Donnerstag, 19. April 2012

BAV: Bayerische Staatsregierung vernichtet Existenzen kleiner und mittelständischer Unternehmer durch rechts- und verfassungswidrigen Glücksspieländerungsstaatsvertrag

Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften

Die Bayerische Staatsregierung hat am 17.04.2012 ihren Entwurf für ein Bayerisches Ausführungsgesetz zum geplanten Glücksspieländerungsstaatsvertrag verabschiedet. Mit diesem Gesetzesentwurf geht sie aber die formell und materiell rechts- und verfassungswidrigen Schritte weiter, die der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag eingeschlagen hat. Die Länder sind bereits formell nicht zuständig.
Eine rechtssichere Regelung bzgl. der Ansiedlung von Spielhallen kann aus Sicht vieler Rechtsexperten allein über das Baurecht erreicht werden. Und dafür liegt die Regelungskompetenz allein beim Bund.
Wir können nur wiederholen, dass wir eine Änderung des Baurechts unterstützen, um die Kommunen in ihren Steuerungsmöglichkeiten zu stärken.

Auch inhaltlich sind die Regelungen rechtswidrig. Sie verstoßen gegen Verfassungs- und Europarecht.

1. Verbot von Mehrfachkonzessionen und Übergangsfrist sind verfassungswidrig

Es darf nicht vergessen werden, dass die bau- und gewerberechtlichen Erlaubnisse alle unbefristet erteilt wurden.
Auf Basis dieser Erlaubnisse haben die Unternehmer langfristige Mietverträge abgeschlossen, in Gebäude und Einrichtung (v.a. auch Ausbau der Spielstätten, Geräte) investiert, Finanzierungen abgeschlossen, Kalkulationen zur Amortisation und zum Gewinn angestellt.

Die vorgesehen Übergangsfrist ist ein enteignungsgleicher Eingriff zu Lasten der Betreiber.
Die für bereits bestehende Spielhallen vorgesehene Übergangsfrist von fünf Jahren liegt unterhalb jeder Kalkulations- und steuerrechtlichen Abschreibungsfrist.

Mit einem automatischen Verfall der Konzessionen – auch nach einer weiteren Härtefallfrist – werden alle Investitionen wirtschaftlich wertlos. Dies stellt nicht nur aus Sicht der betroffenen Unternehmer, sondern auch aus Sicht der Gebäudeeigentümer und -vermieter einen enteignungsgleichen Eingriff dar.

Selbst die vorgesehene Härtefallregelung mit einer Weiterführung von Mehrfachkonzessionen mit 48 Geräten und gleichzeitig notwendigem Konzept zur weiteren Abschmelzung, maximal bis zum Ablauf des GlüÄndStV (30.06.2021) führt zur Unrentabilität und damit zur Enteignung! Denn bei einer Abschmelzung können die vereinbarte Miete und die kalkulierten Aufwendungen und Belastungen nicht mehr erwirtschaftet werden.
Es muss eine Weiterführung der genehmigten und bestandskräftigen Konzessionen auf unbestimmte Zeit ohne Abschmelzung darstellbar sein!

2. Mindestabstände greifen in Grundrechte der Eigentümer ein

Soweit im Ersten GlüÄndStV und im Ausführungsgesetz Mindestabstände zwischen Spielhallen vorgesehen sind, stellen diese ebenfalls eine Ungleichbehandlung von Grundstückseigentümern und damit einen rechtswidrigen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Freiheit des Eigentums dar.
Da zudem nicht geklärt ist, welche Spielhalle zukünftig, z.B. nach Auslaufen von Übergangsfristen, den Vorzug innerhalb dieser Abstandsfläche erhält, ist die Regelung zu unbestimmt und damit ebenfalls rechtswidrig.
Vor allem gilt es aber zu bedenken, dass diese Regelung wieder zu einer Aufsplitterung von Spielhallen an die jeweilige Grenze der Abstandsflächen führen wird – alle 250 Meter eine Spielhalle.
Das anvisierte Ziel einer Regulierung wird dadurch nicht erreicht!

3. Suchtgefährdung aufgrund schon bestehender Regulierung unbegründet

Das gewerbliche Geld-Gewinnspiel ist bereits der am stärksten regulierte Bereich des Glücksspielmarktes in Deutschland!
Aus der Spielverordnung ergeben sich bereits zahlreiche Einschränkungen beim Spielablauf, bei Gewinn und Verlust, Maximalverlust, zur Geräteaufstellung, usw.
Diese bewirken alle einen effektiven Spielerschutz.
Durch die geplante und ebenfalls bereits initiierte Änderung der Spielverordnung werden diese Regelungen weiter deutlich verschärft.

Dass das gewerbliche Geld-Gewinnspiel die größte Suchtgefahr birgt, geht an den Ergebnissen der Suchtforschung vorbei.

In Deutschland sind nach übereinstimmenden Untersuchungsergebnissen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Auftrag des Deutschen Lottoblocks, des Instituts für Therapieforschung (IFT) im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums, der Universität Greifswald im Auftrag der Bundesländer (PAGE-Studie - 15.022 befragte Personen) sowie einer weiteren Studie (Buth & Stöver) bei allen Spielformen zusammen etwa 103.000 – 290.000 Personen als pathologische Spieler zu bezeichnen. Bezogen auf die erwachsene Bevölkerung (= ca. 54 Mio. Menschen) sind dies 0,2 bis 0,56%, je nach Untersuchungsmethode.
Die Werte sind über die Jahre hinweg konstant. Deutschland liegt damit im europäischen Vergleich am unteren Ende des Spektrums, das von 0,2 bis 2% reicht.

Die Professoren Peren und Clement von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg haben festgestellt, dass gemessen an den Ausgaben für Glücksspiele das gewerbliche Geld-Gewinnspiel nach Lotto und Lotterien das am wenigsten problematische Spielangebot ist. Auf jeweils 100 Millionen Euro Ausgaben für das Online-Glücksspiel entfallen 6,67% auf pathologische Spieler. Beim Roulett und den Spielautomaten in den staatlichen Spielbanken sind es 2,56%. Weit weniger gefährlich für krankhafte Spieler sind Lotto und Geldspielgeräte in Gaststätten und Spielhallen. Auf jeweils 100 Millionen Ausgaben der Spieler entfallen beim Lotto nur 0,35% und bei den Geldspielgeräten nur 0,9% der krankhaften Spieler.

Trotz dieser nachgewiesenen Suchtgefährdung gerade bei den staatlichen Spielbanken und trotz der ausdrücklichen Forderung des EuGH in den Urteilen, die nun als Grund für die Vernichtung der gewerblichen Spielhallen herangezogen werden, werden die staatlichen Spielbanken in den aktuellen Gesetzesentwürfen nicht weiter reguliert. Ganz im Gegenteil werden ihnen wieder Werberechte eingeräumt, also weitere Rechte zuerkannt.
Damit fehlt es an der vom EuGH geforderten Kohärenz der Regelungen im Glücksspielbereich. Die Regelungen werden somit in absehbarer Zeit wieder als europarechtswidrig aufgehoben werden!

4. Wettbewerbsverzerrung und Existenzvernichtung durch Sperrzeitregelung

Die Absicht, den Kommunen die Erhöhung der Sperrzeit bei gewerblichen Spielhallen zu eröffnen, wird zu einer Wettbewerbsverzerrung und zu einem Sperrzeitentourismus zwischen den Kommunen mit unterschiedlicher Regelung führen.
Überzogene Regelungen der Kommunen werden zur Existenzvernichtung bei kleinen und mittelständischen Betrieben führen.
Nach der aktuellen Gaststättenverordnung kann bei Vorliegen eines besonderen Grundes bereits jetzt eine längere Sperrzeit z.B. in betroffenen Stadtteilen festgesetzt werden.
Die Kommunen haben bei Bedarf also auch hier bereits jetzt alle Möglichkeiten. Eine weitere Öffnung zu Gunsten der Kommunen ist aus den genannten Gründen abzulehnen.

5. Vernichtung von Unternehmenswerten

Bei vielen kleinen und mittelständischen Betrieben stellt der Unternehmenswert einen nicht unerheblichen Teil der Alterssicherung dar.
Die erteilten Konzessionen sind aber personengebunden.
Durch den automatischen Wegfall der Konzessionen bei einer Übertragung derselben auf Rechtsnachfolger, gleich ob im Wege der Betriebsnachfolge durch Kinder, Erben oder durch Verkauf, wird das Betriebsvermögen wertlos gemacht. Der Übernehmer kann die Übergangsfrist nicht ausschöpfen, der Übergeber kann keine Erlöse mehr erzielen. Der Betrieb ist bereits jetzt wertlos.

6. Schlussbemerkungen:

Die Zurückdrängung des legalen Glücks- und Gewinnspiels leistet dem illegalen Spiel (besonders im Internet [ohne soziale Kontrolle], aber auch in Hinterzimmern) Vorschub. Der Online-Markt boomt und macht schon gegenwärtig mindestens 10% des gesamten Marktes von Glücks- und Gewinnspielen aus - Tendenz progressiv steigend. Die Vertriebskanäle für Online-Gewinnspiele sind Internet, Mobilanwendungen und Internetfernsehen. Der projizierte Anstieg aller drei Bereiche von 2003 bis 2012 liegt bei 1017%. Altersbeschränkungen greifen hier nicht. Gerade vor diesem Hintergrund leistet das 20-Cent-Spiel an gewerblichen Geldspielgeräten einen wesentlichen Beitrag zur Kanalisierung des Spieltriebs.
Dem gegenüber droht durch den geplanten Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, das Bayerischen Ausführungsgesetz und dem darin vorgesehenen automatischen Wegfall aller bisher genehmigten Konzessionen in fünf Jahren vielen der von uns vertretenen Unternehmen die Existenzvernichtung.

Die oft über Generationen hinweg geschaffenen Unternehmenswerte, die zugleich auch die Alterssicherung darstellen, werden von heute auf morgen auf "Ramschniveau" gesetzt.

Bayerischer Automaten Verband e.V.
Andy MeindlPetra Höcketstaller
1. Vorsitzenderstellv. Vorsitzende
V.i.S.d.P.: BAV e.V., Ch. Szegedi, Ludwigstr. 21, 84524 Neuötting, Tel. (08671) 8865 10

Quelle: AWI Automaten-Wirtschaftsverbände-Info GmbH


Bayerisches Kabinett verabschiedet Gesetzentwurf zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages

Der Ministerrat hat heute den Entwurf eines bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages beschlossen. Innenminister Joachim Herrmann: „Hauptziel der neuen Regelungen ist die Bekämpfung der Spielsucht. Unser Gesetzentwurf nutzt hier die Spielräume, die uns der Glücksspielstaatsvertrag lässt.“ Das Gesetz soll zeitgleich mit dem Glücksspielstaatsvertrag am 1. Juli 2012 in Kraft treten. Der für die Spielbanken in Bayern zuständige Finanzminister Dr. Markus Söder betonte, dass das Mindestalter für den Besuch von Spielbanken in Bayern bei 21 Jahren bleibt. Söder: „Bei den Bayerischen Spielbanken steht der Spieler- und Jugendschutz an erster Stelle. Deshalb soll das Zutrittsalter bei 21 Jahren bleiben.“

Innenminister Herrmann hob besonders die restriktiveren Regelungen für Spielhallen hervor: Mit dem Verbot so genannter Mehrfachkonzessionen wird es künftig möglich sein, riesige Spielhallenkomplexe zu verhindern. Künftig kann keine Erlaubnis für eine Spielhalle mehr erteilt werden, wenn im baulichen Verbund eine weitere Spielhalle existiert. Das Gesetz sieht außerdem einen Mindestabstand zwischen Spielhallen von 250 Metern Luftlinie vor. Herrmann: „Von Spielhallen geht derzeit mit die größte Suchtgefahr aus. Deswegen müssen wir hier für eine spürbare Reduzierung des Angebots sorgen. Hierzu werden das Verbot der Mehrfachkonzessionen und der Mindestabstand wesentlich beitragen.“

Die Möglichkeit zum Glücksspiel soll auch durch eine Verlängerung der Sperrzeiten für Spielhallen eingeschränkt werden. Dabei ist künftig eine Mindestsperrzeit von 3.00 bis 6.00 Uhr vorgesehen. Die Gemeinden werden ermächtigt, die Sperrzeit bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse zu verlängern. Herrmann: „Mit der Möglichkeit, längere Sperrzeiten festzulegen, geben wir den Gemeinden ein zusätzliches Steuerungsinstrument in die Hand. Sie können dann im Einzelfall ganz konkret auf die örtlichen Verhältnisse reagieren.“

Zudem verschärft der Glücksspielstaatsvertrag selbst die Anforderungen an die äußere Gestaltung und die Werbung für Spielhallen. „Wir tragen damit dem Spielerschutz Rechnung und erzielen zugleich durch die künftig weniger auffällige Gestaltung eine positive Wirkung für das Ortsbild der Städte und Gemeinden“, so der Innenminister.
Nach dem Glücksspielstaatsvertrag benötigen Spielhallen künftig eine gesonderte glücksspielrechtliche Erlaubnis, mit der die Einhaltung derBeschränkungen sichergestellt werden kann. Sonderregelungen gibt es für bereits bestehende Spielhallen, bei denen aus Rechtsgründen auf Bestandsschutz Rücksicht zu nehmen ist. So gilt für Spielhallen, die bereits vor dem im Glücksspielstaatsvertrag festgesetzten Stichtag 28. Oktober 2011 betrieben wurden, eine Übergangsfrist von fünf Jahren. Erst nach Ablauf dieser Frist brauchen auch sie dann eine glücksspielrechtliche Erlaubnis, müssen den Mindestabstand zu anderen Spielhallen einhalten und dürfen auch nicht gemeinsam mit anderen Spielhallen in einem Gebäudekomplex untergebracht sein. Im Einzelfall sind bei besonderen Härten unter engen Voraussetzungen Ausnahmen möglich, wenn die Gesamtzahl der Glücksspielautomaten die Zahl 48 nicht überschreitet und der Betreiber ein Konzept zur weiteren Reduzierung der Spielgeräte vorlegt.

Herrmann: „Das gesetzgeberische Ziel ist klar. Wir wollen künftig für Spielhallen nur eine Einerkonzession, die auf maximal zwölf Geldspielautomaten beschränkt ist. Auf dem Weg dorthin müssen wir aber für bestehende Spielhallen Regelungen schaffen, die ihnen für diese Umstellung ausreichend Zeit lassen.“
Bei den Lotterien hält der neue Glücksspielstaatsvertrag am staatlichen Monopol fest. Für den Bereich der Sportwetten ist eine Lockerung durch ein Konzessionsmodell für eine Experimentierphase von sieben Jahren vorgesehen. Zudem kann im Internet die Veranstaltung und Vermittlung von Lotterien und Sportwetten zugelassen werden. Inhaber einer Sportwettenkonzession dürfen künftig ihre Wetten zudem über Wettbüros anbieten. Nach dem Ausführungsgesetz wird deren Zahl allerdings auf maximal 400 in Bayern begrenzt, wobei zugleich eine übermäßige Konzentration in bestimmten Gebieten untersagt wird.

Der Gesetzentwurf enthält schließlich auch die erforderlichen Regelungen zur Festlegung der zuständigen Behörden und Verfahren. Er wird jetzt dem Bayerischen Landtag zur weiteren Behandlung zugeleitet.

Quelle: Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung vom 17.04.2012


Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag 

270-275
Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages
zum Glücksspielwesen in Deutschland und  anderer Rechtsvorschriften

Vom 25. Juni 2012
Art.   9     Erlaubnisverfahren
Art.    11
Betrieb von Spielhallen
(1)   
1
Spielhallen dürfen nur nach Erteilung der Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV und Art. 9 betrieben werden   
2
Die Übergangsfristen in § 29 Abs. 4 GlüStV sind zu beachten.   
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§ 1 Nr. 205 der Verordnung vom 22. Juli 2014
310
Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 14/2014

Das  Gesetz  zur  Ausführung  des  Staatsvertrages   zum   Glücksspielwesen   in   Deutschland (AGGlüStV)   vom   20.   Dezember   2007   (GVBl S. 922, BayRS 2187-3-I), geändert durch § 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2012 (GVBl S. 270), wird wie folgt geändert:
a) 
In  Art.  4  Abs.  1  Sätze  1  und  2  einleitender Satzteil,  Abs.  3  Satz  2,  Art.  5  Abs.  2  und Art.  8  einleitender  Satzteil  werden  jeweils nach  dem  Wort  „Innern“  die  Worte  „  ,  für Bau und Verkehr“ eingefügt.
b)
In Art. 5 Abs. 1 und 2 werden nach dem Wort „Finanzen“ die Worte „ , für Landesentwick-
lung und Heimat“ eingefügt.pdf-download

zuletzt aktualisiert: 21.05.2015