Das Verwaltungsgericht führt in seinem Urteil insbesondere aus, dass die angefochtene Untersagungsverfügung nicht auf die Nichterfüllung der Erlaubnispflicht und damit auf § 9 Abs. 1 Satz 3 des Glücksspielstaatsvertrages gestützt werden kann. Auch die normierte Erlaubnispflicht verstoße gegen höherrangiges Recht und sei namentlich mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der europäischen Union nicht vereinbar.
Dies folge insbesondere aus einer erforderlichen Zusammenschau des im Glücksspielstaatsvertrag und im Ausführungsgesetz des Landes NRW zum Glücksspielstaatsvertrag normierten Sportwettmonopols zugunsten staatlicher Anbieter. Das Verwaltungsgericht prüft insbesondere das vom EuGH aufgestellte Kohärenzkriterium und kommt zu der Schlussfolgerung, dass in Deutschland keine kohärente Gesetzeslage besteht.
Das Gericht hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass offenbar auch die Ministerpräsidenten der Bundesländer der Auffassung sind, dass der geltende Glücksspielstaatsvertrag nicht den vom EuGH formulierten Anforderungen an das Gesamtkohärenzerfordernis genüge. Auf die Frage, ob sich die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettmonopols auch noch zusätzlich auf eine unzulässige Werbung des Monopolinhabers ergäbe, komme es hiernach nicht mehr entscheidend an.
Ebenfalls finde eine vom EuGH als monopolschädlich eingestufte Werbung in Deutschland namentlich insbesondere bei den Jackpotausspielungen und den Aktionen "Lotto hilft" vollumfänglich statt. Es werde nach wie vor aggressiv für Produkte der Lotteriegesellschaften geworben, wobei die Werbung unter dem verharmlosenden Stichwort "Lotto informiert" erfolge. Indes sei festzustellen, dass die Werbung für ansteigende Jackpots sogar jeweils fast hysterische Züge annehme.
Besonders hervorzuheben ist, dass das Verwaltungsgericht völlig zutreffend ausführt, dass das bloße Fehlen einer Erlaubnis nicht zur Begründung einer Untersagungsverfügung herangezogen werden kann. Dies gerade schon deshalb nicht, weil es für den betreffenden Sportwettvermittler gar keine rechtliche Möglichkeit gibt, eine solche Erlaubnis zu erlangen. Dies ergäbe sich insbesondere auch aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010. Das Bundesverwaltungsgericht hätte die Angelegenheiten in den dortigen Revisionsverfahren nicht an den Bayerischen VGH zurückverweisen können, wäre es anderer Auffassung gewesen.
Das Gericht hat die Berufung gegen das Urteil nicht ausdrücklich zugelassen. Dennoch besteht die Möglichkeit für die Behörde, hier einen Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen.
Damit hat ein weiteres Verwaltungsgericht in einem Hauptsacheverfahren zugunsten eines Sportwettvermittlers entschieden. Die Entscheidung reiht sich ein in die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Stuttgart, Arnsberg, Hamburg, Berlin, Chemnitz, Halle, Köln oder Bremen.
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Rechtsanwalt Guido Bongers
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D - 61348 Bad Homburg
Bereits am 05.10.09, also vor der EuGH Entscheidung vom 08.09.2010, stellte das VG Minden (3 L 473/09) fest, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, ob die angefochtene Verfügung auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Ziff. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen (GlüStV) gestützt werden kann.
Nationale Regelungen, die - wie das in Frage stehende Sportwettenmonopol - die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit (Art. 43 und 49 EG) beschränken, sind nur unter vier Voraussetzungen zulässig:
- Sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden,
- sie müssten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen,
- sie müssen zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sein und
- sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
Vgl. dazu: EuGH vom 23.10.1997 - C-189/95 (Lexezius) - Rdnr. 42, Urteil vom 26.10.2006 - C-65/05 - Rdnr. 49 und Urteil vom 05.06.2007 - C-170/04 (Rosengren)-.Wenn die Zahl der Wirtschaftsteilnehmer beschränkt wird mit dem Ziel, die Gelegenheit zum Glücksspiel zu vermindern, muss die Beschränkung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in jedem Fall dem Anliegen gerecht werden, die Gelegenheiten zum Spiel wirklich zu vermindern und die Tätigkeiten in diesem Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen.
EuGH, Urteil vom 06.03.2007 - C-338/04, C-359/04 und C-360/04 (Plancanica u.a.) - Rdnr. 58.Ob das in Deutschland begründete Sportwettenmonopol diesen Anforderungen genügt, ist zweifelhaft. Die Kammer hält insoweit auch nach erneuter Überprüfung an der den Beteiligten bekannten Auffassung fest (vgl. zuletzt Beschluß vom 20.05.2009 - 3 L 176/09-).
weiterlesen (pdf-download)
vgl. VG Kassel 09.08.2010
VG Berlin vom 03.11.10
Anmerkung:
Ein Monopol ist nur bei Einhaltung aller o.g. vier Voraussetzungen zulässig – fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist das Monopol bereits unzulässig !