Montag, 6. April 2020

Glücksspielstaatsvertrag: Kein transparentes Konzessionsverfahren

Spielhallen: OVG Bautzen bestätigt Anwendbarkeit des Unionsrechts und des Kohärenzgebotes s.u.

Glücksspielstaatsvertrag: Kein transparentes Konzessionsverfahren
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Fabian Maschke

Darmstadt 1.4.2020.


Das VG Darmstadt hat auf Antrag des österreichischen Wettveranstalters Vierklee GesmbH die Bundesländer angehalten, Konzessionen für die Sportwettveranstaltung nur in einem dem Transparenzgebot entsprechenden Verfahren zu vergeben. Das derzeitige Verfahren enthalte Transparenzdefizite und widerspreche dem Diskriminierungsverbot.

Die von Rechtsanwalt Rolf Karpenstein/Hamburg vertretene Wettveranstalterin aus Tirol hat großes Interesse am deutschen Markt, sah sich aber einem intransparenten Verfahren gegenüber. Nicht nur seien einige Konzessionsanforderungen unionsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Vielmehr widerspreche die Informationspolitik der Bundesländer dem Transparenzgebot und es sei nicht gesichert, dass das Verfahren das Gebot der Chancengleichheit wahrt.

Das VG Darmstadt unter dem Vorsitz der Richterin Schild bestätigte die Kritik der Antragstellerin. Zwar ließ das Verwaltungsgericht offen, ob sich die Bundesländer an der Richtlinie über die Konzessionsvergabe hätte orientieren müssen. Auch ließ das Gericht offen, ob die Verletzungen der aus der Notifizierungsrichtlinie folgenden Stillhaltefrist, u.a. durch den Freistaat Sachsen, dazu führt, dass der Dritte GlüÄndStV gegenstandslos und unanwendbar ist.

Das Gericht sah aber das Transparenzgebot und das Diskriminierungsverbot in mehrfacher Hinsicht verletzt und beschloss (Zitat):
„Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, aufgrund des aktuell stattfindenden Konzessionsverfahrens vorläufig – bis zur Nachholung eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens – keine Konzessionen für Sportwetten an teilnehmende Bewerber zu vergeben.“
Das Gericht stellte zunächst klar, dass die Antragstellerin antragsbefugt ist. Eine Duldung verschaffe ihr nicht dieselbe Rechtsposition wie eine Konzession.

Das Verfahren verletze in mehrfacher Hinsicht das unionsrechtliche Transparenzgebot, das auch in § 4b Abs. 1 S. 2 GlüStV angesprochen wird. So seien Interessenten zu unterschiedlichen Zeitpunkten über den Verfahrensbeginn informiert worden. Informationen auf der Internetseite des Regierungspräsidiums genügten dem Transparenzgebot nicht. Schon im deutschen Markt tätige Wirtschaftsteilnehmer seien durch die Informationspolitik der Bundesländer bevorteilt worden.

Auch seien Konzessionskriterien unklar gewesen und hätten auf Antrag abgeändert werden können, ohne dass dies im Voraus festgelegt und bekannt gemacht wurde.

Das Verfahren sei zudem diskriminierend, weil es keinen einheitlichen Zeitpunkt für den gemeinsamen Markteintritt festlegt.

Zudem sei die Bekanntmachung im Amtsblatt der EU verwirrend. Ein Wirtschaftsteilnehmer könne nicht mit der notwendigen Transparenz erkennen, dass er sich möglichst schnell um eine Konzession bemühen muss, um keinen Wettbewerbsnachteil zu erhalten. Auch ergäben Formulierungen in der Bekanntmachung zum Teil wenig Sinn. Überdies sei versäumt worden, in der Bekanntmachung alle erforderlichen Kriterien und Unterlagen für eine Konzession zu benennen.

Kritik übte das VG Darmstadt – wie schon zuvor andere Hessische Verwaltungsgerichte – auch an der Beteiligung des verfassungswidrigen Glücksspielkollegiums. Die Aufgabenverteilung im Konzessionsverfahren sei unklar und es sei nicht gewährleistet, dass Entscheidungen des Glücksspielkollegiums willkürfrei sind
(Zitat):
„Jenseits der auch vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof bereits bemängelten Verfassungswidrigkeit des Glücksspielkollegiums, weil es ein Organ sui generis ohne die notwendige verfassungsrechtliche und demokratische Legitimation darstellt, bleibt das Vergabeverfahren jedenfalls auch deshalb hinter dem Transparenzgebot zurück, weil erneut das Glücksspielkollegium in nicht nachvollziehbarer Art und Weise an der Entscheidungsfindung beteiligt ist.“
Auch die weithin unbestimmten Konzessionskriterien kritisierte das VG Darmstadt:
„Schließlich dürften auch die inhaltlichen Anforderungen, wie sie jetzt in § 4b Abs. 2 GlStV sowie in § 4a GlStV niedergelegt sind, nicht unbedingt geeignet sein, willkürliche Entscheidungen der zuständigen Glücksspielaufsicht im Zusammenwirken mit dem Glücksspielkollegium auszuschließen. Zwar sind einige Anforderungen in dem Vertrag selbst durch die insgesamt notwendigen Erklärungen und Konzepte geregelt (4b Abs. 2 Nr. 1 bis 7 GlStV), doch bleiben zahlreiche Auslegungsspielräume bestehen, für die nicht überprüfbar ist, ob und in wieweit sie durch den Antragsgegner bzw. dass im Hintergrund agierende Glücksspielkollegium willkürfrei und diskriminierungsfrei angewandt werden.“
Jetzt liegt der Ball im Spielfeld des Glücksspielkollegiums. Möge er nicht noch länger ruhen.

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Spielhallen: OVG Bautzen bestätigt Anwendbarkeit des Unionsrechts und des Kohärenzgebotes 

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Fabian Maschke, Wien

In einem Beschwerdeverfahren hat der Dritte Senat beim OVG Bautzen (erstmalig) anerkannt, dass sich Spielhallenbetreiber auf die unionsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten und die daraus folgenden Gebote der Systematik und der Kohärenz sowie der Publizität und der Transparenz berufen können (OVG Bautzen, Beschl. vom 13.12.2018, 3 B 128/18 u.a.).

Damit steht obergerichtlich bestätigt fest, dass alle Entscheidungen der sächsischen Landesdirektion, die zum Nachteil von Spielhallenbetreibern ergingen, ermessensfehlerhaft sind. Denn die Landesdirektion hatte sich trotz der ihr sehr regelmäßig unterbreiteten Klarstellungen der Rechtslage durch deutsche Anwaltskollegen immer gegen die Anwendbarkeit des Unionsrechts und des Kohärenzgebotes im Bereich der Spielhallenproblematik gesperrt.

Wie das OVG des Saarlandes bestätigt ist eine Ermessens-Entscheidung der Behörde, bei der wesentliche für die Entscheidung relevante Gesichtspunkte unberücksichtigt blieben, auch nach deutschem Recht rechtswidrig (§ 114 VwGO). Dass die Entscheidungen der Landesdirektion in das Ermessen der Behörde gestellt sind, folgt nicht nur daraus, dass die Landesdirektion in zahlreichen Fällen von Mindestabständen zu Schulen, zu fremden oder zu eigenen Spielhallen abgewichen ist, sondern zwingend auch daraus, dass den unionsrechtlichen Grundfreiheiten Anwendungsvorrang zukommt. Selbst eine im nationalen Recht gebundene Entscheidung wird im Anwendungsbereich des Unionsrechts zu einer Ermessensentscheidung, weil jede deutsche Behörde von sich aus die unmittelbar anwendbaren Grundfragen beachten und Beschränkungen im nationalen Recht daraufhin überprüfen muss, ob der Eingriff gerechtfertigt ist.

Das OVG des Saarlandes führt insoweit aus: „Die im Bescheid des Landesverwaltungsamtes getroffene Feststellung, die mit der Schließung verbundenen wirtschaftlichen Einbußen und sonstigen Belastungen könnten regelmäßig eine Härte nicht begründen und nicht zu einem Erfolg im Auswahlverfahren führen, belegt, dass das Landesverwaltungsamt Härtefallgesichtspunkte bei der von ihm getroffenen Auswahlentscheidung ausgeblendet hat. Damit hat der Antragsgegner ein wesentliches Entscheidungskriterium außer Acht gelassen.

Eine in das Ermessen der Behörde gestellte Verwaltungsentscheidung, bei der wesentliche nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevante Gesichtspunkte unberücksichtigt geblieben sind, ist mit § 114 S. 1 VwGO nicht vereinbar und daher (im Hauptsachenverfahren) aufzuheben. … Dies bedeutet, dass das Landesverwaltungsamt für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren vorläufig den Weiterbetrieb der Spielhalle zu dulden hat.“

Dies gilt in allen von der Landesdirektion negativ entschiedenen Spielhallenverfahren. Die Landesdirektion hat sich stets auf den Standpunkt gestellt, Unionsrecht fände keine Anwendung, das Kohärenzgebot beziehe sich ohnehin nur auf Beschränkungen durch ein staatliches Monopol. Zitat aus einem Bescheid des Glücksspielreferates der Landesdirektion:

„Da von Seiten des für die Anhörung beauftragten Rechtsanwalts K weiterhin auf entgegenstehendes Unionsrecht und eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit abgestellt wird, sei auf die Ausführungen in den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 4/16 vom 16.12.2016 unter Verweis auf 8 C 6/15 vom 16.12.2016) verwiesen. Unter Berücksichtigung der dortigen Ausführungen kann von unserer Seite keine Beeinträchtigung der europäischen Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit gesehen werden. … Eine Klärung zu Fragen der unionsrechtlichen Grundfreiheiten hat erst dann zu erfolgen, wenn ein konkreter grenzüberschreitender Sachverhalt unter nationale Rechtsvorschriften fällt, die möglicherweise das Unionsrecht verletzten.“

Zwar war die Landesdirektion für ihre These, das Unionsrecht fände trotz des gesicherten grenzüberschreitenden Interesses an dem Betrieb von Spielhallen keine Anwendung und das Kohärenzgebot sei auf monopolistische Eingriffe beschränkt, von den sächsischen Verwaltungsgerichten unterstützt worden. Maßgeblich ist indessen für die Landesdirektion immer das Unionsrecht selbst, und zwar in dessen Auslegung durch den EuGH. Und die Rechtsprechung des EuGH zur Anwendbarkeit des Unionsrechts und zur Anwendbarkeit des so genannten Kohärenzgebotes auch in Fällen, die keinen monopolistischen Eingriff beschränken, war der Landesdirektion mehr als nur einmal erläutert worden.

Bei allen Entscheidungen der Landesdirektion sind also – mit den Worten des OVG des Saarlandes – „wesentliche für die Entscheidung relevante Gesichtspunkte – nämlich das unmittelbar anwendbare und höherrangige Unionsrecht und die Rechtsprechung des EuGH – unberücksichtigt geblieben“.

Sämtliche Entscheidungen der Landesdirektion werden daher in den Hauptsacheverfahren von aufrechten Gerichten schon allein wegen dieses Ermessensfehlers aufgehoben.

Ebenso sind die zahlreichen fehlerhaften Beschlüsse der sächsischen Verwaltungsgerichte gemäß § 80 Abs. 7 VwGO durch das jeweilige Gericht der Hauptsache aufzuheben, und zwar schon allein wegen ihrer Korrekturbedürftigkeit. Auf die sich praktisch täglich verändernden Umstände kommt es nicht an (OVG Bautzen, Beschluss vom 24.07.2014, A 1 B 131/14: „Das Gericht kann aber gemäß § 80 Abs. 7 S. 1 VwGO von Amts wegen auch ohne Änderung der Sach- und Rechtslage Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben, wenn es zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage gekommen ist oder die frühere Interessenabwägung nachträglich als korrekturbedürftig erachtet.“).

Auf die sächsischen Verwaltungsgerichte kommen also kurz zu Weihnachten dank des dritten Senats beim OVG in Bautzen viele Korrekturarbeiten zu, auf die Landesdirektion zahlreiche unionsrechtliche Staatshaftungsklagen. Denn die Ausblendung des Unionsrechts in einem Bundesland, welches zur Europäischen Union gehört, ist zwanglos ein hinreichend qualifizierter Verstoß, der zur unionsrechtlichen Staatshaftung (dazu EuGH, C-445/06) führt.

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Rechtsanwalt Dr. Fabian Maschke
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Oberverwaltungsgericht des Saarlandes kippt Auswahlentscheidung 

Rechtsanwalt Dr. Marco Rietdorf
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Sozietät Redeker Sellner Dahs
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D - 53113 Bonn
Tel.: +49 228 72625-168
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Mit Beschluss vom 13.12.2018 (Az.: 1 B 248/18) hat das Oberverwaltungsgericht Saarlouis in einem von der Sozietät Redeker Sellner Dahs geführten Beschwerdeverfahren die Auswahlentscheidung zwischen zwei konkurrierenden Spielhallen für rechtswidrig erklärt und die Erlaubnisbehörde im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Fortbetrieb der unterlegenen Spielhalle bis zu einer erneuten Auswahlentscheidung vorläufig zu dulden.

Zur Entscheidung stand eine Verbundspielhalle, die sich in einem Abstand von etwa 81 m Luftlinie zu einer weiteren Spielhalle befindet. Die Behörde lehnte den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Weiterbetrieb der beiden Spielhallen im Rahmen eines Auswahlverfahrens ab. Ebenso abgelehnt wurde der Antrag auf Erlaubnis zum Weiterbetrieb der Spielhallen für einen angemessenen Zeitraum unter Befreiung vom Verbot der Mehrfachkonzessionen sowie vom Abstandsgebot im Härtefallverfahren. Die Auswahlentscheidung wurde mit der vermeintlich besseren „Qualität der Betriebsführung“ des Betreibers der konkurrierenden Spielhalle begründet. Eine Härtefallbefreiung wurde kategorisch ausgeschlossen. Das Vertrauen des Spielhallenbetreibers sei nicht schutzwürdig, da er sich nicht bemüht habe, seinen fest geschlossenen Mietvertrag vorzeitig zu kündigen. Auch eine „unbillige Härte“ liege nicht vor. Dass dem Betreiber, der über keine anderen Spielhallen verfügt, die Insolvenz drohe, sei unerheblich.

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes ist dieser Argumentation entgegengetreten und hat die Auswahlentscheidung der Behörde mit klaren Worten verworfen. Anstatt allein auf die Qualität der Betriebsführung abzustellen, hätte, so der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts, die Behörde zunächst das Maß der Betroffenheit in der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit ermitteln und jeweils in Relation zur Betroffenheit des Konkurrenten setzen müssen. Weitere Kriterien seien im jeweiligen Einzelfall in die vergleichende Betrachtung einzubeziehen. Die Bereitschaft zu gesetzeskonformem Verhalten stelle zwar ein im Rahmen der Auswahlentscheidung zu den konkurrierenden Bestandsspielhallen berücksichtigungsfähiges Auswahlkriterium dar. Relevant seien jedoch nur bußgeldbewehrte Rechtsverstöße. Diese dürften zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung zudem nicht mehr als fünf Jahre zurückliegen. Wurde kein Bußgeld verhängt oder betrug dieses weniger als 200,- €, betrage die Frist drei Jahre. Inwieweit darüber hinaus das Gebot der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität bei der Auswahlentscheidung eine Rolle spielt, lässt der Senat offen, da es hierauf in dem Fall nicht ankam.

Eine in das Ermessen der Behörde gestellte Entscheidung, bei der wesentliche für die Entscheidung relevante Gesichtspunkte unberücksichtigt geblieben sind, ist rechtswidrig. Dies zwingt nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts die Behörde dazu, eine erneute Auswahlentscheidung unter Beachtung seiner Rechtsauffassung zu treffen und bis zu diesem Zeitpunkt den Weiterbetrieb der von dem Spielhallenbetreiber präferierten Spielhalle zu dulden. Die Frage einer Befreiung vom Abstandsgebot stelle sich insoweit nicht. Die Behörde habe hierüber nur zu entscheiden, sollte die Spielhalle in dem neuen Auswahlverfahren trotz der für sie streitenden besonderen wirtschaftlichen Betroffenheit unterliegen. Fehlende Umstrukturierungsmaßnahmen könnten dem Spielhallenbetreiber dann allerdings nicht vorgeworfen werden. Dieser habe während des 5-Jahreszeitraums nicht verlässlich abschätzen können, ob er oder ein Konkurrent nach Ablauf der Übergangsfrist eine reguläre Erlaubnis erhalten wird. Dies relativiere, so das Oberverwaltungsgericht, die Zumutbarkeit einer frühzeitigen Neuausrichtung. Grundsätzlich könne jeder der Konkurrenten die Hoffnung hegen, schon im Rahmen der Auswahlentscheidung zum Zuge zu kommen und deshalb einer Härtefallbefreiung nicht zu bedürfen.

Anders verhalte sich dies bei einer Befreiung vom Verbundverbot. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts musste allen Betreibern insoweit bewusst sein, dass sie für den Weiterbetrieb nach Ablauf der Übergangsfrist keine reguläre neue Spielhallenerlaubnis mehr erhalten werden. Bereits während des 5-jährigen Übergangszeitraums habe daher Veranlassung bestanden, die über den 30.06.2017 fortwirkenden Dispositionen auf den Prüfstand zu stellen. Mietverträge mit der Zweckbestimmung „Betrieb von Spielhallen“ seien beim Fehlen einer vertraglich vereinbarten Risikoverlagerung für den Fall der endgültigen Versagung der Spielhallenerlaubnis unter dem Gesichtspunkt einer Störung der Geschäftsgrundlage vorzeitig kündbar. Bemühe sich der Spielhallenbetreiber nicht erfolglos um eine Vertragsanpassung, könne er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, über den 30.06.2017 hinaus mietvertraglich gebunden zu sein.

Das Unterlassen von Umstrukturierungsmaßnahmen habe nicht ohne Weiteres zur Folge, dass eine Härtefallbefreiung unter dem Blickwinkel einer drohenden Existenzvernichtung zwangsläufig ausscheidet. Denn das saarländische Landesrecht halte, so das Oberverwaltungsgericht, in § 12 Abs. 3 SSpielhG eine Regelung vor, nach der eine Befreiung auch erfolgen kann, wenn die engen Voraussetzungen einer unbilligen Härte nicht vollumfänglich erfüllt sind, aber ein Konzept mit konkreten Maßnahmen zur weiteren Anpassung des Betriebs der Spielhalle an die neuen Erlaubnisvoraussetzungen und an die Ziele des Gesetzes vorgelegt und umgesetzt wird. Ziel der bundesweit einmaligen Regelung sei es, im Einzelfall Kompromisse zwischen den widerstreitenden Interessen der Spielhallenbetreiber und den Zielen der Neuregelung zu ermöglichen. Entsprechende Konzepte hätten nicht nur die wirtschaftliche Betroffenheit des Spielhallenbetreibers in den Blick zu nehmen, sondern auch dem Anliegen einer zeitnahen Erreichung der gesetzlichen Ziele zu dienen und seien gemeinsam mit dem Befreiungsantrag binnen der Frist des § 12 Abs. 1 Satz SSpielhG, d.h. bis zum 31.12.2016, einzureichen.

Infolge des Beschlusses dürften sich die meisten der bislang vom Landesverwaltungsamt bislang getroffenen Auswahlentscheidungen als obsolet erweisen. Wurden sie – wie im Regelfall – mit der „Qualität der Betriebsführung“ begründet, ist eine erneue Auswahlentscheidung unumgänglich. Der Betrieb der im Auswahlverfahren unterlegenen Spielhalle(n) ist bis dahin zu dulden. Dies gilt bei Verbundspielhallen in jedem Fall für die im Erlaubnisverfahren präferierte Spielhalle des Betreibers. Bezüglich der übrigen im Verbund befindlichen Spielhallen ist dagegen § 12 Abs. 3 SSpielhG in den Blick zu nehmen. Das Landesverwaltungsamt hat die Regelung bislang schlichtweg nicht geprüft. Seine Härtefallentscheidungen sind deshalb fehlerhaft.

Sächsisches Oberverwaltungsgericht Bautzen              13.12.2018
Beschluss
3 B 128/18
Leitsatz
Die glücksspielrechtliche Aufsicht gemäß § 18a Abs. 4 SächsGlüStVAG beschränkt sich auf solche Spielhallen, auf die der Glücksspielstaatsvertrag gemäß § 2 Abs. 3 GlüStV anwendbar ist, weil diese Geld- und Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereithalten.
Aus dem dem Mindestabstandsgebot des § 18a Abs. 4 Satz 1 GlüStVAG zugrunde liegenden Schutz Jugendlicher vor Suchtgefahren folgt, dass innerhalb des Mindestabstands nicht nur der Betrieb der Spielhalle selbst, sondern auch eine nach § 26 Abs. 1 GlüStV zulässige Werbung untersagt werden kann.
Das europarechtliche Kohärenzgebot ist auch dann zu beachten, wenn die Betätigung auf dem Gebiet des Glückspiels von einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung abhängig gemacht wird oder die Dienstleistungsfreiheit allgemein eingeschränkt wird.
Unterschiedliche landesrechtliche Regelungen insbesondere im Hinblick auf die Länge des einzuhaltenden Mindestabstands sind unter dem Gesichtspunkt des Kohärenzgebots unschädlich.
Die Beschränkung des Mindestabstandsgebots in § 18a Abs. 4 Satz 1 SächsGlüStVAG auf den Abstand zu allgemeinbildenden Schulen ist nicht zu beanstanden.
Schlagwörter:
Glücksspiel,
Spielhalle,
Mindestabstand,
Kohärenz,
Transparenz,
Werbung,
allgemeinbildende Schule,
Mischlage
Rechtsvorschriften:
GlüStV § 2 Abs. 3,
GlüStV § 3 Abs. 7,
GlüStV § 9 Abs. 1,
GlüStV § 24,
GlüStV § 26 Abs. 1,
SächsGlüStVAG § 18a
Verweise / Links:
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