Donnerstag, 10. März 2011

LG Köln: Keine Lottoscheine für Hartz-IV-Empfänger

Köln (dpa/lnw) - Westlotto darf nach einem Gerichtsentscheid keine Lottoscheine an Hartz-IV-Empfänger verkaufen. Das bestätigte am Donnerstag der Sprecher des Kölner Landgerichts, Dirk Eßer.

Lotto-Annahmestellen sind ratlos, wie sie das Verbot in der Praxis umsetzen sollen. weiterlesen

Konkret wurde Westlotto auferlegt, keine Spiel- oder Wettscheine oder Rubbellose zu verkaufen an Personen, die “Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen stehen, insbesondere Hartz-IV-Empfänger sind”, zitiert die „Westdeutschen Zeitung“ aus dem Beschluss des Landgerichts.
Die Regelsätze sehen nach der neuen Gesetzgebung nur eine finanzielle Unterstützung für die Grundsicherung vor. Alkohol, Tabak oder wie in dem betreffenden Fall das Glücksspiel gehören nach Ansicht der Richter nicht zu diesen Leistungen. Auch die im Staatsvertrag verankerte Verpflichtung der Länder, die Teilnehmer an den Glücksspielen zu verantwortungsbewusstem Spiel anzuhalten, würde nicht im Einklang mit dem Verkauf dieser Produkte an Personen stehen, die sich finanzielle Hilfen zum Lebensunterhalt beziehen. Bei einer Zuwiderhandlung droht das Gericht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder bis zu sechs Monaten Haft an.

Westlotto wurde vorgeworfen, gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und den seit 2008 geltenden Glücksspielstaatsvertrag verstoßen zu haben. Darin ist unter anderem festgehalten, dass Minderjährige, Spielsüchtige, aber auch Menschen mit geringen Einkünften wie Hartz-IV-Empfänger vor Glücksspielen geschützt werden müssen. weiterlesen und

WestLotto wehrt sich gegen Spielverbot für Hartz-IV-Empfänger weiterleiten

Kein Glücksspiel für Hartz-IV Empfänger? - Lottoverband NRW unterstützt Annahmestellen und Verbraucher in NRW.

Tobias Buller, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Lotto- und Totoverbandes der Annahmestelleninhaber in NRW, kann kaum glauben, was ihm heute als Eilnachricht auf den Tisch kommt: Das Landgericht Köln verbietet der Westdeutschen Lotterie (WestLotto), u. a. den rund 557.130 Hartz-IV-Empfängern in Deutschland die Teilnahme an Sportwetten zu ermöglichen. Geklagt hat ein Unternehmen, das in Deutschland keine Konzession für Sportwetten oder Lotterien besitzt und folglich auf Basis der Glücksspielstaatsvertrag gültigen gesetzlichen – in Deutschland als Regelung illegaler Anbieter dem zu bezeichnen ist.

Aus den Medienberichten ist zu entnehmen, dass es WestLotto – und damit jeder Annahmestellen in NRW – ab sofort untersagt ist, Spielaufträge von Hartz-IV Empfängern anzunehmen. Tobias Buller: "Wir halten eine solche Regelung für ethisch äußerst bedenklich. WestLotto kooperiert mit professionellen Suchtberatungsstellen gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wie und der der Bundeszentrale für Landesfachstelle für Glücksspielsucht. Die Mitarbeiter unserer Annahmestellen sind für mögliche Auffälligkeiten im Hinblick auf Glücksspielsucht bereits seit langem geschult.

Dabei ist nicht entscheidend, aus welcher sozialen Herkunft der auffällige Spielteilnehmer kommt. Spielsüchtige finden sich in allen sozialen Schichten und nicht nur bei Hartz-IV Empfängern."

"Wir halten den vorliegenden Beschluss auch deshalb für diskriminierend gegenüber den Hartz IV-Empfängern, weil auch in der Hartz IV- W Regelsatzberechnung für Freizeitausgaben ein Regelbetrag berücksichtigt ist."

Buller kann sich heute vor lauter Anrufen in der Verbandszentrale in Münster kaum retten: "Vielleicht könnte in diesem Gerichtsbeschluss auch gleich erläutert werden, wie vor Ort Hartz-IV Empfänger identifiziert werden sollen!" "Es ist den Mitarbeitern vor Ort nicht zumutbar, die Kunden in den Geschäften nach Ihren Einkommensverhältnissen zu fragen", sagt Buller.

Seit Monaten plädiert Glücksspielmonopols der Verband für was heute wieder die Beibehaltung einmal Thema des der Ministerpräsidentenkonferenz ist. "An diesem Verfahren kann die Politik sehr einfach sehen was passiert, wenn das Monopol fällt", so Buller weiter: "Anbieter aus dem Ausland agieren über Internet – werden dort zunächst Einkommensnachweise per Mail angefordert?" fragt sich der Verbandschef.

"WestLotto hat bereits Rechtsmittel gegen diese Verfügung angekündigt", weiß Buller, "was aber nicht bedeutet, dass die Verfügung zur Zeit nicht zu beachten ist!"

Kontakt:
Tobias Buller
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
Telefon: (02 51) 41 41 6 – 313
Telefax: (02 51) 41 41 6 – 913
E-Mail: t.buller@ltv-nrw.com



Lotterien dürfen nach einer Verfügung des Kölner Landgerichts keine Sportwetten an Hartz-IV-Empfänger verkaufen. Um solche Verkäufe nachzuweisen hat ein Wett-Anbieter offenbar getarnte Testkäufer eingesetzt. Quelle

Lotto informiert: Landgericht Köln vertagt Entscheidung über den "Hartz IV-Sportwetten Beschluss"
07.04.2011 14:54

- Urteilsspruch auf 5. Mai angesetzt
- Teilnahmeverbot gilt aktuell fort

Münster, den 7. April 2011 – Das Landgericht Köln bestätigte mit heutigem Beschluss vorerst seine Entscheidung, wonach WestLotto dafür Sorge zu tragen habe, dass Hartz IV-Empfänger nicht an den Sportwetten Oddset und Toto teilnehmen können.

Am heutigen Tag verhandelte das Landgericht Köln über die Richtigkeit der Einstweiligen Verfügung und kündigte mit überraschend langer Frist für den 5. Mai 2011 ein Urteil an.

In der mündlichen Verhandlung konkretisierte das Gericht zunächst die unklare Formulierung des ausgesprochenen Verbots. Es stellte klar, dass nach Ansicht des Gerichtes die Annahmestellen nur dann dazu verpflichtet seien, Hartz IV-Empfänger von der Spielteilnahme auszuschließen, wenn diese selbst gegenüber den Annahmestellenmitarbeitern bestätigen, dass sie Leistungsempfänger seien und nicht über ausreichende Finanzmittel verfügten, um Sportwetteneinsätze zu tätigen. Liege ein solcher Fall vor, müsse die Annahmestelle dem Spieler die Teilnahme verweigern, auch wenn diese Rechtsfolge nicht ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sei.

"Wir müssen nach der heutigen Verhandlung leider zur Kenntnis nehmen, dass durch das Gericht die Chance vertan wurde, kurzfristig eine Regelung aus dem Verkehr zu ziehen, die trotz der vom Gericht dargelegten Konkretisierungen über das gesetzliche Ziel hinausschießt. Das Gesetz sieht nämlich für die Sperrung von Spielern ein rechtsstaatliches Verfahren vor, in dem auch der Spieler selbst gehört wird. Eine willkürliche Teilnahmeverweigerung durch das Personal der Annahmestellen widerspricht dem Persönlichkeitsschutz der Spielteilnehmer. WestLotto hofft nun auf ein positives Urteil am 5. Mai. Westlotto wird sich weiterhin – gegebenenfalls auch in einem Berufungsverfahren – für den Anspruch auch von Hartz IV Empfängern einsetzen, nicht bei der Teilnahme an Lotterien und Sportwetten diskriminiert zu werden.", kommentierte WestLotto-Geschäftsführer Theo Goßner das Verhandlungsergebnis.

Quelle: Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG


Der von WestLotto angestrebten Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen die Annahme von Sportwetten von Hartz-IV-Empfängern folgte die Kammer in der mündlichen Verhandlung nicht. Stattdessen deutete der Vorsitzende Richter an, dass er die einstweilige Verfügung wohl im Wesentlichen bestätigen wird. Das Urteil soll am 5. Mai verkündet werden. Ein Sprecher von WestLotto kündigte bereits Berufung an. weiterlesen

Ohne Moos kein Los - Hartz IV-Empfänger dürfen nicht mehr Lotto spielen

update vom 06.08.2010

(OLG) Köln (Az.: 6 U 80/11) kippt pauschales Wett-Verbot für Hartz-IV-Empfänger und widersprach dem LG Köln.


Oberlandesgericht hebt einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln auf
Veröffentlicht am 08.08.2011 14:27 Uhr

Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Köln

Oberlandesgericht hebt einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln zur Teilnahme von Personen in Privatinsolvenz und von Personen, die als Empfänger von Arbeitrslosengeld II einen Spieleinsatz von 50,50 Euro riskieren, an Sportwetten auf

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat heute (Freitag, 05.08.2011) in der Berufungsinstanz in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mündlich verhandelt und ein Urteil des Landgerichts Köln vom 05.05.2011 zur Ermöglichung der Teilnahme an Sportwetten von Personen, von denen bekannt geworden ist, dass sie überschuldet sind (Privatinsolvenz) oder dass sie in Relation zu ihrem Einkommen unverhältnismäßige Spieleinsätze riskieren (Empfänger von Arbeitslosengeld II mit Spieleinsatz von 50,50 Euro), abgeändert und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung insoweit zurückgewiesen.

Antragstellerin in dem einstweiligen Verfügungsverfahren ist eine in Malta ansässige Gesellschaft, die in Deutschland Glücksspiele vor allem über das Internet anbietet. Antragsgegnerin ist die Lotteriegesellschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, die Westdeutsche Lotterie GmbH und Co. KG. Die Antragstellerin stützt ihren Unterlassungsantrag auf den Erwerb von Wettscheinen der Sportwette Oddset durch mehrere Testpersonen in Annahmestellen der Antragsgegnerin in Köln, Hürth und Wesseling. Sie macht geltend, seitens der Antragsgegnerin sei gegen Marktverhaltensregeln des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) verstoßen worden, indem in verschiedenen Annahmestellen unter anderem einer Person in Privatinsolvenz sowie einem Empfänger von Arbeitslosengeld II (auch Hartz IV genannt) mit einem Spieleinsatz vom 50,50 Euro die Teilnahme an Sportwetten ermöglicht worden sei. Den Mitarbeitern in der Annahmestelle sei aufgrund eines Gesprächs in der Annahmestelle bekannt gewesen, dass der Erwerber der Wettscheine sich - in einem Fall - in Privatinsolvenz befunden habe und daher überschuldet sei und - in dem anderen Fall - Arbeitslosengeld II beziehe und über kein Vermögen verfüge.

Das Landgericht Köln hatte mit Urteil vom 05.05.2011 gestützt auf die eidesstattlichen Versicherungen der Testpersonen seine einstweilige Verfügung bestätigt, mit der Antragsgegnerin aufgegeben worden war, es zu unterlassen, den Spielern in den genannten Konstellationen die Teilnahme an Sportwetten zu ermöglichen. Das Urteil des Landgerichts Köln vom 05.05.2011 hatte zudem die Verurteilung der Antragsgegnerin zur Unterlassung einer Glücksspielteilnahme von spielgesperrten Personen und Minderjährigen ohne ausreichende Kontrolle seitens der Annahmestellen zum Gegenstand. Insoweit hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht ihre Berufung zurückgenommen.

Der Senat ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), § 8 Abs. 2 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) nicht glaubhaft gemacht sind. Aus den Regelungen in §§ 8 Abs. 2, 21 Abs. 3 GlüStV ergebe sich ein sofortiges Spielverbot - wie von der Antragstellerin geltend gemacht - ohne die in § 12 Abs. 3 des Ausführungsgesetzes NRW zum Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV AG NRW) vorgesehene Anhörung des Spielers und Überprüfung der bekannt gewordenen Umstände nicht. Überdies könne nicht verlangt werden, die genannten Personen unmittelbar - ohne Einhaltung des in § 12 Abs. 3 GlüStV AG NRW vorgesehenen Prüfungsverfahrens - in die Sperrkartei aufzunehmen. Schließlich hat der Senat in der mündlichen Verhandlung Bedenken geäußert, ob die Antragstellerin die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, dass den Mitarbeitern der Annahmestellen aufgrund Wahrnehmung bekannt geworden ist, dass die (Test-)Personen überschuldet sind oder als Empfänger von Arbeitslosengeld II unverhältnismäßige Spieleinsätze riskieren, ausreichend glaubhaft gemacht hat.

Gegen das Urteil des 6. Zivilsenats in dem einstweiligen Verfügungsverfahren ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Antragstellerin kann die geltend gemachten Ansprüche in einem Hauptsacheverfahren weiter verfolgen.

Die schriftliche Urteilsbegründung wird voraussichtlich im September 2011 vorliegen. Die Entscheidung wird nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung in die Rechtsprechungsdatenbank des Landes Nordrhein-Westfalen "NRWE" (abrufbar unter www.nrwe.de) eingestellt.

Aktenzeichen:
OLG Köln 6 U 80/11
LG Köln, Urteil vom 05.05.2011 - 81 O 18/11

§ 8 Abs. 2 Glückspielstaatsvertrag (GlüStV): Die zur Teilnahme am Sperrsystem verpflichteten Veranstalter sperren Personen, die dies beantragen (Selbstsperre) oder von denen sie aufgrund der Wahrnehmung ihres Personals oder aufgrund von Meldungen Dritter wissen oder aufgrund sonstiger tatsächlicher Anhaltspunkte annehmen müssen, dass sie spielsuchtgefährdet oder überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen oder Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen stehen (Fremdsperre).

§ 21 Abs. 3 Satz 1 GlüStV: Gesperrte Spieler dürfen an Wetten nicht teilnehmen.

§ 12 Abs. 3 Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland des Landes Nordrhein-Westfalen (GlüStV AG NRW): Im Fall der Fremdsperre ist der betroffene Spieler vor Aufnahme in die gemeinsame Sperrdatei unverzüglich anzuhören. Stimmt er der Fremdsperre nicht zu, sind die der Fremdsperre zugrundeliegenden Tatsachen durch geeignete Maßnahmen zu überprüfen.

§ 4 Nr. 11 Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG): Unlauter handelt insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Quelle: Oberlandesgericht Köln