Samstag, 29. April 2017

BVerwG PM vom 05.04.2017 - Bestandsschutz für Alt-Spielhallen


Pressemitteilung
Nr. 21/2017
BVerwG 8 C 16.16
05.04.2017
Fünf Jahre Bestandsschutz für Alt-Spielhallen auch bei Betreiberwechsel

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute zur Auslegung einer in der Praxis bedeutsamen Übergangsvorschrift des zum 1. Juli 2012 geänderten Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) entschieden, dass der fünfjährige Bestandsschutz für eine bestehende und vor dem Stichtag 28. Oktober 2011 gewerberechtlich erlaubte Spielhalle auch bei einem Wechsel des Spielhallenbetreibers erhalten bleibt.

§ 25 Abs. 1 GlüStV sieht zur Bekämpfung der Spielsucht  einen Mindestabstand zwischen Spielhallen vor, den das Land Sachsen in seinem Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag auf 250 m Luftlinie festgelegt hat (§ 18a Abs. 4 SächsGlüstVAG). Nach dieser Vorschrift soll der gleiche Abstand zu allgemeinbildenden Schulen gewahrt werden. Zur Kontrolle ordnet § 24 Abs. 1 GlüStV ein glücksspielrechtliches Erlaubnisverfahren an. Für bestehende Spielhallen enthält § 29 Abs. 4 GlüStV zwei unterschiedlich lange Übergangsfristen. Hat zum gesetzlichen Stichtag bereits eine unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis bestanden, gilt eine fünfjährige Bestandsschutzfrist. Ist die Erlaubnis erst später erteilt worden, gilt eine einjährige Frist.

Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin mit gewerberechtlicher Erlaubnis im November 2011 eine legal betriebene Spielhalle übernommen, die von der nächstgelegenen anderen  Spielhalle 121 m, von einer Grundschule 236 m und von einem Gymnasium 246 m Luftlinie entfernt ist. Der beklagte Freistaat Sachsen hat der Klägerin mitgeteilt, dass für sie nur die einjährige Übergangsfrist gelte. Nach Ablauf dieses Jahres komme die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis wegen dreifacher Unterschreitung des Mindestabstands nicht in Betracht. Daraufhin hat das Verwaltungsgericht auf Antrag der Klägerin festgestellt, dass sie für den weiteren Betrieb ihrer Spielhalle über den 30. Juni 2013 hinaus neben der gewerberechtlichen Erlaubnis keine weitere  Erlaubnis benötige. Das Oberverwaltungsgericht hat  entschieden, dass die Klägerin zwar eine weitere Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV benötige, für die von ihr betriebene Spielhalle jedoch die fünfjährige Bestandsschutzfrist gelte. Voraussetzung hierfür sei allein, dass für eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Glücksspielstaatsvertrages bestehende Spielhalle vor dem Stichtag eine gewerberechtliche Erlaubnis erteilt wurde. Wegen dieser ausschließlich spielhallenbezogenen Ausrichtung des Bestandsschutzes sei ein danach eintretender Betreiberwechsel unschädlich.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen. Für eine betriebs- und nicht betreiberbezogene Ausgestaltung des Bestandsschutzes spricht neben dem Wortlaut auch der Zweck der fünfjährigen Übergangsfrist. Sie dient dem Schutz der Investitionen, die im Vertrauen auf den Fortbestand einer vor dem Stichtag erteilten Spielhallenerlaubnis getätigt wurden. Diesen Schutz gewährt das Gesetz auch bei einem späteren Betreiberwechsel, weil die Investitionen weitgehend entwertet würden, wenn der personelle Wechsel eine Verkürzung des Bestandsschutzes auf ein Jahr zur Folge hätte. Die fünfjährige Übergangsfrist selbst ist verfassungsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die Erlaubnisvoraussetzung eines Mindestabstandes zu allgemeinbildenden Schulen. Insoweit wird ergänzend auf die Entscheidungen vom 16. Dezember 2016 zu den ähnlich geregelten Einschränkungen für Spielhallen in Berlin und Rheinland-Pfalz (PM Nr. 108/2016) verwiesen. Die Frage, ob das Mindestabstandsgebot zu einer weiteren Spielhalle nach § 18a Abs. 4 SächsGlüStVAG trotz fehlender landesgesetzlicher Regelungen zur Auswahl konkurrierender Spielhallen verfassungsmäßig ist, war in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.

BVerwG 8 C 16.16 - Urteil vom 05. April 2017

Vorinstanzen:
OVG Bautzen 3 A 314/15 - Urteil vom 11. Mai 2016
VG Leipzig 5 K 498/13 - Urteil vom 30. April 2015

§ 24 GlüStV - Erlaubnisse

(1) Unbeschadet sonstiger Genehmigungserfordernisse bedürfen die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle einer Erlaubnis nach diesem Staatsvertrag.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 zuwiderlaufen. Sie ist schriftlich zu erteilen und zu befristen. Die Erlaubnis kann, auch nachträglich, mit Nebenbestimmungen versehen werden.

(3) Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen der Länder.

§ 25 GlüStV - Beschränkungen von Spielhallen

(1) Zwischen Spielhallen ist ein Mindestabstand einzuhalten (Verbot von Mehrfachkonzessionen). Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen der Länder.

(2) Die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ist ausgeschlossen.

(3) Die Länder können die Anzahl der in einer Gemeinde zu erteilenden Erlaubnisse begrenzen.

§ 29 GlüStV - Übergangsregelungen

(4) Die Regelungen des Siebten Abschnitts finden ab Inkrafttreten dieses Staatsvertrags Anwendung. Spielhallen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Staatsvertrags bestehen und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i Gewerbeordnung erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrages endet, gelten bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags als mit §§ 24 und 25 vereinbar. Spielhallen, für die nach dem 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i Gewerbeordnung erteilt worden ist, gelten bis zum Ablauf von einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Staatsvertrags als mit §§ 24 und 25 vereinbar. Die für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 24 zuständigen Behörden können nach Ablauf des in Satz 2 bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen des § 24 Abs. 2 sowie § 25 für einen angemessenen Zeitraum zulassen, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33i Gewerbeordnung sowie die Ziele des § 1 zu berücksichtigen. Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen der Länder.

§ 18a SächsGlüStVAG

(4) Der Abstand einer Spielhalle zu einer weiteren Spielhalle oder zu einer allgemeinbildenden Schule soll 250 Meter Luftlinie nicht unterschreiten. Abweichungen vom Mindestabstand nach Satz 1 sind unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standorts und der Lage des Einzelfalls zulässig. In einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem zulässigerweise eine Wettvermittlungsstelle für Sportwetten oder eine Verkaufsstelle für Sportwetten betrieben wird, darf eine Spielhalle nicht erlaubt werden.

Quelle


BVerwG 8 C 16.16 (OVG Bautzen 3 A 314/15; VG Leipzig 5 K 498/13)
05.04.2017
11:00 Uhr

C. GmbH - RA Petra Stegkemper, Leipzig - ./. Freistaat Sachsen

Die Revision betrifft Fragen der Auslegung der Bestandsschutzvorschriften für Spielhallen im Glücksspielstaatsvertrag.

Der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 sieht zur Bekämpfung der Spielsucht vor, dass die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ausgeschlossen ist. Zwischen Spielhallen ist nach § 25 Abs. 1 GlüStV ein Mindestabstand einzuhalten, den das Land Sachsen in seinem Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag (SächsGlüstVAG) auf 250 m Luftlinie festgelegt hat (§ 18a Abs. 4 SächsGlüstVAG). Nach dieser Vorschrift soll der gleiche Abstand zu allgemeinbildenden Schulen eingehalten werden.

Die Spielhalle der Klägerin ist zu der nächsten Spielhalle in 121 m, zu einer Grundschule in 236 m und zu einem Gymnasium in 246 m Luftlinie entfernt. Ihre Spielhalle wird allerdings bereits seit dem Jahr 2003 betrieben. Die Klägerin übernahm im Jahr 2011 die Spielhalle und erhielt am 2. November 2011 die unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis zu deren Betrieb. Der Beklagte teilte der Klägerin im Folgenden mit, seit dem 1. Juli 2012 gälten aufgrund des geänderten Glücksspielstaatsvertrages für den Betrieb von Spielhallen neue Anforderungen. Für bereits genehmigte Spielhallen gebe es zwar nach § 29 Abs. 4 GlüStV Vertrauensschutz. Sei die Genehmigung - wie hier - erst nach dem 28. Oktober 2011 erteilt worden, sei die Spielhalle allerdings gemäß § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten des Staatsvertrages - also bis zum 30. Juni 2013 - von dem Mindestabstandsgebot befreit.

Mit ihrer Feststellungsklage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass sie über eine unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis verfüge und darum Bestandsschutz genieße. Antragsgemäß hat das Verwaltungsgericht Leipzig mit Urteil vom 30. April 2015 festgestellt, dass die Klägerin für den weiteren Betrieb ihrer Spielhalle über den 30. Juni 2013 hinaus keine neue Erlaubnis benötige. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil geändert und festgestellt, dass die Klägerin für den weiteren Betrieb ihrer Spielhalle lediglich für die Dauer von 5 Jahren seit Inkrafttreten des Staatsvertrages keine neue glücksspielrechtliche Erlaubnis benötige. Der glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt ergebe sich aus § 24 Abs. 1 GlüStV und erfasse auch „Altspielhallen“, für die vor Inkrafttreten des Staatsvertrages eine gewerberechtliche Erlaubnis vorgelegen habe. Bei der Auslegung der Bestandsschutzvorschrift des § 29 Abs. 4 GlüStV komme es allerdings - entgegen der Auffassung des Beklagten - auf die dem früheren Betreiber der Spielhalle bereits am 12. Juli 2010 erteilte unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis an. Für vor dem 28. Oktober 2011 erteilte Erlaubnisse gelte nach § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV ein Bestandsschutz von 5 Jahren nach Inkrafttreten des Staatsvertrages, d.h. bis zum 30. Juni 2017.

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Ziel weiter. Sie beruft sich insbesondere auf ihre unwiderrufene und unbefristet fortgeltende gewerberechtliche Erlaubnis, neben der keine weitere Erlaubnis erforderlich und vorgeschrieben sei. Die Rechtsprechung überschreite die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung, wenn sie ein vom Gesetzgeber nicht vorgesehenes weiteres Erlaubnisverfahren einführe. Ferner seien die Stichtagsregelung des § 29 Abs. 4 GlüStV und das Spielhallenverbundverbot der §§ 24, 25, 26 GlüStV verfassungswidrig.

Der Beklagte hat dem widersprochen und Anschlussrevision mit dem Ziel einer vollständigen Klageabweisung erhoben. Das Oberverwaltungsgericht habe bei der Anwendung der Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 4 GlüStV zu Unrecht auf die dem früheren Betreiber erteilte Erlaubnis abgestellt. Da die gewerberechtliche Erlaubnis personenbezogen und nicht anlagebezogen sei, könne nur die der Klägerin am 2. November 2011 erteilte Erlaubnis maßgeblich sein, die lediglich einen einjährigen Vertrauensschutz vermittle.

Quelle

Samstag, 15. April 2017

Morgen wählt Türkei - Erdogan droht: "Europa wird bald türkisch sein"

Zwei Tage vor dem Referendum über die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei ist der Wahlkampf in den Endspurt gegangen - mit einem Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, der auch die allerletzten Hemmungen abgelegt hat. Bei einem seiner wohl letzten Wahlkampfauftritte polterte er am Donnerstag voll Hass gegen Europa wild drauf los und drohte sogar mit einer Türkisierung des Kontinents.
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Erdogan: "Türken formen Europas Zukunft"
Im Finale des Wahlkampfs zündelt Erdogan nochmals mit wilden Drohungen gegen Europa.
Zukunft
Der alternde Kontinent sei auf die Türkei angewiesen, meinte Erdogan: „Die Zukunft Europas werden unsere fünf Millionen Brüder formen, die sich aus der Türkei dort angesiedelt haben“, prophezeite er.
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Stoppt Erdogan!
Er glaubt, sich ganz Europa untertan machen zu können

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Droht Deutschland die Islamisierung?
Das, was Sultan Süleyman 1529 mit der Belagerung Wiens begonnen hat, werden wir über die Einwohner mit unseren kräftigen Männern und gesunden Frauen verwirklichen." Berichtet hatte damals die türkische Zeitung "Hürriyet".
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Im Kampf gegen den verhassten Westen zückt der türkische Präsident Erdogan seine schärfste Waffe: die Islamisierung und Übernahme Deutschlands und weiterer westlicher Staaten über die Demografie.
„Macht nicht drei, sondern fünf Kinder, denn Ihr seid die Zukunft Europas“, forderte Erdogan im westtürkischen Eskisehir von den Türkinnen in Europa. „Er rief quasi zu einem "Geburten-Dschihad" auf. Europa soll nicht (mehr) durch Krieg, sondern durch Zuwanderung und höhere Geburtenraten erobert und islamisiert werden.

"Die beste Antwort auf Ungerechtigkeit"
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Die neue Türkei: Islamisierung, Alkoholverbote, Geschlechtertrennung
Islamisierung über die Geburtenrate: Erdogan fordert 5 anstatt 3 Kinder von moslemischen Frauen in Deutschland
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Es dürfe keine Freizügigkeit für die "Bevölkerungsüberschüsse" der Türkei geben, sagte Schmidt der Wochenzeitung "Die Zeit". 
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Die Türkei konnte schon in der Vergangenheit nicht ihre eigene Bevölkerung in der Türkei ernähren, so dass West-Deutschland 1961 gezwungen wurde, den türkischen Arbeitskräfteüberschuss als sogenannte “Gastarbeiter” aufzunehmen.
Mehr: 
https://www.bpb.de/internationales/europa/tuerkei/184981/gastarbeit
https://de.wikipedia.org/wiki/Einwanderung_aus_der_T%C3%BCrkei_in_die_Bundesrepublik_Deutschland
https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/arbeitsmigration?focus_comments=1


Seit einigen Jahren gibt man sich allerdings nicht mehr mit der Rolle Deutschlands als türkisches Sozialamt zufrieden. Schon seit Jahren sind fast 25 Prozent der in Deutschland lebenden Türken auf Hartz IV angewiesen. 
Mehr:
http://diepresse.com/home/wirtschaft/international/5062020/Viele-Tuerken-beziehen-in-Deutschland-Hartz-IV
http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/hartz-iv-jeder-vierte-hartz-iv-empfaenger-ist-auslaender/13955964.html


Mit 25,5 Prozent (Stand: 2005) sind überproportional viele Türken arbeitslos.
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Die Kunst des Missverstehens
Sie haben nicht Deutschland, sondern die Türkei gerettet: Warum vor fünfzig Jahren die ersten türkischen Gastarbeiter kamen und sie keine Opfer waren.
Die Nato-treuen türkischen Generäle forderten dafür einen Preis: Teilhabe am wirtschaftlichen Aufschwung Europas. Die Hebel waren unter anderem das Anwerbeabkommen und zwei Jahre später das Ankara-Abkommen, das der Türkei den Weg in die Zollunion und später in die Europäische Gemeinschaft ebnen sollte.
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Erdogan zieht die Migrationswaffe
Der türkische Präsident mutiert zum Diktator, pöbelt gegen Deutschland und betreibt aggressive Islamisierung. Er droht mit einer neuen Massenmigration, obwohl er Deutschland in der Wirtschaftskrise dringend bräuchte.

Die Massenmigration passt zudem in sein missionarisches Weltbild, dass jeder Muslim in Europa die islamische Sache stärke. Mit seiner Religionsbehörde Diyanet soll Europa (und insbesondere Deutschland) planvoll islamisiert werden; die Flüchtlinge spielen dabei eine Schlüsselrolle, etwa mit Moscheebauten, um den Gläubigen in der Fremde "eine Heimat zu schenken". Erdogans Lieblingszitat dazu stammt aus einem Gedicht von Ziya Gökalp: "Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette."

Erdogan versteht sich innen- wie außenpolitisch als religiöser Kulturkämpfer, als Schutzpatron der islamischen Expansion. Dass auf dem neuen "Dschihad-Highway" auch Terroristen nach Europa gelangen, nimmt er in Kauf. Erdogan sieht sich in der Tradition eines imperialen Sultans, der als Schutzherr des Islams die muslimische Welt vergrößert. Bei einem Staatsbesuch in Indonesien erklärte er kürzlich, worum es ihm wirklich geht: "Wir haben nur eine Sorge: Das ist der Islam, der Islam und der Islam."

Die Bedrohung durch Erdogan liegt also weniger in etwaigen Wahlkampfauftritten auf deutschen Marktplätzen. Sie liegt in der Schaffung eines aggressiven islamischen Sultanats. Dazu demonstriert er inzwischen bewusst sein Erkennungszeichen. Er hebt seine rechte Hand mittlerweile bei allen öffentlichen Auftritten zum sogenannten Rabia-Zeichen. Dabei werden vier Finger seiner Hand in die Höhe gereckt. Die Rabia-Hand war das Zeichen der ägyptischen Muslimbrüder. Deren Kampf für einen islamischen Religionsstaat will er nun weiterführen. Mit allen Mitteln auch gegen Europa.
Quelle: n-tv.de

Brief aus Istanbul
Faschistisch sind natürlich nur die anderen
Eine Sprache, ein Staat, eine Nation: AKP-Politiker zeigen den ultranationalistischen Wolfsgruß und heizen die Wut der Türken auf Europa an.
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Hamed Abdel-Samad über den Islam:
„Wir müssen ja den Westen besiegen, damit wir den Auftrag Gottes erfüllen“

Für den Kritiker gibt es einen Geburtsfehler des Islam, nämlich die Vermischung von Glaube, Politik, Wirtschaft und Gesetzgebung, und zwar seit der ersten Stunde. „Die Haltung gegenüber Ungläubigen, die Haltung gegenüber Gewalt – das ist eine Umsetzung des politischen Auftrags des Islams.“
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Reformer haben Angst
Eine islamische Reform ist laut Abdel-Samad nicht in Sicht:
«Reform würde bedeuten, dass wir uns öffnen sollten, dem Westen gegenüber, vom Westen lernen sollten. Aber das würde aus islamistischer Sicht Selbstaufgabe bedeuten.
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Erdogans Referendum
Türken wählen zwischen Demokratie und Diktatur
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Entscheidung zwischen Allmacht und Götterdämmerung
Wer Erdoğans Projekt nicht unterstützt, ist nicht einfach nur anderer Meinung, was die Zukunft des Landes angeht. Präsident und Regierung haben die Gegner kriminalisiert und in die Nähe von Terroristen gerückt. Selahattin Demirtaş, der 2015 die kurdische Partei HDP unter anderem mit dem Versprechen ins Parlament geführt hat, es niemals zuzulassen, dass Erdoğan sich zum Superpräsidenten macht, sitzt seit November im Gefängnis.
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Zwischen Erdogan-Verherrlichung und der Angst vor einer Diktatur  

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Tag der Entscheidung für die Türkei
Welche Konsequenzen hätte ein Ja ..... 

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Wenn Erdoğan scheitert, wird es gefährlich
Doch wird Erdoğan ein anderes Ergebnis als ein "Ja" akzeptieren, fragen sich Beobachter wie der erfahrene Analyst Conn Hallinan besorgt. "Beunruhigend ist die Bildung der paramilitärischen Gruppe ,Stay as Brothers Turkey' (Kardeş Kal Türkiye), die von Orhan Uzuner organisiert wird. Dessen Tochter ist mit Erdoğans Sohn Bilal verheiratet. Die Gruppe gibt an, bis zu 500 000 Mitglieder zu haben.
Die Oppositionszeitung Cumhuriyet nennt sie ,Erdoğans Miliz', und Parteimitglieder der nationalistischen Bewegung MHP sagen, dass ,die Brüder' an den Waffen ausgebildet und ermutigt werden, sich zu bewaffnen.
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So könnte Erdogan das Referendum manipulieren
Laut Umfragen kann es beim Verfassungsreferendum knapp werden für den türkischen Präsidenten. Helfen könnte ihm: Eine bedeutende Gruppe kann wohl nicht wählen, eine andere traut sich nicht. Die wichtigsten Fragen.
Wie stimmen die Nationalisten?
Kann Erdogan seine eigene Basis überzeugen?
Was passiert mit den Stimmen der vertriebenen Kurden?
Wie wird sich der Ausnahmezustand auswirken?
Kann es zu Wahlbetrug kommen?
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Referendum in der Türkei
"Das Ergebnis wird rasch Folgen für Europa haben"

Wahlbeobachtung ist ein gängiges Instrument des Europarats, um zu sehen, ob seine Mitgliedstaaten sich an Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Regeln halten. Wobei zu bedenken ist, dass die Entscheidung über das Verfassungsreferendum unter den Bedingungen des Ausnahmezustands stattfindet, der im Sommer 2016 verhängt wurde.
Zur Delegation gehören 20 Mitglieder des Europarats aus 15 Nationen.
Alle Fraktionen, die im Europarat vertreten sind, sind dabei. 
Befürworter des Ja zum Verfassungsreferendum hatten im Wahlkampf nach unseren Erkenntnissen 28.000 Sendeminuten, alle Oppositionsparteien zusammen gerade 2.700.
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Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
In dieser Rubrik finden Sie einen Überblick über die Grundlagen und die menschenrechtsrelevanten Aspekte der OSZE mit weiterführenden Links.
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Die EU mit ihren rechtsstaatlichen Mechanismen ist für Erdoğan und seine Gefolgschaft eine echte Gefahrenquelle.
Auch nach dem Referendum wird er daher immer zu Provokationen gegen den Westen und vor allem gegen die EU greifen. Das ist seine Art Anti-EU-Politik zu betreiben.
Warum das so ist, hat mehrere Gründe. Zum einen hat sich der Politiker Erdoğan selbst in eine Lage hineinmanövriert, aus der er nicht mehr unbeschadet herauskommen kann. Als Ende 2013 schwere Korruptionsvorwürfe gegen ihn und seine engsten Mitarbeiter bekannt wurden, bekämpften er und die anderen Verdächtigen vehement die eigenen Beamten, und zwar ausgerechnet jene, die für eine Aufklärung sorgen könnten und müssten. Mehrere Juristen und Polizisten verloren ihre Jobs, manche landeten im Gefängnis.
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Erdogan attackiert OSZE-Wahlbeobachter
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Recep Tayyip Erdogan kritisiert OSZE-Wahlbeobachter vor Referendum

Vor dem Referendum über die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei hat Staatschef Recep Tayyip Erdogan Kritik an den unabhängigen Wahlbeobachtern der OSZE geäußert. „Wer bist Du denn?“, sagte Erdogan am Freitag im zentralanatolischen Konya an die Adresse der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). „Kenne erstmal Deine Grenzen.“
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Türkei lud die OSZE selbst ein

Erdogan sagte: "So einen Bericht kannst Du nicht abgeben. Aber ob Du ihn abgibst oder nicht: Am Sonntagabend wird dieses Volk mit Gottes Hilfe mit einem "Ja" tun, was nötig ist."
Die OSZE hat elf internationale Experten nach Ankara entsandt. Zusätzlich sind seit dem 25. März 24 internationale Langzeitbeobachter der OSZE im Land im Einsatz.
Die Türkei ist seit der Gründung der OSZE im Jahr 1975 Mitglied. Die Wahlbeobachter sind auf Einladung der Türkei im Land.
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Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schlägt angesichts der am Sonntag in der Türkei anstehenden Abstimmung über die von Präsident Recep Tayyip Erdogan angestrebte Verfassungsreform Alarm. Geht es nach dem Chef der in der Türkei bereits aktiven OSZE-Wahlbeobachter, Michael Link, war es für das Nein-Lager „unmöglich, einen adäquaten Wahlkampf zu machen“.

Link verwies im Interview mit der „Welt“ dabei vor allem auf den seit dem Putschversuch vom Juli vergangenen Jahres ausgerufenen Ausnahmezustand und die damit verbundenen Einschränkungen. Als zentralen Hintergrund nennt Link dabei eingeschränkte Versammlungsfreiheit und die „reduzierte Medienberichterstattung“.
„158 Medienerzeugnisse geschlossen“
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„Nein-Kampagne ist es unmöglich, einen adäquaten Wahlkampf zu machen“
158 Medien wurden verboten, die Zahl der inhaftierten Journalisten ist auf einem Rekordhoch, und kritische Abgeordnete sind in Haft. Der Chef der OSZE-Wahlbeobachter sieht vor dem Referendum große Probleme.
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Das Referendum in der Türkei findet im Ausnahmezustand statt, unter dem die Versammlungsfreiheit eingeschränkt ist und der noch bis zum kommenden Mittwoch andauert. Erdogan hat bereits angedeutet, dass der Ausnahmezustand - den er nach dem Putschversuch im Juli 2016 ausgerufen hatte - erneut verlängert werden könnte.
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Erdogan erwartet von Referendum "Lektion" für Deutschland und Europa
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Wohin steuert Erdogan? - Der türkische Patient
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Elends-Index auf Rekordhoch:
Kurz vor der Wahl hat Erdogan ein riesiges Problem
Der starke US-Dollar, steigende Ölpreise sowie weltweit zunehmender Nationalismus erschweren die Lage zusehends, wie Experten der Berenberg Bank bereits zu Beginn des Jahres in einer Studie ausführten. Sie warnen: „Die Wirtschaft der Türkei wird verfallen.“ Der Niedergang habe gerade erst begonnen.
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So ruiniert Erdogan die türkische Wirtschaft
Die Inflationsrate beträgt mehr als elf Prozent, die Wirtschaft bricht ein, die Währung fällt: Die Türkei leidet zunehmend unter dem politischen Kurs ihres Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dieser hat derzeit vor allem den Ausbau seiner Macht sowie die Ausschaltung seiner politischen Gegner im Fokus. Im großen Basar von Istanbul mussten seit vergangenem Sommer 600 von 2000 Läden schließen, die Ratingagenturen haben die Kreditwürdigkeit der Türkei auf "Ramschniveau" heruntergestuft.
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Türkei-Referendum: IWF-Chef Michael Hüther im Interview über mögliche Folgen
SPIEGEL ONLINE: Erdogan hat nach dem Putsch etwa 800 Firmen im Wert von zehn Milliarden Dollar beschlagnahmen lassen. Was bedeutet das für deutsche UnternehmenTürkei-Referendum: IWF-Chef Michael Hüther im Interview über mögliche Folgen
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Sein Sieg am Sonntag würde den Weg zur Todesstrafe ebnen
Präsident Erdogan ruft seine Anhänger zur massenhaften Teilnahme an dem Referendum in der Türkei auf, um der Opposition und Europa eine „Lektion“ zu erteilen. Sein Sieg am Sonntag, so verspricht der Staatschef, würde den Weg zur Todesstrafe ebnen.
Der CHP-Vertreter in der Wahlkommission, Mehmet Hadimi Yakupoglu, kritisierte einen unfairen Wahlkampf von Erdogans AKP vor dem Referendum. Die AKP habe Staatsmittel missbraucht, um für das Präsidialsystem zu werben, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Die AKP konnte damit ungehemmt Propaganda machen. Sie konnte die Flugzeuge und Autos des Staates nutzen. Sie haben nichts aus eigener Tasche bezahlt, sondern mit meinen Steuern.“
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Auch an diejenigen, die Nein sagen, hat er eine Botschaft.
„Meine Entscheidung über die Todesstrafe ist offensichtlich“
Erdogan griff Kilicdaroglu, den Chef der größten Oppositionspartei CHP, am Samstag außergewöhnlich hart an. „Morgen wird dir diese Nation so eine Lektion erteilen, dass du nicht länger in der Lage sein wirst, auf deinem Posten zu bleiben“, sagte Erdogan.
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Verfahren gegen "Hürriyet"-Starjournalistin "Erdogans Retterin" ist plötzlich Staatsfeind
Die Journalistin Hande Firat bewahrte in der Putschnacht Präsident Erdogan durch ein Interview vor dem Sturz. Nach einem Artikel über das türkische Militär wird ihr nun vorgeworfen, eine Unterstützerin des Aufstands zu sein.
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Türkischer Oppositionsführer spricht von "kontrolliertem Putsch"

Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu wirft der türkischen Regierung offiziell vor, vorab von dem gescheiterten Militärputsch am 15. Juli gewusst zu haben.
Schon länger gibt es die Hypothese, die Regierung hätte den Putsch für eigene Interessen genutzt. Doch nun will Kilicdaroglu Belege haben.
Der Geheimdienst ist ihm zufolge im Besitz einer Liste von 180 AKP-Mitgliedern, die dasselbe Programm für verschlüsselte Nachrichten benutzen würden, wie es auch die Putschisten getan hätten.
Der Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei CHP ist überzeugt: "Wenn diese Liste geheim gehalten wird, zeigt das, dass der 15. Juli ein kontrollierter Putsch war."
Erdogan: Vorwürfe seien eine "große Lüge“
Kilicdaroglu erklärte weiter, er habe ein "spezielles Dossier" zu dem Putschversuch zusammengestellt, wollte jedoch nicht näher auf den Inhalt eingehen.
Erdogan reagierte scharf auf die Vorwürfe, die seiner Meinung nach eine "große Lüge" seien. Er richtete sich direkt an den Politiker und forderte: "Wenn du ein Dossier hast, dann raus damit.“
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Nach Haftbefehl wegen Putschversuch - Fethullah Gülen erhebt schwere Vorwürfe gegen Erdogan

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Erdoğans Poker

Vier politische Fragen, von denen jetzt die Zukunft eines ganzen Landes abhängt
Wie hat sich die Türkei seit dem Putschversuch im letzten Jahr verändert? Ein Videoüberblick zu den Themen Menschenrechte, Wirtschaft und Europa
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Türkei-Konflikt: Erdogan droht EU mit harter Gangart nach Referendum
Der Türkei-Konflikt geht in die nächste Runde: Präsident Erdogan hat angekündigt, sich nicht mehr vom EU-Beitrittsprozess oder Flüchtlingsdeal beeinflussen zu lassen und eine „völlig andere Türkei“ zu schaffen.
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Die völlig andere Türkei hat er doch längst geschaffen. Alle säkular geprägten Politiker, Journalisten, Richter, Staatsanwälte, Offiziere, Polizisten und Beamte sind entlassen oder sitzen wegen fadenscheiniger Anschuldigungen im Gefängnis. Die Pressefreiheit und Meinungsfreiheit sind de facto abgeschafft, kritische Ansichten aus den Medien und der Öffentlichkeit verbannt, das Internet zensiert und unliebsame Seiten geblockt. Der Druck auf Frauen Kopftuch zu tragen und sich religiös zu verhalten ist so immens, dass sich nur noch wenige trauen darauf zu verzichten. Zudem werden immer mehr staatliche Schulen in religiöse Schulen in Bekenntnisschulen ungewandelt, in denen sie Kinder nicht mehr in erster Linie Mathe, Lesen und Schreiben lernen, sondern besonders religiös zu sein. Dazu kommt die Kungelei mit dem IS in der Vergangenheit, der Krieg gegen die Kurden im eigenen Land und das überharte Vorgehen gegen Demonstranten und Regierungsgegner. Gleichzeitig wurde das Parlament völlig entmachtet und die Weichen gestellt, um Erdogan zum Diktator auf Lebenszeit zu machen, und in der Außenpolitik jegliches vorhandenes Porzellan zerbrochen.
Viel mehr kann er die Türkei nicht mehr verändern.

Was Erdogans Verfassungsreform alles verändern würde
Doch welche neuen Befugnisse fernab des "Sultan-Paragraphen" hätte Erdogan, falls die Türken „Evet“ („Ja“) sagen?
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Juristen der Universität Erlangen-Nürnberg haben die geplante Verfassungsreform auf mehr als 40 Seiten in deutscher und türkischer Sprache analysiert.
(pdf-download)

Was Sie über Erdogans Referendum wissen sollten – WELT
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Verfassungsreferendum in der Türkei

Was von den Versprechen der AKP zu halten ist
Was ist dran an den angeblichen Vorteilen der Verfassungsreform - ein Faktencheck.
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Endlich verständlich - die türkische Verfassungsreform
Wie sich Erdogan seinen Ein-Mann-Staat bauen will
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Erdogans Präsidialsystem – Die Wahrheit hinter den „Verbesserungen“

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Türkei-Referendum Liebe Erdogan-Anhänger — der Freitag
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Die Reise dürfte sich Hakan Atilla anders vorgestellt haben: In New York wird der türkische Banker verhaftet. Das ist auch für Präsident Recep Tayyip Erdogan unerfreulich.
Erdogan stoppt Ermittlungen
Die Verhaftung des Bankers heizt den Streit zwischen den USA und der Türkei an, den die Ermittlungen ausgelöst haben. Sie sind für die türkische Regierung überaus unangenehm: Zarrab war in der Türkei die Schlüsselfigur von Korruptionsermittlungen.
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Spionage-Verdacht
Schweiz leitet Strafverfahren gegen Türken ein
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Zana Ramadani glaubt, das Problem muslimischer Männer zu kennen
Die ehemalige Femen-Aktivistin Zana Ramadani stellt die Erziehungsmethoden muslimischer Mütter infrage. Ihre Erziehungsmethoden verurteilten deren Söhne in der deutschen Gesellschaft zum Scheitern.
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Mittwoch, 12. April 2017

Kritik am Beschluss des BVerfG vom 07.03.2017


Grundrechte sind keine Grundfreiheiten

Ein Beitrag von Rechtsanwalt R. Karpenstein zu BVerfG 1 BvR 1314/12 u.a.

Mein Kollege kennt einen, der einen kennt, der von jemandem gehört hat, der einen Anwalt kennt, der mit seiner Verfassungsbeschwerde Erfolg hatte.

Verschwörungstheorie?

Nein, es gibt sie, die erfolgreiche Verfassungsbeschwerde. Wunder und Recht in Poesie vereint: 2 BvR 470/08; Beschl. v. 19. Juli 2016. Das AG Laufen (2007) und das OLG München (2008) werden aufgehoben. Verfahrensdauer in Karlsruhe: acht Jahre. Art. 3 GG und die Vorlagepflicht (Art. 267 III AEUV) sind verletzt. Das ist effektiver Schutz der Grundrechte.

Worum ging es? Ein Österreicher wurde gegenüber Einheimischen benachteiligt. Der Össi zahlte 8,50 € fürs Schwimmbad, der Einheimische nur 6 €. Krasser Fall. Jetzt die zweite Chance. Zurück zum AG Laufen laufen und dann zum OLG München. Die Chance auf 2,50 € bleibt bestehen. Das ist effektiver Schutz durch Grundrechte. Danke BVerfG.

Zurück in die Realität. Bei Streitwerten über 2,50 € gibt es keine Wunder, keine Poesie und kein Recht.

Ernüchternd schon die Homepage des BVerfG. Die „Top Ten“ am 11.4.2017:

  •     „Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Abschiebungsanordnung
  •     Wahlprüfungsbeschwerde verworfen
  •     erfolgloser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend Asylantrag
  •     erfolglose Erinnerung gegen die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr
  •     erfolgloser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen eine Umgangsregelung
  •     Ablehnungsgesuch und Wahlprüfungsbeschwerde erfolglos
  •     erfolgloser Antrag auf Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen
  •     erfolglose VB gegen die Versagung von Vollstreckungsschutz bei einer Wohnungsräumung
  •     Entscheidung über die Auslagenerstattung und Festsetzung des Gegenstandswertes
  •     Ablehnungsgesuch und Verfassungsbeschwerde erfolglos

BVerfG: 9 – Grundrechte 0 (bei einem Unentschieden). Klingt ganz nach: Bayern ./. HSV.

Früher war besser! Wir schreiben das Jahr 2000. Die 90 Minuten sind vorbei. HSV führt gegen Bayern – und Schalke ist Meister.

Das Jahr 2000: Spielbankenbeschluss, BVerfG, 1 BvR 539/96. Die Grundrechte siegen. Wesentliche Entscheidungen muss der Gesetzgeber regeln. Und die Verteilung knapper Erlaubnisse ist wesentlich. Es geht nicht um eine natürliche Knappheit, sondern um künstliche Verknappung. Zitat aus 1 BvR 539/96:

„90. Im Spielbankengesetz ebenfalls nicht geregelt ist, welche Grundsätze gelten, wenn sich mehrere Unternehmen in privater Trägerschaft gleichzeitig um eine Erlaubnis für den Spielbankenbetrieb in Baden-Baden und Konstanz bewerben. Offen bleibt damit insbesondere, nach welchen Kriterien die Auswahl unter solchen Bewerbern zu treffen ist, die gleichermaßen den Anforderungen des § 1 Abs. 4 SpBG genügen. Auch dies bedarf im Hinblick auf den Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 GG gemäß S. 2 dieser Vorschrift näherer gesetzlicher Regelung.“

„Näherer gesetzlicher Regelung“ bedarf die Auswahl unter mehreren Interessenten für den Betrieb von Automatenspielen. Das klingt logisch! Wer ausgewählt wird lacht, wer rausgewählt wird weint. „Wesentlichkeitstheorie“ und „Gesetzesvorbehalt“ nannte sich das seinerzeit. Aber damals führte der HSV auch gegen Bayern und Schalke war – kurz – Meister.

Im Urteil aus 1972 zum Numerus Clausus als Zugangsbeschränkung zu Hochschulen formulierte der Erste Senat in Rn. 92:

„Formellrechtlich ist es wegen der einschneidenden Bedeutung der Auswahlregelung Sache des verantwortlichen Gesetzgebers, auch im Falle einer Delegation seiner Regelungsbefugnis zumindest die Art der anzuwendenden Auswahlkriterien und deren Rangverhältnis untereinander selbst festzulegen. Die grundgesetzliche Ordnung erlaubt es zwar dem Gesetzgeber, seine Normgebungsbefugnis durch ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung auf andere zu delegieren. Wenn aber die Regelung in den Grundrechtsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG eingreift und sich hier als Zuteilung von Lebenschancen auswirken kann, dann kann in einer rechtsstaatlich-parlamentarischen Demokratie der Vorbehalt, dass in den Grundrechtsbereich lediglich durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden darf, nur den Sinn haben, dass der Gesetzgeber die grundlegenden Entscheidungen selbst verantworten soll (vergleiche Beschluss vom 9. Mai 1972 – 1 BvR 518/62 und 308/64).“

Das ist Vergangenheit. Der Gesetzesvorbehalt für grundlegende Entscheidungen der Exekutive läuft leer. Das Grundlegende ist gar nicht grundlegend, leert uns jetzt das BVerfG in Rn. 185 seiner am 11.4.2017 veröffentlichten Entscheidung vom 7.3.2017.

„Der Gesetzgeber kann die Bewältigung der vielgestaltigen Auswahlkonstellationen anhand sachgerechter Kriterien den zuständigen Behörden überlassen“.

Gesetzesvorbehalt, Wesentlichkeitstheorie raus aus den Lehrbüchern, raus aus den Skripten der Repetitoren und raus aus den Grundrechten.

„Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung schafft, soweit ersichtlich, nur ein geringes Mehr an Bestimmtheit und Rechtsklarheit“ belehrt uns der Erste Senat. Es bliebe ja noch der Härtefall. Die fünfjährige „Übergangsfrist“ sei schon Geschenk genug. Auch sei „weder vorgetragen noch ersichtlich“, dass eine gesetzgeberische Festlegung der Auswahlkriterien den komplexen Auswahlentscheidungen besser gerecht würde, klärt Karlsruhe uns auf (Rn. 186).

1500 Kommunen in Deutschland dürften dies anders sehen, wissen sie doch nicht, wie sie eine rechtssichere transparente Genehmigungsvergabe durchführen sollen. Ohne vom Gesetzgeber zumindest rudimentär festgelegte Auswahlkriterien, die sich an der Zielsetzung des Staatsvertrages und nicht an individuellen Härtefällen orientieren, wird – wie im Bereich der Sportwetten – eine dem Gleichheitssatz entsprechende Genehmigungsvergabe zwingend scheitern. Der Härtefall in der Person eines Interessenten kann niemals ein dem Gleichheitssatz entsprechendes Auswahlkriterium sein.

Die Lösung aus Karlsruhe: Gerichte als Reparaturbetrieb der Verwaltung und des Gesetzgebers. Zitat:

„Soweit das behördliche Auswahlverfahren im Einzelfall den genannten Rahmen nicht beachtet oder sonst individuellen Rechtspositionen der Spielhallenbetreiber nicht zureichend Rechnung trägt, steht ihnen verwaltungsgerichtlicher und – gegebenenfalls nach Rechtswegerschöpfung – auch verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz offen.“

Klasse Tipp, wird so gemacht!

Alles letztlich halb so wild. Zwar ist die Ehre des Menschen unantastbar. Die brauchbaren Rechte folgen aber aus dem AEUV und werden vom unabhängigen EuGH bewahrt. Sie genießen Anwendungsvorrang und sind unmittelbar anwendbar. Und sie werden sich auch hier durchsetzen. Der Gerichtshof hat jüngst die Begründungsvoraussetzungen für Beschränkungen der Grundfreiheiten – und um solche handelt es sich der Binnenmarktrelevanz auch im Verhältnis zu rein inländischen Spielhallenbetreibern – unmissverständlich klargestellt. In der Entscheidung Deutsche Parkinson Vereinigung/ZBUW hat der Gerichtshof ausgeführt, dass es den „nationalen Behörden obliegt, die für einen Eingriff erforderlichen Beweise in jedem Einzelfall beizubringen. Die Rechtfertigungsgründe, auf die sich ein Mitgliedstaat berufen kann, müssen daher von einer Untersuchung zur Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der von diesem Mitgliedstaat erlassenen Maßnahmen sowie von genauen Angaben zur Stützung seines Vorbringens begleitet sein. Ein nationales Gericht muss somit, wenn es eine nationale Regelung darauf prüft ob sie zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen nach Art. 36 AEUV gerechtfertigt ist, mithilfe statistischer Daten, auf einzelne Punkte beschränkter Daten oder andere Mittel objektiv prüfen, ob die von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgelegten Beweise bei verständiger Würdigung die Einschätzung erlauben, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung der verfolgten Ziele geeignet sind, und ob es möglich ist, diese Ziele durch Maßnahmen zu erreichen, die den freien Warenverkehr weniger einschränken.“ Auf die Behörden und Gerichte kommt mithin viel Arbeit zu.

Kontakt:
Blume Ritscher Nguyen Rega Rechtsanwälte


Rechtsanwalt Rolf Karpenstein
Gerhofstraße 38
20354 Hamburg
Tel.: 040/3550300
eMail: karpenstein@raeblume.de
Online: www.raeblume.de  


Bundesverfassungsgericht
zur Grundrechtsbindung öff. Unternehmen

Beschluss vom 19. Juli 2016 - 2 BvR 470/08 (Auszug)
aa) In privatrechtlichen Organisationsformen geführte Unternehmen, die vollständig im Eigentum des Staates stehen (öffentliche Unternehmen), sind unmittelbar an die Grundrechte gebunden. r eine bloß mittelbare Berücksichtigung der Grundrechte im Verhältnis öffentlicher Unternehmen zu Grundrechtsberechtigten im Privatrechtsverkehr ist daher kein Raum. 25
(1) Art. 1 Abs. 3 GG ordnet die umfassende Grundrechtsbindung aller staatlichen Gewalt an. Die Grundrechte gelten nicht nur für bestimmte Bereiche, Funktionen oder Handlungsformen staatlicher Aufgabenwahrnehmung, sondern binden die staatliche Gewalt umfassend und insgesamt (BVerfGE 128, 226 <244>). Der Staat und andere Träger öffentlicher Gewalt können im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zwar auch am Privatrechtsverkehr teilnehmen. Sie handeln dabei jedoch stets in Wahrnehmung ihres dem Gemeinwohl verpflichteten Auftrags (vgl. BVerfGE 128, 226 <244 f.="">). Ihre unmittelbare Bindung an die Grundrechte hängt daher weder von der Organisationsform ab, in der sie dem Bürger gegenübertreten, noch von der Handlungsform. 26
(a) Die Wahl der Organisationsform hat keine Auswirkungen auf die Grundrechtsbindung des Staates oder anderer Träger öffentlicher Gewalt. Das gilt nicht nur dann, wenn sie ihre Aufgaben unmittelbar selbst oder mittelbar durch juristische Personen des öffentlichen Rechts erfüllen, sondern auch dann, wenn sie auf privatrechtliche Organisationsformen zurückgreifen. Das gilt auch für gemischt-wirtschaftliche Unternehmen des Privatrechts, solange sie diese beherrschen (vgl. BVerfGE 128, 226 <246 f.="">). In diesen Fällen trifft die Grundrechtsbindung nicht nur die dahinterstehende Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern auch unmittelbar die juristische Person des Privatrechts selbst (vgl. BVerfGE 128, 226 <245>). 27
Vor diesem Hintergrund können sich der Staat und andere Träger öffentlicher Gewalt grundsätzlich selbst nicht auf die Grundrechte berufen (vgl. BVerfGE 21, 362 <370>; 61, 82 <100 ff.="">; 68, 193 <205 ff.="">; 75, 192 <200>). Auch juristische Personen des Privatrechts, die im Alleineigentum des Staates stehen oder von diesem beherrscht werden, sind grundsätzlich nicht grundrechtsberechtigt (vgl. BVerfGE 56, 54 <79 f.="">; 128, 226 <245 ff.="">; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 -, juris, Rn. 2 ff.; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. Mai 2009 - 1 BvR 1731/05 -, juris, Rn. 16 f.). 28
(b) Die Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt gilt auch unabhängig von den gewählten Handlungsformen und den Zwecken, zu denen sie tätig wird. Sobald der Staat oder andere Träger öffentlicher Gewalt eine Aufgabe an sich ziehen, sind sie bei deren Wahrnehmung an die Grundrechte gebunden. Dies gilt auch, wenn sie insoweit auf das Zivilrecht zurückgreifen. Eine Flucht aus der Grundrechtsbindung in das Privatrecht mit der Folge, dass der Staat unter Freistellung von Art. 1 Abs. 3 GG als Privatrechtssubjekt zu begreifen wäre, ist ihm verstellt (BVerfGE 128, 226 <245>). 29
 
 

Dienstag, 11. April 2017

BVerfG: Beschluss vom 07. März 2017 - 1 BvR 1314/12

Beschluss vom 07. März 2017 - 1 BvR 1314/12

L e i t s ä t z e

zum Beschluss des Ersten Senats vom 7. März 2017

- 1 BvR 1314/12 -

- 1 BvR 1630/12 -

- 1 BvR 1694/13 -

- 1 BvR 1874/13 -

  1. Die Länder besitzen die ausschließliche Zuständigkeit zur Regelung der gewerberechtlichen Anforderungen an den Betrieb und die Zulassung von Spielhallen (Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG).
  2. Das Verbot des Verbundes mehrerer Spielhallen an einem Standort, die Abstandsgebote, die Reduzierung der Gerätehöchstzahl je Spielhalle, die Aufsichtspflicht und die Übergangsregelungen im Glücksspielstaatsvertrag und den Gesetzen der Länder Berlin, Bayern und des Saarlandes sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
  3. Sofern der Staat auf Teilen des Spielmarktes auch eigene fiskalische Interessen verfolgt und die Glücksspielformen potentiell in Konkurrenz zueinander stehen, müssen staatliche Maßnahmen auf die Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtet sein.
  4. Vor dem Abschluss eines Staatsvertrages zwischen den Ländern entfällt schutzwürdiges Vertrauen in die geltende Rechtslage bereits dann, wenn die geplanten Änderungen hinreichend öffentlich in konkreten Umrissen vorhersehbar sind.

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1314/12 -

- 1 BvR 1630/12 -

- 1 BvR 1694/13 -

- 1 BvR 1874/13 -

IM NAMEN DES VOLKES
In den Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerden

 

I.
    der E… GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer R... und M...,

- Bevollmächtigte:

Rechtsanwälte Redeker Sellner Dahs,
Willy-Brandt-Allee 11, 53113 Bonn -

gegen
       

das Gesetz zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin vom 20. Mai 2011 (GVBl S. 223),

Beigetretener:
        Senat von Berlin, Senatskanzlei, Jüdenstraße 1, 10178 Berlin

- Bevollmächtigte:

GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB,
Klingelhöferstraße 5, 10785 Berlin -

- 1 BvR 1314/12 -,
   

II.
    der C… GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer M… und S…,

- Bevollmächtigte:

Rechtsanwälte Gleiss Lutz,
Lautenschlagerstraße 21, 70173 Stuttgart -

gegen
   

a)
   

§ 2 Abs. 1 und 3, § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 bis 4, Abs. 6 bis 8, § 7 Abs. 1 Nr. 2, 4 bis 7, 9 bis 14, § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und 4 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin vom 20. Mai 2011 (GVBl S. 223),
   

b)
   

§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, 2 und 3 und §§ 3 bis 8 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen vom 22. März 2016 (GVBl S. 117) sowie § 2 Abs. 3 Nr. 5, Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 und § 7 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016 (GVBl S. 117)

- 1 BvR 1630/12 -,
   

III.
    der B… GmbH,
vertreten durch den Geschäftsführer B…,

- Bevollmächtigte:

Rechtsanwälte Hengeler Mueller
Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB,
Benrather Straße 18 - 20, 40213 Düsseldorf -

gegen
       

§ 29 Abs. 4 Satz 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (BayGVBl 2012 S. 318) und Art. 11 Abs. 1 Satz 2 des bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften vom 25. Juni 2012 (GVBl S. 270)

- 1 BvR 1694/13 -,
   

IV.
    der J… GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer B…, A…, J…,

- Bevollmächtigte:

Rechtsanwälte Redeker Sellner Dahs,
Willy-Brandt-Allee 11, 53113 Bonn -

gegen
   

a)
   

das saarländische Gesetz über die Zustimmung zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 20. Juni 2012 (ABl I S. 156), soweit dieses § 21 Abs. 2, § 24 Abs. 2, § 25 Abs. 1 und 2 und § 29 Abs. 4 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 in saarländisches Landesrecht überführt,
   

b)
   

das Saarländische Spielhallengesetz vom 20. Juni 2012 (ABl I S. 171),

Beigetretene: 
        Regierung des Saarlandes,
Staatskanzlei, Am Ludwigsplatz 14,
66117 Saarbrücken

- Bevollmächtigte:

GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB,
Klingelhöferstraße 5, 10785 Berlin -

- 1 BvR 1874/13 -

hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat -

unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter

Vizepräsident Kirchhof,

Eichberger,

Schluckebier,

Masing,

Paulus,

Baer,

Britz

am 7. März 2017 beschlossen:

1. Das Verfahren wird abgetrennt, soweit es den Antrag auf Erstreckung der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1630/12 auf § 1 Absatz 1, § 2 Absatz 1, 2 und 3 und §§ 3 bis 8 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen vom 22. März 2016 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 117) sowie auf § 2 Absatz 3 Nummer 5, Absatz 4, § 4 Absatz 1 Satz 3 und 4 und § 7 Absatz 1 Nummer 4 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 117) zum Gegenstand hat.

2. Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.

G r ü n d e :
A.

1

Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen landesgesetzliche Vorschriften zur Regulierung des Spielhallensektors in Berlin, in Bayern und im Saarland, mit denen die Anforderungen an die Genehmigung und den Betrieb von Spielhallen verschärft wurden. Die Neuregelungen in Bayern und im Saarland gehen im Wesentlichen zurück auf den Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV). Dieser wurde mittlerweile von allen Ländern in Kraft gesetzt. Das Land Berlin hatte bereits vor Inkrafttreten des reformierten Glücksspielstaatsvertrages eigene Vorgaben für den Spielhallensektor erlassen.

I.

2

1. Die Regulierung der Spielhallen und Geldspielgeräte erfolgte vor Verabschiedung der hier angegriffenen Vorschriften allein durch den Bund in Form der §§ 33c bis 33i der Gewerbeordnung (GewO) und der auf der Grundlage von § 33f GewO erlassenen Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (Spielverordnung - SpielV). Die Zulassungsvoraussetzungen für Spielhallen regelte der Erlaubnisvorbehalt in § 33i GewO.

3

Im Zuge der Föderalismusreform I wurde im Jahre 2006 das Recht der Spielhallen aus der konkurrierenden Bundeskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) herausgenommen (vgl. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, BGBl I S. 2034).

4

2. In den Jahren 2010/2011 traten die Länder in Verhandlungen über eine Änderung des im Jahre 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrages ein, der keine spezifischen Regelungen für Spielhallen enthielt. Anlass waren zwei Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols der Länder mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit. Diesen Entscheidungen zufolge konnten die vorlegenden Gerichte Anlass zu der Schlussfolgerung haben, dass Deutschland die zur Rechtfertigung des Sportwettenmonopols angeführten Gemeinwohlziele nicht in einer kohärenten und systematischen Weise verfolge und die darin liegende Beschränkung von Grundfreiheiten nicht gerechtfertigt sei. Der Gerichtshof hatte seine Entscheidungen unter anderem mit der Feststellung der vorlegenden Gerichte begründet, dass die zuständigen Behörden in Bezug auf Automatenspiele eine Politik der Angebotsausweitung betrieben oder geduldet hätten (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Carmen Media, C-46/08, EU:C:2010:505, Rn. 67 f., 71; Urteil vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., C-316/07 u.a., EU:C:2010:504, Rn. 100, 106 f.).

5

Handlungsbedarf im Bereich der Spielhallen bestand zudem ausweislich der Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (vgl. Bayerischer Landtag, Drucksache 16/11995, S. 16 f., 20) aufgrund von Untersuchungen, die die deutlich gestiegenen Umsätze bei Spielautomaten außerhalb von Spielbanken und das erhebliche Gefahrenpotential des gewerblichen Automatenspiels belegten (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Bericht zur Evaluierung der Fünften Novelle der Spielverordnung, BRDrucks 881/10, S. 40 ff.). Das Spiel an Geldspielgeräten gehöre zu den risikoreichsten Spielen für suchtgefährdete Spieler.

6

Die Ministerpräsidentenkonferenz verabschiedete am 6. April 2011 den Entwurf eines Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages, der am 14. April 2011 auf der Internetseite http://www.mpk.sachsen-anhalt.de veröffentlicht und am 15. April 2011 bei der Europäischen Kommission notifiziert wurde (vgl. Mitteilung 792 der EU-Kommission vom 20. März 2012 - SG (2012) D/50777 - hinsichtlich der Notifizierung Nr. 2011/188/D des Entwurfs eines Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, ZfWG 2012, S. 171 ff.; notifizierter Entwurf abrufbar unter http://ec.europa.eu/growth/tools-databases/tris/de, zuletzt abgerufen am 6. März 2017). Der Entwurf diente auch als Grundlage für eine Anhörung der betroffenen Verbände der Automatenindustrie, welche die Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt mit Schreiben vom 15. April 2011 stellvertretend für die übrigen Länder einleitete und am 25. Mai 2011 im Landtag von Sachsen-Anhalt - nicht öffentlich - durchführte. Zudem unterrichteten die Landesregierungen die Länderparlamente über den Inhalt der Regelungen des Entwurfs (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4142). Die endgültige Fassung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages wurde von den Ministerpräsidenten auf ihrer Konferenz vom 26. bis 28. Oktober 2011 beschlossen, was durch eine Pressemitteilung der Staatskanzlei Schleswig-Holstein bekanntgegeben wurde. Am 15. Dezember 2011 unterzeichneten die Ministerpräsidenten aller Länder mit Ausnahme Schleswig-Holsteins den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, der am 1. Juli 2012 gemäß seinem Art. 2 Abs. 1 Satz 1 in Kraft trat. Im Jahre 2013 trat ihm auch Schleswig-Holstein bei (vgl. Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 1. Februar 2013, GVOBl Schleswig-Holstein 2013, S. 51 ff.).

7

3. Kernstück der Neuregelungen für Spielhallen im geänderten Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) sind die Vorschriften des Siebten Abschnitts (§§ 24 bis 26 GlüStV):

§ 24 Erlaubnisse

(1) Unbeschadet sonstiger Genehmigungserfordernisse bedürfen die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle einer Erlaubnis nach diesem Staatsvertrag.

(2) 1 Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 zuwiderlaufen. 2 Sie ist schriftlich zu erteilen und zu befristen. 3 Die Erlaubnis kann, auch nachträglich, mit Nebenbestimmungen versehen werden.


(3) Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen der Länder.

§ 25 Beschränkungen von Spielhallen

(1) 1 Zwischen Spielhallen ist ein Mindestabstand einzuhalten (Verbot von Mehrfachkonzessionen). 2 Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen der Länder.

(2) Die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ist ausgeschlossen.

(3) Die Länder können die Anzahl der in einer Gemeinde zu erteilenden Erlaubnisse begrenzen.

§ 26 Anforderungen an die Ausgestaltung und den Betrieb von Spielhallen

(1) Von der äußeren Gestaltung der Spielhalle darf keine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele ausgehen oder durch eine besonders auffällige Gestaltung ein zusätzlicher Anreiz für den Spielbetrieb geschaffen werden.

(2) Die Länder setzen für Spielhallen zur Sicherstellung der Ziele des § 1 Sperrzeiten fest, die drei Stunden nicht unterschreiten dürfen.

8

§ 29 Abs. 4 GlüStV enthält eine Übergangsregelung für Bestandsspielhallen:

§ 29 Übergangsregelungen

(1) bis (3) …

(4) 1 Die Regelungen des Siebten Abschnitts finden ab Inkrafttreten dieses Staatsvertrags Anwendung. 2 Spielhallen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Staatsvertrags bestehen und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i Gewerbeordnung erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrages endet, gelten bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags als mit §§ 24 und 25 vereinbar. 3 Spielhallen, für die nach dem 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i Gewerbeordnung erteilt worden ist, gelten bis zum Ablauf von einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Staatsvertrags als mit §§ 24 und 25 vereinbar. 4 Die für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 24 zuständigen Behörden können nach Ablauf des in Satz 2 bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen des § 24 Abs. 2 sowie § 25 für einen angemessenen Zeitraum zulassen, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33i Gewerbeordnung sowie die Ziele des § 1 zu berücksichtigen. 5 Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen der Länder.

(5) …

9

§ 21 Abs. 2 GlüStV betrifft ebenfalls spezifisch den Betrieb von Spielhallen:

§ 21 Sportwetten

(1) …

(2) In einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, dürfen Sportwetten nicht vermittelt werden.

(3) bis (5) …

10

Daneben sind gemäß § 2 Abs. 3 GlüStV die allgemeinen Vorschriften der §§ 1 bis 3, § 4 Abs. 1, 3 und 4 sowie §§ 5 bis 7 GlüStV auf Spielhallen anwendbar. Während §§ 1 bis 3 GlüStV Ziel- und Begriffsbestimmungen sowie die Regelung des Anwendungsbereichs des Staatsvertrages enthalten, sind in § 4 Abs. 1, 3 und 4 sowie §§ 5 bis 7 GlüStV auch konkrete Pflichten und Verbote für Spielhallenbetreiber geregelt, unter anderem im Hinblick auf den Jugendschutz, Werbebeschränkungen, ein zu entwickelndes Sozialkonzept und Aufklärungspflichten.

11

4. Das Gesetz zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin - SpielhG Bln; GVBl 2011 S. 223) war bereits am 20. Mai 2011 verabschiedet worden und am 2. Juni 2011, also noch vor der Unterzeichnung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages, in Kraft getreten.

12

a) Die von den Beschwerdeführerinnen zu I) und II) im Einzelnen angegriffenen Vorschriften lauten in der Fassung von 2011 wie folgt:

§ 2 Erlaubnis

(1) 1 Wer eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen nach § 1 betreiben will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. 2 Für jeden Spielhallenstandort darf nur ein Unternehmen nach § 1 zugelassen werden. 3 Der Abstand zu weiteren Unternehmen nach § 1 soll 500 Meter nicht unterschreiten. 4 Das Gewerbe soll auch nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. 5 Die für die Erlaubnis zuständige Behörde darf unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls von der Maßgabe nach Satz 3 und 4 abweichen. 6 Bauplanungsrechtliche Anforderungen bleiben unberührt. 7 Die Erlaubnis nach Satz 1 schließt nicht die Erlaubnis und Bestätigung nach § 33c oder die Erlaubnis nach § 33d der Gewerbeordnung mit ein.

(2) Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohnerinnen und Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(3) Die Erlaubnis ist insbesondere zu versagen, wenn

1. die in § 33c Absatz 2 oder § 33d Absatz 3 der Gewerbeordnung genannten Versagungsgründe vorliegen,

2. die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen,

3. der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarinnen und Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten lässt oder

4. die Antragstellerin oder der Antragsteller nicht durch Vorlage eines Sachkundenachweises belegen kann, dass erfolgreich Kenntnisse über die rechtlichen Grundlagen für den in Aussicht genommenen Betrieb sowie zur Prävention der Spielsucht und im Umgang mit betroffenen Personen erworben wurden. Die für Wirtschaft zuständige Senatsverwaltung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit der für Gesundheit zuständigen Senatsverwaltung durch Rechtsverordnung die Dauer und Inhalte der Schulung sowie die Rahmenbedingungen für deren Durchführung festzulegen.

§ 4 Anforderungen an die Gestaltung und Einrichtung von Spielhallen und ähnlichen Unternehmen

(1) 1 Unternehmen nach § 1 sind von ihrem äußeren Erscheinungsbild so zu gestalten, dass ein Einblick ins Innere der Räumlichkeiten von außen nicht möglich ist. 2 Das äußere Erscheinungsbild darf nicht mit auffälliger Werbung oder sonstigen Werbemitteln gestaltet sein, von denen ein Aufforderungs- oder Anreizcharakter zum Spielen ausgeht.

(2) 1 In Unternehmen nach § 1 darf je 12 Quadratmeter Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch acht Geräte nicht übersteigen. 2 Bei Mehrplatzspielgeräten ist jeder Spielplatz als ein Gerät zu behandeln. 3 Die Geräte sind einzeln in einem Abstand von mindestens einem Meter aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante. 4 Bei der Berechnung der Grundfläche bleiben Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen außer Ansatz. 5 Die zuständige Behörde kann Auflagen zur Art der Aufstellung und Anordnung sowie räumlichen Verteilung der Geräte erteilen, soweit dies zum Schutz vor einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes erforderlich ist.

(3) In Unternehmen nach § 1 darf höchstens ein anderes Spiel im Sinne des § 33d Absatz 1 Satz 1 der Gewerbeordnung, bei dem der Gewinn in Geld besteht, veranstaltet werden.

(4) In räumlicher Verbindung zu Unternehmen nach § 1 darf die Inhaberin oder der Inhaber der Erlaubnis nach § 2 Absatz 1 das Aufstellen von Geldausgabeautomaten oder anderen Geräten, mit deren Hilfe sich die Spielerin oder der Spieler Geld beschaffen kann, nicht ermöglichen oder begünstigen.

§ 5 Sperrzeit und Spielverbotstage

(1) Die Sperrzeit für Unternehmen nach § 1 beginnt um 3 Uhr und endet um 11 Uhr.

(2) …

§ 6 Jugend- und Spielerschutz

(1) 1 In Unternehmen nach § 1, in denen Speisen oder Getränke an Ort und Stelle verabreicht werden, dürfen höchstens drei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden. 2 Die unentgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken ist verboten.

(2) Während der Öffnungszeiten ist sicherzustellen, dass in jedem Unternehmen nach § 1 mindestens eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist.

(3) 1 Die Inhaberin oder der Inhaber der Erlaubnis nach § 2 Absatz 1 hat sicherzustellen, dass als Aufsicht nur Personen beschäftigt werden, die spätestens zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit über einen Sachkundenachweis verfügen. 2 Aus dem Sachkundenachweis muss hervorgehen, dass erfolgreich Kenntnisse zur Prävention der Spielsucht und im Umgang mit betroffenen Personen erworben wurden. 3 Die für Wirtschaft zuständige Senatsverwaltung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit der für Gesundheit zuständigen Senatsverwaltung durch Rechtsverordnung die Dauer und Inhalte der Schulung sowie die Rahmenbedingungen für deren Durchführung festzulegen.

(4) 1 Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, darf kein Zutritt zu Unternehmen nach § 1 gewährt werden. 2 Die Durchsetzung des Verbots ist durch Eingangskontrolle in Verbindung mit der Vorlage des Personalausweises oder anderer zur Identitätskontrolle geeigneter Dokumente zu gewährleisten.

(5) 1 Die Inhaberin oder der Inhaber der Erlaubnis nach § 2 Absatz 1 oder das mit der Aufsicht betraute Personal haben die Spielerinnen und Spieler über die Suchtrisiken der angebotenen Spiele und Möglichkeiten der Beratung und Therapie aufzuklären. 2 Die Inhaberin oder der Inhaber der Erlaubnis nach § 2 Absatz 1 oder das mit der Aufsicht betraute Personal sind außerdem verpflichtet, die Spielerinnen und Spieler zu verantwortungsbewusstem Spiel anzuhalten. 3 Vom Spielverhalten her auffällige Personen sind vom Spiel auszuschließen.

(6) 1 Für die Dauer von mindestens einem Jahr sind auch Personen vom Spiel auszuschließen, die dies gegenüber der Inhaberin oder dem Inhaber der Erlaubnis nach § 2 Absatz 1 oder dem mit der Aufsicht betrauten Personal verlangen. 2 Zum Zweck der Kontrolle des freiwilligen Ausschlusses dürfen die zur Identifizierung der betreffenden Personen erforderlichen personenbezogenen Daten erhoben und für die Dauer der Sperre gespeichert und im Rahmen der Eingangskontrolle verwendet werden.

(7) In Unternehmen nach § 1 dürfen keine Handlungen vorgenommen oder Bedingungen geschaffen werden, die geeignet sind, zum übermäßigen Verweilen oder zur Ausnutzung des Spieltriebs zu verleiten oder die mögliche Suchtgefährdung zu verharmlosen.

(8) In Unternehmen nach § 1 sind Informationsmaterial über Risiken des übermäßigen Spielens und Informationen zu Angeboten und Kontaktdaten von qualifizierten Beratungsstellen sichtbar auszulegen.

§ 7 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. entgegen § 2 Absatz 1 eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen ohne Erlaubnis betreibt,

2. einer vollziehbaren Auflage gemäß § 2 Absatz 2 oder § 4 Absatz 2 nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt,

3. entgegen § 4 Absatz 1 Satz 1 Einblick in das Innere der Räumlichkeiten von außen ermöglicht,

4. entgegen § 4 Absatz 1 Satz 2 Werbung betreibt, von der ein Aufforderungs- oder Anreizcharakter zum Spielen ausgeht,

5. entgegen § 4 Absatz 2 Satz 1 oder § 6 Absatz 1 Satz 1 mehr als die zulässige Zahl von Spielgeräten aufstellt oder aufstellen lässt,

6. entgegen § 4 Absatz 2 Satz 3 Spielgeräte nicht richtig aufstellt,

7. entgegen § 4 Absatz 3 mehr als ein anderes Spiel veranstaltet,

8. als Inhaberin oder Inhaber oder als Aufsichtsperson eines Unternehmens nach § 1 duldet, dass ein Gast innerhalb der Sperrzeit in den Betriebsräumen verweilt, oder zulässt, dass an den in § 5 Absatz 2 genannten Spielverbotstagen die Spielhalle geöffnet ist oder dort gespielt wird,

9. als Inhaberin oder Inhaber oder als Aufsichtsperson eines Unternehmens nach § 1 entgegen § 6 Absatz 1 Satz 2 unentgeltlich Speisen oder Getränke abgibt oder zulässt, dass unentgeltlich Speisen oder Getränke abgegeben werden,

10. entgegen § 6 Absatz 2 nicht sicherstellt, dass eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist,

11. entgegen § 6 Absatz 3 Personen beschäftigt, die nicht über den geforderten Sachkundenachweis verfügen,

12. als Inhaberin oder Inhaber oder als Aufsichtsperson eines Unternehmens nach § 1 entgegen § 6 Absatz 4 Satz 2 die vorgeschriebene Identitätskontrolle unterlässt,

13. als Inhaberin oder Inhaber oder als Aufsichtsperson eines Unternehmens nach § 1 entgegen § 6 Absatz 5 Satz 3 oder Absatz 6 Satz 1 einen Ausschluss vom Spiel unterlässt,

14. als Inhaberin oder Inhaber oder als Aufsichtsperson eines Unternehmens nach § 1 die in § 6 Absatz 8 vorgeschriebenen Unterlagen nicht deutlich sichtbar auslegt.

(2) …

§ 8 Übergangs- und Schlussbestimmungen

(1) 1 Nach § 33i der Gewerbeordnung erteilte gültige Erlaubnisse verlieren mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit. 2 Die Inhaberin oder der Inhaber dieser Erlaubnisse haben den nach § 2 Absatz 3 Nummer 4 geforderten Sachkundenachweis innerhalb von zwölf Monaten seit Inkrafttreten dieses Gesetzes der zuständigen Behörde vorzulegen.

(2) Die Inhaberin oder der Inhaber eines Unternehmens nach § 1 hat dafür Sorge zu tragen, dass für das bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits in dem Unternehmen als Aufsicht tätige Personal der Sachkundenachweis nach § 6 Absatz 3 innerhalb von zwölf Monaten der zuständigen Behörde vorliegt.

(3) Wer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes ein Unternehmen nach § 1 rechtmäßig betreibt und über eine gültige Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung verfügt, hat für diesen Betrieb die Zahl der Geräte und Spiele innerhalb von 24 Monaten auf das nach § 4 Absatz 2 und 3 zulässige Maß zu reduzieren.

(4) …

13

b) Im Jahre 2012 wurde gemeinsam mit dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag das Berliner Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV Bln; GVBl S. 238) in Kraft gesetzt, das in § 15 AGGlüStV Bln das Verhältnis der Vorschriften im Spielhallengesetz Berlin zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag regelt.

14

c) Eine erneute Änderung der spielhallenrechtlichen Vorschriften erfolgte durch das Gesetz zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin - MindAbstUmsG Bln) sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016 (GVBl S. 117). Das durch Artikel 1 eingeführte Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin regelt insbesondere das im Gesetz als „Sonderverfahren“ bezeichnete behördliche Verfahren zur Neuerteilung einer Spielhallenerlaubnis für Bestandsspielhallen. In diesem Zusammenhang enthält das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin Modifikationen von Vorgaben des Spielhallengesetzes Berlin, die nur im Rahmen des Sonderverfahrens für Bestandsspielhallen gelten. So gilt für diese das Abstandsgebot bezüglich Kinder- und Jugendeinrichtungen nur im Hinblick auf andere Schulen als Grundschulen und Schulen der Erwachsenenbildung, wobei eine räumliche Nähe bei Überschreiten einer Wegstrecke von 200 Metern regelmäßig nicht vorliegt (vgl. § 5 MindAbstUmsG Bln). Beim Mindestabstand zu anderen Spielhallen kommt im Sonderverfahren die Abweichungsmöglichkeit des § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG Bln nicht zur Anwendung; für die Abstandsermittlung ist statt der Luftlinie die Wegstrecke maßgeblich (vgl. § 6 MindAbstUmsG Bln). Zudem enthält § 9 MindAbstUmsG Bln eine Härtefallklausel für Bestandsspielhallen, die aufgrund Verstoßes gegen die Abstandsgebote oder das Verbundverbot im Sonderverfahren sonst keine Erlaubnis erhalten können. Die Abweichungsmöglichkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG Bln findet gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 MindAbstUmsG Bln im Sonderverfahren für Bestandsspielhallen keine Anwendung.

15

Zudem enthält das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin Vorgaben für ein Auswahlverfahren, das nach Ablauf der Übergangsfrist gemäß § 8 Abs. 1 SpielhG Bln in denjenigen Fällen zur Anwendung kommt, in denen mehrere Bestandsspielhallen zueinander den Mindestabstand nicht einhalten oder in einem baulichen Verbund stehen. Die materiellen Kriterien für die Auswahl der fortbestehenden Spielhalle sind dabei in §§ 7 und 8 MindAbstUmsG Bln geregelt.

16

5. Bayern hat die Vorgaben des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages durch eine Änderung des bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (BayAGGlüStV) vom 20. Dezember 2007 (GVBl S. 922) zeitgleich zum Inkrafttreten der geänderten Fassung des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Juli 2012 umgesetzt (vgl. § 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften vom 25. Juni 2012; GVBl S. 270). Demnach gilt ein Mindestabstand von 250 Metern Luftlinie zu anderen Spielhallen (Art. 9 Abs. 3 BayAGGlüStV).

17

Für Bestandsspielhallen enthält Art. 11 Abs. 1 BayAGGlüStV folgende Regelung:

Art. 11 Betrieb von Spielhallen

(1) 1 Spielhallen dürfen nur nach Erteilung der Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV und Art. 9 betrieben werden. 2 Die Übergangsfristen in § 29 Abs. 4 GlüStV sind zu beachten.

(2) …

18

6. Im Saarland wurde zum 1. Juli 2012 das Saarländische Spielhallengesetz (SSpielhG; ABl I S. 171) in Kraft gesetzt. Die hier angegriffenen Vorschriften und die mit diesen in Zusammenhang stehenden Regelungen lauten wie folgt:

§ 1 Ziele und Anwendungsbereich

(1) Ziele dieses Gesetzes sind gleichrangig, für den Bereich der Spielhallen

1. das Entstehen von Glücksspielsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen,

2. durch ein begrenztes, eine geeignete Alternative zu nicht erlaubten Angeboten darstellendes Angebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Angeboten in Schwarzmärkten entgegenzuwirken,

3. den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten,

4. sicherzustellen, dass der Betrieb von Spielhallen ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit dem Betrieb von Spielhallen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewendet werden.

(2) und (3) …

§ 2 Erlaubnis

(1) 1 Der Betrieb einer Spielhalle bedarf der Erlaubnis nach diesem Gesetz. 2 Im Übrigen bleiben Genehmigungserfordernisse nach anderen Rechtsvorschriften unberührt.

(2) bis (4) …

§ 3 Versagungsgründe

(1) Die Erlaubnis ist unbeschadet der in § 33c Absatz 2 GewO oder § 33d Absatz 3 GewO genannten Gründe zu versagen, wenn der Betrieb einer Spielhalle

1. den Zielen und Bestimmungen dieses Gesetzes zuwiderläuft oder

2. …

(2) Darüber hinaus ist die Erlaubnis zu versagen, wenn eine Spielhalle

1. in baulichem Verbund mit einer oder mehreren weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht wird (Mehrfachkonzession) oder

2. einen Mindestabstand von 500 Metern Luftlinie zu einer anderen Spielhalle unterschreitet.

§ 4 Anforderungen an die Ausgestaltung von Spielhallen und Werbung

(1) und (2) …

(3) … 2 Ferner ist es verboten,

1. …

2. Internet-Terminals bereitzuhalten,

3. und 4. …

5. in Spielhallen zu rauchen, außer in untergeordneten und abgetrennten Bereichen. In diesen Bereichen ist die entgeltliche und die unentgeltliche Verabreichung von Speisen oder Getränken untersagt.

§ 5 Jugendschutz, Sozialkonzept und Aufklärung

(1) 1 Der Aufenthalt von Minderjährigen in Spielhallen ist unzulässig. 2 Die Erlaubnisinhaberin oder der Erlaubnisinhaber stellt durch eine Kontrolle des amtlichen Ausweises oder eine vergleichbare Identitätskontrolle sicher, dass Minderjährige keinen Zutritt zur Spielhalle haben.

(2) und (3) …

§ 7 Sperrzeit

(1) Die Sperrzeit für Spielhallen beginnt täglich um 4.00 Uhr und endet um 10.00 Uhr.

(2) …

§ 8 Verpflichtungen

(1) …

(2) Unbeschadet der Verpflichtungen aus der Spielverordnung darf der Erlaubnisinhaber oder die Erlaubnisinhaberin das Aufstellen von Geldautomaten oder anderen Geräten oder Vorrichtungen, mittels derer sich der Spieler Geld beschaffen kann, nicht ermöglichen, dulden oder begünstigen.

§ 12 Übergangs- und Schlussbestimmungen

(1) 1 Unbeschadet der §§ 48, 49 des Saarländischen Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Übergangsfristen gemäß § 29 Absatz 4 des Glücksspielstaatsvertrages erlöschen Erlaubnisse nach § 33i GewO, aufgrund derer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes eine Spielhalle rechtmäßig betrieben wird, mit Ablauf des 30. Juni 2017. 2 Soll eine Spielhalle über diesen Zeitpunkt hinaus weiter betrieben werden, ist ein Antrag auf Erlaubnis nach diesem Gesetz frühestens zwölf Monate und spätestens bis zum Ablauf von sechs Monaten vor dem Erlöschen der Erlaubnis zu stellen.

(2) 1 Die Erlaubnisbehörde kann in den Fällen des Absatz 1 auf Antrag in begründeten Einzelfällen eine Befreiung von dem Abstandsgebot nach § 3 Absatz 2 Nummer 2 für einen angemessenen Zeitraum aussprechen, wenn

1. eine Erlaubnis ausschließlich wegen Unterschreitung des Mindestabstandes nach § 3 Absatz 2 Nummer 2 nicht mehr erteilt werden könnte,

2. die Erlaubnisinhaberin oder der Erlaubnisinhaber auf den Bestand der ursprünglichen Erlaubnis vertrauen durfte und dieses Vertrauen unter Abwägung öffentlicher Interessen und der Ziele des § 1 Absatz 1 dieses Gesetzes schutzwürdig ist und

3. dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist.

2 Das Gleiche gilt für Spielhallen in baulichem Verbund mit einer oder mehreren weiteren Spielhallen, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex (Mehrfachkonzession) nach § 3 Absatz 2 Nummer 1 mit der Maßgabe, dass das Vertrauen in der Regel nur dann schutzwürdig ist, wenn

1. eine unbefristete Erlaubnis nach § 33i GewO vor dem 28. Oktober 2011 erteilt und in Anspruch genommen wurde und

2. der Erlaubnisinhaber im Vertrauen auf diese Erlaubnis Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann.

3 § 48 Absatz 2 Satz 3 des Saarländischen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist anzuwenden. 4 Für Befreiungen gilt § 2 Absatz 2 entsprechend.

(3) Zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 1 kann die zuständige Behörde im Zusammenhang mit der Erteilung einer Befreiung nach Absatz 2 die Vorlage und die Umsetzung von Konzepten verlangen, in denen nach Ablauf der Übergangsfrist nach Absatz 1 konkrete Maßnahmen zur weiteren Anpassung des Betriebs der Spielhalle an die Erlaubnisvoraussetzungen nach diesem Gesetz aufgenommen werden, die auch konkrete Maßnahmen zum Rückbau umfassen können.

(4) Die Landesregierung wird ermächtigt, zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 Absatz 1 durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Absatz 2 und 3 zu erlassen.

(5) Zum Nachweis von schutzwürdigen Vermögensdispositionen kann die Erlaubnisbehörde Einsicht in die erforderlichen Unterlagen, insbesondere Geschäftsberichte und Bücher verlangen und sich hierzu auf Kosten des Antragstellers sachverständiger Personen bedienen.

(6) Die Erlaubnis nach diesem Gesetz umfasst zugleich die Erlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Glücksspielstaatsvertrages.

19

7. Daneben unterliegt die Aufstellung von Geldspielgeräten gewerberechtlichen Vorgaben. So enthält § 33c Abs. 1 GewO einen Erlaubnisvorbehalt für das gewerbsmäßige Aufstellen von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit. Zudem setzt das Aufstellen von Gewinnspielgeräten eine behördliche Geeignetheitsbestätigung für den Aufstellort voraus (§ 33c Abs. 3 GewO). Die in Spielhallen aufgestellten Gewinnspielgeräte benötigen gemäß § 33c Abs. 1 Satz 2 GewO eine im Einzelnen in §§ 11 bis 17 SpielV geregelte Bauartzulassung.

20

Außer in Spielhallen dürfen auch in Gaststätten bis zu drei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV), wobei die gerätebezogenen Vorgaben der Gewerbeordnung (§§ 33c bis 33g GewO) und der Spielverordnung zu beachten sind. Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit dürfen auch in Spielbanken aufgestellt werden. Auf die Zulassung und den Betrieb von Spielbanken finden gemäß § 33h Nr. 1 GewO die §§ 33c bis 33g GewO und damit auch die Anforderungen an Geldspielgeräte nach der Spielverordnung keine Anwendung.

21

8. Vor dem Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen hatte die Zahl der Spielhallen und der in ihnen aufgestellten Geldspielgeräte stark zugenommen, in Berlin in den Jahren 2008 bis 2011 von 239 auf 409 Standorte und von 302 auf 584 Erlaubnisse sowie von 2.894 auf 5.398 Spielgeräte, im Saarland in den Jahren 2006 bis 2012 von 97 auf 147 Standorte, von 129 auf 253 Erlaubnisse und von 1.151 auf 2.589 Spielgeräte und in Bayern in den Jahren 2006 bis 2012 von 871 auf 1.090 Standorte, von 1.241 auf 1.984 Erlaubnisse und von 10.605 auf 20.686 Spielgeräte. In den drei Ländern war es insbesondere zu einer starken Zunahme an Mehrfachspielhallen gekommen. Die Umsätze mit Geldspielgeräten in Spielhallen und Gaststätten waren vom Jahr 2002 bis zum Jahr 2013 bundesweit von ungefähr 5,7 Mrd. € auf ungefähr 19,1 Mrd. € gestiegen (vgl. Meyer, Glücksspiel - Zahlen und Fakten, in: Jahrbuch Sucht 2015, S. 140 <143>; vgl. auch den starken Anstieg der Patienten mit pathologischem Spielverhalten, a.a.O., S. 148).

22

In Berlin dürfen gemäß § 1 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (Spielbankengesetz Berlin - SpBG Bln) hingegen nur bis zu zwei Spielbanken zugelassen werden. Derzeit existiert eine Spielbank mit einem Hauptstandort und vier Zweigstellen. Zwischen dem Jahr 2001 und dem Jahr 2004 stieg die Zahl der dort aufgestellten Spielautomaten insbesondere aufgrund der Neueröffnung von Zweigstellen von 570 auf 1.095. Durch die Schließung einer Zweigstelle im Jahre 2012 sank die Zahl der aufgestellten Spielautomaten Ende des Jahres 2014 auf 830.

23

Im Saarland sind gemäß § 5 Abs. 1 des Saarländischen Spielbankgesetzes (SpielbG-Saar) bis zu zwei Spielbanken erlaubt, für die Zweigspielbetriebe mit Automatenspiel zugelassen werden dürfen. Derzeit existieren zwei Spielbanken und fünf Zweigspielbetriebe (davon eine Spielbank und zwei Zweigspielbetriebe in Saarbrücken). Bis zum Jahr 2011 waren dort insgesamt 951 Spielautomaten aufgestellt. Nach der Schließung einer Zweigstelle im Jahre 2011 ist diese Zahl bis zum Jahr 2015 auf 857 zurückgegangen.

24

9. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 16. Dezember 2016 entschieden, die Berliner Beschränkungen für die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen seien rechtmäßig (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris). Insbesondere dürften die Länder seit dem Jahr 2006 nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG im Bereich des Rechts der Spielhallen sämtliche Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebs regeln. Die Regelungen seien auch mit der Berufsfreiheit und dem Eigentumsrecht der Spielhallenbetreiber vereinbar und auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen und des dem Landesgesetzgeber eingeräumten Spielraums bei der Einschätzung der Suchtgefährdung sowie der Eignung und Erforderlichkeit suchtbekämpfender Maßnahmen verhältnismäßig. Das unionsrechtliche Kohärenzgebot bei der Bekämpfung der Spielsucht stehe ihnen ebenfalls nicht entgegen.

II.

25

1. Die Beschwerdeführerin zu I) wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen einzelne Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin und gegen das Gesetz insgesamt.

26

a) Sie betreibt in Berlin an fünf Standorten jeweils zwischen einer und drei Spielhallen, für die ihr Genehmigungen nach § 33i GewO erteilt worden waren. In den Spielhallen waren bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde jeweils zwölf, in einem Fall elf Geldspielgeräte aufgestellt. Die Erteilung von Genehmigungen für zwei weitere Spielhallen an einem der Standorte wurde nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes Berlin wegen Verstoßes gegen das Verbundverbot abgelehnt. Im Abstand von weniger als 500 Metern zu allen Standorten befinden sich jeweils weitere Spielhallen sowie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Schulen.

27

b) Die Beschwerdeführerin zu I) ist der Ansicht, die Verfassungsbeschwerde gegen die angegriffenen Rechtsnormen sei zulässig. Die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen hinderten sie faktisch an jedweder Neueröffnung von Spielhallen in Berlin.

28

Soweit die angegriffenen Vorschriften bußgeldbewehrt seien, könne es ihr nicht zugemutet werden, gegen die Normen zu verstoßen, um die Frage der Verfassungswidrigkeit im Ordnungswidrigkeitenverfahren klären zu lassen. Auch im Hinblick auf die Anwendung des Verbundverbots und der Abstandsgebote auf ihre Bestandsspielhallen bestünden keine zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten, da die Erteilung von neuen Erlaubnissen für die Spielhallen nach Ablauf der Übergangsfrist ausgeschlossen sei.

29

c) Die mit dem Spielhallengesetz Berlin eingeführten Belastungen verletzten sie in ihrer Berufsfreiheit. Die darin liegenden Eingriffe seien bereits deshalb nicht gerechtfertigt, weil dem Land für diese Vorschriften die Gesetzgebungskompetenz fehle. Sie seien nicht Teil des „Rechts der Spielhallen“ gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Die fehlende Zuständigkeit ergebe sich auch aus der Sperrwirkung des Bauplanungsrechts des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG und für die Regelung von Eingangskontrollen nach § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielhG Bln aus den bundesrechtlichen Regelungen zum Jugendschutz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG.

30

Die Abstandsregelung zu Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie die Ausnahmeregel des § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG Bln verstießen auch gegen das Bestimmtheitsgebot und den Wesentlichkeitsgrundsatz. Außerdem seien die Abstandsregelungen nicht zur Verfolgung der benannten Ziele geeignet und erforderlich. Es gebe keinen wissenschaftlich belegten Zusammenhang zwischen dem Abstand zwischen Spielhallen und einer Suchtgefährdung. Gleiches gelte für das Verbundverbot, das aus suchtpräventiver Sicht keinerlei positive Wirkung habe. Die zugrunde gelegte Annahme einer massiven Zunahme der Spielhallenstandorte sei unzutreffend. Eigentliche Ursache für die vermeintliche „Spielhallenflut“ sei die Zunahme von spielhallenähnlichen „Spielcafés“ ohne Spielhallenerlaubnis. Insofern bestehe ein Vollzugsdefizit im Hinblick auf die Vorschriften der Gewerbeordnung und der Spielverordnung.

31

Abstandsregelungen und Verbundverbot seien angesichts der strengen Rechtfertigungsanforderungen an objektive Berufszulassungsregeln nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Es lägen keine nachweisbaren oder höchstwahrscheinlichen schweren Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut vor. Nur 0,19 bis 0,56 % der erwachsenen Bevölkerung weise überhaupt ein pathologisches Spielverhalten auf, davon hätten wiederum nur 30 % ein Problem mit dem Spiel an Geldspielgeräten. Setze man die Zahl der pathologischen Spieler bei den einzelnen Glücksspielarten in Relation zur Intensität des Spielens und den hierdurch jeweils generierten Bruttospielerträgen, ergebe sich ein „Pathologie-Potenzial-Koeffizient“, der bei Spielautomaten in Spielbanken erheblich höher sei als bei Spielgeräten in Spielhallen. Ein weitreichendes faktisches Verbot neuer Spielhallen aufgrund eines Gesetzes, das zur Bekämpfung pathologischen Spielverhaltens nicht geeignet erscheine, sei unverhältnismäßig.

32

Die Übergangsregelung greife rechtswidrig in die Eigentumsfreiheit der Beschwerdeführerin zu I) ein. Der nachträgliche Entzug der bestandskräftigen und unbefristeten Genehmigung stelle eine rechtswidrige Enteignung dar; diese sei mangels Entschädigungsregelung verfassungswidrig. Zumindest liege in der Entwertung von Investitionen, die im Vertrauen auf die bestehende Erlaubnis getätigt worden seien, aber eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Übergangsfrist von fünf Jahren sei nicht ausreichend, da sich die Investitionen im Branchenmittel in zehn bis 15 Jahren amortisierten. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Transparenz und Chancengleichheit bei der Auswahl zwischen Bewerbern um begrenzte Konzessionen würden in Ermangelung objektiver Kriterien für die Auswahlentscheidung zwischen mehreren Betreibern von Spielhallen innerhalb des 500-Meter-Abstands missachtet.

33

Das bußgeldbewehrte Verbot einer auffälligen Gestaltung des äußeren Erscheinungsbildes von Spielhallen sei zu unbestimmt, zur Bekämpfung der Spielsucht ungeeignet und führe zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Gaststätten und Spielbanken. Die Vorschriften zur Reduzierung der Geldspielgeräte von zwölf auf acht je Spielhalle und zum Verbot der Zweiergruppenaufstellung (§ 4 Abs. 2 Satz 1 und 3 SpielhG Bln) seien unverhältnismäßig. Die Einführung einer Sperrzeit von 3 bis 11 Uhr (§ 5 Abs. 1 SpielhG Bln) sei ungeeignet, da in dieser Zeit im Internet und in Spielcafés weitergespielt werden könne, und unverhältnismäßig, da sie bereits für sich genommen eine wirtschaftliche Betriebsführung unmöglich mache. Die Beschränkung auf höchstens drei Geldspielgeräte bei Abgabe von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 SpielhG Bln) sei ebenfalls unverhältnismäßig und stelle eine unzulässige Ungleichbehandlung gegenüber Gaststätten und Spielbanken dar. Unverhältnismäßig sei auch die Pflicht zur Anwesenheit von Aufsichtspersonen in Spielhallen (§ 6 Abs. 2 SpielhG Bln). Die Regelungen zu Aufklärungspflichten in § 6 Abs. 5 Satz 2 SpielhG Bln seien inhaltsleer und lebensfremd.

34

Die Pflicht zum Ausschluss auffälliger Personen („Fremdsperre“, § 6 Abs. 5 Satz 3 SpielhG Bln) sei zu unbestimmt. Das System der Selbstsperre (§ 6 Abs. 6 SpielhG Bln) sei wegen der Ausweichmöglichkeiten gesperrter Spieler auf andere Spielhallenstandorte und Gaststätten ungeeignet, sein Nutzen stehe in keinem Verhältnis zu den Belastungen für Spielhallenbetreiber. Der Auffangtatbestand des § 6 Abs. 7 SpielhG Bln sei gänzlich unbestimmt.

35

Das Spielhallengesetz insgesamt sei ungeeignet zur Erreichung der verfolgten Ziele, da die Spieler auf Spielcafés, ins Internet und auf weniger regulierte Spielstätten auswichen. Die Regelungen seien widersprüchlich und inkonsequent, da der Gesetzgeber im Bereich der Spielbanken ein akutes Regelungsdefizit hinnehme und dort eine massive Marktausweitung in Form von 1.000 Spielautomaten an fünf über das Stadtgebiet verteilten Standorten betreibe. Spielhallenbetreibern seien Beschränkungen nur zumutbar, wenn sie Teil einer Gesetzgebung seien, die in ihrer konkreten Ausgestaltung der Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten diene. Zudem liege ein additiver Grundrechtseingriff vor. Die angegriffenen Regelungen hätten erdrosselnde Wirkung, da ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb von Spielhallen bei Berücksichtigung der Erhöhung der Vergnügungsteuer und der strengen Regelungen der Spielverordnung nicht mehr möglich sei.

36

2. Die Beschwerdeführerin zu II) wendet sich ebenfalls unmittelbar gegen Vorschriften des Berliner Spielhallengesetzes. Sie betreibt aufgrund einer Genehmigung nach § 33i GewO aus dem Jahre 2010 in Berlin in einem Gebäudekomplex sechs Spielhallen, für welche die Aufstellung von jeweils elf beziehungsweise zwölf Spielgeräten zugelassen war.

37

a) Die von ihr angegriffenen Regelungen seien kompetenzwidrig erlassen und die dadurch bewirkten Grundrechtseingriffe schon deshalb nicht gerechtfertigt.

38

Die Abstandsgebote und das Verbundverbot hält sie im Wesentlichen aus den gleichen Gründen wie die Beschwerdeführerin zu I) für verfassungswidrig. Insbesondere seien die Vorschriften nicht konsequent am Ziel der Eindämmung der mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren ausgerichtet, weil es an entsprechend restriktiven Vorgaben für Spielbanken und Geldspielgeräte in Gaststätten fehle. Da es dafür keinen sachlichen Grund gebe, liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.

39

Das automatische Erlöschen der Erlaubnis nach § 33i GewO gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SpielhG Bln und die Übergangsregelung verstießen außerdem gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Geschütztes Eigentum sei zunächst die durch die gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO vermittelte Rechtsposition. Geschützt seien aber auch die Nutzungsrechte an den Gebäuden und der Betriebseinrichtung sowie die Gesamtheit der sachlichen, persönlichen und sonstigen Mittel als eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb. Das Erlöschen der Erlaubnisse stelle eine unzulässige Enteignung dar, zumindest aber eine unverhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Reduzierung der Gerätehöchstzahl von zwölf auf acht (§ 4 Abs. 2 SpielhG Bln) verletze angesichts der nur zweijährigen Übergangsfrist nach § 8 Abs. 3 SpielhG Bln den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz, da erst im Jahre 2005 die Gerätehöchstzahl in § 3 Abs. 2 SpielV von zehn auf zwölf erhöht worden sei.

40

b) Mit Schriftsatz vom 22. August 2016 und nachfolgender Begründung vom 17. Oktober 2016 hat die Beschwerdeführerin zu II) ihre Verfassungsbeschwerde auf die zentralen Vorschriften des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin sowie auf die mit dem Gesetz zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016 neu eingefügten Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin erstreckt.

41

3. Die Beschwerdeführerin zu III) greift die in § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayAGGlüStV geregelte einjährige Übergangsfrist für Spielhallen an, die nach dem 28. Oktober 2011 genehmigt wurden. Ihr war zunächst mit Bescheid vom 7. Dezember 2011 die Erlaubnis gemäß § 33i GewO für den Betrieb einer weiteren Spielhalle im baulichen Verbund mit einer von ihr bereits vorher betriebenen Spielhalle erteilt, später aber die Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 9 BayAGGlüStV verweigert worden.

42

Sie sieht sich durch die angegriffenen Regelungen in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die Vorschriften seien bereits mangels Gesetzgebungszuständigkeit des Landes formell verfassungswidrig. Die gewählte Übergangsfrist von einem Jahr sei erheblich zu kurz. Sie müsse die Möglichkeit haben, geschäftliche Beziehungen in den branchentypischen 15-jährigen Abschreibungszeiträumen ohne Einbußen abzuwickeln.

43

Der Stichtag für die Unterscheidung zwischen der ein- und der fünfjährigen Übergangsfrist (28. Oktober 2011) sei willkürlich, da die Einigung über die Vorschriften des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages auf der Ministerpräsidentenkonferenz nicht geeignet gewesen sei, das Vertrauen der Spielhallenbetreiber in die bestehende Rechtslage zu zerstören. Die Ministerpräsidentenkonferenz sei ein Gremium der Selbstorganisation der Länder und kein Gesetzgebungsorgan. Auch sei die Ausgestaltung und Verschärfung der Vorgaben für Spielhallen zum Zeitpunkt der nicht öffentlichen Beschlussfassung nicht absehbar gewesen.

44

Die einjährige Übergangsfrist sei auch deshalb verfassungswidrig, weil sie nicht berücksichtige, dass die Erteilung der Erlaubnis am Ende eines Prozesses stehe, in dem bereits wesentliche Investitionen für die Errichtung der Spielhalle getätigt worden seien.

45

4. Die Beschwerdeführerin zu IV) wendet sich unmittelbar gegen das Saarländische Spielhallengesetz sowie gegen das saarländische Gesetz über die Zustimmung zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland insoweit, als sich die Zustimmung auf § 21 Abs. 2, § 24 Abs. 2, § 25 Abs. 1 und 2 und § 29 Abs. 4 GlüStV erstreckt. Sie betreibt an insgesamt elf Standorten im Saarland auf der Grundlage von Genehmigungen aus den Jahren 2006 bis 2010 jeweils zwischen einer und sieben Spielhallen. Mehrere der Spielhallenstandorte befinden sich in einer Entfernung von weniger als 500 Metern zu Spielhallen anderer Betreiber. Zur Vermeidung von Bußgeldern habe sie die Neuregelungen umgehend umgesetzt. Dadurch seien massive Umsatzrückgänge entstanden.

46

Sie hält die angegriffenen Regelungen für kompetenzwidrig und materiell verfassungswidrig. Die Verfassungswidrigkeit des Abstandsgebots zu anderen Spielhallen und des Verbundverbots (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SSpielhG) sowie der Übergangsregelung für bis zum 28. Oktober 2011 genehmigte Spielhallen (§ 12 Abs. 1 SSpielhG) ergebe sich auch aus ihrer fehlenden Folgerichtigkeit im Vergleich zur massiven Marktausweitung des Automatenspiels in Spielbanken. Dies werde dadurch begünstigt, dass das Saarland ein kleines Flächenland sei und sich die Zweigstellen und Spielbanken in einem unmittelbaren räumlichen Konkurrenzverhältnis zu Spielhallen befänden. Im Rahmen der Übergangsregelung sei die Härtefallregelung in § 12 Abs. 2 SSpielhG zu unbestimmt.

47

Der Versagungsgrund des § 3 Abs. 1 Nr. 1 SSpielhG verstoße mit seiner Anknüpfung an die Gesetzesziele des § 1 Abs. 1 SSpielhG, der lediglich vage Globalziele formuliere, gegen das Bestimmtheitsgebot. Das Verbot der Aufstellung von Internet-Terminals in Spielhallen (§ 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SSpielhG) sei zur Durchsetzung des Internetverbots für Sportwetten nach § 4 Abs. 4 GlüStV ungeeignet und benachteilige Spielhallenbetreiber ungerechtfertigt gegenüber Spielbankenbetreibern. Letzteres gelte auch für das Rauchverbot in § 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 SSpielhG, das zudem gegen das Bestimmtheitsgebot verstoße. Die Regelung zur Ausweiskontrolle (§ 5 Abs. 1 Satz 2 SSpielhG) übertrage gleichheitswidrig den Regulierungsansatz für Spielbanken auf Spielhallen.

48

Die Einführung einer festen Sperrzeit von 4 bis 10 Uhr (§ 7 Abs. 1 SSpielhG) habe zu massiven Umsatzeinbrüchen geführt. Es gebe keine Nachweise dafür, dass feste Sperrzeiten rauschhaftes Weiterspielen begrenzten. Die Spieler könnten auf alternative Angebote wie illegale Spielcafés und Spielbanken ausweichen. Zugleich sei die Ungleichbehandlung gegenüber Spielbanken, für die eine flexible sechsstündige Sperrzeit gelte, nicht gerechtfertigt.

49

Auch das Verbot des Aufstellens von Geldautomaten in Spielhallen (§ 8 Abs. 2 SSpielhG) bewirke eine Ungleichbehandlung gegenüber Spielbanken. Da dort auch Alkoholausschank erlaubt sei, sei das Risiko unkontrollierter Vermögensverluste erhöht, zumal an den dortigen Spielautomaten keine Verlustbeschränkung bestehe.

50

Das Verbot der Sportwettenvermittlung in einem Gebäudekomplex mit einer Spielhalle (§ 21 Abs. 2 GlüStV) verletze die Berufsfreiheit, da es die Spielhallenkunden nicht an Wetten im Internet hindere und deshalb zur Eindämmung pathologischen Spielverhaltens ungeeignet sei. Außerdem behandele es sie gegenüber konzessionierten Buchmachern und Gaststättenbetreibern ungleich, denen der Betrieb von drei Spielgeräten erlaubt sei und die Sportwettenvermittlung nicht verboten werde.

51

Die gesamten die Zulassung und den Betrieb von Spielhallen beschränkenden Vorschriften im Saarländischen Spielhallengesetz stellten einen additiven Grundrechtseingriff dar, der einen wirtschaftlichen Spielhallenbetrieb - gerade in Kombination mit der veränderten Bemessung der Vergnügungsteuer - unmöglich mache.

III.

52

Zu den Verfassungsbeschwerden Stellung genommen haben das Abgeordnetenhaus und der Senat von Berlin, der Bayerische Landtag, die Bayerische Staatsregierung, die Regierung des Saarlandes, das Bundesverwaltungsgericht, die Oberverwaltungsgerichte Berlin-Brandenburg und des Saarlandes, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, der Deutsche Städtetag, die Deutsche Automatenwirtschaft e.V., der Deutsche Spielbankenverband e.V., der Bundesverband privater Spielbanken in Deutschland e.V., die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V., der Fachverband Glücksspielsucht e.V., der Deutsche Caritasverband e.V. und die Diakonie Deutschland - Evangelischer Bundesverband, Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.

53

1. Abgeordnetenhaus und Senat von Berlin halten das Spielhallengesetz Berlin in ihrer gemeinsamen Stellungnahme für formell und materiell in vollem Umfang verfassungskonform. Zum Recht der Spielhallen gehörten alle Regelungen, die den Betrieb von Spielhallen beträfen und sich an die Spielhallenbetreiber richteten. Der Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG sei entwicklungsoffen und umfassender als die in § 33i GewO geregelte Erlaubnisordnung für Spielhallen.

54

Eine Verletzung der Berufsfreiheit durch die Abstandsgebote und das Verbundverbot liege nicht vor. Die Verfügbarkeit von Spielgeräten in Gaststätten lasse die Regelungen zu Spielhallen nicht ungeeignet erscheinen, da von beiden mit Blick auf die verschiedenartige Konzentration und Variantenvielfalt der Spielgeräte und das unterschiedliche Gepräge unterschiedliche suchtspezifische Anreizwirkungen ausgingen. Ebenso beanspruche der „Grundsatz konsequenter Zweckverfolgung“ aus dem Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 115, 276 <308>) - sofern jenseits staatlicher Monopole überhaupt anwendbar - allenfalls für den konkret geregelten Bereich Geltung. Bei der Spielbankenregulierung in Berlin werde eine konsequente Suchtprävention betrieben. Die Suchtgefahren seien hier erheblich geringer als in Spielhallen, da die Zahl der Spielbanken in Berlin durch Gesetz begrenzt und der Zugang deutlich stärker beschränkt sei. Abstandsregelungen seien insofern von vornherein entbehrlich. Es gebe auch keine Ausweitung des Automatenspielangebots in den Spielbanken, da im Vergleich zum Jahr 2003 die Zahl der Spielautomaten in Spielbanken gesunken, die Bevölkerungs- und Besucherzahlen aber erheblich gestiegen seien. Bauplanungsrechtlich sei ein Betrieb von Spielhallen in Berlin auch in Zukunft möglich, so dass ausreichend Ausweichstandorte zur Verfügung stünden, was die Intensität des Eingriffs abmildere.

55

Der allgemeine Gleichheitssatz werde ebenfalls nicht verletzt. Unterschiedliche Regelungssysteme für Spielbanken einerseits und Spielhallen andererseits seien aus suchtpräventiven Gründen gerechtfertigt. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Verhältnis zum Recht der Gaststätten liege mit Blick auf deren unterschiedliche Ausrichtung ebenfalls nicht vor.

56

Sofern durch die Übergangsregelungen für Bestandsspielhallen überhaupt Eigentumspositionen betroffen seien, handle es sich um verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmungen. Art. 14 Abs. 1 GG verlange nicht, dass in jedem Fall die Amortisierung des eingesetzten Kapitals oder sogar die Erzielung eines Gewinns möglich sei. Im Übrigen sei es verfassungsrechtlich nicht geboten, die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zur Auswahlentscheidung zwischen Spielhallen, die zueinander den Mindestabstand unterschritten, konkreter zu fassen. Bei Auswahlentscheidungen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung bestehe regelmäßig ein weites exekutives Ermessen, ohne dass einzelne Auswahlkriterien schon formell-gesetzlich statuiert werden müssten. Die Berliner Regelung enthalte in Form der Abweichungs- und Befreiungsmöglichkeiten in § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG Bln und § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV einen ausdrücklichen Ortsbezug und sei offen für die Berücksichtigung konkreter Umstände und grundrechtlicher Aspekte.

57

2. Die Regierung des Saarlandes hält die angegriffenen Vorschriften des Saarländischen Spielhallengesetzes im Wesentlichen aus den gleichen Gründen für verfassungsgemäß. Im Hinblick auf das Automatenspiel in saarländischen Spielbanken sei der Vorwurf der Angebotsausweitung wegen der zwischenzeitlichen Reduzierung der Zahl der Zweigniederlassungen und der Gesamtanzahl von Automatenspielplätzen unzutreffend.

58

Das Verbot des Bereithaltens von Internet-Terminals gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SSpielhG sei mit der Berufsfreiheit vereinbar, da es geeignet sei, die Kumulation von Spielsuchtgefahren zu verhindern. Das partielle Rauchverbot in Spielhallen nach § 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 SSpielhG stelle keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, da Spielbanken wegen der dortigen Verzehrmöglichkeiten dem strengen Rauchverbot nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des saarländischen Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens unterfielen. Die Ungleichbehandlung zwischen Spielhallen und Spielbanken durch das Verbot des Aufstellens von Geldautomaten gemäß § 8 Abs. 2 SSpielhG sei gerechtfertigt, da bei Spielbanken ein erheblich strengeres Zugangs- und Überwachungssystem bestehe und gegebenenfalls Spielverbote ausgesprochen werden müssten.

59

Die Regelungen zur Auswahlentscheidung zwischen Spielhallen, die zueinander den Mindestabstand unterschritten, genügten dem Bestimmtheitsgebot und den verfassungsrechtlichen Maßgaben für grundrechtsintensive Auswahlentscheidungen. So ermöglichten die Härtefallregelungen der § 12 Abs. 2 SSpielhG und § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, schon im Vorfeld die konkrete Situation der betroffenen Spielhalle und ihres Betreibers in den Blick zu nehmen. Auf der zweiten Ebene seien die Erlaubnisvoraussetzungen der §§ 2 und 3 SSpielhG und des § 24 GlüStV zu prüfen, also die Einhaltung der Ziele des § 1 SSpielhG und die Vermeidung der in § 3 Abs. 1 Nr. 2 SSpielhG genannten Gefahren.

60

3. Der Bayerischen Staatsregierung und dem Bayerischen Landtag zufolge habe mit den Kompetenzrücknahmen in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG dem besonderen Regionalbezug der zurückverlagerten Materien Rechnung getragen werden sollen. Eine begrenzende Auslegung widerspreche der mit der Föderalismusreform I angestrebten Entflechtung von Zuständigkeiten und der Stärkung der Eigenständigkeit von Bund und Ländern.

61

Die einjährige Abwicklungsfrist für Spielhallen, die nach dem 28. Oktober 2011 genehmigt wurden, verstoße auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Sie sei den Betroffenen zumutbar, weil letztere seit der mehrfachen amtlichen Veröffentlichung des Entwurfs des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages vom April 2011 hinreichend konkrete Kenntnis von der beabsichtigten Regelung gehabt hätten. Nach der Pressemitteilung über die politische Einigung am 28. Oktober 2011 hätten die Betroffenen mit dem Inkrafttreten der ihnen bereits bekannten staatsvertraglichen Regelung rechnen müssen. Das Anknüpfen der Stichtagsregelung an den Zeitpunkt der Erteilung der gewerberechtlichen Erlaubnis sei nicht zu beanstanden. Die Baugenehmigung stelle keine allgemeine Unbedenklichkeitsbescheinigung dar. Ein anderes Ergebnis rechtfertige sich auch nicht aus der Vollzugspraxis, die gewerberechtliche Erlaubnis regelmäßig erst nach Besichtigung der fertiggestellten Örtlichkeiten zu erteilen. Damit sei auf den Missstand reagiert worden, dass durch Mehrfachkonzessionen die zulässige Höchstzahl von Spielgeräten je Spielhalle unterlaufen worden sei.

62

Ein Anspruch auf vollständige Amortisierung der getätigten Investitionen bestehe nicht, da insoweit das Wohl der Allgemeinheit und das Bedürfnis nach einer Neuregelung des Glücksspielrechts entgegenstünden. Die Möglichkeiten zur Nutzung der Spielhallen würden nicht vollständig beseitigt, sondern nur eingeschränkt. Die einjährige Auslauffrist reiche aus, um die erforderlichen Folgedispositionen für die Abwicklung des Vorhabens zu treffen.

63

4. Der 8. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts hält eine fachgerichtliche Aufbereitung des Inhalts und der Auslegung der spielhallenrechtlichen Regelungen vor Einlegung einer unmittelbaren Rechtssatzverfassungsbeschwerde grundsätzlich für geboten.


64

5. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verweist auf seine Entscheidungen zum Berliner Spielhallengesetz, denen zufolge alle streitgegenständlichen Vorschriften verfassungsgemäß seien.

65

6. Für den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof haben der derzeit zuständige 22. Senat und der früher zuständige 10. Senat ausgeführt, über die Kriterien bei der Auswahlentscheidung zwischen zwei Spielhallen innerhalb des Mindestabstands sei bislang noch nicht entschieden; im Immissionsschutzrecht sei das Prioritätsprinzip jedoch auch ohne ausdrückliche Normierung als ausreichendes Entscheidungskriterium angesehen worden. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung zwischen ein- und fünfjähriger Übergangsfrist unter Anknüpfung an den Stichtag des 28. Oktober 2011 habe das Gericht bei summarischer Prüfung für verfassungsrechtlich zulässig erachtet.

66

7. Der Deutsche Städtetag teilt mit, dass nach überwiegender Meinung seiner Mitgliedstädte ein großer Bedarf an einer Konkretisierung der Kriterien für die Auswahlentscheidung zwischen Bestandsspielhallen, die den Mindestabstand zueinander unterschreiten, bestehe. Gegen ein Anknüpfen der Stichtagsregelungen an den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung bestünden keine durchgreifenden Bedenken, da die Erlaubnisanträge nach § 33i GewO in der Regel zeitgleich mit den erforderlichen Baugenehmigungsverfahren initiiert und kurzfristig nach Fertigstellung erteilt würden.

67

8. Nach Auffassung der Deutschen Automatenwirtschaft sind das Verbundverbot und das Abstandsgebot unverhältnismäßig. So müssten im Saarland 94 % der Spielhallen schließen, in Berlin 92,4 %; eine Verlagerung an andere Standorte sei wegen städtebaulicher Beschränkungen nahezu ausgeschlossen. Dass die zahlenmäßige Verfügbarkeit von Geldspielgeräten positive Auswirkungen auf die Prävalenz von pathologischem Spielverhalten habe, sei nicht belegt. Die Ungleichbehandlung zwischen spielerschutzorientierter Spielhallen- und betriebswirtschaftlicher Spielbankenregulierung verletze Art. 3 Abs. 1 GG. Die Stichtagsregelung im Rahmen der Übergangsregelungen verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

68

9. Der Deutsche Spielbankenverband verweist auf die Beschränkung der Zahl der Spielbankenstandorte in den Ländern durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber, die im internationalen Vergleich zu einer geringen Spielbankendichte führe, und auf die im Vergleich zu in Spielhallen aufgestellten Geldspielgeräten geringe Zahl von Spielautomaten in Spielbanken.

69

Aus der Sicht der Suchtbekämpfung sei das Gefahrenpotential von Spielbanken erheblich niedriger als das von Spielhallen, da in Spielbanken ein umfassendes Sozialkonzept bestehe, dessen Wirksamkeit durch die geringere Zahl von Spielern mit problematischem Spielverhalten belegt werde. Auch die Präsenz zahlreicher Mitarbeiter wirke in Spielbanken der Vereinzelung problematischer Spieler entgegen. Spielbanken („Leuchtturmangebot“) und Spielhallen („Massengeschäft“) würden von unterschiedlichen Spielertypen frequentiert, so dass ein Wettbewerb nicht bestehe. Spielhallen seien weit verbreitet, so dass jedermann sie in seinem unmittelbaren Lebensumfeld vorfinden könne; ihr Spielangebot sei auf „kleines Geld“ ausgerichtet. Spielbanken seien dagegen schon in räumlicher Hinsicht und durch ihr Gepräge kein Bestandteil des alltäglichen Lebens. Die Länder verfolgten im Spielbankenbereich keine expansive, an fiskalischen Interessen orientierte Politik. Ihre Regulierung sei geprägt durch den Zuschnitt auf wenige Standorte und die weitgehende Abschöpfung der Unternehmensgewinne, während das Spielhallenrecht gewerberechtlich ausgerichtet sei.

70

10. Der Bundesverband privater Spielbanken in Deutschland hält die neuen standortbezogenen Restriktionen für Spielhallen für notwendig, um der Annäherung der hunderttausendfach aufgestellten Geldgewinnspielgeräte an die Glücksspielautomaten weniger Spielbanken entgegenzuwirken.

71

11. Nach Auffassung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen dominieren die gewerblichen Spielautomaten den Gesamtmarkt der legalen Glücksspiele in Deutschland. Wesentliche Gründe für die von ihnen ausgehenden Gefahren durch selbstschädigendes Verhalten seien die extrem hohe Ereignisfrequenz und Verfügbarkeit der Geräte im Vergleich zu Spielautomaten in Spielbanken.

72

12. Der Fachverband Glücksspielsucht hält die Spielhallengesetze der Länder für ineffektiv, insbesondere da in Gaststätten weiter ohne Schranken gespielt werden könne und sich so ein Effekt der Verlagerung pathologischen Spielens ergebe. Um Glücksspiel auszuschließen oder einzuschränken, müsse - etwa durch ein wirksames Sperrsystem - bei den Spielern angesetzt werden.

73

13. Deutscher Caritasverband und Diakonie Deutschland halten in einer gemeinsamen Stellungnahme die angegriffenen Vorschriften für verfassungsgemäß. Geldspielgeräte stellten den mit Abstand größten Umsatzträger im legalen Glücksspielbereich dar. Entgegen der Entwicklung in anderen Glücksspielarten sei in den letzten Jahren ein erheblicher Anstieg nicht zuletzt junger Spieler und Suchtpatienten zu verzeichnen. Die höchste suchtpräventive Wirksamkeit sei der Begrenzung der generellen Zugänglichkeit, Verfügbarkeit und Griffnähe, der Beschränkung der Anzahl der Glücksspielstätten, der Begrenzung von Glücksspielen mit hohem Suchtpotential und örtlichen Beschränkungen von Spielstätten attestiert worden. Durch die Auflockerung der Ansammlung von Spielhallen werde der Aufwand größer, von einer Spielhalle in die nächste zu wechseln. Dies eröffne Spielern die Möglichkeit, einen inneren Abstand vom gerade beendeten Spiel zu finden. Wichtig seien auch spielerbezogene Maßnahmen wie Einlasskontrollen und Sperren. Automatenbezogene Regelungen ersetzten nicht die spielhallenbezogenen raumordnerischen Ansätze zur Eindämmung von Suchtgefahren.

74

Eine unterschiedliche Behandlung von Spielhallen und Gaststätten mit Spielgeräten sei mit Blick auf das unterschiedliche Gepräge sachlich gerechtfertigt. Aus der äußeren Gestaltung von Gaststätten lasse sich nicht erkennen, ob sich in ihnen Spielgeräte befänden. Ein ungewöhnlich lange andauerndes und häufiges Spielen sei in einer Gaststätte wesentlich auffälliger als in einer Spielhalle.

IV.

75

Der Senat von Berlin ist dem Verfahren 1 BvR 1314/12, die Regierung des Saarlandes dem Verfahren 1 BvR 1874/13 nach § 94 Abs. 5 Satz 1 BVerfGG wirksam beigetreten (vgl. BVerfGE 102, 370 <383 f.="">). Der Senat von Berlin und die Regierung des Saarlandes haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet (§ 94 Abs. 5 Satz 2 BVerfGG).

B.

76

Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen zu I), II) und IV) sind nur teilweise zulässig.

I.

77

Die Erstreckung der Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu II) auf das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin sowie die im Jahre 2016 neu eingefügten Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin ist mit Blick auf den fortgeschrittenen Stand des Verfahrens mangels Sachdienlichkeit hier unzulässig (§ 91 Abs. 1 Var. 2 VwGO, § 263 Var. 2 ZPO, § 67 Abs. 1, 1. Halbsatz Var. 2 FGO, § 99 Abs. 1 Var. 2 SGG analog) und wird abgetrennt (vgl. BVerfGE 134, 357 <364 ff.="">). Dies steht einer Heranziehung des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin bei der verfassungsrechtlichen Prüfung der angegriffenen Bestimmungen des Spielhallengesetzes Berlin zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht entgegen.

II.

78

Die Verfassungsbeschwerden sind teilweise unzulässig.

79

1. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu II) ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 bis 5 SpielhG Bln) wendet. Sie hat nicht innerhalb der Beschwerdefrist dargelegt, durch diese Vorschriften gegenwärtig betroffen zu sein (vgl. BVerfGE 114, 258 <277>; 140, 42 <57 58="" f.="" rn.="">).

80

Die Beschwerdeführerin zu I) ist allein durch die Vorschriften zu den Abstandsgeboten zu anderen Spielhallen und Kinder- und Jugendeinrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG Bln) nicht gegenwärtig und unmittelbar betroffen, sondern nur in Verbindung mit der Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 SpielhG Bln. Gleiches gilt für die Beschwerdeführerin zu II) im Hinblick auf das Verbundverbot sowie für die Beschwerdeführerin zu IV) im Hinblick auf das Verbundverbot und das Abstandsgebot zu anderen Spielhallen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SSpielhG).

81

Die von der Beschwerdeführerin zu I) erhobene Rüge eines Verstoßes der Abweichungsmöglichkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG Bln gegen das Bestimmtheitsgebot ist durch das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin gegenstandslos geworden, da die Abweichungsmöglichkeit gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 MindAbstUmsG Bln nunmehr im Sonderverfahren für Bestandsspielhallen, für die allein die Beschwerdeführerin zu I) unmittelbar und gegenwärtig betroffen ist, keine Anwendung findet.

82

Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen zu I) und II) sind weiterhin unzulässig, soweit sie sich gegen das Verbot der Geräteaufstellung in Zweiergruppen (§ 4 Abs. 2 Satz 3 SpielhG Bln) und die Pflicht zur Reduzierung anderer Spiele im Sinne des § 33d GewO auf höchstens eines je Spielhalle (§ 4 Abs. 3 SpielhG Bln) wenden. Sie legen in ihren Verfassungsbeschwerden nicht dar, durch diese Vorschriften gegenwärtig in ihren Grundrechten betroffen zu sein (vgl. BVerfGE 74, 297 <319>; 114, 258 <277>). Gleiches gilt im Hinblick auf das Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken in Spielhallen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG Bln) und die Pflicht zur Reduzierung der Gerätehöchstzahl auf drei je Spielhalle im Falle der entgeltlichen Verabreichung von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG Bln).

83

Soweit die Beschwerdeführerinnen zu II) und IV) die Vorschriften zur Versagung der spielhallenrechtlichen Erlaubnis für die Fälle eines fehlenden Sachkundenachweises (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 SpielhG Bln) und der Verfehlung der Ziele des Saarländischen Spielhallengesetzes (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 SSpielhG) angreifen, sind die Verfassungsbeschwerden mangels unmittelbarer Betroffenheit unzulässig, weil ein entsprechender Vollzugsakt, etwa die Versagung einer Erlaubnis, fehlt (vgl. BVerfGE 110, 370 <381>; 125, 39 <76>; 126, 112 <133>).

84

2. Im Hinblick auf die angegriffenen Berliner Vorschriften zur Werbung und äußeren Gestaltung der Spielhallen (§ 4 Abs. 1 SpielhG Bln), zur Pflicht zum Ausschluss von Personen mit auffälligem Spielverhalten (§ 6 Abs. 5 Satz 3 SpielhG Bln) und zum Verbot der Ausnutzung des Spieltriebs und der Verharmlosung der Suchtgefährdung (§ 6 Abs. 7 SpielhG Bln) sowie im Hinblick auf die angegriffenen saarländischen Vorschriften zum Verbot von Internet-Terminals in Spielhallen (§ 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SSpielhG) und zum partiellen Rauchverbot in Spielhallen (§ 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 SSpielhG) werden die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen zu I), II) und IV) den Anforderungen des Subsidiaritätsgrundsatzes nicht gerecht.

85

Die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde verlangt, dass ein Beschwerdeführer vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden und zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 74, 102 <113>; 77, 381 <401>; 81, 22 <27>; 114, 258 <279>; 115, 81 <91 f.="">; 123, 148 <172>; 134, 242 <285 150="" rn.="">; stRspr). Das gilt auch, wenn zweifelhaft ist, ob ein entsprechender Rechtsbehelf statthaft ist und im konkreten Fall in zulässiger Weise eingelegt werden kann (vgl. BVerfGE 16, 1 <2 f.="">; 68, 376 <381>; 70, 180 <185>; 91, 93 <106>; vgl. auch BVerfGE 5, 17 <19 f.="">; 107, 299 <309>). Dass Rechtsprechung zugunsten der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs für die gegebene Fallgestaltung noch nicht vorliegt, genügt regelmäßig nicht, um die Anrufung der Fachgerichte als von vornherein aussichtslos anzusehen (vgl. BVerfGE 70, 180 <186 f.="">). Allerdings verlangt der Grundsatz der Subsidiarität nicht, dass Betroffene vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm verstoßen und sich dem Risiko einer entsprechenden Ahndung aussetzen müssen, um dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können (vgl. BVerfGE 81, 70 <82 f.="">; 97, 157 <165>; 138, 261 <272 23="" rn.="">). Doch genügt eine Verfassungsbeschwerde auch dann nicht dem Grundsatz der Subsidiarität, wenn die Möglichkeit besteht, fachgerichtlichen Rechtsschutz außerhalb eines Straf- oder Bußgeldverfahrens zu erlangen.

86

Hier können die Beschwerdeführerinnen zu I), II) und IV) in zumutbarer Weise versuchen, Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte zu bekommen. Alle aufgeführten Vorschriften enthalten auslegungsbedürftige und -fähige Rechtsbegriffe. Von deren Auslegung und Anwendung hängt maßgeblich ab, inwieweit die Beschwerdeführerinnen durch die angegriffenen Regelungen tatsächlich und rechtlich beschwert sind. Zwar sind die betreffenden Vorschriften ganz überwiegend bußgeldbewehrt (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 3, 4, 13 SpielhG Bln; § 11 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SSpielhG). Die Beschwerdeführerinnen haben jedoch nicht ausreichend dargelegt, warum ihnen unter diesen Umständen nicht zumutbar gewesen sein soll, vorbeugend eine mit Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz verbundene negative Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO gegen die individuelle Verbindlichkeit der angegriffenen Verbote und Verpflichtungen zu erheben (vgl. zur Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 15; zur Gewährung vorbeugenden und vorläufigen Rechtsschutzes bei Verfassungswidrigkeit OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Oktober 2014 - OVG 1 S 30.13 -, juris, Rn. 17 f. m.w.N.; Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 93, 95; HmbOVG, Beschluss vom 19. Mai 2015 - 4 Bs 14/15 -, juris, Rn. 14-17; VG Saarlouis, Beschluss vom 12. Dezember 2014 - 1 K 354/13 -, juris, Rn. 44-47).

87

Das gilt auch, soweit das Bundesverwaltungsgericht zwischenzeitlich die Berliner Vorschriften zur Werbung und äußeren Gestaltung der Spielhallen (§ 4 Abs. 1 SpielhG Bln) für verfassungsgemäß erachtet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 69). Die verfassungsgerichtliche Beurteilung der von den konkreten räumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls abhängigen Belastungswirkungen für die Spielhallenbetreiber setzt eine Auslegung der in § 4 Abs. 1 SpielhG Bln enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe voraus, zu der die Fachgerichte berufen sind. Da das Bundesverwaltungsgericht und zuvor auch das Berufungsgericht allein zur Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 1 SpielhG Bln Stellung genommen haben, ist von den Beschwerdeführerinnen zunächst eine fachgerichtliche Klärung der Anwendung dieser Vorschrift auf ihren Fall auf dem Verwaltungsrechtsweg zu suchen.

88

3. Schließlich werden die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen zu I), II) und IV) im Hinblick auf die angegriffenen Vorschriften zur Sperrzeitverlängerung (§ 5 Abs. 1 SpielhG Bln, § 7 Abs. 1 SSpielhG), zum Erfordernis eines Sachkundenachweises (§ 6 Abs. 3 SpielhG Bln), zum Jugendschutz (§ 6 Abs. 4 SpielhG Bln und § 5 Abs. 1 Satz 2 SSpielhG), zu den Aufklärungspflichten der Spielhallenbetreiber (§ 6 Abs. 5 Satz 1 SpielhG Bln), zur Pflicht zur Auslage von Informationsmaterial (§ 6 Abs. 8 SpielhG Bln), zum Verbot der Sportwettenvermittlung im selben Gebäudekomplex (§ 21 Abs. 2 GlüStV), zum Verbot der Aufstellung von Geldautomaten (§ 8 Abs. 2 SSpielhG) und zu den Ordnungswidrigkeiten (§ 7 Abs. 1 SpielhG Bln) den Begründungsanforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht gerecht.

89

Zur Sperrzeitverlängerung setzen sich die Beschwerdeführerinnen zu I), II) und IV) nicht ausreichend mit dem für die Beurteilung der Rechtfertigung und insbesondere der Verhältnismäßigkeit maßgeblichen Zweck der Regelungen auseinander (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4027, S. 14 f.; Landtag des Saarlandes, Drucksache 15/15, S. 74). Bei der Rüge einer Ungleichbehandlung zwischen Spielhallen und Spielbanken hinsichtlich der Sperrzeit geht die Beschwerdeführerin zu IV) auch nicht auf mögliche Rechtfertigungsgründe für die behauptete Ungleichbehandlung ein (vgl. BVerfGE 131, 66 <82> m.w.N.).

90

Auch die Rüge hinsichtlich des Sachkundenachweiserfordernisses (§ 6 Abs. 3 SpielhG Bln) durch die Beschwerdeführerin zu II) ist unsubstantiiert, weil sie sich nicht mit den Anforderungen an den Sachkundenachweis und dem entsprechenden Verfahren auseinandersetzt (vgl. Verordnung zur Ausführung des Spielhallengesetzes Berlin vom 8. Februar 2012; GVBl S. 43).

91

Hinsichtlich der Pflicht zur Vornahme einer Einlass- und Identitätskontrolle zur Durchsetzung des Zugangsverbots für Minderjährige (§ 6 Abs. 4 SpielhG Bln und § 5 Abs. 1 Satz 2 SSpielhG) setzen sich die Beschwerdeführerinnen zu I), II) und IV) weder mit naheliegenden einschränkenden Auslegungsmöglichkeiten der Regelung (vgl. dazu etwa OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 195; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 69) noch mit den Maßstäben auseinander, die das Bundesverfassungsgericht zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) entwickelt hat.

92

Zu den angegriffenen Aufklärungs- und Informationspflichten (§ 6 Abs. 5 Satz 1 SpielhG Bln und § 6 Abs. 8 SpielhG Bln) fehlt es den Begründungen der Beschwerdeführerinnen zu I) und II) bereits an substantiierten Ausführungen zu Inhalt und Auslegungsmöglichkeiten der angegriffenen Vorschriften.

93

An einer hinreichenden Begründung mangelt es auch der Rüge der Beschwerdeführerinnen zu I) und II), die Pflicht, Personen, die sich selbst gesperrt haben, für die Dauer von mindestens einem Jahr vom Spiel auszuschließen (§ 6 Abs. 6 SpielhG Bln), sei verfassungswidrig. Die Beschwerdeführerinnen setzen sich weder mit der für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit bedeutsamen Belastungswirkung der auf die konkrete Spielhalle beschränkten Selbstsperre auseinander, noch mit den Auswirkungen der freiwilligen Überlassung der Daten des Spielers auf deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

94

Die Beschwerdeführerin zu IV) geht im Hinblick auf das Verbot der Sportwettenvermittlung im selben Gebäudekomplex mit einer Spielhalle nicht darauf ein, welche Bedeutung die Möglichkeit der Sportwettenvermittlung für sie besitzt. Dies wäre aber für die Beurteilung der Rechtfertigung eines Eingriffs in die Berufsfreiheit und einer eventuellen Ungleichbehandlung erforderlich. Zudem setzt sie sich nicht damit auseinander, dass im Saarland schon bisher die Vermittlung von Sportwetten nur für staatliche Sportwettenangebote zulässig und in Spielhallen ausdrücklich verboten war (§§ 5, 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 10 Abs. 4 Nr. 2 des Saarländischen Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der bis zum 30. Juni 2012 geltenden Fassung, ABl 2007 S. 2427).

95

Bei der behaupteten ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Spielhallen gegenüber Spielbanken durch das Verbot der Aufstellung von Geldautomaten (§ 8 Abs. 2 SSpielhG) fehlt eine Auseinandersetzung mit naheliegenden Rechtfertigungsgründen (vgl. BVerfGE 131, 66 <82>), etwa den Unterschieden zwischen Spielhallen und Spielbanken im Hinblick auf Charakter, Zielgruppen, Erreichbarkeit und Verfügbarkeit für die Spielinteressierten.

C.

96

Soweit zulässig sind die Verfassungsbeschwerden unbegründet. Das Verbundverbot (§ 25 Abs. 2 GlüStV, § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG Bln, § 3 Abs. 2 Nr. 1 SSpielhG) und die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen (§ 25 Abs. 1 GlüStV, § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG Bln, § 3 Abs. 2 Nr. 2 SSpielhG) sowie zu Kinder- und Jugendeinrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG Bln), die Reduzierung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 SpielhG Bln), die Pflicht zur dauernden Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG Bln) und die Übergangsregelungen (§ 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV, § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SpielhG Bln, § 12 Abs. 1 SSpielhG, § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayAGGlüStV) sind formell und materiell verfassungsgemäß.

I.

97

Die angegriffenen Regelungen sind dem Recht der Spielhallen zuzuordnen, das gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ausdrücklich aus der konkurrierenden Kompetenz des Bundes herausgenommen wurde und damit nach Art. 70 Abs. 1 GG der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder unterfällt (1). Die Vorschriften über das Verbundverbot und die Abstandsgebote sind auch nicht aufgrund der Sperrwirkung der Gesetzgebung des Bundes im Bereich des Bodenrechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) und im Bereich der öffentlichen Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) formell verfassungswidrig (2 und 3).

98

1. a) Die Systematik des Grundgesetzes fordert im Sinne einer möglichst eindeutigen vertikalen Gewaltenteilung eine strikte, dem Sinn der Kompetenznorm gerecht werdende Auslegung der Art. 70 ff. GG (vgl. BVerfGE 12, 205 <228 f.="">; 15, 1 <17>; 26, 281 <297 f.="">; 42, 20 <28>; 61, 149 <174>; 132, 1 <6 19="" rn.="">; 138, 261 <273 28="" rn.="">). Für die Zuweisung einer Gesetzgebungsmaterie an Bund oder Länder ist der in Betracht kommende Kompetenztitel anhand des Wortlauts, historisch, systematisch und mit Blick auf den Normzweck auszulegen (vgl. BVerfGE 109, 190 <212>; 138, 261 <273 29="" rn.="">).

99

Das Gewicht der historischen Interpretation ist insbesondere von der Struktur und Ausformung des Kompetenztitels abhängig. Die Regelungsgeschichte des jeweiligen Normbestandes ist weniger relevant, wenn die Kompetenzmaterie einen Lebenssachverhalt benennt, und maßgeblicher, wenn die Regelungsmaterie normativ-rezeptiv einen vorgefundenen Normbereich aufgegriffen hat (vgl. BVerfGE 3, 407 <414 f.="">; 61, 149 <175>; 97, 198 <219>; 106, 62 <105>; 109, 190 <213>; 134, 33 <55 55="" rn.="">; 138, 261 <273 29="" f.="" rn.="">). In diesem Zusammenhang kommt der Staatspraxis besonderes Gewicht zu (vgl. BVerfGE 109, 190 <213>).

100

b) Der Kompetenztitel des Rechts der Spielhallen kann danach nicht in erster Linie unter Rückgriff auf § 33i GewO näher bestimmt werden; vielmehr ist hierfür an den Lebenssachverhalt des Betriebs von Spielhallen anzuknüpfen.

101

aa) Bei der Bestimmung des Zuweisungsgehalts des Begriffs „Recht der Spielhallen“ ist zunächst auf den Wortlaut der Neuregelung abzustellen. Mit der Föderalismusreform im Jahre 2006 wurde das Recht der Spielhallen insgesamt aus der konkurrierenden Zuständigkeit des Bundes für das Recht der Wirtschaft herausgenommen. Eine Beschränkung auf bestimmte Aspekte des Spielhallenrechts, insbesondere auf die in § 33i GewO geregelte Erlaubnispflicht, entspricht nicht dem Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, denn die den Ländern zugewiesene Kompetenz wird nicht als „Recht der Spielhallenerlaubnisse“ bezeichnet (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Oktober 2014 - OVG 1 S 30.13 -, juris, Rn. 42; HmbOVG, Beschluss vom 19. Mai 2015 - 4 Bs 14/15 -, juris, Rn. 75). Danach umfasst die ausschließliche Zuständigkeit der Länder für das Recht der Spielhallen die gewerberechtlichen Anforderungen an den Betrieb und die Zulassung von Spielhallen.

102

bb) Eine Begrenzung des Rechts der Spielhallen auf den Regelungsgehalt des § 33i GewO oder auf Regelungen für einen einzelnen Spielhallenstandort lässt sich der Entstehungsgeschichte der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG im Rahmen der Föderalismusreform im Jahre 2006 ebenfalls nicht entnehmen. Eine normativ-rezeptive Beschränkung der Landeskompetenz auf den Regelungsbereich des § 33i GewO hat in die Gesetzgebungsmaterialien keinen Eingang gefunden. Vielmehr verweist der Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU und SPD im Bundestag im Zusammenhang mit dem Recht der Spielhallen allein auf die damit erfolgende weitere Stärkung der Landesgesetzgeber durch Verlagerung von „Kompetenzen mit besonderem Regionalbezug und solche(n) Materien, die eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern“ (BTDrucks 16/813, S. 9).

103

Dass die Kompetenzverlagerung nicht auf den Regelungsbereich des § 33i GewO beschränkt sein sollte, ergibt sich auch aus den Beratungen der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung (Föderalismuskommission I) zur Neuordnung der bundesstaatlichen Kompetenzordnung, die der Aufnahme der Bereichsausnahme für das Recht der Spielhallen in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG vorausgingen. Der Kompetenztitel „Recht der Wirtschaft“ wurde in der Projektgruppe 5 („Regionale Themen“) beraten. Als Gegenvorschlag zur anfänglichen Position der Länder, die eine komplette Übertragung des Gewerberechts in ihre Gesetzgebungskompetenz gefordert hatten (vgl. Staatsministerium Baden-Württemberg und Staatskanzlei Berlin, Konkretisierung der Länderposition zum „Recht der Wirtschaft“, Projektgruppenarbeitsunterlage PAU-5/0002, S. 3, enthalten in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005), zählte das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit einzelne in Titel II der Gewerbeordnung regulierte Gewerbe auf, für die eine Kompetenzverlagerung auf die Länder in Betracht komme, soweit ein lokaler Bezug vorhanden sei, darunter „Gewinnspiele und Geldspielgeräte (§§ 33c bis 33h GewO)“ und „Spielhallen (§ 33i GewO)“ (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Stellungnahme zur Gewerbeordnung und Handwerksordnung, Projektgruppenarbeitsunterlage PAU-5/0020, S. 4, enthalten in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, a.a.O.). In den darauffolgenden Beratungen der Projektgruppe wurde ein Konsens darüber erzielt, dass unter dem Gesichtspunkt der örtlichen Radizierung Teile des Gewerberechts in die Zuständigkeit der Länder übergehen sollten (vgl. Deutscher Bundestag/Bundesrat, a.a.O., S. 449; Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 am 29. September 2004, S. 2, enthalten in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, a.a.O.), wobei die entsprechende Aufzählung das Recht der Spielhallen - ohne den Verweis auf § 33i GewO -, aber nicht das Recht der Gewinnspiele und Geldspielgeräte erfasste (vgl. Sprechzettel der Vorsitzenden zur Erweiterten Obleuterunde am 10. November 2004, S. 3, enthalten in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, a.a.O.). Auch der Vorentwurf für einen Vorschlag der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I bezog sich nicht auf § 33i GewO (vgl. Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, Arbeitsunterlage 0104 - Vorentwurf für Vorschlag der Vorsitzenden vom 13. Dezember 2004, S. 6, enthalten in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, a.a.O.). Der lediglich in einem frühen Verhandlungsstadium im Zusammenhang mit der Bereichsausnahme für die Landeskompetenz für die Spielhallen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit geäußerte Verweis auf § 33i GewO, der keinen Eingang in den Wortlaut gefunden hat, bietet keinen tragfähigen Anhaltspunkt für ein restriktives Verständnis der Reichweite der durch die Föderalismuskommission I in Aussicht genommenen Kompetenzübertragung.

104

Die von der Föderalismuskommission I betonte „örtliche Radizierung“ der den Ländern zu überantwortenden Kompetenzbereiche führt auch nicht zu einer Beschränkung der Länderkompetenz auf Regelungen, die an die Besonderheiten der Situation vor Ort und Fragen der von der einzelnen Spielhalle ausgehenden Gefahren anknüpfen (so aber Degenhart, DVBl 2014, S. 416 <421 f.="">; Schneider, GewArch 2009, S. 265 <270>; Weidemann/Krappel, NVwZ 2013, S. 673 <676>). Eine maßgebliche Klarstellung der Gesetzesbegründung gegenüber den Vorarbeiten der Föderalismuskommission I besteht darin, dass der Begriff der „örtlichen“ beziehungsweise „lokalen Radizierung“ (vgl. Deutscher Bundestag/Bundesrat, a.a.O., S. 449; Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 am 29. September 2004, S. 2, enthalten in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, a.a.O.) durch denjenigen des „besonderen Regionalbezugs“ (vgl. BTDrucks 16/813, S. 9) ersetzt wurde und dieser gleichwertig neben dem Gesichtspunkt des fehlenden Erfordernisses einer bundesgesetzlichen Regelung steht. Durch die Zuordnung der Anforderungen an den Betrieb der Spielhallen zum Spielhallenrecht können unterschiedliche Gegebenheiten in den Ländern - gerade zwischen Stadtstaaten einerseits und Flächenstaaten andererseits - Berücksichtigung finden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Oktober 2014 - OVG 1 S 30.13 -, juris, Rn. 56). Ein Erfordernis bundesweit einheitlicher Regelungen ist demgegenüber - im Unterschied zum Recht der Spielgeräte - nicht ersichtlich.

105

cc) Auch aus systematischen Erwägungen ergibt sich, dass die Länderkompetenz für das Recht der Spielhallen die gewerberechtlichen Anforderungen an den Betrieb und die Zulassung von Spielhallen erfasst und in ihrer Reichweite nicht normativ-rezeptiv auf den Regelungsbereich von § 33i GewO beschränkt ist. Bei einer einzelnen Norm von einem rezipierten „Normbereich“ zu sprechen, erscheint schon begrifflich sehr zweifelhaft (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 7 ME 90/13 -, juris, Rn. 20; HmbOVG, Beschluss vom 19. Mai 2015 - 4 Bs 14/15 -, juris, Rn. 73 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 117). Eine normative Rezeption setzt vielmehr das Vorliegen eines entwicklungsmäßig oder ordnungspolitisch weitgehend abgeschlossenen Normkomplexes wie etwa beim Strafrecht (vgl. BVerfGE 109, 190 <213>; 134, 33 <55 55="" rn.="">) voraus. Hier kann bei der Auslegung auf die normativen Strukturen der Kompetenzmaterie, wie sie sich in der Tradition des jeweiligen Rechtsgebiets entwickelt haben, zurückgegriffen werden.

106

§ 33i GewO verkörperte vor der Föderalismusreform nicht für sich genommen ein in sich abgeschlossenes, historisch gewachsenes Rechtsgebiet des Spielhallenrechts. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Vorschrift in der Gewerbeordnung lediglich eine einzelne unter vielen in Titel II, Abschnitt II, Unterabschnitt B (Gewerbetreibende, die einer besonderen Genehmigung bedürfen) ist und unter anderem neben den Vorschriften zu Geldspielgeräten und anderen Gewinnspielen in §§ 33c bis 33h GewO steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 25).

107

Die Erstreckung der Landeskompetenz für das Recht der Spielhallen auf die gewerberechtlichen Anforderungen an den Betrieb und die Zulassung von Spielhallen ergibt sich auch aus der systematischen Zusammenschau mit den anderen den Ländern in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ausschließlich zugewiesenen Materien. So erfassen auch das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte Sachverhalte mit Regionalbezug, in denen der grundgesetzändernde Gesetzgeber eine eigenständige Gestaltungsbefugnis der Länder schaffen wollte, ohne dass er dadurch den einheitlichen Wirtschaftsraum gefährdet sah. In diesen Materien wurde den Ländern die Regelung sämtlicher erlaubnis- und betriebsbezogener Aspekte überantwortet. Dasselbe muss dann auch für das Recht der Spielhallen gelten (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 27).

108

dd) Mit der Föderalismusreform wurde im Hinblick auf die Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG der Zweck verfolgt, eine neu konturierte, klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft zu erzielen (vgl. BVerfGE 138, 261 <277 37="" rn.="">). Diesem Zweck wird die Unterscheidung zwischen einem Recht der Spielhallen, das die gewerberechtlichen Anforderungen an Zulassung und Betrieb von Spielhallen umfasst, und einem Recht der Geldspielgeräte, das insbesondere die technischen Modalitäten der Geräte zum Gegenstand hat, gerecht.

109

Eine Begrenzung der Kompetenz für das Recht der Spielhallen auf Fragen der von der einzelnen Spielhalle ausgehenden (Spielsucht-)Gefahren, während sonst das Recht der Spielgeräte einschlägig und damit der Bund konkurrierend zuständig wäre (vgl. Uhle, Normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung und Grundgesetz, 2015, S. 85, 206), würde die Materie des Spielhallenrechts ihres Kerns berauben.

110

c) Nach diesen Vorgaben sind die angegriffenen Regelungen dem Recht der Spielhallen zuzuordnen.

111

aa) Für die Vorschriften zum Verbundverbot und zu den Abstandsgeboten ergibt sich die Zuordnung zum Recht der Spielhallen aus dem Umstand, dass sie gewerberechtliche Anforderungen an die Zulassung und den Betrieb von Spielhallen darstellen. Sie haben keinen Bezug zu Regelungen über die technischen Anforderungen an Spielgeräte oder Fragen der Geräteaufstellung unabhängig vom konkreten Aufstellort. Darüber hinaus besteht bei den Abstandsgeboten ein Regionalbezug insofern, als die Länder je nach vorhandener Spielhallendichte und den regionalen Gegebenheiten unterschiedliche Mindestabstände vorgeben können (vgl. Beaucamp, DVBl 2015, S. 1473 <1476>).

112

bb) Die Reduzierung der allgemeinen Gerätehöchstzahl je Spielhalle von zwölf auf acht (§ 4 Abs. 2 SpielhG Bln) ist ebenfalls eine gewerberechtliche Anforderung und dem Recht der Spielhallen zuzuordnen. Sie stellt unabhängig vom Gefährdungspotential des Einzelgeräts auf die spezifische Gefährlichkeit von Spielhallen ab, die sich aus dem Anreiz ergibt, welchen viele Geräte allein schon durch ihre gemeinsame Verfügbarkeit in einer Spielhalle ausüben („Las-Vegas-Effekt“). Die Entscheidung darüber, wo und in welchem Umfang Geldspielgeräte aufgestellt werden dürfen, hängt zwar auch von der Ausgestaltung der einzelnen Geräte ab. Das schließt aber nicht landesrechtliche Regelungen des Rechts der Spielhallen aus, für welche das Gefährdungspotential der konkreten Spielgeräte von Bedeutung ist.

113

cc) Auch bei der Regelung, wonach in jeder Spielhalle dauerhaft eine Aufsichtsperson anwesend sein muss (§ 6 Abs. 2 SpielhG Bln), handelt es sich ebenfalls um eine Anforderung an den Spielhallenbetrieb.

114

2. Die Zuständigkeit des Bundes für das auch das Bauplanungsrecht umfassende Bodenrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, von welcher der Bund insbesondere durch den Erlass des Baugesetzbuchs Gebrauch gemacht hat, entfaltet keine Sperrwirkung gegenüber den Vorschriften der Länder zum Verbundverbot und zu den Abstandsgeboten (vgl. zum Verbundverbot BayVerfGH, Entscheidung vom 28. Juni 2013 - Vf. 10-VII-12 u.a. -, NVwZ 2014, S. 141 <142>; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 317 ff.; zum Abstandsgebot OVG Niedersachsen, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 7 ME 90/13 -, juris, Rn. 22; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. August 2014 - 6 A 10098/14 -, juris, Rn. 20; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 134).

115

Zum Bodenrecht gehören diejenigen Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben, also die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu Grund und Boden und die Art und Weise seiner baulichen Nutzbarkeit regeln (vgl. BVerfGE 3, 407 <424>; 56, 298 <311>). Das Verbundverbot und die Abstandsgebote haben nicht unmittelbar die rechtlichen Beziehungen der Spielhallenbetreiber zu Grund und Boden oder die Koordinierung und ausgleichende Zuordnung konkurrierender Bodennutzungen und Bodenfunktionen zum Gegenstand, sondern die Art und Weise der Ausübung eines Gewerbes zur Vermeidung der von diesem typischerweise ausgehenden Gefahren. Das Bauplanungsrecht bezieht sich auf die Gegebenheiten und mögliche Konfliktlagen vor Ort, während die Regeln über das Abstandsgebot und das Verbundverbot auf generelle Beschränkungen zielen. Die Begrenzung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten in bestimmten Baugebieten nach dem Baugesetzbuch stellt lediglich eine Option für die kommunale Planung dar (vgl. Beaucamp, DVBl 2015, S. 1473 <1476>). Soweit mit den angegriffenen Vorschriften auch städtebauliche Ziele verfolgt werden, stellt dies ihre vorrangig gewerberechtliche Motivation nicht in Frage.

116

3. Eine Sperrwirkung hinsichtlich des Abstandsgebots zu Kinder- und Jugendeinrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG Bln) ergibt sich nicht aus der Zuständigkeit des Bundes für das Recht der öffentlichen Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG), die auch den Jugendschutz erfasst, von welcher der Bund unter anderem durch den Erlass des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) Gebrauch gemacht hat (vgl. BVerfGE 31, 113 <117>). Soweit § 6 Abs. 1 JuSchG vorsieht, dass die Anwesenheit in öffentlichen Spielhallen oder ähnlichen vorwiegend dem Spielbetrieb dienenden Räumen Kindern und Jugendlichen nicht gestattet werden darf und § 6 Abs. 2 JuSchG die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen an Spielen mit Gewinnmöglichkeit in der Öffentlichkeit weitgehend ausschließt, stehen diese Regelungen der landesgesetzlichen Vorgabe von Mindestabständen zwischen Spielhallen und Kinder- und Jugendeinrichtungen nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 32; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 135). Denn deren Gegenstand ist wiederum vorrangig eine bei der Zulassung zu beachtende Anforderung an den Standort des Gewerbes, dessen Regelung für den Bereich der Spielhallen der alleinigen Gesetzgebungszuständigkeit der Länder zugewiesen ist. Dass das Land Berlin hierbei speziell im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung stehende Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen in den Blick nimmt (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4027, S. 12), dient dem vorrangig gewerberechtlichen Ziel der Bekämpfung und Verhinderung von Spielsucht.

117

4. Die in § 29 Abs. 4 GlüStV zeitlich gestuft angeordnete Ersetzung des § 33i GewO durch Landesrecht beruht auf Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 121, 233 <239 f.="">).

II.

118

Die angegriffenen Regelungen sind materiell verfassungsgemäß. Die Neuregelungen sind ebenso mit dem Grundgesetz vereinbar (1) wie die Übergangsregelungen (2).

119

1. Das Verbundverbot (§ 25 Abs. 2 GlüStV, § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG Bln, § 3 Abs. 2 Nr. 1 SSpielhG), die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen (§ 25 Abs. 1 GlüStV, § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG Bln, § 3 Abs. 2 Nr. 2 SSpielhG) und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG Bln), die Reduzierung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 SpielhG Bln) und die Pflicht zur dauernden Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG Bln) sind mit Art. 12 Abs. 1 GG (a), mit dem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG (b) sowie mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (c) vereinbar.

120

a) aa) Art. 12 Abs. 1 GG schützt neben der freien Berufsausübung auch das Recht, einen Beruf frei zu wählen. Unter Beruf ist dabei jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit zu verstehen, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient (vgl. BVerfGE 105, 252 <265>; 115, 276 <300>; 126, 112 <136>). Der Schutz der Berufsfreiheit ist nicht auf traditionell oder gesetzlich fixierte Berufsbilder beschränkt, sondern erfasst auch Berufe, die aufgrund der fortschreitenden technischen, sozialen oder wirtschaftlichen Entwicklung neu entstanden sind (vgl. BVerfGE 97, 12 <25 f.="">; 119, 59 <78>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Januar 2016 - 1 BvR 3102/13 -, juris, Rn. 36).

121

(1) In das durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit darf nur auf gesetzlicher Grundlage und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden (stRspr; vgl. nur BVerfGE 36, 212 <219 ff.="">; 45, 354 <358 f.="">; 93, 362 <369>; 135, 90 <111 57="" rn.="">; 141, 82 <98 47="" rn.="">). Der Eingriff muss zur Erreichung eines legitimen Eingriffsziels geeignet sein und darf nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern; ferner müssen Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. BVerfGE 54, 301 <313>; 101, 331 <347>; 141, 121 <133 40="" rn.="">). An objektive Berufszugangsregelungen sind dabei grundsätzlich gesteigerte Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 115, 276 <304 ff.="">).

122

(2) Die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und weiterer negativer Begleiterscheinungen des Spiel- und Wettbetriebs stellt ein legitimes Ziel für die Berufsfreiheit einschränkende Regelungen dar (vgl. BVerfGE 115, 276 <304 ff.="">). Es gelten insofern allerdings besondere Anforderungen, sofern der Staat zugleich auf Teilen des Spielmarktes selbst wirtschaftend tätig ist (vgl. BVerfGE 115, 276 <307 ff.="">). So verlangt ein beim Staat monopolisiertes Sportwettenangebot eine konsequente Ausgestaltung der Maßnahmen zur Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten (vgl. BVerfGE 115, 276 <309 f.="">), da fiskalische Erwägungen des Staates solche Einschränkungen der Berufsfreiheit nicht tragen können (vgl. BVerfGE 115, 276 <307>). Auch über die - vorliegend nicht zur Prüfung stehende - Ausgestaltung staatlicher Monopole hinaus ist in einer Konfliktlage mit staatlicher Beteiligung am Spiel- und Wettmarkt eine Ausrichtung der staatlichen Maßnahmen auf die Bekämpfung der Spielsucht erforderlich. Dabei sind andere Glücksspielformen insbesondere dann einzubeziehen, wenn der Gesetzgeber (auch) eigene fiskalische Interessen verfolgt und die Glücksspielformen potentiell in Konkurrenz zueinander stehen. Denn auch hier kann die legitime Zielsetzung, die Wettleidenschaft zu begrenzen und die Wettsucht zu bekämpfen, in ein Spannungsverhältnis zu den fiskalischen Interessen des Staates geraten (vgl. BVerfGE 115, 276 <310 f.="">). Die suchtpräventiv ausgerichtete staatliche Regulierung in einem Glücksspielsegment darf nicht durch die fiskalische Ausrichtung der Regulierung in einem anderen konterkariert werden. Dies gilt insbesondere dort, wo die Regulierung privater Angebote und staatliche Monopole zusammentreffen, wie dies bei der Regulierung von Spielhallen einerseits und Spielbanken andererseits der Fall sein kann.

123

Unterschiedliche Regelungen verschiedener Glücksspielformen sind jedoch zulässig, sofern der Gesetzgeber eine angemessene Suchtprävention nicht außer Acht lässt. Föderal unterschiedliche oder auch konkurrierende Lösungswege sind zudem im Bundesstaat angelegt (vgl. zu Art. 3 GG BVerfGE 103, 225 <241>; 114, 371 <383>; für das unionsrechtliche Kohärenzgebot vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014, Digibet und Albers, C-156/13, EU:C:2014:1756, Rn. 33 ff.).

124

Dies wird auch den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Union an die staatliche Bekämpfung der Spielsucht im nicht monopolisierten Bereich gerecht (vgl. BVerfGE 115, 276 <316 f.="">). Demnach ist die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit der Unionsrechtsordnung nur dann gerechtfertigt, wenn die restriktive Maßnahme einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung (einschließlich der Bekämpfung der Spielsucht), der Betrugsvorbeugung oder der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen entspricht und geeignet ist, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999, Zenatti, C-67/98, EU:C:1999:514, Rn. 36 f.; Urteil vom 6. November 2003, Gambelli u.a., C-243/01, EU:C:2003:597, Rn. 67; Urteil vom 6. März 2007, Placanica u.a., C-338/04 u.a., EU:C:2007:133, Rn. 52 f.; Urteil vom 8. September 2010, Carmen Media, C-46/08, EU:C:2010:505, Rn. 55, 64 f.; Urteil vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., C-316/07 u.a., EU:C:2010:504, Rn. 88).

125

(3) Solche Regelungen müssen zudem hinreichend bestimmt sein. Das Bestimmtheitsgebot soll sicherstellen, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können. Ferner erlauben es Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen können (vgl. BVerfGE 110, 33 <52 ff.="">; 113, 348 <375 ff.="">; 120, 378 <407 f.="">; 133, 277 <336 140="" rn.="">). Der Gesetzgeber ist dabei gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BVerfGE 49, 168 <181>; 78, 205 <212>; 102, 254 <337>; 133, 277 <355 181="" f.="" rn.="">). Welche Anforderungen an die Bestimmtheit gesetzlicher Regelungen zu stellen sind, richtet sich auch nach der Intensität der durch die Regelung oder aufgrund der Regelung erfolgenden Grundrechtseingriffe (vgl. BVerfGE 93, 213 <238>; 102, 254 <337>; 131, 88 <123>; 133, 277 <336 140="" f.="" rn.="">). Es reicht aus, wenn sich im Wege der Auslegung der einschlägigen Bestimmung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln feststellen lässt, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge vorliegen (vgl. BVerfGE 21, 209 <215>; 79, 106 <120>; 102, 254 <337>). Verbleibende Ungewissheiten dürfen nicht so weit gehen, dass die Vorhersehbarkeit und Justiziabilität des Handelns der durch die Normen ermächtigten staatlichen Stellen gefährdet sind (vgl. BVerfGE 21, 73 <79 f.="">; 118, 168 <188>; 120, 274 <316>; 133, 277 <356 181="" rn.="">).

126

bb) Die angegriffenen Vorschriften greifen in die Grundrechte der Beschwerdeführerinnen zu I), II) und IV) aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG ein (1). Die Eingriffe sind aber gerechtfertigt (2).

127

(1) Die Beschwerdeführerinnen unterfallen als Betreiberinnen von Spielhallen dem Schutz des Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG (vgl. BVerfGE 102, 197 <212 f.="">; 114, 196 <244>; 126, 112 <136>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Januar 2016 - 1 BvR 3102/13 -, juris, Rn. 34; stRspr). Bei der Tätigkeit als Betreiber einer Spielhalle handelt es sich um einen eigenständigen Beruf als eine wirtschaftliche Betätigung, die grundsätzlich unabhängig von anderen Tätigkeiten ausgeübt werden kann. Über die Jahre hat sich ein entsprechendes Berufsbild herausgebildet, für das das Gewerberecht spezielle Anforderungen aufstellt (vgl. § 33i Abs. 1 und 2 Nr. 1 i.V.m. § 33c Abs. 2 GewO).

128

Das Verbundverbot bewirkt, dass an einem Standort nur noch eine Spielhalle zugelassen werden darf. Damit wird ein baulicher Verbund verschiedener Spielhallen, insbesondere ein Betrieb in demselben Gebäude oder Gebäudekomplex ausgeschlossen. Das Berliner und das saarländische Abstandsgebot zu anderen Spielhallen sehen vor, dass zwischen Spielhallen ein Mindestabstand von 500 Metern einzuhalten ist. Zudem bestimmt der Berliner Landesgesetzgeber mit dem Abstandsgebot zu Kinder- und Jugendeinrichtungen, dass Spielhallen nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden sollen, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Die Reduzierung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen durch § 4 Abs. 2 Satz 1 SpielhG Bln führt dazu, dass in Spielhallen statt der zuvor zulässigen zwölf nunmehr nur noch maximal acht Geldspielgeräte aufgestellt werden dürfen; zudem werden die Berliner Spielhallenbetreiber zur dauernden Anwesenheit einer Aufsichtsperson verpflichtet.

129

Die angegriffenen Vorschriften regeln damit die Zulassung und den Betrieb von Spielhallen und greifen deshalb in die Berufsfreiheit der Spielhallenbetreiber ein. Der Einsatz von Eigentum zu Erwerbszwecken steht auch unter dem Schutz der Berufsfreiheit (zum Verhältnis von Berufsfreiheit und Eigentumsschutz vgl. BVerfGE 50, 290 <361 f.="">; 110, 141 <166 f.="">; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, juris, Rn. 390).

130

(2) Die Eingriffe in die Berufsfreiheit der Spielhallenbetreiber sind gerechtfertigt.

131

(a) Die Regelungen in Berlin und im Saarland zum Verbundverbot und zu den Abstandsgeboten zu anderen Spielhallen und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen genügen den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung.

132

Auch zur Rechtfertigung einer objektiven Berufszugangsvoraussetzung liegen hinreichende Gründe des Gemeinwohls vor, die das Verbundverbot und die Abstandsgebote tragen. Die Regelungen dienen der Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut (aa), sind im Blick auf die unter staatlicher Beteiligung betriebenen Spielbanken hinreichend konsequent auf das legitime Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet (bb), verhältnismäßig (cc) und stehen mit dem Bestimmtheitsgebot in Einklang (dd).

133

(aa) Die Regelungen dienen mit der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen kann (vgl. BVerfGE 115, 276 <304 f.=""> m.w.N.). § 1 Nr. 1 GlüStV und § 1 Abs. 1 Nr. 1 SSpielhG nennen ausdrücklich die Verhinderung des Entstehens von Glücksspielsucht und die wirksame Suchtbekämpfung als Ziele des Staatsvertrages beziehungsweise des Gesetzes. Dass mit dem Verbundverbot und dem Abstandsgebot das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots verfolgt wird, stellen die Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag und die Gesetzesbegründungen der Spielhallengesetze ausdrücklich klar (vgl. Bayerischer Landtag, Drucksache 16/11995, S. 31; Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4027, S. 9, 12).

134

Näher wird das Verbundverbot damit begründet, dass Mehrfachspielhallen aufgrund des gesteigerten Angebots an Geldspielgeräten in engem räumlichen Verbund ein wesentliches Element zur Steigerung der Spielsucht darstellten und durch sie ein „Las-Vegas-Effekt“ eintrete, der erhebliche Anreize für ein nicht mehr bewusst gesteuertes Weiterspielen biete (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4027, S. 11; Landtag des Saarlandes, Drucksache 15/15, S. 71). Durch das Verbundverbot sollen das gewerbliche Spiel auf das Maß von Unterhaltungsspielen und damit auf ein harmloses Freizeitvergnügen zurückgeführt sowie die Entstehung spielbankähnlicher Großspielhallen verhindert werden (vgl. Bayerischer Landtag, Drucksache 16/11995, S. 31).

135

Zweck des Abstandsgebots zu anderen Spielhallen ist die Herbeiführung einer Begrenzung der Spielhallendichte und damit eine Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen. Damit soll das Abstandsgebot - wie auch das Verbundverbot - zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht dadurch beitragen, dass ein Spieler auf dem Weg von einer Spielhalle zur nächsten „auf andere Gedanken“ kommt (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4027, S. 11). Der Spieler soll sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst haben, dass ein selbständiger, neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich ist.

136

Die Berliner Regelung zum Abstand zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche dient der möglichst frühzeitigen Vorbeugung von Spielsucht. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs üben gerade Spielhallen einen „Reiz des Verbotenen“ aus, der insbesondere auf Kinder und Jugendliche anziehend wirkt. Insbesondere soll durch diesen Tatbestand einem Gewöhnungseffekt des verbreiteten, stets verfügbaren Angebots von Spielhallen bei Kindern und Jugendlichen entgegengewirkt werden (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4027, S. 12).

137

Diese Einschätzungen der Gesetzgeber sind nicht offensichtlich fehlerhaft. Im Rahmen des ihnen zustehenden Einschätzungs- und Prognosespielraums (vgl. BVerfGE 126, 112 <141>), der vom Bundesverfassungsgericht nur in begrenztem Umfang überprüfbar ist (vgl. BVerfGE 121, 317 <350>; 126, 112 <141> m.w.N.), durften die Gesetzgeber in Berlin und im Saarland annehmen, dass die vom Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren schwere Gefahren für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft darstellen. Das Ergreifen von Maßnahmen zur Reduzierung des Spiels in Spielhallen in Form des Verbundverbots und der Abstandsgebote kann von den Gesetzgebern in nachvollziehbarer Weise auf drei einander ergänzende Erkenntnisse gestützt werden: erstens die grundsätzlich vom Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren, zweitens die deutliche Zunahme und Nutzung des Angebots an Geldspielgeräten in Spielhallen und drittens den Zusammenhang zwischen einer Zunahme des Spiels und einer Zunahme an Suchtproblemen.

138

Ausdrücklich haben sich die Länder auf die Ergebnisse des vom Bundeswirtschaftsministerium 2010 veröffentlichten Berichts zur Evaluierung der Fünften Novelle der Spielverordnung und auf die von ihnen in Auftrag gegebene „International vergleichende Analyse des Glücksspielwesens“ gestützt (vgl. Bayerischer Landtag, Drucksache 16/11995, S. 16 f., 20), woraus insbesondere der Anstieg der Spielhallenstandorte, die Zunahme der Bedeutung von Mehrfachspielhallen und der deutliche Anstieg der Umsätze mit Geldspielgeräten in Spielhallen sowie die finanziellen Einschränkungen von Spielern in Spielhallen hervorgehen (vgl. BRDrucks 881/10, S. 40, 44, 49 f.). Laut der periodischen Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung lag in den Jahren 2009 bis 2015 der Anteil der Befragten mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten mit 17,2 % am höchsten bei Geldspielgeräten, gefolgt von Internet-Casinospielen mit 13,1 % und Sportwettenangeboten mit 12,1 % (vgl. Haß/Lang, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland. Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 102). Im Rahmen der sogenannten PAGE-Studie aus dem Jahre 2011 nannten 49,1 % der Befragten mit Glücksspielproblemen Geldspielgeräte in Spielhallen und Gaststätten als wichtigsten Problembereich (vgl. Meyer u.a., Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie: Entstehung, Komorbidität, Remission und Behandlung - Endbericht, S. 68).

139

Gerade im Hinblick auf Kinder und Jugendliche durfte der Gesetzgeber suchtpräventive Maßnahmen aufgrund ihrer höheren Beeindruckbarkeit für besonders dringlich halten, da der Anteil junger Spieler in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist und die Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen diejenige mit dem größten Spieleranteil an Geldspielgeräten darstellt (vgl. Haß/Lang, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland. Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 92).

140

Die von den Gesetzgebern zugrunde gelegten Annahmen werden auch nicht durch das von den Beschwerdeführerinnen angeführte Gutachten zum sogenannten Pathologie-Potenzial-Koeffizienten in Frage gestellt (vgl. Peren/Clement, Pathologie-Potenziale von Glücksspielprodukten. Eine komparative Bewertung von in Deutschland angebotenen Spielformen, Wirtschaftswissenschaftliches Kurzgutachten ausgearbeitet für die AWI Automaten-Wirtschaftsverbände-Info GmbH, 2011), da es durch die Anknüpfung an den Marktanteil und die Spielerträge des jeweiligen Spiels den Anteil der Süchtigen im Verhältnis zum Umsatz ermittelt und damit die höhere Ertragsquote der Spielbanken das Ergebnis verzerrt. Zudem sind die Gesetzgeber nicht gehalten, bei der Bekämpfung der Glücksspielsucht auf eine rein mathematisch berechnete relative Gefährlichkeit abzustellen. Vielmehr rechtfertigen gerade die hohen Anteile der Spieler an Geldspielgeräten an der Gesamtzahl pathologischer Spieler sowie der hohe Marktanteil und das erhebliche Wachstum des Spiels in Spielhallen über die letzten Jahre die Annahme nachweisbarer schwerer Gefahren für die spielsüchtigen oder von Spielsucht bedrohten Personen, ihre Familien und die Gemeinschaft. Es ist nicht ersichtlich, dass die den Neuregelungen zugrunde liegenden Annahmen in einem Maße wirtschaftlichen Gesetzen oder praktischer Erfahrung widersprechen, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben könnten (vgl. BVerfGE 25, 1 <17>; 126, 112 <141>).

141

(bb) Das Verbundverbot und die Abstandsgebote sind konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind. Bei der Regulierung der Geldspielgeräte in Gaststätten sind keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar.

142

Mit dem in die Regelungen nicht einbezogenen Betrieb der Spielbanken sind allerdings gesteigerte fiskalische Interessen der Länder verbunden, weil ihnen nach Landesgesetz wesentliche Anteile an der Betreibergesellschaft gehören (vgl. § 5 Abs. 3 SpielbG-Saar) und sie Bruttospielertrag und Gewinn der Spielbanken abschöpfen (vgl. § 14 Abs. 1, § 15 SpielbG-Saar; § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 bis 5 SpBG Bln). Insofern ist nicht ausgeschlossen, dass das Verbundverbot und die weiteren Beschränkungen in den neuen Spielhallengesetzen indirekt auch fiskalische Interessen der Länder durch Verlagerung auf das Angebot der Spielbanken fördern. Insoweit besteht ein Konkurrenzverhältnis zwischen den - hier regulierten - Spielhallen und den - auch mit fiskalischen Interessen betriebenen - Spielbanken, die in Berlin und im Saarland Dependancen oder Zweigniederlassungen betreiben, in denen ausschließlich und losgelöst von den übrigen Glücksspielangeboten der Spielbanken vergleichbares Glücksspiel an Automaten beziehungsweise Geräten angeboten wird. Diese sind durch die ausdrückliche Ausnahme in § 33h Nr. 1 GewO von der Anwendbarkeit der spielhallenbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung ausgenommen. Demgegenüber wird der Entstehung von Mehrfachspielhallen, die wegen des großflächigen Angebots und der größeren Zahl an verfügbaren Spielgeräten in die Nähe der Automatensäle von Spielbanken heranrücken, mit den angegriffenen Regelungen entgegengewirkt.

143

Dennoch liegt hierin keine Inkonsequenz in Bezug auf das von den Gesetzgebern verfolgte Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht, da der Betrieb der Spielbanken und die Erlaubnis zur Aufstellung von Spielautomaten in eigener Weise an den in § 1 GlüStV benannten Zielen, insbesondere der Bekämpfung der Glücksspielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und der Begrenzung und Kanalisierung des Spieltriebs (§ 1 Nr. 2 GlüStV), ausgerichtet sind. Für Spielbanken sind umfangreiche Spielerschutzvorschriften vorgesehen. So gelten für die Spielbanken gemäß § 2 Abs. 2 GlüStV bundesweit die Werbebeschränkungen gemäß § 5 GlüStV, die Pflicht zur Entwicklung eines Sozialkonzepts gemäß § 6 GlüStV, die Aufklärungspflichten des § 7 GlüStV sowie insbesondere das bundesweite Spielersperrsystem mit der Möglichkeit von Selbst- und Fremdsperren gemäß § 8 GlüStV.

144

Im Hinblick auf den Angebotsumfang der Spielbanken ist überdies gesetzlich geregelt, dass dieser sich nicht an fiskalischen Interessen orientieren darf, sondern gemäß § 2 Abs. 2 GlüStV an die Ziele des § 1 GlüStV gebunden ist. Dementsprechend sieht § 20 Abs. 1 GlüStV zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV eine Begrenzung der Anzahl der Spielbanken in den Ländern vor. Damit sind auch der Zulassung von Zweigniederlassungen beziehungsweise Dependancen Grenzen gesetzt (zu deren Genehmigungsbedürftigkeit vgl. § 6 Abs. 3 SpielbG-Saar; zu Nebenbestimmungen § 2 Abs. 7 Nr. 1 SpBG Bln, § 6 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SpielbG-Saar). So ist das Spiel in Spielbanken aufgrund der begrenzten Zahl der Standorte (fünf in Berlin und sieben im Saarland) aus dem Alltag herausgehoben, während das Spiel in Spielhallen schon aufgrund der großen Verfügbarkeit und der wesentlich zahlreicheren Standorte Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Dieser Unterschied wird auch bei einer Reduzierung des Bestands an Spielhallenstandorten aufgrund der Abstandsgebote nach Ablauf der Übergangsfristen grundsätzlich fortbestehen. Nach den vorliegenden Untersuchungen fällt die vom kleinen Spiel an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer aus als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht, 2014, S. 189; Haß/Lang, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland. Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 102; Meyer u.a., Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie: Entstehung, Komorbidität, Remission und Behandlung - Endbericht, S. 68).

145

Zusätzlich bestehen durch die Aufsicht der für Inneres zuständigen Landesministerien (vgl. § 12 SpBG Bln, § 2 Abs. 4 Satz 1 Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin i.V.m. Nr. 5 Abs. 5 Zuständigkeitskatalog Ordnungsaufgaben Berlin bzw. § 12 SpielbG-Saar, Nr. 2.16 der Anlage der Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden des Saarlandes) hinreichende strukturelle Sicherungen dafür, dass die inhaltlichen Vorgaben im Hinblick auf die Ziele der Bekämpfung der Spielsucht sowie der Kanalisierung des Spieltriebs vom Staat gegenüber den Spielbanken durchgesetzt werden können (vgl. BVerfGE 115, 276 <312>; BVerfGK 10, 525 <533>). Damit ist es den zuständigen Behörden beider Länder aufgegeben, eine an § 1 GlüStV orientierte Beschränkung sowohl der Dependancen oder Zweigniederlassungen der Spielbanken als auch des Angebots an Spielautomaten an den einzelnen Standorten der Spielbanken durchzusetzen.

146

Im Übrigen widerspricht das Angebot des Automatenspiels in Spielbanken in Berlin und im Saarland - soweit ersichtlich - auch in seiner tatsächlichen Ausgestaltung nicht den Zielen der Bekämpfung der Spielsucht und der Kanalisierung des Spieltriebs und orientiert sich nicht an fiskalischen Interessen der Länder. Die Zahl der Zweigniederlassungen ist in beiden Ländern leicht gesunken, während die Zahl der Spielhallen und gerade der Mehrfachspielhallen in den letzten zehn Jahren sprunghaft angestiegen ist. Auch bei Berücksichtigung der „Ausdünnung“ des Spielhallenmarktes durch Verbundverbot und Abstandsgebot nach Ablauf der Übergangsfristen zum 31. Juli 2016 beziehungsweise zum 30. Juni 2017 dürfte die absolute Zahl der Spielautomaten in Spielbanken erheblich geringer bleiben als die Zahl der Spielgeräte in Spielhallen.

147

Zur konsequenten Regulierung der Spielbanken und insbesondere des Automatenspiels mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht haben die Landesbehörden jedoch auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass die Reduzierung der Zahl der Spielhallen nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels und eine Vermehrung der Standorte von Spielbanken und ihren Dependancen konterkariert wird.

148

(cc) Verbundverbot und Abstandsgebote sind zur Erreichung der dargestellten legitimen Ziele geeignet, erforderlich und angemessen.

149

(α) Die gesetzliche Anordnung des Verbundverbots sowie der Abstandsgebote ist ein geeignetes Mittel zur Erreichung der von den Gesetzgebern verfolgten legitimen Gemeinwohlziele, da sie die Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls fördern (vgl. BVerfGE 63, 88 <115>; 67, 157 <175>; 96, 10 <23>; 103, 293 <307>; 115, 276 <308>). Den Gesetzgebern kommt hierbei ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu (vgl. BVerfGE 115, 276 <308> m.w.N.).

150

Die Einschätzung der Geeignetheit des Verbundverbots durch die Gesetzgeber der Länder ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. So ist plausibel, dass gerade Mehrfachspielhallen durch die Vervielfachung des leicht verfügbaren Angebots zu einem verstärkten Spielanreiz führen (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4027, S. 9; Landtag des Saarlandes, Drucksache 15/15, S. 71). Die Gesetzgeber reagierten damit in zulässiger Weise auf die deutliche Expansion dieser Branche in den Jahren vor den entsprechenden Neuregelungen (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4027, S. 9; Landtag des Saarlandes, Drucksache 15/15, S. 50), zumal durch die Errichtung von Mehrfachspielhallen die Intention der Spielverordnung unterlaufen wurde, zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht die Höchstzahl der Geldspielgeräte je Standort auf zwölf zu begrenzen (vgl. bereits StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 337). Gerade im Falle der generellen Zugänglichkeit und hohen Verfügbarkeit von Spielhallen kommt einer Begrenzung sowie örtlichen Beschränkungen von Glücksspielstätten die höchste Wirksamkeit bei der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu (vgl. Schweizerisches Institut für Rechtsvergleichung, International vergleichende Analyse des Glücksspielwesens, 2009, S. 49 f.; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht, 2014, S. 22). Ein Verbot von Mehrfachspielhallen in Form des Verbundverbots kann dem entgegenwirken, indem es zu einer geringeren Konzentration von Spielgeräten im selben Gebäude(komplex) und im Zusammenwirken mit den Abstandsgeboten zu einer generellen Reduzierung des Geldspielgeräteangebots führt.

151

Ebenso wenig bestehen Zweifel an der Geeignetheit des in Berlin und im Saarland geltenden Abstandsgebots zu anderen Spielhallen. Mit diesem Gebot wird eine Reduzierung der für die Ansiedelung von Spielhallen zur Verfügung stehenden Standorte und eine Begrenzung der Spielhallendichte bewirkt, was zu einer Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen beiträgt. Dadurch wird ebenfalls eine Verringerung der Griffnähe und Verfügbarkeit des Spiels an Geldspielgeräten in Spielhallen erreicht. Dem steht nicht entgegen, dass ein Ausweichen auf andere Orte oder auf andere Arten des Glücksspiels nicht ausgeschlossen werden kann. Dies gilt insbesondere für auf der Grundlage einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis betriebene Spielcafés, die - sofern sie nicht selbst als Spielhallen zu qualifizieren sind (vgl. § 1 Abs. 2 SpielhG Bln; BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1988 - 1 C 59.86 -, NVwZ 1989, S. 51 f.; Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11/04 -, NVwZ 2005, S. 961 <962>) - einen anderen Charakter aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 47). Ein strukturelles, bereits in der gesetzlichen Regelung angelegtes Vollzugsdefizit ist dabei weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 47).

152

Auch das in Berlin vorgesehene Abstandsgebot zu Kinder- und Jugendeinrichtungen ist der Erreichung eines verstärkten Jugendschutzes jedenfalls förderlich. Indem wenigstens in der Nähe der von ihnen besonders häufig aufgesuchten Einrichtungen Spielhallen aus dem alltäglichen Umfeld der Kinder und Jugendlichen herausgenommen werden, wird erreicht, dass diese in geringerem Maße Bestandteil ihrer Lebenswirklichkeit sind. Gerade bei besonders schutzbedürftigen Kindern und Jugendlichen kann so ein Gewöhnungseffekt durch ein stets verfügbares Angebot vermieden werden.

153

(β) Verbundverbot und Abstandsgebote sind erforderlich. Ein milderes, gleich effektives Mittel ist nicht ersichtlich, zumal den Gesetzgebern auch hier ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zukommt (vgl. BVerfGE 102, 197 <218>; 115, 276 <309>). Insbesondere stellen rein spieler- oder gerätebezogene Maßnahmen wie die von den Beschwerdeführerinnen vorgeschlagene Spielerkarte kein gleich wirksames Mittel zur Bekämpfung und Verhinderung von Spielsucht dar. Die Länder durften insofern die Einschätzung der Suchtforschung und -beratungspraxis zugrunde legen, dass die Einschränkung des Angebots und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht ein vorzugswürdiges Mittel darstellen (oben C II 1 a bb (2) (a) (cc) (α)). Im Gestaltungsspielraum mit Blick auf die Erforderlichkeitsanforderungen liegt auch die saarländische Regelung, die für den Mindestabstand nicht auf die Wegstrecke, sondern auf die Luftlinienentfernung zwischen zwei Spielhallen abstellt (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 42 Abs. 1 Landesglücksspielgesetz Baden-Württemberg StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 367). Dasselbe gilt für das Absehen des Landesgesetzgebers von Abweichungs- und Ausnahmemöglichkeiten, mit denen eine Reduzierung der Spielhallendichte nicht in gleich wirksamer und effizienter Weise erreicht werden könnte.

154

Das Zutrittsverbot für Minderjährige (§ 6 Abs. 1 JuSchG, § 6 Abs. 4 SpielhG Bln) stellt kein gleichermaßen wirksames Mittel wie das Abstandsgebot zu Kinder- und Jugendeinrichtungen dar, da der Werbe- und Gewöhnungseffekt dadurch nicht vermieden wird.

155

(γ) Verbundverbot und Abstandsgebote sind auch angemessen. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Eingriffe und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe wahren die gesetzlichen Regelungen auch unter Berücksichtigung der weiteren einschränkenden Regelungen der Spielhallengesetze insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit und belasten die Betroffenen nicht übermäßig (vgl. BVerfGE 83, 1 <19>; 121, 317 <355>; 126, 112 <152 f.="">).

156

Durch das Verbundverbot entfallen die Möglichkeit, größere Kapazitäten an Spielmöglichkeiten oder eine größere Vielfalt an Geräten vorzuhalten, und die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Vorteile. Ähnliche Belastungswirkungen ergeben sich durch die Abstandsgebote, denen insbesondere in Berlin nur begrenzt ausgewichen werden kann. Die Regelungen haben - gerade im Zusammenwirken mit bauplanungsrechtlichen Beschränkungen - eine deutliche Reduzierung der möglichen Spielhallenstandorte zur Folge. Eine kumulative Belastung entsteht insbesondere durch die gleichzeitige Geltung von Gerätehöchstzahlen je Spielhalle (in Berlin acht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 SpielhG Bln; im Saarland zwölf gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV). Zusätzlich belastend wirken sich daneben weitere Neuregelungen aus (vgl. das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV, § 5 Abs. 2 Satz 2 SSpielhG, den Sachkundenachweis nach § 2 Abs. 3 Nr. 4, § 6 Abs. 3 SpielhG Bln, die Verlängerung der täglichen Sperrzeit gemäß § 5 SpielhG Bln, § 7 Abs. 1 SSpielhG, das Verbot der Sportwettenvermittlung im selben Gebäude(komplex) gemäß § 21 Abs. 2 GlüStV, die Pflicht zur Reduzierung der Gerätezahl auf drei im Falle der Abgabe von Speisen und Getränken nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG Bln sowie das Verbot der unentgeltlichen Verabreichung von Speisen und Getränken nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG Bln, das Rauchverbot gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 SSpielhG oder das Verbot von Internet-Terminals und Geldautomaten nach § 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, § 8 Abs. 2 SSpielhG).

157

Die Gesamtbelastung lässt es möglich erscheinen, dass nicht nur in Einzelfällen Spielhallenbetreiber ihren Beruf aufgeben müssen, zumal die Zahl der attraktiven Standorte durch das Abstandsgebot stark beschränkt wird. Die Prognosen der Beschwerdeführerinnen, ein wirtschaftlicher Betrieb von Spielhallen sei durch die Kumulation der verschiedenen belastenden Vorschriften nicht mehr möglich, werden allerdings nicht hinreichend substantiiert (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 50). Dies gilt auch im Hinblick auf die durch die Verlängerung der Sperrzeit gemäß § 5 Abs. 1 SpielhG Bln erwarteten Verluste, da ohne weitere Angaben zu den korrespondierenden Besucherzahlen die stündlichen Durchschnittsumsätze für die wegfallenden frühen Morgenstunden nicht angesetzt werden können.

158

Der mit Verbundverbot und Abstandsgeboten verfolgte Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung von Glücksspielsucht wiegt besonders schwer, da es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel handelt (oben C II 1 a bb (2) (a) (aa)). Besonderes Gewicht bekommt dieses Ziel dadurch, dass nach maßgeblichen Studien vom Spiel an Geldspielgeräten die mit Abstand höchsten Suchtgefahren ausgehen (oben A I 2). Für alle anderen relevanten Glücksspielformen hatte bereits eine Begrenzung des Angebots in Form von Verboten, staatlichen Monopolen oder Konzessionsmodellen bestanden. Aufgrund der Einschätzung der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, wonach die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht ist (oben C II 1 a bb (2) (a) (cc) (α)), durften die Gesetzgeber davon ausgehen, dass gerade die mit dem Verbundverbot und den Abstandsgeboten einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten wird. Dies gilt zumal mit Blick auf den Zweck der Vorbeugung von Spielsucht bei Kindern und Jugendlichen in einem möglichst frühen Stadium.

159

Insgesamt stehen damit die Belastungen nicht außer Verhältnis zum Nutzen der Neuregelungen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 28. Juni 2013 - Vf. 10-VII-12 u.a. -, NVwZ 2014, S. 141 <145 f.="">; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 348; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 165; HmbOVG, Beschluss vom 21. Januar 2016 - 4 Bs 90/15 -, juris, Rn. 35; VG Bremen, Beschluss vom 2. September 2011 - 5 V 514/11 -, juris, Rn. 25). Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des erheblichen Suchtpotentials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht der Spielsuchtprävention und des Spielerschutzes überwiegt gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen verschont zu bleiben. Danach ist auch eine deutliche Begrenzung der Einnahmemöglichkeiten durch den Betrieb von Spielhallen zugunsten der konsequenten Verfolgung des überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtprävention und -bekämpfung hinzunehmen.

160

(dd) Das insoweit allein angegriffene Abstandsgebot zu Kinder- und Jugendeinrichtungen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG Bln genügt den Anforderungen an die Bestimmtheit gesetzlicher Regelungen.

161

Der in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG Bln verwendete Begriff der „Einrichtungen, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden“, ist hinreichend bestimmt. Er wird für Bestandsspielhallen durch § 5 Abs. 1 MindAbstUmsG Bln näher konkretisiert, der unter Bezugnahme auf das Berliner Schulgesetz eindeutig definiert, zu welchen Einrichtungen Spielhallen einen entsprechenden Abstand halten müssen, nämlich zu allen Schulen außer reinen Grundschulen und Schulen der Erwachsenenbildung. Aber auch isoliert ist die Auslegung und Anwendung des in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG Bln verwendeten Begriffs einer gerichtlichen Kontrolle ohne weiteres zugänglich.

162

Das Bestimmtheitsgebot ist auch gewahrt, sofern es um das Betreiben von Spielhallen „in räumlicher Nähe“ zu Kinder- und Jugendeinrichtungen geht. Der Begriff der räumlichen Nähe in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG Bln lässt sich schon ohne Zusammenwirken mit dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin im Wege der teleologischen Auslegung der Vorschrift unter besonderer Berücksichtigung des Kinder- und Jugendschutzes konkretisieren. Dies gilt erst recht insoweit, als dieser in § 5 Abs. 2 Satz 1 MindAbstUmsG Bln für Bestandsspielhallen dahingehend definiert wird, dass eine solche Nähe beim Überschreiten einer Wegstrecke von 200 Metern regelmäßig nicht vorliegt. Auch die Berechnung der Wegstrecke wird nunmehr in § 5 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG Bln im Einzelnen vorgegeben. Der Umstand, dass bei der Überschreitung der Wegstrecke eine räumliche Nähe „regelmäßig“ nicht vorliegt, und die Ausgestaltung von § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG Bln als Sollvorschrift ermöglichen der Verwaltung eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Die gesetzliche Regelung gibt der Verwaltung in ausreichendem Maße richtungsweisende Gesichtspunkte an die Hand, damit diese die Norm in nachvollziehbarer und überprüfbarer Weise anwenden kann (vgl. BVerfGE 21, 73 <82>; 62, 256 <275>).

163

(b) Auch die mit der Reduzierung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 SpielhG Bln) und der Pflicht zur dauernden Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG Bln) einhergehenden Eingriffe in die Berufsfreiheit der Spielhallenbetreiber sind von hinreichenden Gemeinwohlzwecken getragen und verhältnismäßig.

164

(aa) Mit der Reduzierung der Spielgerätehöchstzahl von zwölf auf acht je Spielhalle verfolgt der Gesetzgeber das Ziel der Suchtprävention durch Reduzierung der Anreize zu übermäßigem Spielen in den Spielhallen (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4027, S. 14) und damit die Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut (oben C II 1 a bb (2) (a) (aa)). Die Regelung ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet, da der Gesetzgeber im Rahmen seines Einschätzungs- und Prognosespielraums davon ausgehen durfte, dass Anreize für die Spieler zum fortgesetzten Spielen in Spielhallen umso geringer sind, je weniger Geräte sich dort befinden (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 27. März 1987 - 1 BvR 850/86 u.a. -, NVwZ 1987, S. 1067; VG Hamburg, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 17 K 2429/13 -, juris, Rn. 104).

165

Der Gesetzgeber durfte die Reduzierung der Gerätehöchstzahl auch für erforderlich halten. Eine gleich wirksame Regelung, die Spielhallenbetreiber weniger belastet, ist nicht ersichtlich. Insbesondere stellt die bereits mit dem Verbundverbot und den Abstandsgeboten bewirkte Reduzierung der Gesamtzahl der aufgestellten Geldspielgeräte kein milderes, gleich geeignetes Mittel dar, da diese nicht, wie vom Gesetzgeber im Rahmen seines Schutzkonzepts angestrebt, die Spielanreize innerhalb der einzelnen Spielhalle verringert (vgl. VG Hamburg, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 17 K 2429/13 -, juris, Rn. 104). Der Gesetzgeber durfte zudem davon ausgehen, dass gerätebezogene Regelungen nicht gleichermaßen präventiv wirken.

166

Schließlich belastet die Reduzierung der Gerätehöchstzahl die Spielhallenbetreiber nicht übermäßig. Das hohe Gewicht der Spielsuchtprävention und des Spielerschutzes überwiegt gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Spielhallenbetreiber. Aufgrund der Einschätzung in der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, dass die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht darstellt (oben C II 1 a bb (2) (a) (cc) (α)), durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass gerade auch die Reduzierung der Höchstzahl an Geldspielgeräten in den einzelnen Spielhallen einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten wird. Zwar liegt nahe, dass sich die Reduzierung der Höchstzahl der Geldspielgeräte negativ auf die Rentabilität von Spielhallen auswirkt. Eine bestimmte Rentabilität gewährleistet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jedoch nicht. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass mit einer Zahl von acht Geldspielgeräten der Betrieb einer Spielhalle generell wirtschaftlich unmöglich gemacht würde (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 186).

167

(bb) Entsprechendes gilt für die Pflicht zur Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG Bln), die das Erkennen und die unmittelbare Einflussnahme auf problematisches Spielverhalten ermöglichen soll (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4027, S. 15). Damit verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, nachweisbare oder höchstwahrscheinliche schwere Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut abzuwehren (oben C II 1 a bb (2) (a) (aa)). An der Eignung der Anwesenheit mindestens einer Aufsichtsperson je Spielhalle für die Förderung dieses Ziels bestehen keine Zweifel. Der Gesetzgeber durfte die Begründung einer solchen Pflicht auch für erforderlich halten. Angesichts der hohen Suchtgefahren, die vom Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen ausgehen, und des hohen Gewichts der Suchtbekämpfung durfte die Vorschrift ohne den Nachweis vorher bestehender Missstände eingeführt werden.

168

Die Spielhallenbetreiber werden dadurch nicht übermäßig belastet. Da nach Ablauf der Übergangsfristen aufgrund des Verbundverbots im Regelfall nur noch Einzelspielhallen bestehen werden, wird von keinem Betreiber verlangt, je Standort mehr als eine Aufsichtsperson einzusetzen. Dadurch entstehende Personalkosten sind jedenfalls zumutbar.

169

b) Die Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG führt - soweit ihr Schutzbereich hier überhaupt eröffnet ist - hinsichtlich der beruflichen Nutzung des Eigentums jedenfalls nicht zu einem weitergehenden Schutz der Spielhallenbetreiber als die Berufsfreiheit.

170

c) Das Verbundverbot, die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen, die Reduzierung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen und die Pflicht zur dauernden Anwesenheit einer Aufsichtsperson bewirken keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind.

171

aa) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Anforderungen, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 138, 136 <180 121="" f.="" rn.=""> m.w.N.).

172

bb) Durch die angegriffenen Vorschriften werden Spielhallenbetreiber gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten ungleich behandelt, da Spielhallen Beschränkungen unterworfen werden, die für den Betrieb von Spielautomaten in Spielbanken und Geldspielgeräten in Gaststätten nicht gelten. Dabei sind diese Gruppen insofern wesentlich gleich, als in ihren Betrieben jeweils - zumindest auch - Glücksspiel um Geld an Spielautomaten beziehungsweise Geldspielgeräten angeboten wird. Dass sich die Bauart der Spielautomaten in Spielbanken von derjenigen der Geldspielgeräte in Spielhallen und Gaststätten unterscheidet, begründet keine wesentlichen, die Vergleichbarkeit ausschließenden Unterschiede. Im Übrigen sind zahlreiche Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag zur Suchtprävention gleichermaßen auf Spielbanken und Spielhallen anwendbar (vgl. Beaucamp, DVBl 2015, S. 1473 <1481>).

173

cc) Ausgehend hiervon ist die Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und Gaststätten mit Geldspielgeräten gerechtfertigt, selbst wenn angesichts der mit den spielhallenbezogenen Regelungen einhergehenden erheblichen Beeinträchtigungen des Grundrechts der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ein über eine bloße Willkürkontrolle hinausgehender Verhältnismäßigkeitsmaßstab zugrunde gelegt wird.

174

Die Gesetzgeber verfolgen bei der Regulierung der Spielhallen und allgemein im Bereich des Glücksspielrechts mit der Verhinderung und Bekämpfung der Glücksspielsucht ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel (oben C II 1 a bb (2) (a) (aa)). Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung von Spielhallen und Spielbanken liegt in dem unterschiedlichen Gefährdungspotential beider Typen von Spielstätten (Verankerung im Alltag bei Spielhallen gegenüber Abstand vom Alltag bei Spielbanken) und insbesondere in der sehr unterschiedlichen Verfügbarkeit der Spielmöglichkeiten, selbst wenn man die - insoweit freilich begrenzt zu haltenden - Dependancen beziehungsweise Zweigniederlassungen berücksichtigt (oben C II 1 a bb (2) (a) (bb)). Aufgrund dieser sich auch auf die Suchtproblematik auswirkenden Unterschiede ist eine Ungleichbehandlung durch Vorschriften, die eine mengenmäßige Begrenzung des Spiels in Spielhallen bezwecken, gerechtfertigt.

175

Ungleichbehandlungen gegenüber Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, sind aufgrund der Unterschiede der Spielorte gerechtfertigt. Der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit von Gaststätten liegt nicht im Aufstellen und Bereithalten von Spielgeräten, sondern im entgeltlichen Anbieten von Speisen und Getränken. Die Möglichkeiten und Anreize zu ununterbrochenem Spiel in Spielhallen sind daher typischerweise größer als in Gaststätten (so bereits BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 -, NVwZ-RR 1991, S. 403 <404>). Hinzu kommt, dass gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV höchstens drei, ab dem 10. November 2019 nur noch zwei Geldspielgeräte je Gaststätte aufgestellt werden dürfen (vgl. Art. 5 Nr. 1 Sechste Verordnung zur Reform der Spielverordnung vom 4. November 2014, BGBl I S. 1678 <1682>). Das Gefährdungspotential in Gaststätten ist somit aufgrund der geringeren Verfügbarkeit des Glücksspiels deutlich geringer als in Spielhallen und ermöglicht durch die Einbettung in den Gaststättenbetrieb darüber hinaus eine größere soziale Kontrolle. Der Betrieb von „Spielcafés“ oder „Cafécasinos“ als Gaststätten mit höchstens drei Spielgeräten, die faktisch das Gepräge von kleinen Spielhallen haben, ändert daran nichts, da solche Spielcafés als Spielhallen gelten und damit denselben Regeln unterworfen sind (oben C II 1 a bb (2) (a) (cc) (α)).

176

2. Die fünfjährigen Übergangsfristen in Berlin und im Saarland sind mit Art. 12 Abs. 1 GG ebenso vereinbar (a) wie die einjährige Übergangsfrist in Bayern (b); für die Eigentumsfreiheit gilt, soweit einschlägig, nichts anderes (c). Die Differenzierung zwischen der fünfjährigen und der einjährigen Übergangsfrist in der bayerischen Regelung verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (d). Auch die zweijährige Übergangsfrist für die Reduzierung der Gerätehöchstzahl in Berlin ist verfassungsgemäß (e).

177

a) Die fünfjährigen Übergangsfristen für Bestandsspielhallen in Berlin und im Saarland im Hinblick auf das Verbundverbot und die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen sowie in Berlin zu Kinder- und Jugendeinrichtungen sind mit Art. 12 GG vereinbar.

178

aa) Die fünfjährigen Übergangsfristen sind vorrangig an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, weil es um Übergangsregelungen für die erlaubte gewerbliche Betätigung, weniger um die Nutzbarkeit des vorhandenen Eigentums geht. Bei einer Beeinträchtigung der Erwerbs- und Leistungstätigkeit durch staatliche Regelungen ist nach der bestehenden Verfassungsrechtsprechung vorrangig der Schutzbereich der Berufsfreiheit berührt. Die Begrenzung der Innehabung und Verwendung vorhandener Vermögensgüter, für die der Schutz des Art. 14 GG grundsätzlich in Betracht kommt, sowie der Wertverlust der unternehmerischen Einheit sind dann nur mittelbare Folgen der angegriffenen Handlungsbeschränkung, weshalb Art. 14 Abs. 1 GG nur neben Art. 12 Abs. 1 GG zur Anwendung kommt (zur umgekehrten Konstellation vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 6. Dezember 2016, - 1 BvR 2821/11 u.a. -, juris, Rn. 390).

179

bb) Die Übergangsregelungen bewirken nach fünf Jahren das Erlöschen der bisherigen Erlaubnis nach § 33i GewO und verlangen die Einholung einer neuen Erlaubnis, die von der Einhaltung des Verbundverbots und der Abstandsgebote abhängig ist. Sie greifen damit zwar in die Berufsfreiheit ein (1), sind aber von Verfassungs wegen gerechtfertigt (2).

180

(1) Durch das Erlöschen der Erlaubnisse nach § 33i GewO mit Ablauf des 31. Juli 2016 beziehungsweise des 30. Juni 2017 greifen die Übergangsregelungen in Berlin und im Saarland in die Grundrechte der Beschwerdeführerinnen zu I), II) und IV) ein. Nach § 8 Abs. 1 SpielhG Bln verlieren bestehende Erlaubnisse nach § 33i GewO mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit und können nur nach den Anforderungen an die Erteilung einer neuen Erlaubnis gemäß § 2 Abs. 1 SpielhG Bln erneuert werden, die für Bestandsspielhallen in §§ 5 bis 7 MindAbstUmsG Bln modifiziert wurden. Soweit Betreiber von Bestandsspielhallen einen Antrag auf Erteilung einer neuen Spielhallenerlaubnis im Sonderverfahren nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin gestellt haben, gilt die Erlaubnis nach § 33i GewO als bis zum sechsten Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren fortbestehend (§ 2 Abs. 3 MindAbstUmsG Bln). Gleichermaßen ergibt sich im Saarland die Betroffenheit der Beschwerdeführerin zu IV) aus dem Zusammenwirken der Erlöschensanordnung in § 12 Abs. 1 SSpielhG mit den Erlaubnisanforderungen in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 2 SSpielhG sowie aus § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1 und 2 und § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag.

181

(2) Die durch die Übergangsvorschriften bewirkten Eingriffe in die Berufsfreiheit sind gerechtfertigt. Sie werden dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gerecht (a). Zudem erfüllen sie die Anforderungen der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes (b).

182

(a) Der Vorbehalt des Gesetzes erschöpft sich nicht in der Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage für Grundrechtseingriffe. Er verlangt vielmehr auch, dass alle wesentlichen Fragen vom Gesetzgeber selbst entschieden und nicht anderen Normgebern überlassen werden, soweit sie gesetzlicher Regelung zugänglich sind (vgl. BVerfGE 82, 209 <224>; 83, 130 <142>; 95, 267 <307>; 98, 218 <251>; 116, 24 <58>). Wie weit der Gesetzgeber die für den jeweils geschützten Lebensbereich wesentlichen Leitlinien selbst bestimmen muss, lässt sich dabei nur mit Blick auf den Sachbereich und die Eigenart des Regelungsgegenstandes beurteilen (vgl. BVerfGE 49, 89 <126>; 98, 218 <251>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 17. Februar 2016 - 1 BvL 8/10 -, juris, Rn. 59). Bei Auswahlentscheidungen muss der Gesetzgeber selbst die Voraussetzungen bestimmen, unter denen der Zugang zu eröffnen oder zu versagen ist, und er muss ein rechtsstaatliches Verfahren bereitstellen, in dem hierüber zu entscheiden ist (vgl. BVerfGE 57, 295 <327>; 73, 280 <295 f.="">; 86, 28 <41>). Aus der Zusammenschau mit dem Bestimmtheitsgrundsatz (vgl. BVerfGE 56, 1 <12 f.="">; 134, 141 <184 126="" rn.="">) ergibt sich, dass die gesetzliche Regelung desto detaillierter ausfallen muss, je intensiver die Auswirkungen auf die Grundrechtsausübung der Betroffenen sind (vgl. BVerfGE 56, 1 <13>). Die erforderlichen Vorgaben müssen sich dabei nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben; vielmehr genügt es, dass sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte der Regelung (vgl. BVerfGE 82, 209 <224 f.=""> m.w.N.).

183

(aa) Das Fehlen von Kriterien für die bei der Entscheidung über die Wiedererteilung nach Ablauf der Übergangsfrist erloschener Erlaubnisse zu treffende Auswahl zwischen bestehenden Spielhallen mit Altgenehmigungen, die zueinander den Mindestabstand von 500 Metern nicht einhalten, im Saarländischen Spielhallengesetz verstößt nicht gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes. Zwar ist der Entzug der Gewerbeerlaubnis wegen des drohenden völligen oder teilweisen Verlusts der beruflichen Betätigungsmöglichkeit von erheblichem Gewicht. Allerdings ist die Belastung des Eingriffs in die Berufsfreiheit in zweifacher Weise durch die Regelung im Saarländischen Spielhallengesetz abgemildert, und zwar durch die fünfjährige Übergangsfrist und die Möglichkeit einer Härtefallbefreiung bei der Entscheidung über die Wiedererteilung nach Fristablauf (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 SSpielhG; BayVerfGH, Entscheidung vom 28. Juni 2013 - Vf. 10-VII-12 u.a. -, NVwZ 2014, S. 141 <143>; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15. April 2014 - 7 ME 121/13 -, juris, Rn. 59; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 356 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 183; VG Bremen, Beschluss vom 2. September 2011 - 5 V 514/11 -, juris, Rn. 26). Zudem geht es nur um eine Überleitungsregelung für eine bestimmbare Anzahl von Bestandsspielhallen, nicht um die grundsätzliche und allgemeine Zuordnung unterschiedlicher Grundrechtspositionen für eine unbestimmte Vielzahl von zukünftigen Auswahlentscheidungen.

184

Vor diesem Hintergrund lassen sich die wesentlichen Parameter der Auswahlentscheidung in Konkurrenzsituationen zwischen Bestandsspielhallen dem Saarländischen Spielhallengesetz in hinreichendem Maße entnehmen. Insbesondere kann zur Konturierung der Auswahlkriterien zunächst auf die Regelung zur Härtefallbefreiung nach § 12 Abs. 2 SSpielhG zurückgegriffen werden, so dass im Rahmen der Auswahlentscheidung etwa auch die Amortisierbarkeit von Investitionen berücksichtigt werden kann. Auch ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung, dass bei der Auswahlentscheidung die mit der Neuregelung verfolgten und in § 1 Abs. 1 SSpielhG niedergelegten Ziele zu beachten sind.

185

Der Gesetzgeber kann die Bewältigung der vielgestaltigen Auswahlkonstellationen anhand sachgerechter Kriterien den zuständigen Behörden überlassen, da eine ausdrückliche gesetzliche Regelung soweit ersichtlich nur ein geringes Mehr an Bestimmtheit und Rechtsklarheit schaffen könnte. Auch soweit etwa in Innenstädten oder Stadtteilzentren aufgrund der dort bestehenden Gemengelage eine Vielzahl von Konkurrenzsituationen aufgelöst werden muss, erfordert der Vorbehalt des Gesetzes daher jedenfalls derzeit keine ausdrückliche gesetzgeberische Festlegung der maßgeblichen Auswahlparameter, etwa hinsichtlich der Frage, von welchem Fixpunkt die Auswahlentscheidung auszugehen hat. Insofern gebietet es die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber auch ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht. Das gilt auch, sofern bei der erforderlichen Auswahlentscheidung zusätzlich Erlaubnisanträge neu in den Markt eintretender Bewerber einzubeziehen sind, wobei grundrechtsrelevante Vorbelastungen der Betreiber von Bestandsspielhallen zu berücksichtigen bleiben.

186

Soweit danach verschiedene Auswahlmöglichkeiten verbleiben, ist insofern weder ersichtlich noch von der Beschwerdeführerin zu IV) vorgetragen, dass eine gesetzgeberische Festlegung der maßgeblichen Auswahlkriterien den von den Behörden in dieser Situation vorzunehmenden komplexen Abwägungsentscheidungen besser gerecht würde. Soweit das behördliche Auswahlverfahren im Einzelfall den genannten Rahmen nicht beachtet oder sonst individuellen Rechtspositionen der Spielhallenbetreiber nicht zureichend Rechnung trägt, steht ihnen verwaltungsgerichtlicher und - gegebenenfalls nach Rechtswegerschöpfung - auch verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz offen. Zugleich bleibt es den Ländern unbenommen, im Rahmen der verfassungsrechtlichen Bindungen den zuständigen Behörden selbst im Wege der Gesetz- oder Verordnungsgebung oder auch mittels Verwaltungsvorschriften detailliertere Kriterien für die Bewältigung von Konkurrenzsituationen an die Hand zu geben.

187

(bb) Soweit auch das Berliner Spielhallengesetz in seiner zunächst angegriffenen Fassung keine ausdrückliche Regelung der Kriterien für die Auswahlentscheidung zwischen konkurrierenden Bestandsspielhallen enthielt, hat sich dies mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MindAbstUmsG Bln geändert. Die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der vom Berliner Landesgesetzgeber festgelegten Auswahlkriterien im Einzelnen bedarf hier wegen des subsidiären Charakters der Verfassungsbeschwerde keiner Entscheidung, da für eine entsprechende Rüge zunächst das Sonderverfahren des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin durchlaufen werden müsste.

188

(b) Die Bestimmungen sind mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem in Art. 12 GG enthaltenen Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 72 ff.; so auch BayVerfGH, Entscheidung vom 28. Juni 2013 - Vf. 10-VII-12 u.a. -, NVwZ 2014, S. 141 <144>; BayVGH, Beschluss vom 30. September 2013 - 10 CE 13.1477 -, juris, Rn. 16 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. November 2013 - 1 M 124/13 -, juris, Rn. 5 ff.; SächsOVG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 3 B 418/13 -, juris, Rn. 15 ff.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 7 ME 90/13 -, juris, Rn. 35 ff.; OVG Saarland, Beschluss vom 10. Februar 2014 - 1 B 476/13 -, juris, Rn. 14 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. Mai 2014 - 6 B 10343/14 -, NVwZ-RR 2014, S. 682 <683>; HmbOVG, Beschluss vom 24. Juni 2014 - 4 Bs 279/13 -, juris, Rn. 17 ff.; HessVGH, Beschluss vom 5. September 2014 - 8 B 1036/14 -, juris, Rn. 18 ff.; a.A. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 461 ff.; VG Osnabrück, Beschluss vom 24. September 2013 - 1 B 36/13 -, juris, Rn. 23 ff.; offen gelassen OVG Thüringen, Beschluss vom 8. April 2015 - 3 EO 775/13 -, juris, Rn. 6 ff.; vgl. auch für eine vierjährige Übergangsperiode die Entscheidung des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs vom 12. März 2015 - G 205/2014-15 u.a. -, www.vfgh.gv.at, Rn. 76 f.).

189

(aa) Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandenen Betriebserlaubnisse gemäß § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen (für an Art. 14 GG zu messende Belastungen vertrauensgeschützter Positionen vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, juris, Rn. 372; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 -, NVwZ 2009, S. 650 <652 41="" rn.="">). Für die gesetzliche Regelung ergibt sich dies schon daraus, dass grundsätzlich nicht darauf vertraut werden kann, dass eine günstige Rechtslage unverändert bleibt (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 126, 112 <157>). Auch ein in umfangreichen Dispositionen betätigtes besonderes Vertrauen in den Bestand des geltenden Rechts begründet grundsätzlich noch keinen abwägungsresistenten Vertrauensschutz (vgl. BVerfGE 105, 17 <44>). Weder die Gesetzgeber noch die zuständigen Behörden haben die Spielhallenbetreiber zu bestimmten Dispositionen veranlasst, diese erfolgten vielmehr auf eigenes unternehmerisches Risiko.

190

Die Besonderheiten des Glücksspiel- und dabei insbesondere auch des Spielhallensektors haben überdies zur Folge, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes einen Schutz getätigter Investitionen nicht in gleichem Maße verlangt wie in anderen Wirtschaftsbereichen. Bei Spielhallen handelt es sich um Gewerbebetriebe, die von vornherein einen besonderen sozialen Bezug aufweisen, da auch bei Beachtung aller gesetzlichen Vorschriften die Möglichkeit besteht, dass spielsüchtige und spielsuchtgefährdete Spieler Spielhallen aufsuchen. Der Betrieb von Spielhallen steht damit stets in einem Spannungsverhältnis zur Suchtbekämpfung (vgl. § 33i Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz, Abs. 2 Nr. 3 GewO). Nicht zuletzt hat das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Sportwettenurteil aus dem Jahre 2006 festgestellt, dass dem Spiel an Geldspielgeräten im Sinne der Gewerbeordnung das höchste Suchtpotential aller Glücksspielformen zukommt (vgl. BVerfGE 115, 276 <305>). Die Spielhallenbetreiber mussten daher damit rechnen, dass die Landesgesetzgeber diese Feststellung zum Anlass für eine strengere Regulierung von Spielhallen nehmen würden, um eine insgesamt konsequentere Glücksspielpolitik zu erreichen.

191

Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in den unbegrenzten weiteren Betrieb von Mehrfachspielhallen war auch ohne entsprechende konkrete Reformvorhaben zumindest stark eingeschränkt, denn deren Betrieb unterlief die vom Bundesgesetzgeber mit der Bestimmung des § 3 Abs. 2 SpielV beabsichtigte Begrenzung der maximalen Anzahl der Geldspielgeräte je Standort auf die Höchstzahl von zwölf und stellte damit eine (wenn auch legale) Umgehung der schon zuvor bestehenden Vorschriften zur Gerätehöchstzahl in Spielhallen dar (vgl. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 337). Das Vertrauen in eine unbeschränkte und unbefristete Fortführung des Spielhallenbetriebs war zudem schon durch die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit nachträglicher Auflagen zum Schutz der Allgemeinheit oder der Gäste (vgl. § 33i Abs. 1 Satz 2 GewO) begrenzt.

192

(bb) An der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit der Übergangsregelungen mit fünfjähriger Übergangsfrist zur Erreichung der mit dem Verbundverbot und den Abstandsgeboten verfolgten Gemeinwohlbelange (oben C II 1 a bb (2) (a) (aa)) bestehen keine ernsthaften Zweifel. Gerade der deutliche Anstieg an Spielhallen in den letzten Jahren (oben A I 8) bestätigt, dass die Ziele der Neuregelung wirksam nur erreicht werden können, wenn den neuen Anforderungen auch Bestandsspielhallen unterworfen werden.

193

Die Landesgesetzgeber sind nicht auf eine Regelung zu verweisen, die Spielhallenbetreibern in jedem Einzelfall eine verlustfreie Abwicklung ihrer zu schließenden Spielhallen ermöglicht (vgl. BVerfGE 75, 246 <282>). Die immerhin fünfjährigen Übergangsfristen in Berlin und im Saarland tragen dem Interesse der Betreiber, eine Amortisierung der in die Spielhallen getätigten Investitionen zu erreichen und dabei einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, ausreichend Rechnung.

194

Die Belange der Spielhallenbetreiber sind ebenfalls genügend berücksichtigt. Die Räumlichkeiten und die weiteren Betriebsmittel sind auch anderweitig nutzbar (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 28. Juni 2013 - Vf. 10-VII-12 u.a. -, NVwZ 2014, S. 141 <146>). Für Mietverträge kann sich zudem ein Recht auf ordentliche oder außerordentliche Kündigung ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 -, NZM 2014, S. 165 <166>; KG, Urteil vom 14. Juli 2014 - 8 U 140/13 -, juris, Rn. 28). Ähnliches gilt für die Möglichkeit eines Weiterverkaufs oder einer Weitervermietung der Spielgeräte und anderer Einrichtungsgegenstände, zumal deren Abschreibungszeit die fünfjährige Übergangszeit in der Regel nicht überschreiten dürfte (vgl. AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter Nr. 7.5.1).

195

Dennoch haben sowohl Berlin als auch das Saarland die Möglichkeit von Härtefallbefreiungen im Einzelfall geschaffen (§ 9 MindAbstUmsG Bln; § 12 Abs. 2 SSpielhG). Dass darüber hinaus ein weiterer Betrieb von Spielhallen unterbunden wird, haben die Beschwerdeführerinnen hinzunehmen.

196

b) Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin zu III) durch die einjährige Übergangsregelung für nach dem 28. Oktober 2011 genehmigte Bestandsspielhallen in Bayern gemäß Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayAGGlüStV in Verbindung mit § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV ist ebenfalls mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Mit Ablauf des 30. Juni 2013 wurde neben der gewerberechtlichen Erlaubnis nach § 33i GewO eine zusätzliche glücksspielrechtliche Spielhallenerlaubnis erforderlich, deren Erteilung von der Wahrung unter anderem des Verbundverbots des § 25 Abs. 2 GlüStV abhängig ist. Dadurch wird in Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen, der Eingriff ist jedoch gerechtfertigt. Die Unterscheidung zwischen ein- und fünfjähriger Übergangszeit dient legitimen Gemeinwohlzielen (aa) und trägt auch dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes durch Bezug auf den Stichtag des 28. Oktober 2011 hinreichend Rechnung (bb). Das Abstellen auf die Erteilung der gewerberechtlichen Erlaubnis ist ebenfalls verfassungsgemäß (cc). Auch ist dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Genüge getan (dd).

197

aa) Mit der einjährigen Übergangsfrist für Bestandsspielhallen, die erst nach dem 28. Oktober 2011 eine Spielhallenerlaubnis nach § 33i GewO erhalten hatten (§ 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayAGGlüStV), soll dem Vertrauens- und Bestandsschutz der Betreiber in Abwägung mit den durch das Abstandsgebot und das Verbundverbot verfolgten Gemeinwohlzielen angemessen Rechnung getragen werden; durch das Anknüpfen an den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung bei Mehrfachspielhallen soll dabei ein stufenweiser Rückbau erreicht werden (vgl. Bayerischer Landtag, Drucksache 16/11995, S. 32). Dahinter steht das Ziel einer möglichst zeitnahen Umsetzung des Abstandsgebots und des Verbundverbots, um eine möglichst wirksame Bekämpfung der Glücksspielsucht zu erreichen. Zum anderen soll die Stichtagsregelung Mitnahmeeffekte in Form von Vorratserlaubnissen in Kenntnis der beabsichtigten Änderung der Rechtslage verhindern.

198

bb) Dabei ist nicht zu beanstanden, dass durch die Festlegung des 28. Oktober 2011, des Tages der Beschlussfassung der Ministerpräsidentenkonferenz über die Änderung des Glücksspielstaatsvertrages, als Stichtag gemäß § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV das Vertrauen auf den Fortbestand der geltenden Rechtslage ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in gleicher Weise geschützt ist.

199

Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in den Fortbestand der gesetzlichen Regelung und der erteilten Erlaubnisse nach § 33i GewO war spätestens mit dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz beseitigt oder zumindest erheblich herabgesetzt. Hierbei kann auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die das Bundesverfassungsgericht für das Vertrauen in die Gesetzeslage gegenüber rückwirkenden Gesetzen entwickelt hat. Demnach entfällt schutzwürdiges Vertrauen in die geltende Rechtslage nicht erst dann, wenn eine Änderung der Rechtslage sicher ist, sondern bereits dann, wenn mit einer Neuregelung ernsthaft zu rechnen ist (vgl. BVerfGE 126, 369 <396>). Dies ist beim endgültigen Beschluss des Bundestages über einen Gesetzentwurf der Fall (vgl. BVerfGE 126, 369 <396>; 132, 302 <324 57="" rn.=""> jeweils m.w.N.). Darüber hinaus können sich ab der Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag durch ein initiativberechtigtes Organ die Betroffenen nicht mehr auf ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Rechtslage berufen (vgl. BVerfGE 127, 31 <50>; 132, 302 <324 56="" f.="" rn.=""> m.w.N.).

200

Diese Rechtsprechung ist auf den Entstehungsprozess eines Staatsvertrages, auf dem die hier gegenständlichen Landesgesetze beruhen, übertragbar. Bei der Entstehung von Staatsverträgen kann es zu vergleichbaren Ankündigungseffekten kommen (vgl. BVerfGE 95, 64 <88 f.="">). Schon mit dem Zustandekommen eines Staatsvertrages ist mit einer Neuregelung durch entsprechende Landesgesetze ernsthaft zu rechnen (vgl. BVerfGE 126, 369 <396>), so dass geplante Gesetzesänderungen öffentlich und mögliche zukünftige Gesetzesänderungen damit in konkreten Umrissen vorhersehbar werden (vgl. BVerfGE 132, 302 <324 56="" rn.="">). Hinzu kommt, dass Änderungen am Staatsvertrag durch die Länderparlamente nach Unterzeichnung durch die Ministerpräsidenten ausgeschlossen sind, da der Vertragstext schon mit der Unterzeichnung feststeht und nur noch einvernehmlich geändert werden kann (vgl. BayVGH, Beschluss vom 30. September 2013 - 10 CE 13.1477 -, juris, Rn. 22; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 463).

201

Im Hinblick auf das Kriterium der Öffentlichkeit der geplanten Gesetzesänderung kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Für Beschlüsse der nicht öffentlich tagenden Ministerpräsidentenkonferenz genügen die Veröffentlichung des konkreten Textes und seine tatsächliche Verfügbarkeit (vgl. BVerfGE 127, 31 <50>). Bei Entscheidungen von einigem wirtschaftlichem Gewicht - wie Investitionen in eine neue Spielhalle - ist es zudem regelmäßig zumutbar, professionelle Beratung über das rechtliche und regulatorische Umfeld in Anspruch zu nehmen (vgl. zu steuerlichen Folgen BVerfGE 127, 31 <50>). Um ein Vertrauen in die geltende Gesetzeslage zu beseitigen, reicht es aus, dass der eingebrachte Entwurf in seinem Regelungsanliegen und den maßgeblichen Inhalten erkennbar wird. Denn bereits in diesem Fall sind mögliche zukünftige Gesetzesänderungen in konkreten Umrissen allgemein vorhersehbar (vgl. BVerfGE 132, 302 <324 56="" rn.="">).

202

Allein der Beschluss der Ministerpräsidenten am 28. Oktober 2011 und die gleichzeitig veröffentlichte Medien-Information reichten allerdings nicht aus, um entsprechende mögliche zukünftige Gesetzesänderungen für Spielhallenbetreiber in konkreten Umrissen allgemein vorhersehbar zu machen. Denn die endgültig beschlossene Fassung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages wurde noch nicht am 28. Oktober 2011, sondern erstmals am 18. November 2011 als Landtagsdrucksache des Landtags von Baden-Württemberg veröffentlicht (vgl. Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 15/849; vgl. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 2).

203

Von einem schutzwürdigen Vertrauen der Spielhallenbetreiber auf die Fortgeltung der bestehenden Rechtslage konnte gleichwohl nach dem 28. Oktober 2011 nicht mehr die Rede sein. Bereits im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. April 2011 hatten sich die Länder darauf geeinigt, einen Entwurf für einen Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag zur Anhörung und zur Notifizierung bei der Europäischen Kommission freizugeben. Bei diesem seit April 2011 auf verschiedenen offiziellen Seiten im Internet abrufbaren und ab Mai 2011 auch in Landtagsdrucksachen verfügbaren (oben A I 2) Entwurf handelte es sich nicht lediglich um eine Arbeitsgrundlage. Vielmehr kam ihm weitgehend die Funktion eines Gesetzentwurfs der Regierung im normalen Gesetzgebungsverfahren zu, der an die Ausschüsse überwiesen wird, damit diese gegebenenfalls Anhörungen insbesondere von Sachverständigen und Interessenvertretern vornehmen können (vgl. § 70 Abs. 1 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages). Der Entwurf enthielt einen besonderen Erlaubnisvorbehalt für Spielhallen, Regelungen über ein Abstandsgebot zu anderen Spielhallen und ein Verbundverbot sowie entsprechende Übergangsregelungen. Danach sollte grundsätzlich eine fünfjährige Übergangsfrist gelten. Spielhallenerlaubnisse nach § 33i GewO, die nach dem 6. April 2011 erteilt würden, sollten bei einem Verstoß gegen das Verbundverbot ein Jahr nach Inkrafttreten des Staatsvertrages unwirksam werden. Die von der Neuregelung betroffenen Spielhallenbetreiber hatten zudem im Zusammenhang mit der vom Land Sachsen-Anhalt im Mai 2011 durchgeführten Verbändeanhörung (oben A I 2) und über die intensive Berichterstattung und Öffentlichkeitsarbeit der Verbände der Automaten- und Spielhallenbranche (vgl. AWI Automaten-Wirtschaftsverbände-Info GmbH, Novelle des Glücksspielstaatsvertrags gefährdet Existenz von 6.000 Unternehmen und 70.000 Arbeitsplätzen vom 2. Mai 2011, http://www.awi-info.de/de/einzelne-news/25, zuletzt abgerufen am 6. März 2017; Glücksspielstaatsvertrag: Entwurf mit Regelungen für Spielstätten, AutomatenMarkt vom 20. April 2011, http://www.automatenmarkt.de; Anhörung zum Glücksspielstaatsvertrag vom 26. Mai 2011, a.a.O., beide zuletzt abgerufen am 6. März 2017) die Möglichkeit, sich in zuverlässiger Weise über die geplante Gesetzesänderung und die Umstände zu informieren, die eine Änderung der Rechtslage als wahrscheinlich erscheinen ließen.

204

Somit waren schon vor dem 28. Oktober 2011 Gesetzesänderungen für die Spielhallenbetreiber in konkreten Umrissen allgemein vorhersehbar, so dass sie nicht mehr darauf vertrauen konnten, das bis dahin geltende Recht werde in Zukunft unverändert fortbestehen (a.A. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 461 ff.). Zumindest war das Vertrauen in den Fortbestand der gesetzlichen Regelung erheblich herabgesetzt. Jedenfalls am Tage der ihrerseits öffentlich bekannt gegebenen politischen Einigung der 15 Ministerpräsidenten auf die endgültige Fassung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages am 28. Oktober 2011 war hinreichend wahrscheinlich, dass der Vertrag von den beteiligten Ländern geschlossen würde und die Vorgaben anschließend durch Landesgesetze umgesetzt würden. Änderungen nach der politischen Einigung hätten nur auf der Grundlage erneuter Verhandlungen aller beteiligten Länder erfolgen können.

205

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Entwurf für einen Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag vom 6. April 2011 bis zum abschließenden Beschluss der Ministerpräsidenten noch partiell geändert wurde (a.A. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 471). Die Beseitigung schutzwürdigen Vertrauens ist nicht auf solche Fälle beschränkt, in denen der eingebrachte Regelungsvorschlag völlig unverändert später beschlossen und in Kraft gesetzt wird. Denn es geht nicht um die Frage, ob die Betroffenen mit dem Inkrafttreten der konkreten Neuregelung rechnen mussten, sondern darum, ob sie auf die unveränderte Fortgeltung der bestehenden Rechtslage vertrauen können. Die Unterschiede zwischen der Entwurfsfassung und dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag fallen nicht ins Gewicht. Das Verbundverbot und die Pflicht zur Einführung eines Abstandsgebots zu anderen Spielhallen waren bereits im Entwurf enthalten und wurden nur redaktionell geändert. Auch die Anwendung der Vorschriften auf Bestandsspielhallen nach einer ein- beziehungsweise fünfjährigen Übergangsfrist war bereits Gegenstand des Entwurfs, ebenso die Anwendung der einjährigen Übergangsfrist zumindest auf das Verbundverbot. Damit waren die wesentlichen und hier relevanten Änderungen auch in der später verwirklichten Fassung bereits aufgrund des Entwurfs vom April 2011 konkret absehbar.

206

cc) Gegen das Abstellen auf den Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis nach § 33i GewO für die Bemessung der Übergangsfrist bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwände. Unter Vertrauensschutzaspekten ist der Zeitpunkt der Erlaubniserteilung für den Betrieb einer Spielhalle ein zulässiger Anknüpfungspunkt für die Stichtagsregelung, da eine Erlaubnis bei Verstoß gegen das Verbundverbot nicht mehr erteilt werden konnte. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Spielhallenbetreiber in die zukünftige Erteilung der Erlaubnis konnte erst mit der Erteilung der Betriebserlaubnis nach § 33i GewO entstehen. Denn auch wenn auf die Erteilung der Erlaubnis nach § 33i GewO ein Anspruch bestand, war den Betroffenen selbst bei Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen im Zeitpunkt der Antragstellung die Erteilung nicht sicher, da maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Bewertung des Bestehens eines Anspruchs auf Erlaubniserteilung der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung beziehungsweise im Falle einer Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist (vgl. BVerwGE 84, 157 <160 ff.="">; 100, 346 <348>). Zwischenzeitliche Änderungen der Sach- und Rechtslage können dazu führen, dass die Erlaubnis nicht erteilt werden darf. Rechtsänderungen können einen ursprünglich gegebenen Anspruch daher auch nach Antragstellung vernichten, wenn das neue materielle Recht dies so vorsieht. Das Risiko einer abschlägigen Antragsbescheidung trägt der Antragsteller.

207

Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf eine für den Betrieb der Spielhalle bereits vor dem Stichtag erteilte Baugenehmigung. Aus ihr folgt kein schützenswertes Vertrauen in Bezug auf die Erteilung der gewerberechtlichen Spielhallenerlaubnis. Die Baugenehmigung ist lediglich faktische Voraussetzung für die Nutzung der Spielhallenerlaubnis. Sie entfaltet schon einfachrechtlich nur insofern Bindungswirkung für die spätere gewerberechtliche Erlaubnis, als öffentlich-rechtliche Vorschriften Gegenstand baurechtlicher Prüfung sind. Dies ist mit Blick auf die gewerberechtlichen Anforderungen an die Zulassung und den Betrieb von Spielhallen nicht der Fall (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1996 - 1 B 18.96 -, juris, Rn. 9; für die Gaststättenerlaubnis BVerwGE 84, 11 <13 f.="">).

208

Schließlich spricht gegen den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung als für die Bemessung der Übergangsfrist maßgeblichen Zeitpunkt auch nicht, dass dieser vom Tätigwerden der Behörde abhängt. Für ein kollusives Zusammenwirken zwischen Verwaltung und Regierung zum Nachteil der Spielhallenbetreiber im Vorfeld des Staatsvertrages ist nichts vorgetragen oder ersichtlich (a.A. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 482). Ein betätigtes Vertrauen in die Fortgeltung der Rechtslage ist auch nicht etwa deshalb schon vor der Erteilung einer Spielhallenerlaubnis schutzwürdig, weil nach der unter anderem in Bayern früher verbreiteten Behördenpraxis die Erlaubnis nach § 33i GewO gerade bei Mehrfachspielhallen erst nach Besichtigung der fertiggestellten Räumlichkeiten erteilt wurde (a.A. zur vergleichbaren Praxis in Baden-Württemberg StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 481). Diese Behördenpraxis ergibt sich weder aus dem Gesetz, noch ist sie aus sachlichen Gründen zwingend geboten. Die Praxis hindert den Gesetzgeber nicht daran, den Beginn des Vertrauensschutzes schon aus Gründen der Rechtssicherheit an den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung zu knüpfen. Gegen eine behördliche Verschleppung der Genehmigungsentscheidung hätten sich die Betroffenen im Wege der verwaltungsgerichtlichen Untätigkeitsklage wenden und Staatshaftungsansprüche geltend machen können.

209

dd) Die einjährige Übergangsfrist trägt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinreichend Rechnung. Zur Erreichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele (oben C II 2 b aa) sind die Übergangsregelung und die darin enthaltene Unterscheidung zwischen ein- und fünfjähriger Übergangsfrist geeignet und erforderlich. Die zeitnahe Umsetzung des Abstandsgebots und des Verbundverbots sowie die Verhinderung von zur Umgehung der Neuregelung auf Vorrat eingeholter Erlaubnisse werden durch die Übergangsregelung gefördert. Der Gesetzgeber durfte die einjährige Übergangsregelung für erforderlich halten, da andere, weniger belastende Beschränkungen mit gleicher Wirksamkeit im Hinblick auf die verfolgten Ziele nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich sind.

210

Soweit lediglich auf das Ziel der Verhinderung solcher Vorwegnahmeeffekte abgestellt wird, wäre ein Anknüpfen an den Zeitpunkt des Erlaubnisantrags zwar ein milderes, da zeitlich früheres Kriterium für den Stichtag zur Vermeidung der Antragstellung auf Vorrat (vgl. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 481), aber es erreicht den vom Gesetzgeber zugleich angestrebten raschen Abbau bestehender Spielhallen nicht ebenso gut.

211

Dabei ist nicht erkennbar, dass die Bestandsinteressen der Spielhallenbetreiber die Veränderungsinteressen des Gesetzgebers überwögen. Die Investitionen wurden von den Betreibern vor Erteilung der Spielhallenerlaubnis auf eigenes Risiko getätigt (ebenso StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 453). Angesichts des Umstands, dass die einjährige Übergangsfrist nur für Spielhallen gilt, deren Betreiber zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung nicht mehr auf den Fortbestand der alten Rechtslage vertrauen konnten, ist sie nicht zu kurz bemessen, auch wenn die getätigten Investitionen nicht amortisiert werden konnten. Dies gilt umso mehr, als die Übergangsfrist erst mit Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Juli 2012 zu laufen begann, das Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage aber spätestens am 28. Oktober 2011 beseitigt wurde.

212

c) Soweit die Übergangsregelungen auch in bestehende Eigentumspositionen eingreifen, sind sie aus den gleichen Gründen wie die Eingriffe in Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt. Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG stellen die Übergangsregelungen schon wegen des Fehlens einer staatlichen Güterbeschaffung (zu diesem Erfordernis vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, juris, Rn. 244 ff.), aber auch mangels einer Entziehung des Eigentums an den Spielhallen oder den Spielgeräten nicht dar.

213

d) Dem Gesetzgeber ist es auch durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist, dass die Einführung eines Stichtages überhaupt notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, vertretbar ist (vgl. BVerfGE 126, 369 <399> m.w.N.). Die Notwendigkeit der Stichtagsregelung ergab sich hier aus einer an Vertrauensschutzgesichtspunkten orientierten Staffelung der Übergangsfristen und dem Interesse an der möglichst effektiven Bekämpfung der Glücksspielsucht durch eine möglichst schnelle Reduzierung des Spielhallenangebots. Angesichts des Umstands, dass bei Spielhallen, die nach dem 28. Oktober 2011 genehmigt wurden, kein schutzwürdiges Vertrauen in die Fortgeltung der Rechtslage und den Fortbestand der Erlaubnis nach § 33i GewO bestand und auf den Erhalt einer Erlaubnis vor deren Erteilung nicht vertraut werden konnte, erscheint das Abstellen auf den Zeitpunkt der Erteilung von Verfassungs wegen jedenfalls vertretbar.

214

e) Für die Übergangsregelung gemäß § 8 Abs. 3 SpielhG Bln, wonach in Bestandsspielhallen die Zahl der Spielgeräte innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes von höchstens zwölf auf acht zu reduzieren war, gilt nichts anderes als für die anderen Übergangsfristen.

215

Die Veränderungsinteressen des Gesetzgebers überwiegen die Bestandsinteressen der Spielhallenbetreiber. Zwar ist insofern zu berücksichtigen, dass der Abschreibungszeitraum für Geldspielgeräte gemäß Nr. 7.5.1 der AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter vier Jahre beträgt. Damit kann jedenfalls bei Spielgeräten, die in den beiden Jahren vor Inkrafttreten der Neuregelung angeschafft wurden, nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine Amortisierung möglich ist. Allerdings ist die Übergangsfrist bereits am 1. Juni 2013 abgelaufen, also lange vor Ablauf der fünfjährigen Übergangsfristen für das Verbundverbot und die Abstandsgebote. Anders als bei jenen Übergangsfristen ist hier davon auszugehen, dass die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr einsetzbaren Spielgeräte auf dem Gebrauchtgerätemarkt in der Regel in einer wirtschaftlich vertretbaren Art und Weise verwertet werden konnten.

Kirchhof    Eichberger     Schluckebier
Masing    Paulus    Baer    Britz


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