Samstag, 6. Juli 2013

verbotenes Glücksspiel: Swap-Geschäfte der Kommunen

Landgericht sieht doppelte Sittenwidrigkeit bei Swap-Geschäften von Bergkamen und Kreis Unna
Zinsgeschäfte - Mit kaum mehr als Nichts in der Tasche zocken und alles auf den großen Gewinn setzen? Ja das geht, wenn man beispielsweise eine Gemeinde ist und als Mitwetter eine Bank, vornehmlich die Deutsche Bank, hat.
Zinswetten rechtswidrig
Die von der Stadt Bergkamen mit der ehemaligen Westdeutschen Landesbank (WestLB) geschlossenen „Swap-Geschäfte“ sind sittenwidrig und damit ungültig – auch die Geschäfte des Kreises Unna mit der früheren Landesbank und ihrer Rechtsnachfolgerin haben keinen Bestand. Diese Urteile fällte die 6. Zivilkammer am Dortmunder Landgericht unter Vorsitz von Thomas-Michael Weber nach mehrmonatiger Verhandlung.
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Bei den Zins-Geschäften war unter anderem auf den Wechselkurs zwischen Euro und Schweizer Franken gewettet worden. Laut Urteil habe es sich dabei um ein verbotenes Glücksspiel gehandelt. «Das Gemeindevermögen wurde unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt», sagte Richter Thomas Weber am Freitag. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, müssten keine Zahlungen mehr an den Rechtsnachfolger der WestLB geleistet werden. Eine Erstattung der Verluste komme aber nicht infrage.
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Wo waren die Glücksspielaufsichtsbehörden ?
Werden sie nun tätig ?
Gemeinde will gegen Dexia-Bank vor Gericht
Bekanntlich geht es um ein langfristiges Darlehn (bis 2044), das die Gemeinde im Jahr 2007 mit der Dexia Kommunalbank im Rahmen einer Umschuldung abgeschlossen hat, um sich günstige Zinsen (3,99 Prozent) zu sichern. Dieses Darlehn hat allerdings einen Haken: Die günstigen Konditionen gelten für einen Teil der Laufzeit (20 Jahre) nur, so lange es für den Euro 1,43 Schweizer Franken oder mehr gibt. Das ist aber längst nicht mehr der Fall. Zurzeit liegt der Wechselkurs bei 1,23 Euro.
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Zins-Ärger beschäftigt Zeils FDP
Seit Tagen erklärt Wirtschaftsminister Zeil, er habe nichts von fragwürdigen Zinsgeschäften gewusst. Sein Geschäftsführertitel bei der Bank: nur eine Formalie. Doch ganz so unschuldig ist er sicher nicht. Und zur Affäre machte Zeil den Fall selbst - als er versuchte einen Politiker auszuhorchen. Was hat er zu verbergen?
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Zeil und Zinswetten - Nichts gesehen, nichts gehört
Als Bankjurist war Vize-Ministerpräsident Martin Zeil vor seiner FDP-Karriere an hochriskanten Zinsgeschäften mit der Stadt Landsberg beteiligt. Nicht im operativen Geschäft, sagt Zeil; tief im Zins-Sumpf, sagen die Grünen. Zeil wird zudem vorgeworfen, er habe versucht, Stadträte über nichtöffentliche Beratungen zu seiner Rolle im Zinsdeal auszufragen.
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Regierungschef Horst Seehofer
(CSU) hat seinem Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) in der so genannten Zins-Affäre den Rücken gestärkt. Zeil hatte in seiner Zeit als Bankmitarbeiter 2005 einen Rahmenvertrag mit der Stadt Landsberg unterzeichnet. Die Kommune hatte sich auf Zinswetten eingelassen, um die Schuldenlast zu drücken und muss Prognosen zufolge, nun mit Verlusten von mehr als sechs Millionen Euro kalkulieren.
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Pressemitteilung vom 05.07.2013 | 17:51
Rössner Rechtsanwälte

Landgericht Dortmund: WestLB strukturierte sittenwidrige Geschäfte

Das Gericht wies die Klage mit einer für den Kreis und die Stadt Bergkamen völlig unverständlichen und inakzeptablen Begründung am 5. Juli in erster Instanz ab. „Wir werden jetzt vor das Oberlandesgericht Hamm gehen, um Recht zu bekommen“, so die Stadt Bergkamen und der Kreis in einer ersten Stellungnahme. Das Urteil für Kamen wird am 2. August erwartet.

Die WestLB als seinerzeit mehr als nur renommierte NRW-Landesbank hatte die Städte und den Kreis nach deren Überzeugung bewusst falsch beraten und in ein hochriskantes Spekulationsgeschäft hineingezogen. Nach Auffassung des Landgerichtes hätte der Kreis bereits bei Abschluss des Geschäftes mit der WestLB wissen müssen, dass dieses nicht zulässig war. Das sehen Stadt und Kreis völlig anders: Verwaltungen seien keine Finanzmakler oder Banker und ließen sich eben genau deshalb von renommierten Banken, wie es die WestLB jahrzehntelang war, beraten.

„Diese Geschäfte verstoßen gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen“, so begründete das Landgericht Dortmund die Sittenwidrigkeit der Swap-Geschäfte, die die ehemalige WestLB strukturiert und in den Jahren ab 2005 ihren kommunalen Kunden verkauft hatte. Mit der Feststellung der Sittenwidrigkeit werden die Kommunen von Forderungen in Millionenhöhe aus den verlustträchtigen Swap-Geschäften befreit.

Die vom Landgericht Dortmund beurteilten Fälle stehen in einer Reihe mit zahlreichen weiteren Klagen geschädigter Kommunen gegen die Erste Abwicklungsanstalt (EAA). Diese führt als „Bad Bank“ diese Geschäfte der ehemaligen WestLB weiter.

Die EAA war bereits mehrfach zum Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung verurteilt worden. Das Landgericht Dortmund geht bei seiner Verurteilung jetzt über den Tatbestand der Falschberatung hinaus und stufte die verlustträchtigen Geschäfte mit dem obigen Zitat sogar als sittenwidrig ein.

Es folgt damit dem Vorwurf der Kläger, die die einseitig zulasten der Kommunen vorgenommene Gestaltung der „toxischen“ Produkte angegriffen hatten. Unter dem verschleiernden Deckmantel einer „Optimierung der Zinsen“ kommunaler Kredite wurden die Produkte als „Zinsswaps“ bezeichnet. Bei einer kundengerechten Gestaltung wären derartige Produkte im Rahmen eines Zinsmanagements sinnvoll.

Tatsächlich waren es jedoch keine Zinsoptimierungs-, sondern, so das Landgericht, von der WestLB strukturierte Wettgeschäfte mit Glücksspielcharakter, die mit hohen Gewinn-Margen für die ehemalige WestLB versehen waren. Die tatsächliche Struktur der Derivate war für die Kunden nicht erkennbar.

„Das war angesichts des hohen Vertrauens der für die Städte handelnden Personen in die „eigene Landesbank“ eine mühelose und für die Bank risikolose Abzocke,“ so Rechtsanwalt Jochen Weck, Rössner Rechtsanwälte, der die klagenden Städte und den Kreis vertritt.

Allerdings unterstellte das Landgericht auf Seiten der Kunden eine Erkennbarkeit des sittenwidrigen Charakters der Geschäfte. Diese vom Landgericht Dortmund angenommene „doppelte“ Sittenwidrigkeit ist bereits nach dem prozessualen Vortrag beider Parteien nicht haltbar. Das vom Landgericht Dortmund auch auf Seiten der Kommunen unterstellte Wissen bzw. die Erkennbarkeit des spekulativen Charakters findet nicht einmal im Sachvortrag der ehemaligen WestLB eine Stütze. Im Gegenteil.

Seitens der ehemaligen WestLB wurde stets behauptet, die angebotenen Swap-Geschäfte hätten einen Bezug zu einem Darlehen und seien nicht spekulativ. Dies sei gegenüber den für die Kommunen handelnden Personen so dargestellt worden. Tatsächlich haben die für die Kommunen handelnden Personen an die von der ehemaligen WestLB dargestellte Verknüpfung der Swaps zu Darlehen geglaubt.

„Möglicherweise machte das Landgericht Dortmund eine mittlerweile vorhandene - also nachträgliche - Kenntnis über den spekulativen Inhalt der Produkte zum Ausgangspunkt für seine Beurteilung“, so Rechtsanwalt Weck: „Hier ist das Landgericht über das Ziel hinausgeschossen“.

Die Urteile des Landgerichts Dortmund haben in zweierlei Hinsicht Signalwirkung für viele weitere betroffene Kommunen in Nordrhein-Westfalen.

Die Feststellung der Sittenwidrigkeit führt zur Unwirksamkeit der Geschäfte. Die Kommunen werden von aus den Swaps noch drohenden Verlusten freigestellt. Dies wiederum führt zu einer prozessual vorteilhaften Situation für weitere betroffene Kommunen, da diese nicht mehr ein Beratungsverschulden beweisen müssen, sondern nur noch die sittenwidrige Produktstruktur.

Der Nachweis eines Beratungsverschuldens gestaltete sich bisweilen schwierig, weil die ehemalige WestLB sich regelmäßig darauf berufen hatte, sie habe zutreffend beraten und die auf Seiten der Kommunen handelnden Personen seien kenntnisreich und erfahren gewesen. Hier standen oft die Aussagen der Bankmitarbeiter den Aussagen der für die Kommune handelnden Personen gegenüber.

Die für die Kommunen handelnden Personen mussten sich sogar häufig den haltlosen Vorwurf der Zockerei anhören. Durch die Feststellung der Sittenwidrigkeit wird die prozessuale Ausgangssituation für die betroffenen Kommunen maßgeblich erleichtert.

Gleichzeitig steigt der Handlungsdruck für die Kommunen, deren Produkte noch laufen. Wären denn vor dem Hintergrund der möglicherweise sittenwidrigen Struktur noch Zahlungen auf den Swap geleistet, könnte wegen der Zahlung auf unwirksame Geschäfte der Untreuetatbestand auf Seiten der Kommunen erfüllt sein. Die Prüfung der Swapstrukturen auf eine mögliche Sittenwidrigkeit ist daher unerlässlich.

Dr. Jochen Weck
RÖSSNER RECHTSANWÄLTE
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Tel.: (089) 99 89 22-0
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...... Solche Instrumente seien äußerst spekulativ und hätten mehr mit Glücksspielen als mit seriösem Geldmanagement zu tun. „Weil dies so ist, haben die Bürger einen Anspruch darauf, über alle Risiken dieser Geschäfte informiert zu werden“, schreibt Wieland dem Bürgermeister abschließend.
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