Dienstag, 9. Juni 2015

RA Rolf Karpenstein zur Entscheidung des BGH vom 07.05.2015

BGH/Karlsruhe: Westlotto informiert: „Im Februar 2015 waren allein in NRW ca. 50 Untersagungsverfahren im Bereich Online-Casino anhängig“ – oder nicht?
Rechtsanwalt Rolf Karpenstein zur Entscheidung des BGH vom 07.05.2015 (I ZR 171/13)

Die Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG, umgangssprachlich „Westlotto“, ist ein den Grundrechten und Grundfreiheiten verpflichtetes Unternehmen, das im Wettbewerb Wettbewerber wettbewerbsrechtlich ausschalten möchte. Westlotto informierte uns auf ISA-Gaming am 07.05.2015, dass es nach der Entscheidung des BGH, die Revisionsrücknahme der Beklagten als Rechtswirklichkeit zu akzeptieren, bei der „Gültigkeit“ des Urteils des OLG Köln vom 03.09.2010 verbleibe, durch das ein Verbot von Sportwetten und Casinospielen im Internet bestätigt worden sei. „Diese Angebote waren, sind und bleiben somit verboten“, informiert ein Herr Theo G. aus M. anreizend und ermunternd, überzeugt aber nicht.

Worüber Westlotto nicht informiert, informiert das Protokoll der Sitzung des BGH vom 12.02.2015. Unter Hinweis auf BVerwG 8 C 36/12 vom 9.7.2014, mit dem ein bundesweiter struktureller Vollzugsverzicht und der damit einhergehende Verstoß gegen Artikel 56 AEUV und gegen das Willkürverbot einzelner Eingriffe bestätigt wurde, erörterten die Parteien die Zurückhaltung beim Vollzug des GlüÄndStV. Die Beklagten wiesen auf ein Schreiben der Kommission vom 09.12.2014 an einen Rechtsanwalt K. [aus HH] hin. Darin heißt es unter Hinweis auf den „regelmäßigen Austausch mit den deutschen Stellen“: „Dabei wurde deutlich, dass im Bereich der Sportwetten wegen des andauernden Konzessionsverfahrens gegenwärtig keine Vollzugsmaßnahmen gegen Anbieter ohne Konzession ergriffen werden“. Diesen strukturellen Vollzugsverzicht hatten die anwaltlichen Vertreter von Westlotto – zur Information: und Verwaltungshelfer im Konzessionsverfahren – gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht am 12.11.2014 u.a. mit der Angst vor Staatshaftungsklagen, also mit dem lobenswerten Willen der Verwaltung begründet, dem höherrangigen Recht Folge zu leisten. Wochen später konnten sich die Vertreter von Westlotto an den weitgehenden Vollzugsverzicht nicht erinnern. Im Protokoll des BGH heißt es mit Blick auf die Aussage der Kommission, dass die deutschen Stellen den Vollzugsverzicht bei Sportwetten zugesichert haben:

„Rechtsanwalt Dr. H. [scil: aus Ka] überreicht ein Schreiben der Europäischen Kommission [aus Bxl] vom 09.12.2014, von dem die Gegenseite Abschriften erhalten hat.

Dann nahm der BGH folgende Erklärung der von Westlotto Verklagten zu Protokoll:
„Rechtsanwalt Dr. H. [aus Ka] stellt seinen Vortrag dahingehend klar, dass auch im Bereich der Casinos derzeit kein Vollzug des Internetverbots stattfindet.“

Dieser Information traten die anwaltlichen Vertreter von Westlotto [aus Kö] entgegen. Sie informierten ausweislich des BGH-Protokolls ihren Vertreter mit roter Robe und dieser den BGH wie folgt:

„Rechtsanwalt Prof. Dr. Dr. G. [aus Ka] erklärt dazu, dass zur Zeit allein in Nordrhein-Westfalen ca. 50 Untersagungsverfahren anhängig sind.“
Rummms. „Ca. 50 anhängige Untersagungsverfahren“ im Februar 2015 bei Online-Casinos, allein in NRW. Darüber hatte Lotto bisher nicht informiert, nicht die „ca. 50“ angeblich Betroffenen, nicht die Gerichte und nicht einmal die Bezirksregierung [aus Dü]. So funktioniert er also, der viel beschworene Geheimwettbewerb. Glück muss man versuchen, so auch Väterchen Staat. Nicht nur Information, auch Versuch macht nämlich kluch. „Das Glück ist ein Rindvieh und sucht seinesgleichen“ heißt es – Stop, nicht im Protokoll des BGH, sondern ein Sprichwort – zum Glück – nicht zum Glücksspiel. Über das Spiel informiert indes Seneca [scil: der Jüngere!]: „Glück ist, was einem passiert, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft“. Versuchen Sie dies! Beim BGH hat’s funktioniert. Vorbereitung traf auf Gelegenheit und Westlotto hatte Glück, Glück dass kein Urteil erging. So bleibt‘s beim Versuch.

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