Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 18.06.2015 - VG 2 K 176.14 -
Bundestag muss Lobbyistennamen offenlegen
Erfolg auf ganzer Linie für unsere Klage gegen den Deutschen Bundestag: Nach dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts muss die Parlamentsverwaltung die Namen von Lobbyorganisationen offenlegen, die mit Bewilligung der Bundestagsfraktionen einen Hausausweis erhalten haben. Doch höchst wahrscheinlich wird der Bundestag sich nicht mit dem Urteil abfinden – und auf Kosten der Steuerzahler den Weg durch die Instanzen gehen.
Welchen Lobbyverbänden haben Union, SPD, Linke und Grüne einen Zugang zum Bundestag verschafft? Was die Parlamentsverwaltung unbedingt geheim halten wollte, muss sie nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom Donnerstag nun offenlegen. Die Richter gaben der abgeordnetenwatch.de - Klage in allen Punkten Recht (VG 2 K 176.14).
Auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes* hatten wir im April 2014 vom Bundestag verlangt, uns sowohl die Anzahl als auch die Namen aller Lobbyverbände zu nennen, die seit Beginn der Legislaturperiode mit Bewilligung der Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen einen Hausausweis zu den Bundestagsgebäuden erhalten haben. Die Bundestagsverwaltung weigerte sich daraufhin, die Verbändenamen mitzuteilen. Die Fraktionsgeschäftsführer von CDU/CSU und SPD waren - im Gegensatz zu Linken und Grünen - nicht bereit, ihre Lobbykontakte auf freiwilliger Basis zu veröffentlichen.
Richter zerpflückten die Argumente des Bundestages
In der mündlichen Verhandlung zerpflückten die Verwaltungsrichter die von den Anwälten des Bundestages vorgetragene Argumentationslinie in allen wesentlichen Punkten. Gleich zu Beginn stellte die vorsitzende Richterin klar, dass die Herausgabe von Bundestagshausausweisen "grundsätzlich eine Verwaltungsaufgabe" sei. Der Deutsche Bundestag und die von ihr beauftragte Kanzlei Redeker Sellner Dahls hatten dagegen argumentiert, es handele sich im Fall der Hausausweise um eine "parlamentarische Angelegenheit", da die Austellung an einen Lobbyverband durch einen Parlamentarischen Geschäftsführer gegengezeichnet würde.
Dem wollte die Richterin nicht folgen: "Mit ihrer Argumentation", sagte sie in Richtung Anwälte des Bundestages, "würde so gut wie alles im Zusammenhang mit dem Bundestag aus dem Informationsfreiheitsgesetz herausfallen." Schließlich habe "alles in irgendeiner Form mit der Tätigkeit eines Abgeordneten zu tun."
Das Verwaltungsgerichtsurteil ist eine Stärkung des Informationsfreiheitsgesetzes, das Bürgern und Organisationen die Möglichkeit gibt, Daten von öffentlichen Stellen anzufordern.
Die Bundestagsverwaltung hatte bei IFG-Anfragen in der Vergangenheit immer wieder die Auskunft mit der Begründung verweigert, es handele sich um eine parlamentarische Angelegenheit. Im Zusammenhang mit der Bewilligung von Hausausweisen durch Parlamentarische Geschäftsführer kann sie dies nicht mehr.
Der Richterspruch kann aber nur ein erster Schritt: Wir brauchen endlich ein verpflichtendes Lobbyregister, aus dem u.a. die Namen der Lobbyisten und der Gesprächsgegenstand bei Treffen mit Abgeordneten aufgeführt sind.
Bundestag spielt offenbar auf Zeit
Allerdings ist das Urteil noch nichts rechtskräftig, die Richter ließen Berufung zu. Nach einem Bericht des Tagesspiegel erwägt der Bundestag tatsächlich, in die nächste Instanz zu gehen - bis zu einem endgültigen Urteil dürften Monate, wenn nicht sogar Jahre, vergehen. Unserer Einschätzung nach versucht der Bundestag auf Zeit zu spielen, damit ein rechtskräftiges Urteil erst nach der nächsten Bundestagswahl fällt, die vermutlich im Herbst 2017 stattfinden wird.
Anstatt sich weiter mit Steuergeldern gegen Transparenz zu stemmen, sollte der Bundestag endlich seine Blockadehaltung aufgeben und unverzüglich die Namen der Lobbyisten veröffentlichen, die Hausausweise für den Bundestag besitzen.
Update 25. Juni 2015:
Der Bundestag hat heute vor dem Bundesverwaltungsgericht eine weitere Niederlage einstecken müssen.
Die Richter verpflichteten die Parlamentsverwaltung, Bürgern künftig Zugang zu den Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zu gewähren.
Damit geht ein Prozess zu Ende, der insgesamt vier Jahre dauerte. Vertretern wurde der Bundestag übrigens auch in diesem Fall von der Kanzlei Redeker Sellner Dahs. Deren Anwälte hatten argumentiert, die wissenschaftlichen Gutachten beträfen die parlamentarische Tätigkeit der Abgeordneten. Dem wollten die obersten Richter nicht folgen.
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Bundestag muss Zugang zu Dokumenten des Wissenschaftlichen Dienstes gewährenZwei Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht hatten heute Erfolg: Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages muss auf Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Zugang zu seinen Ausarbeitungen gewähren.
Der zweite inhaltliche Streitpunkt betraf das Urheberrecht: Das Gericht sah ein grundsätzliches Verbot der Veröffentlichungen von Ausarbeitungen als unzureichend an. Vielmehr müsse der Bundestag sein Urheberrecht an seinen Arbeiten “im Lichte des Informationsfreiheitsgesetzes sehen”.
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Zur Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts
(BVerwG 7 C 1.14; BVerwG 7 C 2.14)
So reagieren Politiker auf die abgeordnetenwatch.de -Veröffentlichung der Nebeneinkünfte
Die abgeordnetenwatch.de-Veröffentlichung der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten hat zahlreiche Reaktionen von Politikern und in den Medien hervorgerufen. Eine Übersicht: ........
In einem Interview mit der Nordwestzeitung sagte der Verfassungsrechtler Hans-Herbert von Arnim:
Wenn sich das Mandat zur Nebensache entwickelt, erst Recht, wenn derartige Exzesse bekannt werden, wird die Sache problematisch. Laut Gesetz muss die Parlamentsarbeit immer im Mittelpunkt der Tätigkeit des Abgeordneten stehen. Bei Herrn Gauweiler scheint mir das schon lange nicht mehr der Fall zu sein, auch nicht bei Herrn Steinbrück. Wenn Hunderttausende von Euro zusätzlich kassiert werden, bleibt die Arbeit im Parlament vermutlich auf der Strecke.Zahlreiche Zeitungen fordern in ihren Kommentaren Konsequenzen nach den Veröffentlichungen von abgeordnetenwatch.de. Auszüge:
Hamburger Morgenpost (Print):
Die Wähler haben ein Recht darauf zu erfahren, wer mit dem Geld Einfluss auf die Volksvertreter nimmt. Wer das als Abgeordneter nicht will, muss auf die Nebentätigkeit verzichten - oder gefälligst sein Mandat zurückgeben.Saarbrücker Zeitung:
Man kann nichts dagegen sagen, wenn im Bundestag auch Leute sitzen, die Erfahrungen als Unternehmer oder Selbstständige haben. Solange man nur weiß, wer die Quelle des Zusatzverdienstes ist, ist alles in Ordnung. Problematisch ist nur, wenn die Nebentätigkeiten überhandnehmen wie bei Peter Gauweiler, und wenn dieser Status noch mit einer Portion Überheblichkeit gegenüber anderen Abgeordneten gepaart ist. Da kann man nur hoffen, dass die CSU das Problem bald löst – bevor es ihr Problem wird.Schwäbische Zeitung:
Der Wähler hat Anspruch darauf, über seine Vertreter Bescheid zu wissen. Dazu gehört auch eine detaillierte Aufschlüsselung von deren Einnahmen, bis hin zu genauen Zahlen. Das hat nichts mit einer Neiddebatte zu tun, sondern damit, dass sich der Souverän umfassend informieren muss, woher seine Abgeordneten ihr Geld beziehen, und ob eventuell Interessenkonflikte mit dem Mandat bestehen.Nordwestzeitung:
Die Debatte über die Vortragshonorare des gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück hat zwar für erste Konsequenzen bei der Veröffentlichung geführt. Doch noch immer fehlt es bei den Nebenjobs der Politiker an Transparenz. Wer für was genau bezahlt, bleibt oft im Dunkeln. Wer den Job des Politikers nur zur Aufbesserung seines Einkommens und der Altersversorgung wählt und ihn als Nebenberuf ansieht, ist fehl am Platze.Mindener Tageblatt:
Jeder vierte Parlamentarier geht einem bezahlten Nebenjob nach, vier Abgeordnete kassieren jährlich mehr als eine viertel Million Euro von anderen Herren, Topverdiener ist der CSU-Mann und Rechtsanwalt Peter Gauweiler. Es hat nichts mit Neid zu tun, dies bedenklich zu finden. Bei arbeitsintensiven Zusatz-Jobs ist es schwer vorstellbar, dass das Mandat nicht darunter leidet. Nach der Debatte über Peer Steinbrücks üppige Nebeneinkünfte sind die Transparenzregeln zurecht verschärft worden. Doch hat die Öffentlichkeit von den Informationen praktisch nichts. Denn aus den pauschalen Zahlen lässt sich nicht ablesen, wie gewissenhaft dieser oder jener seinen Aufgaben im Parlament nachkommt, und ob es womöglich bedenkliche Abhängigkeitsverhältnisse gibt.Hamburger Abendblatt
Das Hamburger Abendblatt überschreibt seinen Kommentar mit "Die Diener zweier Herren" und legt den beiden heimischen Bundestagsabgeordneten Rüdiger Kruse (CDU, mindestens 7.000 Euro monatlich von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald) und Johannes Kahrs (SPD, 1.600 Euro im Monat als Fachbeirat eines Dämmstoffherstellers) den Verzicht auf ihre Nebenjobs nahe.Vor diesem Hintergrund hat abgeordnetenwatch.de die Petition "Verschleierung von Nebeneinkünften stoppen!" gestartet.
Kommentare:
Sandra W:
.......Mit dieser allgemeinen Einstellung wird sich tatsächlich nichts ändern und die Sauerei kann so weitergehen wie gehabt.
Dabei hat sich in Sachen Transparenz schon sehr viel getan: abgeordnetenwatch oder Lobbycontrol - sowas gab es in den 1990ern überhaupt noch gar nicht. Sie sind die Konsequenz und die Reaktion auf Maßlosigkeit, Korruption, Bestechlichkeit und manchmal sogar "Politikverdrossenheit" einiger Politiker die von uns gewählt wurden, die von uns bezahlt werden und von unserem Geld eine nette Alterspension erhalten von der die meisten von uns nur träumen können. Dies alles wird ermöglicht auch von Ihren Steuern.....
Ingeburg Hager:
richtig Sandra, vor allem widersprechen sich Aussagen, wenn es um die Diätenerhöhung geht, denn Begründung der Erhöhung ist doch immer, dass sie so viel zu tun haben, dass der 24 Stundentag nicht ausreicht und deshalb immer mehr verdienen müssten. .........
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Hintergrund:
Der geplünderte Staat
Die Diskussion:
ZDF - "Betrug, Korruption, Vetternwirtschaft...”
Mit Brigitte Fehrle (BZ), Jochen Leufgens (WDR), Christoph Schwennicke (Cicero) und Harald Stenger (Freier Journalist)
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Geheime Geschäfte von Politik und Wirtschaft
Die Klüngel-Republik
Korruption und Misswirtschaft in südlichen Ländern wie Italien und Griechenland werden gern angeprangert.
Dabei hätte man hierzulande reichlich Anlass, vor der eigenen Tür zu kehren: Klüngel, Vetternwirtschaft und Korruption haben sich in den letzten Jahren in Deutschland ausgebreitet, besonders bei millionenschweren Grundstücksgeschäften und der Vergabe lukrativer Bauaufträge.
Systematisches Abzocken kostet den Steuerzahler Milliarden, selten werden die krummen Deals wirklich aufgeklärt. Wie im Kleinen und im Großen von skrupellosen Geschäftemachern ? oft im Zusammenspiel mit Politikern oder Verwaltungsbeamten mit Insiderkenntnissen abkassiert wird, zeigen Beispiele aus drei Bundesländern.
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UN Konvention gegen Korruption ratifiziert
Korruptionsbekämpfung: Ratifizierung des VN-Übereinkommens gegen Korruption
Gesamte Rechtsvorschrift für Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption, Fassung vom 27.11.2014
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Transparency International
Die Bundesrepublik Deutschland genügt den Vorgaben der Konvention in manchen Teilen bereits. Mit der Neuregelung des Straftatbestandes zur Abgeordnetenbestechung (§108e StGB) wurde im Frühjahr 2014, mehr als zehn Jahre nach der Unterzeichnung der UNCAC durch Deutschland, das größte Hinderniss für die Ratifikation aus dem Weg geräumt. Bis zum Inkraftreten des Gesetzes am 1. September 2014 hat das Verbot des Stimmenkaufs und -verkaufs ausschließlich für Abstimmungen im Plenum gegolten.
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ARD - Politiker im Oberland unter Verdacht Geburtstagsfeier, Kultursaal oder Alm - das Projekt mochte noch so widersinnig sein, die Sparkasse Miesbach-Tegernsee sponserte es.
Warum? Das untersucht jetzt die Staatsanwaltschaft.
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ARD - Goldrausch - die Geschichte der Treuhand
Nie zuvor wurde Volkseigentum so schnell privatisiert wie nach der Wende. Maßgeblich dafür war die Treuhand. Sie machte den Osten zum Eldorado für Unternehmer und Glücksritter.
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Millionen im Namen des Volkes - Wie Richter Bußgelder verteilen
Über 150 Millionen Euro Geldauflagen werden jedes Jahr an gemeinnützige Einrichtungen und die Staatskasse verteilt. "Euer Ehren" entscheidet, wer es bekommt. "ZDFzoom" über Bettelbriefe, Vetternwirtschaft und Korruptionsgefahr bei Gericht.
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Richter finanzierte Reitverein mit Bußgeldern in dem seine Frau und seine Tochter aktiv sind.
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Vetternwirtschaft und Verschwendung bei den Wirtschaftskammern
Gegen den Ex-Präsident der IHK Potsdam wird wegen Untreue ermittelt. Auch die Kammer selbst prüft den Verdacht der Vetternwirtschaft.
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* Informationsfreiheitsgesetz
Das Informationsfreiheitsgesetz, auch IFG oder vollständig Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes, ist ein deutsches Gesetz zur Informationsfreiheit.
Das Gesetz gewährt jeder Person einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden. Eine Begründung durch Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder sonstiger Art ist nicht erforderlich.
„Amtliche Information“ ist jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung, also beispielsweise Schriftstücke in herkömmlichen Akten, elektronisch gespeicherte Informationen, Zeichnungen, Grafiken, Pläne, Ton- und Videoaufzeichnungen.
Quelle: wikipedia
Ein allgemeines Informationszugangsrecht für Bürger zu Unterlagen von Bundesbehörden – unabhängig von einer direkten persönlichen Betroffenheit – ist in Deutschland als Informationsfreiheitsgesetz am 1. Januar 2006 in Kraft getreten. Zudem gibt es in Bundesländern ähnliche Gesetze in Bezug auf Landesbehörden (einschließlich der Kommunalbehörden).
Das Umweltinformationsgesetz schuf erstmals 1994 für den Teilbereich der Umwelt weitergehende Transparenz.
Rezipientenfreiheit wird im Grundgesetz garantiert (Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs GG). „Allgemein zugänglich“ sind dabei solche Informationsquellen, die technisch geeignet und bestimmt sind, der Allgemeinheit Informationen zu verschaffen.
Regelmäßig nicht erfasst vom Informationszugangsrecht werden Belange der inneren und äußeren Sicherheit, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren, geistiges Eigentum, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und personenbezogene Daten, bei denen ganz allgemein der Grundsatz gilt, dass das Informationszugangsrecht nicht das Informationelle Selbstbestimmungsrecht bricht.
Quelle: wikipedia