Freitag, 16. Dezember 2011

Ministerpräsidenten unterzeichnen, Rechtsunsicherheit bleibt

Das Medieninteresse an der Ministerpräsidentenkonferenz war groß, denn es stand heute in Berlin die abschließende Entscheidung zum Glücksspielstaatsvertrag an. Die Fragezeichen bei den Pressevertretern waren nach der Pressekonferenz umso größer. Trotz der geleisteten Unterschriften steht und fällt der neue Glücksspielstaatsvertrag mit dem Votum der Europäischen Kommission.

Wann dieses abgegeben wird, konnte auch der Ministerpräsident des zur Ausarbeitung des Glücksspielstaatsvertrages federführenden Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Haseloff, nicht beantworten. Ein Notifizierungsverfahren dauert in der Regel bis zu drei Monaten. Der Entwurf des Glücksspieländerungsstaatsvertrages vom 28. Oktober 2011 wurde erst Anfang Dezember zur erneuten Überprüfung vorgelegt. Somit könnte Brüssel bis Februar 2012 auf die Anfrage antworten.

Sollte Brüssel den Staatsvertrag notifizieren, wird dieser den Landesparlamenten zur Ratifizierung vorgelegt werden. Sodann ist damit zu rechnen, dass die Politik die Änderungen der Spielverordnung und der Gewerbeordnung abwarten will – mittlerweile liegt ein Entwurf der Bundesregierung zur Änderung der Spielverordnung dem Bundesrat vor. Dann könnten die angepeilten Gesetzesänderungen in Kraft treten. Aufgrund des Umfangs dieser Verfahren kann damit erst Mitte nächsten Jahres gerechnet werden.
Das Inkrafttreten ist insbesondere für die Geltungsfristen bestehender und neuer Spielstättenkonzessionen relevant, die gegen die neuen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages (§§ 24 und 25, u.a. Mehrfachkonzessionen) verstoßen. Denn dann beginnt die Laufzeit für die Fünf-Jahresfrist für vor dem 28. Oktober 2011 bestehenden und die Ein-Jahresfrist für die nach dem 28. Oktober 2011 erteilten Konzessionen (§ 29 Abs. 4)
Sollte das Änderungsgesetz notifiziert werden, wird wahrscheinlich das Land Schleswig-Holstein dem Vertrag bis Ende Februar 2012 beitreten. Die bis dahin beantragten Konzessionen für das Angebot von Sportwetten für das Land Schleswig-Holstein würden sich erledigen.

Sollte die Europäische Kommission den Staatsvertrag nicht notifizieren, müssten die Länder eine neue überarbeitete gesetzliche Grundlage schaffen. Die bisherigen Regelungen für die Sportwetten und das gewerbliche Automatenspiel würden zunächst unverändert bestehen bleiben.

O-Töne von der Ministerpräsidentenkonferenz
Dieses Szenario sieht hingegen Dr. Haseloff nicht als realistisch an. Nach einer mündlichen Auskunft der Europäischen Kommission seien die Regelungen des neuen Glücksspielstaatsvertrages unionsrechtskonform. Auch die Begrenzung der Zahl der Konzession für Sportwettunternehmen sei nicht zu beanstanden. Die Nachfrage des Geschäftsführers der AW Info GmbH, Dipl.Pol. Lamprecht, ob aufgrund der neuen gesetzlichen Regelungen mit Schadenersatzforderungen zu rechnen sei, wies Ministerpräsident Beck zurück. Der neue Staatsvertrag halte sich zur Bekämpfung der Spielsucht an die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Die Politik würde niemandem vorsätzlich das Betreiben des Gewerbes verbieten wollen.

Frohes neues Jahr 2012! Und nun?
Sicher ist, ab dem 01. Januar 2012 besitzt lediglich das Land Schleswig-Holstein eine unionsrechtskonforme liberale Regelung für den Bereich der Sportwetten. Für das gewerbliche Automatenspiel ist zwischen Ländern mit und den Ländern ohne eine landesrechtliche Spielstättenverordnung zu unterscheiden. Bundeseinheitliche Rechtssicherheit sieht anders aus!
Kontakt:
KARTAL Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Damir Böhm
Friedenstr. 36 (Ecke Jöllenbecker Str.)
D - 33602 Bielefeld


Die SpielV ist eine Rechtsverordnung und konkretisiert die Vorgaben der GewO
zur Aufstellung von „Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit“ (§§ 33 c, d und e GewO). Wogegen die Glücksspielautomaten, so genannte Slotmachines, in Spielbanken ungeregelt sind. Kramer, J. (2011): Spielbanken gegen Spielhallen - Zum sog. Regelungsgefälle zwischen staatlich konzessioniertem Glücksspiel und gewerblichem Geldgewinnspiel, in: WRP 2011 Heft 2, 180 - 188.

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