Montag, 10. Dezember 2012

Keine Abwälzung der Spielbank-Besteuerung auf die Steuerzahler!

(so der Bund der Steuerzahler zum Hamburgischen Spielbankgesetz in seiner Stellungnahme vom 11.02.2010, die durch die Vorlage des FG Hamburg vom Sept. erneut aktuell wurde. s.u.)

Die Umsatzsteuer ist europarechtlich harmonisiert. Entsprechend Artikel 135 1.i der RICHTLINIE 2006/112/EG DES RATES vormals 77/388/EWG sind Umsätze von Wetten, Lotterien und sonstigen Glücksspielen mit Geldeinsatz von der Umsatzsteuer befreit.

Soweit die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) den Mitgliedstaaten "noch" ein Gestaltungsermessen belässt
  • muss nationales Verfassungsrecht beachtet werden
  • muss der europarechtliche Neutralitätsgrundsatz gewahrt sein
  • darf das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nicht verfälscht werden
  • darf es nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung kommen
vgl. Umsatzsteuerrecht  (pdf-download)

Bereits in der Rechtssache 8/81 (Becker, Slg. 1982, 53) wurde vom Gerichtshof der europäischen Gemeinschaft der Gestaltungsspielraum dahingehend eingeschränkt, dass sich die "Bedingungen" in keiner Weise auf den Inhalt der vorgegebenen Steuerbefreiung erstrecken dürfen. (vgl. Leitsatz Nr 3, Rn 20 ff, 25, 33, 43, 44, 45, 46)

Wie bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht wurde, wird von mir die Meinung vertreten, dass gem. Artikel 135, 1, (Buchstabe i)  in V. mit Art. 401 der RICHTLINIE 2006/112/EG Glücksspielumsätze grundsätzlich Mehrwertsteuerbefreit sind, womit entspr. Art. 137,1 u. 2 auch die Umsätze aus dem Spielbetrieb der Spielbanken und aus gewerblichen Geldspielen grundsätzlich nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden dürfen.

Entsprechend der Becker-Entscheidung des EuGH dürfen Glücksspieleinnahmen ausschließlich nach Art. 401 besteuert werden!

Gemäß Artikel 401 dürfen Mitgliedstaaten die Einnahmen aus Glücksspielen mit Sonderabgaben belasten, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben.

Entgegen der Linneweber Entscheidung des EuGH, unterwarf Deutschland die Glücksspielumsätze der Spielbanken, ab dem 6. Mai 2006, der Umsatzsteuer und begründete die Festlegung der Bemessungsgrundlage mit der "Glawe-Entscheidung" für Unterhaltungsgeräte. Seitdem sind die Bruttospielerträge mit dem vollen Steuersatz (derzeit 19 Prozent) umsatzsteuerpflichtig.
Zu dieser Rechtsänderung hatte Deutschland keine Gesetzgebungskompetenz.

Wenn entgegen der Richtlinie, eine Umsatzsteuer für Glücksspielumsätze eingeführt wird, dann muss die Veranlagung zumindest richtlinienkonform erfolgen und durch den Rat genehmigt werden.

Entsprechend der Art. 1,2 und Art. 2c der Richtlinie 2006/112/EG, fällt die Mehrwertsteuer für alle Dienstleistungsumsätze an.

Mit der durch das Spielbankgesetz vorgegebenen Besteuerung der Kasse (Bruttospielertrag) wird der Spieler weder für das Einzelspiel noch der weitere Spieleinsatz durch ausbezahlte Gewinne mit MwSt belastet, womit der Kasseninhalt als Bemessungsgrundlage unionsrechtswidrig sein dürfte.

Die Besteuerung der Kasse, nach dem Spielbankgesetz, kann nicht mit der Glawe-Entscheidung vom 5. Mai 1994 begründet werden. Der EuGH entschied damals ausschließlich über die Besteuerungsgrundlage bei Geldspielautomaten, wenn nach dem Gesetz ein bestimmter Prozentsatz der Spieleinsätze als Gewinn an die Spieler ausgezahlt wird und nicht für andere Glücksspiele.

Die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse haben sich seit dem Urteil „Glawe“ geändert. Statt der Erbringung einer Dienstleistung handelt es sich seit Schindler/Lärää, bestätigt durch die EuGH-Entscheidung Linneweber um Glücksspielumsätze. Rechtlich wurde die bis Ende 2005 geltende Mindestgewinnquote von 60 % abgeschafft. Seit 2006 gibt es stattdessen eine Begrenzung des Einsatzes und des Verlustes pro Zeiteinheit.

In der Glawe-Entscheidung ging es nur um das "wie" und nicht um das "ob" einer Besteuerung !

Die Glawe-Entscheidung kann deshalb auch nicht als Rechtsgrundlage über die Zulässigkeit für die Besteuerung von Spielbankumsätzen herangezogen werden. (vgl. II/1/b+d+e)

In der Rs. Linneweber/ Akritidis (C-453/02 und C-462/02) stellte der EuGH fest:
In dem Urteil Glawe ging es nämlich nur um die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage des mit dem Betrieb von Geldspielautomaten erzielten Umsatzes und keineswegs um die durch das deutsche Mehrwertsteuerrecht allgemein eingeführte unterschiedliche Behandlung der zugelassenen öffentlichen Spielbanken und der übrigen Glücksspielveranstalter. (Rn 43 )

Mit der Besteuerung der Kasse wird gegen die Grundsätze der Proportionalität und der steuerlichen Neutralität verstoßen, da dadurch der Unternehmer und nicht der Verbraucher mit der MwSt. belastet wird.

Der Kassenbestand spiegelt den Rohertrag, abzüglich ausbezahlter Gewinne wieder und nicht den Umsatz. Damit wird der Ertrag und nicht der Umsatz besteuert.

Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität gibt vor, dass der Steuerpflichtige Unternehmer weder ganz noch teilweise mit der Mehrwertsteuer belastet werden darf. (vgl.. u. a. Urteile vom 18. Oktober 2012, Rechtssache C-525/11, Randnr. 24, 27; 25. Oktober 2001, Kommission/Italien, C-78/00, Slg. 2001, I-8195, Randnrn. 33 und 34, vom 10. Juli 2008, Sosnowska, C-25/07, Slg. 2008, I-5129, Randnr. 17, vom 12. Mai 2011, Enel Maritsa Iztok 3, C-107/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 33, und Kommission/Ungarn, Randnr. 45).

Im Zusammenhang mit den vom FG Hamburg vorgelegten Fragen zur Europarechtswidrigkeit der Umsatzbesteuerung von Spielgeräten und zu den Grundsätzen der Proportionalität und der Abwälzbarkeit, muss im Hinblick auf die Mehrwertsteuerrückerstattung durch Verrechnung mit der Spielbankenabgabe, auch von einer nicht notifizierten, und damit unzulässigen Beihilfe (s.u.) bei staatlichen Spielbanken ausgegangen werden.

Da die Spielbanken bis 2006 gänzlich von der Mehrwertsteuer befreit waren, dürfte es die behauptete Doppelbelastung bei Einhaltung der Grundsätze der Proportionalität und der steuerlichen Neutralität nicht geben da die Spielbanken dann auch nicht mit der MwSt. belastet wären. Die Spielbanken sind in ihrer Preisgestaltung frei und könnten die Mehrwertsteuer abwälzen. Da die Spielbanken die Mehrwertsteuer de facto auch nicht auf den Verbraucher abwälzen können (s.u.), wird diese entspr. dem Spielbankgesetz mit der Spielbankenabgabe verrechnet, was letztlich zu einer Mehrwertsteuerrückerstattung führt.

Landtag Rheinland-Pfalz ­ 15.Wahlperiode Drucksache 15/2839
Mit der nun zusätzlich zu entrichtenden Umsatzsteuer kommt der Spielbankabgabe erdrosselnde Wirkung zu. Absatz 2 Satz 2 legt deshalb fest, dass die auf den unmittelbaren Spielbetrieb entfallende, zu entrichtende und keinem Erstattungsanspruch unterliegende Umsatzsteuer auf die Spielbankabgabe angerechnet wird.

Da die öffentlichen Spielbanken im Wettbewerb zu den Automatenaufstellern durch die Spielbankengesetze der Bundesländer ausdrücklich von der Doppelbesteuerung mit Umsatzsteuer und Sonderabgabe (Spielbankenabgabe) ausgenommen sind, dürfte eine Verletzung der steuerlichen Neutralität vorliegen.
Mit dieser Regelung erkennen die Bundesländer an, dass Art. 401 i. V. m Art. 135 Abs. 1, i der Richtlinie 2006/112/EG eine Doppelbesteuerung mit Umsatzsteuer und nationaler Sonderabgabe ausschließt.
Der Gesetzgeber geht also selbst davon aus, dass ein Nebeneinander von Mehrwertsteuer und Sonderabgabe systemwidrig und damit unzulässig ist.

Mit den Spielbankengesetzen der Länder werden die Spielbanken so gestellt als würden sie die Mehrwertsteuer überhaupt nicht zahlen. Die Anrechnung auf die Spielbankenabgabe kommt einer Nichterhebung der Mehrwertsteuer gleich. (Quelle)

Demgegenüber werden die hierzu im Wettbewerb stehenden Betreiber von Geldspielautomaten neben der Mehrwertsteuer mit der Sonderabgabe (Vergnügungssteuer) belastet. Diese Doppelbesteuerung ist gem. Art. 401 unzulässig.

Die Anrechnung der Mehrwertsteuer auf die Spielbankenabgabe ist nach der Durchführungsverordnung zur Richtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nicht vorgesehen und verstößt damit gegen den europarechtlichen  Neutralitätsgrundsatz, wodurch diese Regelung unionsrechtswidrig ist. Diese Verrechnung der Umsatzsteuer mit der Spielbankenabgabe wurde auch nicht notifiziert. Ein Dispensverfahren nach Artikel 395 Absatz 1 ist nicht ersichtlich. Eine Befreiung durch den Rat liegt ebenfalls nicht vor.

Bremen will die Spielsucht bekämpfen und versucht die Spielbank Bremen mit einer Steuersenkung auf nur noch 40 % zu retten - bei fehlenden Einnahmen könnten die Abgaben auf bis zu 11% fallen. Durch die Verrechnung mit der Mehrwertsteuer würde die Spielbank "dann" neben einer vollständigen Steuerfreiheit auch eine echte Subvention von 8% aus dem Umsatz erhalten. Dagegen wurde die Vergnügungssteuer für private Automatenaufsteller von 10 auf 20% angehoben. „Es ist nicht einzusehen, warum der Staat möglichst attraktive Bedingungen für den Betrieb von Spielautomaten schaffen sollte“, erklärte die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert damals zur Steuererhöhung.  Quelle

vgl. Gesetz zur Neuregelung der Spielbankabgaben 
Drucksache 18/665

Bremische Bürgerschaft (Landtag) - Mitteilung des Senats vom 20. November 2012

Spielbank Bremen
Bremische Bürgerschaft (Landtag) ­ 16. Wahlperiode ­ 9. Sitzung am 17. 12.2012  03440

Die Bundesrechtlich angeordnete und unionsrechtlich harmonisierte Mehrwertsteuer darf weder durch Landesrecht ermäßigt werden, noch durch korrespondierende Subventionen kompensiert werden. Die Förderung öffentlichen Glücksspiels, durch die Mehrwertsteuerrückerstattung, mit Verrechnung der Spielbankenabgabe bei gleichzeitiger Einräumung eines Freibetrages von 1 Mio. EURO/p.a. Quelle und einer weiteren  Absenkung der Spielbankenabgabe konterkariert die Behauptung einer steuerrechtlichen Gleichbehandlung und kommt einer Ermäßigung der Umsatzsteuer gleich, was zu einer Verfälschung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems führt.

Mit der faktischen "Nichterhebung der Mehrwertsteuer" wird in bedenklicher Weise auch in das Haushaltsrecht der Europäischen Union eingegriffen.
vgl. B –  System der Eigenmittel unter dem Beschluss 2000/597
Rn 50 ff  SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN VERICA Trstenjak vom 25. Mai 2011, Rechtssache C 539/09

Auch ist zu bedenken, dass mit der in der Sonderabgabe (Spielbankenabgabe mit enthaltener Mehrwertsteuer) auch alle Ertragssteuern abgegolten sind. 

Demgegenüber werden die hierzu im Wettbewerb stehenden Betreiber von Geldspielautomaten neben der Mehrwertsteuer mit der Sonderabgabe (Vergnügungssteuer) und der Ertrag zusätzlich mit der Einkommensteuer / Körperschaftssteuer, Soli und Kirchensteuer besteuert, und mit Sozialabgaben belastet.

Die Doppelbesteuerung mit Mehrwertsteuer und Sonderabgabe kommt einer wirtschaftlichen Erdrosselung gleich.  Durch diese Doppelbesteuerung werden die verfügbaren Kasseneinnahmen mit rund 35-39 % belastet, womit das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit aus Art. 16 der Grundrechtecharta / Art. 2,1 GG durch eine derart hohe Abschöpfung des Rohertrags verletzt wird. (vgl. FG HH

Die praktizierte Anrechnung der Mehrwertsteuer auf die Spielbankenabgabe, bei gleichzeitiger Einräumung eines Freibetrages  (Niedersachsen), einer steuerfreien Eigenkapitalverzinsung von 8 % (Bremen) oder der Gewährung selektiver Beihilfen durch eine Steuersenkung der Spielbankenbesteuerung (Erfurt, Stralsund, Binz, Heringsdorf) ist auch nicht wettbewerbsneutral.

Beispiele:

Bremen rettet Casino vor Insolvenz
Die Spielbank auf der Verliererseite, so sah das aus, und die Lage war offenbar dramatisch. Das Casino Bremen musste ernsthaft die Insolvenz fürchten. Helfen konnte am Ende nur noch einer: der Staat. Das Land Bremen hat für dieses Jahr auf einen Teil seiner Spielbank-Abgabe verzichtet, es geht dabei um einen Betrag von mehr als einer Million Euro, wie das Finanzressort am Freitag bestätigte. Besser weniger von etwas, als mehr von nichts. Besser 40 Prozent von zehn Millionen Euro, als 55 Prozent von einem Umsatz, der gar nicht mehr da ist, weil der Betrieb in die Pleite gegangen ist. Vor dieser Situation standen die Mitglieder des Haushalts- und Finanzausschusses, als sie jetzt mit der Spielbank befasst waren. Quelle

Steuergelder für die Spielbank Bad Kötzting
Mit Steuergeldern soll erstmals 2011 das drohende Betriebsdefizit ausgeglichen werden. Schlusslicht in der bayerischen Casino-Landschaft: Bad Kötzting. Quelle

Die Spielbank Erfurt steht vor dem Verkauf. Das bestätigte die NRW-Bank in Düsseldorf dem MDR THÜRINGEN. Die Bank ist Eigentümerin der WestSpiel-Gruppe in Duisburg, welche die Erfurter Spielbank betreibt. Das Land Thüringen profitiert davon durch die Spielbankenabgabe, die sich im Jahr 2011 laut Sozialministerium auf 1,3 Millionen Euro belief. Die Höhe der Abgabe wurde jüngst gesenkt, um WestSpiel zu entlasten. Bis zum Jahr 2014 trägt das Land Thüringen noch die Mietkosten des Casinos. http://www.mdr.de/thueringen/mitte-west-thueringen/spielbank_erfurt100.html

Proteste in Heringsdorf und Schwerin    
Nichts geht mehr: Casinos in Finanznot

Die Spielbanken sind nicht mehr in der Lage, die gesetzlich vorgeschriebenen Abgaben an das Land zu entrichten. Thomas Fritz, Geschäftsführer der Spielbankengesellschaft Mecklenburg: Seinen Angaben zufolge ist die Insolvenz der Spielbanken nicht zu verhindern, sollte das Land weiterhin ein Viertel der Umsätze einfordern und die Abgabe nicht an den Firmengewinn koppeln. Seit August 2011 werde die Abgabe vom Land bereits gestundet.

Die Begünstigung der Spielbanken führt zu einer Wettbewerbsverzerrung.   

Während die Betreiber von Geldspielautomaten oftmals Vergnügungssteuer zahlen, auf die die Umsatzsteuer nicht angerechnet wird, wird die für die Spielbanken anfallende Umsatzsteuer auf die Spielbankenabgabe angerechnet. Eine Diskriminierung der Betreiber von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit gegenüber den Spielbanken liegt nahe. 
KMLZ - Umsatzsteuer Newsletter 12/2012

Durch die Mehrwertsteuerrückerstattung dürfte auch gegen den europarechtlichen Neutralitätsgrundsatz verstoßen werden, insbesondere wenn den staatlichen Spielbanken auf die zur Verrechnung herangezogene Spielbankenabgabe ein Freibetrag von 1 Mio. eingeräumt wird. 

Nach der EuGH-Rechtsprechung ist der Grundsatz der steuerlichen Neutralität bereits dann verletzt, wenn zwei aus der Sicht des Verbrauchers gleiche oder gleichartige Dienstleistungen, dieselben Bedürfnisse des Verbrauchers befriedigen, hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden. (vgl. u.a. EuGH-Rank, Rn. 41, 75/1ff).

Ein Mitgliedstaat kann, wenn die Bedingungen oder Beschränkungen, von denen er die Mehrwertsteuerbefreiung für Glücksspiele mit Geldeinsatz abhängig macht, gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verstoßen, sich nicht auf diese Bedingungen oder Beschränkungen berufen, um dem Veranstalter solcher Glücksspiele die Steuerbefreiung, auf die dieser nach der Sechsten Richtlinie einen Rechtsanspruch hat, zu verweigern (vgl. u.a. EuGH-Rank, Rn. 68).

Womit die europarechtliche Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. “i“ der Richtlinie2006/112/EG nicht länger verweigert werden darf. (vgl. u.a. EuGH-Rank, Rn. 68).

Dadurch, dass die Umsatzsteuer als Verbrauchssteuer im Falle der Spielbanken durch die Mehrwertrückerstattung tatsächlich vom Steuerzahler (s.u.), und nicht vom Verbraucher als Steuerdestinatar im Rahmen der Abwälzbarkeit getragen wird, wird gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verstoßen. (vgl. Linneweber-  und Rank-Entscheidung des EuGH, Rn 33 ff)

Die Verrechnung der Mehrwertsteuer mit der Spielbankenabgabe unter Anrechnung eines Freibetrages von 1 Mio. und der Verstoß gegen den  Neutralitätsgrundsatz war dem EuGH in der Rs. Leo-Libera wohl nicht bekannt!

Wie sonst könnte der EuGH unter der Rn 36 des Urteils ausführen:
"Ausweislich der dem Gerichtshof vorgelegten Akten behandelt die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung gleichartige Glücksspiele mit Geldeinsatz, die als miteinander im Wettbewerb stehend betrachtet werden können, mehrwertsteuerlich nicht unterschiedlich."

Auch konnte der EuGH von der rückwirkenden Ermäßigung der Spielbankenabgabe auf "Null" nichts wissen. Von einer Gleichbehandlung kann somit nicht mehr gesprochen werden (vgl. EuGH-Rank, Rn. 41, 75/1ff) ! Der EuGH entschied ferner: Sofern der Mitgliedstaat – auch unabsichtlich – gegen eine unmittelbar anwendbare Richtlinienbestimmung verstößt, besteht ein Anspruch auf Steuerbefreiung.

update vom 27.02.2013
Wie nun aus dem Jahresbericht 2013 (Rn 8, Seite 85 ff) des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz hervorgeht, wurde rückwirkend die Spielbankenabgabe auf "Null" festgesetzt.
Auf Seite 89 wird ausgeführt: "....ermäßigte das Ministerium der Finanzen im Jahr 2010 rückwirkend für 2008 die Spielbankabgabe auf einen Betrag von 1,0 Mio. €. Dabei berücksichtigte es nicht, dass aus deren Aufkommen bereits die Umsatzsteuer getilgt worden war."

Der Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG DES RATES gibt vor:
„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist.“

Um den europarechtlichen Neutralitätsgrundsatz zu wahren, müsste die MwSt für jeden einzelnen Spielvorgang abgerechnet werden und als Verbrauchssteuer ausschließlich vom Verbraucher getragen werden.

Es ist fraglich, ob die Art ihrer Berechnung mit der vorrangig zu beachtenden Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU in Übereinstimmung steht. Nach dem Proportionalitätsgrundsatz der Richtlinie ist die Steuer genau proportional zum Preis der jeweiligen Gegenstände und Dienstleistungen; nach dem Grundsatz der Abwälzbarkeit der Mehrwertsteuer ist diese vom Unternehmer auf den Endverbraucher abzuwälzen. Dadurch kann es nicht richtig sein, den Kasseninhalt zur Bemessungsgrundlage zu machen, ohne zu berücksichtigen, wie viel der einzelne Spieler gewonnen oder verloren hat.

Entsprechend der Systematik der Umsatzbesteuerung, des Grundsatzes der Proportionalität und unter Einhaltung des Grundsatzes der Abwälzbarkeit muß der einzelne Spieleinsatz als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Somit dürfte bei einem Brutto-Spieleinsatz von z.B. 119,00 € nur 100,-- €  (119,-- ./. 19 % MwSt ) als tatsächlicher Spieleinsatz bei der Gewinnberechtigung Berücksichtigung finden.

Der Spieleinsatz von 100,-- € würde bei einem angenommenen Roulette-Spielgewinn in einem Spielcasino, bei einer einfachen Chance (vgl. wiki ) und einer Gewinnquote von 1:1, dann nur noch einen Gewinn von 84,03 € auslösen.

Mit den ausgezahlten Gewinnen dürfte dann in keinem Fall direkt weitergespielt werden, da für jeden weiteren Spielvorgang erneut MwSt anfallen würde und abgerechnet werden müsste. Somit dürfte der Spielgewinn nicht über die Ausgabe von Jetons ausbezahlt werden. Zum Weiterspielen müssten an der Kasse Jetons erworben werden, die mit MwSt belegt sind.

Anders ausgedrückt müsste bei einer konsequenten Anwendung der Richtlinie und der Anwendung der Grundsätze zur Proportionalität und Abwälzbarkeit der Verbrauchssteuer auf den Spieler, für jeden einzelnen Spieleinsatz 19 % MwSt abgerechnet werden, dass bedeuten würde, dass ein Jeton der für 100,--€ gekauft würde, lediglich einen tatsächlichen Spieleinsatz von 84,03 € beinhaltet.

Aus obigem Beispiel lässt sich leicht erkennen, dass die Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer auf den Verbraucher (Spieler) unter den anerkannten Spielregeln auch den Spielbanken nicht möglich ist. Für andere Spiele verhält es sich ähnlich. Es darf bezweifelt werden, ob es überhaupt Glücksspiele mit Geldeinsatz gibt, die sich für die Anwendung der Mehrwertsteuer eignen. Eine Besteuerung des Spieleinsatzes ist de facto wirtschaftlich nicht möglich.

Der Glücksspielmarkt würde zusammenbrechen, wenn bei jedem Einzelspiel die MwSt von 19 % erneut anfallen würde. (vgl. Leo-Libera, Rn 30) 

Der EuGH führte in der Rs. Leo-Libera, Rn 24 aus:
"Was insbesondere Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele betrifft, ist festzustellen, dass die Steuerbefreiung, die ihnen zugutekommt, durch praktische Erwägungen veranlasst ist, da sich Glücksspielumsätze schlecht für die Anwendung der Mehrwertsteuer eignen" 

"Die Steuerbefreiung, die Glücksspielen zugutekommen kann, ist durch praktische Erwägungen veranlasst, da sich Glücksspielumsätze schlecht für die Anwendung der Mehrwertsteuer eignen. Die Mehrwertsteuer ist nämlich eine Verbrauchsteuer, deren Besteuerungsgrundlage die für die Lieferung eines Gegenstands oder die Erbringung einer Dienstleistung empfangene Gegenleistung ist. Dieses System lässt sich nicht leicht auf Glücksspiele mit Geldeinsatz anwenden, bei denen die Verbraucher Einsätze im Austausch gegen die Chance auf einen Gewinn zahlen, der gegebenenfalls einem höheren Betrag entsprechen kann." (Rn 42, Schlussantrag)

Aus diesen Gründen wurde nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. “i“ der Richtlinie2006/112/EG eine europarechtliche Steuerbefreiung festgelegt.

Darüber hinaus ist die Besteuerung von Glücksspielen inkohärent. Diese sieht neben einer Mehrwertsteuerbefreiung für staatliche Lotterien und Sportwetten, verschiedene Steuersätze für Online- und herkömmliche Glücksspiele vor! Im Gegensatz zu Online-Sportwetten waren bei Pferdewetten bisher noch 16,66% Wettsteuer auf die Einsätze fällig. vgl.u.a Durch die neue Gesetzeslage hat sich diese mehr als gedrittelt, so dass hier künftig nur noch 5% an den deutschen Fiskus fließen.  Weiter zum vollständigen Artikel ...    

update:
Verstößt die Umsatzbesteuerung von Spielgeräten gegen das Unionsrecht?
KMLZ - Umsatzsteuer Newsletter 12/2012  weiterlesen

Am 09.01.2013 hat der BUNDESFINANZHOF beschlossen, dass durch die Annahme des Vorabentscheidungsverfahren Rs. C-440/12 durch den EuGH, das nationale Verfahren auszusetzen ist.
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Die Regelung der Mehrwertsteuererstattung durch Verrechnung mit der Spielbankabgabe enthält einen selektiven Vorteil, der nicht durch die Natur des Steuersystems gerechtfertigt ist, wodurch es sich um eine nicht notifizierte, und damit rechtswidrige Beihilfe zur Förderung des staatlich konzessionierten Glücksspiels handeln muss. vgl. u.a. EuGH Rs. C-452/10 P

In seinem Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11 bestätigte der BGH erneut, dass Beihilfen notifiziert werden müssen. In dem Verfahren machte die Klägerin geltend, dass der Kaufpreis den Marktwert unterschreite und daher eine Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle.

Sie hat beantragt, die Nichtigkeit des Kaufvertrags festzustellen, weil er der EU-Kommission nicht notifiziert und ohne deren Genehmigung unter Verstoß gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot (Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) durchgeführt worden sei.  Mehr unter Beihilfe 

A-Bwin soll Umsatzsteuer nachzahlen

So wie es scheint, droht bwin jetzt eine Nachzahlung von rund 70 Millionen Euro. Allerdings hat bwin auch angekündigt, gegen diese Bescheide jetzt Berufung einzulegen, denn die Bescheide seien, so wie eine Unternehmenssprecherin verlauten ließ ”rechtswidrig”. Nach Angaben der Sprecherin widersprechen die Bescheide der EU-Rechtssprechung. Nach Angaben der Sprecherin widersprechen die Bescheide der EU-Rechtssprechung. Laut Finanzamt betreffen die Nachzahlungen den Umsätzen, die über österreichische Server erfolgt sind. Da der Fiskus dies als Betriebsstätte ansieht, unterliegt sie der Einhebung der Umsatzsteuer. Nach dem EU-Recht aber ist eine Betriebsstätte aber eine Stätte, die ”die vom Kunden erfragte Leistung autonom erbringen kann”. Dies sei bei der Bwin Österreich nicht zutreffend, weil das Geschäft nämlich in Gibraltar gesteuert wird. Es unterliegt also nicht der Umsatzsteuer, wie es das Finanzamt sieht.   Weiter zum vollständigen Artikel ...    

Umsätze des Vermittlers von Sportwetten eines ausländischen Wettveranstalters unterliegen nicht der deutschen Umsatzsteuer
FG B-W Pressemitteilung vom 26.02.2013 zum Urteil 9 K 2091/11 vom 09.07.2012

Wünsche der EU-Kommission von Griechenland befolgt
Griechenland hat erst kürzlich unter Beschuss gestanden, als die Regierung versucht hat, auf die online Glücksspiele eine Umsatzsteuer zu erheben. Die EU-Kommission hat aber gemeint, dass die Besteuerung die Anbieter abschreckt und aus diesem Grund eine Bruttoumsatzsteuer für das Land vorgeschlagen.
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Hintergrund:


Stellungnahme zur Änderung des Hamburgischen Spielbankgesetzes

Der Hamburgischen Bürgerschaft liegt der Senatsentwurf zur Änderung des Hamburgischen Spielbankgesetzes vor, den der Bund der Steuerzahler (BdSt) unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung der Finanzgerichte analysiert hat. Die Ergebnisse wurden den Mitgliedern im Innen- und Haushaltsausschuss in einer Stellungnahme zugesandt:

Eine „systemwidrige Doppelbesteuerung“ der Spielbank-Umsätze durch die Umsatzsteuer und die Spielbankabgabe ist – entgegen der Senatsauffassung – nicht festzustellen. Systemwidrig ist jedoch die Cent-genaue Anrechnung der Spielbankabgabe an die Umsatzbesteuerung. De facto zahlt die Spielbank keine Umsatzsteuer mehr. Diese Pflicht übernimmt der Hamburger Steuerzahler.

Die vom Senat angestrebte Regelung führt zu einer Verrechnung einer Gemeinschaftssteuer mit einer Landesabgabe, die nach Auffassung der herrschenden Meinung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist, weil damit in die Steuerautonomie des Bundes eingegriffen wird. Darüber hinaus läuft die Bürgerschaft Gefahr, einen Teil ihrer Budgethoheit in die Hände der Steuergesetzgebung der Bundesregierung zu legen.

„Falls die Umsatzsteuer dem europaweiten Niveau angeglichen werden sollte, sinkt die Hamburger Spielbankabgabe ohne Einflussmöglichkeit der Bürgerschaft. An einer solchen Regelung können unsere Landesvertreter nicht interessiert sein. Wir fordern daher, den Senatsentwurf so nicht zu beschließen“, so Frank Neubauer, Vorsitzender des BdSt Hamburg.

Der Bund der Steuerzahler empfiehlt, zunächst ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs abzuwarten, das nach einer mündlichen Verhandlung am 4. März 2010 zu erwarten ist. Behandelt wird die zentrale Frage, ob Umsätze aus Spielbanken und aus gewerblichen Geldspielen überhaupt der Umsatzsteuer unterworfen werden dürfen.  Quelle
09.02.2010  Spielbank-Gesetz
Stellungnahme zur Änderung des Spielbank-Gesetzes

Aktuelle Rechtsprechung muss bei Gesetzgebung Beachtung finden
Infolge des Linneweber-Urteils des Europäischen Gerichtshofes (17.02.2005) ist die Hamburger Spielbank seit 6. Mai 2006 verpflichtet, ihre Erträge der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Die Freie und Hansestadt Hamburg verrechnete daraufhin die bereits zuvor eingeführte Spielbankabgabe (70 v.H. des Bruttospielertrages) Cent-genau mit der Umsatzsteuerzahllast. Die nun vom Senat vorgelegte Rechtsgrundlage hat der Steuerzahlerbund kritisch analysiert.
Am 5. Januar 2010 hat der Senat einen Entwurf für eine Änderung des Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank vorgelegt (Drs. 19/4951), den die Hamburgische Bürgerschaft am 20. Januar 2010 zur weiteren Beratung in den Innenausschuss überwiesen hat.

Anlass für den Senatsantrag ist der Umstand, dass die Cent-genaue Verrechnung der Umsatzsteuerlast mit der Spielbankabgabe nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg sowohl gegen europäisches Gemeinschaftsrecht als auch gegen nationales Verfassungsrecht verstößt, weil der Hamburger Spielbank die Umsatzsteuer durch Abzug bei der Spielbankabgabe de facto wieder erstattet wird (FG Hamburg, Az. 3 V 75/09).

1. „Systemwidrige Doppelbesteuerung“
Der Senat teilt unter Punkt 2.a) der Drs. 19/4951 mit, dass die Gesetzesänderung auf die „Vermeidung einer systemwidrigen Doppelbesteuerung“ abziele. Nach Auffassung der Hamburger Finanzverwaltung dient die Spielbankabgabe der pauschalen Besteuerung des Ertrags der Spielbank, die sowohl die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer abgelte. Eine Doppelbesteuerung bestehe demnach insofern, als die Spielbank sowohl der Besteuerung ihrer Erträge (Umsatzsteuer) als auch der Belastung durch die Spielbankabgabe unterliege.

Diese steuersystematische Betrachtungsweise wird weder von der herrschenden Meinung unterstützt noch steht sie im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
Vielmehr ist festzuhalten, dass die Spielbankabgabe keinen Umsatzsteueranteil enthält und die Umsatzsteuer daher auch die Spielbankabgabe nicht mit abdeckt. Entgegen der Auffassung des Senats liegt keine systemwidrige Doppelbesteuerung der Spielbank Hamburg vor.

Systemwidrig ist jedoch die Anrechnung der Spielbankabgabe an die Ertragsbesteuerung. Mit dem Gesetzentwurf des Senats soll die oben beschriebene rechtswidrige Verwaltungspraxis nachträglich legalisiert werden. Anders als in anderen Bundesländern, wird mit der Gesetzesänderung aber die Spielbankabgabe um die zu leistende Umsatzsteuer automatisch reduziert. De facto zahlt die Spielbank also keine Umsatzsteuer mehr. Diese Pflicht übernimmt nunmehr der Hamburger Steuerzahler.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist diese Praxis wegen eines Verstoßes gegen Art. 105 Abs. 2 und 2a Satz 1 i.V.m. Art. 72 Abs. 1 GG sowohl verfassungswidrig als auch nichtig.

Unserer Auffassung nach greift der Landesgesetzgeber in die Steuerautonomie des Bundes ein, wenn er auf einen Teil der Spielbankabgabe zu Gunsten der Umsatzsteuer verzichtet und so die ordnungs- und lenkungspolitische Wirkung der Umsatzsteuer konterkariert. Dem Bundesgesetzgeber wird mithin die Möglichkeit genommen, durch Änderung des Umsatzsteuergesetzes Steuerpolitik im Bereich der Spielbanken zu betreiben.

Dem Landesgesetzgeber, also der Hamburgischen Bürgerschaft, ist es nicht nur nicht gestattet, eine Senkung der Spielbankabgabe durch eine betragsgenaue Anknüpfung an die bundesrechtlich geregelte Umsatzsteuer vorzunehmen, eine solche Regelung ist ihr nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg sogar verboten.

2. Haushaltspolitische Auswirkungen des Entwurfs
Entwicklung der Hamburger Spielbankabgabe 2005-2009 (Haushaltsplan / Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein)
Zutreffend stellt der Senat in seiner Mitteilung an die Bürgerschaft die Entwicklung der Spielbankabgabe in den Jahren ab 2005 dar (Punkt 3.). Danach erfüllt die Spielbank Hamburg die haushaltspolitischen Erwartungen seit Jahren nicht mehr. Die in Drs. 19/4951 (und im Einzelplan der Innenbehörde) aufgeführten Daten weichen jedoch erheblich von den Angaben des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein ab (siehe Tabelle). Die zuständige Behörde für Inneres hat die ihr vorliegende Anfrage unseres Verbandes trotz Erinnerung bislang nicht beantwortet.

Insgesamt wurden zwischen 2005 und 2009 rund 96 Mio. Euro weniger eingenommen als zunächst veranschlagt. Auch für dieses Jahr rechnet die zuständige Behörde für Inneres nicht mit einer Erfüllung der in den Haushaltsberatungen zum Ausdruck gebrachten Erwartungen der Hamburgischen Bürgerschaft (40 Mio. Euro).

Als Ursache für den Rückgang der Einnahmen verweist der Senat auf die allgemeine, negative Geschäftsentwicklung der Spielbank Hamburg. Diese sei zum Teil auch auf politische Entscheidungen zurückzuführen (z.B. Werbeverbot, Nichtraucherschutz), die den wirtschaftlichen Druck auf das Unternehmen erhöht hätten.

Die Mindereinnahmen sind aber darüber hinaus auch der Hamburger Verwaltungspraxis geschuldet, die Spielbankabgabe in dem Maße zu reduzieren, in dem die Umsatzsteuerlast gestiegen ist. Aus Sicht der Innenbehörde ließen sich die „entlastenden Effekte […] angesichts der Komplexität der Steuer- und Finanzausgleichsverfahren [aber nicht] konkretisieren und rechnerisch den Mindereinnahmen gegenüberstellen“.

Diese Begründung ist insofern nicht zufriedenstellend, weil es einer Hamburger Fachbehörde unserer Auffassung nach zuzumuten ist, die finanziellen Auswirkungen ihrer politischen Entscheidungen vorab in ihrer gesamten Tragweite zu ermitteln und gegenüber der Hamburgischen Bürgerschaft – mithin gegenüber den Steuerzahlern – offenzulegen. Nur so wird eine sachdienliche Überprüfbarkeit politischer Entscheidungen des Senats überhaupt erst ermöglicht.

Im Kern führt die Verrechnung der Spielbankabgabe mit der Umsatzsteuerlast der Spielbank Hamburg dazu, dass dem Hamburger Haushalt Steuermittel entzogen werden, die über die Zerlegung in weit stärkerem Maße dem Bundeshaushalt und anderen Länderhaushalten zufließen als der Hamburger Haushalt davon profitieren könnte. Diese Tatsache sollte für den Senat Motiv und Ansporn genug sein, genauer zu rechnen, damit die Entscheidung des Senats nicht zu einem Netto-Verlust für den Hamburger Haushalt führt.

Mit dem zur Abstimmung vorgelegten Gesetzentwurf wird die Bürgerschaft vom Senat jedoch nicht nur gebeten, eine jahrelang rechtswidrige Verwaltungspraxis bei der Berechnung der Spielbankabgabe nachträglich zu legalisieren (siehe oben). Indirekt wird auch gebeten, einer Verletzung ihres Budgetrechts in den kommenden Jahren zuzustimmen.

Von 2006 bis 2009 wurde die Spielbankabgabe unter Anrechnung der Umsatzsteuerzahlung der Spielbank Hamburg ermittelt. Grundlage hierfür war ein einfacher Verwaltungserlass, der – auch nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg (Gesetzesvorbehalt!) – keinesfalls eine adäquate Grundlage darstellte. Damit wurde das Budgetrecht der Hamburgischen Bürgerschaft in den vergangenen Jahren in eklatanter Weise verletzt.

Wir kritisieren dieses Vorgehen und bitten die Hamburgische Bürgerschaft als parlamentarische Vertretung der Hamburger Bürgerinnen und Bürger, sich unserer Kritik öffentlich anzuschließen.

Eine Verletzung ihres Budgetrechts in den kommenden Jahren droht angesichts steuerpolitischer Entscheidungen der Bundesregierung in Bezug auf die Umsatzsteuer. Sofern diese dem europaweiten Niveau angeglichen werden sollte, sinkt die Spielbankabgabe ohne Einflussmöglichkeit der Hamburgischen Bürgerschaft. Das heißt: Ein Teil der Einnahmen des Hamburger Landeshaushalts wird von der Politik der Bundesregierung bestimmt.

3. Rechtsunsicherheit
Des Weiteren weisen wir erneut darauf hin, dass dieses Abgabe-Ermittlungsverfahren auf verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Bedenken stößt und insofern Rechtsunsicherheit entfaltet, als es die Zulässigkeit einer Klage vor dem Landes- oder Bundesverfassungsgericht ermöglicht.

4. Lösung
Die verfassungsrechtlich konforme Lösung der mit dem Linneweber-Urteil aufgeworfenen Problematik liegt einzig und allein in einer Senkung der Spielbankabgabe durch einen Beschluss der Hamburgischen Bürgerschaft. Hierzu gibt es angesichts der oben aufgezeigten rechtlichen Bedenken aber auch unter Berücksichtigung der regelmäßigen Unterschreitung der haushaltspolitischen Erwartungen sowie des Transparenzgedankens keine Alternative.

5. Empfehlung des Steuerzahlerbundes
Wir empfehlen der Bürgerschaft, zunächst die avisierte neueste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes abzuwarten. Am 4. März 2010 findet eine mündliche Verhandlung in Luxemburg zu der Frage statt, ob Umsätze aus Spielbanken und aus gewerblichen Geldspielen überhaupt der Umsatzsteuer unterworfen werden dürfen.

Würde die Bürgerschaft also eine Senkung der Spielbankabgabe beschließen und würde zusätzlich die jetzige Umsatzsteuer kippen, hätte die Spielbank eine doppelte Erleichterung, und das auch noch gesetzlich verbrieft.  Quelle

Zusammengestellt von Volker Stiny

update: 27.02.2013