Freitag, 8. Januar 2016

EuGH (Rs C-131/15 P) Club Hotel Loutraki u.a. ./. Kommission

Rechtsmittel gegen die Abweisung einer Nichtigkeitsklage gegen eine beihilferechtliche Entscheidung betreffend der Verleihung von Ausschließlichkeitsrechten

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Rechtsmittel, eingelegt am 16. März 2015 von der Club Hotel Loutraki AE, der Vivere Entertainment AE, der Theros International Gaming, Inc., Elliniko Casino Kerkyras, Casino Rodos, der Porto Carras AE und der Kazino Aigaiou AE gegen das Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 8. Januar 2015 in der Rechtssache T-58/13, Club Hotel Loutraki AE, Vivere Entertainment AE, Theros International Gaming, Inc., Elliniko Casino Kerkyras, Casino Rodos, Porto Carras AE und Kazino Aigaiou AE/Europäische Kommission

(Rechtssache C-131/15 P)

Verfahrenssprache: Englisch

Parteien des Verfahrens

Rechtsmittelführer: Club Hotel Loutraki AE, Vivere Entertainment AE, Theros International Gaming, Inc., Elliniko Casino Kerkyras, Casino Rodos, Porto Carras AE und Kazino Aigaiou AE (Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Pappas)

Andere Parteien des Verfahrens: Europäische Kommission, Hellenische Republik und Organismos Prognostikon Agonon Podosfairou AE (OPAP)

Anträge

Die Rechtsmittelführer beantragen,

das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Januar 2015 in der Rechtssache T-58/13, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, in vollem Umfang aufzuheben;

den „Beschluss C (2012) 6777 final der Kommission vom 3. Oktober 2012 über die staatliche Beihilfe SA 33 988 (2011/N) – Griechenland – Modalitäten der Erstreckung des Exklusivrechts des OPAP zum Betrieb von 13 Glücksspielen und Gewährung einer Exklusivlizenz zum Betrieb von 35 000 Video Lottery Terminals über einen Zeitraum von zehn Jahren“ für nichtig zu erklären;

den anderen Parteien des Verfahrens die Kosten aufzuerlegen.

Rechtsmittelgründe und wesentliche Argumente

Das Rechtsmittel richtet sich gegen das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Januar 2015 in der Rechtssache T-58/13, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, mit dem das Gericht die Anträge der Rechtsmittelführer auf Nichtigerklärung des Beschlusses C (2012) 6777 final der Kommission vom 3. Oktober 2012 über „die staatliche Beihilfe SA 33 988 (2011/N) – Griechenland – Modalitäten der Erstreckung des Exklusivrechts des OPAP zum Betrieb von 13 Glücksspielen und Gewährung einer Exklusivlizenz zum Betrieb von 35 000 Video Lottery Terminals über einen Zeitraum von zehn Jahren“ zurückgewiesen hat.

In dem Beschluss habe die Kommission gegenüber zwei angemeldeten Maßnahmen zugunsten des OPAP keine Einwände erhoben: a) die Gewährung einer Exklusivlizenz zum Betrieb von 35 000 Video Lottery Terminals über einen Zeitraum von zehn Jahren bis 2022 an OPAP; b) die 10-jährige Verlängerung von 2020 bis 2030 der dem OPAP zum Betrieb von 13 Glücksspielen bereits gewährten Exklusivrechte.

Mit ihrem Rechtsmittel machen die Rechtsmittelführer drei Gründe gegen das angefochtene Urteil geltend:

a)     Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV und gegen die Art. 4 Abs. 4, 7 Abs. 2 und 3 und 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/19991 , weil das Gericht in den Rn. 33 bis 64 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, und dass sie ihre Untersuchung im vorläufigen Verfahren rechtmäßig abgeschlossen habe.

b)     Verstoß gegen Art. 296 AEUV und gegen die Art. 41 und 47 der Charta, weil das Gericht in den Rn. 65 bis 78 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der Beschluss der Kommission hinreichend begründet sei, obwohl wirtschaftliche Daten gefehlt hätten, was es nicht ermöglicht habe, zu ermitteln, ob die Berechnungen der Kommission exakt gewesen seien.

c)     Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV, weil das Gericht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die gemeinsame Beurteilung der angemeldeten Maßnahmen durch die Kommission rechtmäßig gewesen sei, obwohl eine Marktdefinition gefehlt habe und die Begriffe „Ähnlichkeit“ und „wirtschaftlicher Zusammenhang“ fehlerhaft angewandt worden seien.
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1 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1).

Quelle
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Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 8. Januar 2015 –
Club Hotel Loutraki u. a./Kommission


(Rechtssache T‑58/13)

„Staatliche Beihilfen − Betrieb von Video Lottery Terminals – Erteilung einer Exklusivlizenz durch die Hellenische Republik – Beschluss, mit dem das Nichtvorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt wird – Keine Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens – Ernsthafte Schwierigkeiten – Verfahrensrechte der Beteiligten – Begründungspflicht – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Vorteil – Gemeinsame Beurteilung der mitgeteilten Maßnahmen“

1.                     Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase und kontradiktorische Prüfungsphase – Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt – Beurteilungsschwierigkeiten – Verpflichtung der Kommission, das kontradiktorische Prüfungsverfahren einzuleiten – Ernsthafte Schwierigkeiten – Begriff – Objektiver Charakter – Umstände, die das Vorliegen solcher Schwierigkeiten belegen können – Dem Kläger obliegende Beweislast (Art. 107 Abs. 1 AEUV und 108 Abs. 2 und 3 AEUV; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 4 Abs. 4 und 13 Abs. 1) (vgl. Rn. 36-40)

2.                     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase und kontradiktorische Prüfungsphase – Erlass eines Beschlusses nach der Vorprüfungsphase, in dem die Verpflichtungen des klagenden Staates festgehalten werden – Vereinbarkeit mit Art. 7 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 659/1999 (Art. 108 Abs. 3 AEUV; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 7 Abs. 2 und 3) (vgl. Rn. 42-44)

3.                     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase und kontradiktorische Prüfungsphase – Verpflichtung der Kommission, bei Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten das kontradiktorische Prüfungsverfahren einzuleiten – Ersuchen um zusätzliche Informationen, das für sich genommen keinen Aufschluss über das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten gibt – Voraussetzungen (Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV) (vgl. Rn. 45-47)

4.                     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase – Dauer – Zwingender Charakter der Frist von höchstens zwei Monaten, der eingeführt wurde, um für den anmeldenden Mitgliedstaat Rechtssicherheit zu gewährleisten – Folgen der Überschreitung dieser Frist – Beträchtliche Überschreitung der Frist, die ein Indiz für das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten sein kann, die zur Einleitung des kontradiktorischen Verfahrens verpflichten – Beurteilung im Einzelfall (Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 1 Buchst. h und 4 Abs. 5) (vgl. Rn. 56, 57, 59, 61, 62)

5.                     Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang (Art. 296 AEUV und 337 AEUV) (vgl. Rn. 71, 72)

6.                     Staatliche Beihilfen – Beschluss der Kommission, mit dem die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird – Feststellung der Beeinträchtigung des Wettbewerbs und der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Begründungspflicht – Umfang (Art. 107 Abs. 1 AEUV und 296 AEUV) (vgl. Rn. 88, 89, 91)

Gegenstand

    Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C (2012) 6777 final der Kommission vom 3. Oktober 2012 über die staatliche Beihilfe SA 33 988 (2011/N) – Griechenland – Modalitäten der Erstreckung des Exklusivrechts der OPAP zum Betrieb von 13 Glücksspielen und Gewährung einer Exklusivlizenz zum Betrieb von 35 000 Video Lottery Terminals über einen Zeitraum von zehn Jahren

Tenor

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.
   
Die Club Hotel Loutraki AE, die Vivere Entertainment AE, die Theros International Gaming Inc., Elliniko Casino Kerkyras, Casino Rodos, die Porto Carras AE und die Kazino Aigaiou AE tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten, die der Europäischen Kommission und der Organismos Prognostikon Agonon Podosfairou AE (OPAP) entstanden sind.

3.

Die Hellenische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

Quelle

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Klage, eingereicht am 29. Januar 2013 - Club Hotel Loutraki u. a./Kommission

(Rechtssache T-58/13)

Verfahrenssprache: Englisch

Parteien

Kläger: Club Hotel Loutraki (Loutraki, Griechenland) ); Vivere Entertainment AE (Athen, Griechenland), Theros International Gaming, Inc. (Patras, Griechenland), Elliniko Casino Kerkyras (Athen), Casino Rodos (Rhodos, Griechenland), Porto Carras AE (Alimos, Griechenland) und Kazino Aigaiou AE (Syros, Griechenland) (Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Pappas)

Beklagte: Europäische Kommission

Anträge

Die Kläger beantragen,

die Entscheidung C (2012) 6777 final der Kommission vom 3. Oktober 2012 über die staatliche Beihilfe SA 33988(2011/N) für nichtig zu erklären;

der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Zur Stützung der Klage machen die Kläger vier Klagegründe geltend.

Erster Klagegrund: Verstoß gegen das in Art. 108 Abs. 2 AEUV niedergelegte Recht der Kläger auf Anhörung, dadurch dass die Kommission kein förmliches Prüfverfahren gemäß Art. 4 Abs. 4, Art. 6 und Art. 20 der Verordnung Nr. 659/1999 eröffnet habe, was einen Ermessensmissbrauch darstelle.

Die Kommission habe gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV und die Art. 4 ff. der Verordnung verstoßen, da sie im Wesentlichen ein förmliches Prüfverfahren durchgeführt habe, ohne dessen formelle Anforderungen einzuhalten, und habe damit den Klägern/Beschwerdeführern sowie weiteren betroffenen Parteien ihr Recht auf Anhörung genommen.

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht und das Recht der Kläger auf eine gute Verwaltung gemäß den Art. 296 AEUV und 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

Die angefochtene Entscheidung bringe dadurch, dass in ihr alle entscheidenden wirtschaftlichen Daten und Zahlen weggelassen seien, die Argumentation der Kommission nicht so klar und eindeutig zum Ausdruck, dass die Kläger ihr die Gründe entnehmen könnten, die zu der Feststellung geführt hätten, dass die fraglichen Maßnahmen keine staatliche Beihilfe darstellten. Diese Mängel könnten nicht unter Hinweis auf die Pflicht zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen gerechtfertigt werden.

Die Kläger bestreiten auch den vertraulichen Charakter der entscheidenden wirtschaftlichen Größen.

Dritter Klagegrund: Verstoß gegen das Recht der Kläger auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gemäß Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten (EMRK) und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

Das Recht der Kläger auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz sei aus denselben Gründen verletzt, die unter dem zweiten Klagegrund angeführten worden seien. Die Kläger hätten Schwierigkeiten, den wesentlichen Inhalt der angefochtenen Entscheidung unmittelbar in Frage zu stellen, da sie ihr in keiner Weise die dahinter stehende Argumentation entnehmen könnten, die einzig und allein auf wirtschaftliche Daten gestützt sei, die allesamt nicht mitgeteilt seien.

Vierter Klagegrund: Offensichtlicher Rechtsfehler bei der Feststellung der Übereinstimmung mit dem VLT Agreement mit Anhang und der Schlussfolgerung, dass diese dem OPAP keinen wirtschaftlichen Vorteil gewährten.

Die Gewährung wirtschaftlicher Vorteile, eine formelle Voraussetzung für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe, sei in einem gesonderten Markt zu beurteilen und nicht nach gemeinsamer Prüfung mit anderen ähnlichen Maßnahmen, die demselben Empfänger, aber in einem anderen Markt gewährt würden, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Markt mit dem erstgenannten vergleichbar sei. Andernfalls wäre der Wettbewerbsschutz höchst unvollkommen.

Jedenfalls dürfe eine solche gemeinsame Beurteilung nicht bei Maßnahmen vorgenommen werden, die in unterschiedlichen Zeiträumen anzuwenden seien.

Quelle (pdf-download)

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