Donnerstag, 31. März 2011

Die neuen Tricks der Investmentbanker

Sie haben gelobt, aus der Finanzkrise zu lernen.
Doch was tun sie?
Sie verpassen ihren alten Zockereien neue Namen – oder wechseln gleich zu den hochriskanten „Schattenbanken“. weiterlesen

Irischen Banken fehlen bis zu 25 Mrd. Euro
Deshalb sei ein radikaler Umbau des Finanzsektors notwendig. weiterlesen

Sarkozy warnt G20-Staaten vor Währungskriegen weiterlesen
„Entweder wir erleben Währungskrieg und Krise, oder wir entscheiden uns für Koordination und Zusammenarbeit“, sagte Sarkozy

Acht Jahre Haft für Ex-Manager der Hypo Steiermark
Mit einem Schuldspruch ist am Mittwoch der Prozess um die Leasing-Affäre der Hypo-Steiermark zu Ende gegangen. Ein Ex-Manager und ein Ex-Prokurist mussten sich wegen Untreue verantworten. weiterlesen

Razzia bei Bundesbank- und Lufthansa-Mitarbeitern
Ein mutmaßlicher Millionenbetrug mit Euro-Münzen ist laut "Bild"-Zeitung Anlass für Durchsuchungen unter anderem bei Mitarbeitern der Deutschen Bundesbank und der Lufthansa gewesen. weiterlesen

Finanzinvestor CVC prüft Formel-1-Verkauf
Schmiergeld-Prozess im Zusammenhang mit dem Kauf eines Formel-1-Anteils über 48 Prozent von der BayernLB aus dem Jahr 2005 CVC in die Quere kommen. Die Staatsanwaltschaft München geht in diesem Zusammenhang dem Verdacht der Bestechlichkeit gegen Ex-BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky nach. Dieser weist die Vorwürfe zurück.

Die Münchner Justiz hat über Rechtshilfe in Salzburg „Formel-1-Millionen“ von Gribkowsky beschlagnahmen lassen. Der Ex-BayernLB-Vorstand sitzt seit der Jahreswende in Untersuchungshaft in München, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Steuerdelikten. weiterlesen

mehr unter
BGH - Entscheidung zu Zinswetten

Commerzbank - Ein Leckerchen für Spekulanten
Kaum hat die Commerzbank eine milliardenschwere Kapitalerhöhung angekündigt, laufen bereits die Wetten auf einen Kursabsturz. Ein Milliardengeschäft.
Wette auf sinkende Kurse
Leerverkäufen liegt die Erwartung eines sinkenden Aktienkurses zugrunde. Bei solchen Geschäften leihen sich Anleger Aktien und verkaufen diese dann. Geht ihre Rechnung auf und der Kurs sinkt, können sie die Papiere später zu einem günstigeren Preis kaufen und dann wieder zurückgeben. Die Differenz streichen sie als Gewinn ein. weiterlesen


Lebensversicherungen - Attacke auf einen deutschen Liebling
Eine Lebensversicherung als Altersvorsorge gehört in Deutschland fast zum guten Ton. Nun jedoch will die Politik die Garantiezinsen für diese Produkte deutlich senken – und bringt damit eine ganze Branche in Bedrängnis. weiterlesen


Versicherungen - Das unterschätzte Risiko
Versicherungen haben Milliarden in Staatsanleihen schwacher Euro-Länder investiert. Könnte eine Staatspleite die Branche in den Abgrund reißen? Drohen womöglich sogar Probleme für Lebensversicherung und Altersvorsorge? weiterlesen

update: 08.04.2011

Österreich: Ausschreibung der Glücksspiellizenzen dauert

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Herbst 2010 müssen die Glücksspiellizenzen in Österreich erstmals EU-weit ausgeschrieben werden, wodurch die Casinos Austria ihre Monopolstellung verlieren werden.

Am Donnerstag äußert sich der EuGH-Generalanwalt in seinem Schlussantrag erneut zum österreichischen Glücksspielgesetz. Diesmal geht es darum, ob die Vergabe der Lotteriekonzession im Einklang mit Unionsrecht erfolgt ist, das entsprechende Verfahren (C-347/09) hat der Sportwettenanbieter bet-at-home ins Rollen gebracht. weiterlesen

"Ein Mitgliedsstaat darf das Recht zum Betrieb von Internet-Glücksspielen im Inland einem einzigen privaten Veranstalter vorbehalten", schreibt der Anwalt Yves Bot in seinen Schlussanträgen zur Rechtssache C-347/09. weiterlesen

Casinos spielten weniger ein
Die Casinos-Austria-Gruppe meldet für 2010 einen Rekordumsatz. In die drei Tiroler Casinos kamen etwas weniger Besucher. Für Aufsehen sorgten einige Millionengewinne. weiterlesen

Österreichern vergeht Lust auf Glücksspiel weiterlesen

Mittwoch, 30. März 2011

Tipp24 will zurück auf den deutschen Markt

30.03.20111 Hamburg (dpa) - Der Internet-Glücksspielvermittler Tipp24 hofft auf eine Rückkehr auf den deutschen Markt. Nach den Entscheidungen mehrerer hoher Gerichte sei das Vermittlungsverbot für Lottospiele im Internet nach dem Glücksspiel-Staatsvertrag nicht anwendbar, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens vom Mittwoch in Hamburg.
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Hans-Jörn Arp und Wolfgang Kubicki: Der Glaube der ehemaligen deutschen Glücksspielvermittler in die deutsche Politik kehrt zurück

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Hans-Jörn Arp, und der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Wolfgang Kubicki, haben die Ankündigung von Tipp24, im Falle einer vernünftigen und zukunftsweisenden Glücksspielrechtsnovelle nach Deutschland zurück zu kehren, begrüßt:

"Die Glücksspielanbieter sind bereit, sich unter strengen Vorgaben konzessionieren zu lassen. Sie sind auch bereit, durch Steuern und Zweckerträge hier in Deutschland ihren Beitrag dazu zu leisten, dass soziale und kulturelle Einrichtungen sowie der Breitensport gefördert werden. Das ist eine klare Aussage. Es ist Aufgabe der Politik, nun verlässliche und mit europäischem Recht in Einklang stehende Regelungen zu treffen", erklärte Hans-Jörn Arp heute (30. März 2011) in Kiel.

Der FDP-Fraktionsvorsitzender Kubicki sieht mit dem heutigen öffentlichen Bekenntnis ein wesentliches Argument der Kritiker gegen die Zustimmung zum schleswig-holsteinischen Vorschlag als widerlegt an: "Wir hören immer wieder, die Unternehmen würden niemals nach Deutschland kommen. Das stimmt nicht, weil die Unternehmen gerade bei einer Tätigkeit im Internet durch einen Sitz im Inland ganz erheblich an Seriosität gewinnen. Wahr ist, dass Deutschland mit dem jetzigen Glücksspielstaatsvertrag seit Jahrzehnten hier ansässige Unternehmen gezwungen hat, außer Landes zu gehen", so Kubicki.

Arp und Kubicki kündigten an, die Schleswig-Holsteinischen Regierungsfraktionen würden einem neuen Glücksspielstaatsvertrag nur unter der Voraussetzung zustimmen, dass dieser den Ansprüchen des europäischen Rechts gerecht wird:

"Unser Vorschlag liegt auf dem Tisch. Er entspricht europäischem Recht und bietet eine bessere Suchtprävention als die derzeitigen Regelungen. Das ist unser Maßstab", so Arp und Kubicki.

Beide äußerten die Hoffnung, dass die "Heimkehrer" nach der Verabschiedung des neuen Glücksspielrechts bei der Suche nach einem Standort in Deutschland Schleswig-Holstein in Erwägung ziehen werden.

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Dirk Hundertmark
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Dienstag, 29. März 2011

BayVGH: Staatliches Sportwettenmonopol verstößt gegen Europarecht

Mit Beschluss vom 21. März 2011 hat der Bayerische VGH in einem durch die Kanzlei Bongers geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren festgestellt, dass das staatliche Sportwettenmonopol im geltenden Glücksspielstaatsvertrag den europarechtlichen Anforderungen nicht genügt. Insbesondere wegen der kontinuierlich steigenden Zahl zugelassener Geldspielautomaten in Spielhallen, die ein deutlich größeres Suchtpotential als Sportwetten hätten, werde das Ziel einer systematischen und kohärenten Begrenzung der Spiel- und Wetttätigkeit verfehlt.

Der Bayerische VGH vertritt insoweit entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung nunmehr die Auffassung, dass das staatliche Sportwettenmonopol eine unverhältnismäßige Beschränkung der europarechtlichen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit bewirke und deshalb grundsätzlich auch nicht mehr Grundlage für eine Untersagungsverfügung sein könne. Der Eilantrag wurde überraschenderweise ungeachtet dieser Feststellungen abgelehnt, weil der Bayerische VGH erstmalig die Auffassung vertritt, es bedürfe trotz einer gemeinschaftswidrigen Rechtslage möglicherweise noch einer Erlaubnis.

Jedenfalls könne aber der Zugang vom Sportwettenmarkt privaten Anbietern und Vermittlern in Bayern nicht mehr wie bisher unter Berufung auf das staatliche Monopol verwehrt werden.

Ob und unter welchen Voraussetzungen dem Mandanten des Verfahrens eine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten erteilt werden könne, sah das Gericht noch als klärungsbedürftig an. Dies könne jedenfalls nicht im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geklärt werden und bleibe dem Hauptsacheverfahren überlassen.

Unter Berücksichtigung der vom Gericht getroffenen Feststellungen ist indes aus Sicht des Unterzeichners wenig nachvollziehbar, dass der Eilantrag trotz dieser Umstände abgelehnt wurde.

Es sei aber nochmals darauf hingewiesen, dass nach diesseitiger Einschätzung auch ein Berufen auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 GlückStV nicht zulässig ist, wenn ein Verstoß gegen EU-Recht vorliegt. Dies ergibt sich nach Einschätzung des Unterzeichners auch eindeutig aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010 zum AZ: 8 C 15.09, in dem die Regelung des Erlaubnisvorbehalts gerade dann nicht für rechtmäßig erachtet wird, wenn ein unzulässiger Eingriff in die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit erfolgt. Genau dies hat aber der Bayerische VGH festgestellt.

Nachdem mit Beschlüssen vom Vortag auch das OVG Nordrhein-Westfalen in mehreren, durch die Kanzlei Bongers geführten Verfahren Eilanträge mit ähnlicher Begründung abgewiesen hat, gleichzeitig aber auch die gemeinschaftswidrige, weil inkohärente Rechtslage festgestellt hat, lässt sich festhalten, dass nunmehr eine ganz überwiegende Anzahl deutscher Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte von einer gemeinschaftswidrigen, weil inkohärenten Gesetzeslage ausgehen.

Die Schlussfolgerung daraus kann aus unserer Sicht nur sein, dass sich jegliche Ordnungsverfügung der letzten Jahre gegen Sportwettvermittler als rechtswidrig erweisen wird. Daher empfehlen wir auch, jegliche Klage und jeglichen Widerspruch in den Angelegenheiten entscheiden zu lassen, soweit noch Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzung dieser Verfahren besteht.
Kontakt:
Rechtsanwaltskanzlei Bongers
Rechtsanwalt Guido Bongers
Ludwigstr. 12
D - 61348 Bad Homburg


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

- Pressemitteilung -

Staatliches Sportwettenmonopol genügt derzeit nicht den unionsrechtlichen Anforderungen

Mit Beschluss vom 21. März 2011 hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt, dass das staatliche Sportwettenmonopol im geltenden Glücksspielstaatsvertrag den europarechtlichen Anforderungen nicht genügt. Wegen der kontinuierlich steigenden Zahl zugelassener Geldspielautomaten in Spielhallen, die ein deutlich größeres Suchtpotential als Sportwetten hätten, werde das Ziel einer systematischen und kohärenten Begrenzung der Spiel- und Wetttätigkeit verfehlt.

Ausgangspunkt des Rechtsstreits ist eine behördliche Verfügung, mit der dem Antragsteller untersagt wurde, ohne die dafür erforderliche Erlaubnis Sportwetten anzunehmen und an einen privaten Sportwettenveranstalter mit Sitz in Gibraltar zu vermitteln. Der Antragsteller hat unter Hinweis auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum deutschen Glücksspielrecht vom 8. September 2010 die einstweilige Aussetzung dieses Verbots bis zur Entscheidung über seine beim BayVGH anhängige Berufung beantragt. Der BayVGH vertritt entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung nunmehr die Auffassung, dass das staatliche Sportwettenmonopol eine unverhältnis-
mäßige Beschränkung der europarechtlichen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit bewirke und deshalb nicht mehr als Grundlage für Untersagungsverfügungen herangezogen werden könne. Zwar bedürfe die Vermittlung von Sportwetten an private Veranstalter auch künftig einer behördlichen Erlaubnis. Der Zugang zum Sportwettenmarkt könne privaten Anbietern und Vermittlern in Bayern aber nicht mehr wie bisher unter Berufung auf das staatliche Monopol verwehrt werden.

Der Antrag des Sportwettenvermittlers auf einstweilige Aussetzung der Untersagungsverfügung blieb dennoch erfolglos, weil im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend habe beurteilt werden können, ob die unabhängig vom Bestehen des staatlichen Monopols geltenden Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis erfüllt seien. Das bleibe dem Hauptsacheverfahren überlassen. Bei der notwendigen Interessenabwägung hat der BayVGH das öffentliche Interesse, den Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete, behördlich überwachte Bahnen zu lenken, um so eine wirksame Suchtprävention und –bekämpfung zu gewährleisten, für gewichtiger befunden, als das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers.

Gegen den Beschluss gibt es kein Rechtsmittel.

(Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. März 2011, Az. 10 AS 10.2499)
Quelle

Mehr zur Grundsatz-Entscheidung des BayVGH

update 12.01.2012:

BayVGH:
Vermittlung privater Sportwetten darf nicht untersagt werden
Mit am Freitag bekanntgewordenen Urteilen hat der Bayerische VGH entschieden, dass zwei Unternehmern die Vermittlung von privaten Sportwetten zu Unrecht untersagt worden ist. Das derzeit noch geltende Glücksspielrecht genüge den europarechtlichen Anforderungen nicht.
(Urt. v. 12. Januar 2012, Az. 10 BV 10.2271 und 10 BV 10.2505). weiterlesen




Montag, 28. März 2011

VG Gießen: Erfolgreiche Klagen privater Sportwettvermittler

Von Marco Rietdorf, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Mit Urteilen vom 28.03.2011 (Az.: 4 K 2687/10, 4 K 2688/10 und 4 K 2689/10) hat das Verwaltungsgericht Gießen in drei von der Kanzlei Redeker Sellner Dahs geführten Verfahren den Klagen privater Sportwettvermittler, die allgemeine Sportwetten an im EU-Ausland konzessionierte Veranstalter vermitteln, vollumfänglich statt gegeben.

Bei den Verfahren handelt es sich um die dem EuGH-Urteil vom 08.09.2010 (Rs. C-316/07, C-409/07 und C-410/07) zugrunde liegenden Vorabentscheidungsersuchen, die in der Hauptsache weitergeführt wurden. In zwei der drei Verfahren (4 K 2687/10 und 4 K 2689/10) hat das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügungen des Wetteraukreises, mit denen den Klägern untersagt wurde, in ihrem Geschäftslokal Sportwetten oder andere Glücksspiele mit anderen Veranstaltern als der Hessischen Lotterieverwaltung abzuschließen, die Einrichtungen dafür bereitzustellen oder für entsprechende Angebote zu werben, vollumfänglich aufgehoben. In dem dritten Verfahren (4 K 2688/10) wurde die ursprüngliche Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt, nachdem Betriebstätte, auf die sich die Untersagungsverfügung bezog, im Laufe des Verfahrens aufgegeben worden war. Das Verwaltungsgericht hat sodann folgerichtig festgestellt, dass die ursprüngliche Untersagungsverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtswidrig war.

Ausschlagend für die noch nicht im Volltext vorliegenden Entscheidungen dürfte ausweislich des Verlauf der mündlichen Verhandlung die aus der Inkohärenz der deutschen Glückspielpolitik resultierenden Unanwendbarkeit des staatlichen Sportwettmonopols sein, wohingegen das Verwaltungsgericht dem von einigen Obergerichten in verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren neuerdings bemühten Aspekt der formellen Illegalität ebenso wenig Bedeutung beigemessen hat, wie einer etwaigen Fortgeltung des in § 4 Abs. 1 GlüStV statuierten Erlaubnisvorbehalts.

Das Verwaltungsgericht Gießen folgt damit im Ergebnis der Linie sämtlicher Verwaltungsgerichte (Arnsberg, Berlin, Bremen, Chemnitz, Halle, Hamburg, Gera, Minden und Stuttgart), die in Reaktion auf die vom 08.09.2010 datierenden EuGH-Urteile dem staatlichen Glücksspielmonopol bislang durchweg eine unmissverständliche Absage erteilt haben.

Kontakt:
Redeker Sellner Dahs
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Rechtsanwalt Marco Rietdorf
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Glücksspiele betreiben ist nichts für Zocker

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert weiterhin das staatliche Monopol in Deutschland zu erhalten
28.03.2011 16:57

Keine Versteigerung von Spielbanklizenzen

"Als Abenteuerlich und Weltfremd" bezeichnet Bernhard Stracke von der Bundeskoordinierung Spielbanken der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) die Forderung der FDP in Bayern, Spielbanklizenzen zu versteigern.
Dies ist nach Auffassung von ver.di rein rechtlich schon gar nicht zulässig.
Auch macht es keinen Sinn, es einem Spielbankbetreiber zu überlassen, wo er eine Spielbank aus wirtschaftlichen Gründen errichtet und das er dann auch noch selbst entscheidet, den Standort zu verlagern, wenn sein Geschäft nicht so läuft, wie er sich das vorstellt.
" Spielbanken zu betreiben ist kein "Zockergeschäft", aber auch Politiker sollten mit der Suchtgefahr und den Arbeitsplätzen der Spielbankbeschäftigten nicht leichtfertig umgehen", so Bernhard Stracke.

Spielbanken sind keine Wirtschaftsbetriebe, denn sie haben einen ordnungspolitischen Auftrag zu erfüllen, d.h., der Betrieb von Spielbanken ist grundsätzlich eine unerwünschte Tätigkeit, die nur ausnahmsweise zur Kanalisierung des in der Bevölkerung vorhandenen Spieltriebs zulässig ist (vgl. BVerfGE) 28, 119 ff.) das illegale Glücksspiel einzudämmen und dem menschlichen Spieltrieb eine staatlich überwachte Betätigungsmöglichkeit zu geben.

"Wir sprechen uns bei der Vergabe von Spielbanklizenzen weder für staatliche noch für private Betreiber aus", so Stracke, "beides hat Vor- und Nachteile".
Einem staatlichen Betreiber kommt jedoch beim Erhalt der Arbeitsplätze eine besondere Verantwortung zu, so der Gewerkschafter.

"Jede Kommerzialisierung auch von Teilbereichen des Glücksspiels führt zu einer massiven Ausweitung des Glücksspielangebotes, zu einem aggressiv ausgetragenen Wettbewerb unter den kommerziellen Anbietern und damit zu einer größeren Verbreitung der Spielsucht. Diese Auswirkungen müssen verhindert werden", so Bernhard Stracke.
Daher fordert ver.di die Ministerpräsidenten der Länder erneut auf, sich am 06.04.2011 klar zum Erhalt des Glücksspielmonopols in Deutschland zu bekennen.

V.i.S.d.P: Bernhard Stracke, ver.di Bezirk Rhein-Nahe-Hunsrück,
Münsterplatz 2-6, 55116 Mainz, bernhard.stracke@verdi.de
Telefon:06131-6272632; Fax:06131-6272626; Mobil:0160-90512708

Freitag, 25. März 2011

VG Bremen vom 10.03.2011

Entscheidungsgründe des Urteils des VG Bremen bekannt gegeben

Regelung zum Erlaubnisvorbehalt verstößt nach Maßgabe der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts gegen europäisches Recht

In der Hauptsacheentscheidung des VG Bremen vom 10.03.2011 in dem von der Rechtsanwaltskanzlei Kartal geführten Verfahren (5 K 1919/09) hat das Gericht die Untersagungsverfügung der Stadt Bremen aufgehoben. Nunmehr liegen die schriftlichen Entscheidungsgründe vor.

Das Gericht nimmt sowohl eine europarechtswidrige als auch verfassungswidrige rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung des Glücksspielstaatsvertrages an (S. 5).

Das Umsetzungsdefizit sei bereits in der Regelung selbst angelegt. Dieses strukturelle Vollzugsdefizit äußere sich insbesondere durch die Werbung für das staatliche Wettangebot (S. 11 f.). Diese Entscheidung begründet die Kammer anhand zahlreich getroffener Feststellungen, denen u.a. die Inaugenscheinnahme von 22 Annahmestellen im Stadtgebiet Bremen zugrunde liegt (S. 14 f.). Die festgestellten Werbeaussagen wie "Jeder Tipp eine gute Tat." und "Lotto – und Bremen gewinnt." (S. 14) stellen eine Image- und Sympathiewerbung dar, "die durch den Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung wesentlicher Teil der Spielerlöse Sympathien für das Wetten selbst wecken und dieses zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten aufwerten soll." (S. 15).

Das Gericht entscheidet weiter, dass die Regelung zum Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV ("formelle Illegalität") gegen die unionsrechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit verstößt (S. 17 ff. und 27 ff.). Hier sind die Ausführungen zu den Urteilsbegründungen der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010, 8 C 13.09, 8 C 14.09 und 8 C 15.09 von aktuell großer Bedeutung. Die Kammer führt wörtlich auf S. 28 f. aus:

"Soweit die Beklagte vorträgt, das Bundesverwaltungsgericht gehe unabhängig von der Frage einer Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols von einer weiteren Geltung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV aus, vermag das Gericht dem so nicht zu folgen. Das Bundesverwaltungsgericht sieht die Frage des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV sowie den Ausschluss einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter insgesamt als rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit an (Urt. V. 24.11.2010, 8 C 14.09 und 15.09). Hätte das Bundesverwaltungsgericht das Sportwettenmonopol unabhängig von der Frage einer Unionsrechtswidrigkeit als (weiter) wirksam angesehen, hätte es in den Verfahren 8 C 14.09 und 8 C 15.09 einer Zurückweisung nicht bedurft, sondern es hätte zu Lasten der jeweiligen Kläger durchentschieden werden können. Es trifft zwar zu, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung 8 C 13.09 (Urt. V. 24.11.2010) ausgeführt hat, dass weder der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV noch die Einschränkung der Vermittlungstätigkeit durch Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV i.V.m. § 21 Abs. 2 GlüStV schon wegen der verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken gegen die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols im Glücksspielstaatsvertrag unwirksam seien. Es hat die Aufrechterhaltung der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung allerdings ausdrücklich auf den Aspekt der Sicherung der ordnungsrechtlichen Beschränkungen der Vermittlungstätigkeit und das Gebot, die Vermittlung von Sportwetten organisatorisch, rechtlich und wirtschaftlich von der Tätigkeit des Sportvereins zu trennen, gestützt. Dies war nur deshalb möglich, weil die streitgegenständliche Untersagungsverfügung auf das in § 21 Abs. 2 GlüStV geregelte Verbot der Vermittlung von Sportwetten in einem Sportvereinslokal gestützt war. Dieses Verbot knüpft nicht an die Monopolregelung an, sondern soll gewährleisten, dass ordnungsrechtliche Beschränkungen der Vermittlung beliebiger Angebote beachtet werden. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmt Art und Weise des Vertriebs (BVerwG, Urt. V. 24.11.2010, Az. 8 C 13.09, Rn. 77)."

Das Verwaltungsgericht Bremen hat mit dieser Entscheidung den deutlichen Unterschied zwischen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Az. 8 C 13.09 und den Entscheidungen 8 C 14.09 und 8 C 15.09 herausgearbeitet. Somit kann die Entscheidung 8 C 13.09, in der es auf die Sportwettenvermittlung in einem Sportvereinslokal ankam und vor diesem Hintergrund das Unionsrecht nicht vom Bundesverwaltungsgericht geprüft wurde, nicht zur Begründung der Annahme einer formellen Illegalität der privaten Vermittlungstätigkeit herhalten. Andernfalls würde dies eine Missachtung der Entscheidungen in den Verfahren 8 C 14.09 und 8 C 15.09 bedeuten.

Kontakt:
KARTAL Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Damir Böhm
Friedenstr. 36 (Ecke Jöllenbecker Str.)
D - 33602 Bielefeld


Sportwettenverbot - Klage eines privaten Wettlokalbetreibers erfolgreich (pdf, 20 KB) VG Bremen: PM vom 10.03.2011


VG Bremen erlaubt Sportwettenbüro

VG Minden gibt Sportwettvermittlern Recht

Mit Urteil vom 15. März 2011 hat das Verwaltungsgericht Minden einen Bescheid der Kreisstadt Höxter aufgehoben, mit dem der Betreiberin einer Spielhalle die Vermittlung von Sportwetten an einen maltesischen Wettanbieter untersagt worden war.

Das Verwaltungsgericht führt in seinem Urteil insbesondere aus, dass die angefochtene Untersagungsverfügung nicht auf die Nichterfüllung der Erlaubnispflicht und damit auf § 9 Abs. 1 Satz 3 des Glücksspielstaatsvertrages gestützt werden kann. Auch die normierte Erlaubnispflicht verstoße gegen höherrangiges Recht und sei namentlich mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der europäischen Union nicht vereinbar.

Dies folge insbesondere aus einer erforderlichen Zusammenschau des im Glücksspielstaatsvertrag und im Ausführungsgesetz des Landes NRW zum Glücksspielstaatsvertrag normierten Sportwettmonopols zugunsten staatlicher Anbieter. Das Verwaltungsgericht prüft insbesondere das vom EuGH aufgestellte Kohärenzkriterium und kommt zu der Schlussfolgerung, dass in Deutschland keine kohärente Gesetzeslage besteht.

Das Gericht hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass offenbar auch die Ministerpräsidenten der Bundesländer der Auffassung sind, dass der geltende Glücksspielstaatsvertrag nicht den vom EuGH formulierten Anforderungen an das Gesamtkohärenzerfordernis genüge. Auf die Frage, ob sich die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettmonopols auch noch zusätzlich auf eine unzulässige Werbung des Monopolinhabers ergäbe, komme es hiernach nicht mehr entscheidend an.

Ebenfalls finde eine vom EuGH als monopolschädlich eingestufte Werbung in Deutschland namentlich insbesondere bei den Jackpotausspielungen und den Aktionen "Lotto hilft" vollumfänglich statt. Es werde nach wie vor aggressiv für Produkte der Lotteriegesellschaften geworben, wobei die Werbung unter dem verharmlosenden Stichwort "Lotto informiert" erfolge. Indes sei festzustellen, dass die Werbung für ansteigende Jackpots sogar jeweils fast hysterische Züge annehme.

Besonders hervorzuheben ist, dass das Verwaltungsgericht völlig zutreffend ausführt, dass das bloße Fehlen einer Erlaubnis nicht zur Begründung einer Untersagungsverfügung herangezogen werden kann. Dies gerade schon deshalb nicht, weil es für den betreffenden Sportwettvermittler gar keine rechtliche Möglichkeit gibt, eine solche Erlaubnis zu erlangen. Dies ergäbe sich insbesondere auch aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010. Das Bundesverwaltungsgericht hätte die Angelegenheiten in den dortigen Revisionsverfahren nicht an den Bayerischen VGH zurückverweisen können, wäre es anderer Auffassung gewesen.

Das Gericht hat die Berufung gegen das Urteil nicht ausdrücklich zugelassen. Dennoch besteht die Möglichkeit für die Behörde, hier einen Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen.

Damit hat ein weiteres Verwaltungsgericht in einem Hauptsacheverfahren zugunsten eines Sportwettvermittlers entschieden. Die Entscheidung reiht sich ein in die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Stuttgart, Arnsberg, Hamburg, Berlin, Chemnitz, Halle, Köln oder Bremen.

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Bereits am 05.10.09, also vor der EuGH Entscheidung vom 08.09.2010, stellte das VG Minden (3 L 473/09) fest, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, ob die angefochtene Verfügung auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Ziff. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen (GlüStV) gestützt werden kann.

Nationale Regelungen, die - wie das in Frage stehende Sportwettenmonopol - die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit (Art. 43 und 49 EG) beschränken, sind nur unter vier Voraussetzungen zulässig:
  • Sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden,
  • sie müssten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen,
  • sie müssen zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sein und
  • sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
Vgl. dazu: EuGH vom 23.10.1997 - C-189/95 (Lexezius) - Rdnr. 42, Urteil vom 26.10.2006 - C-65/05 - Rdnr. 49 und Urteil vom 05.06.2007 - C-170/04 (Rosengren)-.
Wenn die Zahl der Wirtschaftsteilnehmer beschränkt wird mit dem Ziel, die Gelegenheit zum Glücksspiel zu vermindern, muss die Beschränkung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in jedem Fall dem Anliegen gerecht werden, die Gelegenheiten zum Spiel wirklich zu vermindern und die Tätigkeiten in diesem Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen.
EuGH, Urteil vom 06.03.2007 - C-338/04, C-359/04 und C-360/04 (Plancanica u.a.) - Rdnr. 58.
Ob das in Deutschland begründete Sportwettenmonopol diesen Anforderungen genügt, ist zweifelhaft. Die Kammer hält insoweit auch nach erneuter Überprüfung an der den Beteiligten bekannten Auffassung fest (vgl. zuletzt Beschluß vom 20.05.2009 - 3 L 176/09-).
weiterlesen (pdf-download)

vgl. VG Kassel 09.08.2010
VG Berlin vom 03.11.10

Anmerkung:
Ein Monopol ist nur bei Einhaltung aller o.g. vier Voraussetzungen zulässig – fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist das Monopol bereits unzulässig !


Donnerstag, 24. März 2011

Glücksspielstaatsvertrag - Deutsche Glücksspielgesetze verstoßen gegen EU-Recht

Nach einem Urteil eines deutschen Verwaltungsgerichts verstoßen deutsche Glücksspielgesetze gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit. Den Ländern gehe es beim staatlichen Wettmonopol nicht vorrangig um den Verbraucherschutz: Sie versuchten vielmehr, eine traditionelle staatliche Einnahmequelle aufrechtzuerhalten.

Das Verwaltungsgericht Gera gab einer Klage der Sportwetten Gera GmbH statt und stellt fest, dass diese berechtigt ist, das Sportwettengewerbe auszuüben. Das Gericht verwies jedoch auf die bisher nicht einheitliche Rechtsprechung und ließ Berufung zu.

Die deutschen Verbotsvorschriften dürfen dem Gericht zufolge nicht angewendet werden, da sie gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit verstoßen. Diese kann zwar durch nationale Regelungen beschränkt werden, allerdings müssten solche vor allem das Ziel des Verbraucherschutzes verfolgen.

Glücksspielsektor nicht konsequent geregelt

Sowohl der Glücksspielstaatsvertrag als auch das Thüringer Glücksspielgesetz erfüllen diese Anforderungen nach Ansicht des Gerichts nicht. Den Ländern ginge es weniger um den Verbraucherschutz, als um das Aufrechterhalten einer traditionellen staatlichen Einnahmequelle. Der gesamte deutsche Glücksspielsektor sei zudem nicht konsequent geregelt, um der Spielsucht entgegen zu wirken.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im September 2010 das staatliche Lotteriemonopol gekippt.

Deutschland hatte das Monopol damit verteidigt, dass der Staat Spielsucht und Manipulation verhindern müsse. Die Länder müssen nun den Ende 2011 auslaufenden Glücksspielstaatsvertrag neu fassen.

Online-Glücksspiele mit maltesischer Lizenz

Auch das Lotteriemonopol in Österreich beschäftigt derzeit erneut den EuGH. Dieser muss klären, ob die bet-at-home.com Entertainment GmbH mit einer maltesischen Lizenz Online-Glücksspiele auch österreichischen Nutzern zugänglich machen darf. Das Unternehmen beruft sich auf die Dienstleistungsfreiheit.

Die österreichische Regierung meint, dass das nationale Glücksspielgesetz trotz Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit in der EU gültig sei, sofern darin enthaltene Einschränkungen "im zwingenden Allgemeininteresse" gerechtfertigt und verhältnismäßig sind.

Insbesondere beim Online-Glücksspiel gibt es in der EU viele Grauzonen. Die EU-Richter können zudem bislang immer nur zu einzelnen Fragen Stellung nehmen. In Brüssel hat man daher die Notwendigkeit einer Harmonisierung der sehr unterschiedlichen nationalen Regelungen erkannt.

Warten auf das EU-Grünbuch

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hatte bereits vor mehreren Monaten ein Grünbuch zum Glücksspiel angekündigt. Zuletzt hatte er im Oktober erklärt, dass die EU-Kommission im November 2010 ein solches als Diskussionsgrundlage veröffentlichen werde.

Das Grünbuch soll nunmehr in den nächsten Monaten vorgelegt werden. Ziel ist es zunächst, alle Fakten und die Ansichten aller Beteiligten zu sammeln. Aus dem Grünbuch wird nach einem Konsultationsprozess in der Regel dann ein sogenanntes Weißbuch entwickelt, in dem konkrete Schritte und Regelungen vorgeschlagen werden.

Derzeit kursiert eine Entwurfsfassung des Grünbuchs, welches von der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen unter Berücksichtung der Kommentare der anderen Generaldirektionen überarbeitet wird. Die Annahme des Entwurfs ist vorläufig für den zweiten oder neunten März vorgesehen.
Daniel Tost weiterlesen

Es darf an die Urteile des EuGH vom 08.09.2010 erinnert werden:

Vorrang des Gemeinschaftsrechts

Jede andere Auffassung verbietet sich zudem schon aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu der Rechtslage in Deutschland. In seinem Urteil vom 8. September 2010, Rs. C-409/06, hat der Europäische Gerichtshof unmissverständlich und im Einklang mit seiner ständigen Rechtsprechung klargestellt, dass das Gemeinschaftsrecht gegenüber dem nationalen Recht Vorrang genießt.

Danach ist jedes nationale Organ eines Mitgliedsstaats verpflichtet, das Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und jede nationale Vorschrift unangewandt zu lassen, die zu einer Abschwächung des Gemeinschaftsrechts führen könnte.

Dass das deutsche Glücksspielmonopol die Wetttätigkeit nicht in kohärenter und systematischer Weise beschränkt, ist seit den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs unstreitig und wurde in der Folgezeit durch den Bundesgerichtshof (Urt. v. 18.11.2010) sowie durch das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 24.11.2010) ausdrücklich ebenfalls bestätigt.

Der gemeinschaftsrechtliche Anwendungsvorrang gilt unmittelbar und entsprechende deutsche Gerichtsentscheidungen haben lediglich deklaratorische Bedeutung.

Hinzuweisen ist des Weiteren darauf, dass der Europäische Gerichtshof durchgehend davon spricht, dass die Regelungen nicht mehr anzuwenden sind und gerade nicht danach differenziert, auf wen sie nicht mehr angewandt werden dürfen.

Ferner sei darauf hingewiesen, dass der Europäische Gerichtshof mit seinen Urteilen explizit klargestellt hat, dass aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts eine nationale Regelung, die mit der Niederlassungs- und/oder Dienstleistungsfreiheit unvereinbar ist, weil sie die Wetttätigkeit nicht in kohärenter und systematischer Weise beschränkt, nicht weiter angewandt werden darf, nicht einmal für eine Übergangszeit (vgl. dazu insb. Rs. C-409/06, Rn 69).

Das Anwendungsverbot gilt absolut!

Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) rechtswidrig


Das Bundesministerium für Gesundheit schreibt zur Glücksspielsucht

Die Entscheidungen des EuGH zum deutschen Glücksspielstaatsvertrag

Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Glücksspielstaatsvertrag aus dem September 2010 sind ein Sieg für Spielerschutz und Suchtprävention im Glücksspielbereich.
Der EuGH hat nicht das Monopol, das von vielen Experten als wirksamer Schutz zur Vorbeugung von Glücksspielsucht angesehen wird, abgeschafft – er hat vielmehr den Spielerschutz generell, das heißt für alle Bereiche des Glücksspiels gestärkt.

Die Urteile des EuGH zum Glücksspiel im September 2010 betrafen den Bereich der monopolisierten Sportwetten, aus den Entscheidungen ergeben sich aber auch wichtige Aussagen für die Gestaltung des Glücksspielbereichs im Allgemeinen.

Der EuGH bestätigt in diesen Urteilen seine Rechtsprechung, dass die Mitgliedstaaten im Glücksspielbereich frei sind, selbst über Regelungsmodelle (z. B. Monopol oder Konzessionssystem) und deren Ausgestaltung zu entscheiden. Insbesondere sei es auch nicht schädlich, wenn ein Bereich (z. B. Lotterien und Sportwetten) im Monopol bleiben, andere Bereiche (z. B. das Automatenspiel) aber anders geregelt sind. Allerdings betont der Gerichtshof, dass in diesen Fällen eine kohärente (d. h. widerspruchsfreie) und systematische Politik verfolgt werden müsse. Ein Mitgliedstaat muss deshalb das Ziel der Suchtvorbeugung und des Spielerschutzes in allen Glücksspielbereichen gleichermaßen, also widerspruchsfrei verfolgen.
Dies bedeutet, zum einen, dass die Regelungen innerhalb eines Glücksspielsegments widerspruchsfrei sein müssen. So muss beispielsweise bei den Lottospielen die Werbung darauf begrenzt bleiben, die Spieler auf diese monopolisierten Spiele zu lenken und darf nicht darauf abzielen, den Spieltrieb zu fördern oder zu stimulieren.
Zum anderen muss auch zwischen den verschiedenen Glücksspielsegmenten ein widerspruchsfreier (kohärenter) Spielerschutz sichergestellt sein. Deshalb dürfen beispielsweise Glücksspiele mit höherem Suchtpotential (wie Automatenspiele) nicht schlechteren Spielerschutz aufweisen als Spiele mit geringem Suchtpotential. Der Gerichtshof verlangt also vom deutschen Gesetzgeber, dass vergleichbarer Spielerschutz in allen Glücksspielsegmenten sichergestellt ist. Nur wenn dies der Fall ist, ist es in Deutschland möglich, über die Ausgestaltung der einzelnen Glücksspielbereich z. B. durch Monopol, durch Konzession oder durch schlichte Genehmigung zu entscheiden. Der Gerichtshof verbindet das Schicksal der Monopolglücksspiele damit mit dem Schicksal der anderen Glücksspielbereiche, insbesondere dem gewerblichen Automatenspiel. Der Spielerschutz im einen Bereich kann nicht ohne den Spielerschutz im anderen Bereich geregelt werden. Quelle

AG Werl: Betrieb von Magic Games Geräten nicht grundsätzlich unzulässig

Mit Urteil vom 25. Juni 2010 hat das AG Werl (4 C 661/09) eine Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gegen die Betreiberin eines Wettbüros in Nordrhein-Westfalen abgewiesen, wobei die Betreiberin des Wettbüros durch die Kanzlei des Unterzeichners vertreten worden ist.

Die Klägerin des Verfahrens hatte die Auffassung vertreten, Geräte des Typs Magic Games würden gegen § 6 a SpielV verstoßen, so dass die Aufstellung derartiger Geräte unzulässig sei. Nachdem die Betreiberin des Wettbüros zunächst eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, in der sie sich verpflichtete, keine Unterhaltungsgeräte ohne Geldgewinnmöglichkeit in der Form zu betreiben, dass mehr als sechs Freispiele gewonnen werden könnten und derartige Unterhaltungsgeräte aufzustellen, forderte die Klägerin des Verfahrens von der Beklagten nach nochmaliger Überprüfung der Geräte und einem angeblichen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung ein Entgelt von 4.000,00 € nebst Zinsen.

Dieser Zahlungsanspruch der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs wurde in dem hier streitgegenständlichen Verfahren durch das AG Werl zurückgewiesen.

In seiner Urteilsbegründung hat das Amtsgericht insbesondere klargestellt, dass ein Verstoß gegen eine derartige Unterlassungserklärung einzig darin liegen könne, dass das unstreitig in der Betriebsstätte aufgestellte Gerät der Marke Magic Games gegen § 6 a SpielV verstoße. Genau dies konnte das Gericht aber nicht feststellen, weil zwingend weitere Voraussetzung für einen solchen Verstoß ist, dass auch mehr als sechs Freispiele gewonnen werden können. Die in diesem Verfahren durchgeführte Beweisaufnahme ergab gerade nicht, dass der von der Wettbewerbszentrale eingeschaltete Zeuge konkret feststellen konnte, dass er an diesem Gerät mehr als sechs Freispiele gewinnen konnte. Es war unstreitig so, dass ein Highscore-Update durch den Automatenaufsteller auf dem Magic Games-Gerät installiert worden war. Dies stellte aber nach Auffassung des Gerichts gerade keinen Verstoß gegen die Spielverordnung dar. Entsprechend hatte in einem ähnlichen Verfahren das OVG Münster bereits vor einigen Jahren deutlich gemacht, dass Geräte mit der Installation eines entsprechenden Highscore-Updates grundsätzlich nicht unzulässig sind und damit auch keinen Verstoß gegen die Spielverordnung darstellen. Insgesamt lässt sich der Entscheidung eindeutig entnehmen, dass der Betrieb von Unterhaltungsgeräten (wie z. B. Magic Games Geräten) auch nach Inkrafttreten der Spielverordnung im Jahre 2006 nicht grundsätzlich unzulässig geworden ist, sondern die Unzulässigkeit nur dann besteht, wenn nachweisbar mehr als sechs Freispiele gewährt werden.

Diese Entscheidung, die insoweit zu Gunsten eines Aufstellers derartiger Geräte durch unsere Kanzlei erzielt worden ist, wurde rechtskräftig. Die Angelegenheit konnte damit zu Gunsten des Wettbürobetreibers erfolgreich zu Ende geführt werden.

Aus diesem Verfahren wird insbesondere deutlich, dass nicht der Betrieb eines jeden Unterhaltungsgerätes grundsätzlich schon einen Verstoß gegen § 6 a SpielV darstellen kann, wie von einer Vielzahl von Behörden behauptet. Würde man § 6 a SpielV derart extrem umfassend interpretieren, so würden sogar handelsübliche Flipper unter diese Norm fallen. Gegen eine solche Auslegung sprechen aber gewichtige Gründe. Es gibt unterschiedlichste Unterhaltungsspielgeräte, bei denen es sich eben nicht um Geldgewinnspielgeräte handelt und die daher auch nicht ohne Weiteres unter § 6 a SpielV gefasst werden können. Im Übrigen ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung in § 6 a SpielV ausdrücklich, dass die Gewährung von Freispielen zulässig ist, wenn sie ausschließlich in unmittelbarem zeitlichen Anschluss an das entgeltliche Spiel abgespielt werden und nicht mehr als sechs Freispiele gewonnen werden können.

Aus dem Sinn und Zweck der Norm ergibt sich also, dass ein Verstoß gegen diese Norm der Spielverordnung nur dann vorliegen kann, wenn Spielgeräte eingesetzt werden, die keine Bauartzulassung oder Erlaubnis besitzen, dort unberechtigte Gewinnauszahlungen erfolgen oder aber mehr als sechs Freispiele gewonnen werden können.

Anzumerken ist hierzu allerdings ergänzend, dass die Norm aus Sicht des Unterzeichners nicht ausreichend bestimmt ist, da sich aus der Norm gerade nicht ergibt, für welchen Zeitraum die Regelung gelten soll, dass nicht mehr als sechs Freispiele gewonnen werden können. Hier würde sich die Frage stellen, ob dies pro Minute, pro Stunde oder pro Tag gilt oder auch wie oft nach etwaigen Unterbrechungen des Spiels neuerlich sechs Freispiele gewonnen werden dürfen. All diese Fragen lässt die Norm bezüglich der Begrenzung auf sechs Freispiele völlig offen, so dass nach unserer Auffassung festzuhalten sein dürfte, dass die gesetzliche Regelung in diesem Punkt schlichtweg zu unbestimmt ist.

Kontakt:
Rechtsanwaltskanzlei Bongers
Rechtsanwalt Guido Bongers
Ludwigstr. 12
D - 61348 Bad Homburg

Holland will Online-Poker legalisieren

In Holland gibt es Grund zum Feiern: Die neue Regierung will Online-Poker legalisieren.

Wie u.a. die Nachrichtenagentur Reuters bekannt gab, beabsichtigt die neue holländische Regierung Online-Glücksspiele zu legalisieren. Ähnlich wie in Frankreich, Italien, Österreich, Schweden oder Großbritannien scheint nun auch hier in gewisser Weise Vernunft einzukehren.


Spielverhalten von Onlinepoker- Spieleridentitäten

Eine Studie am Fachbereich Betriebswirtschaftslehre der Universität Hamburg bietet erstmals verlässliche Daten über den Markt für Onlinepoker. Für die von der Freien und Hansestadt Hamburg geförderte Studie "Der Markt für Onlinepoker: Spielerherkunft und Spielerverhalten" wurden die Herkunft und das Spielverhalten von 4,6 Millionen Spieleridentitäten über 6 Monate aufgezeichnet.

Weltweit spielen 6 Millionen Spieler Poker um Echtgeld im Internet und verlieren dabei 3,6 Mrd. USD an den virtuellen Tischen. Dabei sind Glücksspiele im Internet in vielen Ländern verboten – auch in Deutschland. Dennoch bildet Deutschland den zweitgrößten Markt für Onlinepoker: 581.350 Spieler verlieren insgesamt brutto 378 Mio. USD pro Jahr an ausländische Anbieter. Die Deutschen weisen auch ein überdurchschnittliches Spielvolumen pro Kopf auf: Sie verlieren pro Kopf 650 USD an die Anbieter (im Vergleich zu 596 USD im gesamten Markt).

Die Spielerverluste an die Anbieter sind hochkonzentriert: Der Großteil der Spieler spielt moderat und 50% der Spieler verlieren 19,1 USD oder weniger pro Jahr. Nur 1% der Spieler sind hingegen für über die Hälfte (57% in Deutschland) der Spielerverluste verantwortlich. Die Veranstalter verdienen demnach den Großteil ihrer Einnahmen mit der Gruppe der exzessiven Spieler. Zu dieser Gruppe gehören sowohl die Süchtigen als auch die professionellen Spieler. Die professionellen Spieler überkompensieren ihre Verluste an die Veranstalter durch Gewinne von ungeübten Freizeitspielern. Es wird gezeigt, dass Onlinepoker zwar für die professionellen Spieler ein Geschicklichkeitsspiel ist, der durchschnittliche Spieler jedoch an einem Glücksspiel teilnimmt.

Quelle: BaBerlin.de

update: 15.06.2011

Die Urteile der Gerichte zeigen, wie schizophren unser bestehendes Glücksspielrecht ist!

Hans-Jörn Arp und Wolfgang Kubicki: Die Urteile der Gerichte zeigen, wie schizophren unser bestehendes Glücksspielrecht ist!

Angesichts der gestern bekannt gewordenen Urteile des Oberverwaltungsgerichts Münster in Nordrhein-Westfalen und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes haben der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Hans-Jörn Arp, und der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki, auf die Schizophrenie des aktuellen deutschen Glücksspielrechts hingewiesen.

Hintergrund: Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte gestern in mehreren Eilverfahren (Az.: 4 B 48/11 und andere) entschieden, dass die Ordnungsbehörden in NRW auf der Grundlage des geltenden Glücksspielstaatsvertrages weiterhin gegen private Wettbüros vorgehen können. Der Münchener Verwaltungsgerichtshof hatte am 21. März 2011 entschieden, aufgrund der Unvereinbarkeit des bislang geltenden Glücksspielstaatsvertrages mit europäischem Recht dürfte privaten Sportwettenanbietern der Zugang zum deutschen Markt nicht mehr ohne weiteres verwehrt werden.

"Das sind nur zwei von mittlerweile vielen Entscheidungen der deutschen Gerichte, die die mit dem geltenden Glücksspielrecht angerichtete völlige Verwirrung deutlich machen. Mittlerweile beschädigt dieses Chaos das Ansehen Deutschlands als Rechtsstaat", erklärte dazu Hans-Jörn Arp (CDU). Besonders bitter sei für ihn, dass er vor genau dieser Entwicklung lange vor dem Inkrafttreten des geltenden Vertrages vergeblich gewarnt habe.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki warnte angesichts der laufenden Verhandlungen über eine Novellierung vor einer erneuten Blamage des Rechtsstaates: "Dieses Mal darf es keine Versuche geben, das Recht zu Gunsten eines staatlich beauftragten Monopols zu verbiegen. Das ist krachend gescheitert: Sowohl in der Praxis, weil keine wirksame Suchtbekämpfung durchgesetzt wird, als auch vor den Gerichten. Der schleswig-holsteinische Vorschlag zeigt den Weg auf, wie ein staatliches Veranstaltungsmonopol bei Lotterien und ein konzessioniertes Sportwettenangebot unter strengen staatlichen Auflagen zum Spielerschutz rechtssicher ausgestaltet werden können", so Kubicki.

Beide zeigten sich nach der letzten Verhandlungsrunde der Ministerpräsidenten überzeugt, dass der neue Glücksspielstaatsvertrag die bestehenden Probleme schnell lösen werde: "Einer anderen Regelung werden wir auch nicht zustimmen", so Arp und Kubicki abschließend.

Quelle: FDP Landtagsfraktion und CDU Fraktion Schleswig-Holsteinischen Landtag 24.03.2011 18:42

Mark-Oliver Potzahr: Glücksspielsucht muss effektiv bekämpft werden

Anlässlich der heutigen Landtagsdebatte über die Auswirkungen der Liberalisierung des Glücksspiels auf das Suchtverhalten erklärte der drogenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Mark-Oliver Potzahr:

"Für die CDU geht es um besseren Spielerschutz und bessere Prävention. Wer sich einmal klar gemacht hat, welche Probleme ein süchtiger Spieler nicht nur sich selbst macht, sondern vor allem seiner Familie, Freunden und auch welchen Schaden er für die Allgemeinheit verursacht, der kann nur dafür plädieren, einen effektiven Schutz und effektive Hilfsangebote zur Verfügung zu stellen.

Wir wollen mit der Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrages Schleswig-Holstein nicht zum Las Vegas des Nordens machen, sondern von illegalen Angeboten im Internet zu geregelten Zuständen zurückkehren, in denen wir dann auch dem Schutzauftrag effektiv nachkommen können. Ein Konzessionsmodell, das Kriterien festlegt, den Anbietern Pflichten auferlegt, den Jugendschutz gewährleistet und Spielerschutz verbessert erscheint mir auch im Lichte des Berichts verantwortbar und zielführend.

Dabei dürfen wir nicht die Augen davor verschließen, dass zumindest die Zahlen festgestellten problematischen Glücksspielens steigen. Dieses erkennen wir in den Suchtberatungsstellen, in den Fachstellen wie auch in den Behandlungsstatistiken. Diese Steigerung vollzieht sich aber vor allem beim Automatenspiel in Spielhallen, also mit Glücksspiel, das offiziell gar kein solches ist und deswegen vom Glücksspielstaatsvertrag auch nicht geregelt ist. Hier besteht Handlungsbedarf, wenn auch nicht in Landeszuständigkeit.

Quelle: CDU Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag 24.03.2011 18:20

Mittwoch, 23. März 2011

BayVGH Grundsatz-Entscheidung

Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH)
Pressemitteilung
Staatliches Sportwettenmonopol genügt derzeit nicht den unionsrechtlichen Anforderungen weiterlesen

Gericht: Anbieten privater Sportwetten in Bayern erlaubt
München (dpa/lby) - In einer Grundsatz-Entscheidung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in München das kommerzielle Anbieten privater Sportwetten für zulässig erklärt. Das staatliche Sportwettenmonopol in Deutschland genüge nicht den EU-rechtlichen Anforderungen, entschied der 10. Gerichtssenat in einer am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung. mehr
Allerdings lehnte der BayVGH die Aussetzung einer Untersagungsverfügung ab, weil der Anbieter keine formelle Erlaubnis eingeholt hatte.
update am Ende

Demgegenüber führte das VG Minden in seinem Urteil insbesondere aus, dass die angefochtene Untersagungsverfügung nicht auf die Nichterfüllung der Erlaubnispflicht und damit auf § 9 Abs. 1 Satz 3 des Glücksspielstaatsvertrages gestützt werden kann. Auch die normierte Erlaubnispflicht verstoße gegen höherrangiges Recht und sei namentlich nicht mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der europäischen Union vereinbar.
Das bloße Fehlen einer Erlaubnis kann nicht zur Begründung einer Untersagungsverfügung herangezogen werden, gerade schon deshalb nicht, weil es für den betreffenden Sportwettvermittler gar keine rechtliche Möglichkeit gibt, eine solche Erlaubnis zu erlangen. Dies ergäbe sich insbesondere auch aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010. vgl. VG Minden (3 L 473/09) v. 05.10.09

VG Hamburg (Az. 4 K 350/08) Staatliches Sportwettenmonopol nicht erforderlich und daher rechtswidrig
Die Untersagungsverfügung könne nicht auf das bloße Fehlen einer Erlaubnis für das Vermitteln von Sportwetten gestützt werden. Die "formelle Illegalität" dürfe nicht herangezogen werden, wenn gar nicht die Möglichkeit bestehe, eine Erlaubnis zu erhalten und diese im Widerspruch zu höherrangigem Recht stehe (S. 14). Das staatliche Sportwettenmonopol verstoße gegen die Dienstleistungsfreiheit und sei in der Folge des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht anwendbar (S. 15).
Im Folgenden betont das VG Hamburg noch einmal, dass das bloße Fehlen einer Erlaubnis weder dem Anbieter noch dem Vermittler entgegengehalten werden könne, solange in europarechtswidriger Weise privaten Anbietern keine Erlaubnis ausgestellt werde (S. 27). Aus diesem Grund sei auch keine Strafbarkeit nach § 284 StGB gegeben (S. 35).

So auch das VG Bremen: Das Gericht entscheidet weiter, dass die Regelung zum Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV ("formelle Illegalität") gegen die unionsrechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit verstößt (S. 17 ff. und 27 ff.). Hier sind die Ausführungen zu den Urteilsbegründungen der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010, 8 C 13.09, 8 C 14.09 und 8 C 15.09 von aktuell großer Bedeutung.

Höchtsrichterlich entschied das BVerwG (8 C 2.10) am 1. Juni 2011, daß Untersagungsverfügungen nicht pauschal auf eine fehlende Erlaubnis gestützt werden können und eine Untersagung nicht unabhängig von der Wirksamkeit des Wettmonopols rechtmäßig sein kann. Ein insoweit gegebener Verfassungs- und/oder Gemeinschaftsrechtsverstoß führt zur Rechtswidrigkeit der Verfügung. Zum anderen kämen im Zweifel zunächst Nebenbestimmungen in Betracht.

Die Behörde und auch der VGH Baden-Württemberg waren davon ausgegangen, dass die Klägerin keine Erlaubnis habe, sie gleichzeitig aber auch keine solche Erlaubnis erhalten könne. Im Rahmen des Verfahrens hat die Behörde dann vorgetragen, dass trotz etwaiger Gemeinschaftswidrigkeit des Wettmonopols jedenfalls keine Erlaubnis bei der Klägerin vorliege und die Erlaubnisvorbehaltsnorm des § 4 Glückspielstaatsvertrag weiter Anwendung finden müsse.

Dieser Argumentation hat das Bundesverwaltungsgericht deshalb eine Absage erteilt, weil es nach 114 VwGO zwar möglich ist, eine Ergänzung von Ermessenserwägungen vorzunehmen, nicht aber die Gründe auszutauschen, also die Ermessenserwägung auf eine ganz andere Grundlage zu stellen.
- weitere aktuelle Entscheidungen s.u. -

Auszug aus dem Beitrag (TIME LAW NEWS 4/2010) von Univ.-Prof. Dr. iur. Christian Koenig LL.M. (LSE), dem unter „Unmittelbare Urteilswirkungen im Hinblick auf die Zulassungsvorschriften des GlüStV“, entnommen werden kann, daß ab der Urteilsverkündung (EuGH vom 08.09.2010)
die Pflicht der zuständigen Aufsichtsbehörden zur unmittelbaren Nichtanwendung der unionsrechtswidrigen Zulassungs- und Sanktionsvorschriften des GlüStV besteht.
Alle mitgliedstaatlichen Organe sind verpflichtet, den Anwendungsvorrang des Unionsrechts praktisch wirksam ("effet utile") in vollem Umfang zu realisieren. Mithin darf eine Zulassung der bisher unionsrechtswidrig ausgeschlossenen Anbieter seit der Urteilsverkündung am 8. September 2010 nicht mehr von einer entsprechenden Liberalisierungsnovelle des GlüStV abhängig gemacht werden. Vielmehr sind die unionsrechtswidrigen Zulassungs- und Sanktionsvorschriften des GlüStV nicht mehr anzuwenden.

Die Mitgliedstaaten müssen grundsätzlich zur Rechtfertigung von Beschränkungen der Vertragsfreiheiten bei der Ermittlung von Gefahren eine Risikobewertung auf der Grundlage der zuverlässigsten wissenschaftlichen Informationen und Daten vornehmen. Diese strenge, wissenschaftlich zu fundierende mitgliedstaatliche Rechtfertigungsobliegenheit, deren Erfüllung die Prüfung der tatsächlichen Geeignetheit und Erforderlichkeit zur Zielverfolgung sowie der regulatorischen Kohärenz voraussetzt, gilt beim Online-Verbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV umso mehr, als mit Verkündung der Urteile am 8. September 2010 feststeht, dass der staatliche Monopolvorbehalt beim stationären (offline) Glückspielbetrieb in der regulatorischen Gestaltung des GlüStV unionsrechtswidrig ist.

Bis zu einer Rücknahme der unionsrechtswidrig verliehenen Altkonzessionen und anschließenden transparenten, diskriminierungsfreien und wettbewerbsoffenen Konzessionsneuverteilung müssen die deutschen Behörden "in jedem Fall" die Mindestschutzvorgabe der Placanica-Entscheidung des Gerichtshofs beachten:
Gegenüber unionsrechtswidrig von einer Zulassung ausgeschlossenen Anbietern darf der "Umstand, dass sie keine Konzession besitzen, nicht zum Anlass für die Verhängung einer Sanktion gegen sie genommen werden."
(EuGH, Placanica, verb. Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04, Slg. 2007, S. I-1932, Rz. 63)

Die Aufsichtsbehörden der Länder dürfen gegen nicht zugelassene Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten, deren Angebot in Deutschland die nicht zulassungsgebundenen Rechts- und Schutzvorschriften einhält, keine – auf die fehlende Zulassung gestützten – Sanktionen, wie insbesondere sofort vollziehbare Untersagungsverfügungen, erlassen. Viel klarer als noch zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung in der Rechtssache Placanica im Jahr 2007 muss nun mit Verkündung der Urteile am 8. September 2010 von der Unionsrechtswidrigkeit des Zulassungsausschlusses ausgegangen werden. Damit wird das Placanica-Gebot des unmittelbaren und praktisch wirksamen Sanktionsschutzes für unionsrechtswidrig von einer Zulassung ausgeschlossene Anbieter mit der Urteilsverkündung am 8. September 2010 erheblich verstärkt.
Verhängen Landesbehörden dem widersprechende Sanktionen, wie insbesondere sofort vollziehbare Untersagungsverfügungen, so verstoßen sie offenkundig und erheblich, also "hinreichend qualifiziert", gegen ihre – subjektiv gerade die Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten schützende – unionsrechtliche Verpflichtung und setzen sich damit der unionsrechtlichen Staatshaftung aus.
weiterlesen

Mehr zum Gleichheitsgrundsatz, zur Inländergleichbehandlung und den Gemeinschaftsgrundrechten weiterlesen

Verwaltungsrecht:
§ 44 Abs. 1 Nr. 8 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und die entsprechenden Verwaltungsverfahrensgesetze der Bundesländer sehen vor, dass ein Verwaltungsakt, der gegen die guten Sitten verstößt, nichtig ist. Er entfaltet insofern von Anfang an keine Rechtswirkungen und muss daher auch nicht im Widerspruchsverfahren angefochten werden.

Gewinn- und Glückspielrecht

Was Anbieter von privaten Sportwetten beachten sollten

EU überprüft Online-Glücksspiele
Brüssel (dpa) - Die EU-Kommission will Glücksspiele im Internet genauer unter die Lupe nehmen. In einer öffentlichen Anhörung will die Brüsseler Behörde herausfinden, wie Gebühren in dem Onlinesektor erhoben werden können und Kriminellen das Handwerk gelegt werden kann. Dies geht aus einem Papier hervor, das die Kommission am Donnerstag vorstellt. Bis zum 31. Juli können Nutzer, Online-Spielbetreiber, Regierungen und andere Organisationen ihre Ansichten vertreten. mehr

Online-Glücksspiele in der EU: reden wir darüber!
IP/11/358
Brüssel, 24. März 2011


Weitere aktuelle Entscheidungen zum Erlaubnisvorbehalt

Gemäß dem GlüStV (1.1.08) ist die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten und Lotterien ausschließlich den staatlichen Anbietern vorbehalten. Dieses staatliche Monopol sperrt deshalb nach der Gesetzeskonzeption von vornherein jegliche Erteilung einer Erlaubnis an Private.

Allerdings ist nicht ersichtlich, dass das staatliche Glücksspielmonopol mit höherrangigem Recht vereinbar wäre.

Der Ansicht, der Glücksspielstaatsvertrag sehe einen allgemeinen Erlaubnisvorbehalt auch unabhängig vom staatlichen Monopol vor, verkennt nämlich, dass der Erlaubnisvorbehalt gerade der Sicherung des staatlichen Monopols dient (vgl. VG Gelsenkirchen, a.a.O., Rn 78). Der Gesetzgeber hat sich bei der Neuregelung des öffentlichen Glücksspiels bewusst für die Beibehaltung eines Monopols entschieden. So haben alle Bundesländer von der Ermächtigung zur Errichtung eines solchen Monopols gem. § 10 Abs. 2 GlüStV Gebrauch gemacht.

AG Obernburg a. M. durch Beschluss vom 5. April 2011 (1 Ds 109 Js 10150/09)
Sodann führt das Gericht aus, dass die Erlaubnisvorbehaltsnorm des § 4 GlückStV für den Bereich der Sportwetten und Lotterien in Deutschland derzeit nicht angewandt werden kann, da das Glücksspielmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoße.

LG Bamberg (Az. 1 Qs 33/2011)
"Als Ziel des Glücksspielstaatsvertrages zitiert das Landgericht § 1 GlüStV. Demnach sei das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht entschieden, dass die Regelung zum Erlaubnisvorbehalt des § 4 GlüStV entsprechend der Auffassung des Amtsgerichts "und der vordringenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung (nunmehr auch in Fischer, Kommentar zum StGB 58. Auflage 2011, § 284 Rn. 2, 16a) gegen das Europäische Gemeinschaftsrecht (Art. 49, 56 EUV), das den Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts parallel läuft", verstößt (S. 4)."

LG Bochum verneint Verbotsgesetzcharakter des § 284 StGB
Ausdrücklich erklärt das Gericht:
"§ 4 GlüStV i.V.m. dem Landesgesetz kann jedoch weder für sich genommen noch über die Strafvorschrift des § 284 StGB ein Verbotsgesetz gem. § 134 BGB begründen, da die hier maßgebliche Erlaubnispflicht von Sportwetten in Wettbüros – wie von dem Beklagten als Wettvermittler für die Klägerin betrieben –nach dem Glückspielstaatsvertrag gegen europäisches Recht verstößt und damit unwirksam ist."

AG Essen spricht Sportwettenvermittler vom Vorwurf des unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels gem. § 284 StGB aus Rechtsgründen frei
In seiner mündlichen Urteilsbegründung lies das Gericht erkennen, dass auf Grundlage der Entscheidungen des EuGH vom 08.09.2010 die derzeitigen Regelungen des Glückspielstaatsvertrages europarechtswidrig seien, was auch zu einer Unanwendbarkeit des Erlaubnisvorbehaltes des § 4 Abs.1 GlüStV führe.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg spricht Pokerturnierveranstalter vom Vorwurf des § 284 StGB frei

Berufungskammer des Landgerichts Berlin spricht Sportwettvermittler vom Tatvorwurf des § 284 StGB frei.
Das Gericht hat in seiner Urteilsbegründung insbesondere darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH und zahlreicher Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte erhebliche europarechtliche Bedenken an der Gemeinschaftskonformität des Glücksspielstaatsvertrages bestünden.

BGH: In der mündlichen Verhandlung am 22.07.2010 hatten die obersten Bundesrichter Zweifel geäußert, ob die Strafnormen der §§ 284, 287 StGB im Lichte der verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Rechtsprechung als hinreichend bestimmt angesehen werden können. Rn 30 ff. Eine Strafbarkeit könne nicht von der Würdigung tatsächlichen Verhaltens staatlicher Glückspielanbieter abhängig gemacht werden. BGH, Urteile vom 22. Juli 2010 Az.: I ZR 163/07, I ZR 170/07; Urteile vom 18. November 2010 Az: I ZR 156/07, I ZR 159/07, I ZR 165/07, I ZR 168/07, I ZR 171/07

VG Stuttgart (Az. 4 K 3645/10 u.a.) Untersagungen können nicht auf den Erlaubnisvorbehalt gestützt werden.
Denn aufgrund der Rechtswidrigkeit des Monopols seien auch die Erlaubnisregelungen nicht im Strafrecht anwendbar. "Andernfalls würde über den Weg des Strafrechts ermöglicht, eine unionsrechtswidrig in Grundrechte (Art. 12 GG) und Grundfreiheiten (Art. 49 bzw. 56 AEUV) eingreifende Monopolstruktur vorläufig aufrechtzuerhalten" (S. 13 des Urteils).

VG Aachen 17. Juni 2011 (Az. 6 L 495/10 u.a.)
"der derzeit bestehende Erlaubnisvorbehalt widerspricht nach Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck des Staatsvertrages sowie der umzusetzenden Vorschriften des GlüStV AG NRW höherrangigem Recht. Der Erlaubnisvorbehalt ist vom Gesetzgeber eingesetzt worden, um das Monopol konkret auszugestalten und abzusichern. Die getroffene Monopolregelung dient insbesondere nicht einer Kontrolle des Veranstalters oder Vermittlers, sonder beschränkt den Kreis der potentiellen Veranstalter und bewirkt, dass die besonderen Zulassungskriterien und Zuverlässigkeitsprüfungen nur auf diesen beschränkten Teil Anwendung finden können. Insgesamt ist der Erlaubnisvorbehalt damit Teil eines einheitlichen Regelungsziels und für die gewählte gesetzliche Regelung zwingend erforderlich und somit nicht losgelöst vom staatlichen Sportwettenmonopol mit Gemeinschaftsrecht zu vereinbaren"

VG Köln Urteil vom 24.03.2011 (1 K 4589/07)
Aus dem unbeschränkten Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts folgert das Verwaltungsgericht zutreffend die Unanwendbarkeit der Monopolregelungen. Diese schlage unmittelbar auf den in § 4 Abs. 1 GlüStV statuierten Erlaubnisvorbehalt durch, da das gemeinschaftsrechtwidrige Monopol und die Erlaubnispflicht nicht isoliert betrachtet werden könnten. Letztere sei vom Gesetzgeber gerade als Mittel eingesetzt worden, um das Monopol konkret auszugestalten und abzusichern. Monopol und Erlaubnisvorbehalt seinen daher untrennbar miteinander verknüpft und in ihrer derzeitigen Fassung in gleicher Weise unanwendbar, woraus letztendlich die Erlaubnisfreiheit der privaten Sportwettvermittlung folge.

VG Köln stellte (u.a. 1 K 3288/07) fest, dass im maßgeblichen Beurteilungszeitraum bis zum 31. Dezember 2007 die untersagte Tätigkeit nicht gegen § 14 Abs. 1 OBG verstoßen habe, weil es sich gerade nicht um unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 284 StGB gehandelt habe. Das staatliche Sportwettenmonopol habe im Übergangszeitraum den Anforderungen des Europarechts schon in formeller Hinsicht nicht genügt.

VG Köln (1 K 3293/07, 1 K 3356/07 und 1 K 3497/06)
Verbot auch auf der Grundlage des aktuell geltenden Glücksspielstaatsvertrages rechtswidrig

Das VG Hamburg (Az: 4 K 22-08) stellte fest, dass ein Erlaubnisvorbehalt als solcher zulässig sein kann, sich im Übrigen aber als erforderlich, verhältnismäßig sowie diskriminierungsfrei erweisen muss. Letzteres ist in Deutschland bis heute jedoch nicht der Fall. Eine Abkopplung des Erlaubnisvorbehalts von dem staatlichen Monopol, dessen Durchsetzung damit ermöglicht werden soll, scheidet danach aus. Vielmehr schlägt die Unverhältnismäßigkeit der deutschen Rechtslage und damit ihre Unionsrechtswidrigkeit zwangsläufig auf das Erlaubniserfordernis durch. (vgl. Az. 4 K 350/08 Aus diesem Grund sei auch keine Strafbarkeit nach § 284 StGB gegeben, S. 35).

VG Potsdam 27.04.2011 (6 K 2126/06): Nichts anderes könne für § 284 StGB oder § 287 StGB gelten. Auch diese Vorschriften seien verwaltungsakzessorisch, so dass man die Betreiber einer Wettannahmestelle auf einen angeblichen Erlaubnisvorbehalt nicht verweisen könne.

Zur Anwendbarkeit des § 284 StGB seit Geltung des Glücksspielstaatsvertrages

VG Halle (Az. 3 A 158/09 HAL) Die Kammer warf die Frage auf, ob es bei Lotterien mit bis zu zwei Ziehungen in der Woche überhaupt eine relevante Suchtgefahr gebe, die einen solchen Eingriff rechtfertigen könne.

VG Gelsenkirchen vom 06.04.2011
VG Gelsenkirchen ( 7 K 3095/09 und 7 K 3716/09)

VG Arnsberg (Az. 1 K 2979/07)

VG Chemnitz (Az. 3 K 448/09) Inkohärenz und Übermaßverbot

LG Wiesbaden: Keine Verhängung von Zwangsgeldern aus unionsrechtswidrigem Urteil

Bereits seit 2006 hält die Europäische Kommission die deutschen Regelungen für europarechtswidrig - Einschlägige Maßnahmen müssen jedoch mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, d. h. notwendig, angemessen und nicht diskriminierend sein.

Schreiben der Kommission vom 04.04.2006 u.a. über die Zulässigkeit des Strafrechts (Auszug)
Die Kommission sieht in der Anwendung des Strafrechts (§ 284 Abs. 1 StGB) eine Beschränkung des Art. 49 EGV.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH gehören wirtschaftliche Interessen und der Schutz der Einnahmen eines Mitgliedstaates nicht zu den in Art 46 EGV genannten Gründen und können keinen zwingenden Grund des Allgemeininteresses bilden, der zur Rechtfertigung einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit oder des feien Dienstleistungsverkehrs berechtigt.
vgl. EuGH Rs C 243/01 Gambelli u.a. Rn 61, und in diesem Sinne Urteile vom 16.07.1998, Rs C 264/96, ICI, Slg. 1998, I-4695, Rn 28 und v. 3.10.2002, Rs C 136/00 Danner, Slg. 2002, I-8147, Rn 56

Staatliche Betreiber versuchen zur Einnahmeerhöhung mit immer neuen Produkten ihren Markt auf neue Verbrauchergruppen auszudehnen (erst 2009 eingestellte Minuten - Jugend-Internet-Lotterie QUICKY, Tageslotterie-KENO, Lotto am Mittwoch, Oddset, Toto, Super 6, Glücksspirale, Sofortlotterie-Rubbellose, BINGO und ab 23.03.2012 der neue Eurojackpot mit einer Gewinnsumme bis 90 Mio €) anstatt einer solchen Ausweitung entgegenzuwirken, wie es in den politischen Zielen der Gesetzesmotive zu § 284 StGB (Deutscher Bundestag, Drucksache 13/8587) nachzulesen ist.

Hierzu führt RA Martin Reeckmann, Regierungsdirektor a.D wie folgt aus:
Die hierbei vom Bundesrat eingenommene Position beinhaltet nichts anderes als das Interesse der Bundesländer an der Aufrechterhaltung der Monopolstellung der landeseigenen Unternehmen im Deutschen Lotto- und Totoblock, das mit der Erweiterung des Sechsten Strafrechtsreformgesetzes unverblümt dem Bundes- und Strafgesetzgeber untergeschoben wurde. Weder der Initiative der Länder noch den nachfolgenden Beratungen in Bundesrat und Bundestag zur Änderung der §§ 284 ff. StGB lagen wissenschaftlich belastbare Erkenntnisse zu Spielsucht oder Kriminalitätsbelastung privater Glücksspielangebote zu Grunde. Es hat auch keine inhaltliche Erörterung von Fragen der Spielsucht stattgefunden. In den Gesetzesmaterialen finden sich keine diesbezüglichen Hinweise oder Belege. Quelle

Die Unionsrechtswidrigkeit führt zur Unanwendbarkeit der §§ 1 ff GlüStV mit der Folge, dass auch die verwaltungsakzessorischen §§ 284 ff StGB unanwendbar sind. (s.o.)

Ebenfalls unanwendbar ist § 9 GlüStV als Rechtsgrundlage für Untersagungsverfügungen, da an das Fehlen einer Erlaubnis, die in unionsrechtswidriger Weise nicht erlangt werden konnte, keine Sanktionen geknüpft werden können, zumal derzeit wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts keine Erlaubnispflicht besteht. Dies darf auch nicht durch eine Heranziehung der subsidiären Vorschriften des Landesstrafrechts (z.B. Art. 7 II BayLStVG i.V.m. § 284 StGB) umgangen werden.

Der rechtliche Teil des Glücksspiels,
Bekämpfung des Glücks- und Falschspiels (mit Fallbeispiel)
Falschspielertricks
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update 12.01.2012:

BayVGH:
Vermittlung privater Sportwetten darf nicht untersagt werden

Mit am Freitag bekanntgewordenen Urteilen hat der Bayerische VGH entschieden, dass zwei Unternehmern die Vermittlung von privaten Sportwetten zu Unrecht untersagt worden ist. Das derzeit noch geltende Glücksspielrecht genüge den europarechtlichen Anforderungen nicht.
(Urt. v. 12. Januar 2012, Az. 10 BV 10.2271 und 10 BV 10.2505). weiterlesen


update: 12.01.2012

Dienstag, 22. März 2011

BGH - Entscheidung zu Zinswetten

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 46/2011

Bundesgerichtshof entscheidet zu Beratungspflichten einer Bank bei Abschluss eines Zinssatz-Swap-Vertrages

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die beklagte Bank der Klägerin - einem mittelständischen Unternehmen - schadensersatzpflichtig ist, weil sie ihre Pflichten bei der Beratung über den Abschluss eines von ihr konstruierten Zinssatz-Swap-Vertrages (CMS Spread Ladder Swap-Vertrag) verletzt hat.

In zwei Beratungsgesprächen am 7. Januar und 15. Februar 2005 empfahl die Beklagte, die davon ausging, dass sich die Differenz (Spread) zwischen dem Zwei-Jahres-Zinssatz und dem Zehn-Jahres-Zinssatz künftig voraussichtlich deutlich ausweiten wird, der Klägerin den Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, den die Parteien am 16. Februar 2005 abschlossen. Danach verpflichtete sich die Beklagte, an die Klägerin aus einem Bezugsbetrag von 2.000.000 € für die Laufzeit von fünf Jahren halbjährlich Zinszahlungen in Höhe eines festen Zinssatzes von 3% p.a. zu erbringen, wohingegen sich die Klägerin verpflichtete, zu denselben Zeitpunkten aus der Bezugssumme im ersten Jahr Zinsen in Höhe von 1,5% p.a. an die Beklagte zu zahlen und danach einen variablen Zinssatz, der mindestens bei 0,0% liegt und sich abhängig von der Entwicklung des "Spreads" zwischen dem 10- und 2-Jahres-Swap-Mittelsatz auf EURIBOR-Basis (CMS10 - CMS 2) nach der Formel "Zinssatz der Vorperiode + 3 x [Strike - (CMS10 - CMS 2)]" berechnet. Die Höhe des "Strike" lag anfänglich bei 1,0% und sank über die Vertragslaufzeit stufenweise auf 0,85%, 0,70% und 0,55% ab. Nach dem am selben Tag zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte wurde die Saldierung der wechselseitigen Zinszahlungen vereinbart, so dass nur die Partei, die zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen den höheren Betrag schuldete, die Differenz zwischen den geschuldeten Beträgen zu zahlen hatte. Eine einseitige Vertragsbeendigung war ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes für beide Parteien erstmals nach dreijähriger Laufzeit und nur gegen Ausgleichszahlung in Höhe des aktuellen Marktwertes des Vertrages möglich. In den beim Beratungsgespräch verwendeten Präsentationsunterlagen hatte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der "Risiken" unter anderem darauf hingewiesen, dass die Klägerin dann, wenn die Zinsdifferenz stark absinkt, höhere Zinszahlungen zu leisten hat als sie empfängt. Das Verlustrisiko der Klägerin bezeichnete die Beklagte als "theoretisch unbegrenzt". Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte der CMS Spread Ladder Swap-Vertrag einen von der Beklagten bewusst einstrukturierten negativen Marktwert in Höhe von ca. 4% der Bezugssumme (ca. 80.000 €), worauf die Beklagte die Klägerin nicht hinwies.

Ab Herbst 2005 nahm die für die Berechnung der Zinszahlungspflicht der Klägerin relevante Zinsdifferenz - entgegen der Prognose der Beklagten - fortlaufend ab, so dass sich der Vertrag nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres für die Klägerin als Verlustgeschäft erwies. Am 26. Januar 2007 wurde das Swapgeschäft gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages durch die Klägerin in Höhe des aktuellen negativen Marktwertes von 566.850 € aufgelöst. Die - unter Anrechnung erhaltener Zinszahlungen - im Wesentlichen auf Rückzahlung von 541.074 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat hiervon abweichend entschieden, dass die Beklagte ihre Beratungspflichten verletzt hat, und dem Zahlungsantrag stattgegeben.

Nach den bisherigen Feststellungen war nicht abschließend zu klären, ob die Beklagte ihrer Pflicht zu einer anlegergerechten Beratung der Klägerin nachgekommen ist. Eine Bank muss bei der Anlageberatung vor Abgabe der Empfehlung die Risikobereitschaft des Anlegers erfragen, es sei denn, diese ist ihr aus einer langjährigen Geschäftsbeziehung oder dem bisherigen Anlageverhalten ihres Kunden bereits bekannt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts entfiel eine dahingehende Erkundigungspflicht der Beklagten nicht allein deshalb, weil an der Beratung auf Seiten der Klägerin deren Prokuristin - eine Diplom-Volkswirtin - teilgenommen hat. Diese berufliche Qualifikation lässt für sich allein weder den Schluss zu, der Anleger habe Kenntnisse über die spezifischen Risiken eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, noch kann aus etwaig vorhandenen Vorkenntnissen des Kunden allein auf dessen Risikobereitschaft geschlossen werden.

Einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur Klärung der noch offenen Risikobereitschaft der Klägerin bedurfte es indessen nicht, weil aus anderen Gründen bereits feststand, dass die Beklagte ihre Beratungspflichten verletzt hat. Bei einem so hochkomplex strukturierten und riskanten Produkt wie dem CMS Spread Ladder Swap-Vertrag sind hinsichtlich der Risikodarstellung des Anlageprodukts hohe Anforderungen an die beratende Bank zu stellen. Dem Kunden muss in verständlicher und nicht verharmlosender Art und Weise insbesondere klar vor Augen geführt werden, dass das für ihn nach oben nicht begrenzte Verlustrisiko nicht nur ein "theoretisches" ist, sondern abhängig von der Entwicklung des "Spreads" real und ruinös sein kann, wohingegen die ihn beratende Bank - abgesehen von den "Hedge-Geschäften" - ihr Verlustrisiko von vornherein eng begrenzt, weil sich durch die Kappung der variablen Zinsen bei 0% keine "negative Zinszahlungspflicht" des Kunden errechnen kann, die die auf 3% p.a. festgeschriebene Zahlungspflicht der Bank erhöhen könnte. Die Aufklärung, die in ihrer Intensität von den Umständen des Einzelfalls abhängt, muss bei einem so hochkomplexen Produkt gewährleisten, dass der Kunde im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissensstand hat wie die ihn beratende Bank, weil ihm nur so eine eigenverantwortliche Entscheidung möglich ist, ob er die ihm angebotene Zinswette annehmen will.

Ob die Beklagte diesen hohen Anforderungen an die Darstellung der Risiken des CMS Spread Ladder Swap-Vertrages gerecht geworden ist, konnte offen bleiben, weil sie ihre Beratungspflicht bereits dadurch verletzt hat, dass sie nicht auf den zum Abschlusszeitpunkt für die Klägerin negativen Marktwert des Vertrages in Höhe von ca. 4% der Bezugssumme (ca. 80.000 €) hingewiesen hat. Der XI. Zivilsenat hat entschieden, dass die Beklagte im Rahmen der von ihr durchgeführten Anlageberatung zu einer dahingehenden Aufklärung verpflichtet gewesen wäre, weil der von ihr bewusst strukturierte negative Marktwert Ausdruck eines schwerwiegenden Interessenkonfliktes ist. Bei der in Rede stehenden Zinswette ist der Gewinn der einen Seite der spiegelbildliche Verlust der anderen Seite. Für die Beklagte als Partnerin der Zinswette erweist sich der "Tausch" (engl. swap) der Zinszahlungen nur dann als günstig, wenn ihre Prognose zur Entwicklung der Zinsdifferenz gerade nicht eintritt und die Klägerin Verlust erleidet. Als Beraterin ist die Beklagte hingegen verpflichtet, die Interessen der Klägerin zu wahren. Diesen Interessenkonflikt hat die Beklagte nicht dadurch gelöst, dass sie ihre Rolle als "Wettgegnerin" der Klägerin nicht für die vertraglich vereinbarte Laufzeit beibehalten hat, sondern ihre Risiken und Chancen des Geschäfts sofort durch "Hedge-Geschäfte" an andere Marktteilnehmer weitergegeben hat. Die weitere Entwicklung des "Spreads" über die Laufzeit des Vertrages konnte der Beklagten nur deshalb gleichgültig sein, weil sie durch diese Gegengeschäfte bereits ihre Kosten gedeckt und ihren Gewinn erzielt hat. Dies hat die Beklagte dadurch ermöglicht, dass sie die Konditionen des Swap-Vertrages bewusst so strukturiert hat, dass der Markt das Risiko, das die Klägerin übernimmt, in Höhe von ca. 4% der Bezugssumme negativ und die Chancen der Beklagten in dieser Höhe positiv bewertete, so dass sie sich diesen Vorteil durch die "Hedge-Geschäfte" abkaufen lassen konnte. Der Pflicht zur Aufklärung über den negativen Anfangswert des Vertrages steht nicht entgegen, dass eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. Der insofern bestehende Interessenkonflikt ist offenkundig. Er ist jedoch dann aufklärungspflichtig, wenn - wie hier - über das reine Gewinnerzielungsinteresse hinaus besondere Umstände hinzutreten. Diese besonderen Umstände bestehen bei der Empfehlung eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages darin, dass die beratende Bank die Risikostruktur des Anlagegeschäfts bewusst zu Lasten des Anlegers gestaltet hat, um unmittelbar im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages das Risiko gewinnbringend verkaufen zu können, das der Kunde aufgrund ihrer Beratungsleistung übernommen hat.

Urteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10

LG Hanau - Urteil vom 4. August 2008 - 9 O 1501/07

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 30. Dezember 2009 - 23 U 175/08

Karlsruhe, den 22. März 2011

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501


Die beratende Bank nahm den Vermögensschaden des Kunden zumindest "billigend" in Kauf, um selbst (Eigengeschäft) davon zu profitieren - mehr zu "Spiel und Wette" mit der Bankberatung

Darf die Bank- und Versicherungsberatung zum Glücksspiel werden? Die BMELV-Studie zeigt auf, dass jährlich 20 bis 30 Milliarden Euro Vermögensschaden durch falsche Finanzberatung entsteht. (Rn 30)

Zins-(Währungs)-Swaps ein Glücksspiel mit nur einem Gewinner?

hochriskante Finanzwetten - Bestechlichkeit, Bilanzfälschung, Untreue

Hat die Deutsche Bank Kunden falsch beraten?
Im Kern geht es um die Frage, ob die Deutsche Bank mit sogenannten Swap-Geschäften wissentlich Kommunen und Mittelständler abkassierte !
Der Gesamtschaden beträgt nach Schätzungen mehr als eine Milliarde Euro.

Städte verzichten auf Millionen - Zweifelhafte Zinsgeschäfte

Deutsche Bank - Zocken auf Zins komm raus
Spread Ladder Swaps gelten als hochriskante Zinswetten, ihre komplizierte Konstruktion kam bislang vor allem den Banken zugute. Anleger hatten oft das Nachsehen. Nun hat der BGH ein Machtwort gesprochen.

Anlageberatung - Hoffnung für glücklose Gemeinden
Viele Städte und Kommunen haben in der Vergangenheit mit Steuergeldern spekuliert. Das ist zwar verboten. Doch die Gemeinden könnten mit einem blauen Auge davonkommen.

Kick-Back-Zahlungen - Wenn die Bank vorsätzlich täuscht
Argument der Richter: Die Sparkasse hatte ihre Beratungspflichten verletzt – und das nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich, wie die Richter deutlich machten (Az. 9 U 129/10).
Dabei hatte zu das frühere Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) bereits im Mai 1997 eine Richtlinie erlassen, wonach Kreditinstitute solche Zahlungen offenlegen mussten (BAnz 1997, S. 6586). Sinngemäß wurden Banken dazu verpflichtet darüber aufzuklären, wenn sie mit Maklern oder anderen eingeschalteten Unternehmen die teilweise Rückzahlung von dem Kunden als Aufwendungsersatz in Rechnung gestellten fremden Kosten an („Kickback-Vereinbarungen“) an sich vereinbart hat. Diese Vorschrift war der Kreissparkasse Tübingen zwar bekannt, sie glaubte jedoch, dass sie für die Empfehlung von Deka-Produkten nicht gelte. Schließlich hatte der Württembergische Giro-und Sparkassenverband das im September 1997 in einem Rundschreiben selbst so formuliert.

Die Richter gingen nämlich noch einen Schritt weiter. Sie sehen auch die Bankvorstände in der Verantwortung: „Bereits die Entscheidung, Provisionsvereinbarungen zu treffen mit darin liegenden Vorsatz, die vereinnahmten Provisionen nicht an den Kunden weiterzugeben, wirft die Frage der Strafbarkeit der Organe der Beklagten (Bank, Anm. d. Red.) auf“, schreiben die Richter. „In Betracht kommt der Tatbestand der Untreue, § 266 StGB, oder des Betruges, § 263 StGB. Wer vor gesetzlich normierten und allgemein anerkannten Regelungen und einer auf der Hand liegenden Problematik die Augen verschließt, handelt – auch ohne Rechtsberater – mindestens bedingt vorsätzlich.“

Banken - Gebühren für jeden Handschlag
Geldabheben: 7,50 Euro. Geld einzahlen: fünf Euro. Kontoauszug nachbestellen: zehn Euro. Es gibt kaum etwas, was Banken sich nicht bezahlen lassen. Rechtens ist diese Praxis nicht immer.

Haftung der Verantwortlichen der Finanzkrise -
Prävention zur Vermeidung einer Wiederholung weiterlesen

Verbraucherzentrale belegt: Kredite werden am Bedarf vorbei
verkauft!

Die Verbraucherzentrale Baden-Wuerttemberg hat 397 Finanzierungsangebote, die ihr von 233 Verbrauchern vorgelegt wurden, ueberprueft: 71 Prozent der Angebote passten nicht zum Bedarf der Verbraucher. "Die beobachteten Maengel in Beratungen zur Eigenheimfinanzierung haben wir bei allen Vertriebsformen festgestellt", kritisiert Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Wuerttemberg die Praxis der Finanzberater von Bausparkassen, Versicherungsgesellschaften, Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Finanzvertrieben.

Die festgestellten Maengel sind vielfaeltig. Oft passten Darlehenssumme und die Laenge der Zinsbindung nicht zur individuellen Situation der Verbraucher. Fehlende Flexibilitaet und eine falsch berechnete monatliche Rate waren weitere Maengel, die im Einzelfall dafuer verantwortlich sein koennen, dass die Finanzierung nicht durchzuhalten ist.

Verbrauchern dient das Eigenheim haeufig als private Altersvorsorge. Finanzberater, Makler und die Baubranche spielen mit den Sorgen der Verbraucher vor Geldentwertung, Euro und Schuldenkrise. "Mangelhafte und verantwortungslose Beratung gefaehrdet so die Altersvorsorge der Verbraucher und kann Verbraucher in den finanziellen Ruin treiben", sagt Nauhauser.

Die Verbraucherzentrale fordert eine einheitliche Regulierung und Kontrolle jeglicher Form von Finanzberatung und Finanzvermittlung. Dies schliesst auch die Immobilienfinanzierung ein. Die geplante Aufsicht der BaFin ueber Anlageberatung ist daher auf Immobilienfinanzierung auszudehnen. Quelle: Verbraucherzentrale Baden-Wuerttemberg

Kreditausfallversicherungen
EU ermittelt gegen deutsche und ausländische Banken

Der Handel mit Kreditausfallversicherungen ist äußerst umstritten. Jetzt beschäftigen sich die EU-Wettbewerbshüter damit. Die Ermittlungen richten sich auch gegen die Deutsche Bank und die Commerzbank.

Die EU wirft den Unternehmen vor, den Markt verbotenerweise so abzuschotten, dass andere Institute und Dienstleister keine Chance haben, ins Geschäft einzusteigen. weiterlesen

Was sind Kreditausfallversicherungen?

update: 29.04.11