Sonntag, 17. April 2011

Glückspielmonopol (GlüStV) unzulässig !

Das VG Berlin bestätigte die Verfassungswidrigkeit des "sog. staatlichen Sportwettenmonopols.

Das BVerfG, stellte in dem Verfahren (1 BvR 1054/01 v. 28.03.2006), fest, dass ein staatliches Monopol nur dann verhältnismäßig ist, wenn es rechtlich so ausgestaltet ist, dass es konkret der Suchtprävention dient, indem es an den legitimen Zielen, insbesondere Suchtbekämpfung und Begrenzung der Wettleidenschaft, rechtlich und faktisch ausgerichtet ist (Rn. 143) und nicht einmal als Nebenziel fiskalische Zwecke verfolgt werden dürfen.

Das Bundesverfassungsgericht räumte den Ländern ein, ein Staatsmonopol "konsequent am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren auszurichten, da ein Fiskalmonopol verfassungswidrig wäre!
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20060328_1bvr105401.html?Suchbegriff=1+BvR+1054%2F01
Pressemitteilung Nr. 25/2006 vom 28. März 2006
http://www.bverfg.de/pressemitteilungen/bvg06-025.html

Mit dem Beschluss v. 21.01.2008 fordert das Bundesverfassungsgericht die Bekämpfung von Suchtgefahren
Az.: 1 BvR 2320/00 http://www.gluecksspiel-und-recht.de/urteile/Bundesverfassungsgericht--20080121.html
Ein staatliches Monopol für Sportwetten ist mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist.

Das Bundesverfassungsgericht forderte mit dem Beschluss, Az.: 1 BvR 2410/08 v. 20.03.2009 (vgl. u.a. Labrokes; Hartlauer), die Einhaltung der vollen Kohärenz.
Eine verfassungsrechtliche Überprüfung der vollen Kohärenz wurde gerade noch nicht vorgenommen und ist einem Hauptsacheverfahren vorbehalten. So ist durch die erkennenden Gerichte in jedem Fall die volle Kohärenz des Auftritts der Monopolbetriebe zu prüfen. (Rn.14, 29,46; zugleich BA S. 7,11, 13, 14). Hervorzuheben ist der verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstab. Das Bundesverfassungsgericht hebt für die verfassungsrechtliche Beurteilung nicht auf die bloße Beseitigung des Regelungsdefizits ab. Maßstab ist vielmehr die "vollständige Konsistenz der rechtlichen und tatsächlichen Monopolausgestaltung" (Rn. 24- BA S. 10). Nach dem Bundesverfassungsgericht darf die Ausgestaltung des staatlichen Monopols also auch in tatsächlicher Hinsicht keine grundlegenden Defizite mehr aufweisen (Rn. 24 und 44 – BA S. 13 unten unter bb). http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20090320_1bvr241008.html

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner (einstimmigen) Entscheidung über Verfassungsbeschwerden gegen die Anordnung der Durchsuchung von Geschäftsräumen wegen des Verdachts der unerlaubten Veranstaltung von Glücksspielen (Beschluss vom 15. April 2009, 2 BvR 1496/05, Rn. 33 f. – juris, BVerfGK 15, 330) - (vgl. S. 5) ausdrücklich einen staatlichen Strafanspruch verneint, wenn der strafbewehrte Ausschluss privater Wettunternehmer von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten wegen des rechtswidrigen Staatsmonopols verfassungswidrig ist. 
Ein Anfangsverdacht gemäß § 284 StGB für eine Durchsuchung der Geschäftsräume war im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse wegen eines Grundrechtsverstoßes nicht gegeben.

Nach den Feststellungen des EuGH und des BGH/Bundesverwaltungsgerichts wurden die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht eingehalten – dadurch ist der das Monopol begründende GlüStV und somit auch die bayerischen Regelungen aus diesem Grunde verfassungswidrig. Die inkohärente Gesetzeslage führt zur Rechtswidrigkeit von Anfang an.

Die verfassungs- und unionsrechtlichen Maßstäbe zur Rechtfertigung des staatlichen Wettmonopols der 16 Bundesländer entsprechen einander. (zur "Parallelität" vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01, juris, Rn. 144, BVerfG, 6.7.2010 – 2 BVR 2661/06, Rn. 83 f. Zur Bindungswirkung für Behörden insbesondere: EuGH, 9. 9. 2003 – C-198/01, Slg. 2003, I-8055, Rn. 51; vgl. Fischer, Kommentar zum StGB 58. Auflage 2011, § 284 Rn. 16a)

Bereits seit den Gambelli und Harlauer-Urteilen des EuGH, bestätigt durch die Urteile vom 8.9.2010, unterliegt die Bewertung der Kohärenz und Konsistenz nunmehr der Definitionsmacht des EuGH und nicht mehr den unterschiedlichen Vorstellungen der bundesdeutschen Gerichte. Folglich sind bei der Auslegung die vom Gerichtshof entwickelten Maßstäbe der "vollständigen Kohärenz" zugrunde zu legen. (vgl. BVerfG v. 20.03.2009, 1 BvR 2410/08)

Mit ihren Urteilen verlangen der EuGH (08.09.2010), BGH (18.11.2010) und das BVerwG (24.11.2010) die "Gesamtkohärenz", eine systematische und kohärente Glücksspielpolitik, (Gambelli) - also eines "Vollmaßes" an Konsistenz nicht erst ab 1.1.2009, sondern schon für die alte Rechtslage.

In die Kohärenzprüfung des EuGH wurden alle Arten von Glücksspielen mit einbezogen u.a. Pferdewetten, Geldspielautomaten in staatlichen und privatisierten Casinos, in Spielhallen und Gaststätten, selbst Telefongewinnspiele (Call-In gem. RStV 8a)

Die Europäische Kommission hält das Bundesdeutsche Monopol seit 4.4.2006 für gemeinschaftswidrig. In mehreren Schreiben: " IP/06/436 v. 4. April 2006, IP/08/119 31. Januar 2008 wurde auf die Gemeinschaftswidrigkeit des GlüStV hingewiesen. Übersicht der Kommission: http://ec.europa.eu/internal_market/services/gambling_de.htm

Europäische Kommission stellte fest:
Die Lottogesellschaften seien öffentliche Unternehmen im Sinne von Art. 86 Abs. 1 EG-Vertrag, die den Charakter eines Finanzmonopols hätten (Art. 86 Abs. 2 EG). Vor diesem Hintergrund dürfe Deutschland keine Vorschriften aufrechterhalten oder erlassen, die den Bestimmungen des EG-Vertrags und insbesondere den Wettbewerbsregeln zuwiderliefen. Auch werde die regionale Aufteilung des Marktes fortgeschrieben, die das deutsche Bundeskartellamt in seiner Entscheidung vom 23. August 2006 verurteilt habe. Quelle

Der EuGH stellte am 8.9.2010 fest,
dass die deutsche Regelung im Zusammenhang mit der Organisation von Sportwetten und Lotterien die Glücksspiele nicht in kohärenter und systematischer Weise begrenzt, wodurch die Begründung für das Monopol (Spielsuchtbekämpfung) als unzulässig angesehen wurde. Die Luxemburger Richter, stellten fest, dass ein Mitgliedstaat zum Schutz vor Spielsucht das Glücksspiel monopolisieren dürfe. Voraussetzung sei aber, dass dieses Monopol auch wirklich dazu genutzt werde das Glücksspiel einzuschränken und in geordnete Bahnen zu lenken. In Deutschland hingegen werde es durch den Staat eher gefördert als eingedämmt. Fiskalische Interessen rechtfertigen das Monopol nicht. In Anbetracht der Zunahme (Mega-Jackpot) staatlich konzessionierter Glücksspiele, auch im Internet (eBrief) und im Ausland (Luxemburg) könne jedoch von Zügelung und Kontrolle keine Rede mehr sein. Damit verstößt der GlüStV gegen die EG-rechtlichen Anforderungen an Glücksspiel-Monopole und wurde rechtswidrig errichtet und betrieben. (Urteile des EuGH - Schindler vom 24.03.1994, C-275/92; Läärä vom 21.9.1999, C-124/97; Zenatti vom 21.10.1999, C-67/98; Anomar vom 11.9.2003, C-6/01; Gambelli vom 6.11.2003, C-243/01; Lindman vom 13.11.2003, C-42/02; Placanica, Palazzese und Sorricchio vom 6.3.2007, verbundene Rechtssachen C-338/04, C-359/04 und C-360/04. Siehe auch Urteile: EFTA-Entscheidungen vom 14.03.2007, Rs. E-1/06 und 30.05.2007, Rs. E-3/06 in Sachen Esa / Nordwegen und Ladbrokes, Comm. vs. Italien vom 26.4.1994, C-272/91; Familiapress vom 26.6.1997, C-368/95; Hartlauer, C-169/07, Slg. 2009, I-0000, Rn.55 vom 10. März 2009).

Die Vergabe der Konzessionen erfolgte wie Österreich in unionsrechtswidriger Weise, nicht transparent, nicht diskriminierungsfrei und nicht wettbewerbsoffen. Mit unionsrechtswidrigen Konzessionen kann das Monopol nicht begründet werden. (vergl. C-64/08 - Engelmann; C-46/08 - Carmen Media Rn 87; C-203/08 - Sporting Exchange Rn. 50).

Da der EuGH seine Rechtsprechung nicht auf das Sportwettenmonopol beschränkte, sondern Lotterien also auch Lotto mit einbezog, ist der GlüStV insgesamt rechtswidrig ! Ein direkter Auslandsbezug ist deshalb nicht notwendig. http://curia.europa.eu/jcms/jcms/P_67708/

Weil sich die Monopolbetriebe nicht an die rechtlichen Vorgaben hielten, die staatliche Kontrolle mangelhaft war und fiskalische Gründe im Vordergrund stehen, hatte die Suchtbekämpfung lediglich Alibicharakter (Fischer 58, Rn 2c ). In Wahrheit handelt es sich beim Glücksspielmonopol um ein gemeinschaftsrechts- und verfassungswidriges Finanzmonopol (s.u. EuGH 08.09.2010) zu dem der Staat nicht berechtigt war. (vgl. Art. 105 Abs. 1, Art. 106 Abs. 1, Art. 108 Abs. 1 GG; BVerfGE 14, 105, 111ff) s.u.a. Prof. Scholz unter: http://www.focus.de/politik/deutschland/deutschland-den-markt-sofort-oeffnen_aid_550727.html
vgl. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-73791867.html

EuGH-Vorlagebeschluss des VG Schleswig-Holstein, Az.: 12 A 102/06 (Vertragsverletzungsverfahren - freier Dienstleistungsverkehr): http://www.aufrecht.de/urteile/sonstigesr/eugh-vorlage-zur-frage-der-vereinbarkeit-von-sportwettenrecht-und-eu-recht-vg-schleswig-holstein-beschluss-vom-30012008-az-12-a-10206.html s.a. http://winyourhome.blogspot.com/2010_01_01_archive.html

Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 8.9.2010 im Hinblick auf den deutschen Glücksspielstaatsvertrag von Univ.-Prof. Dr. iur. Christian Koenig. http://winyourhome.blogspot.com/2010/09/wirkungen-der-urteile-des-europaischen.html

Dazu Professor Dr. Gregor Thüsing, Bonn: Was europarechtswidrig ist, ist auch verfassungswidrig. aus: NJW Editorial 26/2010: Europarecht ernst genommen. http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?sessionid=19EBFCD259F7486292F761BC16871546&toc=NJW.040310

Das Bundesverwaltungsgericht, das höchste Verwaltungsgericht Deutschlands, hat am 24.11.2010 entschieden, dass das Staatliche Sportwettenmonopol nur bei konsistenter Bekämpfung von Suchtgefahren zulässig sei und alle Arten von Glückspiel an gleichen Maßstäben gemessen werden müssen, da andernfalls europarechtliche Anforderungen nicht erfüllt werden. Bei Prüfung der Gesamtkohärenz ist das staatliche Verhalten im Bereich von Lotterien und anderen Glücksspielen mit einbeziehen (Rn. 79ff). Gleichzeitig wurde das Verhalten der Monopolbetriebe als unzulässig erachtet und ein faktisches Werbeverbot für den Deutschen Lotto- und Totoblock verfügt. Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010: http://www.bverwg.de/enid/78882a38c4bff37d7f80e5105dd5a04e,69f8f17365617263685f646973706c6179436f6e7461696e6572092d093133343638093a095f7472636964092d09353737/Pressemitteilungen/Pressemitteilung_9d.html
Deutscher Lottoverband vom 10.02.11:
http://www.presseportal.de/pm/63869/1763485/deutscher_lottoverband_dlv

Mit der Feststellung, das der GlüStV "nur dann Gültigkeit entwickelt, wenn....." des BVerwG vom 24.11.2010 (8 C 14.09 und 8 C 15.09) fehlt es dem GlüStV bereits an der Bestimmtheit die zu seiner verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von Grundrechtseinschränkungen unabdingbar ist. http://wettrecht.blogspot.com/2010/12/verwaltungsgericht-stuttgart.html

Das VG Berlin bestätigte erneut am 16.11.2009 ( Az. VG 35 L 460.09) die Verfassungswidrigkeit des "sog. staatlichen Sportwettenmonopols." http://wettrecht.blogspot.com/2009/11/verwaltungsgericht-berlin-bestatigt.html
Nach Meinung des VG Berlin, wurde mit den Entscheidungen des EuGH vom 8.9.10 neben der Gemeinschaftswidrigkeit auch die Verfassungswidrigkeit festgestellt, wodurch sämtliche, das Monopol betreffende, nationale Verbotsnormen ab sofort nicht mehr angewandt werden dürfen, auch nicht vorübergehend.
http://winyourhome.blogspot.com/2010/09/verwaltungsgericht-berlin-sieht-sich.html
http://winyourhome.blogspot.com/2010/11/vg-berlin-verschafft-eu.html
(vgl. EuGH v. 8.9.2010, Rs. C-409/06, Rn 69; Fischer, 58 § 284 Rn 2, 16a )
http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=79899091C19060409&doc=T&ouvert=T&seance=ARRET

VG Berlin bestätigt Europarechtswidrigkeit und Verfassungswidrigkeit des Sportwettenmonopols
VG Berlin hält Verwaltungsgebühr für Untersagungsbescheide gegen Sportwettenvermittler für rechtswidrig

Das Landgericht Bamberg geht auf S. 4 von den höchstrichterlichen Grundsätzen aus, dass der Gesetzgeber nicht ein Verhalten unter Androhung von Strafe verbieten könne, um sich gleichzeitig ebenso zu verhalten, ohne sich zugleich mit dem durch das Verbot aufgestellten Zielen in Widerspruch zu setzen.
Als Ziel des Glücksspielstaatsvertrages zitiert u.a. das Landgericht Bamberg in seinem Beschluss vom v. 28.12.2010 (Az. 1 Qs 33/2011) den § 1 GlüStV. Demnach sei das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht entschieden, dass die Regelung zum Erlaubnisvorbehalt des § 4 GlüStV entsprechend der Auffassung des Amtsgerichts "und der vordringenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung (nunmehr auch in Fischer, Kommentar zum StGB 58. Auflage 2011, § 284 Rn. 2, 16a) gegen das Europäische Gemeinschaftsrecht (Art. 49, 56 EUV), das den Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts parallel läuft", verstößt (S. 4: vgl. BGH v. 18.11.2010)." Damit zeigt das LG Bamberg wie auch das VG Berlin detailliert das inkohärente Verhalten der staatlichen Sphäre auf. Die Suchtbekämpfung steht weit hinter den Einnahmeinteressen zurück und hatte ganz überwiegend Alibicharakter. (vgl. Fischer Rn. 2c)
http://winyourhome.blogspot.com/2011/04/landgericht-bamberg-weist-sofortige.html

Der Anwendungsvorrang des EU-Rechts gilt ausnahmslos. Eine bewusste Abweichung von den Entscheidungen des EuGH führt zur Willkür. Zu einer eigenen Entscheidung über die Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht sind nationale Gerichte - gleich welcher Instanz - nicht befugt. EuGH 22.10.1987, Rs 314/85, Foto-Frost, Slg. 1987, 4199. http://winyourhome.blogspot.com/2010/09/wirkungen-der-urteile-des-europaischen.html

Mit fünf Urteilen hat der Bundesgerichtshof am 18.11.2010 Lotterie, (Sport-)Wett- und Casinospielanbietern Recht gegeben und Unterlassungsklagen, die auf unterschiedliche Tätigkeiten gerichtet waren, wie etwa Veranstaltung, Bewerbung oder Vermittlung von Sportwetten, Kasinospielen oder Lotterien durch Sachurteil abgewiesen. Es wurde festgestellt, dass es maßgeblich auf die tatsächliche Ausgestaltung des Monopols ankommt. Dabei sind sämtliche Glücksspiele und die tatsächliche Handhabung, insbesondere Werbemaßnahmen, Vertriebssysteme, Anzahl der Lottoannahmestellen und Marketing-Maßnahmen in den Blick zu nehmen und zu untersuchen. Erstmals wendete der BGH die gleichen Überlegungen auch auf Casinospiele und Lotterien an und weist auf die vom BVerfG im Sportwettenurteil angesprochene Parallelität der Grundrechte zum Unionsrecht in seiner Auslegung durch den EuGH in Gambelli zutreffend aus der Unionsrechtswidrigkeit der Rechtslage her.

Schon weil die behaupteten Staatsmonopole nicht systematisch und kohärent die Spielgelegenheiten begrenzen und insoweit die gleichen Beurteilungsgrundsätze auch auf Lotterien und Casinospiele Anwendung finden müssen, kommt eine unionsrechtliche Rechtfertigung der Monopolisierung nicht im Ansatz in Betracht. Hinsichtlich der Lotterien stellt der BGH dabei darauf ab, dass diese keine Besonderheiten aufweisen, die stärkere Beschränkungen des Angebots rechtfertigen könnten als bei Sportwetten.

Hinsichtlich der Casinospiele, bei denen es wegen der Zulassung privater Anbieter in vielen Ländern eigentlich kein Staatsmonopol gibt, stellt er auf das offenkundig bestehende Regelungsdefizit ab, weil eine der Einnahmeerzielung dienende expansive staatliche Glücksspielwerbung durch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht verhindert wird und auch sonst eine konsequente und aktive Ausrichtung des Angebots am Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht fehlt.

Der BGH stellte außerdem fest: "Westlotto hatte ohne gesetzliche Grundlage und ohne selbst eine Erlaubnis für Sportwetten oder gar für Casinospiele inne zu haben, einfach ein umfassendes Glücksspielmonopol behauptet".
http://winyourhome.blogspot.com/2011/01/bgh-keine-wettbewerbswidrigkeit-von.html http://www.swissinfo.ch/ger/news/newsticker/wirtschaft/Bwin_meldet_Sieg_in_deutschem_Rechtsstreit_mit_WestLotto.html?cid=28828970

Die Richter des VG Stuttgart (Az. 4 K 3645/10) stellen bereits in der Anlage 2 zum Verkündungsprotokoll vom 17. Dezember 2010 klar, dass die Untersagungsverfügungen als Dauerverwaltungsakte weder auf den Lotteriestaatsvertrag, noch auf den Glücksspielsstaatsvertrags gestützt werden können. Wörtlich heißt es weiter: "An einer solchen Kohärenz fehle es schon deshalb, weil der unter dem Aspekt der Suchtgefahren besonders bedeutsame Bereich der Automatenspiele nicht von dem Monopol erfasst werde und zudem durch Änderungen in der Spielverordnung mit der Folge eines erheblichen Anwachsens dieses Sektors ausgeweitet worden sei." http://winyourhome.blogspot.com/2010/12/das-verwaltungsgericht-stuttgart-hat-in.html

Der für Wettbewerbsrecht zuständige I. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) verhandelte am 17. März 2011. Eine Entscheidung des BGH erging noch nicht. Nachdem der Vorsitzende Richter zum Ende der Verhandlung noch Beratungsbedarf feststellte, wurde ein Verkündungstermin auf den 7. Juli 2011 festgelegt.
Da der BGH bereits in mehreren Urteilen das staatliche Monopol für Sportwetten und Glücksspiele für rechtswidrig erklärt hatte, konzentrierte sich die Verhandlung auf das Internetverbot, das in § 4 Abs. 4 des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags festgelegt wurde.
Hinsichtlich der erforderlichen Kohärenz könnten sich Probleme aus der Zulassung privater Anbieter bei Pferdewetten und deren Internetangebot ergeben. Auch seien bestimmte Spiele nach dem Rundfunkstaatsvertrag (§ 8a RStV) zulässig. Hingewiesen wurde im Übrigen auf das von Lotto Hessen eingeführte E-Post-Briefverfahren. Besonderheiten seien bei den DDR-Lizenzen zu beachten (unter den beklagten Firmen befinden sich Sportwetten Gera GmbH und bwin e.K., die sich auf Genehmigungen nach DDR-Gewerberecht berufen).
http://winyourhome.blogspot.com/2011/03/verhandlung-vor-dem-bgh.html

Zur Anwendbarkeit des § 284 StGB seit Geltung des Glücksspielstaatsvertrages

Ausserdem verstößt der GlüStV gegen das Zitiergebot Art. 19,1,2, einem absoluten Rechtsbefehl der keiner Auslegung zugänglich ist. Nach Art. 19 Abs. 1 S. 2 muss das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen. "Verstöße gegen das Zitiergebot sind zwar nur ein Formfehler, aber mit gravierenden Folgen. Durch diesen wird jedes Gesetz ungültig. Der Gesetzgeber kann diesen Schaden nur durch eine neue Rechtsnorm heilen.” Zitat von Prof. Rupert Scholz. http://winyourhome.blogspot.com/2010/08/ist-der-deutsche-glucksspielstaatsvertr.html

Den Ländern geht es beim staatlichen Wettmonopol nicht vorrangig um den Verbraucherschutz. Sie versuchen nicht nur eine traditionelle staatliche Einnahmequelle aufrechtzuerhalten, sondern vielmehr das Glücksspiel-Monopol weiter auszuweiten. http://www.az-online.de/nachrichten/deutschland/ausweitung-gluecksspiel-monopols-geplant-1035071.html

Bereits am 28. März 2006 entscheid der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 1054/01) unter der Rn 155:

„Eine Neuregelung kommt dabei grundsätzlich sowohl durch den Bundes- wie den Landesgesetzgeber in Betracht. Insoweit kann auch der Bund, gestützt auf den Gesetzgebungstitel für das Recht der Wirtschaft nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG tätig werden. Eine Kompetenz des Bundes scheitert nicht an dem ordnungsrechtlichen Aspekt der Regelungsmaterie.“
Pressemitteilung Nr. 25/2006 vom 28. März 2006

EuGH - Leitentscheidung ("Gambelli", Urteil vom 06.11.2003, Az.: C-101/01)
Doppelter Grundsatz: Beschränkungen der Spieltätigkeiten können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein.
Aber Beschränkungen zum Schutz der sozialen Ordnung vor den Gefahren des Glücksspiels müssen auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, und dafür "kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen".
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Mit obiger Zusammenstellung möchte ich auf die Entwicklung der bundesdeutschen Rechtslage seit den Entscheidungen des EuGH hinweisen.

Schöne Grüße
Volker Stiny

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