Rechtsanwalt Guido Bongers
Der
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) Baden-Württemberg hat mit Beschluß vom 19.12.2012 in einem durch die
Kanzlei Rechtsanwälte Bongers geführten Eilverfahren einem Eilantrag
einer Internet-Wettanbieterin stattgegeben, die ihren Sitz in Malta hat
und über das Internet Sportwetten und andere Glücksspiele anbietet.
Der
Beschluß ist zum Aktenzeichen – 6 S 17/12 – ergangen und macht
neuerlich deutlich, dass die Behörden – wie von uns auch vorgetragen –
gerade nicht aus Ordnungsverfügungen gegen Internet-Wettanbieter
vorgehen können, die bereits vor dem 01.07.2012 erlassen wurden. Ferner
stellt der Verwaltungsgerichtshof zutreffend auf die Problematik der
Kohärenz ab, weil in Schleswig-Holstein einerseits und in anderen
Bundesländern andererseits gänzlich unterschiedliche gesetzliche
Regelungen bestehen.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte den
Eilantrag in erster Instanz noch abgelehnt. Es hatte mit zum Teil
abstrusen Argumenten auch anderen Klagen von Internet-Wettanbietern
abgelehnt, wobei der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hier
zwischenzeitlich in mehreren Verfahren auch die jeweiligen Berufungen
gegen diese Urteile zugelassen hat.
Im Einzelnen verweist der
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in der hier vorliegenden
Eilentscheidung darauf, dass die Untersagungsverfügung, die sich auf
jegliches Glücksspielangebot im Internet für den Bereich des Landes
Baden-Württemberg erstreckte, sich möglicherweise als rechtswidrig
erweise. Das Gericht hält den Ausgang des Hauptsacheverfahrens
jedenfalls mindestens für offen.
Hinsichtlich der
Untersagungsverfügung betreffend den sog. terrestrischen Vertrieb, also
die Vermittlung von Sportwetten über stationäre Wettannahmen hatte der
Senat bereits unter Geltung des alten GlüStV entschieden, dass nach den
Urteilen des Europäischen Gerichtshofes vom 08.09.2010 und der
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.06.2011 im Verfahren –
8 C 2.10 – eine allein auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützte
Untersagungsverfügung gegen Vermittler von Sportwetten im Verfahren des
vorläufigen Rechtsschutzes nicht mehr als rechtmäßig angesehen werden
könne und § 114 Satz 2 VwGO es voraussichtlich gerade nicht zulasse,
dass die Ermessensausübung bei ursprünglich lediglich auf das staatliche
Sportwettmonopol gestützten Untersagungsverfügungen nachträglich mit
der fehlenden Erlaubnis oder Erlaubnisfähigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1
GlüStV zu begründen. An dieser Bewertung – so der Senat – ändere auch
das Inkrafttreten des ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages nichts.
Vielmehr sei sogar zu berücksichtigen, dass auch für den Bereich des
terrestrischen Vertriebs durch die Experimentierklausel des § 10 a
GlüStV n.F. gerade das Glücksspielmonopol durchbrochen werde und damit
eine Erlaubnisfähigkeit für die Wettvermittlung bestehe. Das Gleiche
gelte für den Bereich des Internets, weil auch hier nach der neuen
gesetzlichen Regelung die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten
im Internet und auch die Internetbewerbung für Sportwetten
erlaubnisfähig sei. Die Untersagungsverfügung könne auch nicht auf eine
pauschal fehlende Erlaubnis gestützt werden. Bei Zweifeln über die
Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit
kämen zunächst Nebenbestimmungen in Betracht, wobei der
Verwaltungsgerichtshof auch hier aus einem Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 01.06.2011 zitiert. Hinsichtlich des
Angebotes von Casino- und Pokerspielen und der hierfür betriebenen
Werbung verweist der Verwaltungsgerichtshof sodann auf Zweifel an der
Eignung des Internetverbots, wobei hier das Kohärenzgebot zu beachten
sei. Vor diesem Hintergrund bestünden hinreichend gewichtige Zweifel an
einer kohärenten Ausgestaltung des normativen Rahmens des
Internetverbots für Casino- und Pokerspiele in § 4 Abs. 4 GlüStV n.F.
und der Werbeverbote dieser Internetglücksspiele im Hinblick darauf,
dass in Schleswig-Holstein seit dem 01.01.2012 aufgrund des dortigen
Landesgesetzes zur Neuordnung des Glücksspiels unter bestimmten
Voraussetzungen auch Internet-Glücksspiel sowie die Werbung dafür
erlaubt werden könne. Während ein Verbot bezüglich Casino- und
Pokerspiel in den restlichen 15 Bundesländern bestehe, gestatte das
Bundesland Schleswig-Holstein gerade auch die Veranstaltung und den
Vertrieb von Online- und Casinospielen, zu denen auch Poker gehöre.
Hierzu
möchte ich an dieser Stelle persönlich anmerken, dass dem Senat zum
Zeitpunkt seines Beschlusses die Lizenzerteilung für mehrere Poker- und
Casinoanbieter in Schleswig-Holstein nicht einmal bekannt war, so dass
der Senat hier ausschließlich auf die unterschiedliche „Gesetzeslage“
verweist. Diese unterschiedlichen Regelungen würden erheblichste Zweifel
an der Kohärenz der gesetzlichen Regelungen veranlassen, wobei die
abschließende Klärung dieser Rechtsfrage dem Hauptsacheverfahren
vorbehalten bleibe. Im Rahmen des Eilverfahrens kommt jedenfalls das
Gericht zu der Überzeugung, dass danach die Vollstreckung einer
Untersagungsverfügung gegen einen entsprechenden Internetwett- und
Casino-Anbieter derzeit nicht zulässig sind.
Rechtsanwaltskanzlei Bongers
Gustav-Heinemann-Ufer 56
D - 50968 Köln Tel.: +49 221 34804243
Fax: +49 221 34804244
E-Mail: kanzlei@ra-bongers.de