Dienstag, 24. April 2012

VG Kassel: Gaststätteninhaber dürfen in Hessen Sportwetten vermitteln

Hessische Gaststätten dürfen Sportwetten vermitteln
Die Liberalisierung des Sportwetten-Markts geht in Hessen weiter - abermals infolge eines Gerichtsurteils. Demnach dürfen Gaststätten fortan Sportwetten vermitteln.  weiterlesen

Das Verwaltungsgericht Kassel hob in einem am Montag bekanntgewordenen Urteil ein Verbot der Stadt Kassel auf (Az: 4 K 692/11.KS). Gegen das Verbot der Stadt klagte der Mann im Jahr 2007.

Nach Angaben des Gerichts wurde das Verfahren aber ausgesetzt, bis der Europäische Gerichtshof (8. September 2010) und das Bundesverwaltungsgericht (24. November 2010 und 1. Juni 2011) die Rechtslage grundsätzlich geklärt hatten. Nun stellte das Gericht fest, dass mit dem staatlichen Wettmonopol gegen EU-Recht verstoßen wird.
Quelle

Klage gegen Verbot der unerlaubten Vermittlung von Sportwetten erfolgreich

Mit dem Verbot einhergehende Beschränkung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit ist unverhältnismäßig

VG Kassel, Pressemitteilung vom 23.04.2012 zum Urteil 4 K 692/11.KS vom 11.04.2012


Das Verwaltungsgericht Kassel hat mit Urteil vom 11.04.2012 einen Untersagungsbescheid aufgehoben, mit dem einem Gaststätteninhaber in Kassel das Anbieten und Vermitteln von Sportwetten verboten worden ist.

Der Kläger hatte in seiner Gaststätte ohne behördliche Erlaubnis ein Sportwettenterminal aufgestellt, auf dem seine Gäste im Internet Seiten internationaler Wettveranstalter ansteuern konnten. Die Stadt Kassel als zuständige Glücksspielaufsichtsbehörde untersagte dem Kläger daraufhin die Vermittlung von Sportwetten, um damit ein strafbares Verhalten nach § 284 des Strafgesetzbuches zu unterbinden. Nach erfolglosem Widerspruch legte der Gaststätteninhaber im Jahr 2007 Klage beim Verwaltungsgericht mit der Begründung ein, das strafbewehrte Verbot der Vermittlung von Sportwetten verstoße gegen das EU-Gemeinschaftsrecht, insbesondere gegen die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit.

Das Verfahren wurde ausgesetzt, bis Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 08.09.2010 und des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010 und 01.06.2011 die Rechtslage grundsätzlich geklärt hatten. Im danach fortgesetzten Verfahren des Klägers hat das Verwaltungsgericht nun zu seinen Gunsten entschieden.

Staatliches Wettmonopol in Deutschland verstößt gegen Recht der Europäischen Union

In der schriftlichen Urteilsbegründung wird ausgeführt, dass dem Kläger zwar keine Erlaubnis der zuständigen Behörde zur Vermittlung von Sportwetten erteilt worden sei. Das staatliche Wettmonopol in Deutschland und die damit begründete Untersagung der ungenehmigten Vermittlung von Sportwetten könnten aber keinen Bestand haben, weil damit gegen das Recht der Europäischen Union verstoßen werde. Die mit dem Verbot verbundene Beschränkung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit sei unverhältnismäßig, weil sie nicht geeignet sei, die Verwirklichung der mit der Beschränkung verfolgten Ziele auch tatsächlich zu erreichen.

Staatliches Wettmonopol verringert weder Spielsucht noch übermäßiges Spielangebot

Das staatliche Wettmonopol sei insbesondere weder geeignet, die Spielsucht zurückzudrängen noch ein übermäßiges Spielangebot zu vermeiden. In Deutschland seien nämlich die Regelungen im Bereich des Spielens an Geldspielautomaten seit dem 01.01.2006 erheblich gelockert worden. Seither verhindere ein massiv expandierender Spielautomatenmarkt eine erfolgversprechende Eindämmung der Spielsucht und eine wirksame Begrenzung des Spielangebots. Die Regelungen und Praktiken auf dem Spielautomatenmarkt konterkarierten die für Sportwetten getroffenen Vorkehrungen. Angesicht der widersprüchlichen Regelungen und Praktiken auf den beiden wichtigsten Sektoren des Glückspielmarktes fehle es an einer kohärenten Regelung zur Begrenzung der Wetttätigkeit, wie sie nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Rechtfertigung einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit von Anbietern und Vermittlern von Sportwetten erforderlich sei.

Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof beantragt werden.

 Quelle: VG Kassel


VG Kassel 09.08.2010 - aufschiebende Wirkung angeordnet

Mit dem Beschluss (4L 1012/10.KS) vom 09.09.2010 stellte das VG Kassel das Interesse des Antragstellers über das öffentliche Interesse der sofortigen Vollziehbarkeit.

Das Gericht führte aus, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens davon abhängt, ob sich die Regelungen des Hessischen Glücksspielgesetzes vom 12.12.2007 und des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV) auf die sich die Schließungsanordnung in dem angefochtenen Bescheid stützt, mit Art. 12 Abs. 1 GG und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28.03.2006, sowie den Gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Art. 43 und 49 EGV und der hierzu ergangenen Rechtssprechung des EuGH (insbes. Gambelli/Plancania u.a.) vereinbaren lassen.
Ob dies der Fall ist, hängt wiederum im wesentlichen davon ab, ob die jetzt geltenden Regelungen die dem Land Hessen das Veranstalten von Sportwetten und die Genehmigung ihrer Vermittlung vorbehält, auf einer hinreichend gesicherten Tatsachen- und Prognosebasis, was die Gefährdung der Bevölkerung durch ein unkontrolliertes Glückspielgeschehen angeht, getroffen worden sind und ob sie tatsächlich geeignet sind, die Spielsucht zu bekämpfen.  weiterlesen (pdf-download)

vgl.:

VG Kassel: Sportwettterminal ist kein Spielgerät im Sinne der GewO

VGH Kassel: Internet-Verbot von privaten Glücksspielen vollziehbar

Hessischer VGH: Kein ausreichendes Suchtpotenzial