Sonntag, 13. Februar 2011

BGH - Prozess um Zinswetten

Hat die Deutsche Bank Kunden falsch beraten?

Erstmals verhandelt nun der BGH einen solchen Fall. Der Deutschen Bank droht im Streit um den Verkauf riskanter Zinswetten eine Niederlage vor dem Bundesgerichtshof. Az.: XI ZR 33/10

Der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Vorsitzenden Richter Ulrich Wiechers ließ in der Verhandlung am Dienstag erkennen, dass die Deutsche Bank ihre Fürsorgepflicht gleich zweifach verletzt habe.

Im Kern geht es um die Frage, ob die Deutsche Bank mit sogenannten Swap-Geschäften wissentlich Kommunen und Mittelständler abkassierte !
Der Gesamtschaden beträgt nach Schätzungen mehr als eine Milliarde Euro.

Der Rechtsvertreter der Deutschen Bank, warnt vor Folgen bei Urteil gegen Bank. Ein für die Deutsche Bank negatives Urteil könnte für die Branche weitreichende Folgen haben.

"Dann lösen sie eine zweite Finanzkrise aus", sagte Hall an das Gericht gewandt. ...... "Da kämen Milliardenforderungen auf die Banken zu".

Interessant ist auch, dass es sich fast immer um Eigengeschäfte der Bank handelt.
Für den Kunden bedeutet dies - bei einem Verlust ist der Gewinner gleichzeitig seine Bank.

Nehmen es die beteiligten Banken billigend in Kauf, ihre Kunden durch eine fehlerhafte bzw. unvollständige Beratung zu schädigen, um sich Vorteile zu verschaffen ?

Ein Interessenkonflikt, der bei Beginn der Beratung auf jeden Fall hätte offengelegt werden müssen. weiterlesen

Quelle: spiegel de / focus de

BGH - Entscheidung zu Zinswetten 22. März 2011

Der Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle Nr. 22/2011

Verhandlungstermin: 8. Februar 2011
XI ZR 33/10
LG Hanau - Urteil vom 4. August 2008 - 9 O 1501/07
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 30. Dezember 2009 - 23 U 175/08 (veröffentlicht ZIP 2010, 921)

Die Klägerin - ein mittelständisches Unternehmen - nimmt die beklagte Bank auf den Ausgleich erlittener Verluste im Zusammenhang mit dem Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages in Anspruch.

In zwei Beratungsgesprächen am 7. Januar und 15. Februar 2005 empfahl die Beklagte auf Grundlage ihrer Prognose, dass sich die Differenz (Spread) zwischen dem Zwei-Jahres-Zinssatz und dem Zehn-Jahres-Zinssatz künftig voraussichtlich deutlich ausweiten wird, der Klägerin den Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, den die Parteien am 16. Februar 2005 abschlossen. Danach verpflichtete sich die Beklagte, an die Klägerin aus einem Bezugsbetrag von 2.000.000 € für die Laufzeit von fünf Jahren halbjährlich Zinszahlungen in Höhe eines festen Zinssatzes von 3% p.a. zu erbringen, wohingegen sich die Klägerin im Austausch verpflichtete, zu denselben Zeitpunkten aus der Bezugssumme im ersten Jahr Zinsen in Höhe von 1,5% p.a. an die Beklagte zu zahlen und danach einen variablen Zinssatz, der mindestens bei 0,0% liegt und sich abhängig von der Entwicklung des "Spreads" zwischen dem 10- und 2-Jahres-Swap-Mittelsatz auf EURIBOR-Basis (CMS10 - CMS 2) nach der Formel "Zinssatz der Vorperiode + 3 x [Strike - (CMS10 - CMS 2)] berechnet. Die Höhe des "Strike" lag anfänglich bei 1,0% und sank über die Vertragslaufzeit stufenweise auf 0,85%, 0,70% und 0,55% ab. Nach dem am selben Tag zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte wurde die Saldierung der wechselseitigen Zinszahlungen vereinbart, so dass nur die Partei, die zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen den höheren Betrag schuldete, die Differenz zwischen den geschuldeten Beträgen zu zahlen hatte. Eine einseitige Vertragsbeendigung war ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes für beide Parteien erstmals nach dreijähriger Laufzeit und nur gegen Ausgleichszahlung in Höhe des aktuellen Marktwertes des Vertrages möglich. In den beim Beratungsgespräch verwendeten Präsentationsunterlagen hatte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der "Risiken" unter anderem darauf hingewiesen, dass - wenn die Zinsdifferenz stark unter das heutige Niveau absinkt - die Klägerin -, höhere Zinszahlungen zu leisten habe als sie empfange. Da die von ihr zu leistende Zinszahlung in der Höhe nicht begrenzt sei, sei ihr Verlustrisiko somit theoretisch unbegrenzt. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte der CMS Spread Ladder Swap-Vertrag einen negativen Marktwert in Höhe von ca. 4% der Bezugssumme (ca. 80.000 €), worauf die Beklagte die Klägerin nicht hinwies.

Der Vertrag erwies sich für die Klägerin als Verlustgeschäft, weil ab Herbst 2005 die für die Berechnung ihrer Zinszahlungspflicht relevante Zinsdifferenz fortlaufend abnahm. Am 26. Oktober 2006 erklärte sie die Anfechtung des CMS Spread Ladder Swap-Vertrages wegen arglistiger Täuschung, die die Beklagte zurückwies. Letztlich lösten die Parteien den Vertrag am 26. Januar 2007 gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages durch die Klägerin in Höhe des aktuellen negativen Marktwertes von 566.850 € auf.

Die - unter Anrechnung erhaltener Zinszahlungen - im Wesentlichen auf Rückzahlung von 541.074 € nebst Zinsen gerichtete Klage stützt die Klägerin unter anderem darauf, dass der CMS Spread Ladder Swap-Vertrag ihrer Ansicht nach unwirksam sei, weil er wegen der Unausgewogenheit der Chancen und Risiken gegen die guten Sitten verstoße (§ 138 BGB). Zudem ist sie der Auffassung, von der Beklagten über die Gewinnchancen arglistig getäuscht (§ 123 BGB) und zudem fehlerhaft beraten worden zu sein. Die Beklagte habe sie nicht ausreichend über die Risiken der Anlage aufgeklärt und die Empfehlung habe nicht ihrer Risikobereitschaft und ihren Anlagezielen entsprochen. Einen Beratungsfehler sieht die Klägerin überdies darin, dass die Beklagte sie nicht über den zum Abschlusszeitpunkt negativen Marktwert des Vertrages aufgeklärt hat.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Den dem Rechtsstreit zu Grunde liegenden CMS Spread Ladder Swap-Vertrag und ähnliche Zinssatz-Swap-Verträge hatte die beklagte Bank im Zeitraum 2005 neben mittelständischen Unternehmen - wie der hiesigen Klägerin - auch kommunalen Einrichtungen als Anlageprodukt empfohlen. In diesem Zusammenhang wird sie auch in einer Reihe weiterer Verfahren auf Verlustausgleich in Anspruch genommen. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich. Hinsichtlich zahlreicher weiterer Urteile, von denen einige die Klage ebenfalls abgewiesen haben (OLG Bamberg, WM 2009, 1082 ff.; OLG Frankfurt am Main, WM 2009, 1563 ff.; OLG Celle, WM 2009, 2171 ff.; OLG Frankfurt, WM 2010, 1790 ff.) und andere der Klage stattgegeben haben (OLG Stuttgart, WM 2010, 756 ff., OLG Stuttgart, WM 2010, 2169 ff.), ist im XI. Zivilsenat eine Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Revision anhängig.

Quelle: BGH

Verkündungstermin: 22. März 2011

Vorsätzliches Handeln der Deutschen Bank: Weiteres Swap-Urteil jetzt rechtskräftig
Mit Urteil vom 26.02.2010 (Az.:9 U 164/08) wurde die Deutsche Bank in einem Swap-Fall vom OLG Stuttgart zur vollen Zahlung von Schadensersatz verurteilt.
Von „Glücksspiel, das die Parteien mit ungleichen Mittel spielen" und vom „unfair zulasten des Kunden strukturierten Produkt", vom „Missbrauch des Vertrauens" und vom „vorsätzlichen Handeln" war die Rede.
Mit der Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) am 21.11.2011 wurde das Urteil des OLG Stuttgart rechtskräftig. weiterlesen

----------------------------------------------------------------------
vzbv (Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.) - Presseinfo vom 11.02.2011
----------------------------------------------------------------------
AKTUELLE PRESSEMITTEILUNG
----------------------------------------------------------------------
11.02.2011
Vertane Chance beim Anlegerschutz
Neues Gesetz schützt Verbraucher nicht ausreichend vor Falsch- und Fehlberatung
Unzureichend ist das heute vom Bundestag verabschiedete Gesetz zum Anlegerschutz. Das kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und weist insbesondere auf Defizite bei der Aufsicht und beim Produktinformationsblatt hin. Das Gesetz ist eine Mogelpackung. Auf Beratung, Produkte und Aufsicht können sich Verbraucher auch künftig nicht ausreichend verlassen, erklärt Vorstand Gerd Billen. Die Bundesregierung sei weiterhin gefordert, eine effektive Aufsicht sicherzustellen und die Honorarberatung anlegerorientiert zu regeln.
Quelle

PRESSEMITTEILUNG vom 23.02.2011

Die Konsequenzen aus der Krise sind noch nicht gezogen
Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen: vzbv legt Zehn-Punkte-Plan vor
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat eine Blaupause für mehr Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen vorgelegt. vzbv-Vorstand Gerd Billen fordert mehr Courage von der Bundesregierung: Der Verbraucherschutz im Finanzmarkt muss national endlich institutionell verankert werden. Während in Europa der Verbraucherschutz im Finanzmarkt seit Jahresbeginn großgeschrieben werde, hinke Deutschland weiter hinterher. Am Donnerstag zieht Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner mit Vertretern aus Verbraucherschutz und Wirtschaft eine Zwischenbilanz zu der von ihr ausgerufenen Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen. Ziel der Offensive ist es, den Verbraucherschutz bei Finanzdienstleitungen und die Qualität der Finanzberatung zu verbessern. Billen: Wird unser Zehn-Punkte-Plan konsequent angepackt, wird dieses Ziel erreicht. Quelle

update: 11.12.11