Dabei kann sich ein Steuerpflichtiger auf die in der Mehrwertsteuerrichtlinie (MwStSystRL) vorgesehene Steuerbefreiung berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Bestimmung unvereinbar ist. weiterlesen
Keine Umsatzsteuer für Privatkliniken
Die deutsche Regelung, nach der Privatkliniken, wenn sie nicht Bestandteil der Bedarfsplanung sind, Umsatzsteuer zahlen sollen, verstößt gegen EU-Recht. Das zumindest meint das Finanzgericht Münster.
Das Krankenhaus erbringe zudem "Regelleistungen ohne jeden Luxuscharakter". Insgesamt zeigte sich das FG daher überzeugt, "dass die Klägerin ihre psychotherapeutischen Leistungen unter Bedingungen erbringt, die in sozialer Hinsicht den Bedingungen entsprechen, die auch für öffentlich-rechtliche Einrichtungen gelten".
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EU-Recht erlaubt Umsatzsteuerbefreiung von Privatkliniken
Das zum Jahresbeginn 2009 geänderte Umsatzsteuergesetz nennt verschiedene Kliniken, die von der Umsatzsteuer befreit sind. Das sind insbesondere öffentliche Krankenhäuser, die Vertragskliniken der gesetzlichen Krankenkassen und anderer Sozialträger sowie Kliniken, die in die Bedarfsplanung des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen sind. Das Bundesfinanzministerium hat zudem eine Bestandsschutzklausel für Kliniken erlassen, die 2008 umsatzsteuerfrei waren, weil sie zu mehr als 40 Prozent Kassenpatienten behandelt haben.
Nach Überzeugung des FG Münster sind diese Regelungen mit EU-Recht nicht vereinbar. Bereits in einem Eilbeschluss vom 18. April 2011 hatte es die Auffassung vertreten, dass zumindest die Behandlung von Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung generell von der Umsatzsteuer befreit sein müsse (Az.: 15 V 111/11 U, JurAgentur-Meldung vom 16. Mai 2011).
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Unter Beachtung des EuGH-Urteils vom 15.11.2012 (C-174/11) Zimmermann, HFR 2013, 84, hat das FG Münster (s.u.) am 14.1.2014 (15 K 4674/10 U) festgestellt, dass die Mehrwertsteuersystemrichtlinie vom deutschen Gesetzgeber nicht hinreichend umgesetzt wurde, und entschieden, dass der Steuerbefreiung nicht ihre unionsrechtliche Wirkung genommen werden darf.
Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung sind auch dann umsatzsteuerfrei, wenn sie von einer natürlichen Person erbracht und über einen Verein abgerechnet werden.
"Die Klägerin ist zwar keine in § 4 Nr. 16 UStG genannte Einrichtung; sie kann sich aber unmittelbar auf eine unionsrechtliche Befreiungsvorschrift, nämlich Art. 132 Abs. 1 Buchstabe g) der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, berufen".
Gleiches muß für die unionsrechtlich durch Art. 135 Abs. 1 Buchstabe "i" der Mehrwertsteuersystemrichtlinie befreite Glücksspielumsätze gelten!
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Unmittelbare Wirkung von nicht oder unzutreffend umgesetzten Richtlinien
Keine belastende Wirkung für den Bürger im Verhältnis zum Staat
(S 31) Der pflichtwidrig unterlassende Staat kann sich nie zum Nachteil des Bürgers auf eine nicht umgesetzte europäische Richtlinie berufen; ansonsten müsste der Bürger für die negativen Folgen des Fehlverhaltens seines Mitgliedstaates einstehen. Letzteres darf nicht sein, denn der Staat und nicht einzelne Bürger haben Einfluss auf die rechtzeitige Umsetzung des europäischen Rechts in nationales Recht.
Der EuGH hat daher bereits im Urteil vom 26.2.1986 ausdrücklich festgestellt, dass sich der Bürger zwar gegenüber dem Staat unter den oben genannten Voraussetzungen auf die nicht rechtzeitig umgesetzte Richtlinie berufen kann. Die staatlicherseits unterlassene Umsetzung einer Richtlinie schaffe aber selbst keine Verpflichtung für den einzelnen Bürger gegenüber dem Staat. Eine nicht rechtzeitig umgesetzte Richtlinie hat daher keine "Direkt"-Wirkung zu Lasten des Bürgers.
(EuGH, Urteil vom 26.2.1986, Rs. C-152/84, M. H. Marshall gegen Southhampton and South-West Hampshire Area Health Authority, Slg. 1986 S. 723) vgl. EuGH, Urteil vom 19.1.1982, Rs. C-8/81, Ursula Becker, Slg. 1982 S. 53.
(S 17) Die DurchführungsVO (DVO) ist - ohne dass es eines nationalen Umsatzungsakts bedarf - unmittelbar geltendes Recht.
Sie bindet damit
die Mitgliedstaaten (Wirtschaftsteilnehmer, Verwaltung und Gerichtsbarkeit),
die Europäische Kommission und
auch den EuGH!
Quelle: Umsatzsteuer in der Praxis, Rüdiger Weinmann
Der Generalanwalt führte bereits am 18.11.1981, in der RS Becker 8/81 aus, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht in der Lage war die Richtlinie innerhalb der dafür festgesetzten Zeit durchzuführen, auch nicht innerhalb der festgesetzen Verlängerung..... weiterlesen
Hiermit möchte ich erneut auf das u.a. BFH-Urteil vom 16.09.2010, (V R 57/09) hinweisen, das den EU-Vorschriften widerspricht, mit der die Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Steuern gewährleistet werden muß und nicht erschwert werden darf. (vgl. IP/10/1251)
Auszug aus der Besprechung des BFH-Urteils vom 16.09.2010, V R 57/09
Fehlerhafte Umsetzung von EU-Richtlinien und die Bestandskraft von Steuerbescheiden
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Finanzgericht Münster, 15 K 4674/10 U
Datum:14.01.2014
Gericht:Finanzgericht Münster
Spruchkörper:15. Senat
Entscheidungsart:Urteil
Aktenzeichen:15 K 4674/10 U
Sachgebiet:Finanz- und Abgaberecht
Tenor:
Die Umsatzsteuer-Bescheide für
2007 und 2008 vom 21.01.2010 und die Einspruchsentscheidung vom
23.11.2010 werden dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer für 2007
und 2008 auf jeweils 0 € festgesetzt wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand:
2
Streitig ist,
ob die Klägerin (Klin.) in den Streitjahren 2007 und 2008 Unternehmerin
war, sowie, ob sie steuerfreie Leistungen ausgeführt hat.
3
Die Klin. übte
in den Streitjahren eine Tätigkeit als Pflegehelferin aus. Über eine
Ausbildung als Krankenpflegerin bzw. Altenpflegerin verfügt sie nicht,
sie hat aber verschiedene Fortbildungen im Bereich der Pflege
absolviert.
4
Die Klin.
wurde im Jahr 2000 Mitglied des Vereins B e.V. Dieser Verein ist
Mitglied des paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Nach der Satzung des
Vereins B e.V. hat der Verein den Zweck, hilfe- und pflegeabhängigen,
kranken, behinderten und alten Menschen in ihrer häuslichen Umgebung
umfassende Betreuung zu ermöglichen.
5
Die Mitglieder
des Vereins bzw. der Verein werden nach dem sog. "… Modell" tätig. Der
Verein schließt die Verträge/Vereinbarungen mit den zu pflegenden
Personen bzw. den Kostenträgern (Pflegekassen bzw. regionale und
überregionale Sozialämter). Die jeweilige Pflegekraft - wie auch die
Klin. - schließt mit dem Verein eine Qualitätsvereinbarung ab, wodurch
sie zu einem aktiven Mitglied des Vereins wird. Die Mitglieder
verpflichten sich in der Qualitätsvereinbarung u.a,. an einem
Einführungsseminar und an regelmäßigen Teambesprechungen teilzunehmen,
sowie Fortbildungsseminare zu besuchen.
6
Die aktiven
Mitglieder sind in verschiedenen Teams als Untergliederungen des Vereins
organisiert, denen die Pflegekräfte die von ihnen geleisteten Stunden
in Rechnung stellen. Die Klin. war in den Streitjahren für das Team I
und das Team II tätig. Im Jahr 2007 war sie zudem in einem Team des K
e.V. tätig. Das letztgenannte Team bestand aus Mitgliedern des Vereins B
e.V. und des K e.V., welches beabsichtigte, auch das sog. "… Modell" zu
übernehmen.
7
Die Klin. war
in den Streitjahren im Wesentlichen im Bereich der Pflege tätig
(abgerechnet über das Team II und den K e.V.). Sie erbrachte Leistungen
der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 36 SGB XI, § 70 Abs. 1 SGB XII),
Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XII und Pflegeleistungen nach §§ 36,
39, 45 SGB XI, § 61 SGB XII. Daneben erledigte sie auch Tätigkeiten im
Büro des Vereins B e.V. (abgerechnet über das Team I). Diese dienten
nach den Ausführungen der Klin. dem Kontakt mit hilfsbedürftigen
Menschen und ihren Angehörigen z.B. telefonisch oder per e-mail, der
Abrechnung der Pflegeleistungen gegenüber den Kostenträgern und der
Kontrolle von Rechnungen, sowie in geringem Umfang Assistenzleistungen
für schwerbehinderte Mitarbeiter des Vereins. Leistungen der
medizinischen Behandlungspflege erbrachte sie nicht.
8
Wegen der
weiteren Einzelheiten der in den Streitjahren jeweils erbrachten
Leistungen wird auf die von der Klin. vorgelegten Rechnungen nebst
Stundenaufstellungen Bezug genommen.
9
Die Umsätze der Streitjahre teilten sich wie folgt auf die Teams auf:
102007 | ||||
Monat | K e.V. | Team II | Team I | Gesamt |
01 | 1.315,75 € | 1.743,75 € | 3.059,50 € | |
02 | 95,00 € | 95,00 € | ||
03 | 494,00 € | 1.087,00 € | 1.581,00 € | |
04 | 575,75 € | 1.427,75 € | 632,50 € | 2.680,00 € |
05 | 522,50 € | 1.756,25 € | 2.278,75 € | |
06 | 204,25 € | 2.354,50 € | 2.558,75 € | |
07 | 2.381,25 € | 2.381,25 € | ||
08 | 2.483,75 € | 88,00 € | 2.571,75 € | |
09 | 0,00 € | |||
10 | 2.458,88 € | 139,00 € | 2.597,88 € | |
11 | 2.101,50 € | 156,00 € | 2.257,50 € | |
12 | 1.362,88 € | 748,00 € | 2.110,88 € | |
Summe | 3.111,25 € | 19.297,51 € | 1.763,50 € | 24.172,26 € |
2008 | |||
Monat | Team II | Team I | Gesamt |
01 | 1.193,63 € | 616,00 € | 1.809,63 € |
02 | 565,50 € | 565,50 € | |
03 | 1.441,13 € | 1.441,13 € | |
04 | 2.106,00 € | 2.106,00 € | |
05 | 2.348,25 € | 2.348,25 € | |
06 | 1.066,88 € | 1.066,88 € | |
07 | 994,88 € | 88,00 € | 1.082,88 € |
08 | 1.656,01 € | 1.656,01 € | |
09 | 520,88 € | 520,88 € | |
10 | 2.641,28 € | 173,00 € | 2.814,28 € |
11 | 1.724,25 € | 1.724,25 € | |
12 | 2.000, 63 € | 2.000,63 € | |
Summe | 18.259,32 € | 877,00 € | 19.136,32 € |
Für das Team
II liegen Aufstellungen vor, nach der im Streitjahr 2007 96,85 % und im
Streitjahr 2008 82,43 % der Pflegeleistungen der Klin. letztlich
(mittelbar) von den Sozialhilfeträgern bzw. Pflegekassen getragen
wurden.
13
Seitens der
Stadt C liegt eine Bestätigung vor, dass ihr bei Abschluss der
Vereinbarung gem. § 75 Abs. 3 SGB XII bekannt war, dass der Verein B
e.V. seine Mitglieder vertritt, die in selbständiger Tätigkeit die in
der Vereinbarung beschriebenen Leistungen erbringen. Des Weiteren liegt
eine Bestätigung des Landschaftsverbands … vor, dass er eine Leistungs-,
Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung zum Leistungsbereich des ambulant
betreuten Wohnens in der Stadt C abgeschlossen hat, und dass ihm bei
Abschluss bekannt war, dass die eingesetzten Mitarbeiter selbständig
tätig werden, sowie auch eine Bescheinigung der Landesverbände der
Pflegekassen, dass bei Abschluss der Verträge mit B e.V. bekannt war,
dass dieser seine Mitglieder vertritt, die in selbständiger Tätigkeit
Leistungen erbringen.
14
Die Klin. gab für die Streitjahre keine Umsatzsteuererklärung ab.
15
Bei einer bei
der Klin. im Jahr 2008 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Sp),
wegen deren Einzelheiten auf den Bericht vom 17.11.2008 verwiesen wird,
gelangte der Prüfer zu der Ansicht, dass die Leistungen der Klin. weder
nach § 4 Nr. 14, § 4 Nr. 16 Buchst. e noch nach § 4 Nr. 18 des
Umsatzsteuergesetzes - UStG - steuerfrei seien und sämtliche o.g.
Umsätze der USt unterliegen würden. Er ging des Weiteren davon aus, dass
für die Streitjahre Vorsteuerbeträge i.H.v. 153,59 € (2007) und 209,39 €
(2008) zu berücksichtigen seien und setzte zudem für das Streitjahr
2008 für die private Pkw-Nutzung des am 21.06.2007 erworbenen Pkw‘s eine
unentgeltliche Wertabgabe i.H.v. 504 € zuzüglich 95,76 € USt an.
16
Diesen
Feststellungen gemäß erteilte der Beklagte (Bekl.) der Klin. am
21.01.2010 erstmalige USt-Bescheide für 2007 und 2008, mit denen er die
USt für das Jahr 2007 auf 3.705,69 € und für das Jahr 2008 auf 2.941,76 €
festsetzte. Gegen diese Bescheide legte die Klin. am 22.02.2010
Einspruch ein.
17
Mit
Einspruchsentscheidung vom 23.11.2010 wies der Bekl. den Einspruch als
unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen Folgendes
aus: Die Pflegeleistungen begünstigter Einrichtungen seien nach § 4 Nr.
16 Buchst. e UStG nur dann von der USt befreit, wenn die Einrichtungen
selbst alle in Zusammenhang mit der Pflege anfallenden Pflegeleistungen
oder Pflegeberatungsleistungen nach § 37 Abs. 3 SGB XI erbringen
könnten. Übernehme eine Pflegeeinrichtung als Kooperationspartner einer
anderen Einrichtung einen Teil des Pflegeauftrages für eine zu pflegende
Person und lägen bei beiden Einrichtungen die Voraussetzungen vor, dass
sie jeweils sämtliche in Zusammenhang mit der Übernahme einer
ambulanten Pflege anfallenden Pflegeleistungen erbringen könnten, könne
für beide Einrichtungen die Steuerbefreiung im Betracht kommen. Im
Streitfall habe die Klin. mit dem Verein B e.V. einen
Kooperationsvertrag geschlossen. Die Betreuungsleistungen rechne sie mit
dem Verein ab. Die Verträge mit den zu betreuenden Personen bestünden
mit dem Verein B e.V. Dieser stelle seine Leistungen auch den
Sozialversicherungsträgern in Rechnung. Die Voraussetzungen für die
Anwendung des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG seien für die Klin. in den
Streitjahren nicht erfüllt. Unter dem Gesichtspunkt, dass durch die
Steuerbefreiung die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder
Sozialhilfe entlastet werden sollten, sei zwar eine weitergehende
Anwendung der Steuerbefreiung gerechtfertigt. Die Steuerbefreiung von
Subunternehmern komme aber nur dann in Betracht, wenn der Subunternehmer
sämtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nachweisen könne.
Selbst wenn von Seiten der Klin. mit Hilfe des Vereins B e.V. die
erforderlichen Nachweise erbracht werden könnten, scheitere eine
Steuerbefreiung auch daran, dass nicht alle erforderlichen
Pflegeleistungen (Grund-, Behandlungspflege und
Pflegeberatungsleistung), von der Klin. selbst erbracht werden könnten
bzw. dürften. § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG verlange zwar keine besondere
Berufsausbildung, jedoch dürften die Pflegekassen nach § 69 SGB XI
Pflegeverträge nur mit Trägern von Einrichtungen nach § 71 SGB XI
abschließen. Diese müssten jedoch nach § 71 Abs. 1 und 2 SGB XI unter
der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegekraft stehen. Für
eine Anerkennung als Pflegekraft sei nach § 71 Abs. 3 SGB XI neben dem
Abschluss einer Ausbildung als Krankenschwester/-pfleger und
Altenpfleger bzw. bei Pflege und Betreuung von Behinderten als
Heilerziehungspfleger eine praktische Berufserfahrung in dem erlernten
Pflegeberuf von zwei Jahren innerhalb der letzten fünf Jahre
erforderlich. Nur soweit diese Voraussetzungen erfüllt seien, sei der
Unternehmer begünstigter Unternehmer. Diese Voraussetzungen seien im
Streitfall nicht gegeben, da die Klin. keine Ausbildung als Pflegerin
habe. Außerdem habe sie neben den Pflegeleistungen auch Bürotätigkeiten
sowie Einkäufe und den Haushalt erledigt. Der BFH habe in verschiedenen
Urteilen klargestellt, dass Subunternehmern einer anerkannten
Einrichtung die Steuerbefreiung nicht zustehe, und dass diese selbst
nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen seien.
18
Die Klin. hat
am 20.12.2010 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie Folgendes vor: Da
sie Mitglied des Vereins B e.V. sei, der wiederum Mitglied im Deutschen
Paritätischen Wohlfahrtsverband, einem anerkannten Verband der freien
Wohlfahrtspflege, sei, sei sie, die Klin., mittelbar Mitglied in einem
anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege und habe somit
umsatzsteuerfreie Leistungen ausgeführt. Bei einer im September 2003
beim Verein B e.V. durchgeführten Betriebsprüfung habe der damalige
Prüfer die Auffassung vertreten, dass die Honorarzahlungen bei den
Empfängern (Pflegekräften) nach § 4 Nr. 18 UStG i.V.m. Abschnitt 103
Abs. 4 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) umsatzsteuerfrei seien, da die
Honorarempfänger Mitglieder des Vereins B e.V. seien und dieser
wiederum Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband sei, so
dass eine mittelbare Mitgliedschaft in einem anerkannten Verband der
freien Wohlfahrtspflege vorliege. Folglich seien ihre Leistungen auch
umsatzsteuerfrei. Die USt-Festsetzungen verstießen gegen die Grundsätze
von Treu und Glauben.
19
Es liege
bereits kein steuerbare Umsatz vor, da sie, die Klin., in den
Streitjahren keine Unternehmerin gewesen sei. Sie sei entgegen § 2
Absatz 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbständig tätig gewesen. Allein
durch die Bezeichnung als selbständig werde eine Tätigkeit nicht
selbständig ausgeübt, es komme vielmehr auf den tatsächlichen Inhalt und
die tatsächliche Beziehung zum Vertragspartner (hier dem Verein) an.
Die vertraglichen Beziehungen hätten lediglich zwischen dem Verein und
den Pflegebedürftigen bestanden. Sie habe zwar eigene Leistungen
gegenüber den Pflegebedürftigen erbracht, diese allerdings in enger
Absprache und unter engen Vorgaben der gegenseitigen Selbstverpflichtung
der Mitglieder ohne direkte vertragliche Bindung an die zu pflegende
Person. Die Mitglieder des Vereins würden auf der Grundlage fachlicher
Standards tätig, diese fachlichen Standards seien verbindlich. Sie habe
eine zur Mitgliedschaft gehörende Qualitätsvereinbarung auf
Gegenseitigkeit akzeptiert und diese eingehalten. Sie habe daher nicht
frei entscheiden können, wie sie ihre Arbeitsleistung erbringe. Sie habe
nach den engen Vorgaben der durch die Mitgliedschaft entstandenen
Vereinbarung handeln müssen. Sie sei zur Teilnahme an regelmäßig
stattfindenden Teambesprechungen sowie Fortbildungsseminaren
verpflichtet gewesen. Eine Selbständige habe selbst zu entscheiden, wie
sie sich auf dem aktuellen Stand halte, um ihre Leistung optimal
erbringen zu können. Die Teambesprechungen würden eine enge Nähe zur
Arbeit der übrigen Mitarbeiter des Vereins zum Ausdruck bringen. Die
Qualitätsvereinbarung nehme auf Regelungen Bezug, die typischerweise das
Verhältnis unselbständiger Arbeitnehmer zu ihrem Arbeitgeber regeln
würden. Die Entlohnung erfolge nach der Qualitätsvereinbarung
tarifähnlich. Auch dies nehme auf das Verhältnis
Arbeitnehmer/Arbeitgeber Bezug. Sie wende einen Großteil ihrer
Arbeitszeit für den Verein auf. Sie sei in beiden Streitjahren für den
Verein tätig gewesen, lediglich im Jahr 2007 sei sie auch in geringem
Umfang für den K e.V. tätig gewesen.
20
Aber selbst
wenn sie, die Klin., selbständig tätig gewesen wäre, so wären die
Umsätze steuerfrei gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der
Mehrwertsteuersystemrichtlinie - MwStSystRL -. Diese Vorschrift sei in
den Streitjahren unmittelbar anwendbar. § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F.,
der diese europarechtlich zwingende Steuerbefreiung in deutsches Recht
habe umsetzen sollen, sei zu eng gefasst. Daher gehe der BFH in
ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der
MwStSystRL unmittelbar anwendbar sei.
21
Sie, die
Klin., erbringe eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit
verbundene Dienstleistungen. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des
BFH seien Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen
Versorgung, die körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftigen Personen
von ambulanten Pflegediensten erbracht würden, eng mit der
Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen.
Die von ihr erbrachten Leistungen der ambulanten Pflege nach dem SGB XI
und dem SGB XII würden die Definition von BFH und EuGH erfüllen. Aber
auch die von ihr erledigten Bürotätigkeiten würden der
Umsatzsteuerbefreiung unterfallen. Es handele sich um eng mit der
Sozialfürsorge verbunden Dienstleistungen. Ihre Leistungen gegenüber den
hilfebedürftigen Menschen wären ohne telefonischen Kontakt zu diesen
Menschen und den Angehörigen, ohne die Abrechnung gegenüber dem
jeweiligen Sozialträger und ohne die Erstellung von Dienstplänen nicht
möglich. Es handele sich um Tätigkeiten, die typischerweise mit der
Hilfe für bedürftige Menschen verbunden seien und dementsprechend von
den Sozialträgern auch pauschal erstattet würden.
22
Aus dem
Wortlaut von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL folge, dass diese Norm
lediglich die tätigkeitsbezogene Voraussetzung der „eng mit der
Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen“
und keine personenbezogene Voraussetzung aufstelle. Der zweite Teil der
Norm enthalte lediglich eine beispielhafte Aufzählung von Einrichtungen,
die sich ebenfalls auf die Steuerbefreiung berufen könnten.
Ausschlaggebend für die Steuerbefreiung könne daher nur der Inhalt der
Leistung sein. Zumindest natürliche Personen können sich auf die
Steuerbefreiung selbst dann berufen, wenn sie nicht als Einrichtung mit
sozialem Charakter anerkannt wären.
23
Aber selbst
wenn man dieser Auslegung nicht folge, lägen die Voraussetzungen der
Umsatzsteuerbefreiung vor, da sie, die Klin., eine anerkannte
Einrichtung mit sozialem Charakter sei. Der BFH habe festgestellt, dass
eine Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne des Unionsrecht
vorliege, wenn die Einrichtung folgende Gesichtspunkte erfülle: Bestehen
spezifischer Vorschriften, Vorliegen eines mit den Tätigkeiten des
betreffenden Steuerpflichtigen verbundenen Gemeinwohlinteresses,
Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten
bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung gekommen seien sowie
Kostenübernahme durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der
sozialen Sicherheit. Auch sei es nach Auffassung des BFH unschädlich,
wenn einer dieser Gesichtspunkte nicht vorliege. Ferner komme es nach
der Rechtsprechung nicht darauf an, ob die Kosten im konkreten Fall
tatsächlich übernommen worden seien, es genüge vielmehr, dass diese
übernehmbar seien.
24
Ihre
Tätigkeit sei durch spezifische Vorschriften der sozialen Sicherheit
geregelt. Insbesondere das SGB XI und das SGB XII stellten verschiedene
Anforderungen, wie sie ihre Tätigkeit auszuüben habe. Das SGB XI
verbunden mit dem jeweiligen Vertrag regele den Inhalt der zu
erbringenden Leistung. Gleiches gelte gemäß § 53 SGB XII und § 75 Abs. 3
SGB XII für Leistungen aufgrund von Vereinbarungen nach diesem
Sozialgesetzbuch.
25
Sie, die
Klin., erbringe auch unstrittig Leistungen, die im Gemeinwohlinteresse
liegen würden. Sie erbringe Leistungen nach dem SGB XI und SGB XII an
hilfs- und pflegebedürftige Menschen. Dies zeige sich vor allem auch
durch die Kostentragung ihrer Tätigkeit durch die Sozialkassen. Andere
Steuerpflichtige, die die gleiche Tätigkeit erbringen würden, kämen
zudem in den Genuss der Steuerbefreiung.
26
Die Kosten
ihrer Tätigkeit seien von den Krankenkassen und anderen Trägern der
sozialen Sicherheit übernommen worden. Der BFH stelle diesbezüglich
nicht darauf ab, ob die Sozialträger die Kosten direkt an den
Leistungserbringer erstatten oder ob sie über Dritte ausbezahlt würden.
Selbst wenn nur von einer mittelbaren Tragung auszugehen wäre und dies
keine tatsächliche Kostenübernahme sein sollte, wären die Kosten
zumindest direkt übernehmbar. Gemäß § 77 Abs. 1 SGB XI könne sie selbst
mit den Pflegekassen Verträge abschließen und dementsprechend eine
Kostenübernahme ihr gegenüber erreichen. Solche Verträge zwischen
Einzelpersonen und einer Pflegekasse, z.B. der …, seien in C auch
tatsächlich praktiziert worden. Vor allem bedürfe es dafür keines
berufsspezifischen Abschlusses. Nichts anderes gelte für die Leistungen
nach dem SGB XII. Gemäß §§ 70 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 SGB XII könne sie
auch direkt mit den Trägern der sozialen Sicherheit, hier dem
Landschaftsverband, einen Vertrag abschließen. Es seien auch zwischen
Einzelpersonen und der Kommune, z.B. der Stadt C, Leistungserbringungen
im Rahmen des persönlichen Budgets vereinbart worden. Dass ihre
Tätigkeit einer Tätigkeit entspreche, die auch direkt von den Trägern
der sozialen Sicherheit vergütet werde, zeige sich zudem daran, dass die
Kostenträger das Modell des Vereins gekannt hätten. In diesem Wissen
hätten sie ihre Vergütungen für ihre, der Klin., Tätigkeit erbracht. Die
vom BFH aufgestellten Voraussetzungen für eine anerkannte Einrichtung
mit sozialem Charakter lägen daher vor.
27
Nichts
anderes folge aus dem Urteil des BFH vom 08.08.2013 (V R 8/12). In
dieser Entscheidung habe sich der BFH dahingehend geäußert, dass es für
eine Anerkennung eines Unternehmers als Einrichtung mit sozialem
Charakter nicht allein ausreiche, dass der Unternehmer lediglich als
Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig geworden sei.
Dieses Urteil sei auf die vorliegende Fallkonstellation schon nicht
übertragbar. In dem dort entschiedenen Fall sei der Kläger beim
Krankenhaus als Subunternehmer angestellt gewesen. Er habe also
ausschließlich in vertraglicher Beziehung zum Krankenhaus gestanden. Der
Kläger habe seine Leistungen für das Krankenhaus an Vertragspartner des
Krankenhauses erbracht. Sie, die Klin., sei keine Subunternehmerin des
Vereins. Vielmehr sei sie als dessen Mitglied Bestandteil des Vereins.
Sie sei kein vom Hauptunternehmer unabhängiger Unternehmer. Sie habe
sich in dem Verein mit anderen zusammengeschlossen, die ebenfalls
soziale Leistungen erbringen wollten. Dies sei gerade der Zweck des
Vereins.
28
Auch erhalte
sie keine Vergütung vom Verein; sie erhalte ihre Vergütungen von den
Sozialkassen, die der Verein schlicht durchleite. Der Kläger in dem vom
BFH entschiedenen Fall habe seine Vergütung von der Klinik erhalten, und
zwar unabhängig von der Zahlung der Sozialkassen. Des Weiteren seien
die Kosten der Leistungen des Klägers in dem vom BFH entschiedenen Fall
nicht von den Trägern der Sozialhilfe nach einem SGB erstattet worden.
Die Kosten der Leistungen, die sie, die Klin., erbringe, würden
demgegenüber von solchen Trägern erstattet. Schließlich habe der Kläger
in dem vom BFH entschiedenen Fall keine eng mit der Sozialfürsorge und
der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen erbracht. Aber selbst
wenn sie Subunternehmerin wäre, würde das Urteil sie nicht erfassen. Der
Wortlaut des Urteils des BFH spreche davon, dass die Tätigkeit als
Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung "für sich allein nicht
schon" ausreiche, um selbst anerkannt zu werden. Das bedeute, auch bei
einem Subunternehmer könne es sich um eine mit sozialem Charakter
anerkannte Einrichtung handeln, wenn weitere Voraussetzungen vorliegen
würden. Der BFH habe im Urteil vom 08.08.2013 nur dazu Stellung
genommen, ob eine anerkannte Einrichtung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g
MwStSystRL vorliege, wenn außer einer Tätigkeit für eine andere
anerkannte Einrichtung keine anderen Gesichtspunkte vorliegen würden,
die auf eine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter schließen
lassen würden. Dies habe er ohne weitere Begründung abgelehnt.
Demgegenüber träten solche anderen Gesichtspunkte bei ihr, der Klin.,
deutlich zu Tage. Sie begehre die Steuerbefreiung daher nicht als
Subunternehmerin einer anerkannten Einrichtung mit sozialem Charakter,
vielmehr begehre sie die Steuerbefreiung aufgrund der eigenen
Leistungserbringung an pflegebedürftige Menschen und der gleichzeitig
vorliegenden weiteren Gesichtspunkte.
29
Der
Unterschied zeige sich auch deutlich durch den Vorlagebeschluss des BFH
vom 21.08.2013 (V R 20/12). Der Unterschied zum Urteil vom 08.08.2003
zeige sich darin, dass die überlassenen Arbeitnehmer selbst Leistungen
der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit gemäß Art. 132 Abs. 1
Buchst. g MwStSystRL erbracht hätten. Die überlassenen Arbeitnehmer
erhielten die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter daher
nicht aufgrund der Anerkennung der Einrichtung, der sie überlassen
seien. Sie erhielten die Anerkennung aufgrund ihrer eigenen Tätigkeit.
Dafür sei es nach der BFH-Vorlage vom 21.08.2013 irrelevant, ob sie
selbst die Kostenerstattung erhalten würden.
30
Schließlich
müsse sie, die Klin., auch keine abgeschlossene Ausbildung (zum Beispiel
als Krankenpflegerin) haben, um als Einrichtung mit sozialem Charakter
anerkannt zu werden. Ein solches Tatbestandsmerkmal sehe die Richtlinie
nicht vor. Auch der EuGH habe in seiner bisherigen Rechtsprechung eine
abgeschlossene Ausbildung nicht gefordert. Sie, die Klin., dürfe auch
ohne eine entsprechende Ausbildung Pflegeleistungen nach den
verschiedenen sozialgesetzlichen Regelungen erbringen. Sie habe
jahrelange Berufserfahrung auf dem Gebiet der Pflege und habe sich
regelmäßig fortgebildet; sie sei eine erfahrene und qualifizierte Kraft.
Sie könne insbesondere auch einen Versorgungsvertrag mit den
Pflegekassen im Sinne von § 75 Abs. 2 Satz 2 Abs. 3 SGB XII oder gemäß §
77 SGB XI abschließen.
31
Schließlich
sei auch nicht erforderlich, dass sie selbst in vertraglichen
Beziehungen mit den Trägern der sozialen Sicherheit stehe, damit sie
eine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter sei. Ein solches
Erfordernis ergebe sich nicht aus dem Gesetz. Der BFH gehe in dem
Vorlagebeschluss vom 21.08.2013 davon aus, dass eine direkte
vertragliche Beziehung zwischen den Leistungserbringern und dem Träger
der sozialen Sicherheit nicht notwendig sei. Ansonsten wäre seine
Vorlage unsinnig, da die unselbstständig tätigen Krankenpfleger
ersichtlich in keiner vertraglichen Beziehung zu Sozialhilfeträgern
stünden. Weiterhin habe der BFH entschieden, dass es nicht erforderlich
sei, dass der Leistungserbringer in vertraglichen Beziehungen zum
Empfänger der Sozialleistung stehe. Dies folge daraus, dass Art. 132
Abs. 1 Buchst. g der MwStSystRL auf die Art der Dienstleistung abstelle
und nicht auf die schuldrechtlichen Beziehungen (BFH-Urteil vom
08.06.2011 XI R 22/09, UR 2000, 821). Dieses Argument lasse sich
unmittelbar auf die vertraglichen Beziehungen zwischen
Leistungserbringern und Trägern der sozialen Sicherheit übertragen. Auch
in diesem Verhältnis komme es einzig auf den Inhalt der Leistung an.
Dementsprechend habe der EuGH seit der Entscheidung "Dornier" auf das
Merkmal der vertraglichen Beziehung zum Träger der sozialen Sicherheit
verzichtet. Eine direkte Kostenerstattung durch Sozialhilfeträger an die
Leistungserbringer sei nicht erforderlich. Wenn schon keine direkten
vertraglichen Beziehungen bestehen müssten, bedürfe es auch keiner
direkten Zahlungen. Der EuGH spreche lediglich davon, dass ein Kriterium
die Kostenübernahme durch Dritte sei; er gehe nicht darauf ein, ob dies
unmittelbar oder mittelbar erfolge.
32
Der BFH habe
sowohl im Urteil zu den Berufsbetreuern vom 25.04.2013 (V R 7/11) als
auch im Vorlagebeschluss vom 21.08.2013 (V R 20/12) vier Kriterien für
die Anerkennung einer Einrichtung mit sozialem Charakter aufgestellt.
Eines dieser Kriterien sei die Kostenübernahme, diese müsse aber nur
möglich sein, sie müsse nicht tatsächlich erfolgt sein. Wenn aber die
Kostenübernahme nicht zwingend erforderlich sei, dann könne die
mittelbare Zahlung durch einen Träger der Sozialversicherung kein
Ausschlusskriterium sein. Die mittelbare Kostenübernahme bringe den
sozialen Charakter zumindest deutlicher zum Ausdruck als eine
Verweigerung der Zahlung durch einen Sozialträger. Im Übrigen würden
aber unmittelbare vertragliche Beziehungen mit den Sozialkassen
bestehen, da bei Abschluss des Vertrages zwischen Verein und
Sozialträger der Verein sie, die Klin., in die jeweiligen Verträge mit
einbezogen habe und alle Leistungserbringer gewusst hätten, dass der
Verein die Leistungen durch Vereinsmitglieder wie sie erbringe.
33
Die Klin. beantragt,
34
die
USt-Bescheide für 2007 und 2008 vom 21.01.2010 und die
Einspruchsentscheidung vom 23.11.2010 dahingehend zu ändern, dass die
USt jeweils auf 0 € festgesetzt wird,
35
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
36
Der Bekl. beantragt,
37
die Klage abzuweisen,
38
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
39
Er trägt vor:
Der BFH habe mit Urteil vom 08.08.2013 die bis dahin strittige Frage,
ob die Anerkennung der Mitglieder als Einrichtung mit sozialem Charakter
nur aus der konkreten Kostenübernahme durch Sozialleistungsträger oder
andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit abgeleitet werden könne,
oder ob es ausreiche, dass die Kosten lediglich übernehmbar seien,
entschieden. Für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter
reiche es für sich nicht aus, dass der Unternehmer lediglich als
Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig geworden sei. In
Rz. 43 des Urteils werde klargestellt, dass sich ein Unternehmer, der
zwar eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene
Leistungen erbringe, jedoch nicht über die erforderliche staatliche
Anerkennung verfüge, sich selbst dann nicht auf die Steuerbefreiung nach
Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen könne, wenn die gleichen
Leistungen gemäß § 4 Nr. 18 UStG von der Steuer befreit wären, sofern
sie von einem amtlich anerkannten Wohlfahrtsverband oder einem seiner
Mitglieder erbracht würden.
40
Die von der
Klin. in den Streitjahren erbrachten Leistungen seien vollständig als
umsatzsteuerpflichtig zu qualifizieren. Nach seiner, des Bekl.,
Auffassung, sei die Klin. Subunternehmerin, so dass das Urteil
weitgehend direkt angewendet werden könne. Sie arbeite im Auftrag des
Vereins auf eigene Rechnung.
41
Bei den
erbrachten Leistungen sei zwischen Leistungen für den Kunden und den
sogenannten Leistungen im Büro zu unterscheiden. Die Tätigkeiten im
Bürobereich beim Team I stellten keine abzurechnenden
Pflegesachleistungen im Sinne der §§ 36 und 77 SGB XI dar. Unter
Pflegesachleistungen seien die Grundpflege und hauswirtschaftliche
Versorgung für die zu Pflegenden zu verstehen. Nicht erfasst würden die
Bürotätigkeiten für das Team I.
42
Die von der
Klin. gegenüber den Kunden erbrachten Pflegeleistungen seien aber
ebenfalls umsatzsteuerpflichtig. Die Anwendung der MwStSystRL komme
nicht in Betracht, da die Klin. weder eine Einrichtung des öffentlichen
Rechts noch eine vom Mitgliedstaat Deutschland anerkannte Einrichtung
mit sozialem Charakter sei. Auch besitze die Klin. die in § 4 Nr. 16
Buchst. e UStG geforderte Eigenschaft nicht; sie sei weder eine
Einrichtung zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen noch
eine Einrichtung zur ambulanten Pflege. Sowohl nach der
grammatikalischen Auslegung als auch im Rahmen der teleologischen
Auslegung des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG sei zu entnehmen, dass nicht
eine Einzelperson für die Steuerbefreiung in Betracht komme. Die Klin.
erfülle auch nicht die Voraussetzung des § 4 Nr. 18 UStG. Insoweit komme
nur eine Personengemeinschaft als Ziel der Steuerbefreiung in Betracht.
43
Nach
Ausschluss dieser Punkte verbleibe als einziger Anknüpfungspunkt die
Übernahmefähigkeit der Kosten. Nach übereinstimmender Rechtsprechung von
BFH und EuGH könne die Anerkennung eines Unternehmers als Einrichtung
mit sozialem Charakter aus der Übernahme der Kosten für seine Leistungen
durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit
abgeleitet werden. Ausreichend sei, dass die Kosten übernehmbar seien.
Dies bedeute, dass die von der Klin. erbrachten Leistungen durch
Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit direkt
hätten abgerechnet werden können. Soweit vorgetragen worden sei, dass
die von der Klin. erbrachten Leistungen, insbesondere Grundpflege,
Mobilisation und ähnliche Dinge nach dem SGB XI und SGB XII auch direkt
ohne die Einschaltung des Vereins mit den Trägern hätten abgerechnet
werden können, sei dies unzutreffend. Sowohl nach dem Gesetzeswortlaut
als auch nach den jeweiligen Rahmenverträgen im Sinne des §§ 75 SGB XI
seien direkte Abrechnungen mit den Krankenkassen oder anderen
Einrichtungen der sozialen Sicherheit ausgeschlossen. Die Klin. könne
als ungelernte Kraft niemals wie ein Pflegedienst anerkannt werden. Es
sei vorgetragen worden, dass durch den zwischen der Klin. und dem Verein
geschlossenen Qualitätsvertrag eine Pflegequalität im Sinne des SGB XI
und SGB XII erreicht werde. Diese Vereinbarung gelte nur für den Verein B
e.V. Hierdurch könne er unter anderem gegenüber den
Krankenversicherungen nachweisen, dass er alles erforderliche im Sinne
des SGB XI bezüglich der Qualitätsmaßstäbe der zu beaufsichtigenden
Personen, die für ihn tätig würden, getan habe. Dieser Vertrag entfalte
allenfalls nur mittelbare Wirkung. Vertragspartner im Sinne der SGB XI
sei immer der Verein B e.V. mit den Krankenkassen und seien nicht die
Mitglieder des Vereins.
44
Am 26.11.2013
hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird
auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen.
45
Wegen der
weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten
wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Bekl. Bezug genommen.
46
Entscheidungsgründe:
47
Die Klage ist zulässig und begründet.
48
Die
USt-Bescheide 2007 und 2008 vom 21.01.2010 sowie die
Einspruchsentscheidung vom 23.11.2010 sind rechtswidrig und verletzen
die Klin. in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO -). Die Klin. hat in den Streitjahren lediglich steuerfreie Umsätze
erzielt. Die USt ist daher auf 0 € festzusetzen.
49
A. Leistungen gegenüber dem Verein B e.V. und dem K e.V.
50
1. Entgegen der Auffassung der Klin. hat sie in den Streitjahren als Unternehmerin steuerbare sonstige Leistungen erbracht.
51
Der USt
unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein
Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens
ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).
52
Unternehmer
ist gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche
Tätigkeit selbständig ausübt. Nichtselbständig tätig sind natürliche
Personen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG, soweit sie in einem Unternehmen so
eingegliedert sind, dass sie den Weisungen eines Unternehmers zu folgen
verpflichtet sind. Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbständig oder
nichtselbständig ausübt, ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu
beurteilen. Es müssen die für und gegen die Unternehmereigenschaft
sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden
können, gegeneinander abgewogen werden. Maßgebend ist anhand einer
Vielzahl in Betracht kommender Kriterien das Gesamtbild der Verhältnisse
(vgl. z.B. BFH-Urteil vom 02.12.1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534
m.w.N. und BFH-Beschlüsse vom 28.02.2002 V B 31/01, BFH/NV 2002, 957 und
vom 20.12.2004 VI B 137/03, BFH/NV 2005, 552). Für Selbständigkeit
sprechen insbesondere die Selbständigkeit in Organisation und
Durchführung der Tätigkeit, das Unternehmerrisiko (Vergütungsrisiko),
die Unternehmerinitiative, die Bindung nur für bestimmte Tage an den
Betrieb und geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern
(BFH-Urteil vom 30.05.1996 V R 2/95, BStBl II 1996, 493). Die sozial-
und arbeitsrechtliche Einordnung der Tätigkeit als selbständig oder
unselbständig ist für die umsatzsteuerliche Beurteilung ohne Bedeutung
(vgl. BFH-Beschluss vom 29.07.2003 V B 22/03, BFH/NV 2003, 1615).
53
Bei der nach
diesen Grundsätzen gebotenen Abwägung ist der Senat der Auffassung, dass
die Klin. als selbständige Unternehmerin tätig war.
54
Zwar trifft
es zu, dass sie in den Streitjahren tatsächlich im Wesentlichen für den
Verein B e.V. tätig war. Auch war sie, um für diesen Leistungen
erbringen zu können, etwa zur Teilnahme an Besprechungen oder
Fortbildungen verpflichtet. Allerdings konnte die Klin. frei
entscheiden, in welchem Umfang sie für den Verein B e.V. bzw. den K e.V.
tätig sein wollte, und entfaltete hierdurch Unternehmerinitiative. Auch
erzielte die Klin., wenn sie erkrankt war oder sich in Urlaub befand,
keine Einnahmen und trug insoweit auch Unternehmerrisiko. Ein
garantierter Mindestverdienst war mit dem Verein B e.V. oder dem K e.V.
ebenso wenig vereinbart wie ein Anspruch auf Lohnfortzahlung im
Krankheitsfalle und Anspruch auf bezahlten Urlaub.
55
Die
Leistungen der Klin. an den Verein B e.V. und den K e.V. sind mithin
steuerbare Leistungen der Klin. im Rahmen ihres Unternehmens.
56
2. Die in den
Streitjahren von der Klin. gegenüber dem Verein B e.V. und dem K e.V.
erbrachten Leistungen sind jedoch steuerfrei.
57
a) Die o.g.
Leistungen der Klin. waren in den Streitjahren zwar nicht nach
nationalem Recht steuerfrei. Sie erfüllte nicht die in der Person des
leistenden Unternehmers bestehenden Voraussetzungen für eine
Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG oder nach § 4 Nr. 18 UStG.
58
Gem. § 4 Nr.
16 Buchst. e UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind
steuerfrei die mit dem Betrieb der Einrichtungen ambulanter Pflege
kranker und pflegebedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, wenn bei
der Einrichtung zur ambulanten Pflege die Pflegekosten im
vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens 40 % der Fälle von den
gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder
zum überwiegenden Teil getragen worden sind.
59
Die Befreiung
nach dieser Vorschrift erfasst jedoch nur die Leistungen der in der
jeweiligen Bestimmung bezeichneten Einrichtungen selbst (BFH-Urteil vom
28.06.2000 V R 72/99, BFHE 191, 463, BStBl II 2000, 554).
60
Die Klin. selbst war in den Streitjahren jedoch keine Einrichtung zur ambulanten Pflege im Sinne dieser Bestimmung.
61
Die Leistungen der Klin. waren auch nicht nach § 4 Nr. 18 Satz 1 UStG von der Steuer befreit.
62
Nach dieser Vorschrift sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei:
63
"...
64
die
Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege
und der der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften,
Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband
als Mitglied angeschlossen sind, wenn
65
a) diese Unternehmer ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen,
66
b) die
Leistungen unmittelbar dem nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen
Verfassung begünstigten Personenkreis zugute kommen und
67
c) die
Entgelte für die in Betracht kommenden Leistungen hinter den
durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen
verlangten Entgelten zurückbleiben."
68
Die Klin.
selbst erfüllte nicht die in der Person des leistenden Unternehmers
erforderlichen Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18
Satz 1 UStG. Sie war lediglich Mitglied des Vereins B e.V., der wiederum
Mitglied des paritätischen Wohlfahrtsverbandes war.
69
Insoweit kann
sich die Klin. auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Zwar hat bei
einer im September 2003 beim Verein B e.V. durchgeführten
Betriebsprüfung der Prüfer die Auffassung vertreten, dass die
Honorarzahlungen des Vereins B e.V. bei den Empfängern (Pflegekräften)
nach § 4 Nr. 18 UStG umsatzsteuerfrei seien, da die Honorarempfänger
Mitglieder des Vereins B e.V. seien und dieser wiederum Mitglied im
Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband sei, so dass eine mittelbare
Mitgliedschaft in einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege
vorliege. Hiervon hatte die Klin. wohl auch Kenntnis. Jedoch ist seitens
des Bekl. diesbezüglich keine verbindliche Auskunft i.S.d. § 89 Abs. 2
AO oder eine verbindliche Zusage nach § 205 AO im Anschluss an eine
Außenprüfung gegenüber der Klin. gemacht worden, die insoweit
Vertrauensschutz begründen würde.
70
b) Allerdings kann sich die Klin. hinsichtlich der Steuerfreiheit unmittelbar auf das Unionsrecht berufen.
71
Nach der
ständigen Rechtsprechung des EuGH kann sich ein Einzelner in Ermangelung
fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer
Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau
erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen
Vorschriften berufen (ständige Rechtsprechung des EuGH, vgl. z.B. Urteil
vom 10.09.2002 C-141/00 Kügler, Slg. 2002, I-6833, HFR 2002, 1146).
72
Nach der
Rechtsprechung des BFH hat das UStG - jedenfalls auch in den
Streitjahren - Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL nicht hinreichend
umgesetzt (vgl. BFH-Urteil vom 16.10. 2013 XI R 19/11 HFR 2014, 74,
BFH/NV 2014, 190 m.w.N.). Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL zählt die
Tätigkeiten, die steuerfrei sind, auch hinreichend genau und unbedingt
auf (vgl. EuGH-Urteil vom 10.09.2002 C-141/00 Kügler, Slg. 2002, I-6833,
HFR 2002, 1146).
73
Nach Art. 132
Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten "die eng mit
der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen
Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich
derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts
oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit
sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden".
74
Es kann
vorliegend letztlich dahin stehen, ob die Auffassung der Klin. zutrifft,
dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL - zumindest bei natürlichen
Personen - lediglich die tätigkeitsbezogene Voraussetzung der „eng mit
der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene
Dienstleistungen“ und keine personenbezogene Voraussetzung aufstellt,
und der zweite Teil der Norm lediglich eine beispielhafte Aufzählung von
Einrichtungen enthält, die sich ebenfalls auf die Steuerbefreiung
berufen können, da die Klin. in den Streitjahren sowohl eng mit der
Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen
erbracht hat und darüber hinaus als Einrichtung mit sozialem Charakter
anzuerkennen ist.
75
Für die
Auffassung der Klin. spricht möglicherweise der bereits zitierte
Wortlaut des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, der von der
vorhergehenden Fassung des Art. 13 A Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG
abweicht, nach der die Mitgliedstaaten "die eng mit der Sozialfürsorge
und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen
von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch
Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden
Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte
Einrichtungen“ von der Steuer befreiten. Vergleicht man diese
unterschiedlichen Fassungen, so könnte man zu der Auffassung gelangen,
dass der zweite Halbsatz des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL
(einschließlich derjenigen, die durch …) tatsächlich nur noch eine
Aufzählung von Einrichtungen enthält, die auch in den Genuss der
Steuerbefreiung kommen sollen.
76
Gegen diese
Auslegung spricht allerdings, dass nach den Erwägungsgründen 1 und 3 der
MwStSystRL grundsätzlich keine inhaltlichen Änderungen an der
Richtlinie 77/388/EWG vorgenommen werden sollten.
77
Zudem darf
nach ständiger Rechtsprechung des EuGH eine Bestimmung wegen der
Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung der Gemeinschaftsrichtlinien
im Zweifelsfall nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss unter
Berücksichtigung ihrer Fassung in anderen Amtssprachen ausgelegt werden
(EuGH-Urteil vom 26.05.2005 C-498/03 Kingscrest Associates und
Montecello, HFR 2005, 915). Vergleicht man aber etwa die jeweiligen
englischen und französischen Fassungen, so lässt sich feststellen, dass
diese in ihrem Wortlaut nicht geändert worden sind, vielmehr der
Wortlaut des Art. 13 A Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG unverändert
sowohl in der englischen als auch in der französischen Fassung in Art.
132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL übernommen worden sind. Daher geht der
Senat davon aus, dass es sich bei der deutschen Fassung lediglich um
eine - missverständliche - Anpassung des Wortlauts handelt, und Art. 132
Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL weiterhin - wie sich aus der Rechtsprechung
zu Art. 13 A Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG ergibt - zwei
Voraussetzungen enthält, die kumulativ erfüllt sein müssen, nämlich dass
es sich um „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit
verbundene Dienstleistungen“ handelt, sowie, dass es sich bei dem
leistenden Unternehmer um „Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder
eine andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit
sozialem Charakter anerkannte Einrichtung“ handelt.
78
aa) Bei den
in den Streitjahren erbrachten Leistungen der Klin. handelt es sich um
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene
Dienstleistungen i.S. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.
79
Nach
ständiger Rechtsprechung des EuGH sind die Begriffe, mit denen die in
Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG, nunmehr Art. 132 MwStSystRL,
vorgesehenen Steuerbefreiungen umschrieben sind, zwar eng auszulegen;
weil die Auslegung aber mit den mit den Befreiungen verfolgten Zielen -
die Kosten dieser Leistungen zu senken und dadurch diese Leistungen dem
Einzelnen, der sie in Anspruch nehmen könnte, zugänglicher zu machen
(EuGH-Urteil vom 26.05.2005 C-498/03 Kingscrest Associates und
Montecello, HFR 2005, 915) - im Einklang stehen und den Erfordernissen
des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen muss, dürfen
sie nicht in einer Weise ausgelegt werden, die den Befreiungen ihre
Wirkung nähme (EuGH-Urteil vom 15.11.2012 C-174/11 Zimmermann, HFR 2013,
84).
80
Der EuGH hat
bereits anerkannt, dass die Leistungen der Grundpflege und der
hauswirtschaftlichen Versorgung, die körperlich oder wirtschaftlich
hilfsbedürftigen Personen erbracht werden, eng mit der Sozialfürsorge
und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen im Sinne von
Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe g der Richtlinie 77/388/EWG bzw.
Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL darstellen (EuGH-Urteil vom
15.11.2012 C-174/11 Zimmermann, HFR 2013, 84 und EuGH-Urteil vom
10.09.2002, C-141/00 Kügler, Slg. 2002, I-6833 HFR 2002, 1146). Dabei
sind für die Qualifikation der Pflegekräfte bei der Grundpflege und der
hauswirtschaftlichen Versorgung geringere Anforderungen als für die
Behandlungspflege zu stellen. Es reicht aus, wenn die Pflegekraft
geeignet ist, die erforderlichen Leistungen zu erbringen (BFH-Urteil vom
22.04.2004 V R 1/98, BFHE 205, 514, BStBl. II 2004, 849). Das ist bei
der Klin. der Fall.
81
Allerdings
hat die Klin. neben den direkt gegenüber den hilfsbedürftigen Personen
erbrachten Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen
Versorgung auch Tätigkeiten im Büro des Vereins B e.V. erledigt, die sie
nach Stunden gesondert gegenüber dem Team I abgerechnet hat. Nach
Auffassung des Senats handelt es sich insoweit aber um Nebenleistungen,
die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung - der Leistungen der
Behandlungspflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung - teilen.
82
Zur
Beantwortung der Frage, ob mehrere Leistungen steuerrechtlich zu nur
einem Umsatz oder zu mehreren eigenständigen Umsätzen führen, gelten
nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat,
folgende Grundsätze (vgl. BFH-Urteil vom 10.01.2013 V R 31/10, BFHE 240,
380, BStBl II 2013, 352; BFH-Beschluss vom 28.10.2010 V R 9/10, BFHE
231, 360, BStBl II 2011, 360, m.w.N.):
83
In der Regel
ist jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung
zu betrachten. Bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen
und Handlungen umfasst, ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu
bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein
einheitlicher Umsatz. Dabei sind unter Berücksichtigung eines
Durchschnittsverbrauchers die charakteristischen Merkmale des Umsatzes
zu ermitteln. Insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche
Leistung nicht künstlich aufgespalten werden. Andererseits sind mehrere
formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz
anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind.
84
Einen einheitlichen Umsatz hat der EuGH für zwei Fallgruppen bejaht.
85
Zum einen
liegt eine einheitliche Leistung vor, wenn eine oder mehrere
Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung
oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen
bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine
Leistung ist insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie
für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt,
um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen
in Anspruch zu nehmen (BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 13/12 BFH/NV 2014,
123 m.w.N.).
86
Zum anderen
kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder
mehrere Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den
Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen
einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen
Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 13/12
BFH/NV 2014, 123 m.w.N.)
87
Nach der
insoweit erforderlichen Gesamtbetrachtung ist der Senat zu der
Auffassung gelangt, dass die gegenüber dem Team I abgerechneten, im Büro
des Vereins B e.V. geleisteten Stunden, bei denen die Klin. im
wesentlichen Kontakt zu den hilfebedürftigen Menschen und ihren
Angehörigen gehalten hat, Dienstpläne erstellt hat und Abrechnungen
gegenüber dem jeweiligen Kostenträger erstellt hat, Nebenleistungen
darstellen, die mit der Hauptleistung der Klin., der eigentlichen Pflege
und hauswirtschaftlichen Versorgung, untrennbar verbunden sind. Für
diese Auffassung spricht insbesondere auch, dass diese Kosten von den
Kostenträgern - wie sich aus auch den eingereichten Verträgen ergibt
(vgl. Vereinbarungen zwischen dem Landschaftsverband und dem Verein B
e.V., Anlagen 4 und 5 zum Schriftsatz der Klin. vom 20.12.2013) pauschal
erstattet werden.
88
bb) Die Klin. ist auch als eine Einrichtung mit sozialem Charakter i.S. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL anzuerkennen.
89
Zwar liegt es
grundsätzlich im Ermessen der Mitgliedsstaaten, die Regeln
aufzustellen, nach denen Einrichtungen eine solche Anerkennung gewährt
werden kann. Ficht ein Steuerpflichtiger die Anerkennung oder die
Nichtanerkennung der Eigenschaft als Einrichtung mit sozialem Charakter
im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchst. g der Richtlinie
77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL an, haben die
nationalen Gerichte zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die Grenzen
des ihnen in diesem Artikel eingeräumten Ermessens unter Beachtung der
Grundsätze des Unionsrechts eingehalten haben, einschließlich
insbesondere des Grundsatzes der Gleichbehandlung, der im
Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum
Ausdruck kommt (vgl. in diesem Sinne u. a. EuGH-Urteil vom
10.09.2002, C-141/00, Kügler, Slg. 2002, I-6833, HFR 2002, 1146 und
EuGH-Urteil vom 26.05.2005 C-498/03 Kingscrest Associates und
Montecello, HFR 2005, 915).
90
Aus der
Rechtsprechung des EuGH geht hervor, dass bei der Bestimmung der
Einrichtungen, deren "sozialer Charakter" im Sinne im Sinne von Artikel
13 Teil A Absatz 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132
Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL für die Zwecke dieser Bestimmung
anzuerkennen ist, mehrere Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Zu
ihnen können das Bestehen spezifischer Vorschriften - seien es nationale
oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften,
Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit
-, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene
Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den
gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung
kommen, und der Gesichtspunkt zählen, dass die Kosten der fraglichen
Leistungen unter Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder
anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden (vgl. in
diesem Sinne EuGH-Urteil vom 10.09.2002, C-141/00, Kügler Slg. 2002,
I-6833 und EuGH-Urteil vom 26.05.2005 Rs. C-498/03 Kingscrest Associates
und Montecello, HFR 2005, 915 sowie entsprechend EuGH-Urteil vom
6.11.2003, C-45/01 Dornier, Slg. 2003, I-12911, und EuGH-Urteil vom
15.11.2012 C-174/11 Zimmermann, HFR 2013, 84). Dabei kommt es nicht
darauf an, ob die Kosten im konkreten Fall tatsächlich übernommen worden
sind, sondern es reicht aus, dass sie übernehmbar sind (BFH-Urteil vom
8.06.2011 XI R 22/09, BFHE 234, 448, HFR 2011, 1132). Nach der
Rechtsprechung des BFH kann insoweit auch gewürdigt werden, dass der
Leistende die begünstigten Leistungen aufgrund vertraglicher
Vereinbarungen mit Trägern der Sozialhilfe erbracht hat. Es reicht für
sich allein jedoch nicht, dass der Unternehmer lediglich als
Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig geworden ist
(BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/07, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634
und BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 8/12, BFH/NV 2014, 119).
91
Wie sich aus
der Rechtsprechung des BFH ergibt, sind die o.g. Gesichtspunkte dabei
nicht kumulativ zu verstehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25.04.2013 V R
7/11, BFHE 241, 475, HFR 2013, 1521 und BFH-Urteil vom 08.06.2011, XI R
22/09, BFHE 234, 448, HFR 2011, 1132)
92
Ausgehend
hiervon ist der Senat der Auffassung, dass die Klin. im Rahmen einer
Gesamtwürdigung der o.g. Gesichtspunkte als "Einrichtung mit sozialem
Charakter" anzuerkennen ist.
93
Der Begriff
"Einrichtung" im Sinne des Gemeinschaftsrechts ist dabei grundsätzlich
weit genug, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu
erfassen (EuGH-Urteil vom 26.05.2005 Rs. C-498/03 Kingscrest Associates
und Montecello, HFR 2005, 915 m.w.N.), so dass die Klin. eine
Einrichtung im o.g. Sinne sein kann.
94
Die Klin. hat
zudem in den Streitjahren Leistungen erbracht, die durch spezifische
Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit, nämlich durch
Vorschriften des SGB XI und SGB XII wie etwa § 36 SGB XI (häusliche
Pflegehilfe), § 39 SGB XI, § 45 SGB XI oder § 53 SGB XII
(Eingliederungshilfe) geregelt und bei denen die Kosten durch die Träger
der sozialen Sicherheit übernehmbar sind.
95
Diese gegenüber hilfs- und pflegebedürftigen Menschen erbrachten Leistungen der Pflege lagen auch im Gemeinwohlinteresse.
96
Des Weiteren kommen auch andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung.
97
Der BFH hat
in seinem Urteil vom 22.04.2004 VR 1/98 (BFHE 205, 514, BStBl II 2004,
849) diesbezüglich ausgeführt: "Schließlich kann der
gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung zur Anerkennung
der Klin. als Einrichtung mit sozialem Charakter führen, wenn sie die
gleichen Leistungen wie Leistungsanbieter der freien Wohlfahrtspflege
erbringt, die steuerfrei (z.B. nach § 4 Nr. 18 UStG) tätig sind."
Vorliegend sind etwa die Umsätze von Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr.
18 UStG, die ebenfalls ambulante Pflegeleistungen erbringen,
steuerfrei.
98
Schließlich
ist im Falle der Klin. - wie sich aus den in den Akten befindlichen
Aufstellungen ergibt - der überwiegende Teil der Kosten für ihre
Leistungen letztlich (mittelbar)
99
von den
Sozialleistungsträgern übernommen worden, so z.B. bei den gegenüber dem
Team II abgerechneten Leistungen im Streitjahr 2007 96,85 % und im
Streitjahr 2008 82,43 %.
100
Zwar trifft
es zu, dass weder unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen der Klin.
und der jeweiligen hilfebedürftigen Person bzw. zwischen der Klin. und
dem jeweiligen Kostenträger bestanden und die Klin. die Zahlungen auch
nicht direkt von den Kostenträgern erhalten hat, sondern die Zahlungen
an den Verein B e.V. bzw. an K e.V. erfolgt sind, die wiederum Zahlungen
an die Klin. geleistet haben. Dies schließt nach Auffassung des Senats
die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter jedoch nicht aus.
101
Das
Erfordernis einer unmittelbaren Leistungsbeziehung ist nach Ansicht des
Senats weder vom Wortlaut der Richtlinienbestimmung gedeckt noch ergibt
sich ein solches aus der Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 13 Teil A
Absatz 1 Buchstabe g der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1
Buchst. g MwStSystRL (vgl. Dickkopp/van der Boeken, UR 2009, 335, 341;
FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.05.2013 7 V 7322/12, EFG
2013, 1444; vgl. auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.11.2008 6 K
1431/05, EFG 2009, 527 zum Erfordernis der Unmittelbarkeit im Rahmen des
§ 4 Nr. 16 Buchst. e UStG).
102
Entscheidend
ist vielmehr - wie bereits ausgeführt - , dass es sich um Leistungen
handelt, für die die Kosten von den Trägern der sozialen Sicherheit
übernehmbar sind. Dass es sich um Leistungen handelt, deren Kostens
grundsätzlich von den Sozialversicherungsträgern übernommen werden
können, zeigt sich vorliegend aber schon daran, dass letztlich diese
Kosten zu einem überwiegenden Teil von den örtlichen bzw. über-örtlichen
Sozialleistungsträgern wie der Stadt C und dem Landschaftsverband bzw.
den Pflegekassen getragen worden sind. Hinzu kommt vorliegend, dass
diese Kostenerstattungen in Kenntnis dessen erfolgt sind, dass der
Verein B e.V., die Leistungen, für die er von diesen Kostenerstattungen
erhalten hat, nicht durch Angestellte, sondern durch Vereinsmitglieder
als selbständige Pflegekräfte ausführen ließ (vgl. Bescheinigung des
Landschaftsverbandes vom 28.02.2013 - Anlage 14 -, § 4 Abs. 3 des
Vertrages des Vereins B e.V. mit der … - Anlage 15 -, Bescheinigung des
Landespflegekassen vom 1.02.2013 - Anlage 16 - und die Erklärung der
Stadt C - Anlage 17 -, jeweils zum Schriftsatz der Klin. vom
20.12.2013).
103
Soweit der
Beklagte diesbezüglich anführt, die Kosten seien deswegen nicht als
übernehmbar im Sinne der Rechtsprechung anzusehen, weil die Klin. selbst
nicht mit den Sozialleistungsträgern hätte entsprechende Verträge (wie
der Verein B e.V.) abschließen können, so führt dies zu keiner anderen
Beurteilung.
104
Es trifft
zwar zu, dass die Klin. keine ausgebildete Pflegefachkraft, sondern
lediglich eine Pflegehilfskraft ist. Die Klin. ist aber nach den
entsprechenden sozialgesetzlichen Vorschriften dazu berechtigt, die von
ihr erbrachten und abgerechneten Leistungen wie etwa Grundpflege,
hauswirtschaftliche Versorgung oder Eingliederungshilfe vorzunehmen, so
dass die Kosten für derartige Leistungen grundsätzlich übernehmbar sind.
105
Darüber
hinaus könnte die Klin. auch etwa nach § 77 Abs. 1 SGB XI mit den
Pflegekassen zur Sicherstellung der häuslichen Pflege und Betreuung
sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung einen Vertrag schließen. Nach §
77 Abs. 1 SGB XI können nämlich grundsätzlich auch Verträge mit
einzelnen geeigneten Pflegekräften abgeschlossen werden und zwar über
Leistungen der Grundpflege, der hauswirtschaftlichen Versorgung und
Betreuungsleistungen nach § 36 Abs. 1 SGB XI. Nach dieser Vorschrift,
muss es sich - entgegen der Auffassung des Bekl. - bei der Pflegekraft
auch lediglich um eine geeignete Pflegekraft handeln. Diesbezüglich hat
die Klin. Nachweise über Fortbildungen vorgelegt und sie verfügt zudem
auch über eine langjährige Erfahrung in diesem Bereich. Ein bestimmter
Berufsabschluss wird in § 77 Abs. 1 SGB XI hingegen nicht voraus
gesetzt, denn § 77 SGB XI verweist insbesondere nicht wie z.B. § 72 SGB
XI (Zulassung zur Pflege durch Versorgungsvertrag) auf § 71 SGB XI
(Pflegeeinrichtung) und die darin aufgestellten Anforderungen an eine
Pflegeeinrichtung. Ob derartige Verträge - wie der Bekl. vorträgt -
tatsächlich bislang noch nicht abgeschlossen wurden oder entsprechende
Musterverträge vorliegen, ist unbeachtlich.
106
Entgegen der
Auffassung des Bekl. ergibt sich insbesondere auch nicht aus der
Rechtsprechung des BFH, dass eine Anerkennung als Einrichtung mit
sozialem Charakter nur in Betracht kommt, wenn unmittelbare
Leistungsbeziehungen zwischen dem Unternehmer und dem Kostenträger
bestehen. In dem Urteil vom 8.11.2007 V R 2/06 (BFHE 219, 428, BStBl II
2008, 634) hat der BFH hierzu in den Leitsätzen Folgendes ausgeführt:
"Für die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit
sozialem Charakter kann auch gewürdigt werden, dass der Leistende die
begünstigten Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit
Trägern der Sozialversicherung erbracht hat."
107
Daraus
ergibt sich nach Auffassung des Senats lediglich, dass das Bestehen von
unmittelbaren Leistungsbeziehungen zwischen dem Unternehmer, der die
Steuerbefreiung begehrt, und dem Kostenträger, einer von mehreren
Gesichtspunkten ist, der bei der Prüfung, ob eine "Einrichtung mit
sozialem Charakter" vorliegt, zu würdigen ist.
108
Denn
ansonsten würde das BFH-Urteil vom 08.06.2011 XI R 22/09 (BFHE 234, 448,
HFR 2011,1132) im Widerspruch zu dieser Entscheidung stehen. In dem
diesem Urteil zugrunde liegenden Fall bestanden lediglich vertragliche
Beziehungen zwischen dem die Steuerbefreiung begehrenden Kläger und dem
Vermieter von Seniorenwohnungen. Der BFH hat - obwohl weder unmittelbare
Leistungsbeziehungen zwischen dem dortigen Kläger und den betreuten
Personen noch zwischen dem Kläger und den Trägern der Sozialleistungen
vorlagen, und dementsprechend auch keine unmittelbaren
Kostenerstattungen vom Sozialleistungsträger an den Kläger erfolgten -
in diesem Fall die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter
allein daraus abgeleitet, dass die Kosten für die Leistungen des Klägers
durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit
übernehmbar seien, und hierzu ausgeführt: "Im Streitfall ist die vom
Kläger erbrachte einheitliche Leistung eine solche der Altenhilfe, die
gemäß § 75 BSHG von den Trägern der Sozialhilfe übernehmbar war."
109
Des Weiteren
hat der BFH mit dem Vorabentscheidungsersuchen vom 21.08.2013 V R 20/12
(BFH/NV 2014, 126) dem EuGH einen Fall zur Entscheidung vorgelegt, in
dem ebenfalls keine unmittelbaren Leistungsbeziehungen bestehen.
Klägerin dieses Verfahrens ist eine Zeitarbeitsfirma, die
Pflegefachkräfte an stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen
überlässt und sowohl ausschließlich in vertraglichen Beziehungen zu
diesen Pflegeeinrichtungen steht, als auch ausschließlich von diesen
Pflegeinrichtungen das Entgelt für ihre jeweiligen Leistungen erhält.
110
Die
Auffassung des Senats steht schließlich auch nicht im Widerspruch zu den
Entscheidungen des BFH vom 8.11.2007 V R 2/06 (BFHE 219, 428, BStBl II
2008, 634) und vom 08.08.2012 V R 8/12 (BFH/NV 2014, 119), soweit der
BFH in diesen Entscheidungen Folgendes ausgeführt hat: "Für die
Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem
Charakter reicht es für sich allein jedoch nicht schon aus, dass der
Unternehmer -wie hier- lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte
Einrichtung tätig geworden ist."
111
Aus diesen
Ausführungen des BFH ergibt sich gerade nicht, dass ein "Subunternehmer"
einer anerkannten Einrichtung mit sozialem Charakter nicht auch selbst -
bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen - eine anerkannte Einrichtung
mit sozialem Charakter sein kann.
112
cc) Die
Steuerbefreiung der streitigen Leistungen ist schließlich auch nicht
nach Art. 134 Satz 1 Buchst. a MwStSystRL ausgeschlossen.
113
Nach Art.
134 Satz 1 Buchst. a MwStSystRL sind von der Steuerbefreiung
Dienstleistungen ausgeschlossen, wenn sie zur Ausübung der von der
Steuer befreiten Tätigkeit nicht unerlässlich sind. Nach Auffassung des
Senats sind vorliegend insbesondere auch die von der Klin. erbrachten
Verwaltungstätigkeiten zur Ausübung der Pflegeleistungen unerlässlich
(vgl. unter A 2 b) aa).
114
B. Unentgeltliche Wertabgabe
115
Hinsichtlich
der privaten Pkw-Nutzung der Klin. ist - entgegen dem USt-Bescheid vom
21.01.2010 - für das Streitjahr 2008 keine unentgeltliche Wertabgabe
anzusetzen.
116
Gemäß § 3
Nr. 9a UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung wird u.a. einer
sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt
117- 1181. die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen.
Vorliegend
besteht für den Pkw der Klin. aber kein Recht auf Vorsteuerabzug, denn
da die Klin. den Pkw lediglich zur Ausführung steuerfreier Umsätze
verwendete (vgl. unter A), ist der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1
UStG ausgeschlossen. Dementsprechend ist auch keine unentgeltliche
Wertabgabe gemäß § 3 Nr. 9a Nr. 1 UStG anzusetzen.
120
C. Vorsteuer-Anspruch
121
Der Klin.
steht für die Streitjahre der in den USt-Bescheiden berücksichtigte
Vorsteueranspruch i.H.v. 153,59 € (2007) und 209,39 € (2008) nicht zu.
Dieser ist gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, da die Klin. in
den Streitjahren lediglich steuerfreie Umsätze (vgl. unter A) erzielt
hat. Dagegen hat die Klin. - was sich letztlich auch aus ihrem
Klageantrag ergibt - keine Einwendungen.
122
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
123
Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151
Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
124
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, § 115 Abs. 2 FGO.