„Rückspiel“ in Sachen „juristisches Glücksspiel“
LG München hebt Verurteilung wegen Teilnahme an unerlaubtem Glücksspiel gemäß § 285 StGB durch das AG München auf
Mit Pressemitteilung vom 2. Januar 2015 verkündete das AG München unter der Überschrift „Internet Black Jack bringt kein Glück“ die Verurteilung einer Person aus München, welche unerlaubt über einen Internetanbieter Black Jack gespielt haben soll, gemäß § 285 StGB (vgl. https://www.justiz.bayern.de/gericht/ag/m/presse/archiv/2015/04629/).
Diese „Blüte“ im juristischen Chaos rund um die Frage der Legalität von Online-Glücksspielen (hierzu ein Bericht der Rechtsanwälte Dr. Wulf Hambach und Claus Hambach, LL.M., vom 11. Januar 2015, https://www.isa-guide.de/isa-law/articles/122317.html) ist nun endlich Vergangenheit.
Die Verteidiger Peter Weitzdörfer der Kanzlei Weitzdörfer & Wittl sowie Claus Hambach, LL.M., der Kanzlei Hambach & Hambach Rechtsanwälte erreichten, dass das Urteil des AG München mit Entscheidung vom 28. Juli 2016 von dem LG München in der Berufungsinstanz aufgehoben und das Verfahren wegen fehlender Anwendbarkeit deutschen Strafrechts eingestellt wurde.
Von den zahlreichen Argumenten, welche gegen die Verurteilung durch das AG München sprachen (vgl. hierzu die Urteilsanmerkung von Claus Hambach, LL.M. und Dr. Bernd Berberich in ZfWG 2015, 150 ff.) griff somit bereits das Erste durch. Aber auch nach Maßgabe der aktuell chaotischen Regulierungssituation im Glücksspielbereich hätte das Urteil des AG München, insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Ince (Urteil vom 4. Februar 2016 – C-336/14 mit Anmerkung von Prof. Hans Kudlich und Dr. Bernd Berberich in ZfWG 2016, 126 ff.) keinen Bestand haben dürfen.
Nicht nur in Anbetracht der strafrechtlichen Folgeprobleme bleibt es zu hoffen, dass sich der Gesetzgeber nicht länger an der „Quadratur des Kreises“ im Sinne einer „Teil-Liberalisierung“ versucht, sondern ein in sich geschlossenes Ganzes präsentiert und damit den Weg zu einer zukunftsorientierten einheitlichen Regulierung des (insbesondere auch digitalen) Glücksspiels ebnet.
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Deutsches Strafrecht nicht bei Online-Glücksspiel anwendbar
Im letzten Jahr wurde ein Malermeister aus München zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er online Black Jack gespielt hat. Das Urteil wurde nun aufgehoben.
Das LG München I entschied, dass deutsches Strafrecht nicht anwendbar ist.
Ein Malermeister aus München darf seine Gewinne aus Online-Glücksspielen voraussichtlich doch behalten. Das Landgericht (LG) München I hob seine Verurteilung wegen der Beteiligung am unerlaubten Glückspiel auf. Noch ist das Urteil aber nicht rechtskräftig. Das Amtsgericht (AG) München hatte den Mann letztes Jahr zu einer Geldstrafe von 2.100 Euro verurteilt und seinen Gewinn in Höhe von 63.490 Euro einbehalten.
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Verurteilung durch das AG München trotz unsicherer Rechtslage!
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AG München:
Internet Glückspiel ohne deutsche Zulassung ist strafbar
Das Amtsgericht betonte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) das deutsche Verbot von Glücksspielen im Internet verstoße auch nicht gegen Europäisches Recht! weiterlesen
vs:
Obwohl mit den EuGH Urteilen vom 08.09.2010 die weitere Einschränkung der Freiheitsgrundrechte ausdrücklich verboten wurde, bis eine unionsrechtskonforme Neuregelung gefunden wird, wurde mit den Ausführungsgesetzen der Länder und dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag 2012 die unionsrechtswidrige Regelung fortgeführt! Mit dem Urteil v. 04.02.2016 (Ince) wurde höchstrichterlich festgestellt, das noch immer gegen das Sportwettenurteil s.u. (BVerfG; 1 BvR 1054/01) v. 28.03.2006 verstoßen wird!
Damit verstößt die Entscheidung des AG München gegen Unionsrecht (vgl. EuGH-Naderhirn, z. Art. 267 AEUV, Rs. C-581/14)
Aus unionsrechtlicher Sicht muss ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit wirklich geeignet sein, die gesetzgeberischen Zielvorgaben kohärent zu erreichen. (vgl. Plancanica u.a. Rn. 58)
Grundsätzlich sind für das Strafrecht zwar die Mitgliedstaaten zuständig, jedoch setzt das Gemeinschaftsrecht dieser Zuständigkeit Grenzen. So darf das Strafrecht nicht die vom Gemeinschaftsrecht garantierten Grundfreiheiten beeinträchtigen. Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang bekräftigt, dass ein Mitgliedstaat keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen darf, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt oder vereitelt hat. (EuGH v. 6. März 2007, Rechtssachen C-338/04, C-359/04 und C-360/04 Strafverfahren gegen Massimiliano Placanica u. a.)
Das Urteil wurde durch die aktuellen Entscheidungen bestätigt:
BVerwG 8 C 5.15; EuGH (C-336/14 s. Rn. 45-72) Strafverfahren Ince (Vorlage d.d. Amtsgericht Sonthofen) EuGH (Rs. C-581/14) zur Befolgung der Vorgaben eines übergeordneten Gerichts. Eine Auflistung wichtiger EuGH Entscheidungen können Sie dem Antrag auf Vorabentscheidung entnehmen: pdf-download
Strafverfahren gegen Sebat Ince
Nachtrag zu „Freispruch in Sonthofen“
AG Sonthofen: Freispruch i.d. Rs. Ince
EuGH (Rs. C-336/14)
Schlussanträge Rs.: Ince (C-336/14) - Der Generalanwalt SZPUNAR hält Konzessionsverfahren europarechtswidrig
Mündliche Verhandlung vor dem EuGH
s.a.:
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner (einstimmigen) Entscheidung über Verfassungsbeschwerden gegen die Anordnung der Durchsuchung von Geschäftsräumen wegen des Verdachts der unerlaubten Veranstaltung von Glücksspielen (Beschluss vom 15. April 2009, 2 BvR 1496/05, Rn. 33 f. – juris, BVerfGK 15, 330) - (vgl. S. 5) ausdrücklich einen staatlichen Strafanspruch verneint, wenn der strafbewehrte Ausschluss privater Wettunternehmer von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten wegen des rechtswidrigen Staatsmonopols verfassungswidrig ist.
Das BVerfG führt in seinem Sportwettenurteil (BVerfGE 115, 276 ff = NJW 2006, 161 ff) unter Rn. 144 aus, dass die Anforderungen des Verfassungsrechts parallel zu den vom EuGH formulierten Vorgaben verlaufen. Das Übergehen der Rechtsprechung des EuGH führt somit zur Verfassungswidrigkeit!
"Rn 144:mehr zum Glücksspielrecht
Insofern laufen die Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts parallel zu den vom Europäischen Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben. Nach dessen Rechtsprechung ist die Unterbindung der Vermittlung in andere Mitgliedstaaten mit dem Gemeinschaftsrecht nur vereinbar, wenn ein Staatsmonopol wirklich dem Ziel dient, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und die Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik ist (vgl. EuGH, Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01 - Gambelli u.a., Slg. 2003, I-13076, Rn. 62). Die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts entsprechen damit denen des Grundgesetzes."
Glücksspielrecht seit 1999 rechtswidrig?
„Spielerschutz“ und „Suchtprävention“ sind überwiegend vorgeschobene Argumente, die finanziellen Interessen moralisch bemänteln. Staatliche Lotto-Toto-Anbieter und Spielbanken sollen vor Konkurrenz geschützt werden.
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mehr zum Unionsrecht