Sonntag, 21. Dezember 2014

VG München zur Geeignetheitsbestätigung

VG München · Urteil vom 2. August 2012 · Az. M 16 K 12.297

5 Die Klägerin ist Inhaberin einer Aufstellererlaubnis nach § 33c Abs. 1 GewO und beantragte erstmals bei der Beklagten am 19. September 2011 eine Geeignetheitsbestätigung zur Aufstellung von Geldspielautomaten im Bistrobereich einer Tankstelle. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom ... Oktober 2011 ab und ordnete darüber hinaus die sofortige Stilllegung sowie die Beseitigung der bereits aufgestellten Automaten an. Dies wurde insbesondere damit begründet, dass die Tankstelle nicht geeignet zur Aufstellung von Geldspielautomaten sei, da der Bistrobereich nicht vom übrigen Tankstellenraum getrennt und so der ungehinderte Zugang insbesondere von Kindern und Jugendlichen zu den Geldspielautomaten möglich sei.


19 Es ist schon im Ansatz zweifelhaft, ob die Vorschriften der Gewerbeordnung und der Spieleverordnung -SpielV- im vorliegenden Fall Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Beschränkung auf zwei Geldspielgeräte sein können (nachfolgend I.). Letztlich kann dies hier dahinstehen, da die in dem zu entscheidenden Einzelfall angegriffene Beschränkung jedenfalls nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig ist (II.).

22 In § 3 Abs. 1 SpielV ist für die dort genannten Aufstellungsorte dagegen lediglich geregelt, dass höchstens drei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden dürfen. Dabei enthält § 3 Abs. 1 SpielV keine weiteren Vorgaben zu der Frage, wie sich die Zahl der im Einzelfall zulässigen Geräte bestimmt oder wie diese im Raum zu positionieren sind.

23 Schon angesichts dieses normativen Befunds ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass es im Rahmen des § 3 Abs. 1 SpielV allein dem Aufsteller überlassen ist, wieviele Geräte er aufstellen möchte, solange er nicht mehr als drei Geräte aufstellt. Hätte der Gesetzgeber dies anders gesehen, hätte er irgendwelche Differenzierungskriterien vorgesehen. Dass der Gesetzgeber hierauf versehentlich verzichtet, obwohl der Sinn und Zweck der gesamten Spieleverordnung gerade der ist, den Spieltrieb zu begrenzen und vor den Folgen des Missbrauchs zu schützen, ist kaum anzunehmen. Zudem dürfte eine Differenzierung i.R.d. § 3 Abs. 1 SpielV zwischen einem, zwei oder drei zulässigen Geräten ohne irgendeinen vom Gesetzgeber aufgestellten Maßstab auch nicht den Anforderungen von Art. 12 GG und der darin gewährleisteten und von derartigen Begrenzungen berührten Berufsausübungsfreiheit Rechnung tragen. Der Gesetzgeber hätte – wie in § 3 Abs. 2 SpielV – zumindest im Groben regeln müssen, wonach sich die Zahl der zulässigerweise aufstellbaren Geräte im Rahmen des § 3 Abs. 1 SpielV bemisst.

24 Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach als Auflage zu einer Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 S. 3 i.V.m. Abs. 1 S. 3 GewO geregelt werden darf, wie viele Spielgeräte zulässig sind (BVerwG v. 22.10.1991, NVwZ 1992, 665 f.). Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betrifft Spielhallen nach § 3 Abs. 2 SpielV und ist nicht auf die Aufstellungsorte nach § 3 Abs. 1 SpielV übertragbar. Insbesondere überzeugt es nicht, wenn die Beklagte darauf abstellt, mit der von ihr vorgenommenen Auflage verhindere sie, dass sich das vorliegende Bistro zu einer Spielhalle entwickle. Wenn dies so wäre, würde eine Spielhalle betrieben werden, ohne dass hierfür eine Spielhallenerlaubnis nach § 33i GewO erteilt wurde. § 33c Abs. 3 S. 3 GewO bildet aber keine Grundlage zur Verhinderung einer unzulässigen Spielhallennutzung, sondern beschränkt sich bei Aufstellungsorten nach § 3 Abs. 1 SpielV auf Anordnungen bezüglich des tatsächlich vorliegenden Aufstellungsortes. Es besteht auch keine Notwendigkeit für eine solche Regelungsmöglichkeit, da der Gesetzgeber eben in § 33i GewO und § 3 Abs. 2 und 3 SpielV umfangreiche Bestimmungen für Spielhallen getroffen hat, über deren Einhaltung die zuständigen Behörden zu wachen haben. Zweifelhaft ist zudem die Annahme, dass eine kleine Gaststätte dadurch gleichsam zur Spielhalle „mutieren“ soll, dass – bei Einhaltung der Höchstgrenze von drei Geräten – zu einem bzw. zwei vorhandenen Geräten ein zweites bzw. drittes Gerät hinzukommt (so aber VG Berlin v. 20.1.2010 4 L 357/09 - juris).

25 II. Letztlich kann dies aber offen bleiben, da, selbst wenn man die Grundannahme der Beklagten teilt und die Möglichkeit einer solchen Beschränkung grundsätzlich bejaht, die von der Beklagten zu Lasten der Klägerin erlassene Beschränkung auf zwei Geldspielgeräte hier nicht erforderlich und daher unverhältnismäßig war.

26 Vorauszuschicken ist, dass die Kammer keinen Zweifel daran hat, dass das Bistro eine Schank- und Speisewirtschaft i.S.d. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 SpielV ist. Hiervon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus. Zwar ist das Bistro Teil der Tankstelle, es ist aber räumlich vom Tankstellenverkaufsraum abgetrennt und unterscheidet sich daher von den in der Rechtsprechung überwiegend behandelten Fällen (vgl. jüngst OVG Bremen v. 12.7.2012, GewArch 2012, S. 401 ff.). Das Angebot entspricht dem einer typischen von der Rechtsprechung so genannten „Vollgaststätte“ und umfasst neben verschiedenen Getränken auch warme und kalte Speisen (vgl. Friauf, Kommentar zur GewO, Stand 8/2012, § 1 SpielV, RdNr. 13).

Quelle

Die Geeignetheitsbescheinigung unterliegt keinerlei demokratischer Legitimation - diese wirkt wie ein Gesetz, ohne offiziell ein Gesetz zu sein.