Mittwoch, 30. April 2014

EuGH zu den österreichischen Bestimmungen für Automaten-Glücksspiele

Urteil und Schlussanträge s.u.
Beschränktes Glücksspiel nur bei tatsächlichem Spielerschutz zulässig !   

s.a.
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A: Jugendschutz katastrophal durchgefallen!

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) rüttelt an den österreichischen Bestimmungen für Automaten-Glücksspiele.  
 
vgl. EuGH PM: Urteil Rs. C-64/08 - Ernst Engelmann
Das österreichische Recht sieht ein staatliches Monopol im Bereich der Glücksspiele in der Weise vor, dass die Berechtigung, Glücksspiele zu veranstalten und zu betreiben, grundsätzlich dem Staat vorbehalten ist. Mit dem geltenden Bundesgesetz wird insbesondere der Zweck verfolgt, die Glücksspiele zu regulieren, um ihre Ausübung einzuschränken und dem Staat möglichst hohe Einnahmen aus ihnen zu sichern.

In ihrem Urteil vom Mittwoch erklärten die Luxemburger EU-Richter, dass der freie Dienstleistungsverkehr der österreichischen Konzessionsregelung entgegenstehe, wenn diese nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolge.

Dabei weisen die EU-Richter darauf hin, dass das Landesverwaltungsgericht anzunehmen scheine, dass das wahre Ziel der fraglichen restriktiven Regelung nicht in der Kriminalitätsbekämpfung und im Spielerschutz liege, sondern in einer bloßen Maximierung der Staatseinnahmen.
Tenor:

"Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, sofern diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen."

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts hätten nämlich die österreichischen Behörden nicht nachgewiesen, dass die Kriminalität oder die Spielsucht im betreffenden Zeitraum ein erhebliches Problem darstellten.
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Der Europäische Gerichtshof habe aber bereits entschieden, dass die Staatseinnahmen eine solche Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht rechtfertigen könnten. Im vorliegenden Fall halten die EU-Richter eine getrennte Überprüfung einer Vereinbarkeit der österreichischen Regelung mit der EU-Grundrechtecharta nicht für erforderlich.
Unter den vorliegenden Umständen wäre eine ungerechtfertigte oder unverhältnismäßige Einschränkung des Dienstleistungsverkehrs auch nicht nach der Grundrechtecharta zulässig.

Ein Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen die Glücksspielregelung könne auch nicht zu Sanktionen führen, wenn diese Regelung mit dem freien Dienstleistungsverkehr in der EU nicht vereinbar sei.

"Das Kohärenzgebot im Glücksspielsektor"
von Taloss und Strass
Wirtschaftsrechtliche Blätter 27, 481±492 (2013)  (pdf-download)


URTEIL DES GERICHTSHOFS
(Dritte Kammer)

30. April 2014(*)

„Art. 56 AEUV – Freier Dienstleistungsverkehr – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 15 bis 17, 47 und 50 – Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten, unternehmerische Freiheit, Eigentumsrecht, Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, Grundsatz ne bis in idem – Art. 51 – Geltungsbereich – Durchführung des Unionsrechts – Glücksspiele – Restriktive Regelung eines Mitgliedstaats – Verwaltungsbehördliche und strafrechtliche Sanktionen – Zwingende Gründe des Allgemeininteresses – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache C-390/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (jetzt Landesverwaltungsgericht Oberösterreich) mit Entscheidung vom 10. August 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 20. August 2012, in den Verfahren auf Betreiben von

Robert Pfleger,

Autoart as,

Mladen Vucicevic,

Maroxx Software GmbH,

Hans-Jörg Zehetner

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Vucicevic, vertreten durch die Rechtsanwälte A. Rabl und A. Auer,

–        der Maroxx Software GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte F. Wennig und F. Maschke,

–        von Herrn Zehetner, vertreten durch Rechtsanwalt P. Ruth,

–        der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

–        der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte im Beistand von P. Vlaemminck, advocaat,

–        der niederländischen Regierung, vertreten durch K. Bulterman und C. Wissels als Bevollmächtigte,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna und M. Szpunar als Bevollmächtigte,

–        der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, A. Silva Coelho und P. de Sousa Inês als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch B.‑R. Killmann und I. Rogalski als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. November 2013

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 56 AEUV sowie der Art. 15 bis 17, 47 und 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten, die Herr Pfleger, Autoart as (im Folgenden: Autoart), Herr Vucicevic, die Maroxx Software GmbH (im Folgenden: Maroxx) und Herr Zehetner wegen verwaltungsbehördlicher Sanktionen angestrengt haben, die aufgrund des Betriebs von Glücksspielautomaten ohne eine Erlaubnis hierfür gegen sie verhängt worden waren.

 Österreichisches Recht

 Bundesglücksspielgesetz

3        Das Bundesgesetz vom 28. November 1989 zur Regelung des Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989) in seiner auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbaren Fassung (im Folgenden. GSpG) bestimmt in seinem Art. 2 („Ausspielungen“):

„(1)      Ausspielungen sind Glücksspiele,

1.      die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2.      bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.      bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

(2)      Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.

(3)       Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten liegt vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt. …

(4)       Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.“

4        Nach § 3 GSpG („Glücksspielmonopol“) ist das Recht zur Durchführung von Glücksspielen dem Bund vorbehalten.

5        Allerdings unterliegen gemäß § 5 GSpG Ausspielungen mit Glücksspielautomaten dem Landesrecht. Weiters kann nach dieser Bestimmung jedes der neun Bundesländer einem Dritten im Wege einer Konzession ein Recht zur Durchführung von Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten unter den dort näher festgelegten ordnungspolitischen Mindestanforderungen an Bewilligungswerber und besonderen Begleitmaßnahmen zur Spielerschutzvorbeugung erteilen. Solche Ausspielungen, als „kleines Glücksspiel“ bezeichnet, werden entweder in Automatensalons – mit mindestens 10 und höchstens 50 Glücksspielautomaten und einem Höchsteinsatz bis zu 10 Euro sowie einem Höchstgewinn bis zu 10 000 Euro pro Spiel – oder in Form der Einzelaufstellung – mit höchstens drei Glücksspielautomaten und einem Höchsteinsatz bis zu 1 Euro sowie einem Höchstgewinn bis zu 1 000 Euro pro Spiel – durchgeführt, wobei die Anzahl der jeweils bis zur Höchstdauer von 15 Jahren aufrechten Bewilligungen zum Betrieb von Glücksspielautomaten mit höchstens drei pro Bundesland beschränkt ist.

6        § 52 GSpG („Verwaltungsstrafbestimmungen“) sieht vor:

„(1)      Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;



(2)       Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB [Strafgesetzbuch] zurück. …

(3)      Werden Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, von dem aus die Teilnahme im Inland erfolgt. …

(4)      Die Teilnahme an Elektronischen Lotterien, für die keine Konzession des Bundesministers für Finanzen erteilt wurde, ist strafbar, wenn die erforderlichen Einsätze vom Inland aus geleistet werden. Der Verstoß gegen dieses Verbot wird bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, ansonsten mit einer Geldstrafe bis zu 1 500 Euro geahndet.

…“

7        Nach den §§ 53, 54 und 56a GSpG sind mit dieser behördlichen Strafkompetenz umfassende Sicherungsbefugnisse verbunden, um weitere Verletzungen des Glücksspielmonopols im Sinne des § 3 GSpG hintanhalten zu können. Dabei handelt es sich um die Befugnis zur vorläufigen und dauerhaften Beschlagnahme von Glücksspielautomaten und sonstigen Eingriffsgegenständen sowie deren Einziehung und nachfolgende Vernichtung und zur Schließung des Betriebs, in dem diese Automaten öffentlich zugänglich gemacht worden sind, wie sie in § 53 Abs. 1 und 2, § 54 Abs. 1 und 3 sowie § 56a GSpG vorgesehen ist.

 Strafgesetzbuch

8        Die Veranstaltung von Glücksspielen ohne Konzession für gewerbliche Zwecke wird in Österreich nicht nur mit den verwaltungsbehördlichen Sanktionen belegt, die aufgrund des GSpG verhängt werden können, sondern auch strafrechtlich verfolgt. Nach § 168 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs (im Folgenden: StGB) ist zu bestrafen, „[w]er ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden“. Die Strafen sind Freiheitsstrafen von bis zu sechs Monaten oder Geldstrafen von bis zu 360 Tagessätzen. „Wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt“, kann gemäß § 168 Abs. 2 StGB in derselben Weise bestraft werden.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

9        Der Vorlageentscheidung und den Akten, die dem Gerichtshof vorliegen, ist zu entnehmen, dass dem Vorabentscheidungsersuchen vier beim vorlegenden Gericht anhängige Rechtsstreitigkeiten zugrunde liegen, denen gemeinsam ist, dass im Anschluss an Kontrollen, die an verschiedenen Orten in Oberösterreich durchgeführt wurden, Glücksspielautomaten, die ohne Konzession betrieben wurden und daher der Veranstaltung von nach dem GSpG unzulässigen Glücksspielen gedient haben sollen, vorläufig in Beschlag genommen wurden.

10      Im Rahmen des ersten Ausgangsverfahrens führten Exekutivorgane der Finanzpolizei am 29. März 2012 im Lokal „Cash-Point“ in Perg (Österreich) eine Kontrolle durch, in deren Folge sechs Glücksspielautomaten, für die keine behördliche Konzession vorlag, vorläufig in Beschlag genommen wurden. Am 12. Juni 2012 erließ die Bezirkshauptmannschaft Perg Bescheide, mit denen die vorläufige Beschlagnahme gegenüber Herrn Pfleger als Veranstalter unzulässiger Glücksspiele und der in der Tschechischen Republik ansässigen Autoart als vermeintlicher Eigentümerin der beschlagnahmten Geräte bestätigt wurde.

11      Im Rahmen des zweiten Ausgangsverfahrens führten Exekutivorgane der Finanzpolizei am 8. März 2012 in der „SJ-Bet Sportbar“ in Wels (Österreich) eine Kontrolle durch, in deren Folge acht Glücksspielautomaten, für die keine behördliche Konzession vorlag, vorläufig in Beschlag genommen wurden. Am 4. Juli 2012 erließ die Bundespolizeidirektion Wels gegenüber Herrn Vucicevic, einem serbischen Staatsangehörigen, als vermeintlichem Eigentümer von zwei der acht beschlagnahmten Geräte, einen Bescheid, mit dem die vorläufige Beschlagnahme bestätigt wurde.

12      Im Rahmen des dritten Ausgangsverfahrens führten Exekutivorgane der Finanzpolizei am 30. November 2010 in einem Tankstellenshop in Regau (Österreich) eine Kontrolle durch, in deren Folge zwei Glücksspielautomaten, für die keine behördliche Konzession vorlag und die Maroxx, einer Gesellschaft österreichischen Rechts, gehörten, vorläufig in Beschlag genommen wurden. Am 16. Dezember 2010 erließ die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gegenüber Frau Baumeister, einer deutschen Staatsangehörigen, die Betreiberin dieser Tankstelle und Unternehmerin im Sinne des GSpG war, einen Bescheid, mit dem die vorläufige Beschlagnahme bestätigt wurde. Das vorlegende Gericht wies die Berufung von Frau Baumeister gegen diesen Bescheid als verspätet zurück. Mit Bescheid vom 31. Mai 2012 verfügte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck außerdem die Einziehung der beiden beschlagnahmten Geräte.

13      Im Rahmen des vierten Ausgangsverfahrens führten Exekutivorgane der Finanzpolizei am 13. November 2010 in einem Tankstellenshop in Enns (Österreich) eine Kontrolle durch, in deren Folge drei Glücksspielautomaten, für die keine behördliche Konzession vorlag, vorläufig in Beschlag genommen wurden. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erließ gegenüber der Eigentümerin der Geräte, Maroxx, einen Bescheid, mit dem die Beschlagnahme bestätigt wurde.

14      Mit Straferkenntnis vom 3. Juli 2012 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gegen den Betreiber des Tankstellenshops, Herrn Zehetner, der die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt, eine Geldstrafe in Höhe von 1 000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Stunden und zugleich gegen die Eigentümerin und Vermieterin der Geräte, Maroxx, eine Geldstrafe in Höhe von 10 000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 152 Stunden.

15      Gegen sämtliche Entscheidungen wurde beim vorlegenden Gericht Berufung eingebracht.

16      Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts haben die österreichischen Behörden nicht im Sinne des Urteils Dickinger und Ömer (C-347/09, EU:C:2011:582) nachgewiesen, dass die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellten. Sie hätten auch nicht den Nachweis erbracht, dass die Kriminalitätsbekämpfung und der Spielerschutz – und nicht etwa bloß eine Maximierung der Staatseinnahmen – das wahre Ziel der Monopolregelung für Glücksspiele bildeten. Zudem werde von den Monopolisten ein „enormer“ und „aggressiver Werbeaufwand“ betrieben, so dass sich deren Geschäftspolitik nicht auf eine kontrollierte Expansion mit einer maßvollen Werbung beschränkt habe.

17      Die konkret untersuchte gesetzliche Regelung erscheine daher in ihrer Zusammenschau nicht geeignet, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs geforderte Kohärenz zu gewährleisten (vgl. u. a. Urteil Carmen Media Group, C-46/08, EU:C:2010:505, Rn. 69 und 71), und sei dementsprechend nicht mit der durch Art. 56 AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit vereinbar.

18      Für den Fall, dass der Gerichtshof jedoch der Ansicht sein sollte, dass Art. 56 AEUV sowie die Art. 15 bis 17 der Charta nicht aus den zuvor dargelegten Gründen einer solchen nationalen Regelung entgegenstehen, möchte das nationale Gericht wissen, ob nicht jedenfalls Art. 56 AEUV sowie die Art. 15 bis 17, 47 und 50 der Charta einer nationalen Regelung entgegenstehen, mit der der Begriff des Unternehmers als Person, die im Fall des Betriebs von Glücksspielautomaten ohne eine Erlaubnis hierfür potenziell strafbar sei, sehr weit definiert werde und sich mangels klarer gesetzlicher Bestimmungen dadurch auszeichne, dass nicht vorhersehbar sei, wann verwaltungsbehördliche und strafrechtliche Sanktionen verhängt würden.

19      Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Steht das in Art. 56 AEUV und in den Art. 15 bis 17 der Charta zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Bestimmungen der §§ 3 bis 5 sowie §§ 14 und 21 GSpG, die die Durchführung von Glücksspielen mittels Automaten nur unter der – sowohl strafsanktionierten als auch unmittelbar sacheingriffsbedrohten – Voraussetzung der Erteilung einer vorangehenden, jedoch nur in begrenzter Anzahl verfügbaren Erlaubnis ermöglicht, obwohl bislang – soweit ersichtlich – von staatlicher Seite in keinem einzigen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren nachgewiesen wurde, dass eine damit verbundene Kriminalität und/oder Spielsucht tatsächlich ein erhebliches Problem, dem nicht durch eine kontrollierte Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten auf viele Einzelanbieter, sondern nur durch eine kontrollierte, mit bloß maßvoller Werbung verbundene Expansion eines Monopolisten (bzw. sehr weniger Oligopolisten) abgeholfen werden kann, darstellen, entgegen?

2.      Für den Fall, dass diese erste Frage zu verneinen ist: Steht das in Art. 56 AEUV und in den Art. 15 bis 17 der Charta zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, durch die im Wege unbestimmter Gesetzesbegriffe im Ergebnis eine nahezu lückenlose Strafbarkeit auch vielfältiger Formen von nur sehr entfernt beteiligten (unter Umständen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässigen) Personen (wie bloßen Vertreibern, Verpächtern oder Vermietern von Glücksspielautomaten) eintritt, entgegen?

3.      Für den Fall, dass auch die zweite Frage zu verneinen ist: Stehen die demokratisch-rechtsstaatlichen Anforderungen, wie diese offenkundig dem Art. 16 der Charta zugrunde liegen, und/oder das Fairness- und Effizienzgebot des Art. 47 der Charta und/oder das Transparenzgebot des Art. 56 AEUV und/oder das Doppelverfolgungs- und -bestrafungsverbot des Art. 50 der Charta einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, deren wechselseitige Abgrenzung mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung für einen Bürger ex ante kaum vorhersehbar und berechenbar, sondern im konkreten Einzelfall jeweils erst im Wege eines aufwendigen förmlichen Verfahrens klärbar ist, an die sich jedoch weitreichende Unterschiede hinsichtlich der Zuständigkeiten (Verwaltungsbehörde oder Gericht), der Eingriffsbefugnisse, der damit jeweils verbundenen Stigmatisierung und der prozessualen Stellung (z. B. Beweislastumkehr) knüpfen, entgegen?

4.      Für den Fall, dass eine dieser drei ersten Fragen zu bejahen ist: Steht Art. 56 AEUV und/oder die Art. 15 bis 17 der Charta und/oder Art. 50 der Charta einer Bestrafung von Personen, die in einer der in § 2 Abs. 1 Z 1 und § 2 Abs. 2 GSpG genannten Nahebeziehung zu einem Glücksspielautomaten stehen, und/oder einer Beschlagnahme bzw. Einziehung dieser Geräte und/oder einer Schließung des gesamten Unternehmens solcher Personen entgegen?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs

20      Die österreichische Regierung rügt die Unzuständigkeit des Gerichtshofs und führt hierzu aus, dass die Vorlagefragen einen rein innerstaatlichen Sachverhalt beträfen und keinerlei Bezug zum Unionsrecht aufwiesen, da im vorliegenden Fall kein grenzüberschreitendes Element erkennbar sei.

21      Was die Auslegung von Art. 56 AEUV betrifft, so ist richtig, dass der Gerichtshof, wenn ein Rechtsstreit mit keinem Element über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaats hinausweist, prüfen muss, ob er dafür zuständig ist, sich zu dieser Bestimmung zu äußern (vgl. in diesem Sinne Urteil Duomo Gpa u. a., C-357/10 bis C-359/10, EU:C:2012:283, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Wie sich aber aus der Vorlageentscheidung ergibt, hat die Bezirkshauptmannschaft Perg am 12. Juni 2012 auch gegenüber Autoart als vermeintlicher Eigentümerin der beschlagnahmten Geräte Bescheide erlassen, mit denen die vorläufige Beschlagnahme bestätigt wurde.

23      Die Existenz der in der Tschechischen Republik ansässigen Autoart im Rahmen der Ausgangsrechtsstreitigkeiten zeigt somit jedenfalls, dass diese Streitigkeiten keinen rein innerstaatlichen Sachverhalt betreffen.

24      Mithin ist festzustellen, dass der Gerichtshof für die Beantwortung der Vorlagefragen zuständig ist.

 Zur Zulässigkeit

25      Die österreichische Regierung trägt außerdem vor, dass das Vorabentscheidungsersuchen als unzulässig zurückzuweisen sei, da die Vorlageentscheidung den sachlichen Rahmen nicht hinreichend darlege, um dem Gerichtshof eine sachdienliche Antwort zu ermöglichen.

26      In diesem Zusammenhang genügt der Hinweis darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts spricht, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Er kann die Entscheidung über die Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil Melki und Abdeli, C-188/10 und C-189/10, EU:C:2010:363, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung ist eine dem nationalen Gericht dienliche Auslegung des Unionsrechts nur möglich, wenn dieses die Sach- und Rechtslage, in der sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen, auf denen diese Fragen beruhen, erläutert. Außerdem muss die Vorlageentscheidung die genauen Gründe angeben, aus denen dem nationalen Gericht die Auslegung des Gemeinschaftsrechts fraglich und die Vorlage einer Vorabentscheidungsfrage an den Gerichtshof erforderlich erscheint (Urteil Mulders, C-548/11, EU:C:2013:249, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Im vorliegenden Fall beschreibt die Vorlageentscheidung den rechtlichen und tatsächlichen Rahmen der Ausgangsrechtsstreitigkeiten hinreichend, und die Angaben des vorlegenden Gerichts ermöglichen es, die Reichweite der Vorlagefragen zu bestimmen.

29      Unter diesen Umständen ist das Vorabentscheidungsersuchen als zulässig anzusehen.

 Zur Anwendbarkeit der Charta

30      Die Regierungen Österreichs, Belgiens, der Niederlande und Polens halten die Charta im Rahmen der Ausgangsrechtsstreitigkeiten für nicht anwendbar, da im nicht harmonisierten Bereich der Glücksspiele die einschlägigen nationalen Regelungen keine Durchführung des Rechts der Union im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta darstellten.

31      Insoweit ist daran zu erinnern, dass der Anwendungsbereich der Charta, was das Handeln der Mitgliedstaaten betrifft, in Art. 51 Abs. 1 der Charta definiert ist. Danach gilt diese für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union (Urteil Åkerberg Fransson, C-617/10, EU:C:2013:105, Rn. 17).

32      Diese Bestimmung der Charta bestätigt also die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu der Frage, inwieweit das Handeln der Mitgliedstaaten den Anforderungen genügen muss, die sich aus den in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechten ergeben (Urteil Åkerberg Fransson, EU:C:2013:105, Rn. 18).

33      Aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich im Wesentlichen, dass die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen, aber nicht außerhalb derselben Anwendung finden. Insoweit hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass er eine nationale Rechtsvorschrift nicht im Hinblick auf die Charta beurteilen kann, wenn sie nicht in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt. Sobald dagegen eine solche Vorschrift in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt, hat der im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens angerufene Gerichtshof dem vorlegenden Gericht alle Auslegungshinweise zu geben, die es benötigt, um die Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Grundrechten beurteilen zu können, deren Wahrung er sichert (Urteil Åkerberg Fransson, EU:C:2013:105, Rn. 19).

34      Da folglich die durch die Charta garantierten Grundrechte zu beachten sind, wenn eine nationale Rechtsvorschrift in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt, sind keine Fallgestaltungen denkbar, die vom Unionsrecht erfasst würden, ohne dass diese Grundrechte anwendbar wären. Die Anwendbarkeit des Unionsrechts umfasst die Anwendbarkeit der durch die Charta garantierten Grundrechte (Urteil Åkerberg Fransson, EU:C:2013:105, Rn. 21).

35      Wie der Gerichtshof hierzu bereits entschieden hat, ist, wenn ein Mitgliedstaat sich auf zwingende Gründe des Allgemeininteresses beruft, um eine Regelung zu rechtfertigen, die geeignet ist, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit zu behindern, diese im Unionsrecht vorgesehene Rechtfertigung im Licht der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts und insbesondere der nunmehr durch die Charta garantierten Grundrechte auszulegen. Die vorgesehenen Ausnahmen können daher für die betreffende nationale Regelung nur dann gelten, wenn sie im Einklang mit den Grundrechten steht, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat (vgl. in diesem Sinne Urteil ERT, C-260/89, EU:C:1991:254, Rn. 43).

36      Erweist sich eine nationale Regelung als geeignet, die Ausübung einer oder mehrerer durch den Vertrag garantierter Grundfreiheiten zu beschränken, können nach dieser Rechtsprechung die im Unionsrecht vorgesehenen Ausnahmen somit für die betreffende Regelung nur insoweit als Rechtfertigung dieser Beschränkung gelten, als den Grundrechten, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat, Genüge getan wird. Diese Verpflichtung zur Beachtung der Grundrechte fällt offensichtlich in den Geltungsbereich des Unionsrechts und folglich der Charta. Nimmt ein Mitgliedstaat im Unionsrecht vorgesehene Ausnahmen in Anspruch, um eine Beschränkung einer durch den Vertrag garantierten Grundfreiheit zu rechtfertigen, muss dies daher, wie die Generalanwältin in Nr. 46 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, als „Durchführung des Rechts der Union“ im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta angesehen werden.

37      Die Vorlagefragen sind im Licht dieser Erwägungen zu beantworten.

 In der Sache

 Zur ersten Frage

38      Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 56 AEUV sowie 15 bis 17 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen.

–       Prüfung anhand von Art. 56 AEUV

39      Eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, die den Betrieb von Glücksspielautomaten ohne vorab erteilte behördliche Erlaubnis verbietet, stellt eine Beschränkung des durch Art. 56 AEUV garantierten freien Dienstleistungsverkehrs dar (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Placanica u. a., C-338/04, C-359/04 und C-360/04, EU:C:2007:133, Rn. 42).

40      Allerdings ist zu prüfen, ob eine solche Beschränkung im Rahmen der Ausnahmeregelungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die in den nach Art. 62 AEUV auch auf dem Gebiet des freien Dienstleistungsverkehrs anwendbaren Art. 51 AEUV und 52 AEUV ausdrücklich vorgesehen sind, zulässig oder gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (Urteil Garkalns, C-470/11, EU:C:2012:505, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs können Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein (vgl. in diesem Sinne Urteil Carmen Media Group, EU:C:2010:505, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Im vorliegenden Fall gehören die angeführten Ziele der in den Ausgangsverfahren fraglichen österreichischen Regelung, d. h. die Spieler zu schützen, indem das Angebot von Glücksspielen begrenzt wird, und Straftaten im Zusammenhang mit Glücksspielen zu bekämpfen, indem diese im Rahmen einer kontrollierten Expansion reguliert werden, zu den Zielen, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Beschränkungen von Grundfreiheiten auf dem Gebiet des Glücksspiels rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Costa und Cifone, C-72/10 und C-77/10, EU:C-2012:80, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die von den Mitgliedstaaten auferlegten Beschränkungen die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs insoweit aufgestellten Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung erfüllen müssen. Danach ist eine nationale Regelung nur dann geeignet, die Erreichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C-42/07, EU:C:2009:519, Rn. 59 bis 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Der bloße Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, kann keinen Einfluss auf die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind allein im Hinblick auf die von den zuständigen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen (Urteil HIT und HIT LARIX, C-176/11, EU:C:2012:454, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen verfügen die staatlichen Stellen nämlich über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Soweit die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Voraussetzungen im Übrigen beachtet werden, ist es Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten in Bezug auf Spiele und Wetten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteile Stoß u. a., C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07, EU:C-2010:504, Rn. 76, sowie Carmen Media Group, EU:C-2010:505, Rn. 46).

46      Außerdem steht fest, dass im Gegensatz zur Einführung eines freien und unverfälschten Wettbewerbs auf einem traditionellen Markt die Betreibung eines derartigen Wettbewerbs auf dem sehr spezifischen Markt für Glücksspiele, d. h. zwischen mehreren Veranstaltern, die die gleichen Glücksspiele betreiben dürfen, insofern nachteilige Folgen haben könnte, als diese Veranstalter versucht wären, einander an Einfallsreichtum zu übertreffen, um ihr Angebot attraktiver als das ihrer Wettbewerber zu machen, so dass für die Verbraucher die mit dem Spiel verbundenen Ausgaben und die Gefahr der Spielsucht erhöht würden (Urteil Stanleybet International u. a., C-186/11 und C-209/11, EU:C-2013:33, Rn. 45).

47      Für die Feststellung, welche Ziele mit der nationalen Regelung tatsächlich verfolgt werden, ist jedoch im Rahmen einer Rechtssache, mit der der Gerichtshof nach Art. 267 AEUV befasst worden ist, das vorlegende Gericht zuständig (vgl. in diesem Sinne Urteil Dickinger und Ömer, EU:C-2011:582, Rn. 51).

48      Außerdem hat das vorlegende Gericht unter Berücksichtigung der Hinweise des Gerichtshofs zu prüfen, ob die durch den betreffenden Mitgliedstaat auferlegten Beschränkungen den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. Urteil Dickinger und Ömer, EU:C-2011:582, Rn. 50).

49      Insbesondere muss es sich – vor allem im Licht der konkreten Anwendungsmodalitäten der betreffenden restriktiven Regelung – vergewissern, dass sie tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, die Tätigkeiten in diesem Bereich zu begrenzen und die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen (vgl. Urteil Dickinger und Ömer, EU:C-2011:582, Rn. 50 und 56).

50      Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, obliegt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand deren dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (vgl. Urteil Dickinger und Ömer, EU:C-2011:582, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Jedoch lässt sich aus dieser Rechtsprechung nicht ableiten, dass einem Mitgliedstaat nur deshalb die Möglichkeit genommen wäre, zu belegen, dass eine innerstaatliche restriktive Maßnahme diesen Anforderungen genügt, weil er keine Untersuchungen vorlegen kann, die dem Erlass der fraglichen Regelung zugrunde lagen (vgl. in diesem Sinne Urteil Stoß u. a., EU:C-2010:504, Rn. 72).

52      Folglich muss das nationale Gericht eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen eine restriktive Regelung, wie sie in den Ausgangsverfahren in Rede steht, erlassen worden ist und durchgeführt wird.

53      Im vorliegenden Fall haben die nationalen Behörden nach Ansicht des vorlegenden Gerichts nicht nachgewiesen, dass die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellten.

54      Das Gericht scheint ferner anzunehmen, dass das wahre Ziel der fraglichen restriktiven Regelung nicht in der Kriminalitätsbekämpfung und dem Spielerschutz liegt, sondern in einer bloßen Maximierung der Staatseinnahmen, obwohl der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass das Ziel, die Einnahmen der Staatskasse zu maximieren, für sich allein eine solche Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht rechtfertigen kann (vgl. Urteil Dickinger und Ömer, EU:C-2011:582, Rn. 55). Diese Regelung erscheine, so das Gericht, jedenfalls unverhältnismäßig, da sie nicht geeignet sei, die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs geforderte Kohärenz zu garantieren, und über das hinausgehe, was zur Erreichung der angeführten Ziele erforderlich sei.

55      Sollte das vorlegende Gericht bei dieser Auffassung bleiben, müsste es zu dem Ergebnis kommen, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

56      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, sofern diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen.

–       Prüfung anhand der Art. 15 bis 17 der Charta

57      Eine im Hinblick auf Art. 56 AEUV restriktive nationale Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende kann auch die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, einschränken.

58      Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht.

59      Wie die Generalanwältin in den Nrn. 63 bis 70 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ist unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren eine nicht gerechtfertigte oder im Hinblick auf den in Art. 56 AEUV verankerten freien Dienstleistungsverkehr unverhältnismäßige Einschränkung auch nicht nach Art. 52 Abs. 1 der Charta in Bezug auf deren Art. 15 bis 17 zulässig.

60      Folglich erfasst im vorliegenden Fall eine Prüfung der Einschränkung, die die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung in Bezug auf Art. 56 AEUV darstellt, auch mögliche Einschränkungen der Ausübung der in den Art. 15 bis 17 der Charta vorgesehenen Rechte und Freiheiten, so dass es keiner getrennten Prüfung in dieser Hinsicht bedarf.

 Zur zweiten und zur dritten Frage

61      Die zweite und die dritte Frage sind dem Gerichtshof nur für den Fall vorgelegt worden, dass die erste Frage verneint wird.

62      Unter Berücksichtigung der Antwort auf die erste Frage brauchen die zweite und die dritte Frage nicht beantwortet zu werden.

 Zur vierten Frage

63      Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 56 AEUV sowie 15 bis 17 und 50 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie Sanktionen wie denen entgegenstehen, die in der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung vorgesehen sind und zu denen die Einziehung und Vernichtung der Glücksspielautomaten sowie die Schließung des Betriebs gehören, in dem diese Automaten öffentlich zugänglich gemacht worden sind.

64      Im Kontext der Ausgangsverfahren ist jedoch festzustellen, dass der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu Sanktionen führen kann, wenn diese Regelung mit Art. 56 AEUV nicht vereinbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Placanica u. a., EU:C-2007:133, Rn. 63 und 69, sowie Dickinger und Ömer, EU:C-2011:582, Rn. 43).

 Kosten

65      Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, sofern diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen.

Unterschriften

* Verfahrenssprache: Deutsch.

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Detaillierte Angaben zur Rechtssache



SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 14. November 2013(1)

Rechtssache C-390/12

Robert Pfleger

Autoart a.s.

Mladen Vucicevic

Maroxx Software GmbH

Ing. Hans-Jörg Zehetner

(Vorabentscheidungsersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich [Österreich])

„Art. 56 AEUV – Freier Dienstleistungsverkehr – Glücksspiele – Regelung, wonach die Bereitstellung von Glücksspielautomaten ohne Konzession verboten ist – Begrenzte Zahl von Konzessionen – Strafrechtliche Sanktionen – Verhältnismäßigkeit – Charta der Grundrechte“


1.        Nach österreichischem Recht dürfen Glücksspiele mittels Automaten nur von konzessionierten Unternehmern durchgeführt werden. Die Konzessionen stehen nur in begrenzter Zahl zur Verfügung. Glücksspielautomaten, die ohne Konzession öffentlich zugänglich gemacht werden, unterliegen der Einziehung und Vernichtung. Wer nach den Feststellungen ohne Konzession an der Organisation von Glücksspielen teilnimmt, wird mit verwaltungsbehördlichen oder strafrechtlichen Sanktionen belegt.

2.        Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möchte wissen, ob Art. 56 AEUV und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union(2) (im Folgenden: Charta) diesen Beschränkungen bzw. den im Fall eines Verstoßes verhängten Sanktionen entgegenstehen.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Charta

3.        Nach Art. 15 Abs. 2 der Charta haben alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger die Freiheit, in jedem Mitgliedstaat Arbeit zu suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen. Nach Art. 16 wird die unternehmerische Freiheit nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt. Art. 17 garantiert das Recht, rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben; das Eigentum darf nur entzogen werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt, in einem Gesetz vorgesehen ist und eine angemessene Entschädigung geleistet wird. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.

4.        Gemäß Art. 47 muss jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht haben, bei einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Art. 50 bestimmt, dass niemand wegen einer Straftat, derentwegen er bereits in der Union nach dem Gesetz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder bestraft werden darf.

5.        Nach Art. 51 Abs. 1 gilt die Charta für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union.

 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

6.        Art. 56 AEUV verbietet Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind.

7.        Solche Beschränkungen können zugelassen werden, wenn insoweit eine ausdrückliche Ausnahme nach Art. 52 Abs. 1 AEUV gilt, der aufgrund von Art. 62 AEUV auf die Erbringung von Dienstleistungen Anwendung findet.

 Nationales Recht

8.        In § 2 des Glücksspielgesetzes (GSpG) in der derzeit geltenden Fassung(3) sind „Ausspielungen“ im Wesentlichen definiert als Glücksspiele, die ein Unternehmer öffentlich zugänglich macht, bei denen ein Einsatz geleistet und ein Gewinn ausgeschüttet wird. In diesem Sinne ist „Unternehmer“, wer selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander die Durchführung solcher Glücksspiele angeboten wird, gelten sie alle auch dann als Unternehmer, wenn bei ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der öffentlichen Zugänglichmachung des Glücksspiels nur beteiligt sind. Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nicht erteilt wurde, sind verboten.

9.        Nach § 3 GSpG ist das Recht zur Durchführung von Glücksspielen dem Bund vorbehalten; hiervon ausgenommen sind Glücksspielautomaten, deren Betrieb aufgrund der §§ 4 bzw. 5 GSpG durch Gesetze der Bundesländer geregelt sind.

10.      Nach § 4 GSpG unterliegen Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten nach Maßgabe des § 5 nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes.

11.      § 5 GSpG bestimmt, dass jedes der neun Bundesländer bis zu drei Konzessionen an Unternehmer von sogenannten kleinen Glücksspielen mit Automaten erteilen kann. Die Konzessionen werden für einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren mit bestimmten ordnungspolitischen und den Spielerschutz betreffenden Auflagen bewilligt. Kleine Glücksspiele dürfen in Automatensalons mit mindestens zehn und höchstens 50 Automaten mit Einsätzen von höchstens 10 Euro und Gewinnen von höchstens 10 000 Euro pro Spiel oder in Einzelaufstellung mit höchstens drei Automaten mit Einsätzen von höchstens 1 Euro und Gewinnen von höchstens 1 000 Euro pro Spiel angeboten werden.

12.      Nach § 14 in Verbindung mit §§ 15 und 17 GSpG kann der Bund unter bestimmten Voraussetzungen das ausschließliche Recht zur Durchführung von Ausspielungen verschiedener Art durch Erteilung einer Konzession für die Dauer von höchstens 15 Jahren gegen Entrichtung einer Abgabe übertragen.

13.      Gemäß § 21 GSpG kann der Bund bis zu 15 Konzessionen mit einer Höchstdauer von 15 Jahren zur Durchführung von Glücksspielen in Spielbanken erteilen. Für jeden Konzessionsantrag ist eine Gebühr in Höhe von 10 000 Euro und für jede Konzessionserteilung eine weitere Gebühr in Höhe von 100 000 Euro zu zahlen. Die im Rahmen dieser Konzessionen durchgeführten Spiele werden zu einem Satz zwischen 16 % und 40 % pro Jahr besteuert (§§ 17, 28, 57 und 59a Abs. 1 GSpG).

14.      Nach § 52 GSpG ist mit einer Verwaltungsgeldstrafe von bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer als „Unternehmer“ Glücksspiele ohne Konzession durchführt oder sich daran beteiligt. Bei Einsätzen von über 10 Euro pro Spiel tritt hingegen Strafbarkeit nach dem stattdessen anwendbaren § 168 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) ein. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist bei „Serienspielen“, für die der Einzeleinsatz unter 10 Euro, die Summe aller Einsätze aber über diesem Betrag liegt, ebenfalls die Strafbarkeit nach § 168 Abs. 1 StGB gegeben.

15.      Nach § 53 GSpG kann ein Glücksspielautomat vorläufig in Beschlag genommen werden, wenn der Verdacht besteht, dass der Betrieb des Automaten gegen Bestimmungen des GSpG verstößt.

16.      § 54 GSpG sieht die Einziehung von Gegenständen vor, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wurde; die Einziehung ist allen Personen anzuzeigen, die ein Recht auf den Gegenstand geltend machen können. Eingezogene Gegenstände sind von der Behörde zu vernichten.

17.      Gemäß § 56a GSpG kann ein Betrieb, der Glücksspiele entgegen den gesetzlichen Vorschriften durchführt, geschlossen werden.

18.      Die Veranstaltung von Glücksspielen ohne Konzession für gewerbliche Zwecke stellt eine Straftat dar. Gemäß § 168 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, „[wer] ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden“. Glücksspiele, die ohne Konzession veranstaltet werden, sind verbotene Spiele im Sinne von § 52 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 4 GSpG. Die Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen geahndet. Nach § 168 Abs. 2 StGB wird ebenso bestraft, wer sich als „Unternehmer“ im Sinne von § 2 GSpG an einem solchen Spiel beteiligt.

 Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

19.      Das Vorabentscheidungsersuchen ergeht im Rahmen von vier Rechtsstreitigkeiten, die verschiedene Einrichtungen in Oberösterreich betreffen (nach Angaben des vorlegenden Gerichts ist bei ihm eine Vielzahl weiterer gleichgelagerter Fälle anhängig). In den Ausgangsverfahren wenden sich Herr Pfleger, die Autoart a.s., Prag (im Folgenden: Autoart), Herr Vucicevic, die Maroxx Software GmbH (im Folgenden: Maroxx) und Herr Zehetner gegen behördliche Bescheide im Zusammenhang mit Glücksspielautomaten, die in verschiedenen Betriebsstätten in Oberösterreich ohne behördliche Konzession betriebsbereit aufgestellt waren.

20.      Im Rahmen des ersten Rechtsstreits nahm die Finanzpolizei sechs Geräte in einer Gaststätte in Perg, in der unzulässige Glücksspiele veranstaltet wurden, vorläufig in Beschlag. Herr Pfleger wurde als Veranstalter ermittelt, und Autoart, eine in der Tschechischen Republik eingetragene Gesellschaft, wurde als Eigentümerin der Geräte angesehen. Die zuständige örtliche Behörde bestätigte die Beschlagnahme. Mit seiner Berufung macht Herr Pfleger geltend, er sei weder Eigentümer oder Besitzer der Geräte noch Veranstalter der Glücksspiele gewesen, noch habe er die Automaten an den Lokalinhaber geliefert. Autoart macht geltend, sie stehe in keinerlei rechtlicher Beziehung zu den Geräten und sei insbesondere weder deren Eigentümerin, noch habe sie diese verliehen, vermietet, vertrieben oder besessen; die Geräte würden von ihr auch nicht „verwaltet“.

21.      Im Rahmen des zweiten Rechtsstreits nahm die Finanzpolizei in einem Lokal in Wels acht Glücksspielautomaten vorläufig in Beschlag, die nach den Feststellungen ohne die erforderliche Konzession öffentlich zugänglich gemacht worden waren. Eigentümer der Geräte war Herr Vucicevic. Die zuständige örtliche Behörde bestätigte die Beschlagnahme. Im Zuge seiner Berufung räumt Herr Vucicevic ein, das betreffende Lokal gekauft zu haben, bestreitet jedoch, zugleich auch Eigentümer der Automaten geworden zu sein.

22.      Im Rahmen des dritten Rechtsstreits nahm die Finanzpolizei zwei Glücksspielautomaten vorläufig in Beschlag, die in einer von der deutschen Staatsangehörigen Jacqueline Baumeister betriebenen Tankstelle in Regau ohne die erforderliche Konzession öffentlich zugänglich gemacht worden waren. Die zuständige örtliche Behörde bestätigte die Beschlagnahme; die von Frau Baumeister gegen die Beschlagnahme eingelegte Berufung wurde als verspätet zurückgewiesen. Anschließend wurde die Einziehung verfügt und Maroxx, einer in Österreich eingetragenen Gesellschaft, als Eigentümerin der Geräte angezeigt, die hiergegen Berufung einlegte.

23.      Im Rahmen des vierten Rechtsstreits nahm die Finanzpolizei drei Glücksspielautomaten in Beschlag, die ohne die erforderliche Konzession in einer von Herrn Hans-Jörg Zehetner betriebenen Tankstelle in Enns öffentlich zugänglich gemacht worden waren. Die zuständige Behörde ermittelte Maroxx als Eigentümerin der Geräte und erließ einen Bescheid, mit dem die Beschlagnahme bestätigt wurde. Gegen Herrn Zehetner wurde eine Geldstrafe in Höhe von 1 000 Euro (im Fall der Nichtzahlung eine Freiheitsstrafe in Höhe von 15 Stunden) verhängt. Die gegen Maroxx festgesetzte Geldstrafe betrug 10 000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 152 Stunden)(4).

24.      Mit seiner Berufung wendet Herr Zehetner ein, das nationale Recht sei mit dem Unionsrecht, insbesondere mit Art. 56 AEUV und bestimmten Vorschriften der Charta, unvereinbar.

25.      Da es nach Auffassung des vorlegenden Gerichts für die Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtsstreitigkeiten auf die Auslegung des Unionsrechts ankommt, ersucht es um Vorabentscheidung folgender Fragen:

1.      Steht das in Art. 56 AEUV und in den Art. 15 bis 17 der Charta zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Bestimmungen der §§ 3 bis 5 sowie §§ 14 und 21 GSpG, die die Durchführung von Glücksspielen mittels Automaten nur unter der – sowohl strafsanktionierten als auch unmittelbar sacheingriffsbedrohten – Voraussetzung der Erteilung einer vorangehenden, jedoch nur in begrenzter Anzahl verfügbaren Erlaubnis ermöglicht, obwohl bislang – soweit ersichtlich – von staatlicher Seite in keinem einzigen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren nachgewiesen wurde, dass eine damit verbundene Kriminalität und/oder Spielsucht tatsächlich ein erhebliches Problem, dem nicht durch eine kontrollierte Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten auf viele Einzelanbieter, sondern nur durch eine kontrollierte, mit bloß maßvoller Werbung verbundene Expansion eines Monopolisten (bzw. sehr weniger Oligopolisten) abgeholfen werden kann, darstellen, entgegen?

2.      Für den Fall, dass diese erste Frage zu verneinen ist: Steht das in Art. 56 AEUV und in den Art. 15 bis 17 der Charta zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, durch die im Wege unbestimmter Gesetzesbegriffe im Ergebnis eine nahezu lückenlose Strafbarkeit auch vielfältiger Formen von nur sehr entfernt beteiligten (unter Umständen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässigen) Personen (wie bloßen Vertreibern, Verpächtern oder Vermietern von Glücksspielautomaten) eintritt, entgegen?

3.       Für den Fall, dass auch die zweite Frage zu verneinen ist: Stehen die demokratisch-rechtsstaatlichen Anforderungen, wie diese offenkundig dem Art. 16 der Charta zugrunde liegen, und/oder das Fairness- und Effizienzgebot des Art. 47 der Charta und/oder das Transparenzgebot des Art. 56 AEUV und/oder das Doppelverfolgungs- und ‑bestrafungsverbot des Art. 50 der Charta einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, deren wechselseitige Abgrenzung mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung für einen Bürger ex ante kaum vorhersehbar und berechenbar, sondern im konkreten Einzelfall jeweils erst im Wege eines aufwendigen förmlichen Verfahrens klärbar ist, an die sich jedoch weitreichende Unterschiede hinsichtlich der Zuständigkeiten (Verwaltungsbehörde oder Gericht), der Eingriffsbefugnisse, der damit jeweils verbundenen Stigmatisierung und der prozessualen Stellung (z. B. Beweislastumkehr) knüpfen, entgegen?

4.      Für den Fall, dass eine dieser drei ersten Fragen zu bejahen ist: Steht Art. 56 AEUV und/oder Art. 15 bis 17 der Charta und/oder Art. 50 der Charta einer Bestrafung von Personen, die in einer der in § 2 Abs. 1 Z 1 und § 2 Abs. 2 GSpG genannten Nahebeziehung zu einem Glücksspielautomaten stehen, und/oder einer Beschlagnahme bzw. Einziehung dieser Geräte und/oder einer Schließung des gesamten Unternehmens solcher Personen entgegen?

26.      Herr Vucicevic, Maroxx, Herr Zehetner, die belgische, die niederländische, die österreichische, die polnische und die portugiesische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. In der Sitzung vom 17. Juni 2013 haben Herr Vucicevic, Maroxx, Herr Zehetner, die belgische und die österreichische Regierung sowie die Kommission mündlich verhandelt.

 Würdigung

 Zulässigkeit

27.      Nach Ansicht der österreichischen Regierung ist das Vorabentscheidungsersuchen unzulässig, da der dargestellte Sachverhalt und die vorgelegten Fragen zu unpräzise seien, um dem Gerichtshof eine sachdienliche Antwort zu ermöglichen. Außerdem sei nicht ersichtlich, dass die Rechtssache einen grenzüberschreitenden Bezug aufweise und somit der freie Dienstleistungsverkehr betroffen sei.

28.      Die Kommission hält die Fragen für zulässig. Es sei nicht auszuschließen, dass Rechtssubjekte aus anderen Mitgliedstaaten Glücksspiele in Österreich anbieten wollten und den in Rede stehenden nationalen Vorschriften unterlägen.

29.      Die anderen Verfahrensbeteiligten, die Erklärungen abgegeben haben, äußern sich zur Frage der Zulässigkeit nicht.

30.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, das die Verantwortung für die zu erlassende gerichtliche Entscheidung zu übernehmen hat, im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls sowohl zu beurteilen, ob eine Vorabentscheidung erforderlich ist, damit es sein Urteil erlassen kann, als auch, ob die dem Gerichtshof vorgelegten Fragen erheblich sind. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen(5).

31.      Meines Erachtens sind der den Fragen hier zugrunde liegende Sachverhalt und die Fragen selbst klar genug herausgearbeitet, um dem Gerichtshof eine Entscheidung zu ermöglichen. Insbesondere sind in der Vorlageentscheidung die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften so detailliert aufgeführt, dass der Gerichtshof die für die Prüfung bedeutsamen Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts sachdienlich beantworten kann.

32.      Bezüglich des Einwands des nicht erkennbaren grenzüberschreitenden Bezugs ist auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs hinzuweisen, wonach eine nationale Regelung, die unterschiedslos auf die Staatsangehörigen aller Mitgliedstaaten anwendbar ist, nur dann unter die Bestimmungen über Grundfreiheiten fallen kann, wenn sie für Sachlagen gilt, die eine Verbindung zum Handel zwischen den Mitgliedstaaten aufweisen(6). So hat der Gerichtshof in der Rechtssache Garkalns das Vorabentscheidungsersuchen für zulässig erklärt, obwohl kein Element des Rechtsstreits über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinauswies.

33.      Der Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache zeigt, dass Wirtschaftsteilnehmer anderer Mitgliedstaaten ein Interesse an der Veranstaltung von Glücksspielen mittels Automaten in Österreich haben. Eine der beim nationalen Gericht anhängigen Berufungen wurde von einer deutschen Staatsangehörigen, Frau Baumeister, eingelegt, die eine Tankstelle betrieb, in der ein nicht zugelassener Glücksspielautomat entdeckt wurde; ein anderer Glücksspielautomat, der beschlagnahmt wurde, scheint von einer in der Tschechischen Republik eingetragenen Gesellschaft, Autoart, geliefert worden zu sein. Ich meine daher, dass das Vorabentscheidungsersuchen zulässig ist.

 Anwendbarkeit der Charta

34.      Mit allen Vorlagefragen wird um die Auslegung von Bestimmungen der Charta ersucht. Es stellt sich die Vorfrage, ob die Charta Anwendung findet, wenn ein nationales Gericht eine nationale Regelung wie die in den Ausgangsverfahren fragliche überprüft, die eine Ausnahme von den durch das Unionsrecht verliehenen Rechten vorsieht.

35.      Diese Problematik wird von Herrn Zehetner, der niederländischen, der österreichischen, der polnischen und der portugiesischen Regierung sowie von der Kommission angesprochen. Die vier Regierungen, die Erklärungen zu diesem Punkt abgegeben haben, sind der Ansicht, dass die Charta auf die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung keine Anwendung finde. Herr Zehetner und die Kommission vertreten die entgegengesetzte Auffassung.

36.      Meiner Meinung nach ist die Charta auf eine nationale Regelung anwendbar, die eine Ausnahme von den durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten beinhaltet.

37.      Der Anwendungsbereich der Charta ist in ihrem Art. 51 Abs. 1 festgelegt, wonach sie für die Mitgliedstaaten „ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union“ gilt.

38.      Fraglich ist, ob der Begriff „Durchführung“ in Art. 51 der Charta deren Anwendung auf Fälle beschränkt, in denen ein Mitgliedstaat zu einem konkreten Tätigwerden (z. B. zur Umsetzung einer Richtlinie(7)) verpflichtet ist, um dem Unionsrecht nachzukommen.

39.      Meines Erachtens ist diese Frage zu verneinen.

40.      Es sei darauf hingewiesen, dass der Wortlaut der Charta in den verschiedenen gleichermaßen verbindlichen Sprachfassungen (erwartungsgemäß) in gewissem Grad sprachlich voneinander abweicht. So heißt es im Englischen „implementing“, im Deutschen „bei der Durchführung des Rechts der Union“ und im Französischen „lorsqu’ils mettent en oeuvre le droit de l’Union“. Die spanische und die portugiesische Sprachfassung (zum Beispiel) enthalten weiter gehende Formulierungen („cuando apliquen el Derecho de la Unión“ bzw. „quando apliquem o direito da União“). Angesichts dessen liegt es nahe, sich an die Erläuterungen zur Charta(8) zu halten, die nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 7 der Charta bei der Auslegung der Charta zu berücksichtigen sind(9). Die Erläuterungen geben folgende Hinweise zu Art. 51 Abs. 1:

„Was die Mitgliedstaaten betrifft, so ist der Rechtsprechung des Gerichtshofs eindeutig zu entnehmen, dass die Verpflichtung zur Einhaltung der im Rahmen der Union definierten Grundrechte für die Mitgliedstaaten nur dann gilt, wenn sie im Anwendungsbereich des Unionsrechts handeln …“

Im Weiteren werden vier Urteile des Gerichtshofs angeführt: Wachauf, ERT, Annibaldi sowie Karlsson u. a.(10).

41.      In nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon erlassenen Urteilen hat der Gerichtshof bestätigt, dass die Charta zu beachten ist, wenn eine nationale Rechtsvorschrift in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt, und dass „[d]ie Anwendbarkeit des Unionsrechts … die Anwendbarkeit der durch die Charta garantierten Grundrechte [umfasst]“(11). Der Gerichtshof hat also bereits deutlich gemacht, dass darauf abzustellen ist, ob es sich um eine Fallgestaltung handelt, auf die das Unionsrecht Anwendung findet (d. h. die in den „Geltungsbereich des Unionsrechts“ fällt), und nicht auf das (wohl engere) Kriterium, ob der Mitgliedstaat das Unionsrecht durch ein konkretes Tätigwerden „durchführt“(12).

42.      Die in der Erläuterung zu Art. 51 Abs. 1 der Charta angeführte Rechtsprechung gibt Aufschluss darüber, was unter der Wendung „in den Geltungsbereich des Unionsrechts fallen“ zu verstehen ist. In den Urteilen Wachauf und Karlsson u. a. ging es jeweils um nationale Vorschriften, durch die die Anwendung von Verordnungen der Union über die Erhebung einer Zusatzabgabe auf Milch leicht abgewandelt wurde. Zweifellos waren einige nationale Vorschriften erforderlich, um die unionsrechtliche Regelung zu ergänzen und durch detailliertere Ausgestaltung in vollem Umfang funktionsfähig zu machen. Diese nationalen Vorschriften mussten daher in Einklang mit den im Unionsrecht anerkannten Grundrechten stehen. Im Gegensatz dazu hatten die in der Rechtssache Annibaldi streitigen nationalen Bestimmungen (ein Regionalgesetz zur Einrichtung eines Natur- und Archäologieparks) eindeutig nichts mit der Durchführung (oder auch Funktionsweise) einer Gemeinschaftsvorschrift über die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte, über die Umwelt oder über die Kultur zu tun; es gab auch keinen anderen Anknüpfungspunkt an das Gemeinschaftsrecht.

43.      Von besonderer Bedeutung für die vorliegende Rechtssache ist das Urteil ERT. Dieses betraf ein nationales Gesetz, wonach es einem einzigen Fernsehveranstalter gestattet war, das Fernsehmonopol im gesamten Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats innezuhaben und Fernsehübertragungen jeder Art vorzunehmen. In diesem Rahmen stellte sich die Frage, ob die durch den Vertrag garantierte Dienstleistungsfreiheit diesem Gesetz entgegensteht. Der Gerichtshof hat entschieden, dass Art. 59 EWG-Vertrag (jetzt Art. 56 AEUV) einem solchen Monopol entgegenstehe, wenn sich dieses auf Sendungen aus anderen Mitgliedstaaten diskriminierend auswirke und die Regelung nicht durch einen der Gründe gerechtfertigt sei, die in Art. 56 EWG-Vertrag (jetzt Art. 52 Abs. 1 AEUV) angegeben seien, auf den Art. 66 EWG-Vertrag (jetzt Art. 62 AEUV) verweise(13). Die Rechtssache ERT betrifft daher eine Fallgestaltung, bei der ein Mitgliedstaat eine Ausnahme von der Grundfreiheit zur Erbringung von Dienstleistungen vorsieht.

44.      In der Rechtssache ERT ging es des Weiteren um die Frage der Vereinbarkeit des nationalen Gesetzes mit Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Hierzu hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Grundrechte zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehörten, deren Wahrung er zu sichern habe, und dass keine Maßnahmen als rechtens anerkannt werden könnten, die mit diesen Grundrechten unvereinbar seien(14). Falle eine nationale Regelung in den Anwendungsbereich des Unionsrechts, habe der Gerichtshof, wenn er im Vorabentscheidungsverfahren angerufen werde, dem vorlegenden Gericht alle Auslegungskriterien an die Hand zu geben, die es benötige, um die Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Grundrechten beurteilen zu können, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern habe(15). Insbesondere wenn ein Mitgliedstaat sich auf Art. 66 EWG-Vertrag in Verbindung mit Art. 56 EWG-Vertrag (jetzt Art. 62 AEUV in Verbindung mit Art. 52 Abs. 1 AEUV) berufe, um eine nationale Regelung zu rechtfertigen, die geeignet sei, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit zu behindern, sei diese Rechtfertigung im Licht der allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere der Grundrechte auszulegen. Nur wenn die nationale Regelung im Einklang mit den Grundrechten stehe, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern habe und zu denen auch das in Art. 10 EMRK verbürgte Recht gehöre, könne sie als Ausnahme von der Dienstleistungsfreiheit zugelassen werden(16).

45.      Dem Urteil ERT lässt sich somit entnehmen, dass eine Maßnahme, die ein Mitgliedstaat als Ausnahme von einer durch den AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheit erlässt, in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt. Die Befugnis, unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme von der unionsrechtlich verbürgten Grundfreiheit vorzusehen, ist den Mitgliedstaaten vorbehalten und im Unionsrecht auch anerkannt; die Ausübung dieser Befugnis unterliegt jedoch den unionsrechtlichen Voraussetzungen. Prüft ein Gericht – sei es ein nationales Gericht oder der Gerichtshof –, ob für eine die Ausübung der Grundfreiheit behindernde nationale Regelung eine im Vertrag vorgesehene Ausnahme gilt (und die Regelung daher zulässig ist), wird diese Prüfung anhand des Unionsrechts und der daraus hergeleiteten Kriterien durchgeführt und nicht nach nationalem Recht und seinen Maßstäben. So ergeben sich z. B. sowohl die Auslegungsregel, dass solche Ausnahmen eng auszulegen sind, als auch die Voraussetzung, dass eine prima facie zulässige Ausnahme verhältnismäßig sein muss, aus dem Unionsrecht selbst. Da eine nationale Ausnahmeregelung nur dann zulässig ist, wenn die entsprechenden unionsrechtlichen Kriterien erfüllt sind (andernfalls hat die im Vertrag verankerte Freiheit Vorrang), fällt folglich die Ausnahmeregelung selbst in den Geltungsbereich des Unionsrechts. Meiner Meinung nach ist dies die notwendige Konsequenz sowohl der bekannten Systematik des Vertrags (geschütztes Recht, Ausnahme von diesem Recht in begrenzten Fällen) als auch der Aufnahme des Urteils ERT in die Erläuterung zu Art. 51 der Charta.

46.      Es ist daher davon auszugehen, dass ein Mitgliedstaat „bei der Durchführung des Rechts der Union“ im Sinne von Art. 51 handelt, wenn er eine Ausnahme von einer Grundfreiheit einführt. Folglich findet die Charta Anwendung. Da die in den Ausgangsverfahren hier in Rede stehende nationale Maßnahme in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt und mit ihr deshalb das Recht der Union „durchgeführt“ wird, ist sie im Licht der Charta auszulegen.

47.      Ich komme nunmehr zu den vorgelegten Fragen.

 Erste Frage

48.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 56 AEUV und/oder die Art. 15 bis 17 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die das Recht zur Durchführung von Glücksspielen mittels Automaten Personen oder Unternehmen vorbehält, die Inhaber von nur in begrenzter Anzahl verfügbaren Konzessionen sind. Insbesondere möchte das Gericht wissen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt ist, wenn nicht dargetan wurde, dass Kriminalität und Spielsucht erhebliche Probleme darstellten und dass diesen Problemen, falls sie bestehen sollten, nicht durch eine kontrollierte Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten mit vielen Einzelanbietern, sondern nur durch eine kontrollierte Expansion mit einer geringen Zahl von Anbietern abgeholfen werden könne.

49.      Ich werde zunächst Art. 56 AEUV und dann die Charta prüfen.

 Art. 56 AEUV

50.      Mittlerweile liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Glücksspielen vor (einschließlich vier aufgrund früherer Vorabentscheidungsersuchen ergangener Entscheidungen zum GSpG(17)), in der die Kriterien aufgeführt sind, anhand deren die Frage nach der Auslegung von Art. 56 AEUV zu beurteilen ist.

51.      Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren fragliche, wonach nur eine begrenzte Anzahl von Konzessionären Glücksspiele durchführen dürfen und allen anderen Wirtschaftsteilnehmern, seien diese nun in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen, die Erbringung solcher Dienstleistungen untersagt ist, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt und daher nach Art. 56 AEUV verboten ist(18). Eine solche Beschränkung kann im Rahmen der im AEU-Vertrag ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein(19).

52.      Nach Auffassung der österreichischen Regierung ist die Beschränkung gerechtfertigt, da mit ihr das Ziel der Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für Spieler und der Verbrechensprävention verfolgt werde. Maroxx, Herr Vucicevic und Herr Zehetner dagegen machen geltend, Hauptziel der Regierung sei die Erhöhung des Steueraufkommens.

53.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs können von den Mitgliedstaaten vorgesehene Beschränkungen für Dienstleistungen im Spielbereich gerechtfertigt sein, wenn sie auf die Sicherstellung des Verbraucherschutzes, einschließlich des Schutzes der Spieler vor Spielsucht(20) und der Verbrechensprävention(21), abzielen. Demgegenüber zählt die Erhöhung der Einnahmen eines Mitgliedstaats nicht zu den Zielen, die eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen vermögen, wenngleich eine solche Erhöhung für die betreffende Regierung eine erfreuliche Nebenfolge sein mag(22).

54.      Welche Ziele mit der in Rede stehenden nationalen Regelung tatsächlich verfolgt werden, ist eine Tatsachenfrage, die vom vorlegenden Gericht zu klären ist(23). Gelangt das nationale Gericht zu dem Ergebnis, dass das eigentliche Ziel in erster Linie in der Erhöhung der Staatseinnahmen besteht, muss die Beschränkung als mit Art. 56 AEUV unvereinbar angesehen werden.

55.      Stellt das nationale Gericht hingegen fest, dass mit der Beschränkung tatsächlich die zulässigen Ziele des Verbraucherschutzes und der Verbrechensprävention verfolgt werden, hat es anschließend zu prüfen, ob die Beschränkung verhältnismäßig ist. Es hat sich zu vergewissern, dass die Beschränkung zur Erreichung des mit der betreffenden Regelung verfolgten Ziels und des dabei angestrebten Schutzniveaus geeignet ist und nicht über das zur Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinausgeht.

56.      Ebenso wie ein Mitgliedstaat, der bestrebt ist, ein besonders hohes Schutzniveau zu gewährleisten, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Grund zu der Annahme haben kann, dass nur die Gewährung exklusiver Rechte an eine einzige Einrichtung ihm erlaubt, die Gefahren des Glücksspiels zu beherrschen(24), kann ein Mitgliedstaat auch Grund zu der Annahme haben, dass eine Regelung, wonach nur wenigen Anbietern eine Konzession erteilt wird, ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung dieser Gefahren darstellt. Im Urteil Engelmann(25) hat der Gerichtshof ausgeführt, dass eine Begrenzung der Zahl der Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken „ihrem Wesen nach ermöglicht, die Gelegenheiten zum Spiel einzuschränken … Da die Verbraucher sich an einen anderen Ort begeben müssen, um in einer Spielbank an den fraglichen Glücksspielen teilnehmen zu können, verstärkt eine Begrenzung der Zahl der Spielbanken die Hindernisse für die Teilnahme an derartigen Spielen.“

57.      Demnach dürfte die Begrenzung der Zahl von Glücksspielbetrieben ein verhältnismäßiges Mittel zur Erreichung des Ziels des Verbraucherschutzes und der Verbrechensprävention sein. Durch Zulassung einer größeren Anzahl von Betrieben zur Erbringung solcher Dienstleistungen würde sich dieses Ziel wahrscheinlich nicht so gut erreichen lassen, da sich verstärkt Gelegenheit zum Spiel ergäbe. Ein solches Vorgehen ist zur Erreichung eines hohen Schutzniveaus weniger geeignet. Dies muss jedoch vom nationalen Gericht überprüft werden, das bei der Würdigung der Tatsachen und der ihm vorliegenden Beweismittel auch Art, Häufigkeit und Intensität der in konzessionierten Betrieben durchgeführten Kontrollen zu berücksichtigen haben wird(26).

58.      Die Beweislast dafür, dass die Beschränkung verhältnismäßig ist, tragen die österreichischen Behörden, die dem nationalen Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände vorlegen müssen, anhand deren dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich zur Erreichung des angegebenen Ziels bestimmt und geeignet ist(27). Im Urteil Dickinger und Ömer(28) hat der Gerichtshof klargestellt, dass das vorlegende Gericht zu untersuchen hat, ob im entscheidungserheblichen Zeitraum die kriminellen und betrügerischen Aktivitäten und die Spielsucht in Österreich ein Problem waren und eine Ausweitung der zugelassenen und geregelten Tätigkeiten diesem Problem hätte abhelfen können. In den vorliegenden Verfahren muss das nationale Gericht in derselben Weise vorgehen.

59.      Ferner muss sich das vorlegende Gericht vergewissern, dass die nationale Regelung tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, das Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen(29). Da die Praktiken der wenigen Konzessionäre für die Erreichung oder Nichterreichung des Ziels entscheidend sein können, ist die von diesen verfolgte Geschäftspolitik für die Beurteilung von Bedeutung(30).

60.      In seiner Vorlageentscheidung weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass die Geschäftspolitik der Konzessionsinhaber sich nicht auf die kontrollierte Expansion mit umfangmäßig begrenzter Werbung beschränkt habe. Sie hätten vielmehr mit einem als „enorm“ zu bezeichnenden Kostenaufwand „aggressive“ Werbung betrieben, die ein positives Image von Glücksspielen fördere und zu aktiver Spielteilnahme anrege. Der Gerichtshof geht zwar davon aus, dass gemäßigte Werbung mit den Grundsätzen des Verbraucherschutzes vereinbar sein kann, allerdings nur dann, wenn die Werbung eng auf das begrenzt bleibt, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken(31). Werbung, die zum Spiel anregt, indem dieses verharmlost, ihm ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft erhöht wird, zielt nicht auf die Lenkung des bestehenden Marktes auf bestimmte Anbieter, sondern auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten ab. Eine solche expansionistische Geschäftspolitik ist mit dem Ziel eines hohen Verbraucherschutzniveaus offenkundig unvereinbar. Wie der Gerichtshof im Urteil Dickinger und Ömer festgestellt hat: „Ein Mitgliedstaat kann sich … nicht auf Gründe der öffentlichen Ordnung berufen, die sich auf die Notwendigkeit einer Verminderung der Gelegenheiten zum Spiel beziehen, wenn die Behörden dieses Mitgliedstaats die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Glücksspielen teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen …“(32)

61.      Es ist Sache des nationalen Gerichts, das tatsächliche Ziel der in den Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung zu ermitteln sowie zu beurteilen, ob – sollte es sich um ein zulässiges Ziel handeln – die Regelung in einem angemessen Verhältnis zu diesem steht und es kohärent und frei von Widersprüchen verfolgt.

62.      Es stellt sich die Frage, ob eine weitere Prüfung der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften im Licht der Art. 15, 16 und 17 der Charta erforderlich ist.

 Art. 15, 16 und 17 der Charta

63.      Art. 15 Abs. 2 der Charta(33) erkennt allen Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern die Freiheit zu, in jedem Mitgliedstaat sich niederzulassen und Dienstleistungen zu erbringen. Nach den Erläuterungen zur Charta(34) wurden in Art. 15 Abs. 2 die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr aufgenommen, die durch die Art. 26 AEUV, 45 AEUV, 49 AEUV und 56 AEUV garantiert sind. Da diese Freiheiten in den Verträgen vorgesehen sind, richten sich ihr Umfang und ihre Auslegung nach Art. 52 Abs. 2 der Charta, wonach ihre „Ausübung … im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Bedingungen und Grenzen [erfolgt]“. In der Erläuterung zu Art. 52 Abs. 2 der Charta heißt es außerdem, dass „[m]it der Charta … die Regelung hinsichtlich der durch den EG-Vertrag gewährten und in die Verträge übernommenen Rechte nicht geändert [wird]“. Was das vorliegende Verfahren betrifft, ist die Beachtung von Art. 15 Abs. 2 der Charta also gleichbedeutend mit der Einhaltung von Art. 56 AEUV.

64.      In Art. 16 der Charta wird die unternehmerische Freiheit anerkannt, die jedoch ausdrücklich nur „nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten“ ausgeübt werden darf. Wie sich den Erläuterungen zur Charta ferner entnehmen lässt, kann diese Freiheit nach Art. 52 Abs. 1 der Charta beschränkt werden. Diese Bestimmung verlangt, dass jede Einschränkung der Ausübung der in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten sowie unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich sein und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen muss.

65.      Im Urteil Sky Österreich(35) hat der Gerichtshof ausgeführt, dass „die unternehmerische Freiheit einer Vielzahl von Eingriffen der öffentlichen Gewalt unterworfen werden [kann], die im allgemeinen Interesse die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit beschränken können. … Dieser Umstand spiegelt sich vor allem darin wider, auf welche Weise nach Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu handhaben ist.“

66.      Meines Erachtens ist diese Freiheit gewahrt, wenn die einschlägigen Erfordernisse des Vertrags erfüllt sind, insbesondere das Gebot, bei der Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

67.      Art. 17 der Charta erkennt das Eigentumsrecht an, wobei die Nutzung des Eigentums „gesetzlich geregelt werden [kann], soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist“. Nach der Erläuterung zu Art. 17 entspricht dieser dem Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK. Gemäß Art. 52 Abs. 3 der Charta hat das Eigentumsrecht somit die gleiche Bedeutung und Tragweite, wie es ihm in der EMRK verliehen wird; Beschränkungen des Rechts sind zwar zulässig, dürfen aber das nach der EMRK zulässige Maß nicht überschreiten.

68.      Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs kann das Eigentumsrecht in angemessenem Verhältnis stehenden Beschränkungen unterworfen werden. So hat die Große Kammer im Urteil Križan u. a. entschieden, dass „[d]as Eigentumsrecht … nicht schrankenlos gewährleistet [ist], sondern … im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen werden [muss]. Folglich kann die Ausübung des Eigentumsrechts Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der das so gewährleistete Recht in seinem Wesensgehalt antastet“(36). Folglich stellt eine den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende und im Allgemeininteresse vorgenommene Beschränkung der Nutzung von Glücksspielautomaten keinen Verstoß gegen Art. 17 der Charta dar.

69.      Meines Erachtens ist bei einer Beschränkung der Nutzung von Glücksspielautomaten, die nach Art. 56 AEUV zulässig ist, die also u. a. auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt, Art. 17 der Charta ebenfalls Genüge getan. Eine solche Beschränkung der Nutzung des Eigentums geht nicht über das nach Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK Zulässige hinaus, dem zufolge das Eigentumsrecht dem „Recht des Staates [unterliegt], diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse … für erforderlich hält“.

70.      Meiner Meinung nach stellen die Art. 15 bis 17 der Charta keine strengeren Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs auf als diejenigen, die sich bereits der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 56 AEUV entnehmen lassen.

71.      Deshalb schlage ich dem Gerichtshof vor, die erste Frage in dem Sinne zu beantworten, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach nur eine begrenzte Anzahl von Konzessionsinhabern Glücksspiele durchführen darf, es sei denn, diese Beschränkung ist aufgrund eines zwingenden im Allgemeininteresse liegenden Ziels wie des Verbraucherschutzes und/oder der Verbrechensprävention gerechtfertigt, verfolgt dieses Ziel unter Berücksichtigung der Geschäftspolitik der Konzessionsinhaber kohärent und widerspruchsfrei und ist verhältnismäßig. Ob diese Kriterien erfüllt sind, ist vom nationalen Gericht zu entscheiden. Sofern eine Beschränkung diese Kriterien erfüllt, stehen ihr die Art. 15, 16 und 17 der Charta nicht entgegen.

 Zweite Frage

72.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das in Art. 56 AEUV und in den Art. 15 bis 17 der Charta zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB entgegensteht, durch die im Wege unbestimmter Gesetzesbegriffe die Strafbarkeit auf nur sehr entfernt beteiligte Personen (wie bloße Vertreiber, Verpächter oder Vermieter von Glücksspielautomaten) erstreckt wird.

73.      Diese Frage kommt ebenso wie die dritte und die vierte Frage nur dann zum Tragen, wenn das nationale Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass Art. 56 AEUV der in den Ausgangsverfahren fraglichen Beschränkung nicht entgegensteht. Falls Art. 56 AEUV dieser Beschränkung entgegensteht, sind auch strafrechtliche Sanktionen wegen Verstößen gegen die Beschränkung unionsrechtlich unzulässig(37).

74.      Soweit die Mitgliedstaaten nach dem Unionsrecht berechtigt sind, Ausnahmen von Art. 56 AEUV vorzusehen und die Erbringung von Glücksspieldienstleistungen zu beschränken, dürfen sie auch strafrechtliche Sanktionen zur Durchsetzung dieser Beschränkungen verhängen, sofern diese Sanktionen verhältnismäßig und grundrechtskonform sind.

75.      Meines Erachtens ist die Verhältnismäßigkeit nur gewahrt, wenn der persönliche Anwendungsbereich der Vorschriften, durch die Verstöße gegen die im nationalen Recht vorgesehene Beschränkung unter Strafe gestellt werden, nur diejenigen Personen erfasst, die für den Verstoß unmittelbar oder mittelbar verantwortlich sind und die wussten oder hätten wissen müssen, dass sie eine Teilnahmehandlung an dem Verstoß begehen.

76.      Für den Bereich des freien Warenverkehrs hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Strafbarkeit auch auf Personen ausgedehnt werden kann, die Beihilfe zu einer Straftat leisten(38). Diese Personen sind nicht unmittelbar für den Strafrechtsverstoß verantwortlich – im vorliegenden Fall machen sie nicht selbst Glücksspielautomaten ohne die erforderliche Konzession öffentlich zugänglich –, aber sie ermöglichen den Verstoß.

77.      Die Einbeziehung von Personen, die mittelbar für den Verstoß gegen die Beschränkung verantwortlich sind und die wussten oder hätten wissen müssen, dass sie eine Teilnahmehandlung an dem Verstoß begehen, in den Anwendungsbereich der Strafbarkeitsbestimmungen stellt meines Erachtens einen Beitrag zur Durchsetzung der Beschränkung und damit zur Erreichung des angestrebten hohen Schutzniveaus dar. Die Ausdehnung der Strafbarkeit auf Personen, denen der Verstoß nicht bekannt war und nicht bekannt sein konnte, wäre hingegen unverhältnismäßig, da sie keine Möglichkeit haben, sich bewusst gegen eine Teilnahme an dem Verstoß zu entscheiden.

78.      Das nationale Gericht muss das nationale Recht so weit wie möglich unionsrechtskonform unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden auslegen, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten(39).

79.      Meiner Meinung nach stehen daher Art. 56 AEUV und die Art. 15, 16 und 17 der Charta einer Bestimmung nicht entgegen, durch die die Strafbarkeit auf Personen erstreckt wird, die für den Verstoß gegen eine Beschränkung der Erbringung von Glücksspieldienstleistungen unmittelbar oder mittelbar verantwortlich sind, sofern der persönliche Anwendungsbereich der Strafbarkeitsbestimmung nur Personen erfasst, die wussten oder hätten wissen müssen, dass sie eine Teilnahmehandlung an dem Verstoß begehen.

 Dritte Frage

80.      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 56 AEUV und/oder die Art. 16, 47 und 50 der Charta und/oder die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die strafrechtliche oder verwaltungsrechtliche Sanktionen für Rechtsverstöße vorsehen, es der betreffenden Person aber nicht ermöglichen, sich im Voraus sicher zu sein, nach welcher Vorschrift sie zur Verantwortung gezogen werden wird.

81.      Meiner Ansicht nach steht Art. 50 der Charta solchen Vorschriften nicht entgegen. Den dem Gerichtshof vorliegenden Akten lässt sich nicht entnehmen, dass die These, es bestehe die Gefahr einer doppelten Strafverfolgung, begründet wäre. Die Tat wird entweder vor den Verwaltungsgerichten oder vor den Strafgerichten verhandelt. Offenbar greift das StGB bei Glücksspielen mit Einsätzen von mindestens 10 Euro oder bei „Serienspielen“ ein, bei denen der Einzeleinsatz unter diesem Betrag, die Summe aller Einsätze aber darüber liegt. In allen anderen Fällen wird die Tat als Verwaltungsübertretung nach den Bestimmungen des GSpG behandelt.

82.      Ob es sich um eine Verwaltungsübertretung handelt (bei verbotenen Ausspielungen mit Einsätzen von unter 10 Euro, die keine Serienspiele sind) oder um eine Straftat (bei verbotenen Ausspielungen mit Einsätzen von über 10 Euro oder mit geringeren Einsätzen als Teil von Serienspielen), lässt sich erst entscheiden, wenn alle Umstände des Einzelfalls bekannt sind. Etwaige Rechtsunsicherheiten sind also allein darauf zurückzuführen, dass auf unterschiedliche Sachverhalte unterschiedliche Bestimmungen Anwendung finden.

83.      Eine Verletzung von Art. 47 der Charta, der das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht verbürgt, liegt dann nicht vor, wenn die Person, der eine Straftat zur Last gelegt wird, Zugang zu einem Gericht hat, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um ein Verwaltungs- oder um ein Strafgericht handelt.

84.      Weder Art. 56 AEUV noch die Art. 16, 47 oder 50 der Charta stehen daher einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, wonach strafrechtliche Sanktionen bei verbotenen Ausspielungen mit Einsätzen von mindestens 10 Euro und bei „Serienspielen“ verhängt werden, bei denen ein Einzeleinsatz unter diesem Betrag, die Summe aller Einsätze aber darüber liegt, und wonach verwaltungsrechtliche Sanktionen bei verbotenen Ausspielungen mit Einsätzen von unter 10 Euro Anwendung finden.

 Vierte Frage

85.      Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 56 AEUV und/oder die Art. 15 bis 17 und 50 der Charta Sanktionen wie die in §§ 53, 54 und 56a GSpG vorgesehenen entgegenstehen, zu denen die Einziehung und die Vernichtung der Glückspielautomaten sowie die Schließung des Betriebs gehören.

86.      Wie bereits dargelegt(40), darf ein Mitgliedstaat, der eine durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigte und deshalb nicht nach Art. 56 AEUV verbotene Beschränkung einführt, diese auch durch die Verhängung von Sanktionen im Fall ihrer Verletzung durchsetzen. Diese Sanktionen müssen jedoch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Grundrechte beachten.

87.      Aus den in der Vorlageentscheidung dargestellten Fallumständen und Rechtsvorschriften scheint sich zu ergeben, dass im Fall der Durchführung von Glücksspielen mittels Automaten ohne Konzession die Geräte automatisch eingezogen und anschließend vernichtet werden. Die entsprechenden Ermächtigungsnormen erlauben offenbar kein alternatives Vorgehen je nach dem Grad des Verschuldens des Automateneigentümers oder der anderen Personen, denen ein Recht an dem Gerät zusteht, bzw. nach der Schwere der Rechtsverletzung. Was auch immer die Person, der ein Recht an dem Gerät zusteht, zur Verteidigung hinsichtlich der Tatbestandsverwirklichung oder als mildernde Umstände vorbringt, vermag an diesem Ergebnis offensichtlich nichts zu ändern.

88.      Sollte es wirklich keine Möglichkeit zur Anpassung der Sanktion geben, um Faktoren wie etwa dem Verschuldensgrad Rechnung zu tragen, wäre die Sanktion unverhältnismäßig und sowohl nach Art. 56 AEUV selbst als auch nach den Art. 15, 16 und 17 der Charta unzulässig. Die Prüfung, ob dem so ist, ist jedoch Sache des nationalen Gerichts. (Meines Erachtens ist Art. 50 der Charta insoweit nicht einschlägig.)

89.      Im Gegensatz dazu ist die Entscheidung über eine Betriebsschließung nach § 56a GSpG offenbar Ermessenssache. Angesichts des Spielraums bei der Ausübung dieser Befugnis kann die Entscheidung, einen Betrieb zu schließen, eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechende Sanktion darstellen. Meiner Meinung nach steht Art. 56 AEUV dem § 56a GSpG nicht entgegen. Das nationale Gericht wird zu prüfen haben, ob die Befugnis in der Praxis unter gebührender Berücksichtigung der Begleitumstände und folglich mit der erforderlichen Flexibilität gehandhabt wird, um das Kriterium der Verhältnismäßigkeit zu erfüllen.

 Ergebnis

90.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (Österreich) gestellten Fragen in folgendem Sinne zu beantworten:

1.      Art. 56 AEUV steht einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, wonach nur eine begrenzte Anzahl von Konzessionsinhabern Glücksspiele durchführen darf, es sei denn, diese Beschränkung ist aufgrund eines zwingenden im Allgemeininteresse liegenden Ziels wie des Verbraucherschutzes und/oder der Verbrechensprävention gerechtfertigt, verfolgt dieses Ziel unter Berücksichtigung der Geschäftspolitik der Konzessionsinhaber kohärent und widerspruchsfrei und ist verhältnismäßig. Ob diese Kriterien erfüllt sind, ist vom nationalen Gericht zu entscheiden. Sofern eine Beschränkung diese Kriterien erfüllt, stehen ihr die Art. 15, 16 und 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) nicht entgegen.

2.      Art. 56 AEUV und die Art. 15, 16 und 17 der Charta stehen einer Bestimmung nicht entgegen, durch die die Strafbarkeit auf Personen erstreckt wird, die für den Verstoß gegen eine Beschränkung der Erbringung von Glücksspieldienstleistungen unmittelbar oder mittelbar verantwortlich sind, sofern der persönliche Anwendungsbereich der Strafbarkeitsbestimmung nur Personen erfasst, die wussten oder hätten wissen müssen, dass sie eine Teilnahmehandlung an dem Verstoß begehen.

3.      Weder Art. 56 AEUV noch die Art. 16, 47 oder 50 der Charta stehen einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, wonach strafrechtliche Sanktionen bei verbotenen Ausspielungen mit Einsätzen von mindestens 10 Euro und bei „Serienspielen“ verhängt werden, bei denen ein Einzeleinsatz unter diesem Betrag, die Summe aller Einsätze aber darüber liegt, und wonach verwaltungsrechtliche Sanktionen bei verbotenen Ausspielungen mit Einsätzen von unter 10 Euro Anwendung finden.

4.      Art. 56 AEUV und die Art. 15, 16 und 17 der Charta stehen einer nationalen Regelung entgegen, wonach Geräte, die für nicht konzessionierte Glücksspiele verwendet werden, automatisch eingezogen und vernichtet werden, ohne dass die Möglichkeit einer anderen Rechtsfolge unter Berücksichtigung des Grades des Verschuldens des Glücksspielautomateneigentümers und/oder des Umfangs der Zuwiderhandlung besteht. Art. 56 AEUV und die Art. 15, 16 und 17 der Charta stehen einer nationalen Regelung jedoch nicht entgegen, wonach ein Mitgliedstaat nach seinem Ermessen einen Betrieb schließen kann, in dem nicht konzessionierte Glücksspielautomaten öffentlich zugänglich gemacht worden sind.

1 – Originalsprache: Englisch.

2 – ABl. 2010, C 83, S. 389.

3 – In seiner Vorlageentscheidung führt das vorlegende Gericht die nationalen Rechtsvorschriften in ihrer derzeit geltenden Fassung auf. Offenbar wurden jedoch einige der als strafbar eingestuften Handlungen vor Inkrafttreten dieser Gesetzesfassung begangen. Das nationale Gericht wird zu entscheiden haben, welche Fassung des Gesetzes zur maßgebenden Zeit galt.

4 – Mir ist nicht klar, wie gegen eine juristische Person (und sei es nur alternativ) eine Freiheitsstrafe verhängt werden kann; ich entnehme dies so dem Vorlagebeschluss.

5 – Urteile vom 19. Juli 2012, Garkalns (C-470/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 17), und vom 10. März 2009, Hartlauer (C-169/07, Slg. 2009, I-1721, Randnr. 24).

6 – Urteil Garkalns (oben in Fn. 5 angeführt, Randnr. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

7 – Für mich besteht ein deutlicher Unterschied zwischen „Umsetzung“ und dem erheblich weiteren Begriff „Durchführung“.

8 – Erläuterungen zur Charta der Grundrechte (ABl. 2007, C 303, S. 17).

9 – Vgl. Urteile vom 22. Januar 2013, Sky Österreich (C-283/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 42), und vom 22. Dezember 2010, DEB (C-279/09, Slg. 2010, I-13849, Randnr. 32).

10 –      Urteile vom 13. Juli 1989, Wachauf (5/88, Slg. 1989, 2609), vom 18. Juni 1991, ERT (C-260/89, Slg. 1991, I-2925), vom 18. Dezember 1997, Annibaldi (C-309/96, Slg. 1997, I-7493), und vom 13. April 2000, Karlsson u. a. (C-292/97, Slg. 2000, I-2737).

11 –      Urteile vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson (C-617/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 21 – Hervorhebung nur hier), und vom 26. September 2013, TEXDATA Software (C-418/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 73 – Hervorhebung nur hier).

12 – Der mögliche Bedeutungsunterschied verringert sich, wenn man die Begriffe „umsetzen“ und „durchführen“ nicht als Synonyme ansieht – siehe oben, Fn. 7.

13 – Randnr. 26.

14 – Randnr. 41.

15 – Randnr. 42.

16 – Randnr. 43.

17 – Die Bestimmungen des GSpG waren auch Gegenstand der im Wege des Vorlageverfahrens erlassenen Urteile vom 9. September 2010, Engelmann (C-64/08, Slg. 2010, I-8219), betreffend das Erfordernis, dass Inhaber von Spielbankkonzessionen ihren Sitz im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats haben, vom 15. September 2011, Dickinger und Ömer (C-347/09, Slg. 2011, I-8185), betreffend ein Betriebsmonopol für Internet-Kasinospiele zugunsten eines einzigen Betreibers, und vom 12. Juli 2012, HIT und HIT LARIX (C-176/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), betreffend die Werbung für Spielbanken. Die jüngste Entscheidung in diesem Bereich, das Urteil vom 24. Januar 2013, Stanleybet International u. a. (C-186/11 und C 209/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), betreffend das vom Staat einer einzigen börsennotierten Aktiengesellschaft übertragene ausschließliche Recht für die Verwaltung, die Organisation und das Funktionieren von Glücksspielen erging nach dem Vorabentscheidungsersuchen in der vorliegenden Rechtssache.

18 – Urteil Stanleybet International u. a. (oben in Fn. 17 angeführt, Randnr. 21).

19 – Ebd. (Randnr. 22); vgl. auch Urteil Garkalns (oben in Fn. 5 angeführt, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20 – Urteil vom 8. September 2010, Stoß u. a. (C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07, Slg. 2010, I-8069, Randnrn. 74 und 75 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

21 – Urteil vom 11. September 2003, Anomar u. a. (C-6/01, Slg. 2003, I-8621, Randnrn. 61 bis 75).

22 – Urteile vom 30. Juni 2011, Zeturf (C-212/08, Slg. 2011, I-5633, Randnr. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie Dickinger und Ömer (oben in Fn. 17 angeführt, Randnr. 55).

23 – Urteil Stanleybet International u. a. (oben in Fn. 17 angeführt, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24 – Urteil Stanleybet International u. a. (oben in Fn. 17 angeführt, Randnr. 29).

25 – Urteil Engelmann (oben in Fn. 17 angeführt, Randnr. 45).

26 – Mithilfe einer solchen Würdigung mag das nationale Gericht auch den wahren Zweck des Konzessionserfordernisses ermitteln können – siehe oben, Nrn. 54 und 55.

27 – Vgl. Urteil Stoß u. a. (oben in Fn. 20 angeführt, Randnr. 71).

28 – Oben in Fn. 17 angeführt, Randnr. 66.

29 –      Urteile Stanleybet International u. a. (oben in Fn. 17 angeführt, Randnr. 27), und vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International (C-42/07, Slg. 2009, I-7633, Randnrn. 49 bis 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30 – Urteil Dickinger und Ömer (oben in Fn. 17 angeführt, Randnr. 58).

31 – Urteil Dickinger und Ömer (oben in Fn. 17 angeführt, Randnr. 68).

32 – Ebd. (Randnr. 62).

33 – Im vorliegenden Fall ist nur Art. 15 Abs. 2 einschlägig. Art. 15 Abs. 1 betrifft das Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben, während nach Art. 15 Abs. 3 die Staatsangehörigen dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten arbeiten dürfen, Anspruch auf Arbeitsbedingungen haben, die denen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger entsprechen.

34 – Oben in Fn. 8 angeführt.

35 – Oben in Fn. 9 angeführt, Randnrn. 46 und 47.

36 – Urteil vom 15. Januar 2013 (C‑416/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 113 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37 – Urteil Dickinger und Ömer (oben in Fn. 17 angeführt, Randnrn. 32 und 43 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

38 – Urteil vom 21. Juni 2012, Donner (C-5/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).

39 – Urteil vom 5. September 2012, Lopes Da Silva Jorge (C-42/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 54 bis 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40 – Siehe oben, Nr. 74.

Quelle