Freitag, 7. Januar 2011

BGH: Keine Wettbewerbswidrigkeit von Sportwett-, Lotterie- und Casinospielen während der Übergangszeit

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt hat der Bundesgerichtshof für die verfassungsrechtliche Übergangszeit auch bei Lotterie- und Casinospielen Urteile des Landgerichts und Oberlandesgerichts Köln aufgehoben (BGH, Urteil vom 18.11.2010, I ZR 156/07) und wieder einmal wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklagen von WestLotto abgewiesen (vgl. auch Urteile vom 22.07.2010 - I ZR 163/07 und I ZR 170/07 sowie Urteile vom 18.11.2010 - I ZR 159/07, I ZR 165/07, I ZR 168/07, I ZR 171/07).

Streitgegenständlich war hier das Internetangebot von Sportwetten, Casinospielen und Lotterien der Fa. bwin International Ltd. und anderer internationaler Glücksspielunternehmen in den Jahren 2005 – 2007. WestLotto ist dagegen wettbewerbsrechtlich vorgegangen und hatte beim LG und OLG Köln obsiegt. Der Bundesgerichtshof hob die Verurteilung nun auf und wies die Klage ab. Lediglich in markenrechtlicher Hinsicht hat er zu weiteren Aufklärungen an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Zwar war das Ergebnis vorhersehbar. Dennoch sind die Urteile in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert, obwohl sie nur den Zeitraum der vom Bundesverfassungsgericht im Sportwettenurteil gewährten Übergangsregelung betreffen:

1. Die Urteile vom 18.11.2010 gehen über die Entscheidungen vom 02.12.2009 – I ZR 77/06 – Sportwetten im Internet ZfWG 2010, 257 und vom 14.02.2008 - I ZR 207/05 - BGHZ 175, 238, Rn. 24 – ODDSET deutlich hinaus, weil sie nicht nur Sportwetten betreffen, sondern auch die lotterierechtliche und die spielbankenrechtliche Beurteilung, und diese auch für die sog. Übergangszeit. Anders als bei Sportwetten konnte der BGH insoweit eben nicht auf eine höchstrichterlich vom BVerfG beurteilte Rechtslage – nämlich die bereits bestätigte Verfassungswidrigkeit – zurückgreifen. Er konnte die verfassungsrechtliche Beurteilung aber dahinstehen lassen und die auf das Glücksspielmonopol gestützten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche wegen der Unionsrechtswidrigkeit der Gesetzeslage verwerfen.

2. Für die Zeit bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 verweist der Bundesgerichtshof wie in früheren Entscheidungen zutreffend auf das Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichts, aus dem sich nicht nur die Verfassungswidrigkeit der Rechtslage, sondern mit dieser auch die fehlende Unlauterkeit im Sinne des Wettbewerbsrechts ergibt (siehe schon BGHZ 175, 238 Rn. 15 ff. – ODDSET für Bayern und BGH ZfWG 2010, 275 für Nordrhein-Westfalen).

3. Erstmals musste der BGH für die Rechtslage vor dem Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichts die gleichen Überlegungen auch auf Casinospiele und Lotterien anwenden. Weil sich dies aufdrängt, leitet der BGH unter Hinweis auf die von BVerfG im Sportwettenurteil angesprochene Parallelität der Grundrechte zum Unionsrecht in seiner Auslegung durch den EuGH in Gambelli den fehlenden Lauterkeitsverstoß zutreffend aus der Unionsrechtswidrigkeit der Rechtslage her:

Schon weil die behaupteten Staatsmonopole nicht systematisch und kohärent die Spielgelegenheiten begrenzen und insoweit die gleichen Beurteilungsgrundsätze auch auf Lotterien und Casinospiele Anwendung finden müssen, kommt eine unionsrechtliche Rechtfertigung der Monopolisierung nicht im Ansatz in Betracht. Damit fehlt es selbstredend auch an einem Lauterkeitsverstoß. Hinsichtlich der Lotterien stellt der BGH dabei darauf ab, dass diese keine Besonderheiten aufweisen, die stärkere Beschränkungen des Angebots rechtfertigen könnten als bei Sportwetten. Hinsichtlich der Casinospiele, bei denen es wegen der Zulassung privater Anbieter in vielen Ländern eigentlich kein Staatsmonopol gibt, stellt er auf das offenkundig bestehende Regelungsdefizit ab, weil eine der Einnahmeerzielung dienende expansive staatliche Glücksspielwerbung durch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht verhindert wird und auch sonst eine konsequente und aktive Ausrichtung des Angebots am Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht fehlt.


4. Zugleich rückt der BGH in diesem Zusammenhang zurecht, was Landgericht und OLG bislang ignoriert hatten, nämlich dass es für den Bereich der als Casinospiele bezeichneten Dienstleistungen gar keine Regelung gab, die als Monopol des Staates hätten verstanden werden können (Rn. 36) Westlotto hatte ohne gesetzliche Grundlage und ohne selbst eine Erlaubnis für Sportwetten oder gar für Casinospiele inne zu haben, einfach ein umfassendes Glücksspielmonopol behauptet. Die Kölner Gerichte sind dem unkritisch gefolgt, ohne je eine gesetzliche Grundlage für ein Monopol zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen machen zu können.

5. Bemerkenswert sind sodann auch die Ausführungen des BGH zur rechtlichen Beurteilung in der vom Bundesverfassungsgericht gewährten Übergangszeit. Dass bei Sportwetten nichts anderes als die Unverhältnismäßigkeit des durch ein Monopol bewirkten Eingriffs gelten kann, hatte der 1. Senat bereits mit seinen Urteilen vom 02.12.2009 – I ZR 91/06, Rn. 14 und vom 22.07.2010 - I ZR 170/07 - bestätigt. Mit den jetzt ergangenen Urteilen hat er seine Begründung aber angepasst und erstmals die Urteile des EuGH vom 08.09.2010 mit einbezogen. Er hat ferner seine rechtliche Beurteilung auch insoweit erstmals auf Casinospiele und Lotterien ausgeweitet.

6. Für Sportwetten stellt der BGH für die Übergangszeit wie bisher darauf ab, dass die Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichts keinen den erhöhten Bestimmtheitsanforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG genügenden Maßstab der Lauterkeit des Wettbewerbs darstellt. In einer Vielzahl von wettbewerbs- und strafrechtlichen Verfahren war dies für den Übergangszeitraum bei Instanzgerichten vergeblich geltend gemacht worden. Mit erfreulicher Klarheit verwirft der BGH in diesem Zusammenhang aber auch die von den Blockvertretern verschiedentlich bemühte Idee einer vermeintlich gesetzesgleichen Wirkung der Nichtannahmebeschlüsse des Bundesverfassungsgerichts. Das OLG Köln ließ sich von ihr noch leiten, ohne auf eine gesetzliche Grundlage im BVerfGG oder auch nur auf Rechtsprechung des BVerfG oder wenigstens auf neutrale Kommentarliteratur zurückgreifen zu können.

7. Besonders hervorzuheben sind schließlich und vor allem die unionsrechtlichen Ausführungen zu den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs. Denn der BGH hat diese Passagen als obiter dictum eingefügt. Wie er selbst hervorhebt, kam es darauf für die Übergangszeit nicht an.

Dennoch führt der BGH – im Verhältnis zum Gesamturteil auffallend ausführlich – näher aus, warum aus unionsrechtlicher Sicht "gewichtige Zweifel", an der Vereinbarkeit der Rechtslage mit Europarecht bestünden. Er zitiert umfassend das Carmen Media Urteil, das einen Ausgangssachverhalt unter dem Glücksspielstaatsvertrag betrifft. Schon das fällt auf.

Der BGH hebt ferner hervor, dass für die unionsrechtliche Inkohärenz auch die fehlende Beschränkung der Werbemaßnahmen auf bloße Kanalisierung spreche. Dabei soll man die Formulierung des BGH (Rn. 42) durchaus so verstehen, dass der I Senat selbst die ihm aus jenen und anderen Verfahren und wohl auch aus der offenkundigen Wirklichkeit bestens bekannte einnahmenorientierte aktuelle Werbepraxis der Monopolanbieter unter das Unionsrecht und dessen Auslegung durch den EuGH subsumiert und nicht lediglich den EuGH rezitiert. Der BGH stellt nämlich im Präsens und nicht im Konjunktiv klar, dass schon allein durch die aktuellen Werbemaßnahmen des Staates eine Rechtfertigung des Eingriffs ausscheidet.

Der BGH wird dies in dieser deutlichen Form als obiter dictum getan haben, um keine staatstragenden Mißverständnisse mehr aufkommen zu lassen und wohl deshalb stellt er gegenüber dem OLG Köln auch klar, dass der Senat des OLG Köln die Regelungen für sämtliche Glücksspiele und die tatsächliche Handhabung hätte einbeziehen müssen. Man könnte meinen, dass es der BGH bedauert, hierüber mangels tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheiden zu können. Aus dem Vortrag der Beklagten jedenfalls und aus der hinlänglich bekannten Wirklichkeit ging nämlich für den BGH und die Vorinstanzen bereits hervor, dass die staatliche Praxis seit langem auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist und legitime Ziele nur vorgeschoben werden.

Das alles ist angesichts der unmissverständlichen und klar ausgefallenen Urteile des Europäischen Gerichtshofs zwar keine große Überraschung. Den Blockvertretern sollte es dennoch wieder einmal zu denken geben. Noch immer vertreten diese selbst nach den letzten Urteilen des EuGH mit einem beharrlichen "weiter so" die vermeintliche Vereinbarkeit der geltenden Rechtslage mit Verfassungs- und Europarecht, wobei im September 201o noch offen ausgedrückt wurde, dass die derzeitige Rechtslage und Praxis ein Monopol nicht legitimieren könne. Nach den jetzt ergangenen Urteilen des Bundesgerichtshofs dürfte kaum davon auszugehen sein, dass sie mit einer solchen rechtlichen Beurteilung für die Zeit nach dem Glücksspielstaatsvertrag Gehör finden werden, wenngleich das OLG Köln mit einem Hinweisbeschluss erst jüngst erneut die These vertreten hat, nach den Urteilen des EuGH habe sich nichts geändert. Ob das OLG Köln hieran nach den jüngsten Entscheidungen des BGH, der damit seit 2001 bis zur Übergangszeit kontinuierlich und dezidiert anderer Auffassung war und ist, festhält, muss abgewartet werden, ändert an der Rechtslage freilich nichts. Staatstragende Entscheidungen sind in Sachen Glücksspielmonopol nichts Neues.

Die demonstrative Siegeszuversicht der Blockvertreter steht nicht nur in auffallend starkem Kontrast zur Rechtslage, sondern auch zur Erfahrung der vergangenen Jahre.
Höchstrichterlich ist ihre rechtliche Beurteilung stets als offenkundig falsch widerlegt worden.
Das gilt übrigens nicht nur in wettbewerbsrechtlicher, sondern auch in kartellrechtlicher (BGH, Beschluss vom 14.08.2008, I KZR 54/07, in strafrechtlicher (BGH, Urteil vom 16.08.2007 - 4 StR 62/07), in unionsrechtlicher für die Zeit bis zum 28.04.2006 (BVerfG, Beschluss vom 27.04.2005 – 1 BvR 224/05 -) und in verfassungsrechtlicher Hinsicht (BVerfG, Urteil vom 28.03.2006 – 1 BvR 1054/01). Es gilt ferner insoweit jeweils für die Zeit vor dem Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichts, für die sog. Übergangszeit, die es bei richtiger Betrachtung nur für den Freistaat Bayern gab, und nach den jüngsten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts nun auch für die Zeit nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags.

Es gehört zu den traurigen rechtsstaatlichen Befunden, dass die betroffenen privaten Unternehmen über so viele Jahre bei vielen Obergerichten und den staatlichen Glücksspielunternehmen trotz deren Grundrechtsbindung ungehört geblieben sind, obwohl sie - anders als die Länder, ihre Obergerichte und ihre Lotteriegesellschaften - das Recht stets auf ihrer Seite hatten. Gerade weil sie darin bisher in der Regel erst höchstrichterlich bestätigt worden sind, bleibt zu hoffen, dass zumindest nach den Urteilen des EuGH diesem Missstand abgeholfen wird. Einen rechtsstaatlichen Lichtblick in diesem Sinne bietet die klare Front der unteren Verwaltungsgerichte, die seither in sämtlichen Hauptsacheentscheidungen einhellig Flagge gezeigt haben.

Kontakt:
Redeker Sellner Dahs
Dr. Ronald Reichert
Partner und Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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Bundesgerichtshof weist Klage der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co. OHG gegen Sportwettvermittlungsunternehmen zurück

Der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat mit Urteil vom 02. Dezember 2009, welches erst jetzt mit schriftlicher Begründung zugestellt wurde, auf die Revision eines in den ersten beiden Instanzen durch die Kanzlei Bongers vertretenen Sportwettvermittlungsunternehmens ein zuvor erlassenes (rechtsfehlerhaftes) Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 28. April 2006 aufgehoben und die wettbewerbsrechtliche Klage der Lotteriegesellschaft in NRW gegen das Sportwettvermittlungsunternehmen und deren Geschäftsführung in Köln zurückgewiesen. (Az: BGH I ZR 91/06).

Das Sportwettvermittlungsunternehmen mit Sitz in Köln vermittelte zum Zeitpunkt der Klageerhebung Sportwetten in einer Wettannahmestelle in Köln an ein in Österreich ansässiges Wettveranstaltungsunternehmen. Die Lotteriegesellschaft nahm die Klägerin wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung in Anspruch und warf der Sportwettvermittlungsagentur und deren Geschäftsführung vor, gegen § 284 BGB zu verstoßen.

Sowohl das Landgericht Köln als auch das Oberlandesgericht Köln hatten zunächst der Klage der Lotteriegesellschaft stattgegeben. Diese Entscheidungen sind nun durch das höchste deutsche Zivilgericht aufgehoben worden. Der Bundesgerichtshof hat beide Entscheidungen kassiert und festgestellt, dass der Klägerin des Verfahrens gegen das Sportwettvermittlungsunternehmen gerade kein Anspruch auf Unterlassung nach den §§ 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 284 Abs. 1 und 4 StGB, § 1 Sportwettengesetz NRW, § 3 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag AG NRW zustehe.

Dabei stellt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung auf den Zeitpunkt ab, zu dem der Unterlassungsanspruch erstmals geltend gemacht wurde. Dies war im vorliegenden Fall im März 2005 in der Annahmestelle in Köln.

Der Bundesgerichtshof führt zutreffend aus, dass im Zeitpunkt der Vornahme der vermeintlichen Verletzungshandlung in Nordrhein Westfalen die dort geltenden gesetzlichen Regelungen über die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen gegen nationales Verfassungsrecht und auch gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen haben. Das damalig in Nordrhein-Westfalen und den anderen deutschen Bundesländern errichtete staatliche Wettmonopol habe in seiner gesetzlichen wie auch tatsächlichen Ausgestaltung in dem im Streitfall maßgeblichen Zeitraum unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit privater Wettanbieter eingegriffen und sei deshalb mit Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz unvereinbar. Zugleich habe darin eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gelegen, worauf der Bundesgerichtshof ebenfalls unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ausdrücklich verweist.

Dies gelte nicht nur für die Rechtslage in Bayern, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 für verfassungswidrig erklärt habe, sondern naturgemäß auch für die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen.

Liege ein verfassungswidriger Zustand vor, könne auch § 284 StGB nicht angewandt werden, wobei der Bundesgerichtshof auf eine vom Strafsenat des BGH im Jahre 2007 in einem Strafverfahren dargestellte Auffassung verweist. In dem damaligen Strafverfahren hatte der Unterzeichner einen Sportwettvermittlungsunternehmer aus Saarbrücken aufgrund eines gegen ihn durchgeführten Strafverfahrens vertreten. Der Strafsenat des Bundesgerichtshofes hatte damalig ausgeführt, dass sich der Wettvermittler nicht nur auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen könne, sondern aufgrund der verfassungswidrigen Rechtslage auch eine objektive Anwendbarkeit der Strafnorm nicht gegeben sei.

Insgesamt ist damit festzuhalten, dass es in Deutschland als höchstrichterlich geklärt anzusehen ist, dass für den Zeitraum bis zum 28.03.2006 weder ein strafbares Verhalten noch ein wettbewerbswidriges Verhalten bei der Annahme und Vermittlung von Sportwetten an Unternehmen innerhalb der europäischen Gemeinschaft, die über entsprechende Konzessionen verfügen, gegeben war.

Bemerkenswert ist im Übrigen an der Entscheidung des Bundesgerichtshofes besonders, dass dieser nicht nur auf die verfassungswidrige gesetzliche Ausgestaltung des Wettmonopols abgestellt hat, sondern insbesondere auch hervorhebt, dass die tatsächliche Ausgestaltung des Wettmonopols verfassungs- und gemeinschaftswidrig gewesen sei.

Dies ist deshalb umso bedeutsamer, als eine Vielzahl deutscher Verwaltungsgerichte nach wie vor die Auffassung vertritt, auf die tatsächliche Ausgestaltung komme es nicht entscheidend an. Allein maßgeblich sei die gesetzliche Ausgestaltung. Diese Einschätzung wird z.B. durch den Bayrischen Verwaltungsgerichtshof vertreten. Sowohl das Bundesverfassungsgericht selbst als auch nunmehr der Zivilsenat des Bundesgerichtshofes weisen allerdings darauf hin, dass es maßgeblich auch auf die tatsächliche Ausgestaltung ankommt, so dass Gerichte anhand der hier gemachten Vorgaben höchster deutscher Gerichte selbstverständlich zu überprüfen haben, wie sich die tatsächliche Ausgestaltung des Wettmonopols darstellt. Dabei sind insbesondere Werbemaßnahmen, Vertriebssysteme, Anzahl der Lottoannahmestellen und Marketing-Maßnahmen in den Blick zu nehmen und zu untersuchen, was indes von zahlreichen Verwaltungsgerichten schlicht nicht konkret untersucht wird.

Nachdem nicht nur das Bundesverfassungsgericht, sondern auch der Zivilsenat des Bundesgerichtshofes auf den vorbeschriebenen Prüfungsmaßstab verwiesen hat, ist zu hoffen, dass zukünftig auch sämtliche deutschen Verwaltungs-, Straf- und Zivilgerichte diesem Prüfungsmaßstäben gerecht werden. Betrachtet man insgesamt den Auftritt der Lotteriegesellschaften inklusive der Werbe- und Marketingmaßnahmen zum heutigen Zeitpunkt, so wird man nach unserer Einschätzung auch jetzt zu der Schlussfolgerung kommen müssen, dass weiterhin bzw. erneut eine verfassungs- und gemeinschaftswidrige Rechtslage besteht.
Kontakt: Rechtsanwaltskanzlei Bongers
Rechtsanwalt Guido Bongers
Ludwigstr. 12
D - 61348 Bad Homburg