SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
JÁN MAZÁK
vom 17. April 2012(1)
Rechtssache C‑176/11
HIT hoteli, igralnice, turizem dd Nova Gorica
HIT LARIX, prirejanje posebnih iger na srečo in turizem dd
gegen
Bundesminister für Finanzen
(Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs [Österreich])
„Freier Dienstleistungsverkehr –
Glücksspiele – Regelung eines Mitgliedstaats, wonach die Werbung für in
anderen Staaten gelegene Spielbanken in seinem Hoheitsgebiet verboten
ist, wenn das gesetzliche Spielerschutzniveau in dem
betreffenden Staat nicht als dem inländischen gleichwertig erachtet
wird“
1. Der
Verwaltungsgerichtshof (Österreich) hat dem Gerichtshof folgende Frage
betreffend den freien Dienstleistungsverkehr zur
Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist eine Regelung eines
Mitgliedstaats, die die Werbung für im Ausland gelegene Betriebsstätten
von Spielbanken in diesem
Mitgliedstaat nur dann erlaubt, wenn die gesetzlichen
Spielerschutzbestimmungen an diesen Standorten den inländischen
entsprechen,
mit der Dienstleistungsfreiheit zu vereinbaren?
2. Nach
Auffassung des vorlegenden Gerichts ist die Beantwortung dieser Frage
durch den Gerichtshof erforderlich, um über die
Beschwerde zweier Aktiengesellschaften mit Sitz in Slowenien,
und zwar der HIT hoteli, igralnice, turizem dd Nova Gorica und
der HIT LARIX, prirejanje posebnih iger na srečo in turizem dd
(im Folgenden: Beschwerdeführerinnen des Ausgangsverfahrens),
gegen die Bescheide des Bundesministers für Finanzen, mit denen
die Anträge der Beschwerdeführerinnen des Ausgangsverfahrens
auf Erteilung einer Werbebewilligung in Österreich für ihre in
Slowenien gelegenen Glücksspielstätten abgewiesen wurden, entscheiden
zu können.
3. Die
angefochtenen Bescheide des Bundesministers für Finanzen waren damit
begründet, dass die Beschwerdeführerinnen des Ausgangsverfahrens,
die über Konzessionen für die Veranstaltung bestimmter
Glücksspiele in Slowenien verfügen, nicht dargetan hätten, dass die
slowenischen gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen den
österreichischen zumindest entsprächen, was eine der Voraussetzungen
für die Erteilung einer Werbebewilligung in Österreich für
ausländische Spielbanken sei.
Nationale Regelung
4. Das Glücksspielwesen ist in Österreich im Glücksspielgesetz (BGBl. 620/1989, im Folgenden: GSpG) geregelt.
5. § 3 GSpG
begründet ein „staatliches Glücksspielmonopol“ und sieht vor, dass das
Recht zur Veranstaltung und Durchführung dieser
Spiele, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt wird,
grundsätzlich dem Staat vorbehalten ist.
6. Gemäß § 21
Abs. 1 GSpG kann der Bundesminister für Finanzen das Recht zur
Veranstaltung und Durchführung von Glücksspielen
durch die Erteilung von Konzessionen für den Betrieb von
Spielbanken übertragen.
7. Die Werbung
für Spielbanken ist in § 56 GspG geregelt. Die derzeit geltende Fassung
dieses Artikels geht auf eine Änderung
des GSpG durch das Gesetz vom 26. August 2008 (BGBl. I
126/2008) zurück. Diese Änderung wurde vorgenommen, nachdem die
Kommission
der Europäischen Gemeinschaften(2),
die Österreich wegen der früheren Fassung des § 56 GSpG, der ein
Werbeverbot für ausländische Spielbanken vorsah, kritisierte,
ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte. § 56 GSpG
in seiner derzeit geltenden Fassung lautet:
„(1) Die Konzessionäre und
Bewilligungsinhaber nach diesem Bundesgesetz haben bei ihren
Werbeauftritten einen verantwortungsvollen
Maßstab zu wahren. Die Einhaltung dieses verantwortungsvollen
Maßstabes ist ausschließlich im Aufsichtswege durch den Bundesminister
für Finanzen zu überwachen und nicht dem Klagswege nach
§§ 1 ff. UWG zugänglich. Abs. 1 Satz 1 stellt kein Schutzgesetz im
Sinne des § 1311 ABGB dar.
(2) Spielbanken aus
Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen
Wirtschaftsraumes dürfen im Inland den
Besuch ihrer ausländischen, in Mitgliedstaaten der Europäischen
Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes gelegenen
Betriebsstätten gemäß den Grundsätzen des Abs. 1 bewerben, wenn
dem Betreiber der Spielbank dafür eine Bewilligung durch den
Bundesminister für Finanzen erteilt wurde. Eine solche
Bewilligung ist zu erteilen, wenn der Betreiber der Spielbank dem
Bundesminister
für Finanzen nachgewiesen hat, dass
1. die für den Betrieb
der Spielbank erteilte Konzession § 21 entspricht und im
Konzessionserteilungsland, das ein Mitgliedstaat
der Europäischen Union oder ein Staat des Europäischen
Wirtschaftsraumes ist, ausgeübt wird, und
2. die gesetzlichen
Spielerschutzbestimmungen dieses Mitgliedstaates der Europäischen Union
oder Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes
den inländischen zumindest entsprechen.
Entsprechen die Werbemaßnahmen nicht den Anforderungen nach Abs. 1, kann dem Betreiber der ausländischen Spielbank die Werbung
durch den Bundesminister für Finanzen untersagt werden.“
Würdigung
8. Zum dritten
Mal haben die Bestimmungen des GspG österreichische Gerichte zu
Vorlagefragen zur Klärung der Vorschriften über
den freien Dienstleistungsverkehr bzw. die
Niederlassungsfreiheit veranlasst. Im ersten Fall ging es u. a. um die
Verpflichtung
der Inhaber von Spielbankkonzessionen, ihren Sitz im Inland zu
haben(3).
Im zweiten Fall ging es u. a. um ein Monopol für die Durchführung von
Internet-Kasinospielen zugunsten eines einzigen Anbieters(4).
9. Im Rahmen
des vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens macht das vorlegende
Gericht den Gerichtshof auf eine österreichische
Vorschrift aufmerksam, die die Werbung für ausländische
Spielbanken unter der Voraussetzung erlaubt, dass die gesetzlichen
Spielerschutzbestimmungen im Mitgliedstaat der Niederlassung
der Spielbank den österreichischen entsprechen. Das vorlegende
Gericht möchte wissen, ob die Vorschriften über den freien
Dienstleistungsverkehr einer solchen Vorschrift entgegenstehen.
10. Auf den
ersten Blick scheint die Vorlagefrage auf eine Untersuchung und einen
anschließenden Vergleich der Spielerschutzniveaus
in Österreich und Slowenien gerichtet zu sein. Dem ist jedoch
in Wirklichkeit nicht so. Dies ist die Aufgabe des vorlegenden
Gerichts. Die Kriterien, die bei einem Vergleich der
Spielerschutzniveaus in den verschiedenen Rechtsordnungen zu
berücksichtigen
sind, sind somit nicht Gegenstand meiner Überlegungen, wie sie
in den vorliegenden Schlussanträgen zum Ausdruck kommen. Gleichwohl
habe ich meine Zweifel, ob ein solcher Vergleich in Anbetracht
einer fehlenden Harmonisierung im Bereich der Glücks- und Gewinnspiele(5) und angesichts der Vielfalt der einschlägigen Regelungen in den Mitgliedstaaten überhaupt sinnvollerweise angestellt werden
kann.
11. Bei der
Beantwortung der Vorlagefrage sind zwei Gesichtspunkte zu
berücksichtigen. Erstens erfasst der Begriff „Dienstleistungen“
im Sinne von Art. 56 AEUV nach ständiger Rechtsprechung nicht
nur Tätigkeiten, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt
die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen, sondern auch
die Werbetätigkeit für Glücksspiele, um die es sich im vorliegenden
Fall handelt, da eine solche Tätigkeit nur eine konkrete
Einzelheit der Veranstaltung und des Ablaufs der Spiele darstellt,
auf die sie sich bezieht(6).
Folglich profitiert die Werbung für Glücksspiele vom Verbot der
Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56
AEUV. Solche Beschränkungen können jedoch aufgrund der
ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmeregelungen im Sinne der Art. 51 AEUV
und 52 AEUV, die nach Art. 62 AEUV insoweit anwendbar sind,
zulässig oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses
gerechtfertigt
sein, sofern die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs
ergebenden Anforderungen erfüllt sind(7).
12. Zweitens
lässt sich, wie das vorlegende Gericht – dem insoweit sämtliche
Beteiligte, die Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht
haben(8),
folgen – feststellt, im vorliegenden Fall nicht bestreiten, dass die
österreichische Regelung, die die Erteilung einer Werbebewilligung
für ausländische Spielbanken von der Voraussetzung abhängig
macht, dass die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen im Mitgliedsstaat
der Niederlassung der Spielbank den österreichischen
entsprechen, eine Beeinträchtigung des freien Dienstleistungsverkehrs
darstellt.
13. Unter
Berücksichtigung der beiden oben genannten Gesichtspunkte liegt es daher
auf der Hand, dass sich der Gegenstand der
Vorlagefrage darauf beschränkt, zu ermitteln, ob eine solche
Beeinträchtigung des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt
ist oder nicht.
14. Somit ist
zu prüfen, inwiefern eine Vorschrift wie die sich aus der betreffenden
österreichischen Regelung ergebende, die
eine Werbebewilligung für ausländische Spielbanken von der
Voraussetzung abhängig macht, dass die gesetzlichen
Spielerschutzbestimmungen
im Mitgliedsstaat der Niederlassung der Spielbank den geltenden
nationalen gesetzlichen Bestimmungen in diesem Bereich entsprechen,
aus Gründen „der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder
Gesundheit“ im Sinne von Art. 52 AEUV(9),
der nach Art. 62 AEUV insoweit anwendbar ist, oder aus sonstigen in der
Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannten zwingenden
Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.
15. Zu diesen Gründen gehören u. a. die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für
die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen(10).
Darüber hinaus erkennt der Gerichtshof an, dass auf dem Gebiet der
Spiele und Wetten, die, wenn im Übermaß betrieben, sozialschädliche
Folgen haben, nationale Rechtsvorschriften gerechtfertigt sein
können, die darauf abzielen, eine Anregung der Nachfrage zu
vermeiden und vielmehr die Ausnutzung der Spielleidenschaft der
Menschen zu begrenzen(11).
16. In diesem
Zusammenhang ist auch auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs
hinzuweisen, nach der die sittlichen, religiösen
oder kulturellen Besonderheiten sowie die mit Spielen und
Wetten einhergehenden sittlich und finanziell schädlichen Folgen
für den Einzelnen wie für die Gesellschaft es rechtfertigen
können, den staatlichen Stellen ein ausreichendes Ermessen zuzuerkennen,
um im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung festzulegen,
welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der
Sozialordnung ergeben. Somit steht es den Mitgliedstaaten
grundsätzlich frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücks-
und Geldspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte
Schutzniveau genau zu bestimmen(12).
17. Was eine
Beeinträchtigung des in Rede stehenden freien Dienstleistungsverkehrs
angeht, verfolgt eine Vorschrift, die die Werbung
für ausländische Spielbanken von der Voraussetzung abhängig
macht, dass die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen im Mitgliedsstaat
der Niederlassung der Spielbank den nationalen entsprechen,
meines Erachtens tatsächlich ein Ziel des Verbraucherschutzes.
In diesem Zusammenhang hat die österreichische Regierung
vorgetragen, die Regelung der Werbung für ausländische Spielbanken
ziele vor allem auf den Schutz der Verbraucher und insbesondere
auf die Bekämpfung der Spielsucht ab, indem sie Spielbanken
daran hindere, den Einzelnen zu übermäßigem Spiel zu verleiten.
Die Prüfung, ob die nationale Regelung die genannten Ziele
tatsächlich verfolgt, ist selbstverständlich Sache des
vorlegenden Gerichts(13).
18. Jedenfalls
dürfen die übrigen sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs
ergebenden Voraussetzungen für die Rechtfertigung
einer Beeinträchtigung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht
außer Acht gelassen werden. Nach dieser Rechtsprechung muss
eine solche Beeinträchtigung geeignet sein, die Verwirklichung
des mit ihr angestrebten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht
über das zur Erreichung dieses Ziels Erforderliche hinausgehen.
Darüber hinaus muss sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt
werden(14).
19. In diesem
Stadium meiner Überlegungen erscheint es mir sinnvoll, ein weiteres Mal
herauszustellen, worin die Beeinträchtigung
des freien Dienstleistungsverkehrs im vorliegenden Fall
besteht. Es handelt sich um „eine Vorschrift, die die Werbung für
ausländische Spielbanken von der Voraussetzung abhängig macht,
dass die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen im Mitgliedstaat
der Niederlassung der Spielbank den gesetzlichen Bestimmungen
des Mitgliedstaats entsprechen, in dessen Hoheitsgebiet diese
Werbung verbreitet werden soll“. Diese Vorschrift entspricht
einem System der vorherigen Genehmigung für die Bewerbung von
ausländischen Spielbanken.
20. Zwar hat der Gerichtshof in der Rechtssache, in der das Urteil Sjöberg und Gerdin ergangen ist(15),
das Verbot der an die Bevölkerung des Mitgliedstaats gerichteten
Werbung für Glücksspiele, die von privaten Anbietern in
anderen Mitgliedstaaten zu Erwerbszwecken veranstaltet werden,
als gerechtfertigte Beeinträchtigung des freien Dienstleistungsverkehrs
angesehen. Man muss sich jedoch vergegenwärtigen, dass die
schwedische Rechtsvorschrift, die den Vorlagefragen in dieser
Rechtssache
zugrunde lag, ein anderes Ziel verfolgte als die im
vorliegenden Fall in Rede stehende österreichische Regelung, nämlich das
Ziel, die Veranstaltung von Glücksspielen zu Erwerbszwecken
strengen Beschränkungen zu unterwerfen. Daher lässt sich aufgrund
des Arguments a maiore ad minus nicht der Schluss ziehen, dass, wenn ein absolutes Werbeverbot gerechtfertigt war, dies auch für ein System der vorherigen
Genehmigung der Werbung zu gelten hätte.
21. Ich
schließe nämlich nicht aus, dass ein solches System für sich genommen
zur Verfolgung des Ziels des Verbraucherschutzes
beitragen kann und damit als zur Erreichung eines solchen Ziels
erforderlich anzusehen ist. Daher könnte es, auch wenn es
eine Beeinträchtigung des freien Dienstleistungsverkehrs
darstellen sollte, als Verbraucherschutzmaßnahme eingesetzt werden.
22. Die
Bewertung eines konkreten Systems der vorherigen Genehmigung hängt
jedoch von den Voraussetzungen für die Erteilung einer
solchen Genehmigung ab. Im vorliegenden Fall hängt die
Erteilung der Genehmigung davon ab, dass der Spielbankbetreiber
nachweist,
dass das gesetzliche Spielerschutzniveau im Mitgliedstaat der
Niederlassung der Spielbank dem des Mitgliedstaats entspricht,
in dessen Hoheitsgebiet Werbung betrieben werden soll.
23. Meines
Erachtens geht ein solches System der vorherigen Genehmigung über das
hinaus, was zur Erreichung des Ziels des Verbraucherschutzes
erforderlich ist, und zwar aus zwei verschiedenen Gründen.
24. Erstens
könnte das in Rede stehende System der vorherigen Genehmigung ein
„verdecktes“ absolutes Verbot der Werbung für ausländische
Spielbanken darstellen. Dies wäre dann der Fall, wenn die
Behörden des betreffenden Mitgliedstaats systematisch die Ansicht
verträten, dass das gesetzliche Spielerschutzniveau in allen
anderen Mitgliedstaaten niedriger sei als das in ihrem eigenen
Staat bestehende(16).
In diesem Zusammenhang möchte ich erneut auf meine Zweifel hinsichtlich
der Möglichkeit eines effektiven Vergleichs der
in den verschiedenen Rechtsordnungen bestehenden
Spielerschutzniveaus hinweisen, wenn man die fehlende Harmonisierung im
Bereich
der Glücks- und Gewinnspiele und die Vielfalt der einschlägigen
Regelungen in den Mitgliedstaaten berücksichtigt.
25. Zweitens
führt das in Rede stehende System der vorherigen Genehmigung im
Endeffekt jedenfalls zu einer Diskriminierung aufgrund
der Herkunft des Antragstellers, da Spielbankbetreiber, die
eine Bewilligung nach § 56 Abs. 2 GspG beantragen, nach dem
Mitgliedstaat
der Niederlassung der Spielbank und insbesondere nach dessen
Rechtsordnung bewertet werden. Bei der Anwendung von § 56 GSpG
werden die österreichischen Behörden nach und nach ein
Verzeichnis der Mitgliedstaaten erstellen, deren Rechtsordnung die
Voraussetzung des gleichwertigen Spielerschutzniveaus nicht
erfüllt, so dass spätere Antragsteller nur nach dem Mitgliedstaat
beurteilt werden, in dem die jeweilige Spielbank niedergelassen
ist.
26. Darüber
hinaus hängt die Erteilung einer Genehmigung ausschließlich vom Inhalt
der Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats ab,
ohne dass das vom Spielbankbetreiber gewährleistete
tatsächliche Spielerschutzniveau berücksichtigt würde. Wie das
vorlegende
Gericht in seinem Vorabentscheidungsersuchen zu Recht bemerkt
hat, haben die Spielbankbetreiber hierauf keinerlei Einfluss.
27. In
Anbetracht der vorstehenden Erwägungen bin ich im Ergebnis der Ansicht,
dass der Schutz der Verbraucher vor Werbung für
im Ausland gelegene Spielbanken durch weniger einschneidende
Maßnahmen verwirklicht werden kann als durch ein System der vorherigen
Genehmigung, das die Erteilung einer solchen Genehmigung davon
abhängig macht, dass der Spielbankbetreiber nachweist, dass
das gesetzliche Spielerschutzniveau im Mitgliedstaat der
Niederlassung dieser Spielbank dem des Mitgliedstaats entspricht,
in dessen Hoheitsgebiet Werbung betrieben werden soll.
Ergebnis
28. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefrage des Verwaltungsgerichtshofs wie folgt zu beantworten:
Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass
er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die eine
Werbebewilligung für
im Ausland gelegene Spielbanken davon abhängig macht, dass der
Spielbankbetreiber nachweist, dass das gesetzliche Spielerschutzniveau
im Mitgliedstaat der Niederlassung dieser Spielbank dem des
Mitgliedstaats entspricht, in dessen Hoheitsgebiet Werbung betrieben
werden soll.
1 – Originalsprache: Französisch.
2
– Die Kommission hat infolge der Änderung des § 56 GSpG durch das
Gesetz vom 26. August 2008 beschlossen, das Vertragsverletzungsverfahren
Nr. 2006/4265 gegen Österreich einzustellen – vgl.
Pressemitteilung der Kommission IP/09/1479.
3 – Urteil vom 9. September 2010, Engelmann (C‑64/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).
4 – Urteil vom 15. September 2011, Dickinger und Ömer (C‑347/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).
5
– Darüber hinaus sind Glücksspiele nach dem 25. Erwägungsgrund der
Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im
Binnenmarkt (ABl. L 376, S. 36) aufgrund der spezifischen Natur dieser
Tätigkeiten von deren Anwendungsbereich ausgenommen.
6
– Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. März 1994, Schindler (C‑275/92,
Slg. 1994, I‑1039, Randnr. 22), vom 8. September 2010,
Winner Wetten (C‑409/06, noch nicht in der amtlichen Sammlung
veröffentlicht, Randnr. 43), und vom 8. September 2010, Stoß
u. a. (C‑316/07, C‑358/07, C‑359/07, C‑360/07, C‑409/07 und
C‑410/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht,
Randnr. 56).
7 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Februar 2012, Costa und Cifone (C‑72/10 und C‑77/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung
veröffentlicht, Randnr. 71).
8 – Die Beschwerdeführerinnen des Ausgangsverfahrens, die belgische, die spanische, die griechische, die österreichische und
die portugiesische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.
9
– Im vorliegenden Fall braucht die Anwendung einer Ausnahme vom freien
Dienstleistungsverkehr nach Art. 51 AEUV meines Erachtens
nicht in Betracht gezogen zu werden. Es steht nämlich fest,
dass die in Rede stehenden Tätigkeiten, die zum Bereich der Gewinnspiele
gehören, nicht als dauernd oder zeitweise mit der Ausübung
öffentlicher Gewalt verbunden anzusehen sind.
10
– Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. März 2007, Placanica u. a.
(C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04, Slg. 2007, I‑1891, Randnr.
48), vom 8. Juli 2010, Sjöberg und Gerdin (C‑447/08 und
C‑448/08, Slg. 2010, I‑6917, Randnr. 36), und vom 16. Februar 2012,
Costa und Cifone (zitiert in Fn. 7, Randnr. 71).
11 – Urteil vom 8. September 2010, Stoß u. a. (zitiert in Fn. 6, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).
12
– Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 2011, Zeturf (C‑212/08, noch
nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn.
39 und 40 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
13 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 2011, Dickinger und Ömer (zitiert in Fn. 4, Randnr. 51).
14 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. November 2003, Gambelli u. a. (C‑243/01, Slg. 2003, I‑13031, Randnr. 65).
15 – Zitiert in Fn. 10.
16 – Hierfür würde auch die – von der österreichischen Regierung in der mündlichen Verhandlung bestätigte – Tatsache sprechen,
dass eine Bewilligung nach § 56 Abs. 2 GspG bislang nicht erteilt worden ist.