Samstag, 27. Oktober 2012

EU-Vorstoß schmälert die Überlebenschancen des Glücksspielstaatsvertrags

Pressemitteilung: EU-Vorstoß schmälert die Überlebenschancen des Glücksspielstaatsvertrags

Die EU-Kommission will strenger gegen Mitgliedsstaaten vorgehen, deren Glücksspielgesetzgebung nicht im Einklang mit europäischem Recht steht. Nach Ansicht von Jürgen CREUTZMANN, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP im Europäischen Parlament, steht damit der von den deutschen Bundesländern initiierte Glücksspieländerungsstaatsvertrag mehr denn je auf wackligen Beinen.

Creutzmann, auch Berichterstatter zur parlamentarischen Entschließung über Online-Glücksspiel im Binnenmarkt, begrüßt die Ankündigung aus Brüssel: „Die EU-Kommission handelt richtig, nun die Mitgliedsstaaten vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen, deren Glücksspielmonopole offensichtlich gegen die Grundfreiheiten im Binnenmarkt verstoßen.“

In den vergangenen Jahren hat die Kommission mehrere Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und zahlreiche Beschwerden gegen verschiedene Mitgliedsstaaten erhalten. Auf der Grundlage neuer Informationen und der Rechtsprechung des EuGH will sie nun systematisch die laufenden Verfahren vorantreiben und die eingegangenen Beschwerden prüfen. Dabei geht es vor allem um die Kohärenz der Regulierungen sowie die Transparenz und Nichtdiskriminierung der Lizenzierungssysteme und die Verhältnismäßigkeit der Lizenzierungsbedingungen.

„Es spricht gegen den Glücksspieländerungsstaatsvertrag in Deutschland, dass bereits wenige Monate nach seinem Inkrafttreten mehrere private Anbieter bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt haben“, so Creutzmann. Das Verbot von Poker- und Kasinospielen im Internet sei inkonsequent.

Die Begrenzung auf 20 Lizenzen für Sportwetten ist nach Auffassung des liberalen EU-Abgeordneten nicht zu rechtfertigen, vor allem wenn man bedenkt, dass knapp 100 geeignete Bewerbungen eingegangen sind. Die größte Inkohärenz besteht darin, dass Schleswig-Holstein unter seiner neuen Regierung dem Staatsvertrag beitreten wird, obwohl unter seinem bisherigen, liberaleren Glücksspielrecht bereits zwölf Sportwettlizenzen an private Anbieter vergeben wurden, die bis 2018 gültig sind.  Quelle: Pressemeldung

Schleswig-Holstein: Glücksspielwesen

Der Innen- und Rechtsausschuss im Schleswig-Holsteinischen Landtag hatte, nach Ergänzung der Tagesordnung, am Mittwoch, den 24. Oktober 2012, 14:30 Uhr, im Sitzungszimmer 142 des Landtages unter Tagesordnungspunkt 6. wie geplant erörtert:
a) Entwurf eines Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glückspielwesen in Deutschland (Erster Glückspielände-rungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV)
Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 18/79
b) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze
Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, Grünen und SSW Drucksache 18/104 (überwiesen am 24. August 2012 an den Innen- und Rechtsausschuss und den Finanzausschuss)
hierzu: Umdrucke 18/69, 18/75, 18/91, 18/105, 18/142, 18/144, 18/145, 18/168, 18/169, 18/176, 18/177, 18/178, 18/179, 18/180, 18/182, 18/183, 18/184, 18/185, 18/186, 18/187, 18/188, 18/189, 18/190, 18/191, 18/192, 18/193, 18/194, 18/195, 18/196, 18/197, 18/199, 18/200, 18/201, 18/202, 18/203, 18/204, 18/205, 18/206, 18/207, 18/208, 18/209, 18/210, 18/214, 18/215, 18/216, 18/217, 18/223, 18/224, 18/228, 18/241.

Zudem wurde der Kreis der Anzuhörenden für die mündliche Anhörung am 31. Oktober 2012 festgelegt.
Sobald uns hierzu weitere Informationen vorliegen, werden wir darüber berichten.

Interessant ist, dass im Rahmen der schriftlichen Stellungnahme zu den genannten Vorhaben die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Landesverbände, bestehend aus Städteverband Schleswig-Holstein, Schleswig-Holsteinischer Landkreistag sowie Schleswig-Holsteinischer Gemeindetag, mit Stellungnahme vom 23.10.2012 das Folgende zu Bedenken gegeben hat:

"Die Entscheidung zu einem Beitritt des Landes Schleswig-Holstein zum Glücksspielstaatsvertrag ist aus unserer Sicht eine rein politische Entscheidung des Gesetzgebers, die sich einer rechtlichen Bewertung durch die Kommunen entzieht.
Allerdings ist hervorzuheben, dass ernst zu nehmende Bedenken bestehen, ob die Regelung des Glücksspiels durch den Staatsvertrag tatsächlich europarechtskonform ist.

Sollte das nicht der Fall sein, wäre ein Beitritt Schleswig-Holsteins zum jetzigen Zeitpunkt mit erheblichen finanziellen Belastungen verbunden, der aus unserer Sicht zu unterlassen ist. Deshalb wäre zu prüfen, ob ein Beitritt bis zu einer rechtlichen Klärung aufzuschieben ist."

Quelle: Schleswig Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/281; Kurzbericht über die Sitzung des Innen-und Rechtsausschusses vom 25.10.2012



VGH B-W: Pforzheimer Sperrzeitverlängerung ist unwirksam

 Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteile vom 20.09.2012, 6 S 389/12 und 6 S 544/12

Spielhallen: Pforzheimer Sperrzeitverlängerung ist unwirksam
Verwaltungsrecht
Die Verordnung der Stadt Pforzheim über die Festsetzung einer verlängerten Sperrzeit für Spielhallen vom 13.12.2011 ist unwirksam. Es fehlt das für eine Sperrzeitverlängerung erforderliche atypische örtliche Gefahrenpotenzial. Dieses folge weder aus dem Anwachsen der Zahl von Geldspielgeräten in Pforzheimer Spielhallen noch aus der im Vergleich zum Landesdurchschnitt geringeren Anzahl von Einwohnern je Spielhallen-Geldspielgerät, stellt der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg klar.
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Spielhallenbetreiber in Pforzheim feiern Teilerfolg

Die Goldstadt Pforzheim hatte in der überarbeiteten Vergnügungsstätten-Konzeption eine Ausweitung der Sperrzeiten für Spielhallen vorgesehen. Diese wurde jetzt von dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim abgeschmettert.

Als Grund für die Klage wurde die Einschränkung der Berufsfreiheit und die Existenzgefährdung genannt. Die Mannheimer Richter gaben nun dieser Klage statt und hoben somit die Sperrstundenerweiterung auf. Ein ähnliches Urteil wurde bereits im März von dem Verwaltungsgerichtshof Hessen in Frankfurt gefällt.

Als Begründung nannten die Mannheimer Richter, dass das erforderliche atypische örtliche Gefahrenpotential für solch eine Sperrstundenverlängerung fehle.
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6 S 389/12 

VERWALTUNGSGERICHTSHOF
BADEN-WÜRTTEMBERG
Im Namen des Volkes

Urteil


In der Normenkontrollsache 

-  Antragstellerin  - 
prozessbevollmächtigt: 
 
                                                          gegen 
                                                                
Stadt Pforzheim -  Rechtsamt -, 
vertreten durch den Oberbürgermeister, 
Marktplatz 1, 75175  Pforzheim, Az: 30/152/2012 
 
-  Antragsgegnerin  - 

wegen Sperrzeitverordnung 
 
hat der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch die Vorsitzende Richterin am  Verwaltungsgerichtshof Dr. Kirchhof, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Vogel, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Walz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Haller und die Richterin am
Verwaltungsgerichtshof Schiller auf Grund der mündlichen Verhandlung 
 
vom 20 . September 2012 
 
für Recht erkannt: 
 
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Die  Rechtsverordnung  der  Stadt  Pforzheim  über  die  Festsetzung  der  Sperrzeit für Spielhallen vom 13.12.2011 ist unwirksam. 
 
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. 
 
Die Revision wird nicht zugelassen. 
 
Tatbestand 

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin  über  die  Festsetzung  der  Sperrzeit  für  Spielhallen  vom  13.12.2011  (im  Folgenden Sperrzeitverordnung). 

Am  13.12.2011  beschloss  der  Gemeinderat  der  Antragsgegnerin  die  Sperrzeitverordnung,  sie  wurde  am  29.02.2012  bekanntgemacht  und  trat  nach  ihrem § 3 am Tag nach ihrer Bekanntmachung (01.03.2012) in Kraft. Nach § 1 der Sperrzeitverordnung beginnt die Sperrzeit für Spielhallen um 0.00 Uhr und  endet nach deren § 2 um 11.00 Uhr. 

In  der  Beschlussvorlage  der  Verwaltung  zur  Sperrzeitverordnung  wird  unter  anderem  ausgeführt:  Die  Verlängerung  der  Sperrzeit  bei  Spielhallen  sei  auf  Grund   der   besonderen   örtlichen   Verhältnisse   zulässig.   Dies   ergebe   sich  schon  daraus,  dass  in  Baden-Württemberg  im  Durchschnitt  auf  478  Einwohner  ein  Spielhallen-Geldspielgerät  komme,  während  auf  dem  Gebiet  der  Antragsgegnerin  die  Quote  doppelt  so  hoch  sei  (221  Einwohner  je  Spielhallen-Geldspielgerät). Die Entwicklung der Spielhallen-Geldspielgeräte in Pforzheim sei wie folgt verlaufen: 

Entwicklung 

                            2007            2010                              2011  (Stand 30.06.2011) 
Pforzheim             490             835 (+ 70,4 %)                905 (+ 84,7 % seit 2007) 
Bundesweit         207.000         237.750 (+ 13,8%)             Nicht bekannt 
 
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Geldspielgeräte Spielhallen in Pforzheim 
                     GSG    in           Spiel-             GSG     in  Gast-   Gesamt 
                hallen             stätten                               2007       27 
01.01.2007      227                263                 490               2008       32 
01.01.2008      338                276                 614               2009       33 
01.01.2009      401                286                 687               2010       49 
01.01.2010      507                328                 835               2011       54 
01.01.2011      525                321                 846 
 
Hintergrund  der angestrebten  Verlängerung  der Sperrzeit sei  in erster  Linie die  Bewahrung  der  Spielhallengäste vor Ausbeutung  und  insbesondere auch die Vermeidung der Entstehung von Spielsucht.  Es sei ein öffentliches Bedürfnis, Personen vor den Gefahren der Spielsucht zu bewahren. Die  persönlichen und  gesellschaftlichen  Schäden, die nachweislich durch Spielsucht entstünden,  seien  so  gering  wie  möglich  zu  halten und  den damit verbundenen Gefahren sei entschieden entgegenzutreten.   Bei   der   Abwägung   der  Interessen  zwischen  der  Möglichkeit der Teilnahme an  Spielen  mit  Gewinnmöglichkeit  und  den  gefahrenabwehrrechtlichen  Aspekten  sei  festzuhalten, dass  trotz  der  Ausweitung  der  Sperrzeit  von  6  auf  11  Stunden  den  Spielhallenbetreibern immer noch die Möglichkeit gegeben sei, 13 Stunden täglich ihr Gewerbe  auszuüben.  Durch  die  verlängerte  Sperrzeit  solle  insbesondere  für  spielsuchtgefährdete  Personen  wie  für  auch  bereits  Spielsüchtige  die  Möglichkeit  eingeschränkt  werden,  unangemessen  hohe  und  somit  existenzgefährdende  finanzielle  Verluste  zu  erleiden.  Darüber  hinaus  solle  durch  die  länger  andauernde  Spiel-Unterbrechung  ein  „Überhitzen“  dieser  Personenkreise durch zu langes Spielen vermieden werden. Da die Dichte an Spielgeräten  auf  dem  Gebiet  der  Antragsgegnerin  doppelt  so  hoch  sei  wie  im  Landesdurchschnitt,  verbleibe  auch  bei  Verlängerung  der  Sperrzeit  eine  hohe  „Geräteverfügbarkeit“.   Wie   sich   aus   mehreren   Studien   ergebe, könnten  Glücksspiele  auf  individueller  Ebene  erhebliche  negative  Konsequenzen  haben  und  zu  psychischen  und  sozialen  Belastungen  bis  hin  zur  Glücksspielsucht  führen. 
Die  XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX  habe berichtet, dass die Nachfrage nach  Beratung  in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen sei. Der überwiegende Teil der Betroffenen sei männlich gewesen, habe einen Migrationshintergrund, sei zwischen 23 und 43 Jahre alt und  vom Automatenspiel  abhängig.  Ein  kleiner  Teil  habe  in  stationäre  Entwöhnungsbehandlungen  vermittelt  werden  und  im  Anschluss  daran  eine  ambulante  Nachsorge  wahrnehmen  können.  Ferner  habe  sich  im  letzten  Jahr 

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erfolgreich eine Selbsthilfegruppe in der Beratungsstelle etablieren können. 
Hinsichtlich der Problementwicklung sei deutlich geworden, dass durch die neuen Spielautomaten eine   schnellere Entwicklung von problematischem Spielverhalten zur Abhängigkeit gegeben sei. Die Entwicklung lasse die Vermutung zu, dass die Anzahl der Glücksspielabhängigen in den nächsten Jahren weiter  anwachsen  werde.  Im Gegensatz zu einem früheren Beginn der Sperrzeit (vor 0.00 Uhr) schränke eine morgendliche Verlängerung der Sperrzeit die Betreiber hinsichtlich der Gewinn- und Umsatzchancen weniger ein und sei damit ein milderes Mittel zur Zweckerreichung. 

Die Antragstellerin betreibt im Stadtgebiet der Antragsgegnerin vier in dem Gebäude       XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX  angesiedelte Spielhallen („XXXXXXXXXXXXXX“). 

Am 27.02.2012  hat die Antragstellerin  einen Normenkontrollantrag gestellt, zu  dessen  Begründung  sie  im  Wesentlichen  ausführt: Die  Sperrzeitverordnung  sei nichtig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine von der Regelung des Landesgesetzgebers abweichende Festsetzung der Sperrzeit  für Spielhallen   nicht   vorlägen. Voraussetzung für eine von der allgemeinen  Sperrzeit abweichende Festsetzung sei das Vorliegen eines atypischen Sachverhalts, der einen hinreichenden Ortsbezug  aufweise. Grundsätzlich  habe der Ortsgesetzgeber die in der Festsetzung der allgemeinen Sperrzeit in §  9  GastVO  getroffene   Entscheidung  des  Landesverordnungsgebers  hinzunehmen und dürfe hiervon nur abweichen, wenn die Gemeinde besondere Strukturen aufweise, die von den typischen Umständen, die der Landesverordnungsgeber bei seiner Regelung im Auge gehabt habe, nicht nur unwesentlich  abwichen.  Diese  Voraussetzungen seien  bei  der angegriffenen  Sperrzeitverordnung  nicht  gegeben.  Sie  sei  aus  allgemeinen  Erwägungen  zur  Bekämpfung  der  Spielsucht  erfolgt,  die  keinen  spezifischen  Ortsbezug  aufweisen  würden und deren konsequente Umsetzung dazu führen müsse, die Sperrze iten  landesweit  abweichend  von  den  durch  den  Landesverordnungsgeber  getroffenen Regelungen festzusetzen. Örtliche Besonderheiten ließen sich nicht mit der in Pforzheim gegenüber dem Landesdurchschnitt erhöhten Quote von Einwohnern  je  Spielhallen-Geldspielgerät  begründen.  Zudem  fehle  es  an  Er-

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kenntnissen,  dass  die  Zunahme  an  Spielhallen  und  der  dort  aufgestellten  Geldspielgeräte  die  von  der  Antragsgegnerin  befürchteten  Auswirkungen  auf  die Entstehung und die Ausbeutung von Spielsucht habe. Ein Zusammenhang  zwischen  der  Zunahme  an  Geldspielgeräten  und  einem  deutlichen  Anstieg  wegen  Spielsucht  oder  Spielsuchtgefährdung  therapierter  Personen  sei  für  Pforzheim  nicht  festgestellt  worden.  Zahlen  hierzu  seien  nicht  herangezogen  worden. Ein gegenüber dem Landesdurchschnitt erhöhtes örtliches Gefahrenpotenzial  ergebe sich weder aus der Verwaltungsakte noch sei es sonst  ersichtlich. Im Übrigen sei die angegriffene Sperrzeitverordnung nicht erforderlich. Nach § 26 Abs. 2   Erster GlüÄndStV setzten die Länder für Spielhallen zur Sicherung der Ziele des § 1 Sperrzeiten fest, die drei Stunden nicht unterschreiten dürfen. Diese Vorgabe sei in Baden-Württemberg bereits dadurch  erfüllt, dass nach § 9 Abs.1 Satz 2 GastVO die Sperrzeit für Spielhallen um 0.00 Uhr beginne und um  06.00  Uhr ende. Im Hinblick auf diese Regelung habe der Landesgesetzgeber keine Notwendigkeit gesehen, im Zuge der Transformation des Glücksspieländerungsstaatsvertrages in Landesrecht noch weitergehende Beschränkungen der Öffnungszeiten von Spielhallen vorzusehen, wie sich aus dem entsprechenden  Gesetzentwurf der Landesregierung ergebe. Von daher könne die zudem  umstrittene  Annahme, dass  es  einen Zusammenhang zwischen problematischem Spielverhalten und der zeitlichen Verfügbarkeit von  Gewinnspielen gebe, aus rechtssystematischen Gründen keine von den Vorgaben des Landesgesetzgebers abweichende Festsetzung der Sperrzeit auf kommunaler Ebene rechtfertigen. 

Die Antragstellerin beantragt, 
die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über die Festsetzung der Sperrzeit für Spielhallen vom 13.12.2011 für unwirksam zu erklären.  
Die Antragsgegnerin beantragt, 
den Normenkontrollantrag abzuweisen . 
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Sie führt im Wesentlichen aus:  Es gebe in Pforzheim in Bezug auf die Anzahl der  vorhandenen  Spielhallen  und  Geldspielgeräte  im  Vergleich  zum  Landes- und  Bundesdurchschnitt  atypische  Verhältnisse.  Das  Verhältnis  der  Spielhallen-Geldspielgeräte  zur  Einwohnerzahl  sei  in  Pforzheim  mit  221  Einwohnern je   Geldspielgerät  doppelt  so  hoch  wie  der  Landesdurchschnitt  in  Baden-Württemberg (478 Einwohner je Geldspielgerät). Die in Spielhallen vorhandenen Geldspielgeräte seien von 227 im Jahr 2007 auf 525 im Jahr 2011 angewachsen, während die Entwicklung der Anzahl der Geldspielgeräte  in Gaststätten  im  Vergleich  hierzu  deutlich  zurückgeblieben sei. Die  Zunahme der Anzahl  der Spielhallen im Stadtgebiet  von  27  im  Jahr  2007  auf  54  im  Jahr 2011 sei ebenfalls Ausdruck einer atypischen Entwicklung im Stadtgebiet. Die in der Beratungsvorlage wiedergegebenen Schilderungen der Suchtberatungsstelle unterstrichen, dass die Entwicklung bei der Anzahl der Geldspielgeräte in Spielhallen in Pforzheim mit der Entwicklung der Zahlen der sich im Stadtgebiet in Suchtbehandlung befindlichen Personen komplementär verlaufen sei und die drastische Entwicklung bei der Anzahl der Geldspielgeräte gerade in Pforzheim auch entsprechende negative Auswirkungen habe, denen mit der Sperrzeitverlängerung entgegengetreten werden solle. Durch die Festsetzung von Sperrzeiten könne dem Anliegen, die übermäßige  Ausnutzung des Spieltriebs zu verhindern, Rechnung getragen werden. Der Gewerbeordnung oder anderen rechtlichen Regelungen lasse sich nicht entnehmen, dass das Ziel der Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs ausschließlich durch die Spielverordnung gemäß § 33 f Abs.1 GewO oder andere Vorschriften verfolgt  werden dürfe.  Dementsprechend sei es auch nicht maßgebend, welche Regelungen der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag hierzu vorsehe. Die in der angegriffenen Rechtsverordnung getroffene  Sperrzeit regelung erweise sich unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und Rechte als  verhältnismäßig. Sie sei zunächst geeignet, um das angestrebte Ziel der  Eindämmung der Betätigung  des  Spieltriebes zu  erreichen. Denn der Spieler werde durch die verlängerten Sperrzeiten gezwungen, sein  Spiel  zu unterbrechen. Die hier normierte Ausdehnung der Sperrzeit am Vormittag halte gerade diejenigen Spielsüchtigen, die keiner Arbeit nachgingen, vom übermäßigen Spielen am Vormittag ab. Ein  milderes  Mittel sei  nicht  ersichtlich. 

Eine Einzelfallregelung belaste den Betroffenen nicht weniger. Wie in der Be-

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schlussvorlage  ausgeführt,  sei  die  Verlängerung  der  Sperrzeit  auch  verhältnismäßig  im  engeren  Sinne.  Da  ihr  vernünftige  Erwägungen  des  Allgemei nwohls  zu  Grunde  lägen,  sei  der  mit  der  Sperrzeitverlängerung  verbundene Eingriff  in  die  Berufsausübungsfreiheit  gerechtfertigt.  Der  Schutzbereich  des  Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG werde durch § 18 Abs. 1 Satz 1 GastG und die darauf  beruhende  Sperrzeitverordnung  inhaltsbestimmend ausgestaltet  und  begrenzt.  Im  Übrigen werde die  Aussicht, die Spielhalle mit Gewinn zu  betreiben,  nicht  durch  Art.  14  Abs.  1  GG  geschützt.  Von  einer  erdrosselnden Wirkung der Sperrzeitverlängerung könne nicht ausgegangen werden. Die Geräteverfügbarkeit, ausgedrückt durch das Produkt aus Anzahl an Geldspielgeräten  und der Zahl der  maximal  möglichen  Spielstunden ,  liege  auch  unter  Berücksichtigung  der  im  Vergleich  zur  Landesregelung  um  fünf  Stunden  eingeschränkten Spielzeiten auf Grund der großen Geräteanzahl noch immer deutlich über dem  Landesdurchschnitt. Für den hier einschlägigen Zeitraum bis 11 Uhr handele es sich nicht um besonders gewinnbringende Spielzeiten.  

Dem Senat liegen die Akten der Antragsgegnerin vor, ebenso eine Aufstellung  des Arbeitskreises gegen   Spielsucht e.V.  über   die   Zahl der  in badenwürttembergischen  Kommunen  über 10.000 Einwohnern  in Spielhallen und Gaststätten  aufgestellten  Geldspielgeräte  und  deren  Verhältnis  zur  Einwohnerzahl sowie  eine Übersicht des Ergebnisses der Untersuchung  „Angebotsstruktur der Spielhallen und Geldspielgeräte  in  Deutschland  2012“  des  Arbeitskreises  betreffend Baden-Württemberg, wegen  deren  Inhalte  auf  Blatt  89 -  111 sowie Blatt 121 -  131 der Gerichtsakte verwiesen wird. Hierauf sowie  auf  die  gewechselten  Schriftsätze wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug  genommen. 

                                     Entscheidungsgründe 

Der Normenkontrollantrag ist zulässig und begründet. 

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Der Normenkontrollantrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Abs. 1  VwGO statthaft.  Die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über die Festsetzung der Sperrzeit für  Spielhallen  unterliegt  als  eine  im  Rang  unter  dem  Landesgesetz  stehende Rechtsvorschrift   im   Rahmen   seiner   Gerichtsbarkeit   der   Normenkontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit  § 4 AGVwGO).  

Der  Normenkontrollantrag  ist  auch  im  Übrigen  zulässig,  insbesondere  ist  die  Antragstellerin  nach  §  47  Abs.  2  Satz  1  VwGO  antragsbefugt.  Denn  bei  der Verlängerung  der  Sperrzeit  durch  die  hier  angegriffene  Rechtsverordnung  handelt es sich um eine Regelung der durch Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 3  GG  geschützten  Berufsausübungsfreiheit  der  Antragstellerin ,  die  die  Ausübung  ihres  Gewerbes  in  ihrem  zeitlichen  Umfang  betrifft  (vgl.  VGH  Bad.- Württ.,  Beschluss  vom  10.03.1995  -  14  S  779/94 -,  VBlBW 1995,  474;  Urteil  vom 11.09.2012 - 6 S 947/12 -). 

Die  einjährige Antragsfrist des §  47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten. Die angegriffene Sperrzeitverordnung wurde am 29.02.2012 bekanntgemacht; der  Normenkontrollantrag ist  bereits am 27.02.2012 gestellt worden .  

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.  

Die formell nicht zu beanstandende Sperrzeitverordnung ist nicht von der Ermächtigungsgrundlage  des  §  11  der  Verordnung  der  Landesregierung  zur Ausführung  des  Gaststättengesetzes  (GastVO)  in  Verbindung  mit  §  1  des  Gaststättengesetzes für Baden-Württemberg (LGastG) und § 18 des Gaststättengesetzes (GastG) gedeckt. 

Allerdings   war  der   Gemeinderat  der  Antragsgegnerin  für  den  Erlass  der  Sperrzeitverordnung  zuständig.  §  1  Abs.  5  GastVO  überträgt  -  neben   anderen  -  den Gemeinden die Kompetenz für den Erlass von Rechtsverordnungen  gemäß § 11 GastVO. Nach § 44 Abs. 3 GemO ist innerhalb der Gemeinde der Gemeinderat  zuständig,  weil  es  sich  beim  Erlass  einer  Sperrzeitverordnung 

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gemäß § 1 Abs. 7 GastVO um eine Pflichtaufgabe nach Weisung handelt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.2000 -  14 S 237/99 -, VBlBW 2001, 65).  

Die angegriffene Sperrzeitverordnung ist aber deswegen unwirksam,  weil sie sich  nicht  im  Rahmen  der  gesetzlichen  Ermächtigungsgrundlage  des  §  11 GastVO  in  Verbindung  mit  §  1  LGastG, §  18  GastG  hält.

Nach  §  11  GastVO  kann  bei  Vorliegen  eines  öffentlichen  Bedürfnisses  oder  besonderer  örtlicher  Verhältnisse die Sperrzeit durch Rechtsverordnung allgemein verlängert, verkürzt  oder  aufgehoben  werden. Weder  das  Tatbestandsmerkmal  des  öffentlichen  Bedürfnisses  noch  das  der  besonderen  örtlichen  Verhältnisse  sind  hier  erfüllt. 

Diese  beiden  Tatbestandsmerkmale  lassen  sich  nicht  klar  voneinander  abgrenzen  (Urteil  des  Senats  vom  11.09.2012,  a.a.O.;  Hess.  VGH,  Beschluss vom 12.03.2012 -  8 B 2473/11.N -, ZfWG 2012, 200; Spieß, Sächs.VBl. 1999, 73). Das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Bedürfnisses soll in der Regel einschlägig  sein,  wenn  der  öffentliche  Bedarf  an  Diensten  der  Gaststätten oder - wie hier -  Spielhallen  im Vordergrund der Überlegung steht. Die besonderen örtlichen Verhältnisse sollen vorrangig dann zu prüfen sein, wenn nicht die Frage des besonderen Bedarfs streitig ist, dafür aber die Frage einer besonderen Störempfindlichkeit bzw.  -unempfindlichkeit der Umgebung. Die besonderen örtlichen Verhältnisse sind gegeben, wenn sich die Verhältnisse im örtlichen  Bereich  so  von  den  Verhältnissen  anderer  örtlicher  Bereiche  unterscheiden,  dass  deswegen  eine  Abweichung  von  der  allgemeinen  Sperrzeit gerechtfertigt  erscheint.  Beiden  Tatbestandsmerkmalen  gemeinsam  ist,  dass das  Gemeinwohl  jeweils  einer  Sperrzeitverlängerung  bzw.  -verkürzung  nicht entgegenstehen darf. 

Die  Sperrzeitverlängerung  wird,  wie  sich  aus  der  Beschlussvorlage  der  Verwaltung  zur  Gemeinderatssitzung  am  13.12.2011  und  der  Antragserwiderung ergibt, darauf  gestützt, die  Spielhallengäste vor Ausbeutung zu bewahren und insbesondere die Entstehung von Spielsucht  zu vermeiden.  Durch die verlängerte  Sperrzeit  solle  insbesondere  für  spielsuchtgefährdete  Personen  wie 

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auch  für  bereits  Spielsüchtige  die  Möglichkeit  eingeschränkt  werden,  unangemessen hohe und Existenz gefährdende finanzielle Verluste zu erleiden.   

In der Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse  vom 15.12.1994  -  1 B  190.94 -, GewArch 1995, 155, vom 18.04.1996  -  1 NB 1.96 -, GewArch 1996,  412  und  vom  14.01.1991  - 1  B  174/90  -,  GewArch  1991,  186;  VGH  Bad.- Württ., Beschluss vom 10.03.1995 -  14 S 779/94 -, GewArch 1995, 286; Urteil  vom 12.07.2011 - 6 S 2579/10 -, VBlBW 2012, 113; OVG Hamburg, Urteil vom  22.03.1994  -  Bf  VI  38/92  -,  GewArch  1994,  409;  vgl.  auch  Michel/Kienzle/  Pauly,  Das  Gaststättengesetz,  14.  Aufl.,  §  18  Rdnr.  7)  ist  anerkannt,  dass  Sperrzeitregelungen auf der Grundlage gaststättenrechtlicher Vorschriften der Aufrechterhaltung der öffentlichen  Sicherheit  und  Ordnung,  vor  allem  dem  Schutz  der  Nachtruhe,  der  Volksgesundheit  und der  Bekämpfung  des  Alkoholmissbrauchs sowie dem Schutz der Gäste - zumal jüngerer Menschen - vor  Ausbeutung  von  Leichtsinn  und  Unerfahrenheit  dienen  sollen.  In  Ansehung  der Spielhallen ist ferner die Gewerbeordnung in den Blick zu nehmen, soweit  diese  -  nach der Föderalismusreform (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes  vom  28.08.2006 ,  BGBl.  I,  2034)  gemäß  Art. 70,  74  Abs.  1  Nr.  11,  125a  Abs.  1  GG  als  Bundesrecht  in  Baden-Württemberg  fortgeltend,  aber durch Landesrecht ersetzbar (vgl. den  im Internet unter www.service-bw.de abrufbaren  Entwurf des Landesglücksspielgesetzes  mit seinen  spielhallenrechtlichen  Vorschriften  in  §§  40  ff.)  -  das  Recht der  Spielhallen regelt.  Denn  das  Gaststättengesetz, das in der Sache ein Sonder-  und Nebengesetz  zur Gewerbeordnung  ist  und  an  dessen  „polizeirechtlicher“  Natur  teilnimmt,  bezieht  sich  insoweit  auf die  Gewerbeordnung  (vgl.  auch  §  31  GastG). Dementsprechend  gehört  hinsichtlich  der  Spielhallen  der  Schutz  der  Spieler  gegen  eine  „übermäßige  Ausnutzung  des  Spieltriebs“  (§  33  i  Abs.  2  Nr.  3  GewO)  sowie  die „Eindämmung  der  Betätigung  des  Spieltriebs“  (§  33  f  Abs.  1  GewO)  zu  den  Zwecken , auf Grund derer die Sperrzeit verlängert werden kann. Die Sperrzeit  dient  unter  diesen  Gesichtspunkten  dazu,  spezifischen  Gefährdungen  vorzubeugen, wie sie von Spielhallen ausgehen können. 

Demgemäß  ist  es  grundsätzlich  zulässig,  die  Verlängerung  der  -  landesweit  geltenden  -  allgemeinen  Sperrzeit  für  Spielhallen  (vgl.  §  9  Abs.  1  Satz  3 

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GastVO) durch eine Rechtsverordnung nach § 11 GastVO auch auf  Gesichtspunkte des Spielerschutzes und der Eindämmung von Spielsucht  zu  stützen ,  soweit hierfür ein öffentliches Bedürfnis oder besondere örtliche Verhältnisse sprechen.  Dabei  ist  allerdings  zu  berücksichtigen,  dass  hierfür  bezogen  auf den  Zuständigkeitsbereich  des  örtlichen  Verordnungsgebers  besondere,  atypische (vgl. BVerwG, Urteil  vom 23.09.1976  -  I C 7.75 -, GewArch 1977, 24;  VG Schleswig, Urteil vom 01.03.2001  -  12 A 255/00 -, GewArch 2002, 39; Michel/Kienzle/Pauly,  a.a.O.,  §  18  RdNr.  14;  Metzner,  GastG,  6.  Aufl.,  §  18  Rdnr. 35a, 38) Umstände vorliegen  müssen. Für das Tatbestandsmerkmal der besonderen  örtlichen  Verhältnisse  ergibt  sich  dieses  Erfordernis  bereits  aus dem  Wortlaut;  für  das  Tatbestandsmerkmal  des  öffentlichen  Bedürfnisses folgt  es  daraus,  dass  die  auf  der  Verordnungsermächtigung  des  §  18  GastG beruhende und durch die Landesregierung bestimmte allgemeine Sperrzeitregelung  in  §  9  Abs.  1  Satz  3  GastVO  durchschnittlichen  Gefahrenpotenzialen beim  Betrieb  von  Spielhallen  Rechnung  tragen  soll,  auf  die  Umstände  des  Einzelfalls  aber  keine Rücksicht nehmen kann (BVerwG,  Urteil vom  23.09.1976, a.a.O .).  Soll das Grundrecht der betroffenen Spielhallenbetreiber  aus  Art.  12  Abs.  1  GG  auf  Grund  der  auf  die  Fälle  der  besonderen  örtlichen  Verhältnisse  oder  eines  öffentlichen  Bedürfnisses  beschränkten  Subdelegation  der  Ermächtigung  des  §  18  GastG  auf  andere  -  örtliche  (vgl.  §  1  Abs.  5  GastVO) -  Behörden stärker beschränkt werden, bedarf dies einer Rechtfertigung im Sinne eines atypischen, nämlich erhöhten Gefahrenpotenzials im Zuständigkeitsbereich der handelnden Ordnungsbehörde (vgl. Urteil des Senats vom  11.09.2012 ,  Hess.  VGH,  Beschluss  vom  12.03.2012,  jew.   a.a.O.).  Ein solches vermag der Senat auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragsgegnerin ,  die  insbesondere  auf  das  in  Pforzheim  besonders  niedrige Verhältnis  von  Einwohnern  je  Geldspielgerät  in  Spielhallen  abstellt,  nicht  zu  erkennen. 

Der Senat verkennt dabei nicht, dass in der politischen und gesellschaftlichen  Diskussion angesichts eines deutlich erhöhten Suchtpotenzials bei Geldspielgeräten  in  Spielhallen  und  Gaststätten  ein  besonderer  Handlungsbedarf  zur Eindämmung  des  Automatenspiels  gesehen  wird  (vgl.  HessVGH,  Beschlüsse 
vom  12.03.2012  und  vom  16.09.2011,  a.a.O.,  der  von  einem  breiten  gesell-

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schaftlichen Konsens spricht, dass im Interesse des Jugendschutzes und der Suchtprävention der  Allgegenwart und jederzeitigen Verfügbarkeit von Spielhallen wirksame Grenzen zu  setzen  sind).  In  der  Begründung zu den §§ 24 bis 26 des mittlerweile in Kraft getretenen (vgl. dazu: Bekanntmachung  des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages und des  Staatsvertrages über die Gründung der GLK Gemeinsamen Klassenlotterie der Länder vom 10.07.2012,  GBl. S. 515)  Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages  vom 15.12.2012  -  Erster GlüÄndStV  -, dem das Land Baden-Württemberg mit Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag  und  zu  dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012 (GBl. S. 385) zugestimmt  hat,  heißt  es, dass das bundesweit flächendeckende Angebot an Gastronomiebetrieben mit aufgestellten Geldspielgeräten und vor allem Spielhallen mit täglichen Öffnungszeiten vonoftmals bis zu 24 Stunden den Handlungsbedarf unterstreicht.  Zahlreiche Erkenntnisse aus der ambulanten und stationären  Spielerberatung  sowie aus  Forschungsprojekten  belegten, dass pathologische Glücksspieler durchschnittlich jeden zweiten Tag  zumeist  bis  zu  fünf  Stunden, aber auch deutlich länger, aufsummiert hohe Geldbeträge verlören. Etwa 40 % der Glücksspieler an Geldspielautomaten hätten im Laufe der Zeit Schulden von bis zu 10.000  EUR angehäuft,  40 % jedoch noch weit höhere Beträge verspielt. 56 % der Einnahmen des gewerblichen Automatenspiels sollen über  Spielverluste Süchtiger generiert werden. Dementsprechend sieht der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag in seinen §§ 24  -  26 Restriktionen für  die Genehmigungsfähigkeit von Spielhallen, die Einführung von Mindestabständen zwischen Spielhallen, den Ausschluss einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, ein Verbot der Außenwerbung und die Möglichkeit vor, die Anzahl der  in einer Gemeinde zu erteilenden  Erlaubnisse zu beschränken;  zudem wird in §  26 Abs. 2  Erster GlüÄndStV geregelt, dass die Länder für Spielhallen Sperrzeiten festsetzen, diedrei Stunden nicht unterschreiten dürfen (vgl. zum Recht der Spielhallen  nach dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag: Odenthal, GewArch  2012,  345). In dem Entwurf  zum  Landesglücksspielgesetz  (LGlüG-E;  im Internet abrufbar  unter: www.service-bw.de),  das in Baden-Württemberg  die  zur  Ausführung  des  Ersten Glücksspielände-

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rungsstaatsvertrags erforderlichen landesrechtlichen Regelungen treffen soll,  werden die im Ersten  Glücksspieländerungsstaatsvertrag enthaltenen Vorgaben näher ausgestaltet (vgl.  etwa  die  Anforderungen  des  §  42  LGlüG-E an den Mindestabstand von Spielhallen untereinander  und  zu  bestehenden  Einrichtungen zum Aufenthalt  von  Kindern  und  Jugendlichen  sowie  des  §  44  LGlüG-E  an  die  Werbung und den Mindestabstand). Die  Sperrzeit  für  Spielhallen wird in § 46 Abs. 1 Satz 1 LGlüG-E unverändert aus § 9 Abs. 1 Satz 3 GastVO   übernommen;   diese   Bestimmung   wird   im   Gegenzug   aufgehoben  (§  50  Abs.  1  LGlüG-E).  §  46  Abs.  1  LGlüG-E  eröffnet  die  Möglichkeit,  durch  Einzelverwaltungsakte  (und  nicht  mehr  allgemein  durch  Rechtsverordnung)  eine Veränderung der Sperrzeit bei Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse  oder  eines  öffentlichen  Bedürfnisses  lediglich  insofern  vorzunehmen ,  als  der Beginn der Sperrzeit vorverlegt oder dessen Ende hinausgeschoben werden  kann.  Eine  Verkürzung  der  Sperrzeit  ist  nicht  mehr  möglich.  In  der  Begründung  des  Entwurfs  des  Landesglücksspielgesetzes  heißt  es  dazu ,  dass die  Grundentscheidung  des  Normgebers  umfassend  verbindlich  sein  solle,  während  insbesondere  nach  dem  Inkrafttreten  der  Fünften  Verordnung  zur Änderung  der  Spielverordnung  und  des  dadurch  begünstigten  Booms  zu Mehrfachspielhallen häufig mehr Sperrzeitverkürzungen bis hin zu einem Betrieb rund um die Uhr gewährt wurden. Dies entspreche auch einem grundlegenden Gedanken des Spielerschutzes. 

Diese  gesetzgeberischen  Aktivitäten  belegen,  dass  ein  bundes-  und  landesweites öffentliches Bedürfnis  nach  einer strengeren Regulierung des Spielhallenmarktes  gesehen  und  im  Ersten  Glücksspieländerungsstaatsvertrag  normiert wurde bzw. im  Landesglücksspielgesetz normiert werden soll. Allerdings  wird  im  Land  Baden-Württemberg  von  der  in  §  25  Abs.  3  Erster  GlüÄndStV genannten  Möglichkeit,  die  Anzahl  der  in  einer  Gemeinde  für  Spielhallen  zu erteilenden  Erlaubnisse  zu  begrenzen,  nach  dem  bisherigen  Stand  des  Gesetzgebungsverfahrens,  wie  er  sich  im  Entwurf  des  Landesglücksspielgesetzes widerspiegelt,  keinen Gebrauch gemacht. Auch soll  in Ansehung des hohen  Suchtpotenzials  des  Spiels  an  Geldautomaten  in  Spielhallen  und  deren  flächendeckende n Ange bots  mit langen Öff nungszeiten die in § 9 Abs. 1 Satz  3  GastVO  allgemein  festgelegte  Sperrzeit  nicht  verlängert  werden  und  sieht      

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§ 46 LGlüG-E nicht mehr die Möglichkeit vor, die Sperrzeit -  bei Vorliegen besonderer  örtlicher  Verhältnisse  oder  eines  öffentlichen  Bedürfnisses  -  allgemein durch Rechtsverordnung zu verlängern. 

Ein  besonderes,  atypisches  Gefahrenpotenzial,  das  die  insbesondere  auch  durch  das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages  zum Ausdruck  gekommene n  gesetzgeberischen  Wertungen  -  auch  in  Ansehung des   gegenwärtigen   Standes   des   Gesetzgebungsverfahrens   zum   Landesglücksspielgesetz  -  in  Frage  stellt  und  Anlass  zu  einer  über  die  allgemeine Regelung  in  §  9  Abs.  1  Satz  3  GastVO  hinausgehenden  Sperrzeit  auf  dem  Stadtgebiet  der  Antragsgegnerin  geben  könnte,  vermag  der  Senat  nicht  zu erkennen. 

Dieses  ergibt  sich  zunächst  nicht  aus  dem  stetigen  und  sprunghaften  Anwachsen der Zahl der in  Pforzheim in  Spielhallen aufgestellten Geldspielgeräte in den letzten Jahren. In der  Beschlussvorlage  zur  Gemeinderatssitzung  am 13.12.2011  wird  dargelegt, dass die Zahl der Spielgeräte in Spielhallen und Gaststätten in Pforzheim von 490 zum 01.01.2007 auf 835 zum  01.01.2010 und auf 905 zum 01.06.2011 angestiegen ist, was eine Steigerung  seit  dem  Jahr  2007  von  70,4  %  im  Jahr  2010  und  von  84,7  %  im  Jahr  2011 ausmacht. Die Zahl der Geldspielgeräte in Spielhallen  -  was hier maßgeblich ist -  sei zudem von 227 zum 01.10.2007, über 338 zum 01.10.2008, 401 zum  01.01.2009,  507  zum  01.10.2010  auf  525  zum  0 1.01.2011  (und  damit  von  2007  bis  2011  um  etwa  130  %)  gestiegen.  Dies  entspricht  indes  einem  landesweiten Trend und  bedeutet keine örtliche Besonderheit für Pforzheim. Wie  sich  aus  der  Darstellung  der  Marktentwicklung  der  Geldspielgeräte  in  Spielhallen von  2006 bis 2012 in Baden-Württemberg in der Untersuchung „Angebotsstruktur  der  Spielhallen  und  Geldspielgeräte  in  Deutschland  2012  (11. Auflage)“ ergibt, ist in  ganz  Baden-Württemberg die Zahl der Geldspielgeräte in Spielhallen  von 8.324 im Jahr 2006, über  10.766 im Jahr 2008, 15.167 im  Jahr 2010 auf 18.775 im Jahr 2012 und somit von 2006 bis 2012 um 125,6 %  gestiegen.  Zwar  liegt  bei  vergleichender  Betrachtung  -  auch  des  Zeitraums  -  die  Zuwachsrate  in  Pforzheim  über  dem  landesweiten  Durchschnitt,  jedoch  kann  nicht  davon  gesprochen  werden,  dass  die  Steigerung  in  Pforzheim  von 

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der  durchschnittlichen  Steigerung  im  Land  Baden-Württemberg  so  signifikant  abweicht,  als  dass  von  einer  atypischen  Situation  in  Pforzheim  gesprochen  werden  könnte.  Insbesondere  ist  kein  „explosionsartiges Wachstum“  oder  eine  „schlagartige  Kapazitätsausweitung  von  Geldspielgeräten“  in  Pforzheim ersichtlich, die nicht dem landesweiten Trend, sondern örtlichen Besonderheiten in Pforzheim zuzuordnen wäre (vgl. zu einer  solchen  Konstellation: Hess.  VGH, Beschluss vom 16.09.2011, a.a.O.).   

Entsprechendes   gilt   für   das   Verhältnis   von   Einwohnern   je   Spielhallengeldspielgerät  in  Pforzheim.  Es  beträgt  nach  der  vom  Senat  beigezogenen  Übersicht  des  Arbeitskreises  Spielsucht  e.V.  in  Pforzheim  zum  01.01 .2012 229,5, während der Landesdurchschnitt bei 385,8 liegt. Dabei ist indes zu beachten, dass es in Baden-Württemberg zahlreiche Kommunen mit einer  noch niedrigeren oder in etwa gleichen Quote wie in Pforzheim gibt, mithin von atypischen Verhältnissen in Pforzheim nicht gesprochen werden kann. So weisen die Kommunen Öhringen und Riedlingen sogar eine Quote von unter hundert Geldspielgeräten  in  Spielhallen  je  Einwohner  auf  (75,9  oder  76,4);  auch  die mit der Einwohnerzahl Pforzheims vergleichbare Stadt Heilbronn hat mit einer Quote von 173,8 Geldspielgeräten in Spielhallen je Einwohner ein  niedrigeres Verhältnis  als  Pforzheim.  Insgesamt  gibt  es  40  Gemeinden  oder  Städte mit  mehr  als  10.000  Einwohnern  mit  einem  unter  der  Quote  von  Pforzheim  liegenden Verhältnis von Geldspielgeräten in  Spielhallen je  Einwohner.  Villingen-Schwenningen weist mit einem Verhältnis von 238,3 einen ähnlichen  Quotienten  wie  Pforzheim  auf.  Abgesehen  von  der  Stadt  Tübingen  (Quote  1.262,3) und vor allem der Stadt Esslingen am Neckar (Quote  3.827,9) haben  Pforzheim  und  die  mit  seiner Einwohnerzahl  vergleichbaren  Städte  (Heilbronn, Villingen-Schwenningen, Ulm, Ludwigsburg und Reutlingen) eine durchschnittliche Quote von 305,6, von der die Pforzheimer Quote ebenfalls nicht in einem  so  gravierenden  Maße  abweicht,  als  dass  atypische  Verhältnisse  angenommen werden könnten .   

Neben der bloßen Betrachtung des statistischen Materials kommt hinzu, dass  kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass in Pforzheim die schädlichen Folgen  des  Missbrauchs  von  Glücksspiel  deutlicher  als  in  anderen  Gemeinden in  anderen  Gemeinden  Baden-Württembergs, 

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Baden-Württembergs zu Tage getreten sind. Zwar wird in der Beschlussvorlage  zur  Gemeinderatssitzung  vom  13.12.20 11 erwähnt, dass nach  Auskunft der  psychosozialen  Beratungs- und  Behandlungsstelle  für  Suchtkranke in  Pforzheim die „Nachfrage  nach  Beratung  in  den  letzten  Jahren  kontinuierlich angestiegen“ und dass „durch die neuen Spielautomaten eine schnellere Entwicklung von problematischem Spielverhalten zur Abhängigkeit gegeben“ sei. 

Dass sich dieser Anstieg und diese Entwicklung in Pforzheim signifikant deutlicher  manifestiert  haben  als  in  anderen  Gemeinden  Baden-Württembergs,  lässt  sich  weder  der  Beschlussvorlage  noch  sonst  den dem Senat  vorliegenden  Akten  und  den  im  Normenkontrollverfahren  gewechselten  Schriftsätzen entnehmen. Nach A ngaben des Vertreters der Antragsgegnerin  in der mündlichen  Verhandlung  vor  dem  Senat  beruhen  die  Angaben  der  Beratungs-  und  Behandlungsstelle  zudem  lediglich  auf  deren  telefonischer  Auskunft;  belastbare schriftliche Auskünfte wurden  der  Beschlussfassung  über  die  Sperrzeitverordnung nicht zu Grunde gelegt und sind auch im Normenkontrollverfahren von Seiten der Antragsgegnerin nicht vorgelegt worden. 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht  zuzulassen, da einer der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegt.  

Rechtsmittelbelehrung 

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. 

Die  Beschwerde  ist  beim  Verwaltungsgerichtshof  Baden-Württemberg,  Schubertstraße  11,  68165  Mannheim  oder  Postfach  10  32  64,  68032  Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung  dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. 
 
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Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 

In  der  Begründung der Beschwerde muss  die grundsätzliche  Bedeutung  der Rechtssache  dargelegt  oder  die  Entscheidung, von der  das  Urteil  abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. 

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer  in  Prozesskostenhilfeverfahren, durch  Prozessbevollmächtigte  vertreten  lassen.  Dies gilt  auch  für  Prozesshandlungen,  durch  die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte  sind  nur Rechtsanwälte oder  Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaats der Europäischen  Union,  eines anderen Vertragsstaates des  Abkommens  über  den  Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, zugelassen.  Behörden  und  juristische  Personen  des  öffentlichen  Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung  zum  Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer  Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.  

Vor  dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 VwGO  bezeichneten  Organisationen einschließlich der von  ihnen  gebildeten juristischen Personen gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO als Bevollmächtigte  zugelassen,  jedoch  nur  in  Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 VwGO betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Ein Beteiligter, der nach  
 
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Maßgabe des § 67  Abs. 4 Sätze 3, 5 und 7 VwGO  zur Vertretung berechtigt  ist, kann sich selbst vertreten. 

Dr. Kirchhof             Vogel              Dr. Kirchhof
                                                      (RaVGH Dr. Walz ist wegen
                                                      Urlaubs an der Beifügung
                                                      seiner Unterschrift ver- 
                                                      hindert) 
 
 
Dr. Haller                         Schiller
                                                                    
Beschluss
vom 20. September 2012

Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz  1, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 54.4 des Streitwertkataloges 2004 auf  7.500 EUR festgesetzt.   

Dr. Kirchhof             Vogel               Dr. Kirchhof
                                                        RaVGH Dr. Walz ist wegen
                                                        Urlaubs an der Beifügung
                                                        seiner Unterschrift ver-
                                                        hindert) 


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Mittwoch, 24. Oktober 2012

VG Trier: Abstandsregelungen im neuen Glücksspielrecht zu Gunsten der Vermittler eingeschränkt anzuwenden

In einem von der Kanzlei Bongers geführten Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht Trier mit Beschluss vom 26.09.2012 dem Eilantrag zu Gunsten eines privaten Vermittlers auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage unter Auflagen stattgegeben. In dem dortigen Verfahren hatte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion dem privaten Vermittler mit Verfügung vom 22.09.2008, ergänzt durch neue rechtliche Erwägungen vom 21.12.2010 und zuletzt im Widerspruchsbescheid vom 01.02.2012, die Sportwettvermittlung an alle Anbieter untersagt und den Vermittler aufgefordert, die Tätigkeit der Sportwettvermittlung sofort einzustellen. Nachdem in der Vergangenheit Eilverfahren für den Antragsteller noch erfolglos blieben, wurde auf einen sogenannten Abänderungsantrag gestützt auf die neue Rechtslage seit Juli 2012 nunmehr dem Antrag unter Auflagen stattgegeben, so dass der Antragsteller die Sportwettvermittlung unter weiterer Beachtung des Jugendschutzes und unter Beachtung der Werbebeschränkungen zunächst weiter ausüben darf. Auch wenn die Entscheidung durch die eingelegte Beschwerde der ADD noch nicht rechtskräftig ist, so enthält die Begründung des Beschlusses durch das Verwaltungsgericht Trier bereits eine erste gerichtliche Einschätzungen zu Teilregelungen des Glücksspieländerungsstaatsvertrages und des entsprechenden Ausführungsgesetzes des Landes Rheinland-Pfalz. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht Trier insbesondere die im Ausführungsgesetz festgeschriebenen Abstandsregelungen unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eng ausgelegt. Das Verwaltungsgericht Trier ist zu Recht der Auffassung, dass auch bei der Auslegung einzelner Teilregelungen, die die Ausübung des Gewerbes einschränken und beschränken, die jeweilige Norm geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein muss. Soweit der Gesetzestext auslegungsbedürftige Regelungen enthält, so ist es dem Gericht selbst möglich, diese unter Beachtung der allgemeinen Rechtsgrundsätze auszulegen und in ihrer Bedeutung und Anwendbarkeit zu konkretisieren. Das Verwaltungsgericht Trier führte zur Vorschrift des § 7 Abs. 2 LGlüG wie folgt aus:

„Was die Vorschrift des § 7 Abs. 2 LGlüG anbelangt, wonach die Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten einer Wettvermittlungsstelle nur erteilt werden darf, wenn diese einen Mindestabstand von 500 m Luftlinie zu einer Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird, nicht unterschreitet, ist derzeit nicht belegt oder sonst erkennbar, dass der Standort der Betriebsstätte des Antragstellers dem nicht Rechnung trägt. Soweit der Antragsgegner auf eine in der Nähe gelegene Außenstelle des Studienkreises …………. verweist, ist das nicht tragfähig. Hierbei handelt es sich um ein privates Unternehmen. Unter dem vom Gesetzgeber gewählten Begriff der „Einrichtung“ sind jedoch solche zu verstehen, die von einem öffentlichen Träger betrieben werden und mit einer erheblichen Konzentration von jugendlichen Besuchern einhergehen. Andernfalls wäre bei der großen Streubreite von gewerblichen Betrieben, die auf jugendliche Besucher bzw. Kunden zielen, eine Konzessionierung privater Dritter faktisch weitgehend ausgeschlossen. Diese Auslegung ist geboten, um insbesondere die Verhältnismäßigkeit der mit der Gesetzesbestimmung einhergehenden Einschränkung der europarechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit Art. 56 AEUV zu gewährleisten. Bei Einrichtungen i.S. des § 7 Abs. 3 LGlüG ist demnach in erster Linie an Schulen oder kommunal betriebene Jugendeinrichtungen (Haus der Jugend) zu denken“.

Zu Recht macht das Verwaltungsgericht Trier zum Ausgangspunkt seiner Prüfung die Frage, ob bei Anwendung der gesetzlich einschränkenden Regelungen überhaupt noch Raum für eine Erlaubniserteilung bleibt. Die mit den neuen glücksspielrechtlichen Regelungen eingeführte Liberalisierung und Öffnung des Marktes auch für Private muss nicht nur nach dem Gesetzestext, also auf dem Papier, sondern auch in ihrer tatsächlichen Umsetzung zu einer Freigabe des Marktes führen. Sollten die gesetzlichen Regelungen dazu führen, dass faktisch eine Erlaubniserteilung fast flächendeckend ausscheidet, verstoßen die gesetzlichen Regelungen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dies nicht nur in Bezug auf Art. 12 GG, sondern insbesondere auch im Hinblick auf die grundrechtsgleichen Rechte nach Unionsrecht.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Trier ist vor allem deshalb eine erste richtungsweisende Entscheidung, da es eine Vielzahl von materiell-rechtlichen Regelungen in den einzelnen Ausführungsgesetzen der Bundesländer gibt, die im Ergebnis am Ende eines Erlaubniserteilungsverfahrens dazu führen könnten, dass der Markt rein faktisch für die privaten Vermittler unzugänglich bleibt. Gerade unter europarechtlichen Gesichtspunkten spielt dabei eine weitere wesentliche Rolle, dass die einzelnen Ausführungsgesetze der Länder aus unserer Sicht ersichtlich darauf ausgelegt sind, den Bestand des Vertriebsnetzes des staatlichen Anbieters Lotto, nämlich tausende von Lotto-Annahmestellen zu erhalten und damit in unverhältnismäßiger Weise zu bevorzugen. Gerade auch Abstandsregelungen wie in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Trier relevant, gelten gerade nicht für Lotto-Annahmestellen des staatlichen Anbieters.

Da die Verfügung zudem an anderer Stelle auch an Ermessensfehlern litt, war dem Antrag unter Auflagen teilweise stattgegeben worden.

Kontakt:
Rechtsanwaltskanzlei Bongers
Rechtsanwalt Peter Aidenberger
Gustav-Heinemann-Ufer 56
D - 50968 Köln



Wolfgang Kubicki und Hans-Jörn Arp: Europäische Kommission bestätigt schleswig-holsteinisches Glücksspielgesetz

Zur heute (23. Oktober 2012) veröffentlichten Mitteilung der Europäischen Kommission zu einem europäischen Rahmen für das Online- Glücksspiel erklären der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki, und der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Hans-Jörn Arp:
„Wir begrüßen, dass die Europäische Kommission die Philosophie des Glücksspielgesetzes Schleswig-Holsteins zur Grundlage ihrer weiteren Arbeit auf europäischer Ebene macht”
So heißt es in der heute vorgestellten Mitteilung der Kommission:

“Alle EU-Mitgliedstaaten sind sich über das Ziel, die Bürger zu schützen, einig, wenngleich sie zum Erreichen dieses Ziels unterschiedliche regulatorische und technische Konzepte anwenden. Angemessene Maßnahmen auf EU-Ebene sind erforderlich, 1) um Verbraucher von nicht regulierten und potenziell schädlichen Angeboten fernzuhalten, 2) zum Schutz von Minderjährigen vor dem Zugang zu Glücksspielangeboten, 3) zum Schutz anderer gefährdeter Gruppen und 4) um der Entwicklung von Störungen in Zusammenhang mit Glücksspielen vorzubeugen (1). Allen Bürgern sollte ein hohes Maß an einheitlichem Schutz im gesamten Binnenmarkt geboten werden.”

Die Kommission achtet uneingeschränkt das Recht der einzelnen Mitgliedstaaten, ihren Regulierungsrahmen für das Glücksspiel festzulegen, sieht jedoch erhebliche Vorteile in der Entwicklung einer Reihe zugelassener Spielmöglichkeiten, um die Verbraucher wirksam von der Nutzung anderer Glücksspielangebote abzuhalten. Die zugelassenen Anbieter müssen hinreichend attraktive Produkte anbieten können, da die Verbraucher sich in Ermangelung glaubwürdiger und nachhaltiger Angebote weiterhin nichtregulierten Glücksspiel-Websites zuwenden werden, mit den sich daraus ergebenden schädlichen Auswirkungen.
Deshalb fordert die Kommission die Mitgliedstaaten u.a. nachdrücklich dazu auf, Möglichkeiten zur Information der Verbraucher über verfügbare zugelassene Angebote zuprüfen, um die Nachfrage auf den legalen Markt zu lenken.‘

1) Z. B. problematisches Spielverhalten, pathologisches Spielverhalten und übermäßiges Spielen.
Weiter heißt es, dass die “nationalen Regulierungsrahmen mit dem EU-Recht vereinbar sein” müssten. (…) Der EuGH habe zudem bekräftigt, dass es sich “bei der Bereitstellung und Nutzung grenzüberschreitender Glücksspielangebote um eine wirtschaftliche Tätigkeit handele, die in den Geltungsbereich der Grundfreiheiten des AEUV falle. Laut Artikel 56 AEUV seien insbesondere Beschränkungen der Freiheit, Dienstleistungen für Leistungsempfänger in anderen Mitgliedstaaten bereitzustellen, verboten.”
„Alle genannten Ziele erfüllt das schleswig-holsteinische Glücksspielgesetz. Unser Gesetz wurde von der EU ohne Nachfragen notifiziert. Der von der neuen Landesregierung befürwortete Glücksspielstaatsvertrag nicht“, sagte Hans-Jörn Arp.

„Im Übrigen kann man die Nachfrage nur dann auf den legalen Markt lenken, wenn man einen legalen Markt hat“, ergänzte Wolfgang Kubicki. „Wer aber Online-Poker nicht zulassen will, schafft keinen legalen Markt. Wer die Anzahl der Lizenzen begrenzt, wird dem Anliegen der Europäischen Kommission nicht gerecht, attraktive Angebote zu entwickeln. Die Haltung der schleswig-holsteinischen Landesregierung ist daher geradezu kontraproduktiv.

Pressesprecherin
Susann Wilke
Landeshaus, 24105 Kiel
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Dienstag, 23. Oktober 2012

Stellungnahme des Deutschen Lotto- und Totoblocks

(DLTB) zur heutigen Vorlage des Aktionsplans der EU-Kommission zum Online-Glücksspiel
Zur Pressemitteilung der Europäischen Kommission von heute, Dienstag, 23. Oktober 2012, anlässlich der heutigen Vorlage ihres Aktionsplans zum Online-Glücksspiel nimmt Erwin Horak, Präsident von LOTTO Bayern und Federführer im Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB), wie folgt Stellung:
“Der Glücksspielstaatsvertrag sorgt in Deutschland für ein hohes Maß an Spieler- und Jugendschutz – EU-Kommission bestätigt ihre Entscheidung zum Glücksspielstaatsvertrag”
Die EU-Kommission hat mit ihrer heutigen Vorlage ihre Entscheidung vom März 2012 zum Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestätigt und sich gegen wirtschaftliche Einzelinteressen der kommerziellen Glücksspielindustrie ausgesprochen. Sie hat damit anerkannt, dass in Deutschland ein hohes Maß an Spieler- und Jugendschutz gewährleistet ist.
Die Angemessenheit und Notwendigkeit von Maßnahmen zur Einschränkung grenzüberschreitender Glücksspielangebote ist gesellschaftspolitisch begründet.
Die Kommission hat mit ihrem Aktionsplan ein wichtiges Signal für den konsequenten Vollzug gegen das illegale Glücksspiel gesetzt. Jetzt sind die Länder aufgerufen, diese Empfehlungen umzusetzen.
Tatsache ist: Die Kommission wie auch der Europäische Gerichtshof in seiner laufenden Rechtsprechung haben stets betont, dass es Sache der EU-Mitgliedsstaaten – auch der Bundesländer – ist zu entscheiden, wie sie das Glücksspiel regeln wollen. “
Bernhard Brunner
Staatliche Lotterieverwaltung Bayern
Federführende Gesellschaft im Deutschen Lotto- und Totoblock
Unternehmenskommunikation
Tel.: +49 (0)89 286 55 395
Fax: +49 (0)89 286 55 18395
E-Mail: bernhard.brunner@lotto-bayern.de

EU-Kommission legt Aktionsplan zum Online-Glücksspiel vor

Europäische Kommission
Brüssel, 23. Oktober 2012
Kommission legt Aktionsplan zum Online-Glücksspiel vor
Das Online-Glücksspiel ist eine der am schnellsten wachsenden Dienstleistungstätigkeiten in der EU mit jährlichen Wachstumsraten von knapp 15 % und jährlichen Einnahmen von schätzungsweise 13 Mrd. EUR im Jahr 2015. Es entwickelt sich parallel zu den raschen Fortschritten in der Online-Technologie. Die Online-Glücksspieldienste decken ein breites Spektrum an Glücksspielen ab, von Sportwetten über Poker und Kasinospiele bis hin zu Lotterien, und 6,8 Mio. Verbraucher nehmen an einer oder mehreren Arten von Online-Glücksspielen teil. Allerdings gibt es auch Tausende unregulierter Glücksspiel-Websites, oft von außerhalb der EU, zu denen die Verbraucher Zugang haben und die erhebliche Risiken, beispielsweise in Bezug auf Betrug und Geldwäsche, bergen.
Das Online-Glücksspiel in der EU ist geprägt durch unterschiedliche nationale Vorschriften. Ungeachtet ihrer Verpflichtung zur Einhaltung der EU-Vorschriften können die Mitgliedstaaten nämlich aus Gründen des Schutzes von Zielen des öffentlichen Interesses in Zusammenhang mit Glücksspielen die Erbringung aller oder bestimmter Arten von Online-Glücksspieldienstleistungen einschränken oder begrenzen. Eine wachsende Zahl von Mitgliedstaaten überarbeitet derzeit ihre nationalen Vorschriften und Verfahren, um sich den anstehenden Herausforderungen zu stellen. Die größten regulatorischen, gesellschaftlichen und technischen Probleme können die Mitgliedstaaten jedoch nicht alleine lösen. Dies gilt insbesondere wegen der grenzübergreifenden Dimension des Online-Glücksspiels.
Heute stellt die Kommission einen Aktionsplan sowie eine Reihe von für die kommenden zwei Jahren geplanten Initiativen vor, durch die die Regulierung des Online-Glücksspiels klargestellt und die Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit angeregt werden sollen.
Dazu der für Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständige Kommissar Michel Barnier: "Die Verbraucher oder besser gesagt alle Bürgerinnen und Bürger müssen angemessen geschützt und Geldwäsche und Betrug verhindert werden, und im Sport müssen Spielabsprachen in Zusammenhang mit Sportwetten vermieden werden. Außerdem müssen die nationalen Vorschriften mit dem EU-Recht konform sein. Das sind die Ziele des heute verabschiedeten Aktionsplans."
Die wichtigsten Punkte der Mitteilung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Kommission schlägt keine EU-weit geltende Rechtsvorschrift zum Online-Glücksspiel vor, sondern eine Reihe umfassender Maßnahmen und gemeinsamer Schutzprinzipien.
Es steht den Mitgliedstaaten zwar grundsätzlich frei, die Ziele ihrer Politik zum Online-Glücksspiel festzulegen, doch bildet die Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eine Voraussetzung für eine erfolgreiche EU-Politik zum Online-Glücksspiel. Die Kommission wird eine Expertengruppe einsetzen, um den Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über die Regulierung zu erleichtern. Dies wird zur Entwicklung eines gut regulierten, sichereren Online-Glücksspielsektors in der EU beitragen, wodurch wiederum verhindert wird, dass Verbraucher auf nicht regulierte Websites gelangen.
Kinder und andere gefährdete Gruppen bedürfen eines besonderen Schutzes, da 75 % der EU-Bürger unter 17 Jahren das Internet nutzen. Die Kommission unterstützt daher die Entwicklung besserer Instrumente für eine wirksame Alterskontrolle und von Filtern für Online-Inhalte. Außerdem drängt sie auf eine verantwortungsvollere Werbung und ein verstärktes Bewusstsein der Eltern für die mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren.
Neben dem Schutz Minderjähriger vor Glücksspielen besteht auch eine Verantwortung gegenüber denjenigen Bürgern und Familien, die bereits unter den Folgen der Spielsucht (0,5-3 % der Bevölkerung) oder anderer Störungen in Zusammenhang mit Glücksspielen zu leiden hatten. Dafür werden wirksame Behandlungs- und Präventionsverfahren benötigt und ist ein besseres Verständnis der eigentlichen Ursachen erforderlich.
Ein weiteres zentrales Ziel ist die Prävention und Abschreckung von Betrug und Geldwäsche im Zusammenhang mit dem Online-Glücksspiel. Aufgrund des grenzübergreifenden Charakters können die einzelnen Mitgliedstaaten Betrugsbekämpfungsmechanismen nicht wirksam anwenden. Um das Problem von allen Seiten zu bekämpfen, brauchen wir einen Ansatz, bei dem EU, Mitgliedstaaten und Branche an einem Strang ziehen
Ein hohes Maß an Zusammenarbeit ist erforderlich, um vor allem die Integrität des Sports zu erhalten. Spielmanipulationen im Zusammenhang mit Sportwetten widersprechen der Grundidee von Fairplay und sportlichem Wettbewerb. Zu ihrer Bekämpfung wird die Kommission einen rascheren Informationsaustausch, Mechanismen für Hinweisgeber (whistle-blowing) und insgesamt die Zusammenarbeit zwischen Interessenvertretern, Betreibern und Regulierungsbehörden auf nationaler und internationaler Ebene fördern, um die Integrität des Sports zu wahren und die Aufklärung und Sensibilisierung der Sportler zu verbessern.
Konkret wird die Kommission drei an die Mitgliedstaaten gerichtete Empfehlungen zu folgenden Themen annehmen: i) gemeinsamer Verbraucherschutz, ii) verantwortungsvolle Glücksspielwerbung und iii) Prävention und Bekämpfung von Spielabsprachen in Zusammenhang mit Wetten.
Weitere Maßnahmen sehen unter anderem die Förderung des Benchmarking und der Prüfung von Werkzeugen der elterlichen Kontrolle, die Ausweitung des Geltungsbereichs der Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit zur Prävention von Spielabsprachen vor.
Die Mitgliedstaaten werden ferner dringend aufgefordert, Erhebungen über Glücksspielstörungen durchzuführen und einschlägige Daten zu erfassen, die Weiterbildung von Richtern hinsichtlich Betrug und Geldwäsche in Verbindung mit Glücksspielen zu fördern und nationale Kontaktstellen für die Zusammenführung aller an der Bekämpfung von Spielabsprachen beteiligten Akteure einzurichten.
Hintergrund und nächste Schritte
Die heutige Mitteilung ist eine Folgemaßnahme der Konsultation zum Grünbuch, die im vergangenen Jahr durchgeführt wurde (siehe IP/11/358).
Eine erste Sitzung der Expertengruppe zusammen mit den Mitgliedstaaten ist für Dezember 2012 geplant und 2013 wird die Kommission eine Konferenz der Beteiligten ausrichten.
Die Kommission wird die Durchführung des Aktionsplans und die in der gesamten EU erzielten Fortschritte zwei Jahre nach der Annahme dieser Mitteilung bewerten.
Ab dem heutigen Tag wird die Kommission Informationsersuchen an die Mitgliedstaaten richten, gegen die seit 2008 Vertragsverletzungsverfahren anhängig sind, um sich einen vollständigen, genauen und aktuellen Überblick über die jüngsten Entwicklungen bei den nationalen Rechtsvorschriften zu verschaffen. Auch die Mitgliedstaaten, gegen die Beschwerden registriert wurden, werden um Informationen ersucht. Die Kommission geht davon aus, dass dank der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten die Probleme bei der Vereinbarkeit nationaler Maßnahmen mit dem bestehenden EU-Recht fristgerecht und zufriedenstellend gelöst werden.
Siehe auch MEMO/12/798
Weitere Informationen
Die Mitteilung und das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen sowie die Zusammenfassung der Antworten im Rahmen der öffentlichen Konsultation zum Grünbuch sind auf der Website der Kommission abrufbar unter:
Quelle

Anwendung des Rechts der Europäischen Union
Verstöße

Jeder Mitgliedstaat ist für die Durchführung (fristgerechte Umsetzung, Konformität und ordnungsgemäße Anwendung) des Unionsrechts im Rahmen seiner innerstaatlichen Rechtsordnung verantwortlich. Gemäß den Verträgen wacht die Europäische Kommission über die ordnungsgemäße Anwendung des Unionsrechts. Für den Fall, dass ein Mitgliedstaat das Unionsrecht nicht einhält, hat die Kommission (im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens) Befugnisse, die in Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 141 EAG-Vertrag vorgesehen sind, um Verstöße abstellen zu lassen. Gegebenenfalls ruft sie den Gerichtshof an.
Ein Mitgliedstaat begeht einen Verstoß, wenn er die sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllt. Der Verstoß kann somit in einer Handlung oder einer Unterlassung bestehen. Als Staat einzustehen hat der Mitgliedstaat, der gegen das Unionsrecht verstößt, ungeachtet der staatlichen Stelle, die für die Nichterfüllung verantwortlich ist.
Im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens leitet die Europäische Kommission als erstes ein Verwaltungsverfahren ein („Verstoßverfahren“). Mit dem Verwaltungsverfahren wird bezweckt, dass der betreffende Mitgliedstaat den Anforderungen des Unionsrechts freiwillig nachkommt.

Das Verfahren umfasst mehrere förmliche Phasen, denen eine Prüfungsphase vorausgehen kann. Dies gilt insbesondere für Vertragsverletzungsverfahren, die aufgrund von Beschwerden eingeleitet werden.

Erste Etappe des vorgerichtlichen Verfahrens ist ein Fristsetzungsschreiben, mit dem die Europäische Kommission einen Mitgliedstaat auffordert, innerhalb einer bestimmten Frist zu einem aufgetretenen Problem der Anwendung des Unionsrechts Stellung zu nehmen.

Ihren Standpunkt zu dem Verstoß bringt die Europäische Kommission in der sogenannten „mit Gründen versehenen Stellungnahme“ zum Ausdruck, in der der Gegenstand einer möglichen Vertragsverletzungsklage vor dem Gerichtshof dargelegt wird und in der der Mitgliedstaat aufgefordert wird, den Verstoß innnerhalb einer bestimmten Frist abzustellen. In der mit Gründen versehenen Stellungnahme muss schlüssig und detailliert dargelegt werden, aus welchen Gründen die Europäische Kommission zu dem Schluss gekommen ist, dass der betreffende Staat einer Verpflichtung, die sich aus dem Vertrag ergibt, nicht nachgekommen ist.

Mit der Anrufung des Gerichtshofs wird das gerichtliche Verfahren eingeleitet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verfügt die Europäische Kommission über einen Ermessensspielraum, was die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens und die Einreichung der Vertragsverletzungsklage angeht (auch noch zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichtshofs).  Quelle



Montag, 22. Oktober 2012

DIE WELT: EU will Deutschland wegen Online-Wetten verklagen


EU will Online-Glücksspiel liberalisieren
Doppeltes Spiel der Bundesländer
Seit Jahren blockieren die EU-Staaten die Liberalisierung des Glücksspielmarktes. Denn sie selbst verdienen Milliarden an der Spielsucht ihrer Bürger. Jetzt platzt der EU-Kommission der Kragen.

Barnier ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten „die Angemessenheit und Notwendigkeit“ der Einschränkung grenzüberschreitender Spielangebote belegen müssen.  Weiter zum vollständigen Artikel ...

Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier strebt jetzt ein EU-weites Gesetz an.
Sein besonderes Anliegen: das Aufbrechen der in vielen Staaten vorhandenen Monopole, die nicht nur seiner Meinung nach, sondern auch jener von Verfassungsrechtlern gegen die Wettbewerbsfreiheit im Binnenmarkt verstoßen.Weiter zum vollständigen Artikel ...

Künftig will Brüssel "gegen jene Mitgliedstaaten vorgehen, deren nationale Gesetze im Wettbereich nicht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs übereinstimmen", zitierte am Montag die deutsche Zeitung "Die Welt" aus Barniers Text.

Österreich musste seinen Glücksspielmarkt wegen eines EuGH-Urteils aus dem Jahr 2010 auf neue rechtliche Beine stellen, aber auch das neue Glücksspielgesetz (GSpG) ist Monopolgegnern und auch einigen Rechtsexperten zufolge nicht ganz EU-rechtskonform, einzelne Bestimmungen seien zu sehr auf den Casinos-Austria-Konzern zugeschnitten, wird moniert.

Ähnlich die Situation in Deutschland: Hier verstoßen die Vorschriften für den Online-Glücksspielmarkt laut einem EuGH-Urteil aus dem Jahr 2010 gegen EU-Recht.

Mindestens 700 Beschwerden würden derzeit von den Gerichten in der EU verhandelt. Weiter zum vollständigen Artikel ...




A-Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs kommt nächstes Jahr

Die Vergabe der Glücksspiellizenzen beschäftigt seit längerem die Justiz.

Österreich musste wegen eines EuGH-Urteils im Jahr 2010 seinen Glücksspielmarkt auf neue rechtliche Beine stellen und die Konzessionen für Casinos sowie den Betrieb der Lotterien erstmals europaweit ausschreiben.

Neben dem VfGH muss sich auch die EU - wieder - mit der österreichischen Glücksspielregelung auseinandersetzen.

Zum einen hat kürzlich Lottelo Beschwerden bei der EU-Kommission wegen verbotener Beihilfen eingebracht.

Zum anderen rief der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) in Oberösterreich den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg an...

Weiter zum vollständigen Artikel ...










Donnerstag, 18. Oktober 2012

BGH: Keine Staatshaftungsansprüche für Sportwettenanbieter wegen Europarechtsverstoß

BGH-URTEIL  III ZR 196/11 vom 18.10.2012  (pdf-download)

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

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Nr. 178/2012 vom 18.10.2012

Keine Staatshaftungsansprüche für Sportwettenanbieter wegen Europarechtsverstoß

Der unter anderem für die Staatshaftung zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute die Abweisung von zwei Schadensersatzklagen einer  Sportwettenanbieterin gegen zwei bayerische Städte und den Freistaat Bayern bestätigt. 

Die Klägerin  verfügte über eine Erlaubnis der gibraltarischen Behörden für die Veranstaltung von Sportwetten, die sie in Bayern auch über Wettbüros vertrieb, welche von selbständigen Geschäftsbesorgern geführt wurden. Die beklagten Städte untersagten im Jahr 2005 unter Bezugnahme auf den bis zum 31. Dezember 2007 gültigen Staatsvertrag zum Lotteriewesen einem Geschäftsbesorger die Vermittlung von Sportwetten, weil er nicht die erforderliche staatliche Erlaubnis besaß.  Ferner ordneten sie die sofortige Vollziehung ihrer Verfügungen an.  Die hiergegen gerichteten Widersprüche und bei den Verwaltungsgerichten angebrachte Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Rechtsbehelfe blieben ohne Erfolg. 

Nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteilen vom 8. September 2010 das deutsche Sportwettenmonopol für mit der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV, früher Art. 49 EGV) unvereinbar erklärt hat, fordert die Klägerin nunmehr Schadensersatz für die aufgrund der Untersagungsverfügungen entgangenen Gewinne in den Jahren 2006 und 2007.

Die Vorinstanzen haben einen unionsrechtlichen Schadensersatzanspruch verneint. Dies hat der III. Zivilsenat bestätigt. Voraussetzung für einen solchen Schadensersatzanspruch ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass die betreffende öffentliche Körperschaft in "hinreichend qualifizierter" Weise gegen Unionsrecht verstoßen hat. Hierfür sind unter anderem entscheidend das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift sowie die Fragen, ob der Verstoß vorsätzlich begangen wurde und ob ein etwaiger Rechtsirrtum entschuldbar ist. Dass die Behörden und die Gerichte in Bayern aufgrund des in dem seinerzeit gültigen Staatsvertrag geregelten Sportwettenmonopols die Tätigkeit des Geschäftsbesorgers der Klägerin unterbanden und der bayerische Gesetzgeber das Monopol aufrecht erhielt, stellte hiernach keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht dar. Aufgrund der bis zum Jahr 2005 ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Sportwettenmonopolen in anderen Mitgliedstaaten war noch nicht hinreichend klar, dass die Ausgestaltung des Monopols in Deutschland europarechtswidrig war. 

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 entschieden, die in den deutschen Ländern geltenden Regelungen zum Sportwettenmonopol seien verfassungswidrig, da sie in sich nicht stimmig seien. Zugleich hat es ausgeführt, die insoweit bestehenden Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts liefen parallel zu denen, die das europäische Gemeinschaftsrecht an derartige Monopole stelle. Gleichwohl durften die bayerischen Behörden und Gerichte sowie der Landtag auch nach dieser Entscheidung davon ausgehen, dass der Vertrieb von Sportwetten durch andere Anbieter als die Monopolgesellschaften auch nach dem europäischen Recht weiter unterbunden werden durfte. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2007 für die Fortgeltung der Monopolvorschriften zugestanden. In dieser Zeit durften die Regelungen jedoch nur unter bestimmten Maßgaben, die den vom Gericht beanstandeten Unstimmigkeiten entgegenwirkten, angewandt werden. Die Behörden, Gerichte und Gesetzgeber durften deshalb davon ausgehen, dass bei Einhaltung dieser Maßgaben schon vor der gesetzlichen Neuregelung der Sportwetten ein verfassungs- und aufgrund der Parallelität der Anforderungen auch ein unionrechtskonformer Zustand hergestellt wurde. Dass in Bayern die Maßgaben eingehalten wurden, ist den Behörden in einer Vielzahl von, zum Teil auch vom Bundesverfassungsgericht gebilligten, Verwaltungsgerichtsentscheidungen bestätigt worden.  

Urteile vom 18. Oktober 2012 

III ZR 196/11

LG Landshut - 54 O 30/10 – Entscheidung vom 30. November 2010

OLG München - 1 U 392/11 – Entscheidung vom 15. Juli 2011

und 

III ZR 197/11

LG Passau - Az. 1 O 1118/09 vom 04.11.2010; 

OLG München - Az. 1 U 5279/10 vom 15.07.2011; 

Karlsruhe, den 18. Oktober 2012

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe

mehr zur Staatshaftung nach Unionsrecht


BGH am 13.9.2012, III ZR 249/11  (pdf-download)
Kein Schadensersatzanspruch bei Vollziehung eines unrichtigen Steuerbescheides

Durch die Vollziehung von (unrichtigen) Steuerbescheiden entstandene Schäden sind nicht nach § 945 ZPO - auch nicht analog - zu ersetzen. Dies gilt auch dann, wenn dem Erlass der Steuerbescheide ein Arrestverfahren vorausgegangen ist, das zur Pfändung einer Forderung geführt hat.

Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte 1977 ein Grundstück erworben, auf dem er eine Tennisanlage errichtete. Die Sportanlage verpachtete er. Im Jahr 1993 veräußerte der Kläger das Grundstück für 15 Mio. DM an eine Bank. Nach einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass der Veräußerungserlös der Tennisanlage als gewerbliche Einkünfte steuerlich zu erfassen gewesen wäre. Aufgrund des Verdachts der Steuerhinterziehung fand daraufhin eine Fahndungsprüfung für die Jahre 1988 bis 1996 statt,  Weiter zum vollständigen Artikel ...    

Land will Entschädigungsurteil anfechten
KARLSRUHE Das Oberlandesgericht hat entscheiden, dass vier verurteilte Vergewaltiger insgesamt 240.000 Euro Entschädigung bekommen, weil sie zu lange in Sicherungsverwahrung sitzen mussten.  Weiter zum vollständigen Artikel ...

es geht auch anders:

Illegale Abhöraktion -  neuseeländische Behörden verstoßen gegen Gesetze
Der Gründer der Internetplattform Megaupload will und darf die Geheimdienste des Landes verklagen. Jetzt drohen dem Staat Schadensersatzansprüche in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar.   weiter zum vollständigen Artikel....