Der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin hat mit Urteil vom 02.02.2012 die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 07.09.2011 verworfen, so dass der durch den Unterzeichner vertretene Sportwettvermittler abschließend und rechtskräftig vom Tatvorwurf der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels nach § 284 StGB freigesprochen worden ist.
Der von uns vertretene Mandant betrieb ohne behördliche Erlaubnis in Berlin ein Sportwettvermittlungsbüro, in dem er Sportwetten an ein ausländisches, innerhalb der europäischen Union konzessioniertes Unternehmen vermittelte. Dem Angeklagten war die Tätigkeit auch ordnungsrechtlich untersagt worden. Nachdem der Mandant beim Amtsgericht Berlin-Tiergarten angeklagt worden war, erfolgte dort zunächst ein freisprechendes Urteil des Amtsgerichts. Dieses Urteil wurde dann durch das Landgericht Berlin - nachdem die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hatte - bestätigt.
Gegen diese Entscheidung wiederum legte die Staatsanwaltschaft Revision zum höchsten Strafgericht des Landes Berlin ein, wo nunmehr das Kammergericht Berlin abschließend entschieden hat, dass der Freispruch Bestand hat. Dabei hat das Kammergericht Berlin offengelassen, ob das staatliche Wettmonopol in seiner bisherigen Ausgestaltung gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt und insoweit schon objektiv § 284 StGB Anwendung finde oder nicht. Das Kammergericht hat jedenfalls festgestellt, dass die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 Satz 1 StGB befunden, zutreffend sei und keine durchgreifenden Rechtsfehler aufweise. Der Senat des Kammergerichts hat dabei indes ausdrücklich klargestellt, dass er von seiner früheren Rechtsauffassung, es bestünden keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität der derzeitigen Regelung des GlüStV über die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten, ausdrücklich nicht mehr festhalte.
Indes mußte die konkrete Gemeinschaftswidrigkeit des Wettmonopols seitens des Kammergerichts nicht abschließend geprüft werden, weil das Landgericht zuvor dem Betroffenen schon wegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums freigesprochen hatte. Diese Auffassung wird seitens des Kammergerichts bestätigt. Das Kammergericht stellt im Wesentlichen darauf ab, dass seitens des Gesetzgebers eine unklare Rechtslage geschaffen worden ist, wobei Gerichte deutschlandweit in unterschiedlichsten Verfahren zum Teil zu Gunsten von Sportwettvermittlern, zum Teil zu ihren Lasten entschieden hatten. Nachdem der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 08.09.2010 massive Zweifel an der Gemeinschaftsrechtskonformität der Regelung des GlüStV zum staatlichen Wettmonopol begründet hatte, hätten zahlreiche Oberverwaltungsgerichte, darunter der Hessische Verwaltungsgerichtshof, das OVG Münster, der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof oder auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entweder die Gemeinschaftswidrigkeit des staatlichen Wettmonopols objektiv festgestellt oder zumindest erhebliche Zweifel an der Gemeinschaftskonformität des Wettmonopols geäussert. Diese Entscheidungen machten deutlich, dass die seit 2008 durch den Gesetzgeber in Kraft gesetzte Regelung des GlüStV zum staatlichen Wettmonopol in Verbindung mit der tatsächlichen Ausgestaltung des Monopols nicht zu einer angestrebten, sicheren Rechtslage geführt hätten. Vor diesem Hintergrund hätte das Landgericht rechtsfehlerfrei annehmen dürfen, dass der Angeschuldigte, der von einem in diesem Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt beraten wurde, sich mindestens in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe. Entgegen der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft sei das Urteil des Landgerichts auch nicht deshalb lückenhaft, weil es sich nicht damit auseinandergesetzt habe, dass der Angeklagte auch Live-Wetten angeboten habe. Die Behörde habe ihre Untersagungsverfügung nämlich auf das staatliche Monopol gestützt und nicht nach einer bestimmten Wettart differenzierte Entscheidungen getroffen. Es liege deshalb fern, anzunehmen, der Angeklagte habe in Betracht dieses Vorgehens der Verwaltung in seinem Handlungsbewußtstein zwischen der Rechtmäßigkeit verschiedener Wettarten differenziert oder differenzieren müssen. Nach alledem ist der von uns vertretene Sportwettvermittler damit in 3 Instanzen und folgerichtig abschließend rechtskräftig freigesprochen worden.
Im Anschluss an diese obergerichtliche Entscheidung durch das Kammergericht sind zahlreiche weitere Ermittlungsverfahren gegen Sportwettvermittler in Berlin eingestellt worden. Unterschiedliche Anklagen, die seitens der Staatsanwaltschaft in anderen Fällen erhoben wurden, sind zurückgenommen worden. Eine strafrechtliche Verurteilung eines Sportwettvermittlers, der sich durch einen versierten Anwalt beraten läßt und bis dato auf die Rechtsprechung derjenigen Gerichte vertraut hatte, die die Gemeinschaftswidrigkeit des Wettmonopols festgehalten hatten, dürfte jedenfalls für die Vergangenheit nicht in Betracht kommen.
Die hier aufgestellten Grundsätze des Kammergerichts, die auch der Bundesgerichtshof in einem von uns geführten Verfahren schon vor mehreren Jahren festgehalten hatte, könnten auch für zukünftige Strafverfahren von erheblicher Bedeutung sein.
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Das Kammergericht Berlin bestätigt erneut - von Beständigkeit und Berechenbarkeit keine Spur !
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Von alledem wurde beim GlüStV nichts verwirklicht -
Mit dem „Entwickeln“ eines Staatsmonopols, wird seit Jahren die Rechtsprechung des EuGH mißachtet und wissentlich gegen die wichtigsten Grundsätze der Gemeinschaft wie das Willkürverbot (EuGHE 1978,1978), Verhältnismäßigkeits- (EuGHE 1979, 677), Vertrauensschutz- (EuGHE 1978, 169), und das Rechtssicherheitsprinzip (EuGHE 1983, 2633) verstoßen, das gebietet, dass Rechtsvorschriften vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können, klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen voraussehbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juni 2005, VEMW u. a., C 17/03, Slg. 2005, I 4983, Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).
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zuletzt aktualisiert: 17.07.2012