Dienstag, 9. Juni 2015

Online-Glücksspiel: Rien ne va plus im föderalen Regulierungsdschungel

Am Mittwoch, den 10.06.2015 ab 9:30 Uhr findet die mündliche Verhandlung vor dem EuGH in der Rechtssache C-336/14 (Ince) statt.


Der Bund vertreibt – nach deutschem Recht unerlaubt – auf der Grundlage einer österreichischen Lizenz, also gänzlich ohne deutsche Lizenz, über die von ihm beherrschte Telekom, Sportwetten in Deutschland.
Damit wird das Glücksspielangebot durch den Staat ausgeweitet, wodurch ein Monopol/Oligopol nicht gerechtfertigt werden kann. Diese staatliche Angebotsausweitung wird auch zur mündlichen Verhandlung vor dem EuGH in der Rechtssache C-336/14 (Ince) zur Sprache gebracht werden. weiterlesen

Damit bewegt sich der Staat (Bund) selbst dauerhaft in einem rechtlichen Graubereich, den er (Länder) selbst geschaffen hat. SZ: Der deutsche Staat schafft es nicht, den Markt für Sportwetten zu ordnen.

AG München: Internet Glückspiel ohne deutsche Zulassung ist strafbar
Mit dem am Freitag, 2. Januar 2015, bekanntgegebenen Urteil verhängte das Amtsgericht München in solch einem Fall ein Bußgeld von 2.100 Euro und zog Gewinne in Höhe von 63.490 Euro ein.
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Die Kommission hält die deutschen Glücksspielregelungen für Europarechtswidrig und verweist auf die Einhaltung der Vorgaben aus dem Urteil Pfleger vom 30. April 2014 (C-390/12, Randnr. 43), dass das Spielhallenrecht zum Inhalt hatte.

Mit dem Costa-Urteil vom 16. Februar 2012 verschärfte der Europäische Gerichtshof die Anforderungen an die Vergabe von Glücksspielkonzessionen.

Nimmt ein Mitgliedsstaat Ausnahmen des Unionsrechts in Anspruch, um Beschränkungen der Grundfreiheiten zu rechtfertigen, so ist dies als "Durchführung des Rechts der Union" im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta anzusehen. (vgl. Schlußanträge der Generalanwältin vom 14. Nov. 2013, Rs. Pfleger, C-390/12, Rn. 34 ff) Die Ausnahmeregelung fällt selbst in den Geltungsbereich des Unionsrechts.
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Von Christoph Lövenich
Das Totalverbot von Online-Glücksspielen in Deutschland ist gescheitert. Die Länder wollen dennoch nicht von ihren Privilegien lassen. Das zeigt sich auch bei Sportwetten. „Spielerschutz“ und „Suchtprävention“ sind für Christoph Lövenich nur vorgeschobene Argumente.
„An der Grundgesetzkonformität des Glücksspielkollegiums bestehen erhebliche Zweifel“
Mit der Annahme von privaten Lizenzanträgen ist ausgerechnet die Kölner Anwaltskanzlei CBH, die schon lange für staatliche Lotto- und Totogesellschaften tätig ist, beauftragt worden – was ebenfalls für Irritationen sorgt. Dass Ashelms Artikel nicht mehr im originalen Wortlaut bei der F.A.Z. abruf- oder bestellbar ist, hat nach Novo-Informationen mit einer Reaktion dieser Kanzlei zu tun. Die Debatte scheint sich immer mehr zum Minenfeld zu entwickeln.
Den sich mehrenden Stimmen in Politik, Wissenschaft und Medien, die einen offenen Umgang mit dem Online-Glücksspiel fordern, geht es zumeist um Geldmittel für staatliche Haushalte und Sportvereine, vor allem aber um das Prinzip ‚legalisieren, um zu regulieren‘. Staatsaufgabe sei es, „den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken“ sowie „Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern“ [14], wie es im Staatsvertrag heißt. Trieb und Sucht riefen schon immer jene Instanzen auf den Plan, die sich zur Kontrolle freier Menschen berufen sehen.
Glücksspielverordnung: Die Freiheit hat schlechte Karten
„Spielerschutz“ und „Suchtprävention“ sind überwiegend vorgeschobene Argumente, die finanziellen Interessen moralisch bemänteln. Staatlichen Lotto-Toto-Anbieter und Spielbanken sollen vor Konkurrenz geschützt werden.
Man stelle sich vor, es gibt ein Gesetz, und keiner hält sich daran. Jedenfalls nicht die Betroffenen. Geschätzt mehr als 20 Milliarden Euro Umsatz erzielen Online-Glücksspiele und -Sportwetten in Deutschland (Siehe hier). Dass sie untersagt sind, hält die Spieler nicht vom virtuellen Poker- oder Roulettetisch fern. Das Grenzen überschreitende Internet lässt sich nicht so einfach ins Korsett der deutschen Rechtsordnung pressen, wie manche Länderpolitiker offenbar wirklich geglaubt haben.
Für Online-Glücksspiele gilt hierzulande ein Totalverbot, das nicht nur die – zumeist im Ausland ansässigen – Veranstalter betrifft, sondern theoretisch auch die Spieler, die es mit einem Klick umgehen können. Dabei haben wir es nicht mit einer kleinen Ordnungswidrigkeit zu tun: Es drohen für die Teilnahme an einem unerlaubten Glücksspiel bis zu sechs Monate hinter Gittern (§ 285 StGB). Zwar ist das Verfolgungsrisiko gering, rechtliche Probleme für die Beteiligten können aber sehr wohl auftreten. (Siehe hier). Das absolute Verbot dieser verbreiteten Tätigkeit beruht auf dem 2011 neu gefassten Glücksspielstaatsvertrag der Bundesländer, dem Schleswig-Holstein erst mit mehrmonatiger Verspätung nach einem Regierungswechsel beitrat; die alte CDU-FDP-Regierung hatte einen eigenen, liberalen Weg beschritten und einige Lizenzen ausgestellt. Begründet wird die bundesweite Prohibition mit dem „Schutz der Bürger vor ‚schnellen, suchtfördernden Spielformen‘”, wie es der bayerische Innenminister Hermann ausgedrückt hat. „Die Verhältnismäßigkeit […] von Online-Verboten für Glücksspiele“, hält der Bonner Juraprofessor Christian Koenig dagegen, „ist aber nach weltweit gefestigten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Suchtprävention, zur Schwarzmarkt- und Geldwäschebekämpfung gerade nicht gegeben.“

Um die Sportwetten ist es zu einer Politaffäre gekommen.
Staatsrechtler, Gerichte und Anwälte kritisieren das sogenannte „Glücksspielkollegium“ scharf. Die Vorwürfe reichen von mangelnder Transparenz bis zur Bezeichnung des Kollegiums als „Geheimbund“. Verwaltungsbeamte der 16 Bundesländer entscheiden im Glücksspielkollegium über die Erteilung von Sportwettenlizenzen und die Richtlinien der Glücksspielpolitik. Das eigentlich abgeschaffte staatliche Glücksspielmonopol wird von einigen Behörden einfach weiterhin verteidigt. Die FAZ klärt im Artikel „Kampf um die Befreiung vom „Glücksspiel-Diktator““ über das Thema auf (kostenpflichtig): http://buff.ly/1dhQyDz

In der F.A.Z. kritisiert Michael Ashelm die abgeschottete und damit nicht kontrollierbare Arbeit des Glücksspielkollegiums, dessen Vorsitzender, der bayerische Ministerialrat Thomas Größl, in Insiderkreisen „aufgrund seines fundamentalistischen Eifers gegen die Öffnung des Wettmarktes auch als ‚Ajatollah‘ oder ‚Diktator‘ bezeichnet“ werde und Neutralitätspflichten verletzt habe. (Michael Ashelm: „Kampf um die Befreiung vom ‚Glücksspiel-Diktator‘“, F.A.Z., 11.05.2015)
An der Grundgesetzkonformität des Glücksspielkollegiums bestehen jedenfalls erhebliche Zweifel, die z.B. das Verwaltungsgericht Wiesbaden zum Ausdruck gebracht hat.

Gössl Thomas aus dem bayerischen Innenministerium. Der Ministerialrat hat am Glücksspielstaatsvertrag federführend mitgeschrieben und steuert im Hintergrund das fragwürdige Konzessionsverfahren.

Nach der Klage eines nichtberücksichtigten Wettanbieters bezeichnete die Richterin des Verwaltungsgerichts Wiesbaden die Entscheidungsfindung des Glücksspielkollegiums als "intransparent" und "fehlerbehaftet". Einige Staatsrechtler halten das Glücksspielkollegium für verfassungswidrig. Es fehle an Kontrolle und Aufsicht.
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Eindeutig verhält sich der Beschluss auch zur verfassungswidrigen Gestaltung der Rolle des Glücksspielkollegiums. Es bezieht sich hierbei auch auf dessen Stellung als dritte Ebene im Bundesstaat und sieht darin zu Recht eine Verletzung des Demokratieprinzips und der Regelungen der Artikel 83 ff. zur Bundes- und Länderverwaltung, wie die Kammer unter Bezugnahme auf einem früheren Beschluss vom 11.06.2013 – 
5 K 63/13WI (Rechtsanwälte Redeker) bekräftigt. Die Kammer deutet an, dass die im Gesetz bestimmte Rolle des Glücksspielkollegiums möglicherweise verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden könne, dass das das Glücksspielkollegium ausschließlich beratende Rolle hätte. Für diesen Fall sei jedoch die komplette Verfahrensführung und Beschlussfassung des Glücksspielkollegiums intransparent und inhaltlich nicht nachvollziehbar (Beschlussausdruck S. 23. Das wirkt sich auf die Überprüfbarkeit der Beurteilung aus (Beschlussausdruck S. 25).
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Auch das Frankfurter Gericht teilt zudem die erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich des sog. „Glücksspielkollegiums“, die bereits die zuständige Richterin in Wiesbaden geäußert hatte.
Beide Gerichte verweisen auf ein verfassungsrechtliches Gutachten des Freiburger Staatsrechtlers Thomas Würtenberger, der durch das Kollegium das Demokratie- und das Bundesstaatsprinzip ausgehebelt sieht...
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Der bayerische Glücksspielreferent und Vater des Glücksspielstaatsvertrages Dr. Thomas Gößl nahm auf der Munich Gaming am 1.4.2009 zum Thema "Spielarten im Netz: Gewinnspiel, Glücksspiel, Online-Spiel – Herausforderung für den Jugendschutz" Stellung.
Herr Dr. Gößl äußerte den Wunsch, man möge den Glücksspielstaatsvertrag einfach mal hinnehmen und die Stoppschilder im Internet beachten, damit endlich Ruhe auf dem deutschen Glücksspielmarkt einkehre.
Aus seiner Sicht gebe es weder verfassungs- oder europarechtlich berechtigte Zweifel.

Andere Teilnehmer dieser Podiumsdiskussion, wie z.B Frau Sabine Frank (FSM), wiesen darauf hin, dass eine Entscheidung des EuGH zum deutschen Sportwettenmonopol erst noch erwartet wird. Herr Prof. Schneider (ZAK-Beauftragter für Programm und Werbung, Düsseldorf) prägte im Anschluss den für die Frage von Sperrverfügungen insgesamt bedeutsamen Satz, dass ein Verbot, welches nicht durchgesetzt werden kann, unglaubwürdig macht.
Quelle

Die Rechtsmeinung des bayerischen Glücksspielreferenten wurden durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 08.09.2010 widerlegt. Eine weitere Anwendung der Regelungen wurde verboten. 

“Im Übrigen weist der Gerichtshof darauf hin, dass die dieses Monopol betreffende nationale Regelung, die gegen die Grundfreiheiten der Union verstößt, auch während der Zeit, die erforderlich ist, um sie mit dem Unionsrecht in Einklang zu bringen, nicht weiter angewandt werden darf.”
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Glücksspielkollegium: Aufgaben, Status und Zusammensetzung
Aufgaben und Status


Das Glücksspielkollegium dient den nach § 9a Abs. 1 bis 3 sowie § 19 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörden als Organ bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Dem Glücksspielkollegium obliegt die abschließende Beurteilung aller Anträge auf Erlaubnisse und Konzessionen in den ländereinheitlichen Verfahren nach § 9a Abs. 1 und 2 GlüStV und in den gebündelten Verfahren nach § 19 Abs. 2 Glücksspielsstaatsvertrag GlüStV sowie aller Fragen der Glücksspielaufsicht nach § 9a Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GlüStV von nicht unerheblicher Bedeutung. Das Glücksspielkollegium erarbeitet die Richtlinien zur Konkretisierung von Art und Umfang der nach § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV erlaubten Werbung (Werberichtlinien) in dem nach § 5 Abs. 4 i.V.m. § 9a Abs. 6 bis 8 GlüStV vorgesehenen Verfahren.
Zusammensetzung

Das Glücksspielkollegium besteht aus 16 durch die obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder benannten Mitgliedern (je Land ein Mitglied) sowie deren Vertretern für den Fall der Verhinderung (§ 9a Abs. 6 Satz 2 GlüStV). Das Glücksspielkollegium wählt einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter aus seiner Mitte für jeweils zwei Jahre.

In seiner konstituierenden Sitzung vom 11.07.2012 wurden Herr Dr. Thomas Gößl (Bayerisches Staatsministerium des Innern) zum Vorsitzenden und Frau Barbara Cremer (Innenministerium Baden-Württemberg) zur Stellvertreterin gewählt.

Geschäftsführung und Verfahren

Das Glücksspielkollegium führt seine Geschäfte nach Maßgabe der Vorschriften des GlüStV sowie der Verwaltungsvereinbarung Glücksspielstaatsvertrag (VwVGlüStV). Das Glücksspielkollegium gibt sich eine Geschäftsordnung. Das Glücksspielkollegium bedient sich zur Erfüllung seiner Aufgaben der beim Hessischen Ministerium des Innern und für Sport eingerichteten Geschäftsstelle.
Die Verfahren des Glücksspielkollegiums sind nicht öffentlich. Das Glücksspielkollegium fasst seine Beschlüsse mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der Stimmen seiner Mitglieder. Die Beschlüsse sind für die nach § 9a Abs. 1 bis 3 GlüStV sowie die nach § 19 Abs. 2 GlüStV zuständigen Behörden bindend.
Zur Vorbereitung der Entscheidungen des Glücksspielkollegiums kann der Vorsitzende des Glücksspielkollegiums Prüfgruppen mit der Vorbereitung der Entscheidung des Glücksspielkollegiums betrauen.
Quelle

Bundesrat Drucksache 300/14 vom 11.12.2014

Neubenennung von Beauftragten des Bundesrates in Beratungsgremien der Europäischen Union

2.      Arbeitsgruppe "Niederlassungsrecht/Dienstleistungen" (Glücksspiel)
Bayern
Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr
(MR Dr. Thomas Gößl)
Quelle