Sonntag, 10. März 2013

EuGH: Zur Unzulässigkeit eines den Wettbewerb ausschaltenden Systems von Pflichtfortbildungen einer berufsständischen Vertretung


EuGH 28.2.2013, C-1/12

1.      Ein Erlass wie der Erlass über den Erwerb von Fortbildungspunkten (Regulamento da Formação de Créditos), der von einer berufsständischen Vertretung wie der Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas (Berufsständische Vertretung für geprüfte Buchhalter) angenommen wurde, ist als ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV anzusehen.

Der Umstand, dass eine berufsständische Vertretung wie die Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas gesetzlich verpflichtet ist, ein System der obligatorischen Fortbildung für ihre Mitglieder zu errichten, kann die von dieser berufsständischen Vertretung erlassenen Normen nicht dem Anwendungsbereich von Art. 101 AEUV entziehen, sofern diese Normen ausschließlich ihr zuzurechnen sind.

Der Umstand, dass sich diese Normen nicht unmittelbar auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Mitglieder dieser berufsständischen Vertretung auswirken, berührt die Anwendung von Art. 101 AEUV nicht, wenn der der berufsständischen Vertretung zur Last gelegte Verstoß einen Markt betrifft, auf dem sie selbst eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

2. Ein Erlass wie der Erlass über den Erwerb von Fortbildungspunkten, mit dem ein System der obligatorischen Fortbildung der geprüften Buchhalter errichtet wird, um die Qualität der von diesen angebotenen Dienstleistungen sicherzustellen, und der von einer berufsständischen Vertretung wie der Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas angenommen wurde, stellt eine nach Art. 101 AEUV verbotene Wettbewerbsbeschränkung dar, wenn er, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist, auf einem wesentlichen Teil des relevanten Marktes zugunsten dieser berufsständischen Vertretung den Wettbewerb ausschaltet und auf dem restlichen Teil dieses Marktes diskriminierende Bedingungen zum Nachteil der Wettbewerber der berufsständischen Vertretung vorsieht.
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Diese Entscheidung könnte im Hinblick auf die Wettbewerbsbeschränkungen für Spielhallenbetreiber eine gewisse Bedeutung erlangen, da ohne vergleichbare Auflagen Onlineangebote zugelassen werden mit denen die Spielhallen und die staatlichen Casinos in Wettbewerb stehen.