingangsslogan "Lotto informiert…..", die Jackpothöhe sowie die Pflichthinweise je ein Drittel der Anzeige bildeten. Auch dies eine deutliche Abkehr vom ursprünglichen Layout, die unseres Erachtens einen Verstoß ausschließt.
Aus den genannten Gründen halten wir die Entscheidung des LG München I für falsch und werden wir in Absprache mit dem Landesamt für Finanzen gegen den Ordnungsmittelbeschluss vorgehen und entsprechendes Rechtsmittel einlegen.
Unabhängig davon haben wir Anfang diesen Jahres bereits im Vorfeld des ergangenen Ordnungsmittelbeschlusses unsere Jackpot-Aufsteller zur Gänze entfernt und entsprechende Jackpot-Plakate sowie die Bild-Zeitungsanzeigen nochmals überarbeitet und die Pflichthinweise noch prominenter herausgestellt, was auch das LG München I in dem Ordnungsgeldbeschluss ausdrücklich positiv bewertet hat.
Quelle: Staatliche Lotterieverwaltung Bayern
Geldbuße oder Haft wegen Jackpot-Werbung
Hinter Gitter muss Bayerns Lotto-Chef Erwin Horak noch nicht, und das Gefängnis wird ihm vermutlich auch später erspart bleiben. Es ist nur eine vorsorgliche Drohung, die das Münchner Landgericht jetzt ausgesprochen hat. Sollte die Staatliche Lotterieverwaltung weiterhin zu heftig für eine Teilnahme an ihrem Glücksspiel werben, und sollte sie ein deshalb verhängtes Ordnungsgeld in Höhe von 125 000 Euro nicht aufbringen, dann müsste ihr Präsident Horak in Haft. Zehn Tage lang, falls nicht gezahlt wird; bis zu sechs Monate, falls auch künftig zu intensiv mit dem Jackpot geworben wird; sowie "im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahre". und weiter....
Der Jackpot lockt besonders viele Kunden in die Annahmestellen, wo sie ihre Tippscheine abgeben. Die Münchner Justiz hat Horaks Lottogesellschaft frühzeitig dazu verdonnert, den Jackpot nicht mehr zu sehr in den Vordergrund zu stellen.
Das sei aber weiterhin geschehen, rügte die Wettbewerbszentrale und trug mehr als 100 angebliche Verstöße beim Landgericht vor. Und das befand jetzt, die staatliche Lotterieverwaltung habe offenbar versucht, mit einer "spitzfindigen Auslegung" eines früheren Urteils Werbeverbote zu umgehen. Das sei nicht statthaft. Die Lottogesellschaft müsse für die Verstöße zahlen, oder Horak müsse ins Gefängnis, entschied das Landgericht. Weitere Verstöße sollen streng geahndet werden, rechtskräftig ist dieser Beschluss noch nicht. Die Lotterieverwaltung geht in Berufung.
Horaks Gesellschaft erklärt, man habe die Werbung schon stark eingeschränkt und Zeitungsinserate wiederholt überarbeitet. Auch seien sogenannte Aufsteller mit Jackpot-Plakaten ganz aus den Straßen verbannt worden. Man halte die Gerichtsentscheidung für falsch. Das Landgericht glaubt übrigens nicht, dass sein Ordnungsgeld recht hilfreich ist. Dieser Betrag werde eigentlich nur vom Finanzhaushalt zum Justizhaushalt umgebucht und verbleibe so letztlich immer beim Freistaat.
Haft für Horak wäre also wirksamer, ist aber nicht in Sicht.
Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 26.02.2010
Mit Horoskop-Glückszahlen gegen die Glücksspielsucht?
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG mehr
Lotto informiert: Vermeintlicher Verstoß der Staatlichen Lotterieverwaltung gegen Untersagung der Jackpotwerbung
Vermeintlicher Verstoß der Staatlichen Lotterieverwaltung (SLV) gegen Untersagung der Jackpotwerbung aus dem Urteil des LG München I vom 06.11.2008
Hier: Ordnungsgeld (Beschluss des LG München I vom 04.02.2010)
In dem dem aktuellen Ordnungsgeldbeschluss zu Grunde liegenden Urteil des LG München I vom 06.11.2008 wurde es der SLV verboten, im geschäftlichen Verkehr bei der Bewerbung der Lotterie "Lotto" die Höhe des Jackpots mitzuteilen, wenn dies wie im Urteil konkret abgebildet bei Anzeigen in Zeitungen, bei Jackpotaufstellern und in der Kundenzeitschrift "Spiel mit" geschehe. Gerügt wurde die Unausgewogenheit der Größendarstellung der Jackpotzahl im Vergleich zu den Pflichthinweisen zu Sucht, Minderjährigenschutz und Hilfsangeboten bzw. das Fehlen der Pflichthinweise.
In der Folge hat die SLV aus ihrer Sicht alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um den Vorgaben des o.g. Urteils gerecht zu werden und daher mit ihrer weiteren Werbung keinen kerngleichen Verstoß zu begehen.
Im Einzelnen:
- Die im Urteil vom 06.11.2008 gerügte Werbung auf der Titelseite der "Spiel mit" wurde seinerzeit sofort ersatzlos eingestellt und ist nicht streitgegenständlich.
- Die Jackpot-Aufsteller wurden sämtlich mit deutlich lesbaren Pflichthinweisen versehen, sodass unseres Erachtens kein kerngleicher Verstoß gegeben ist, da im Urteil vom 06.11.2008 das Fehlen der Pflichthinweise auf den Jackpot-Aufstellern gerügt wurde.
- Die (bundesweit geschalteten und in keinem Bundesland - weder von den Gerichten noch von den Lotterieaufsichten - beanstandeten) Anzeigen in der Bild-Zeitung wurden neu überarbeitet, sodass der Eingangsslogan "Lotto informiert…..", die Jackpothöhe sowie die Pflichthinweise je ein Drittel der Anzeige bildeten. Auch dies eine deutliche Abkehr vom ursprünglichen Layout, die unseres Erachtens einen Verstoß ausschließt.
Aus den genannten Gründen halten wir die Entscheidung des LG München I für falsch und werden wir in Absprache mit dem Landesamt für Finanzen gegen den Ordnungsmittelbeschluss vorgehen und entsprechendes Rechtsmittel einlegen.
Unabhängig davon haben wir Anfang diesen Jahres bereits im Vorfeld des ergangenen Ordnungsmittelbeschlusses unsere Jackpot-Aufsteller zur Gänze entfernt und entsprechende Jackpot-Plakate sowie die Bild-Zeitungsanzeigen nochmals überarbeitet und die Pflichthinweise noch prominenter herausgestellt, was auch das LG München I in dem Ordnungsgeldbeschluss ausdrücklich positiv bewertet hat.
Quelle: Staatliche Lotterieverwaltung Bayern
Mittwoch, 24. Februar 2010
Glücksspielverbot muss kohärente Beschränkung auf dem Gebiet der monopolisierten Glücksspiele sein
Generalanwalt des EuGH
Nach Auffassung von Generalanwalt Mazák verstößt ein Mitgliedstaat, der den Betrieb von Spielbanken Gesellschaften mit Sitz im Inland vorbehält, gegen das Unionsrecht. Im Übrigen bedarf es danach für die Bewertung, ob eine innerstaatliche Politik zur Beschränkung des Glücksspiels kohärent ist, nur der Prüfung des betroffenen Glückspielssektors.
Pressemitteilung des EuGH Nr. 10 v. 23. 2. 2010 mehr
Nach Auffassung von Generalanwalt Mazák verstößt ein Mitgliedstaat, der den Betrieb von Spielbanken Gesellschaften mit Sitz im Inland vorbehält, gegen das Unionsrecht. Im Übrigen bedarf es danach für die Bewertung, ob eine innerstaatliche Politik zur Beschränkung des Glücksspiels kohärent ist, nur der Prüfung des betroffenen Glückspielssektors.
Pressemitteilung des EuGH Nr. 10 v. 23. 2. 2010 mehr
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
JÁN MAZÁK
vom 23. Februar 20101(1)
Rechtssache C‑64/08
Staatsanwaltschaft Linz
gegen
Ernst Engelmann
(Vorabentscheidungsersuchen des Landesgerichts Linz [Österreich])
„Niederlassungsfreiheit – Glücksspiel
– Konzessionssystem für den Betrieb von Glücksspielen in Spielbanken –
Möglichkeit zur Erlangung einer Konzession nur für Aktiengesellschaften
mit Sitz im Inland – Kohärenz der nationalen Politik auf dem Gebiet des
Spiels – Werbung“
I – Einleitung
1. Die
vom Landesgericht Linz (Österreich) vorgelegten Fragen lenken ein
weiteres Mal die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf das Verhältnis
zwischen den gemeinschaftsrechtlichen Freiheiten und der
Gesetzgebungspolitik auf dem Gebiet des Glücksspiels in den
Mitgliedstaaten.
2. Im
Rahmen einer bereits umfangreichen Rechtsprechung soll der Gerichtshof
dieses Mal darüber entscheiden, ob mit den Art. 43 EG und 49 EG
nationale Rechtsvorschriften vereinbar sind, nach denen der Betrieb von
Glücksspielen in Spielbanken Aktiengesellschaften vorbehalten ist, die
ihren Sitz im Hoheitsgebiet des fraglichen Mitgliedstaats haben, die
Dauer der Konzessionen auf fünfzehn Jahre beschränkt ist und den
konzessionierten Veranstaltern erlaubt ist, Werbung zu treiben, die zur
Teilnahme an den fraglichen Spielen ermuntert.
II – Rechtlicher Rahmen
A – Das österreichische Glücksspielgesetz
3. Das Glücksspielwesen ist in Österreich durch das Glücksspielgesetz (GSpG) in der Fassung von 1989 geregelt(2).
1. Die Ziele des Glücksspielgesetzes
4. Keine
Bestimmung des Glücksspielgesetzes enthält eine Aussage darüber, welche
Ziele die Republik Österreich mit ihrer Regelung des Glücksspielwesens
verfolgt. Die Vorarbeiten zu diesem Gesetz geben jedoch ein wenig
Aufschluss, und ihnen entnehme ich, dass es sich dabei um Zielsetzungen
ordnungspolitischer und fiskalischer Natur handelt.
5. Zur
ordnungspolitischen Zielsetzung heißt es dort, „dass idealerweise ein
gänzliches Verbot von Glücksspielen die sinnvollste Regelung wäre.
Angesichts des bekannten Umstandes, dass der Spieltrieb dem Menschen nun
einmal immanent gegeben zu sein scheint …, ist es aber wesentlich
sinnvoller, diesen Spieltrieb im Interesse des Einzelnen und der
Gemeinschaft in geordnete Bahnen zu lenken. Dadurch wird zweierlei
erreicht: Eine in Staaten mit gänzlichem Glücksspielverbot zu
beobachtende Abwanderung des Glücksspieles in die Illegalität wird
vermieden, gleichzeitig erhält sich der Staat die Möglichkeit, die nun
auf legaler Basis betriebenen Glücksspiele zu überwachen. Diese
Überwachung muss als oberste Zielsetzung den Schutz des einzelnen
Spielers vor Augen haben.“
6. Hinsichtlich
der fiskalischen Zielsetzung wird in den Vorarbeiten „ein Interesse des
Bundes [festgestellt], einen möglichst hohen Ertrag aus dem
Glücksspielmonopol abschöpfen zu können. … Bei der Regelung des
Glücksspielwesens hat der Bund daher – unter Beachtung und Wahrung des
ordnungspolitischen Zieles – eine Durchführung der Glücksspiele in der
Richtung anzustreben, dass ihm ein möglichst hoher Ertrag aus dem
Monopol verbleibt.“
2. Das staatliche Glücksspielmonopol
7. Gemäß
§ 1 GSpG sind Glücksspiele „Spiele, bei denen Gewinn und Verlust
ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen“.
8. § 3
GSpG begründet ein „staatliches Glücksspielmonopol“, indem er vorsieht,
dass das Recht zur Durchführung von Glücksspielen, soweit im
Glücksspielgesetz nichts anderes bestimmt wird, dem Staat vorbehalten
ist.
3. Liberalisierte Spiele
9. Sportwetten, das „kleine“ Automatenspiel und Bagatellglücksspiele unterliegen diesem Monopol nicht.
10. Zum
einen werden Sportwetten in Österreich nicht als Glücksspiele
angesehen, da sie nicht rein zufallsbestimmt sind, sondern auch eine
gewisse Geschicklichkeit und Kenntnisse des Spielers erfordern. Sie
unterliegen der Regelungskompetenz der Länder und wurden liberalisiert.
Wer die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, hat Anspruch auf Erteilung
einer Lizenz zur Durchführung von Sportwetten nach herkömmlichen
Modalitäten oder im Internet.
11. Zum
anderen sind nach § 4 GSpG Automaten, bei denen der maximale Einsatz
pro Spiel 0,50 Euro und der mögliche Gewinn 20 Euro nicht übersteigen
darf („kleine“ Automaten), sowie Bagatellglücksspiele, Tombolas und
Warenausspielungen vom Glücksspielmonopol ausgenommen. Die
Regelungskompetenz für die kleinen Automaten wurde den Ländern
übertragen. Kleine Lotterien bedürfen ihrerseits der Genehmigung durch
das Bundesministerium für Finanzen.
4. Das Konzessionssystem
12. Der
Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, das Recht zur Durchführung
bzw. zum Betrieb von monopolisierten Glücksspielen durch Erteilung einer
Konzession für die Durchführung von Ausspielungen und elektronischen
Lotterien (§ 14 GSpG) sowie für den Betrieb von Spielbanken (§ 21 GSpG)
zu übertragen.
13. § 14
GSpG legt die Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession für
Ausspielungen und elektronische Lotterien fest. Es kann eine
allumfassende Gesamtkonzession erteilt werden(3).
Der Konzessionär muss eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Österreich
sein. Bei mehreren Konzessionswerbern ist jenem die Konzession zu
erteilen, der für den Bund den besten Abgabenertrag erwarten lässt.
14. Nach § 20 GSpG(4)
ist jährlich ein Betrag von 3 % der Umsatzerlöse der Österreichischen
Lotterien, der 40 Millionen Euro nicht unterschreiten darf, für Zwecke
der besonderen Sportförderung zur Verfügung zu stellen.
15. Die
Voraussetzungen für den Betrieb einer Spielbank sind in § 21 GSpG
festgelegt. Insgesamt dürfen höchstens zwölf Spielbankkonzessionen
erteilt werden(5).
Für das Gebiet einer Gemeinde darf nur eine Konzession erteilt werden.
In der Vorschrift heißt es, dass die Konzessionäre Aktiengesellschaften
sein müssen, die über einen Aufsichtsrat verfügen und ihren Sitz in
Österreich haben, dass sie über ein Grundkapital von mindestens 22
Millionen Euro verfügen müssen und dass sie aufgrund der Umstände
erwarten lassen müssen, dass sie unter Beachtung der Vorschriften des
§ 14 GSpG über den Schutz der Spielteilnehmer für die
Gebietskörperschaften den besten Abgabenertrag erzielen.
16. Nach § 22 GSpG darf die Dauer einer Glücksspielkonzession fünfzehn Jahre nicht überschreiten.
17. Gemäß
§ 24 GSpG ist es dem Konzessionär untersagt, Filialbetriebe außerhalb
Österreichs zu errichten. Nach § 24a GSpG ist eine Erweiterung eines
bereits konzessionierten Geschäftsgegenstands zu bewilligen, wenn keine
Beeinträchtigung des Spielbankaufkommens zu erwarten ist.
18. Gemäß
§§ 19 und 31 GSpG hat der Bundesminister für Finanzen ein allgemeines
Aufsichtsrecht über die Konzessionäre. Zu diesem Zweck kann er in die
Bücher der Konzessionäre Einsicht nehmen, und seine zur Ausübung des
Aufsichtsrechts ermächtigten Vertreter dürfen die Geschäftsräume der
Konzessionäre betreten. Außerdem entsendet er einen Staatskommissär in
die Konzessionärsgesellschaft. Schließlich ist der geprüfte
Jahresabschluss binnen sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahrs
dem Bundesminister für Finanzen vorzulegen.
19. § 25
Abs. 3 GSpG in der Fassung von 1989 verpflichtete den Konzessionär,
österreichischen Spielteilnehmern, denen die Mittel zur Teilnahme am Glücksspiel
fehlten oder denen die Teilnahme an derartigen Spielen untersagt war,
den Besuch der Spielbank zu untersagen oder einzuschränken. Auf der
Grundlage dieser Vorschrift wurde der Konzessionär, die Gesellschaft
Casinos Austria AG, in einigen von Spielteilnehmern angestrengten
Gerichtsverfahren zur Rückerstattung hoher Spielverluste verurteilt. Mit
der Reform des Glücksspielgesetzes vom August 2005 wurde die
Ersatzpflicht des Konzessionärs auf das konkrete Existenzminimum des
Spielers beschränkt und die Haftung des Konzessionärs auf Vorsatz oder
grobe Fahrlässigkeit beschränkt, so dass von ihr die Fälle nicht mehr
erfasst sind, in denen der zuvor nach seiner Kapazität für die Teilnahme
an Glücksspielen befragte Spielteilnehmer nur unvollständige Angaben
gemacht hat. Zudem ist nun eine Präklusivfrist von sechs Monaten
gesetzlich vorgesehen.
20. Seit
der Änderung des Glücksspielgesetzes von 2008 bestimmt dessen § 56
Abs. 1, dass die Konzessionäre bei ihren Werbeauftritten einen
verantwortungsvollen Maßstab zu wahren haben und dies auch im
Aufsichtswege überwacht wird.
B – Das österreichische Strafgesetzbuch
21. Nach
§ 168 des Strafgesetzbuchs (StGB) ist zu bestrafen, „[w]er ein Spiel,
bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall
abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur
Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um
aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen
einen Vermögensvorteil zuzuwenden“.
III – Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen
22. Herr
Engelmann, der deutscher Staatsbürger ist, betrieb in Österreich
Spielcasinos, und zwar in der Zeit von Anfang 2004 bis 19. Juli 2006 in
Linz und von April 2004 bis 14. April 2005 in Schärding. Er bot seinen
Kunden verschiedene Spiele, u. a. das Spiel Observationsroulette sowie
die Kartenspiele Poker und „Two Aces“ an. Er hatte sich bei den
österreichischen Behörden weder um eine Konzession für das Veranstalten
von Glücksspielen beworben, noch befand er sich im Besitz einer durch
die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats erteilten
Zulassung.
23. Mit
Urteil vom 5. März 2007 erkannte das Bezirksgericht Linz Herrn
Engelmann schuldig, im Bundesgebiet der Republik Österreich illegal
Glücksspiele veranstaltet zu haben, um sich daraus einen
Vermögensvorteil zuzuwenden. In dem Urteil wird er schuldig erkannt, das
Vergehen der Veranstaltung von Glücksspielen nach § 168 Abs. 1 StGB
begangen zu haben, und zu einer Geldstrafe von 2 000 Euro verurteilt.
24. Gegen
dieses Urteil legte Herr Engelmann beim Landesgericht Linz Berufung
ein. Da das nationale Gericht Zweifel hat, dass die österreichischen
Vorschriften über Glücksspiele mit dem freien Dienstleistungsverkehr und
der Niederlassungsfreiheit der Gemeinschaft vereinbar sind, hat es dem
Gerichtshof gemäß Art. 234 EG drei Fragen zur Vorabentscheidung
vorgelegt.
25. Diese
Zweifel gründen erstens darin, dass nach Kenntnis des vorlegenden
Gerichts vor Erlass der gegenwärtig geltenden maßgeblichen Vorschriften
des Glücksspielgesetzes keine Untersuchung über die mit der Spielsucht
verbundenen Gefahren und die rechtlichen bzw. faktischen Möglichkeiten
der Prävention stattgefunden habe, was im Widerspruch zum Urteil vom 13.
November 2003, Lindman (C‑42/02, Slg. 2003, I‑13519, Randnrn. 25
und 26), stehe.
26. Zweitens
hat das vorlegende Gericht Zweifel an der Kohärenz und der Systematik
der österreichischen Politik im Bereich des konzessionierten
Glücksspiels. Von einer kohärenten und systematischen Begrenzung der
Glücksspieltätigkeit könne nur dann gesprochen werden, wenn der
Gesetzgeber alle Sparten bzw. Sektoren von Glücksspielen bewertend in
den Blick nehme und sodann nach Maßgabe des jeweils ermittelten
Gefährdungs- bzw. Suchtpotenzials auch einschreite. Dies sei in
Österreich nicht der Fall. Auf der Grundlage des österreichischen
Glücksspielmonopols dürfe nämlich in erheblichem Umfang werbend
aufgetreten werden – insbesondere für das Fußballwettspiel TOTO und die
Ausspielungen des „Lotto-Jackpots“. Insofern werde in Österreich selbst
eine aktive Aufforderung zur Teilnahme an Glücks- bzw. Wettspielen
akzeptiert.
27. Das
Landesgericht Linz hat drittens Bedenken, ob die Beschränkung der
Konzessionsvergabe auf im Inland gelegene Aktiengesellschaften und die
Rechtfertigung dieser Beschränkung mit den Zielen der Hinanthaltung von
Wirtschaftskriminalität, Geldwäsche und der Spielsucht den
Erfordernissen der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit
entspricht.
28. Schließlich
führt das Landesgericht § 24a GSpG an, der ausdrücklich eine
Beeinträchtigung des Spielbankabgabeaufkommens verhindern soll. Es fragt
sich, ob darin nicht ein Widerspruch zur Rechtsprechung des
Gerichtshofs liege, nach der Beschränkungen der Grundfreiheiten im
Bereich des Glücksspiels dem Ziel dienen müssten, die Gelegenheiten zum
Spiel tatsächlich zu vermindern, und nicht dazu, eine
Finanzierungsquelle zu erschließen.
29. Angenommen,
so das vorlegende Gericht, das Gemeinschaftsrecht erlaubte es, Herrn
Engelmann ohne Gründung oder Erwerb einer Aktiengesellschaft mit Sitz in
Österreich eine Zulassung zum Betrieb eines Glücksspiels zu gewähren,
wäre diesem prinzipiell der Weg eröffnet, sich um eine Konzession zu
bewerben. Im Falle der Erteilung einer Konzession entfiele auch der
Tatbestand des unerlaubten Glücksspiels nach § 168 StGB.
30. Unter
diesen Umständen hat das Landesgericht Linz beschlossen, das Verfahren
auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung
vorzulegen:
1. Ist Art. 43 EG dahin
gehend auszulegen, dass er einer Vorschrift entgegensteht, welche für
den Betrieb von Glücksspielen in Spielbanken ausschließlich
Gesellschaften in der Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft mit Sitz
im Territorium dieses Mitgliedstaats, sohin die Gründung oder den Erwerb
einer in diesem Mitgliedstaat gelegenen Kapitalgesellschaft,
vorschreibt?
2. Sind die Art. 43 EG
und 49 EG dahin gehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen
Monopol auf bestimmte Glücksspiele, wie z. B. Glücksspiele in
Spielbanken, entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden Mitgliedstaat
insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur
Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich
konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an Glücksspielen – wie
staatlichen Sportwetten und Lotterien – ermuntern und hierfür werben
(Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften), wobei die Werbung sogar dahin
geht, dass zeitlich kurz vor der Lottoziehung eine Barablöse für einen
Wettschein angeboten wird („TOI TOI TOI – Glaub’ ans Glück“)?
3. Sind
die Art. 43 EG und 49 EG dahin gehend auszulegen, dass sie einer
Vorschrift entgegenstehen, wonach sämtliche der in einem nationalen
Glücksspielrecht vorgesehenen Konzessionen für Glücksspiele und
Spielbanken über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren auf der Grundlage
einer Regelung erteilt werden, welche (nicht diesem Mitgliedstaat
angehörige) Mitbewerber des Gemeinschaftsraums von der Ausschreibung
ausgeschlossen hat?
31. Vor
dem Gerichtshof haben Herr Engelmann, die Kommission der Europäischen
Gemeinschaften sowie die österreichische, die belgische, die
griechische, die spanische und die portugiesische Regierung schriftliche
Erklärungen abgegeben. In der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar
2010 haben die Bevollmächtigten von Herrn Engelmann, der Kommission
sowie der österreichischen, der belgischen, der griechischen und der
portugiesischen Regierung mündlich Stellung genommen.
IV – Rechtliche Würdigung
A – Vorfrage:
Zulässigkeit der Vorlagefragen und etwaige Auswirkungen der
Entscheidung des Gerichtshofs auf die Lage von Herrn Engelmann
32. In
der vorliegenden Rechtssache stellt sich die Vorfrage nach der
Zulässigkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen, da die Antwort, die
der Gerichtshof auf sie geben müsste, möglicherweise keinerlei
Auswirkungen auf die Situation von Herrn Engelmann hätte, um die es im
Ausgangsverfahren geht.
33. Selbst
unterstellt, der Gerichtshof würde in Bezug auf die erste Vorlagefrage
auf die Unvereinbarkeit des Erfordernisses des Sitzes einer Gesellschaft
in Österreich mit dem Vertrag erkennen, handelt es sich bei Herrn
Engelmann tatsächlich um eine natürliche Person. Er wäre von der Antwort
des Gerichtshofs nur dann betroffen, wenn er in der Lage gewesen wäre,
entsprechend den österreichischen Rechtsvorschriften eine Gesellschaft
zu gründen (Mindestkapital usw.). Die zweite Vorlagefrage betreffend die
Werbung für Glücksspiele steht in keinem engeren Zusammenhang mit der
Lage von Herrn Engelmann und dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens. In
beiden Fällen jedoch lässt uns die Rechtsprechung auf das vorlegende
Gericht vertrauen, dessen Sache es ist, sowohl die Erforderlichkeit
einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die
Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen(6).
34. Die
Erheblichkeit der dritten Vorlagefrage betreffend die Dauer der
Konzessionen wirft eindeutig weniger Zweifel auf und steht in
unmittelbarem Zusammenhang mit dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens.
Dies geht aus Randnr. 63 des Urteils vom 6. März 2007, Placanica(7),
hervor, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass „in Ermangelung
eines Verfahrens der Konzessionsvergabe, das auch den bei der letzten
Ausschreibung rechtswidrig von einem möglichen Konzessionserhalt
ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmern offensteht, der Umstand, dass
sie keine Konzession besitzen, nicht zum Anlass für die Verhängung einer
Sanktion gegen sie genommen werden darf“(8).
35. Wenn
der Gerichtshof bestätigen sollte, dass eine Dauer von fünfzehn Jahren
mit dem Vertrag nicht im Einklang steht, wäre das Urteil Placanica
indirekt übertragbar.
36. Aufgrund
dieser Rechtsprechung ist auch auf eine vom vorlegenden Gericht nicht
gestellte, vor dem Gerichtshof aber aufgeworfene Frage zu antworten, die
sich auf das Ergebnis des Ausgangsverfahrens auswirken könnte: Es geht
um die Frage der mutmaßlich fehlenden Transparenz bei der Erneuerung von
Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken.
B – Zur ersten Vorlagefrage
37. Mit
seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob
Art. 43 EG Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, die
den Betrieb von Spielbanken ausschließlich Gesellschaften in der
Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft mit Sitz im Hoheitsgebiet
dieses Mitgliedstaats vorbehält, so dass diese Rechtsvorschriften mithin
die Gründung oder den Erwerb einer in diesem Mitgliedstaat gelegenen
Kapitalgesellschaft vorschreiben.
1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
38. Sowohl
die Kommission als auch Herr Engelmann sind der Ansicht, dass diese
Frage zu bejahen sei. Die Kommission führt allerdings aus, dass ein
zwingender Grund des Allgemeininteresses wie der Gläubigerschutz jedoch
eventuell das Erfordernis einer Kapitalgesellschaft rechtfertigen
könnte.
39. Die
österreichische, die belgische, die griechische und die spanische
Regierung sind demgegenüber der Ansicht, dass, selbst unterstellt, die
österreichische Regelung bildete eine Beschränkung der
Niederlassungsfreiheit, diese durch einen Grund des Allgemeininteresses
gerechtfertigt und verhältnismäßig sein könnte.
40. Die
österreichische Regierung macht insbesondere geltend, dass die in den
nationalen Rechtsvorschriften aufgestellten Anforderungen in Bezug auf
den Ort des Sitzes der konzessionsnehmenden Gesellschaft und deren
Rechtsform unerlässlich seien, um eine effektive Aufsicht über ihre
Tätigkeit zu gewährleisten. Im Übrigen verlangten diese
Rechtsvorschriften nicht, dass die Gesellschaft zu dem Zeitpunkt, zu dem
sie ihre Bewerbung abgebe, und in der Zeit, in der diese Bewerbung
geprüft werde, ihren Sitz im österreichischen Hoheitsgebiet habe.
41. Nach
Ansicht der portugiesischen Regierung enthält der Vorlagebeschluss
keine hinreichenden Angaben für eine Antwort auf die erste Vorlagefrage,
so dass diese unzulässig sei.
2. Würdigung
a) Vorbemerkung zur Berufung auf die Niederlassungsfreiheit
42. Das
vorlegende Gericht hat Zweifel, ob § 21 GSpG, wonach die Konzessionäre
von Spielbanken Aktiengesellschaften sein müssen, die über einen
Aufsichtsrat verfügen und ihren Sitz in Österreich haben, mit der
Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG) vereinbar ist.
43. Eine
erste Betrachtung dieser Frage könnte zu der Annahme verleiten, dass es
hier eher um die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG) geht, da die
Unternehmen, die von der Vergabe derartiger Konzessionen ausgeschlossen
sein könnten, die sind, die ihren Sitz nicht im Empfängerland der
Dienstleistungen haben. Eine gründlichere Prüfung der Umstände des
Falles aus der Sicht der Rechtsprechung lässt jedoch den Schluss zu,
dass der Ansatz des Landesgerichts Linz richtig ist.
44. Die
Rechtsprechung hat den jeweiligen Geltungsbereich dieser beiden
Freiheiten klar abgegrenzt, wobei die Schlüsselfrage die ist, ob der
Wirtschaftsteilnehmer seine Dienstleistungen „in stabiler und
kontinuierlicher Weise“ von einem Berufsdomizil im
Empfängermitgliedstaat oder von einem Berufsdomizil in einem anderen
Mitgliedstaat aus anbietet. Im erstgenannten Fall fällt der
Wirtschaftsteilnehmer in den Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit;
im zweitgenannten ist er ein grenzüberschreitender Dienstleister, der
unter die Dienstleistungsfreiheit fällt(9).
45. Aus
der Sicht des Art. 43 EG ist dieser Begriff „Berufsdomizil“ weit
auszulegen, so dass er nicht nur den hauptsächlichen physischen
Ausgangspunkt der Tätigkeit des Wirtschaftsteilnehmers, sondern auch
etwaige untergeordnete Ausgangspunkte umfasst. Wie der Gerichtshof im
Urteil Gebhard ausdrücklich ausgeführt hat, „kann eine Person in mehr
als einem Mitgliedstaat im Sinne des Vertrages niedergelassen sein, und
zwar namentlich im Fall von Gesellschaften durch die Errichtung von
Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften … und, wie
der Gerichtshof im Fall von Angehörigen der freien Berufe ausgeführt
hat, durch die Einrichtung eines zweiten Berufsdomizils“ (Randnr. 24)(10).
46. Kernbereich
des Art. 43 EG ist demnach „die tatsächliche Ausübung einer
wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem
anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit“(11).
47. Im
vorliegenden Fall könnte das österreichische Glücksspielgesetz
Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten dadurch an einer
Niederlassung in Österreich hindern, dass es ihnen verbietet, zum Zweck
des Betriebs einer Spielbank für die Dauer einer etwaigen Konzession
eine feste Einrichtung zu eröffnen. Wie die Kommission in ihrem
Streithilfeschriftsatz ausführt, fällt die Frage des vorlegenden
Gerichts, da es sich bei ihr nur um „physische“ Spielbanken handele, die
zwangsläufig eine kommerzielle Präsenz in Österreich hätten, unter
Art. 43 EG. Für nicht österreichische Gesellschaften gehe es um das
Recht, sich in Österreich niederzulassen, indem sie dort ein zweites
Berufsdomizil einrichteten.
48. Durch
die Marktteilnehmern aus den anderen Mitgliedstaaten auferlegte
Verpflichtung, ihre Hauptniederlassung in dem Staat zu haben, in dem sie
ihre Dienstleistungen anbieten wollen, wird sicherlich „die
Dienstleistungsfreiheit geradezu negiert“(12).
Allerdings hat der Gerichtshof bereits darauf hingewiesen, „dass die
Vorschriften des Kapitels über die Dienstleistungen gegenüber denen des
Kapitels über das Niederlassungsrecht subsidiär sind“(13).
49. Die
erste Frage des Landesgerichts Linz betrifft zwei der Bedingungen, die
§ 21 GSpG den Gesellschaften vorschreibt, die sich um den Betrieb einer
Spielbank bewerben möchten. Zum einen können die Konzessionen nur an
eine Aktiengesellschaft vergeben werden; zum anderen muss die fragliche
Aktiengesellschaft ihren Sitz in Österreich haben. Da diese beiden
Anforderungen ihrer Art und Tragweite nach sehr unterschiedlich sind,
scheint es besser zu sein, sie getrennt zu prüfen.
b) Das Erfordernis eines Sitzes in Österreich
50. Ich prüfe zunächst die an die Gesellschaften gestellte Anforderung, ihren Sitz in Österreich zu begründen.
51. Dieses
Erfordernis führt dazu, dass in einem anderen Mitgliedstaat gegründete
Gesellschaften von jeder Teilhabe am Glücksspielsektor in Österreich
ausgeschlossen sind, wenn sie zu diesem Zweck in Österreich lediglich
eine feste Einrichtung (sei es eine Agentur, Tochtergesellschaft,
Zweigniederlassung o. Ä.) gründen wollen. Eine ausländische
Gesellschaft, die Konzessionärin einer Spielbank in Österreich werden
möchte, muss dort eine weitere Gesellschaft gründen oder erwerben und
kann sich nicht darauf beschränken, diese Spielbank grenzüberschreitend
zu betreiben, indem sie die Spiele veranstaltende Einrichtung auf ein
lediglich untergeordnetes Berufsdomizil beschränkt. Demnach und im
Hinblick auf die oben geprüfte Rechtsprechung stellt ein solches
Erfordernis eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit im Sinne von
Art. 43 EG dar.
52. Außerdem
handelt es sich um ein eindeutiges Beispiel einer unmittelbaren
Diskriminierung der Gesellschaften, deren Sitz sich in einem anderen
Mitgliedstaat befindet.
53. Nach
ständiger Rechtsprechung enthält Art. 43 EG ein Verbot sämtlicher
Beschränkungen, die die Ausübung der Niederlassungsfreiheit weniger
attraktiv machen, wobei diskriminierende Maßnahmen die schwersten
Beschränkungen sind.
54. Nach
Art. 48 EG ist mit der durch Art. 43 EG garantierten
Niederlassungsfreiheit für die nach den Rechtsvorschriften eines
Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen
Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der
Gemeinschaft haben, das Recht verbunden, ihre Tätigkeit in dem
betreffenden Mitgliedstaat durch eine Zweigniederlassung oder Agentur
auszuüben. Der Sitz der Gesellschaften im vorgenannten Sinne dient
mithin ebenso wie bei natürlichen Personen die Staatsangehörigkeit dazu,
ihre Zugehörigkeit zur Rechtsordnung eines Staates zu bestimmen. Könnte
daher der Mitgliedstaat der Niederlassung nach seinem Belieben eine
Ungleichbehandlung allein deshalb vornehmen, weil sich der Sitz einer
Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat befindet, würde diese
Bestimmung ihres Sinnes entleert(14).
55. Ferner
verbieten nach der Rechtsprechung die Vorschriften über die
Gleichbehandlung nicht nur offene Diskriminierungen aufgrund der
Staatsangehörigkeit oder, bei Gesellschaften, aufgrund des Sitzes,
sondern auch alle verdeckten Formen der Diskriminierung, die durch die
Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zum gleichen
Ergebnis führen(15).
56. Im
vorliegenden Fall führen die österreichischen Rechtsvorschriften auf
dem Gebiet des Glücksspielwesens dadurch eine unmittelbare
Diskriminierung ein, dass sie Gesellschaften mit Sitz in einem anderen
Mitgliedstaat verwehren, Inhaber einer Konzession für den Betrieb einer
Spielbank zu sein.
57. Die
Qualifizierung als „unmittelbare Diskriminierung“ ist natürlich nicht
neutral: Bekanntlich können diskriminierende Maßnahmen nur durch eine
der in den Art. 45 EG und 46 EG ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen
gerechtfertigt werden, während nicht diskriminierende Beschränkungen und
solche, die eine mittelbare Diskriminierung enthalten, auch durch
„zwingende Gründe des Allgemeininteresses“, einen sicherlich weiter
gefassten Begriff, gerechtfertigt werden können(16).
58. Von
den in den Art. 45 EG und 46 EG vorgesehenen Ausnahmen könnten im
vorliegenden Fall gegebenenfalls lediglich die Gründe der öffentlichen
Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit im Sinne von Art. 46 EG herangezogen
werden.
59. Wie
alle Ausnahmeregelungen hat der Gerichtshof Art. 46 EG stets eng
ausgelegt. Dieser Rechtfertigungsgrund setzt nämlich voraus, dass eine
tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein
Grundinteresse der Gesellschaft berührt(17).
60. Im
Gegensatz zur Ansicht der österreichischen Regierung lässt sich für
diese Gefährdung jedoch nicht als Begründung anführen, dass die
österreichischen Behörden die von einem Spiele veranstaltenden
Unternehmen mit Hauptsitz in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübten
Tätigkeiten ohne die fragliche Vorschrift nicht wirksam kontrollieren
könnten. Jedes in einem Mitgliedstaat niedergelassene Unternehmen kann
nämlich unabhängig vom Wohnsitz seiner Führungskräfte kontrolliert und
zudem Sanktionen unterworfen werden. Außerdem kann die Zahlung einer
etwaigen Geldstrafe durch die vorherige Stellung einer Sicherheit
abgesichert werden(18).
61. Die
österreichische Regierung beruft sich auch auf die Rechtsprechung des
Gerichtshofs, die den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Glücksspiele
„ein ausreichendes Ermessen“ belasse, nach ihrer eigenen Werteskala
„festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher
und der Sozialordnung ergeben“(19).
Diesem tatsächlich bestehenden Ermessen sind jedoch Schranken gesetzt.
Die erste ist gerade, dass diskriminierende Maßnahmen verboten sind. Das
Argument der österreichischen Regierung ist daher im vorliegenden Fall
nicht einschlägig.
62. Die
österreichische Regierung macht schließlich geltend, § 21 GSpG verlange
von der sich um eine Konzession bewerbenden Gesellschaft nicht, dass
sie während der Phase der Prüfung ihrer Bewerbung ihren Sitz im Inland
habe, und das fragliche Erfordernis gelte nur für den ausgewählten
Bewerber und für die Dauer der Konzession. Es handele sich somit um eine
verhältnismäßige Maßnahme. Dieses Vorbringen ist jedoch unbegründet.
Denn zunächst sind diese Rechtsvorschriften geeignet, Gesellschaften mit
Sitz in anderen Mitgliedstaaten wegen der Kosten der Niederlassung und
der Einrichtung in Österreich, die sie im Falle ihrer erfolgreichen
Bewerbung zu tragen hätten, von einer Bewerbung abzuschrecken. Zudem und
auf jeden Fall nähme die Diskriminierung ausländischer Unternehmen vom
Augenblick der Konzessionsvergabe an tatsächlich Gestalt an, und daran
ändert eine etwaige „Verhältnismäßigkeit“ der diskriminierenden Maßnahme
nichts.
c) Erfordernis einer Aktiengesellschaft
63. Das
vorlegende Gericht möchte vom Gerichtshof ferner wissen, ob das dem
Konzessionär einer Spielbank auferlegte Erfordernis, die Rechtsform
einer Aktiengesellschaft zu haben, mit Art. 43 EG vereinbar ist.
64. Diese
Bedingung ist geeignet, die – österreichischen oder sonstigen –
Wirtschaftsteilnehmer in der Gemeinschaft, die natürliche Personen sind,
daran zu hindern, eine Zweigniederlassung mit dieser Zielsetzung in
Österreich zu gründen. Es handelt sich daher um eine Beschränkung der
Niederlassungsfreiheit(20).
65. Gleichwohl
hat das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform, anders als das
vorstehend geprüfte Staatsangehörigkeitserfordernis, keinen
diskriminierenden Charakter, da es unterschiedslos für österreichische
Staatsangehörige wie für solche anderer Mitgliedstaaten gilt. Folglich
kann es, obwohl es eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit
darstellt, durch am Allgemeininteresse ausgerichtete Ziele
gerechtfertigt werden.
66. Ganz
konkret können diese Beschränkungen durch zwingende Gründe des
Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, sofern sie geeignet sind, die
Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das
hinausgehen, was hierzu erforderlich ist. Auf jeden Fall müssen sie, wie
bereits gesagt, in nicht diskriminierender Weise angewandt werden(21).
67. Zu
den „zwingenden Gründen des Allgemeininteresses“, deren Eignung, eine
dieser Beschränkungen zu rechtfertigen, der Gerichtshof anerkannt hat,
zählen der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung
von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spiel. Die
österreichische Regierung beruft sich insoweit auf das „Ziel einer
effektiven staatlichen Kontrolle“ eines sensiblen Sektors wie desjenigen
des Glücksspiels. Sie wird vor dem vorlegenden Gericht dartun müssen,
dass das Erfordernis, wonach der Konzessionär einer Spielbank eine
Aktiengesellschaft sein muss, zur Erreichung dieses Ziels geeignet ist,
dass es sich um eine angemessene Maßnahme handelt und dass sich das
fragliche Ziel nicht auch dann erreichen lässt, wenn der Konzessionär
eine andere Rechtsform wählt.
68. Ich
beschränke mich auf den Hinweis, dass ich insoweit die Ansicht der
Kommission teile, dass „das im Gesellschaftsrecht [der Gemeinschaft]
enthaltene Erfordernis eines Mindestkapitals für Aktiengesellschaften
gegebenenfalls einen sozialen Schutzzweck erfüllen [könnte], indem es
eine gewisse Seriositätsschwelle für die Aufnahme von gewerblichen
Tätigkeiten darstellt und einen gewissen Gläubigerschutz bei dieser
Tätigkeitsaufnahme gewährleistet“. Es ist jedoch Sache des vorlegenden
Gerichts, zu beurteilen, ob diese im Ausgangsverfahren fragliche, durch
das österreichische Gesetz eingeführte Beschränkung der
Niederlassungsfreiheit den genannten Voraussetzungen genügt.
C – Zur zweiten Vorlagefrage
69. Das
vorlegende Gericht möchte wissen, ob die Art. 43 EG und 49 EG einem
innerstaatlichen Monopol für bestimmte Glücksspiele, wie z. B.
Glücksspiele in Spielbanken, entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden
Mitgliedstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik
zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt. Seiner Auffassung nach ist die
fehlende Kohärenz darauf zurückzuführen, dass „die innerstaatlich
konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an Glücksspielen – wie
staatlichen Sportwetten und Lotterien – ermuntern und hierfür werben
(Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften)“.
1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
70. Herr
Engelmann trägt vor, der österreichischen Glücksspielpolitik fehle es
an Kohärenz, wofür er als Nachweis eine stete Ausweitung des
Glücksspielangebots der Monopolisten und eine stete Steigerung ihrer
Werbeausgaben in den letzten Jahren anführt. Nach Ansicht der
österreichischen Regierung entspricht diese Steigerung demgegenüber
einem Willen zu „kontrollierter Expansion“, um eine verlässliche und
zugleich attraktive Alternative zu den verbotenen Tätigkeiten
bereitzustellen; die österreichische Regierung macht ferner geltend,
dass eine einzelne ungeeignete Werbemaßnahme (auf die das vorlegende
Gericht abzustellen scheine) die Kohärenz eines Konzessionssystems nicht
in Frage stellen könne.
71. Die
belgische, die griechische und die portugiesische Regierung tragen
unter Berufung auf das Urteil Placanica vor, das bloße Vorhandensein
einer bestimmten Form von Werbung für Dienstleistungen im
Glücksspielwesen bedeute noch nicht, dass die entsprechende nationale
Politik inkohärent im Sinne der Art. 43 EG und 49 EG sei.
72. Auch
die Kommission führt aus, dass bei der Bewertung der Kohärenz und
Systematik der Spielpolitik u. a. auf die Produkt- und Werbungsstrategie
des Monopolinhabers sowie auf die bestehenden Kontrollmaßnahmen zu
achten sei.
2. Würdigung
73. Ausgangspunkt
der vom vorlegenden Gericht gestellten Frage ist eine Bewertung der
umfassenden Kohärenz der Glücksspielpolitik in einem Mitgliedstaat. Das
vorlegende Gericht gibt zu verstehen, dass das staatliche Monopol bei
Spielbanken deshalb nicht mit dem Vertrag zu vereinbaren sei, weil die
Inhaber von Konzessionen für andere, gleichfalls monopolisierte Spiele
(wie Lotterien) Werbung für ihre Produkte betrieben.
74. Die Antwort setzt eine Argumentation in zwei Schritten voraus.
75. In
einem ersten Schritt ist zu prüfen, inwieweit es möglich ist, für einer
Monopolregelung unterliegende Spiele Werbung zu treiben, ohne die
Kohärenz der Glücksspielpolitik zu beeinträchtigen – dies ist die Frage
der Werbung.
76. In
einem zweiten Schritt ist zu fragen, ob die etwaige, sich aus der von
den Lotteriekonzessionären betriebenen Werbung ergebende Inkohärenz die
Kohärenz der Entscheidung, andere Spiele, wie die in den Spielbanken
betriebenen, einer Monopolregelung zu unterwerfen, und damit die
Vereinbarkeit dieser Entscheidung mit dem Vertrag in Frage stellen kann –
dies ist die Frage der sektoriellen Analyse.
a) Die Frage der Werbung
77. Ich prüfe zunächst, ob es unter Beachtung der Verträge ein Nebeneinander von Werbung und Monopol geben kann.
78. Bei
der Prüfung der Kohärenz und der Verhältnismäßigkeit einer
beschränkenden Maßnahme wie des Glücksspielmonopols handelt es sich
erkennbar um eine weitreichende Frage, die zunächst die Feststellung
voraussetzt, welche Ziele mit der beschränkenden Regelung verfolgt
werden.
79. Im
vorliegenden Fall verfügen wir nur über Hinweise auf diese Ziele. Die
Vorarbeiten zum Glücksspielgesetz lassen erkennen, dass der Gesetzgeber
das doppelte Ziel verfolgte, das Glücksspiel
in legale Bahnen zu lenken und so zu verhindern, dass die
Spielteilnehmer in Versuchung geraten, illegale Glücksspiele
auszuprobieren, und gleichzeitig die Glücksspielpraxis zu überwachen und
die Spielteilnehmer zu schützen.
80. Die
Vorarbeiten zeigen, dass der Gesetzgeber über dieses doppelte Ziel
hinaus auch eine fiskalische Zielsetzung verfolgte. Nach Ansicht von
Herrn Engelmann fehlt es der österreichischen Glücksspielpolitik deshalb
an Kohärenz, weil das Monopol primär diese fiskalische Zielsetzung der
Erzielung von Einnahmen des Staates verfolge. Da uns das vorlegende
Gericht jedoch keine ausdrückliche auf diesen Punkt abzielende Frage
vorgelegt hat, beschränke ich mich auf den Hinweis, dass nach der
Rechtsprechung ein solches Ziel „nur eine nützliche Nebenfolge, nicht
aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik“ sein
darf(22).
Das vorlegende Gericht wird zu prüfen haben, welche Tragweite die §§ 14
und 21 GSpG haben, indem sie bei der Konzessionsvergabe dem Bewerber
den Vorzug geben, der den besten Abgabenertrag erwarten lässt. Erwiese
sich diese fiskalische Zielsetzung als hauptsächliche Zielsetzung,
verstieße die Monopolregelung, mit oder ohne Werbung, gegen das
Gemeinschaftsrecht.
81. Gehen
wir also von dem Ziel der „Lenkung in geordnete Bahnen“ aus, das die
Vorarbeiten zu dem österreichischen Gesetz vorrangig nennen. Es geht
darum, Betrug und Kriminalität in diesem Sektor dadurch zu bekämpfen,
dass die Nachfrage nach Glücksspielen auf ein staatlich kontrolliertes
und überwachtes Angebot hingelenkt wird.
82. Der
Gerichtshof hat sich zur Vereinbarkeit dieses Ziels der „Lenkung“ der
Nachfrage nach Glücksspielen „in geordnete Bahnen“ mit einer gewissen
Werbetätigkeit bereits geäußert. Im Urteil Placanica hat er entschieden,
dass „[e]ine Politik der kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor …
ohne weiteres mit dem Ziel in Einklang stehen [kann], Spieler, die als
solchen verbotenen Tätigkeiten geheimer Spiele oder Wetten nachgehen,
dazu zu veranlassen, zu erlaubten und geregelten Tätigkeiten
überzugehen. … [Z]ur Erreichung dieses Ziels [ist es] erforderlich, dass
die zugelassenen Betreiber eine verlässliche und zugleich attraktive
Alternative zur verbotenen Tätigkeit bereitstellen, was als solches das
Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang
und den Einsatz neuer Vertriebstechniken mit sich bringen kann“
(Randnr. 55).
83. Die Rechtsprechung hat somit den Grundsatz bereits aufgestellt(23).
Das vorlegende Gericht wird festzustellen haben, ob das von den
Inhabern einer innerstaatlichen Konzession bereitgestellte
Glücksspielangebot und die von ihnen betriebene Werbung dem Umfang nach
so angemessen sind, dass sie eine „attraktive“ Alternative zu den
verbotenen Spielen darstellen, ohne jedoch die Nachfrage nach
Glücksspielen übermäßig zu beleben, was dem in den Vorarbeiten zum
Gesetz ebenfalls genannten Ziel des Schutzes des einzelnen
Spielteilnehmers zuwiderliefe. Die Werbung und die Ausweitung des
Glücksspiels müssen daher letztlich in einem angemessenen Verhältnis
stehen.
84. Ich
schließe mich in diesem Punkt der Meinung an, die die Kommission in
ihren Schriftsätzen wie folgt zum Ausdruck gebracht hat: „Was die
Werbung angeht, muss das nationale Gericht ferner prüfen, inwieweit die
relevanten Strategien des faktischen Monopolinhabers den potenziellen
Kunden nur über die Existenz der Produkte informieren und dazu dienen,
den Kunden einen regulierten Zugang zu Glücksspielen zu sichern, oder ob
sie die Kunden zu einer aktiven Teilnahme an Glücksspielen einladen und
auffordern.“
85. Die
österreichische Regierung hat in ihrem Schriftsatz gleichwohl darauf
hingewiesen, dass „eine einzelne Werbemaßnahme selbst dann nicht die
Rechtmäßigkeit eines nationalen Schutzsystems gefährden [kann], wenn sie
als solche überschießend gewesen sein sollte“. Meiner Meinung nach wird
das vorlegende Gericht die Kohärenz der streitigen Beschränkung anhand
der Werbestrategie der Konzessionäre, aber auch unter Berücksichtigung
der Effektivität der vom Staat ausgeübten Kontrolle dieser
Wirtschaftstätigkeit zu prüfen haben.
b) Die Frage der sektoriellen Analyse
86. Auf
jeden Fall würde dieser etwaige Mangel an Kohärenz meines Erachtens
nicht das Monopol berühren, zu dessen Gunsten eine solche übermäßige und
inkongruente Werbetätigkeit entfaltet würde.
87. Zwar
steht es, wie in ständiger Rechtsprechung betont wird, „den
Mitgliedstaaten … frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der
Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau
genau zu bestimmen“(24),
doch ist die Vereinbarkeit der von ihnen auferlegten
Freiheitsbeschränkungen individuell und ohne Interferenzen zwischen den
einzelnen Spielen zu prüfen.
88. Im
Urteil Placanica hat der Gerichtshof ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass die Kohärenz- und die Verhältnismäßigkeitsprüfung „gesondert für
jede mit den nationalen Rechtsvorschriften auferlegte Beschränkung“ zu
prüfen sei(25).
Dies würde die gemeinsame Prüfung des Monopols für zwei
unterschiedliche Glücksspiele, wie es die Lotterien auf der einen und
die in den Spielbanken stattfindenden Spiele auf der anderen Seite sind,
ausschließen.
89. Darüber
hinaus unterscheidet sich jedes Spiel von den anderen. Der eine
Glücksspielsektor kann eher die Entwicklung betrügerischer oder
krimineller Handlungen begünstigen, der andere eine größere Suchtgefahr
aufweisen. Diese unterschiedlichen Sektoren können daher nicht
gleichbehandelt werden, und es ist Sache des Mitgliedstaats, seine
Entscheidung zu begründen.
90. Einem
Mitgliedstaat steht es mithin frei, zwei Glücksspielmonopole
unterschiedlich zu behandeln, wie es ihm auch freisteht, die
Fernsehwerbung für bestimmte alkoholische Getränke zu verbieten, für
andere aber nicht(26).
91. Mit
dieser sektoriellen Analyse ist das von der österreichischen Regierung
in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Vorbringen nicht zu
vereinbaren, dass eine umfangreichere Werbung für Spiele mit weniger
Gefährdungspotenzial wie Lotterien dem Ziel diene, die Spielteilnehmer
zu diesen Spielen hin- und sie von anderen Spielen mit größerer
Suchtgefahr, wie sie in den Spielbanken stattfänden, abzulenken.
D – Zur dritten Vorlagefrage
1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
92. Zur
dritten Vorlagefrage trägt Herr Engelmann vor, dass sowohl die
Erteilung der Konzessionen für einen Zeitraum von fünfzehn Jahren als
auch der Ausschluss dem Mitgliedstaat nicht angehöriger Mitbewerber von
der Ausschreibung gegen die Art. 43 EG und 49 EG verstoße. In Bezug auf
die Dauer der Konzessionen stellt er auf die überwiegend fiskalische
Zielsetzung ab, die mit der österreichischen Regelung verfolgt werde,
insbesondere auf die §§ 14 Abs. 5 und 21 Abs. 4 und 5 GSpG, in denen es
heiße, dass bei gleichzeitigem Auftreten mehrerer Konzessionswerber
jenem die Konzession erteilt werde, der den besten Abgabenertrag
erwarten lasse.
93. Die
belgische und die österreichische Regierung sowie die Kommission
schlagen eine differenziertere Antwort auf diese dritte Vorlagefrage
dahin vor, zwischen dem etwaigen Ausschluss Gebietsfremder von der
Ausschreibung auf der einen und der Dauer der Konzessionen auf der
anderen Seite zu unterscheiden.
94. Was
zunächst den Ausschluss der dem Mitgliedstaat nicht angehörigen
Bewerber betrifft, tragen sowohl die Kommission als auch die belgische
Regierung vor, eine solche diskriminierende Bestimmung verstoße gegen
die Art. 43 EG und 49 EG. Die österreichische Regierung macht geltend,
die österreichische Regelung schließe die potenziellen Bewerber mit Sitz
in einem anderen Mitgliedstaat nicht vom Verfahren der
Konzessionsvergabe aus, da die Anforderungen hinsichtlich der Rechtsform
und des Sitzes des Bewerbers im Stadium der Abgabe der Bewerbungen um
die Erlangung einer Konzession nicht erfüllt sein müssten. Die
portugiesische Regierung trägt demgegenüber vor, dass der EG-Vertrag
nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zwar Diskriminierungen
verbiete, aber keine Verpflichtung enthalte, den ausländischen
Dienstleistern eine günstigere Behandlung zuteil werden zu lassen als
den Angehörigen des Mitgliedstaats, in dem die Dienstleistungen erbracht
würden.
95. Zur
Dauer der Konzessionen vertreten sowohl die Kommission als auch die
österreichische Regierung die Ansicht, dass deren Begrenzung auf einen
Zeitraum von fünfzehn Jahren in Anbetracht der Höhe der Investitionen,
die die Konzessionäre zu leisten hätten, vernünftig und angemessen sei.
Eine solche Bestimmung könne daher eine im Hinblick auf die Art. 43 EG
und 49 EG gerechtfertigte Beschränkung darstellen.
2. Würdigung
96. Mit
seiner dritten und letzten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht
vom Gerichtshof wissen, ob nationale Rechtsvorschriften, wonach die
Dauer sämtlicher Konzessionen für Glücksspiele und Spielbanken auf einen
Zeitraum von fünfzehn Jahren festgelegt ist und nicht diesem
Mitgliedstaat angehörige Mitbewerber des Gemeinschaftsraums von der
Ausschreibung ausgeschlossen sind, mit dem Vertrag vereinbar sind.
97. Aus
meiner Sicht spricht erstens nichts dagegen, die Dauer der
Glücksspielkonzessionen auf fünfzehn Jahre festzulegen. Eine Begrenzung
der Laufzeit der Konzessionen ist unerlässlich, um mittelfristig eine
gewisse Öffnung für den Wettbewerb zu gewährleisten. Zugleich erscheint
ein Zeitraum von fünfzehn Jahren in Anbetracht des Umfangs der mit einer
derartigen Tätigkeit im Allgemeinen verbundenen Investitionen nicht
übermäßig lang. Ein zu kurzer Zeitraum würde die Konzessionäre dazu
zwingen, eine aggressive Geschäftspolitik zu betreiben, die mit den im
öffentlichen Interesse liegenden Zielen nicht zu vereinbaren wäre. Es
handelt sich daher um eine nicht diskriminierende, kohärente und
angemessene Beschränkung.
98. Im
Rahmen dieser Frage hat Herr Engelmann weiter vorgetragen, dass die
Glücksspielkonzessionen in Österreich „unter Ausschluss der
Öffentlichkeit an CASAG und ÖLG vergeben“ worden seien, und gibt damit
zu verstehen, dass die österreichischen Behörden die Laufzeit dieser
Konzessionen vor dem Ablaufzeitpunkt erneuert hätten, um das
Ausschreibungsverfahren zu umgehen und damit die Möglichkeit zu
vereiteln, dass andere Wirtschaftsteilnehmer eine Konzession erlangten.
99. Die
in der mündlichen Verhandlung hierzu befragte österreichische Regierung
hat dies nicht in Abrede gestellt, sondern bestätigt, dass die Laufzeit
der Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken ohne vorherige
Bekanntmachung auf 22 Jahre verlängert worden sei.
100. Nach
ständiger Rechtsprechung ist der allgemeine Transparenzgrundsatz mit
der Verpflichtung verbunden, dass „zugunsten der potenziellen Bieter ein
angemessener Grad von Öffentlichkeit sicherzustellen ist, der die
Dienstleistungskonzession dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung
ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden
sind“(27).
101. Sollte
sich herausstellen, dass die Verlängerung der Laufzeit der in Rede
stehenden Konzessionen erfolgte, ohne dass sie bekannt gemacht oder dem
Wettbewerb geöffnet worden wäre, könnten die österreichischen Behörden
dieses Vorgehen daher nur unter Berufung auf eine der Ausnahmeregelungen
der Art. 45 EG und 46 EG oder auf einen zwingenden Grund des
Allgemeininteresses rechtfertigen, sofern im letztgenannten Fall die
fehlende Transparenz eine zur Erreichung des fraglichen im
Allgemeininteresse liegenden Ziels angemessene Maßnahme darstellt und
nicht über das hinausgeht, was hierzu erforderlich ist(28).
102. Zweitens
wiederholt das vorlegende Gericht seine Bedenken hinsichtlich der
etwaigen diskriminierenden Wirkung der Vorschriften über die Vergabe der
Glücksspielkonzessionen. Das Landesgericht Linz nimmt hier Bezug auf
einen vermeintlichen Ausschluss Gebietsfremder zum Zeitpunkt des
Vergabeverfahrens (den die österreichische Regierung bestreitet),
während die erste Vorlagefrage den Ausschluss von der sich aus diesen
Konzessionen ergebenden Tätigkeit des Betriebs betrifft.
103. Trotz
dieser Nuance bin ich der Meinung, dass diese Frage genauso zu
beantworten ist, wie ich es für die erste Vorlagefrage vorgeschlagen
habe, da sich die vorstehenden Erwägungen ohne Weiteres auf eine etwaige
Einschränkung von Art. 49 EG übertragen lassen. Das den Angehörigen
anderer Mitgliedstaaten auferlegte Verbot der Teilnahme an
Ausschreibungen wäre somit eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit
(da die bloße Teilnahme am Verfahren keine Zweigniederlassung in dem
fraglichen Land erfordert), und es handelt sich um eine diskriminierende
Beschränkung, die im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt werden
könnte.
V – Ergebnis
104. Ich schlage daher vor, die dem Gerichtshof vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:
1. Art. 43
EG ist dahin gehend auszulegen, dass er einer Vorschrift entgegensteht,
welche für den Betrieb von Glücksspielen in Spielbanken ausschließlich
Gesellschaften in der Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft mit Sitz
im Territorium dieses Mitgliedstaats vorschreibt.
2. Der
Umstand, dass die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur
Teilnahme an Glücksspielen ermuntern und hierfür werben, bedeutet nicht
zwangsläufig, dass es der innerstaatlichen Politik zur Beschränkung von
Glücksspielen an Kohärenz im Sinne der Rechtsprechung mangelt. Es ist
Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Werbung mit dem Ziel
im Einklang steht, eine „attraktive“ Alternative zu den verbotenen
Spielen zu sein, ohne jedoch die Nachfrage nach Glücksspielen übermäßig
zu beleben. Auf jeden Fall würde dieser etwaige Mangel an Kohärenz
ausschließlich das Monopol berühren, das diese übermäßige und
inkohärente Werbetätigkeit entfaltete.
3. Die
Art. 43 EG und 49 EG stehen einer Vorschrift entgegen, wonach sämtliche
Konzessionen für Glücksspiele und Spielbanken auf der Grundlage einer
Regelung erteilt werden, welche nicht diesem Mitgliedstaat angehörige
Mitbewerber des Gemeinschaftsraums von der Ausschreibung ausgeschlossen
hat.
Die Art. 43 EG und 49 EG stehen einer Laufzeitbegrenzung der Konzessionen auf fünfzehn Jahre nicht entgegen.
1 – Originalsprache: Französisch.
2 – BGBl. 620/1989.
3 – Derzeit gehalten von der Österreichische Lotterien GmbH (im Folgenden: ÖLG).
4 – Fassung dieses Gesetzes vom 10. Dezember 2004 (BGBl. I, 136/2004).
5
– Inhaberin aller Konzessionen ist derzeit die Casinos Austria AG. Sie
wurden ihr ursprünglich durch Verwaltungsbeschluss vom 18. Dezember 1991
für eine Höchstdauer von fünfzehn Jahren erteilt. Die österreichische
Regierung hat in ihrer schriftlichen Antwort auf Fragen des Gerichtshofs
bestätigt, dass „[den] vom Gerichtshof angesprochenen
Konzessionsvergaben … keine öffentliche Interessentensuche
vorausgegangen“ sei, und sie hat in der mündlichen Verhandlung
klargestellt, dass die Laufzeit der Konzessionen von 15 auf 22 Jahre
verlängert worden sei, ohne dass ein Ausschreibungsverfahren oder eine
vorherige Bekanntmachung erfolgt wären.
6
– Vgl. Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra (C‑379/98, Slg. 2001,
I‑2099, Randnr. 38), vom 22. Mai 2003, Korhonen u. a. (C‑18/01, Slg.
2003, I‑5321, Randnr. 19), und vom 19. April 2007, Asemfo (C‑295/05,
Slg. 2007, I‑2999, Randnr. 30).
7 – C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04 (Slg. 2007, I‑1891).
8
– Im Urteil Placanica nahm der Gerichtshof auf die fehlende Transparenz
bei der Vergabe von Konzessionen für die Durchführung von Sportwetten
in einem Fall Bezug, in dem das Spiele veranstaltende Unternehmen diese
Erteilung beantragt hatte. Das Urteil knüpft aber die gleiche Folge
daran, dass dem Mittelsmann (Herrn Placanica), der keinen Antrag
gestellt hatte, die von ihm benötigte polizeiliche Genehmigung fehlte.
In Randnr. 67 hat der Gerichtshof ausgeführt, dass „[d]as Fehlen einer
polizeilichen Genehmigung … Personen wie den Beschuldigten der
Ausgangsverfahren, die sich derartige Genehmigungen nicht hätten
beschaffen können, weil deren Erteilung den Besitz einer Konzession
voraussetzt, von deren Erhalt sie unter Verstoß gegen das
Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen worden waren, auf jeden Fall nicht zum
Vorwurf gemacht werden [könne]“. Die Untätigkeit des Betroffenen
stellte auch in der Rechtssache Gottwald (Urteil vom 1. Oktober 2009,
C‑103/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht,
Randnr. 18, vgl. auch meine Schlussanträge vom 30. April 2009 in dieser
Rechtssache, Nr. 29) kein Hindernis dafür dar, die Zulässigkeit der
vorgelegten Vorabentscheidungsfrage anzunehmen.
9
– Vgl. Urteile vom 4. Dezember 1986, Kommission/Deutschland (205/84,
Slg. 1986, 3755, Randnr. 21), vom 30. November 1995, Gebhard (C‑55/94,
Slg. 1995, I‑4165, Randnr. 22), und vom 29. April 2004,
Kommission/Portugal (C‑171/02, Slg. 2004, I‑5645, Randnrn. 24 und 25).
10
– Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Juli 1984, Klopp (107/83,
Slg. 1984, 2971, Randnr. 19), und vom 6. Juni 1996, Kommission/Italien
(C‑101/94, Slg. 1996, I‑2691, Randnr. 12).
11 – Urteil vom 25. Juli 1991, Factortame u. a. (C‑221/89, Slg. 1991, I‑3905, Randnr. 20).
12
– Vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Deutschland (Randnr. 52),
Kommission/Italien (Randnr. 31) und vom 9. Juli 1997, Parodi (C‑222/95,
Slg. 1997, I‑3899, Randnr. 31). Alle diese Urteile beziehen sich jedoch
auf die Verpflichtung zur Eröffnung einer festen Einrichtung für die
Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen, die, wie bestimmte
Finanzdienstleistungen, dies nicht erfordern.
13 – Urteil Gebhard, Randnr. 22.
14
– Vgl. Urteile vom 28. Januar 1986, Kommission/Frankreich (270/83,
Slg. 1986, 273, Randnr. 18), und vom 13. Juli 1993, Commerzbank
(C‑330/91, Slg. 1993, I‑4017, Randnr. 13).
15 – Urteile Commerzbank (Randnr. 14) und vom 12. April 1994, Halliburton Services (C‑1/93, Slg. 1994, I‑1137, Randnr. 15).
16
– Vgl. Urteile vom 29. Mai 2001, Kommission/Italien (C‑263/99, Slg.
2001, I‑4195, Randnr. 15), vom 17. Oktober 2002, Payroll u. a. (C‑79/01,
Slg. 2002, I‑8923, Randnr. 28), und vom 30. März 2006, Servizi
Ausiliari Dottori Commercialisti (C‑451/03, Slg. 2006, I‑2941, Randnrn.
36 und 37).
17
– Vgl. Urteile vom 27. Oktober 1977, Bouchereau (30/77, Slg. 1977,
1999, Randnr. 35), und vom 29. Oktober 1998, Kommission/Spanien
(C‑114/97, Slg. 1998, I‑6717, Randnr. 46).
18 – Vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Spanien (Randnr. 47).
19
– Vgl. Urteile vom 24. März 1994, Schindler (C‑275/92, Slg. 1994,
I‑1039, Randnrn. 32 und 61), vom 21. September 1999, Läärä (C‑124/97,
Slg. 1999, I‑6067, Randnr. 14), vom 21. Oktober 1999, Zenatti (C‑67/98,
Slg. 1999, I‑7289, Randnr. 15), vom 6. November 2003, Gambelli
(C‑243/01, Slg. 2003, I‑13031, Randnr. 63), Placanica (Randnr. 47) und
vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin
International (C‑42/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung
veröffentlicht, Randnr. 57).
20
– Vgl. in diesem Sinne hinsichtlich der Ausübung der Tätigkeit privater
Sicherheitsdienste die Urteile Kommission/Portugal (Randnr. 42) und vom
26. Januar 2006, Kommission/Spanien (C‑514/03, Slg. 2006, I‑963,
Randnr. 31). Für den Glücksspielsektor vgl. Urteil Gambelli, in dem der
Gerichtshof festgestellt hat, dass der Ausschluss der Möglichkeit für
Kapitalgesellschaften, die auf den reglementierten Märkten der anderen
Mitgliedstaaten notiert sind, Konzessionen zu erhalten, „auf den ersten
Blick eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar[stellt], und zwar
auch dann, wenn diese Beschränkung unterschiedslos allen
Kapitalgesellschaften mit Sitz in Italien oder in einem anderen
Mitgliedstaat auferlegt ist, die ein Interesse an diesen Konzessionen
haben könnten“ (Randnr. 48).
21 – Vgl. u. a. Urteil Gambelli, Randnr. 65.
22 – Urteile Zenatti (Randnr. 36) und Gambelli (Randnr. 62).
23
– Anders wäre es, wenn das Ziel der streitigen Beschränkung darin
bestünde, Gelegenheiten zu Spielen zu verringern, wobei dieses Ziel
bisher noch nicht der Werbung gegenübergestellt wurde. Der Gerichtshof
wird jedoch in der bei ihm anhängigen Rechtssache Stoß u. a. (C‑316/07,
C‑358/07 bis C‑360/07, C‑409/07 und C‑410/07) in naher Zukunft zu einer
Entscheidung über diesen Punkt veranlasst sein. Im Fall der
österreichischen Rechtsvorschriften scheint dies nicht der Fall zu sein,
da sich die Vorarbeiten darauf beschränken, allgemein die Überwachung
der legalen Spiele anzuführen, mit dem Hauptziel, den einzelnen
Spielteilnehmer zu schützen.
24 – Urteil Placanica (Randnr. 48).
25 – Urteil Placanica (Randnr. 49).
26 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2004, Kommission/Frankreich (C‑262/02, Slg. 2004, I‑6569).
27
– Urteile vom 7. Dezember 2000, Teleaustria und Telefonadress
(C‑324/98, Slg. 2000, I‑10745, Randnrn. 61 und 62), und vom 13. Oktober
2005, Parking Brixen (C‑458/03, Slg. 2005, I‑8585, Randnr. 49).
28
– Das Urteil vom 13. September 2007, Kommission/Italien (C‑260/04,
Slg. 2007, I‑70083), könnte, auch wenn es eine Vertragsverletzungsklage
und einen anderen Sachverhalt betrifft, dem vorlegenden Gericht als
Leitlinie dienen. In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof die
Erneuerung von 329 Konzessionen für die Annahme von Pferdewetten ohne
Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens für mit den Art. 43 EG und
49 EG unvereinbar angesehen. Er hat ausgeführt, dass diese Erneuerung
nicht mit der Notwendigkeit habe begründet werden können, eine Tendenz
zum Ausweichen auf heimliche Aktivitäten der Annahme und der Zuteilung
von Wetten zu verhindern, da sie nicht geeignet sei, die Erreichung
dieses Ziels sicherzustellen, und über das hinausgehe, was erforderlich
sei, um zu verhindern, dass die im Pferdewettensektor tätigen
Wirtschaftsteilnehmer in kriminelle oder betrügerische Aktivitäten
verwickelt würden (Randnr. 34).
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