Mittwoch, 12. Dezember 2012

Kommission äußert erhebliche Zweifel

Online-Glückspiele und Sportwetten: Kommission äußert erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der Glücksspielregelung Deutschlands mit EU-Recht

Die Online-Glücksspielbetreiber der EU begrüßen die heutige 'ausführliche Stellungnahme' der Europäischen Kommission gegen den Entwurf des Glücksspielgesetzes des Landes Schleswig-Holstein (Glückspielgesetz S-H). Dieses zielt darauf ab, die derzeitige Gesetzgebung dieses Landes durch den umstrittenen deutschen Glücksspielstaatsvertrag zu ersetzen. Die ausführliche Stellungnahme bestätigt, dass der beabsichtigte Wechsel von einem transparenten Lizenzierungsmodell zu einem von Verboten und Einschränkungen geprägten Modell Anlass zu ernsthafter Besorgnis hinsichtlich der Vereinbarkeit und Kohärenz mit EU-Recht gibt. Gemäß der Richtlinie 98/34/EG kann Schleswig-Holstein seinen Entwurf nicht vor Januar 2013 verabschieden.

Schleswig-Holstein meldete sein Gesetzesvorhaben am 6. September der Kommission (siehe Link). Die aktuelle ausführliche Stellungnahme (siehe Link), die auch von Malta (Ausführliche Stellungnahme) und dem Vereinigten Königreich (Bemerkungen) unterstützt wird (siehe Link), verlängert die Stillhaltefrist bis zum 7. Januar 2013.
Mit der vorgesehenen Anpassung der Glücksspielgesetzgebung Schleswig-Holsteins an den im restlichen Deutschland geltenden Glücksspielstaatsvertrag zeichnet eine jähe Kehrtwende der bisherigen Politik ab. Im Falle einer Bestätigung käme es in Schleswig-Holstein zu einem Wechsel vom im Jahr 2011 eingeführten nachhaltigen Lizenzierungsmodell (siehe Link) zu einem von Verboten und Einschränkungen geprägten Modell mit Online-Poker- und Kasinoverbot, einer nicht wettbewerbsfähigen Besteuerungsregelung und der Beschränkung des Angebots von Online-Sportwetten auf 20 Lizenzen.
Sigrid Ligné, Generalsekretärin der EGBA, kommentiert: “Der in Schleswig-Holstein vorgesehene Wechsel von einem nachhaltigen Lizenzierungsystem zu einer inkohärenten und ungerechtfertigten restriktiven Regelung würde sich als erheblicher Rückschritt erweisen, den - wie sich heute bestätigt - die Europäische Kommission so nicht absegnen kann”.
Bereits im Juli 2011 bestätigte die Europäische Kommission ihre Bedenken bezüglich der Nichteinhaltung des EU-Rechts durch die deutsche Glücksspielgesetzgebung (siehe Link). Die aktuelle ausführliche Stellungnahme zeigt die konsequente Haltung der Kommission gegenüber der Reform des Glücksspielrechts in Deutschland.
Das Ausschreibungsverfahren für die Vergabe der 20 Online-Glücksspiel-Konzessionen gemäß Glücksspielstaatsvertrag obliegt gegenwärtig dem Land Hessen und hat bereits zu über 100 Bewerbungen geführt, versäumt es aber den Bewerbern klare, transparente und verlässliche Informationen über die bei der Vergabe der 20 Konzessionen angewandten Kriterien zu liefern.
Sigrid Ligné fügt hinzu: "Die ausführliche Stellungnahme der Europäischen Kommission zu Schleswig-Holstein sendet ein klares Signal an die Mitgliedstaaten, dass die Kommission Glücksspielgesetze, die nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH stehen, nicht länger duldet. Die deutschen Länder können nicht mehr länger die Warnungen aus Brüssel und die wachsende Kritik, die sich sogar bereits vor Inkraftsetzung der neuen Gesetzgebung in einer Vervielfachung der Beschwerden und Gerichtsverfahren niederschlägt, ignorieren. Dadurch entsteht eine besonders hohe Rechtsunsicherheit, die allen Beteiligten und nicht zuletzt den deutschen Verbrauchern schadet. In dieser Phase kann nur die Europäische Kommission auf Grundlage der vielen eingegangenen Beschwerden, nicht nur gegen Deutschland, sondern auch gegen Griechenland, Belgien und zahlreiche anderen Mitgliedstaaten, die Rechtssicherheit wiederherstellen".
Die Europäische Kommission bestätigte am 23. Oktober 2012 in ihrer Mitteilung über Online-Glückspiele, dass "die Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit dem AEUV [...] eine Voraussetzung für eine erfolgreiche EU-Politik zum Online-Glücksspiel [ist]" und dass sie gegen alle Mitgliedsstaaten vorgehen würde, deren Gesetzgebung dem EU-Recht nicht entspricht.
Für weitergehende Informationen oder Kommentare kontaktieren Sie bitte:
Sigrid Ligné: +32 2 554 08 90
Sigrid.Ligne@egba.eu

Hintergrund:
EuGH - Leitentscheidung ("Gambelli", Urteil vom 06.11.2003, Az.: C-101/01)
Doppelter Grundsatz: Beschränkungen der Spieltätigkeiten können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein.
Aber Beschränkungen zum Schutz der sozialen Ordnung vor den Gefahren des Glücksspiels müssen auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, und dafür "kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen"
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