Freitag, 9. August 2013

VG Bayreuth: "illegales" Wettbüro (sagt die Regierung) wird nicht geschlossen

Trotz EU-Rechts, wonach das Anbieten und Vermitteln von Sportwetten auch durch Privatunternehmen erlaubt ist, beharrt Deutschland derzeit noch auf seinem Staatsmonopol für Glücksspiele, erklärt für illegal, was beim Staatsbetrieb legal ist. Mit einer Begründung im Glücksspiel-Staatsvertrag, die schwer nachvollziehbar ist. Denn da heißt es: "Zweck der Untersagung des illegalen Glücksspiels ist es, das Glücksspielangebot zu begrenzen, den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in überwachte, geordnete Bahnen zu lenken und so das Entstehen von Spielsucht zu bekämpfen."

Der Betreiber ist sauer auf die Polizei: Ein Beamter habe ihn zu einer illegalen Tat gedrängt.

Ertan Peker: "Man hat mir gesagt, man wolle sich ein Bild von dem machen, was wir hier anbieten und bitte um eine Demonstration. Der Polizeibeamte füllte mit mir gemeinsam einen Wettschein aus, ließ ihn nach Malta zu Tipico übermitteln. Anschließend habe ich den Vorgang wieder storniert."

Ertan Peker sieht in dem ganzen Vorgang schon eine gewisse Behördenwillkür.
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Update:
Wettbüro wird nicht geschlossen

Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat einem entsprechenden Eilantrag des Buchmachers stattgegeben und die Vollstreckung eines von der Stadt Burgkunstadt ausgesprochenen Untersagungsbescheids vorläufig ausgesetzt.
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Hintergrund:

Alle Bemühungen der Länder, über das Verwaltungsrecht ein rechtswidriges Monopol beizubehalten, haben sich als unzulässig erwiesen. Seit 1999 verstießen alle Regelungen gegen höheres Recht.

Anders als die Staatsregierung hat dies auch das VG Bayreuth so gesehen!

Im verwaltungsrechtlichen Verfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz. Nach § 86 Abs. 1 VwGO hat das Verwaltungsgericht die Pflicht von Amts wegen zu ermitteln.

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit dient dem Schutz des Einzelnen gegen rechtswidrige Maßnahmen der Verwaltung.

Aus Gründen der Normenhirarchie* kann Verwaltungsrecht nicht über Verfassungs- oder Unionsrecht bestimmen!
(vgl. BVerwG Az: 8 C 2.10 Rn. 40 vom 01.06.2011)

Durch die Entscheidung des BVerwG, der Annahme des Vorlageverfahrens Rs. C-440/12 durch den EuGH, der Ablehnung des GlüStV durch die Kommission, sowie weiterer Gerichtsentscheidungen ist obiger Anordnung jedoch die Rechtsgrundlage abhanden gekommen.

Das BVerwG stellte am 20. Juni 2013 erneut die Unionsrechtswidrigkeit des GlüStV 2008 fest.

Dass Glücksspielmonopol diene tatsächlich nicht der Suchtbekämpfung, sondern fiskalischen Zweckenweiterlesen

*Die hierarchische Ordnung der Rechtsquellen (Normenhierarchie)
Geltungsvorrang und Anwendungsvorrang
Anwendungsvorrang genießt etwa europäisches
Unionsrecht im Verhältnis zu mitgliedstaatlichem Recht: Steht eine Norm des mitgliedstaatlichen Rechts im Widerspruch zu einer Norm des Unionsrechts, so darf das mitgliedstaatliche Gericht die mitgliedstaatliche Norm nicht anwenden. Es muss den Fall anhand der unionsrechtlichen Regelung entscheiden.
Unterhalb des Gesetzes im materiellen Sinn wären jeweils die Verwaltungsvorschriften anzuordnen.
Verbindliche Einzelakte (Verwaltungsakte, öffentlich-rechtliche Verträge, Urteile) stehen infolge des Vorrangs der Verfassung und des Vorrangs des Gesetzes in der Rangfolge unterhalb jeder Rechtsnorm.
Quelle: wikipedia

Artikel 25 GG
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes. Quelle

Spätestens nach der Elfes-Entscheidung des BverfG vom 16.01.1957 sind alle Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Behörden und Gerichte gemäß § 31 Abs. 1 BverfGG gezwungen, nur dem Grundgesetz als der ranghöchsten Rechtsquelle der Bundesrepublik Deutschland formell und materiell entsprechende Normen als Gesetzgeber zu erlassen sowie als vollziehende Gewalt und Gerichte anzuwenden. weiterlesen

Der Träger eines öffentlichen Amtes ist wegen seiner besonderen Macht- und Vertrauensstellung zur unparteiischen Wahrnehmung der ihm übertragenen hoheitlichen und öffentlich-rechtlichen Aufgaben verpflichtet. Ihm obliegt eine besondere Sorgfalts- und Neutralitätspflicht. Entsprechend dieser regelmäßigen beruflichen Aufgabe von Amtsträgern im Sinne der öffentlichen und rechtlichen Ordnung ergibt sich eine besondere Gefährdung für Handlungen, die im rechtlichen Sinn in einem weiten Spektrum von der Fahrlässigkeit bis zur Selbstjustiz liegen können. weiterlesen

”Jeder Beamte muss die zur Führung seines Amts notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich diese verschaffen. Ein besonders strenger Sorgfaltsmaßstab gilt für Behörden, die durch den Erlass von Bescheiden selbst vollstreckbare Titel schaffen.

Eine objektiv unrichtige Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung ist schuldhaft, wenn sie gegen den klaren und eindeutigen Wortlaut der Norm verstößt oder wenn aufgetretene Zweifelsfragen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, sei es auch nur in einer einzigen Entscheidung, geklärt sind.” 
(vgl. OLG Koblenz 1 U 1588/01 vom 17.07.2002)


Denn die Wahrung des Unionsrechts ist nicht nur Aufgabe der nationalen Gerichte. Vielmehr verpflichtet der (Anwendungs-) Vorrang des Unionsrechts neben den nationalen Gerichten auch die Behörden dazu, entgegenstehendes nationales Recht von sich aus unangewendet zu lassen: damit haben die Behörden - wie die damit befassten Gerichte - nicht nur die "Verwerfungskompetenz", sondern im konkreten Kollisionsfall auch eine unionsrechtlich geforderte "Verwerfungspflicht" (vgl. Streinz in Streiz EUV/AEUV, Kommentar, 2. Aufl. 2011, RdNr. 39 zu Art. 4 EUV m.w.N.). weiterlesen

Restriktionen müssen „kohärent“, also in sich stimmig und konsequent sein. Damit wird verhindert, dass die Mitgliedstaaten sich zu ihrer Verpflichtung auf einen Binnenmarkt durch nationale Regelungen oder durch deren unzureichenden Vollzug in Widerspruch setzen. weiterlesen

Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, der “Verfassungsurkunde der Gemeinschaft” zum 1. Dezember 2009 wurde die neue Europäische Union geschaffen und die EU-Grundrechtecharta rechtsverbindlich.
Alle Organe der Union und der Mitgliedstaaten haben in Anwendung des Unionsrechts die sich daraus ergebenden Grundrechte einzuhalten.
Quelle

Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) bzw. Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten enthält einen Katalog von Grundrechten und Menschenrechten (Konvention Nr. 005 des Europarats). Über ihre Umsetzung wacht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.
Quelle

Zur Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) gehört die Berücksichtigung der Gewährleistungen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung. (BVerfG, Beschl. v. 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04)  weiterlesen