Online-Glückspiele und Sportwetten: Kommission äußert erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der Glücksspielregelung Deutschlands mit EU-Recht
Schleswig-Holstein meldete sein Gesetzesvorhaben am 6. September der Kommission (siehe Link). Die aktuelle ausführliche Stellungnahme (siehe Link), die auch von Malta (Ausführliche Stellungnahme) und dem Vereinigten Königreich (Bemerkungen) unterstützt wird (siehe Link), verlängert die Stillhaltefrist bis zum 7. Januar 2013.
Mit der vorgesehenen Anpassung der Glücksspielgesetzgebung
Schleswig-Holsteins an den im restlichen Deutschland geltenden
Glücksspielstaatsvertrag zeichnet eine jähe Kehrtwende der bisherigen
Politik ab. Im Falle einer Bestätigung käme es in Schleswig-Holstein zu
einem Wechsel vom im Jahr 2011 eingeführten nachhaltigen
Lizenzierungsmodell (siehe Link)
zu einem von Verboten und Einschränkungen geprägten Modell mit
Online-Poker- und Kasinoverbot, einer nicht wettbewerbsfähigen
Besteuerungsregelung und der Beschränkung des Angebots von
Online-Sportwetten auf 20 Lizenzen.
Sigrid Ligné, Generalsekretärin der EGBA, kommentiert: “Der
in Schleswig-Holstein vorgesehene Wechsel von einem nachhaltigen
Lizenzierungsystem zu einer inkohärenten und ungerechtfertigten
restriktiven Regelung würde sich als erheblicher Rückschritt erweisen,
den - wie sich heute bestätigt - die Europäische Kommission so nicht
absegnen kann”.
Bereits im Juli 2011 bestätigte die Europäische Kommission ihre Bedenken
bezüglich der Nichteinhaltung des EU-Rechts durch die deutsche
Glücksspielgesetzgebung (siehe Link).
Die aktuelle ausführliche Stellungnahme zeigt die konsequente Haltung
der Kommission gegenüber der Reform des Glücksspielrechts in
Deutschland.
Das Ausschreibungsverfahren für die Vergabe der 20
Online-Glücksspiel-Konzessionen gemäß Glücksspielstaatsvertrag obliegt
gegenwärtig dem Land Hessen und hat bereits zu über 100 Bewerbungen
geführt, versäumt es aber den Bewerbern klare, transparente und
verlässliche Informationen über die bei der Vergabe der 20 Konzessionen
angewandten Kriterien zu liefern.
Sigrid Ligné fügt hinzu: "Die ausführliche Stellungnahme
der Europäischen Kommission zu Schleswig-Holstein sendet ein klares
Signal an die Mitgliedstaaten, dass die Kommission Glücksspielgesetze,
die nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH stehen, nicht
länger duldet. Die deutschen Länder können nicht mehr länger die
Warnungen aus Brüssel und die wachsende Kritik, die sich sogar bereits
vor Inkraftsetzung der neuen Gesetzgebung in einer Vervielfachung der
Beschwerden und Gerichtsverfahren niederschlägt, ignorieren. Dadurch
entsteht eine besonders hohe Rechtsunsicherheit, die allen Beteiligten
und nicht zuletzt den deutschen Verbrauchern schadet. In dieser Phase
kann nur die Europäische Kommission auf Grundlage der vielen
eingegangenen Beschwerden, nicht nur gegen Deutschland, sondern auch
gegen Griechenland, Belgien und zahlreiche anderen Mitgliedstaaten, die
Rechtssicherheit wiederherstellen".
Die Europäische Kommission bestätigte am 23. Oktober 2012 in ihrer Mitteilung über Online-Glückspiele, dass "die
Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit dem AEUV [...] eine
Voraussetzung für eine erfolgreiche EU-Politik zum Online-Glücksspiel [ist]" und dass sie gegen alle Mitgliedsstaaten vorgehen würde, deren Gesetzgebung dem EU-Recht nicht entspricht.
Sigrid Ligné: +32 2 554 08 90
Sigrid.Ligne@egba.eu
Hintergrund:
EuGH - Leitentscheidung ("Gambelli", Urteil vom 06.11.2003, Az.: C-101/01)
Doppelter Grundsatz: Beschränkungen der Spieltätigkeiten können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein.
Aber Beschränkungen zum Schutz der sozialen Ordnung vor den Gefahren des Glücksspiels müssen auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, und dafür "kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen"
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