Mittwoch, 24. Juli 2013

Ermittlungsverfahren gegen Mollath-Verteidiger Dr. Strate

Die Staatsanwaltschaft Hamburg strengt auf Bestreben der Staatsanwaltschaft Augsburg ein Ermittlungsverfahren gegen den Hamburger Strafverteidiger Dr. Gerhard Strate an, der auf seiner Internetseite zahlreiche Dokumente aus dem Wiederaufnahmeverfahren in der Sache Gustl Mollath veröffentlicht hat. Ihm wird vorgeworfen, mit einer Veröffentlichung derartiger amtlicher Schriftstücke des Strafverfahrens gegen § 353d Nr. 3 StGB verstoßen zu haben.

Das Amtsgericht Hamburg beschloss in der Sache „stern“ nach Durchführung der Hauptverhandlung, das Verfahren auszusetzen und das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit des § 353 d Nr. 3 StGB entscheiden zu lassen. Dieses schränkte den Straftatbestand soweit ein, dass die Strafbarkeit entfällt, wenn die Veröffentlichung mit Einwilligung des von der Berichterstattung Betroffenen erfolgt (BVerfGE 71, 206). So liegt es hier im Fall der Wiederaufnahme Mollath.

Der lesenswerte Schriftsatz von Rechtsanwalt Strate an die Staatsanwaltschaft Hamburg ist nun ebenfalls in seiner Dokumentation zu finden.

AG Hamburg: Server des Verteidigers Dr. Strate werden nicht beschlagnahmt
Diese Entscheidung wird zukünftig für mehr Rechtssicherheit unter bloggenden Juristen sorgen: Das Amtsgericht Hamburg hat den Antrag der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 13.05.2013 auf
Beschlagnahme des Datenspeichers des Servers und der Speichermedien, auf dem sich die im Antrag genannten Dokumente befinden, die Löschung der auf der Internetseite www.strate.net befindlichen Links und des zugehörigen Inhalts im Internet anzuordnen
mit Beschluss zurückgewiesen.

Verteidiger Strate schlägt nun eine andere Tonart an
Der Hamburger Strafverteidiger Dr. Gerhard Strate wechselt nun die Tonlage gegenüber dem Landgericht Regensburg. Waren seine Schriftsätze bisher bestimmt aber sachlich, greift er die Stellungnahme eines abgelehnten Richters nun harsch an:
Warum muss man sich so im Wege stehen? Warum muss man den Mangel an Souveränität so nach außen tragen?
Damit schlägt er - sicherlich nicht unbewusst - eine neue Tonart an und zeigt sich offensiv und angriffslustig. Der Richter hatte in seiner dienstlichen Stellungnahme (§ 26 Abs. 3 StPO) nach einem Antrag auf Ablehnung des Richters wegen dem Besorgnis der Befangenheit formuliert:  weiterlesen

Prof. Dr. Henning Ernst Müller:
........Auch ohne erfolgreiches Wiederaufnahmeverfahren hat es seither genug Gelegenheiten für Gerichte gegeben, den schwersten Grundrechtseingriff in einem Rechtsstaat zu beenden. Leider ist dies, obwohl überfällig und inzwischen sogar von der Regierungspolitik (jedenfalls in ihren öffentlichen Äußerungen) herbeigewünscht, immer noch  nicht eingetreten........
Nun steht aber die für Herrn Mollath wichtigste Gerichtsentscheidung offenbar unmittelbar bevor und damit stellt sich die Frage der (nächsten) Woche: Est-ce qu`il y a des juges á Ratisbonne? (Hintergrund zum geflügelten Wort "Il y a des juges á Berlin")
Kurz zum Hintergrund: Die Richter des  OLG-Senats wenden die Ausnahmevorschrift des § 28 Abs. 2 S.2 StPO auf das Wiederaufnahmeverfahren entsprechend an, eine Frage, die seit einigen Jahren unter den deutschen OLG umstritten ist (vgl. hier). Da es weder eine planwidrige Regelungslücke gibt noch eine vergleichbare Interessenlage, ist aber eine Analogie kaum juristisch sauber herzuleiten.
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"Unfähig zur Selbstkritik"
Herr Herr Müller, sitzt Gustl Mollath zu Unrecht in der Psychiatrie?
Henning Ernst Müller: Aus meiner Sicht: ja.
Schon in der Beweiswürdigung des Urteils gibt es erhebliche Mängel. Den Aussagen seiner Ex-Frau wird entscheidendes Gewicht beigemessen, obwohl sie teilweise zweifelhaft sind. Auch die damalige psychiatrische Einschätzung überzeugt mich nicht.

Was sind die Voraussetzungen für eine psychiatrische Unterbringung?

Müller: Die Unterbringung setzt dreierlei voraus. Zum einen, dass Straftaten begangen worden sind. Zum anderen muss eine psychische Störung oder Erkrankung vorliegen – auch schon zum Zeitpunkt der Taten, so dass der Täter wegen der Störung schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war. Voraussetzung ist dann drittens die anhaltende Allgemeingefährlichkeit des Täters.

Mangelt es in der bayerischen Justiz an der Fähigkeit zur Selbstkritik?

Müller: In diesem Fall erkenne ich wenig bis gar keine Selbstkritik. Es gibt offensichtlich eine Unfähigkeit zur Fehlerkorrektur. Bis man wenigstens handwerkliche Fehler eingeräumt hat, hat es lange gedauert. Wenn man sich das ansieht, kann man aber nicht mehr von bloß handwerklichen Fehlern sprechen. Da sind schlimme Dinge dabei, bis hin zu Menschenrechtsverletzungen.
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Fehldiagnose Rechtsstaat: Die ungezählten Psychiatrieopfer
Eva Schwenk
Tag täglich wird tausendfach gefoltert - unter dem Vorwand eines "medizinischen Eingriffs". Und die deutsche Justiz genehmigt dies sogar noch!
Frau Schwenk ist eine der wenigen Menschen mit Rückrad, die bereit sind, das Tabuthema Menschenrechtsverletzungen in Deutschland öffentlich zu machen.
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Die in den Beschlüssen des Jahres 2011 aufgeführten Gründe genügen nicht, um die Fortdauer der Unterbringung zu rechtfertigen. Die Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG). BVerfG (2 BvR 371/12)


Hiermit möchte ich Frau Wolff, für Ihren bemerkenswerten Blog, meinen allergrößten Respekt aussprechen.
Eine ausfühliche Zusammenfassung:


Der Fall Mollath: eine Hängepartie  (Auszug)

Die Staatsanwaltschaft weigert sich nach wie vor, zu diesem Antrag Stellung zu nehmen – das sei verfrüht. Damit bleibt sie auf der Linie ihres, sicherlich von der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg redigierten, Vorbringens in ihrem Wiederaufnahmeantrag. In dem war allerdings rechtsirrig (so wie jetzt auch von Herrn Pindl) darauf verwiesen worden, daß man ja nicht wisse, was die neue Hauptverhandlung ergeben werde.

Ein peinlicher Denkfehler: denn wenn die Wiederaufnahme angeordnet wird, entfällt die Rechtskraft des angefochtenen Urteils und damit die Vollstreckungsgrundlage. Und Anlaß für einen ersetzenden Beschluß nach § 126 a StPO (vorläufige Unterbringung) ist weit und breit nicht zu sehen.

Nun beruft sie sich darauf, daß sie nicht wisse, wie das Gericht über die Zulässigkeit des oder der Wiederaufnahmeanträge entscheiden werde (denn vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand, selbst die objektive Staatsanwaltschaft), und außerdem müsse danach, nach Prüfung, feststehen, daß der oder die Anträge in diesen oder jenen Punkten auch begründet seien – gleichzeitig beteuert sie, daß sie ihren eigenen Antrag „valide“ findet – man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll über diese Inkonsequenz, die juristisch nicht zu erklären ist – es handelt sich offensichtlich um Politik, die die Arbeitsverweigerung der Staatsanwaltschaft regiert.  Niemand, weder Psychiater (die schon gar nicht) noch Juristen im Dienst der Justiz, will der erste sein, der das Offensichtliche fordert oder veranlaßt: nämlich die rechtswidrige Freiheitsberaubung Gustl Mollath anzuerkennen und sie schleunigst zu beenden.

Hier die Nicht-Stellungnahme der Staatsanwaltschaft:

Und so lautet die Antwort von Rechtsanwalt Gerhard Strate:

1.     Wenn die Staatsanwaltschaft empfiehlt, mit einer Entscheidung über die Unterbrechung der Strafvollstreckung so lange zu warten, „bis sich nach Durchführung des Probationsverfahrens ergibt, dass das Wiederaufnahmevorbringen auch begründet ist (§ 370 StPO)“, verfehlt sie den Maßstab, der der gesetzlichen Regelung des § 360 Abs. 2 StPO zugrunde liegt. Sollte sich herausstellen, dass das Wiederaufnahmevorbringen begründet ist, hat das Gericht gemäß § 370 Abs. 2 StPO die Wiederaufnahme anzuordnen, womit die Vollstreckbarkeit des alten Urteils ohnehin entfällt. Für die Unterbrechung der Strafvollstreckung gemäß § 360 Abs. 2 StPO ist dann kein Platz mehr, weil der Verurteilte mangels eines als Vollstreckungsgrundlage dienenden Urteils sofort aus der Haft zu entlassen ist.

     […]

Logisch. Kinderleicht zu verstehen, wie auch der Rest des kurzen Schriftsatzes.

Wenn da nicht die Beharrungskraft eines rechtskräftigen Urteils wäre, die mangelnde Fehlerkultur – und die Abwesenheit von Selbstreinigungskräften in der Justiz, die in Bayern besonders ausgeprägt ist, wo schneidiges Auftreten und schneidige Urteile schließlich mit Beförderung belohnt werden.

Das alles gemahnt langsam an ein Drama antiken Ausmaßes. Warten wir also auf den deus ex machina in Gestalt des Bundesverfassungsgerichts. Die Paralyse, die hier besichtigt werden kann, muß ihr Ende finden. Die Schreckstarre in Bayern kann möglicherweise nur von außen gelöst werden.

Der Fall Mollath: eine Hängepartie II  (Auszug)
SPD-Spitzenkandidat Christian Ude nennt die Fehler im Verfahren gegen den Zwangspatienten der Psychiatrie im Gespräch mit der MZ „beklemmend“.

Der SPD-Spitzenkandidat und Münchner OB Christian Ude ist selbst Jurist. Eine so große Anzahl von Fehlern und Ungereimtheiten in einem Prozess habe er noch nie erlebt, sagt er.

Der Fall Mollath: Das Endspiel? (Auszug)
Aber auch dieser kleinere Rückschlag kann den Gesamteindruck nicht trüben, daß die Hängepartie beendet und das Endspiel – jedenfalls das um die Freiheit Gustl Mollaths – angebrochen ist. Denn wenn es eines letzten Beweises bedurft hätte, daß die bayerische Justiz mit der Fehlerkultur so ihre ganz besonderen Probleme hat, dann war er jetzt erbracht. Die lange Bedenkzeit des Landgerichts Regensburg deutet ja darauf hin, daß dem gewohnten Reflex nachgegeben werden soll, erstinstanzlich Wiederaufnahmebegehren vorsichtshalber erst einmal abzulehnen – was in diesem Fall natürlich dauert. Wenn etwas nicht zu begründen ist, fällt die Begründung bekanntlich besonders schwer.

Die Verteidigung scheint jedenfalls schwarz zu sehen und hat am 4.7.2013 einen Befangenheitsantrag gen Regensburg geschickt.

Auf den Hinweis eines Abgeordneten, auch ein Angeklagter habe doch ein persönliches Schicksal, man müsse als Vorsitzender Richter doch die Akten lesen, antwortete Brixner: “Das, was zu tun war, habe ich gemacht.” Überdies: “Es ist nicht der Brixner, der den Mollath untergebracht hat.” Es sei vielmehr die 7. Große Strafkammer gewesen.

Soll das keine Verfälschung sein? Wo leben wir denn?

Die Behauptung einer Verfälschung muss ja nicht notwendig einen subjektiven Vorwurf begründen. Eine Verfälschung ist objektiv eine grobe Fehlleistung in der korrekten Erfassung eines Sachverhalts, mag sie nun subjektiv auf Absicht oder nur auf zeitweilig fehlender geistiger Präsenz beruhen.

Die Großzügigkeit des abgelehnten Richter mit eigenen Fehlleistungen in der korrekten Sachverhaltserfassung wird für ihn auch der Maßstab bei der Beurteilung der Fehlleistungen des VRiLG Brixner sein. Jedenfalls hat der Beschwerdeführer gute Gründe, das zu befürchten. weiterlesen

Von dieser Justiz ist noch allerlei zu befürchten.

Bedenklich ist nur, daß der Ausschuß besser ermittelt hat als die Staatsanwaltschaft.

Anzeichen für Befangenheit Brixners verdichten sich

Die Staatsanwaltschaft Augsburg war – verständlicherweise – so indigniert darüber, daß Rechtsanwalt Dr. jur. h.c. Gerhard Strate ihren Bescheid veröffentlichte, daß sie sogleich ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen seiner découvrierenden Transparenzoffensive einleitete.

Da die Staatsanwaltschaft Augsburg als Betroffene befangen war, reichte sie ihre Anzeige an die Staatsanwaltschaft Hamburg weiter, die sich in Dienst nehmen ließ und jedenfalls beim Ermittlungsrichter des AG Hamburg beantragte, die amtlichen Schriftstücke in RA Strates Dokumentation des Fall Mollaths (also nicht seine eigenen Schriftsätze) wegen Verstoßes gegen § 353 d StGB zu löschen.

Nun fand sich aber ein Hamburger Amtsrichter, der nicht blind Beschlußanträge der Staatsanwaltschaft abzeichnete, sondern selber nachdachte: mit dem Ergebnis, daß der Antrag der Staatsanwaltschaft weder zulässig noch begründet sei.  weiterlesen  (pdf-download)
 

Bayerische Justiz - Der gute Ruf ist weg  weiterlesen

Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz

Augsburger Oberstaatsanwalt zieht es mit 63 Jahren nach München
Augsburgs Leitender Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz will an die Spitze des größten deutschen Amtsgerichts in München. Zuletzt war er wegen des Falls Gurlitt in die Kritik geraten
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"Im Zuge des Ermittlungsverfahrens haben sich jedoch neue Erkenntnisse ergeben, die der StA Augsburg Anlass geben (...), die rechtliche Situation neu zu bewerten. Aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft Augsburg (...) alle beschlagnahmten Gegenstände freigegeben."

Quelle: Staatsanwaltschaft Augsburg