Donnerstag, 21. März 2013

BVerwG: Streit um Verbote von Sportwetten

Werbung für staatliche Lotterien in der Kritik
Im juristischen Streit um Verbote von Sportwetten hat sich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag mit der Werbung für staatlich organisierte Lotterien befasst."Wir müssen schauen, ob der Staat das Ziel der Bekämpfung der Spielsucht nur vorgibt, aber eigentlich seine Einnahmen maximieren will", sagte der Vorsitzende Richter des achten Senats, Klaus Rennert. "Liefert die Werbung für Sportwetten uns genügend Anhaltspunkte dafür, dass der Staat seinem Zweck, die Spielsucht zu bekämpfen, zuwider handelt und eigentlich finanzielle Ziele verfolgt", fragte der Richter. 
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BVerwG 8 C 10.12; (OVG Münster 4 A 17/08; VG Düsseldorf 3 K 162/07)  
BVerwG 8 C 14.12; (VGH München 10 BV 10.2271; VG München M 16 K 08.2972)  
BVerwG 8 C 15.12; (VGH München 10 BV 10.2505; VG München M 22 K 07.1080) 
BVerwG 8 C 16.12; (VGH München 10 BV 10.2665; VG München M 22 K 07.3782) 
BVerwG 8 C 35.12; (VGH München 10 BV 11.2152; VG Regensburg RN 5 K 10.2326)  
BVerwG 8 C 41.12 (VGH München 10 BV 11.483; VG Ansbach AN 4 K 06.01769)
  
B. AG - RA Bongers, Köln - ./. Stadt Mönchengladbach - RA Cornelius, Bartenbach, Haesemann & Partner, Köln -
R. GmbH - RA Arendts, Grünwald - ./. Landeshauptstadt München
A. - RA Bongers, Köln - ./. Landeshauptstadt München
O. GmbH - 1. RA Kuentzle, Karlsruhe, 2. RA Redeker, Sellner und Dahs, Bonn - ./. Landeshauptstadt München
C. GmbH - RA Arendts, Grünwald - ./. Freistaat Bayern
O. GmbH - 1. RA Kuentzle, Karlsruhe, 2. RA Redeker, Sellner und Dahs, Bonn - ./. Stadt Nürnberg
In mehr als 20 Revisionsverfahren aus Nordrhein-Westfalen, dem Freistaat Bayern und dem Land Rheinland-Pfalz wenden die Kläger sich gegen das Verbot, Sportwetten an EU-ausländische Wettanbieter zu vermitteln. Die Untersagungsverfügungen stützen sich auf Vorschriften des allgemeinen Ordnungsrechts oder - seit 2008 - des Glücksspielstaatsvertrags der Länder. Danach kann das unerlaubte Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten untersagt werden. Die Verbote wurden regelmäßig damit begründet, dass die erforderliche inländische Erlaubnis fehle und wegen des staatlichen Sportwettenmonopols auch nicht erteilt werden könne.
Im September 2010 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union, das Sportwettenmonopol sei mit der Dienstleistungsfreiheit nur vereinbar, wenn es kohärent und systematisch zur Verwirklichung des mit ihm verfolgten Ziels der Suchtbekämpfung beitrage. Daran fehle es, wenn gegenläufige Regelungen - auch in anderen Glücksspielbereichen - die Eignung des Monopols zur Suchtbekämpfung entfallen ließen. Die Beklagten führten zur Begründung der Verbote daraufhin zusätzlich an, das Vermitteln von Sportwetten bedürfe selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols einer Erlaubnis und dürfe jedenfalls verboten werden, wenn die übrigen Erlaubnisvoraussetzungen nicht behördlich festgestellt oder offensichtlich seien. Die Vermittlung von Internet- und Live-Wetten sei jedenfalls unzulässig und müsse schon deshalb untersagt werden.
Die Klagen gegen die Untersagungsverfügungen hatten jeweils - spätestens - im Berufungsverfahren Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat das Sportwettenmonopol für unionsrechtswidrig gehalten und dazu auf die Werbepraxis des Monopolträgers verwiesen, die der Suchtbekämpfung zuwiderlaufe und zum Wetten anreize. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, die Glücksspielpolitik im Bereich der Geldspielautomaten sei auf Expansion angelegt und widerspreche dem Ziel der Suchtbekämpfung. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat auf beide Gesichtspunkte abgestellt. Alle genannten Berufungsgerichte sind davon ausgegangen, dass die nachgeschobenen Begründungen die Verbote nicht rechtfertigen könnten, da die Gründe für eine Ermessensausübung nachträglich nur ergänzt, aber nicht ausgetauscht werden dürften. Soweit die Untersagungen sich für die Vergangenheit bereits erledigt hätten, könnten die Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit verlangen.
In einigen Revisionsverfahren stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit erledigter Verbote besteht. Darüber hinaus wird u. a. zu klären sein, ob eine der Suchtbekämpfung widersprechende Politik in einem anderen, bundesrechtlich geregelten Glücksspielbereich stets zur Rechtswidrigkeit des landesrechtlichen Sportwettenmonopols führt oder nur dann, wenn die gegenläufige Politik sich auf den Monopolbereich auswirkt. Dabei stellt sich das Problem, inwieweit das Bundesstaatsprinzip eine Berücksichtigung von Regelungen anderer Kompetenzträger bei der Kohärenzprüfung zulässt. Schließlich sind die rechtlichen Bindungen des Untersagungsermessens näher zu bestimmen, insbesondere die Grenzen zulässigen Nachschiebens von Ermessenserwägungen bei Dauerverwaltungsakten wie den Verbotsverfügungen.

20.03.2013  14:00 Uhr:

In mehr als 20 Revisionsverfahren aus Nordrhein-Westfalen, dem Freistaat Bayern und dem Land Rheinland-Pfalz wenden die Kläger sich gegen das Verbot, Sportwetten an EU-ausländische Wettanbieter zu vermitteln. Die Untersagungsverfügungen stützen sich auf Vorschriften des allgemeinen Ordnungsrechts oder - seit 2008 - des Glücksspielstaatsvertrags der Länder. Danach kann das unerlaubte Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten untersagt werden. Die Verbote wurden regelmäßig damit begründet, dass die erforderliche inländische Erlaubnis fehle und wegen des staatlichen Sportwettenmonopols auch nicht erteilt werden könne.

Im September 2010 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union, das Sportwettenmonopol sei mit der Dienstleistungsfreiheit nur vereinbar, wenn es kohärent und systematisch zur Verwirklichung des mit ihm verfolgten Ziels der Suchtbekämpfung beitrage. Daran fehle es, wenn gegenläufige Regelungen - auch in anderen Glücksspielbereichen - die Eignung des Monopols zur Suchtbekämpfung entfallen ließen. Die Beklagten führten zur Begründung der Verbote daraufhin zusätzlich an, das Vermitteln von Sportwetten bedürfe selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols einer Erlaubnis und dürfe jedenfalls verboten werden, wenn die übrigen Erlaubnisvoraussetzungen nicht behördlich festgestellt oder offensichtlich seien. Die Vermittlung von Internet- und Live-Wetten sei jedenfalls unzulässig und müsse schon deshalb untersagt werden.

Die Klagen gegen die Untersagungsverfügungen hatten jeweils - spätestens - im Berufungsverfahren Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat das Sportwettenmonopol für unionsrechtswidrig gehalten und dazu auf die Werbepraxis des Monopolträgers verwiesen, die der Suchtbekämpfung zuwiderlaufe und zum Wetten anreize. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, die Glücksspielpolitik im Bereich der Geldspielautomaten sei auf Expansion angelegt und widerspreche dem Ziel der Suchtbekämpfung. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat auf beide Gesichtspunkte abgestellt. Alle genannten Berufungsgerichte sind davon ausgegangen, dass die nachgeschobenen Begründungen die Verbote nicht rechtfertigen könnten, da die Gründe für eine Ermessensausübung nachträglich nur ergänzt, aber nicht ausgetauscht werden dürften. Soweit die Untersagungen sich für die Vergangenheit bereits erledigt hätten, könnten die Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit verlangen.

In einigen Revisionsverfahren stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit erledigter Verbote besteht. Darüber hinaus wird u. a. zu klären sein, ob eine der Suchtbekämpfung widersprechende Politik in einem anderen, bundesrechtlich geregelten Glücksspielbereich stets zur Rechtswidrigkeit des landesrechtlichen Sportwettenmonopols führt oder nur dann, wenn die gegenläufige Politik sich auf den Monopolbereich auswirkt. Dabei stellt sich das Problem, inwieweit das Bundesstaatsprinzip eine Berücksichtigung von Regelungen anderer Kompetenzträger bei der Kohärenzprüfung zulässt. Schließlich sind die rechtlichen Bindungen des Untersagungsermessens näher zu bestimmen, insbesondere die Grenzen zulässigen Nachschiebens von Ermessenserwägungen bei Dauerverwaltungsakten wie den Verbotsverfügungen.

Die mündliche Verhandlung wird am 21. März 2013, 10.00 Uhr, fortgesetzt.

In weiteren Verfahren wird am 16./17. April 2013 und am 14./15. Mai 2013 verhandelt.

In den Verwaltungsstreitsachen BVerwG 8 C 10.12, BVerwG 8 C 14.12, BVerwG 8 C 15.12, BVerwG 8 C 16.12, BVerwG 8 C 35.12 und BVerwG 8 C 41.12 (Sportwetten) ist
Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt worden auf
Donnerstag, den 16. Mai 2013, 14.00 Uhr.

Zusammengestellt von Volker Stiny