Samstag, 18. Dezember 2010

Das Verwaltungsgericht Stuttgart

hat in den Hauptsachen über die dem EuGH vorgelegten Vorabentscheidungsverfahren zugunsten der privaten Sportwettenvermittler entschieden

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat in einem von der Bielefelder Kanzlei KARTAL Rechtsanwälte geführten Sportwettenverfahren, Az. 4 K 3645/10, welches das Verwaltungsgericht dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte, zugunsten des privaten Sportwettenvermittlers entschieden. Nachdem am 16. Dezember 2010 in allen Vorabentscheidungsverfahren des Verwaltungsgerichts die mündliche Verhandlung in den Hauptsachen stattgefunden hatte, wurden heute die Urteil verkündet. In allen Verfahren hat das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügungen des Regierungspräsidiums Karlsruhe aufgehoben.

Die Richter stellen bereits in der Anlage 2 zum Verkündungsprotokoll vom 17. Dezember 2010 klar, dass die Untersagungsverfügungen als Dauerverwaltungsakte weder auf den Lotteriestaatsvertrag, noch auf den Glücksspielsstaatsvertrags gestützt werden können.
Das in diesem konstituierte staatliche Sportwettenmonopol sei unvereinbar mit dem Vorrang des Europäischen Unionsrechts. Denn es mangele an einem hinreichend kohärenten staatlichen Verhalten im Bereich der Glücksspiele insgesamt.
Wörtlich heißt es weiter: "An einer solchen Kohärenz fehle es schon deshalb, weil der unter dem Aspekt der Suchtgefahren besonders bedeutsame Bereich der Automatenspiele nicht von dem Monopol erfasst werde und zudem durch Änderungen in der Spielverordnung mit der Folge eines erheblichen Anwachsens dieses Sektors ausgeweitet worden sei."

Die ausführliche schriftliche Begründung des Urteils wird in den nächsten Wochen erfolgen.
Kontakt:
KARTAL Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Jusuf Kartal
Friedenstr. 36 (Ecke Jöllenbecker Str.)
D - 33602 Bielefeld



Klagen wegen Untersagung der Vermittlung von Sportwetten - mündliche Verhandlungen-
Datum: 10.12.2010

Kurzbeschreibung: PRESSEMITTEILUNG vom 10.12.2010

Am Donnerstag, den 16. Dezember 2010, ab 10.00 Uhr
verhandelt die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Gerichtsgebäude in Stuttgart, Augustenstraße 5, Sitzungssaal 2, über drei Klagen gegen das vom Regierungspräsidium Karlsruhe vertretene Land Baden-Württemberg wegen Untersagung der Vermittlung von Sportwetten. Diese Klageverfahren können als Pilotverfahren bezeichnet werden. Über 440 weitere Klagen in Sachen Sportwetten sind bei der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts derzeit anhängig.

Einer der Kläger hat Räumlichkeiten an eine Firma untervermietet, in denen Sportwetten an eine weitere Firma nach Gibraltar vermittelt werden. Die beiden anderen Kläger vermitteln Sportwetten an Firmen in Österreich bzw. auf Malta. In den Jahren 2006 bzw. 2007 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Klägern für den Bereich des Landes Baden-Württemberg jegliche Art des Veranstaltens und die Vermittlung von Sportwetten sowie die Werbung hierfür und die Unterstützung solcher Tätigkeiten. Als Ermächtigungsgrundlage wurde der damals gültige Lotteriestaatsvertrag und das hierzu ergangene Ausführungsgesetz des Landes Baden-Württemberg angeführt. Hiergegen erhoben die Kläger Klagen zum Verwaltungsgericht.

Nach dem Lotteriestaatsvertrag, aber auch nach dem nunmehr seit 01.01.2008 geltenden Glücksspielstaatsvertrag ist es allein den staatlichen bzw. staatlich beherrschten Lotterieverwaltungen der Bundesländer gestattet, Sportwetten zu veranstalten; zur Vermittlung sind ausschließlich die zugelassenen Annahmestellen befugt. Darüber hinaus dürfen Sportwetten weder veranstaltet noch an in- oder ausländische Anbieter vermittelt werden, auch nicht über das Internet.

Die 4. Kammer hatte die drei Klageverfahren ausgesetzt und dem Gericht der Europäischen Gemeinschaft (EuGH) mehrere Fragen betreffend die gemeinschaftsrechtlich garantierte Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit zur Vorabentscheidung vorgelegt. Nach dem daraufhin ergangenen Urteil vom 08.09.2010 hat der EuGH im Grundsatz ein staatliches Sportwettenmonopol für gemeinschaftsrechtlich zulässig erachtet, allerdings die Anforderungen an seine Rechtfertigung durch Kohärenzanforderungen im Verhältnis zu anderen Glücksspielen präzisiert.

Nach Ansicht der Kläger verstoßen die Untersagungsverfügungen gegen den Anwendungsvorrang des Europarechts. Sie sehen sich durch das Urteil des EuGH in ihrer Rechtsposition gestärkt.

Die Verhandlungen (Az.: 4 K 3576/10, 4 K 3645/10 und 4 K 3646/10) sind öffentlich.
Quelle: Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 10.12.2010

Lotto weiter auf Talfahrt
Zahlreiche Verwaltungsgerichte haben daher zentrale Regelungen des GlüStV außer Kraft gesetzt. Für die Länder besteht nun dringender Handlungsbedarf. Für eine Neuregelung hat der EuGH unmissverständlich klargestellt: Wenn ein Monopol mit der Suchtprävention begründet wird, dann müssen alle Glücksspiele im Verhältnis zu ihren Suchtgefahren reguliert werden. Zwingende Folge wäre die Verstaatlichung der Spielhallen, Pferdewetten und privaten Spielbanken, die deutlich gefährlicher, jedoch erheblich liberaler reguliert sind als Lotterien, bei denen faktisch keine Spielsuchtgefahren bestehen - das ist unrealistisch und politisch nicht durchsetzbar. Quelle: Deutscher Lottoverband vom 14.12.2010

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