Mi, 18. Mrz 15 · 21:00-21:45 · BR
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Fehlerhafte Gutachten
Polizei beauftragt umstrittenen Sachverständigen
Ein Gutachter irrt sich - immer wieder, manchmal folgenschwer. Aufgrund seiner Fehleinschätzung saß ein Unschuldiger acht Jahre lang im Gefängnis. Dennoch wird der umstrittene Sachverständige weiter von der bayerischen Polizei beschäftigt.
Wie kann das sein?
Ein Gutachter im Zwielicht: Schon mehrfach haben wir über Cornelius Schott berichtet. 2007 stand er selbst vor Gericht – wegen grob fahrlässiger Gutachtenerstattung im Fall Stellwag. Acht Jahre lang saß Donald Stellwag unschuldig im Gefängnis. Ihm wurde vorgeworfen, 1991 in Nürnberg eine Bank überfallen zu haben. Stellwag hatte ein Alibi, aber er sah dem Mann auf den Bildern der Überwachungskamera ähnlich.
Der eingesetzte Gutachter, der Humanbiologe Cornelius Schott aus Hessen, war sich sicher: Stellwag ist der Täter. Er hatte ihn am Ohr "identifiziert". Ein fataler Fehler, wie sich Jahre später herausstellte. Schott wurde zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Und machte als Gutachter weiter.
Auch im Auftrag der bayerischen Polizei. Offenbar bekommt sogar kein anderer Gutachter so viele Aufträge von der Zentralen Verkehrsordnungswidrigkeiten-Stelle wie Schott. Der soll besonders schnell und kostengünstig arbeiten. Aber: Er irrt sich auch weiterhin immer wieder. Kontrovers liegen mehrere Fälle vor. Warum wird der umstrittene Gutachter immer noch in Bayern eingesetzt?
Moderation: Ursula Heller
Autor: Christian Stücken, Ralf Fischer
Redaktion: Andreas Bachmann
Quelle
s.a.:
Wenn Gerichtsgutachten Familien zerstören
Doch es gibt zahlreiche Gutachten, die nachgewiesenermaßen gravierende Mängel aufweisen und zu Urteilen führten, die ganze Familien zerstört haben.
Und fehlerhafte Gutachten sind keine Seltenheit, wie eine Studie der Fernuniversität Hagen belegt: Danach "erfüllt nur eine Minderheit die fachlich geforderten Qualitätsstandards".weiterlesen
Gutachter: Die heimlichen Richter
Fehldiagnose Rechtsstaat: Die ungezählten Justizopfer
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Gerichts – Gutachter – ein Tummelplatz für Scharlatane?
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Die Geschäfte der Gutachter
Zwar sollten Sachverständige ihre Expertise jederzeit unabhängig und neutral erstellen. Doch es kommt immer wieder vor, dass sogar Gutachter, die vom Gericht beauftragt werden, mit der Wirtschaft verstrickt sind - oder gar mit der Justiz selbst.
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Gewollte Ergebnisse
Nicht nur in Strafverfahren, auch in Verfahren vor Familiengerichten und anderen Gerichtsverfahren spielen psychologische Gutachten oft eine tragende Rolle. Nicht selten entsteht dabei der Eindruck, dass die Gutachter zu den Ergebnissen kommen, von denen sie meinen, dass es ihren Auftraggebern (Staatsanwaltschaften, Gerichten) gefällt.
Auch kann oft festgestellt werden, dass schon die Auftragserteilung so formuliert ist, dass die Gutachter nicht lange herumrätseln müssen, welches Ergebnis gewünscht wird.
Und dann Richter, die so tun, als seinen sie selbst Psychologen und könnten überhaupt verstehen oder sogar überprüfen, was ihnen vorgesetzt wird.
”Das Gericht, das sich nach eigener kritischer Würdigung den Ausführungen des Sachverständigen angeschlossen hat.”
”Das Ergebnis gefällt uns, wir haben es abgeschrieben.”
Für den Psychologen Stefan Stürmer ist die in seiner Studie festgestellte mangelnde fachliche Qualität psychologischer Gutachten für Familiengerichte nicht nur ein regionales Problem.
”Das Bundesjustizministerium ist informiert. Diese Woche setzen wir uns zusammen”, sagte Stürmer im Interview mit dem Nachrichtenmagazin ”Focus”. Stürmer und seine Kollegin Christel Salewski hatten mit ihrem Team alle 116 Gutachten aus den Jahren 2010 und 2011 untersucht, die an vier Amtsgericht des OLG-Bezirkes Hamm in Auftrag gegeben worden waren.
Bei den meisten Gutachten in Sorgerechts- und Umgangsrechts-Streitigkeiten sei dabei ”keinerlei wissenschaftliche Methodik zu erkennen”, so der Professor der Fernuniversität Hagen. Die meisten Gutachten entsprächen nicht den fachlichen Standards. ”Sie hätten nicht verwendet werden dürfen”, so Stürmer, der sich schockiert über das Ergebnis der Studie zeigte.
Quelle: Newsticker
Zitat des Tages:
”Ich rechne damit, dass ca. 50% meiner Gutachten falsch sind.”
Prof. Dr. Norbert Nedopil
QuelleProf. Dr. Norbert Nedopil
Geldbuße von 12.000 Euro und einen Verweis für falsches Gutachten
Das Verwaltungsgericht Gießen verurteilte im November 2009 den Psychiater Dr. med. Thomas Holzmann wegen fehlerhafter und »vorsätzlich« falsch erstellter Gutachten über hessische Steuerfahnder zu einer Geldbuße von 12.000 Euro und einen Verweis: »Weshalb der Gutachter von vornherein die vom Probanden geschilderten Ereignisse (…) für wahnhaft, also nicht der Realität entsprechend bewertet, ist an keiner Stelle des Gutachtens dargelegt und erschließt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang.«
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OLG Jena · Beschluss vom 10. September 2010 · Az. 1 Ws 164/10
Fehleinweisung aufgrund einer fehlerhaften Diagnose
Quelle
Mollath: Deutliche Worte des Bundesverfassungsgerichts
Auch in Bayern muss wieder der Rechtsstaat eingeführt werden
So darf man sicher den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zusammenfassen.
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Die Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG).
Weiterführende Links:
www.unfallopfer.de (umfassendes Forum bei Problemen mit Gutachtern im deutschsprachigen Raum)
www.konflikthilfe.at (Homepage der Linzer Prozessbegleiterin und Mediatorin Margreth Tews, Schwerpunkte Familien-, Sozial- und Arbeitsrecht)
www.neuro-psychiatrie.at (Dr. Gabriele Wörgötter, Wiener Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie)
www.ra-hueller.de (Insiderin und Fachanwältin für Versicherungsrecht Beatrix Hüller, Bonn)
www.ra-lachner.de (Fachanwalt für Versicherungsrecht Jürgen Lachner, Hanau)