Samstag, 30. April 2016

Die Ministerpräsidenten riskieren auch das Lotto-Monopol zu zerstören

Hans-Jörn Arp:

Mit dem Irrweg beim Glücksspiel drohen die Ministerpräsidenten auch das Lotto–Monopol zu zerstören 

Veröffentlicht am 27. April 2016

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion Hans-Jörn Arp hat heute (Mittwoch, 27. April 2016) die Landesregierung für Ihren Schiffbruch beim Glückspiel scharf kritisiert und erneut eine europarechtskonforme Regelung gefordert:

„85 Prozent des gesamten Glücksspiels finden heute auf dem illegalen Markt statt. Das ist nach über vier Jahren der zweifelhafte Erfolg des geltenden Glücksspielstaatsvertrages. In ihrem verzweifelten Versuch, private Wettanbieter europarechtswidrig auszuschließen, haben die Ministerpräsidenten das Gegenteil einer Regulierung und Kanalisierung des Glücksspiels erreicht. Faktisch herrscht Anarchie“, so Arp.

Gerade das beliebte Lotto 6 aus 49 leide unter massiven Umsatzeinbrüchen, während der Umsatz des illegalen Glücksspiels in allen Bereichen massiv wachse. Weil auch nach vier Jahren immer noch keine einzige Lizenz für Sportwettenanbieter vergeben worden sei, stünde ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland unmittelbar bevor. Gleichzeitig würden die Gerichte den Glücksspielstaatsvertrag auseinander nehmen.

Unter anderem habe das Wiesbadener Verwaltungsgericht dem Sportwettenanbieter Tipico Recht gegeben und eine Lizenz zugestanden, obwohl Tipico ursprünglich nicht unter den 20 Lizenznehmern zu Beginn des Glücksspielstaatsvertrages gewesen sei. Damit sei die Begrenzung auf 20 Lizenzen nicht mehr haltbar! Das Gericht urteilte, dass auch das für die Vergabe der Lizenzen zuständige Glücksspielkollegium als nicht mit der bundesstaatlichen Ordnung vereinbar sei. Darüber hinaus sei das Vergabeverfahren für die Lizenzen zu langsam und zu intransparent.

„Das Konzessionsverfahren ist gescheitert. Das geltende Monopol auf Sportwetten ist in dieser Form nicht mit der europäischen Dienstleistungsfreiheit vereinbar, so Arp.

Denn auch der EuGH habe es den deutschen Behörden faktisch untersagt, private Sportwettenvermittler ohne behördliche Erlaubnis mit Sanktionen zu überziehen. Dies fände in der Praxis ohnehin kaum noch statt, weil sich inzwischen die private Wettvermittlung im Halbschatten des verunglückten Glücksspielrechts etabliert habe.

„Herr Stegner und die Albig-Regierung haben es zu verantworten, dass statt Steuereinnahmen aus Sportwetten nun der illegale Markt boomt. Denn sie haben den europarechtskonformen Weg des Schleswig-Holsteinischen Glücksspielgesetzes verlassen. Es ist an der Zeit umzukehren“, forderte Arp.  
Quelle: CDU Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag


Schleswig-holsteinischer Landtag:
Koalition beharrt auf Glücksspielstaatsvertrag und Bündnis der Länder
Veröffentlicht am 30. April 2016

Gut drei Jahre nach der Rückkehr Schleswig-Holsteins zum Glücksspielstaatsvertrag ist die FDP mit ihrer erneuten Forderung zur Liberalisierung des Marktes und für eine Gleichstellung von privaten und staatlichen Glücksspielanbietern erneut gescheitert.

Während CDU und Piraten den Vorstoß für eine umfassende Reform des Glücksspielrechts und eine Freigabe der Sportwetten unterstützten, lehnten SPD, Grüne und SSW das Ansinnen ab. Allerdings war sich das Plenum einig, dass der Staatsvertrag bundeseinheitlich überarbeitet und an die aktuellen Gegebenheiten sowie aufgrund rechtlicher Einwände angepasst werden muss.

Innenminister Stefan Studt (SPD) betonte aber unmissverständlich, Schleswig-Holstein gehe keinen eigenen Weg, sondern bleibe Partner im Glücksspielstaatsvertrag. Sich dem zu entziehen sei “ein Irrweg”. Glücksspielanbieter bräuchten bundeseinheitliche Regelungen und Maßstäbe. Daher sei auch das Glücksspielkollegium als Aufsichtsgremium “unerlässlich”, so Studt.

Opposition beklagen Diskriminierung privater Glücksspielanbieter

Für FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki ist der aktuelle Glücksspielvertrag Ausdruck des “obsessiven, rein fiskalisch motivierten Kampfes der Länder gegen private Spielanbieter”. Unter dem Vorwand, Spielsucht zu bekämpfen, diskriminiere er private Glücksspielanbieter, um der öffentlichen Hand Einnahmequellen zu bewahren.

In dieselbe Richtung zielte auch Hans-Jörn Arp (CDU). 85 Prozent des gesamten Glücksspiels finde heute auf dem illegalen Markt statt, schloss er an. “Das Konzessionsverfahren ist gescheitert. Das geltende Monopol auf Sportwetten ist in dieser Form nicht mit der europäischen Dienstleistungsfreiheit vereinbar.” Patrick Breyer (Piraten) konstatierte, es gehe den Ländern nur “ums Ausschalten unerwünschter Konkurrenz”. Das treibe Spieler in die Illegalität.

Grüne nicht auf Koalitionslinie

“Es ist sicher Ihr gutes Recht, das alles inhaltlich zu fordern”, hielt Kai Dolgner (SPD) dagegen. Nur zwingend aus der Rechtsprechung ergebe es sich nicht, “auch wenn die entsprechenden Lobbys sich krampfhaft bemühen, das anders darzustellen”.

Rasmus Andresen (Grüne) machte deutlich, dass man sich in der Koalition beim Thema Glückspiel nicht einig sei. Er nannte den Antrag der Liberalen “nicht ganz falsch, aber zu einfach”. Es müsse wieder Regeln geben, die das Glücksspielangebot in geregelte Bahnen lenken. 
Und Lars Harms vom SSW erklärte: “Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass es eine gemeinsame Haltung auf Bundesebene zu diesem Thema gibt und dass es einen Vorschlag für einen Glücksspielstaatsvertrag gibt, der die rechtlichen Rahmenbedingungen, die es nun einmal gibt, auch erfüllen kann.”
Quelle: Schleswig-holsteinischer Landtag

Damit wird bestätigt, dass sich die Landtagsmitglieder im Klaren darüber sind, dass die bisherigen Versuche das Glücksspielrecht der Bundesländer (Glücksspielstaatsvertrag) mit dem Verfassungs- und Unionsrecht in Einklang zu bringen gescheitert sind, wodurch anerkannt wird, dass die bisherigen Regelungen rechtswidrig und unanwendbar waren und noch immer sind.
Nach der europäischen Rechtsprechung sind staatliche Monopole nur ausnahmsweise zulässig. Monopole sind im europäischen Binnenmarkt ein Fremdkörper, der jeweils besonderer Rechtfertigung bedarf.
Der Staat muss detailliert nachweisen, dass Monopole erforderlich sind und diese streng überwachen. (C-347/09 Dickinger/Ömer Rn 57,  C-212/08 Zeturf Rn 47, 48, 54, Stoß u. a., Rn. 71, 83; Ladbrokes)  weiterlesen 

EuGH
Urteil Ince: Meinungen & Analysen  weiterlesen

Qualifizierter fortgesetzter Rechtsbruch?
Glücksspielgesetzgebung  seit 1999 durchgängig rechtswidrig
weiterlesen
Die chronische Missachtung der verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben ist schuldhaft.
Pflicht zur Befolgung der Vorgaben eines übergeordneten Gerichts, EuGH (Rs. C-581/14) Um die einheitliche und volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu sichern, sind unionsrechtswidrige mitgliedstaatliche Regelungen nicht nur unmittelbar zu beseitigen, sondern dürfen aufgrund des Anwendungsvorrangs auch nicht weiter angewandt werden. (Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit)

Deutschland droht Vertragsverletzungsverfahren  weiterlesen

Vertragsverletzungen: Häufig gestellte Fragen

Welche Phasen umfasst das Vertragsverletzungsverfahren?
Was geschieht, wenn ein Mitgliedstaat dem Urteil des Gerichtshofs nicht nachkommt?
EU-Kommission: MEMO/12/12

Der Erlass rechtswidriger Glücksspielgesetze, die unzulässigerweise in die Rechte der Marktteilnehmer eingreifen, um diese vom Markt auszuschließen, führt zum Schadenersatz.

Um einen etwaigen Ermessensmißbrauch des Gesetzgebers zu begegnen, hat der EuGH in der Rs. Costa u.a (C-72/10 und C 77/10) entschieden:
Eine Rechtsvorschrift, die einen Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern – sei es auch nur vorübergehend – vom Markt zulässt, könnte nur dann als angemessen betrachtet werden, wenn ein wirksames gerichtliches Verfahren und, falls sich der Ausschluss später als ungerechtfertigt erweisen sollte, Ersatz für den entstandenen Schaden vorgesehen sind. (Rn 81)
Mehr zur Staatshaftung

Erstaunlich ist auch das Rechtsverständnis des Innenministers Stefan Studt (SPD), der das verfassungswidrige (HessVGH) Glücksspielkollegium als Aufsichtsgremium noch immer für “unerlässlich” hält.

Es ist bedrückend, dass dort eine solche Unkenntnis herrscht“, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) der F.A.Z. in Bezug zur Lottogesellschaft Baden-Württemberg. Die erschreckende Ahnungslosigkeit beschränkt sich wohl nicht nur darauf!