Mittwoch, 26. Februar 2014

OVG Münster und VG Augsburg zum Glücksspiel im Internet

Das Oberverwaltungsgericht Münster beschäftigt sich am Dienstag (10.30 Uhr) mit fünf zusammengefassten Verfahren zum Glücksspiel im Internet.
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13. Senat beim OVG Münster entscheidet über alte Verbotsverfügungen gegen Internet-Wettveranstalter

Zu den Entscheidungen des OVG Münster vom 25. Februar 2014

Ein Kurzbeitrag von Rechtsanwalt Rolf Karpenstein

Der 13. Senat beim Oberverwaltungsgericht Münster hat sich in Sachen Sportwetten eindrucksvoll zurückgemeldet. Zuletzt hatte er durch den Beschluss vom 30.11.2011 (13 B 1331/11, vgl. dazu Karpenstein, Isa-Law vom 7.2.2013) positiv überrascht und bestätigt, dass ein behördliches Werbeverbot schon allein wegen der systematisch zu Wetten, Lotterien und anderen Glücksspielen auffordernden staatlichen Werbung unionsrechtlich nicht gerechtfertigt ist. Nunmehr meint der 13. Senat ausweislich seiner Pressemitteilung vom 25. Februar 2014, die Behörden in Nordrhein-Westfalen dürften an alten Untersagungsverfügungen gegenüber Wettveranstaltern festhalten.

Das Oberverwaltungsgericht stützt dies auf das Fehlen einer deutschen Erlaubnis. Den Wettveranstaltern könne das Fehlen einer Erlaubnis entgegengehalten werden, weil der Markt für Sportwetten durch ein Konzessionssystem für private Anbieter geöffnet worden sei. Dass das Konzessionsverfahren nicht abgeschlossen ist, verpflichte die Behörde nicht, die nach deutschem Recht nicht erlaubte Veranstaltung von Sportwetten zu „dulden“.

Schon der Pressemitteilung ist zu entnehmen, dass das Unionsrecht beim 13. Senat nicht die ihm gebührende Rolle spielte. Zwar verpflichtet nicht schon der Umstand, dass das Konzessionsverfahren nicht abgeschlossen ist, die Aufsichtsbehörden, die nach deutschem Recht (noch) nicht erlaubte Wettveranstaltung zu dulden. Allerdings folgt diese Pflicht zur „Duldung“ aus dem unmittelbar anwendbaren Art. 56 AEUV. Diese höherrangige Norm gestattet, ebenso wie § 1 der Gewerbeordnung, ganz grundsätzlich jede Form der grenzüberschreitenden Dienstleistung. Zugleich verbietet Art. 56 AEUV deutschen Behörden und Gerichten grundsätzlich, grenzüberschreitende Dienstleistungen zu beschränken.

Die denkbar schwerste Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt in der durch § 29 GlüÄndStV und die Nichtvergabe von Konzessionen gewährleisteten Aufrechterhaltung des staatlichen Monopols für Sportwetten. Ein derartiges staatliches Ausschließlichkeitsrecht kann nur ausnahmsweise und unter sehr strengen Anforderungen gerechtfertigt sein. Diese Rechtfertigungsanforderungen liegen, wie auch das Bundesverwaltungsgericht jüngst bestätigte (8 C 12.12), nicht vor. Sie werden auch niemals vorliegen, weil die Bundesländer mit ihrer restriktiven Glücksspiel- und Wettpolitik illegitime Zwecke fiskalischer Natur verfolgen und keinerlei Gefahren von Sportwetten ausgehen, die ein Ausschließlichkeitsrecht rechtfertigen könnten.

Mit den unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung des derzeitigen monopolistischen Ausschließlichkeitsrechts der staatlichen Lotterieunternehmen setzt sich der 13. Senat beim OVG Münster anscheinend nicht im Ansatz auseinander. Stattdessen entnimmt er die Rechtfertigung der Negation der Dienstleistungsfreiheit dem Umstand, dass der GlüÄndStV theoretisch die Konzessionserteilung an nicht staatliche Konzessionsbewerber vorsieht. Weshalb die theoretische Möglichkeit, irgendwann in unabsehbarer Zukunft eine Konzession für Sportwetten zu erhalten, die Negation der Dienstleistungsfreiheit privater Wettanbieter rechtfertigen soll, erschließt sich allerdings nicht. Auch die Urteilsgründe werden dazu keinen Aufschluss geben.

Art. 56 AEUV verpflichtet Behörden und Gerichte mithin sehr wohl zur „Duldung“ der privaten Wettveranstaltung, und zwar unabhängig von dem gewählten Vertriebsweg. Hingegen müssen private Wettveranstalter staatliche Beschränkungen ihrer Dienstleistungsfreiheit nicht dulden. Ihnen steht mit Art. 56 AEUV eine an den Staat gerichtete unmittelbar anwendbare Verbotsnorm zur Seite, deren Missachtung durch staatliche Stellen angesichts der fiskalischen Ausrichtung der Lotterieunternehmen der Bundesländer nicht im Ansatz gerechtfertigt ist. Aufrechte Gerichte werden dies bestätigen und für die Effektivität der Dienstleistungsfreiheit sorgen.

Kontakt:
Blume Ritscher Nguyen Rega Rechtsanwälte

Rechtsanwalt Rolf Karpenstein
Gerhofstraße 38
20354 Hamburg

Telefon: 040 /355 030 – 0
Telefax: 040 /355 030 – 30
eMail: karpenstein@raeblume.de
Online: www.raeblume.de


Die Vergabe von Konzessionen für Sportwetten – Ein Experiment
Die Experimentierklausel wurde offensichtlich falsch verstanden. Sie bezieht sich auf die Erprobung des Konzessionsmodels und nicht auf das Vergabeverfahren. weiterlesen

OVG NRW zum Glücksspiel im Internet
Ohne Genehmigung keine Wetten

Das OVG in Münster hat am Dienstag entschieden, dass die zuständige Aufsichtsbehörde nicht genehmigtes Glücksspiel und Sportwetten im Internet weiterhin verbieten darf. Daran ändere auch nichts, dass die Wettportale seit eineinhalb Jahren auf die erforderliche Genehmigung warten.

Zur Begründung führte der 13. Senat des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Nordrhein-Westfalens aus, dass es auch nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieleänderungsstaatsvertrages im Jahr 2012 einer Erlaubnis zum Veranstalten öffentlicher Glücksspiele bedürfe. Diese werde gegebenenfalls mittels eines  Konzessionserteilungsverfahrens erteilt.

Fehle diese, könne die zuständige Aufsichtsbehörde das Anbieten von Glücksspielen im Internet untersagen, beziehungswiese – wie im Falle der klagenden Unternehmen – an ihrer Untersagung festhalten. Dass das bundesweit zuständige hessische Innenministeriun das Konzessionserteilungsverfahren noch nicht abgeschlossen habe, verpflichte die Aufsichtsbehörde jedenfalls nicht, das nicht erlaubte Glücksspiel in der Zwischenzeit zu dulden, meinten die Münsteraner Richter (Urt. v. 25.02.2014, Az. 13 A 2018/11 und 13 A 351/12).
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update:
Die Europäische Kommission hält deutsche Glücksspielregelungen für europarechtswidrig

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Nutzlos und zynisch

Der Generalanwalt SZPUNAR hält deutschens Sportwettenkonzessionsverfahren für europarechtswidrig
(Schlussanträge vom 22. Oktober 2015, Rs. C-336/14)
Mit seinem Schlussanträgen sprach sich der Generalanwalt gegen den GlüStV 2012 aus und kritisiert deutlich das Lizenzierungsverfahren. Seit dreieinhalb Jahren sei keine Erlaubnis erteilt worden, "diese Praxis macht das ganze Erlaubnisverfahren natürlich nutzlos. (...) Es wäre zynisch, von einem Wirtschaftsteilnehmer zu verlangen, dass er sich einem Verfahren unterzieht, das zum Scheitern verurteilt ist."
Der Glücksspielstaatsvertrag basiere darauf, "dass er nur für staatliche Einrichtungen gilt."
Deshalb kann man von einem Wirtschaftsteilnehmer kaum erwarten, "dass er eine solche Erlaubnis beantragt, wenn das Gesetz daran ausdrücklich hindert."

Pflicht zur Befolgung der Vorgaben eines übergeordneten GerichtsNach Art. 4 Abs, 3 S. 3 EUV (Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, das Unionsrecht, inbegriffen die Grundfreiheiten, zu wahren. Um die einheitliche und volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu sichern, sind unionsrechtswidrige mitgliedstaatliche Regelungen nicht nur unmittelbar zu beseitigen, sondern dürfen aufgrund des Anwendungsvorrangs auch nicht weiter angewandt werden. weiterlesen
Ende des Zulassungsverfahrens im Sportbereich nicht absehbar
Staatliche Lottoanbieter ausgebremst
Das Zulassungsverfahren beim bundesweit federführenden hessischen Innenministerium läuft, läuft und läuft. Mittlerweile seit mehr als 1,5 Jahren. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Im Dezember 2013 wurden nach einem Auswahlverfahren die verbliebenen Lizenzanträge pauschal abgelehnt und im Januar 2014 mit der Abgabefrist Ende März weitere Unterlagen angefordert. „Konkrete Angaben über den Zeitpunkt der Konzessionsvergabe sind derzeit nicht möglich“, teilt das Innenministerium mit.

Die Erhebung der Sportwettensteuer ist unabhängig von der Erteilung einer Konzession. Der Steuersatz wurde auf den reduzierten Steuersatz von fünf Prozent abgesenkt.

Mit der Berufung auf die europäische Dienstleistungsfreiheit dürfen die privaten Sportwettenanbieter in Deutschland ihre Wetten anbieten.
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Zurück auf Anfang

Das VG Köln stellte im November 2010 fest, dass das staatliche Sportwettenmonopol auch nach der aktuellen Rechtslage nicht mit der europarechtlich verbürgten Dienstleistungsfreiheit vereinbar sei. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (u.a. Beschluss vom 22. März 2011 - 4 B 48/11 -) geht das Gericht zudem davon aus, dass die ausländischen Wettveranstalter und die privaten Wettvermittler nicht im Besitz einer Erlaubnis nach nordrhein-westfälischem Recht sein müssen, um hier Sportwetten anbieten und vermitteln zu dürfen. weiterlesen

Der EuGH wies in seinen Urteilen gegen Deutschland, anders als seinerzeit das Bundesverfassungsgericht (2006), explizit darauf hin, dass die dieses Monopol betreffenden nationalen Regelungen, die gegen die Grundfreiheiten der Union verstossen, auch während der Zeit, die erforderlich ist, um sie mit dem Unionsrecht in Einklang zu bringen, nicht weiter angewandt werden dürfen !
Quelle: Pressemitteilung Nr: 78/10 des EuGH


„Tipico“-Wettbüro darf weiter machen

Verwaltungsgericht Augsburg hebt Schließungs-Verfügung der Stadt Neu-Ulm wieder auf
Ein neuer Betreiber hatte vor dem Augsburger Verwaltungsgericht gegen die angeordnete Schließung geklagt – und Recht bekommen. Aus „formalrechtlichen Gründen“, wie der Präsident und Sprecher des Verwaltungsgerichts Ivo Moll mitteilt.
Prinzipiell liege eine solche Schließung zwar im Ermessen der Stadt, diese müsse ihr Vorgehen jedoch klar begründen können und das Für und Wider abwägen. Dies sei aus Sicht des Gerichtes aber nicht ausreichend geschehen. Somit wurde der Bescheid des Ordnungsamts umgehend aufgehoben, und das Wettbüro durfte seinen Betrieb wieder aufnehmen.
Zuständig dafür ist das hessische Innenministerium. Solange dieses aber keine Konzessionen vergeben hat – was auch nach eineinhalb Jahren noch nicht der Fall ist – sind private Sportwetten illegal. Und auch wieder nicht. Denn der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass es auch in Deutschland privaten Wettanbietern unter gewissen Voraussetzungen möglich sein muss, ihrer Tätigkeit nachzukommen.

Bundesweit sträuben sich viele Behörden davor, gegen die Anbieter von Sportwetten vorzugehen, solange die Situation juristisch und politisch nicht endgültig geklärt ist. Oder aber Verwaltungsgerichte heben Anordnungen der Ämter aus ähnlichen Gründen wieder auf. So wie in Neu-Ulm geschehen.
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Bereits mit Urteil vom 06.11.2003, (Rs. C-243/01 „Gambelli“) entschied der EuGH:
  
Danach stehen nationale Rechtsvorschriften über die Veranstaltung von Glücksspielen der Dienstleistungsfreiheit dann nicht entgegen, wenn diese zur Erreichung übergeordneter politischer Ziele, wie der Gesundheits– oder Sozialpolitik, tatsächlich gerechtfertigt sind. Hierbei darf sich der Staat bei seinem eigenen Handeln nicht in Widerspruch zu seinen Schutzzielen stellen. Im Urteil werden aber Bedingungen zur Verhinderung ungerechtfertigter nationaler Marktzugangsbarrieren genannt:

•  Das vorlegende Gericht hat zu prüfen, ob eine Regulierung der Veranstaltung des Glücksspiels – auch mit Blick auf die Geschäftspolitik der öffentlich–rechtlichen Anbieter – tatsächlich den sie rechtfertigenden Zielen dient, beispielsweise dem Spielerschutz. 
•  Fiskalische Interessen dürfen aus europarechtlicher Sicht kein Grund für den
Ausschluss privater Anbieter vom Markt sein.
•  In diesem Kontext wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Veranstaltung von Glücksspielen der Dienstleistungsfreiheit nach Art 49ff. EG und der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG unterliegen.
•  Eine Einschränkung durch gesetzliche Regelungen eines Mitgliedstaates ist nur zulässig, wenn sie in erster Linie tatsächlich dem Ziel dient, die Gelegenheit zum Spiel zu verhindern oder sonstige Erfordernisse des Allgemeinwohls gegeben sind.
•  Sind Einschränkungen nicht durch die verfolgten Ziele gerechtfertigt, so sind
strafrechtliche Sanktionen und sonstige Beschränkungen unverhältnismäßig. 
•  Der innere Zusammenhalt und die Widerspruchsfreiheit des glücksspielrechtlichen Regimes (Kohärenz) ist zu gewährleisten.

Unfaire Mittel im Kampf um Beibehaltung des Glücksspielmonopols

Es geht um Märkte und nicht um Moral" weiterlesen

"Das Glücksspielrecht dient allein fiskalischen Interessen der Länder, verfolgt keine konsistente Glücksspielpolitik und verstößt in allen Punkten gegen deutsches und europäisches Wettbewerbsrecht und die Verfassung." Prof. Dr. Georg Hermes, Universität Frankfurt am Main weiterlesen

"Es stehen fiskalische Gründe im Vordergrund und nicht die behauptete Spielsuchteindämmung! - Der GlüStV erreiche nicht das Ziel des Staatsmonopols" (vgl. EuGH, Carmen Media Group Ltd. Rn 71) weiterlesen

Mit den Urteilen vom 20. Juni 2013 stellte auch das BVerwG fest, dass das Glücksspielmonopol tatsächlich nicht der Suchtbekämpfung, sondern fiskalischen Zwecken diente.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied am 16. Oktober 2013 (8 C 21.12):
“Eine weitere Auslegung des Glücksspielbegriffs in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV widerspräche auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes und dem rechtsstaatlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit. Die weitgehenden Beschränkungen des Glücksspiels durch den Glücksspielstaatsvertrag sollen der Suchtbekämpfung, dem Jugend- und Spielerschutz und der Kriminalitätsbekämpfung dienen. Sie sind verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, soweit sie zur Bekämpfung dieser Gefahren geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sind.“  weiterlesen

vgl.: EU – Wettbewerbsrecht
Kartellabsprache
Wettbewerbspolitik
Wettbewerbsbeschränkung
Art. 101-105 AEUV das Kartellrecht, in Art. 106 AEUV Bestimmungen über öffentliche und monopolartige Unternehmen und in den Art. 107-109 AEUV das Beihilfenrecht.

BVerfG: Richter sind verpflichtet der Wahrheit zu dienen !
Auch der Zivilrichter ist nach Maßgabe der anwendbaren Verfahrensordnung, seinem Amtseid gemäß, verpflichtet, der Wahrheit zu dienen, so das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 12.12.2012 zum § 38 Abs. 1 Deutsches Richtergesetz (DRiG) (Az. 2 BvR 1750/12, Rn 16) weiterlesen

§ 38 Richtereid
"Ich schwöre, das Richteramt getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und getreu dem Gesetz auszuüben, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen, so wahr mir Gott helfe." (DRiG)