Donnerstag, 12. Mai 2011

Spielbanken kriminalisieren Spielhallen

- ein Zwischenruf von AWI-GF Dirk Lamprecht -

In der Süddeutschen Zeitung vom 10. Mai 2011 (Seite 25) wird wieder einmal deutlich, dass der Staat kein guter Unternehmer ist – und wenn er dann nicht weiter weiß, greift er oftmals zu Mitteln, die es wert sind hinterfragt zu werden:

So auch in der aktuellen Diskussion um den Glücksspielsstaatsvertrag, bei der die staatlichen Spielbanken die private Konkurrenz am liebsten verbieten lassen würden – und dies mit nicht immer feinen Mitteln: So habe sich laut Süddeutscher Zeitung der Deutsche Spielbankenverband ein Kurzgutachten eines Staatsrechtlers und ehemaligen Verteidigungsministers ausarbeiten lassen, in dem geschlussfolgert wird, dass bei "akuten Missständen in der Berufswelt wirtschaftliche Grundrechte, wie der Bestandsschutz am ausgeübten Gewerbebetrieb, eingeschränkt oder gar ausgesetzt werden könne". Um akute Gefahren bekämpfen zu können, ließe sich eine Übergangsfrist für die Schließung existierender Betriebe ohne weiteres auf ein Jahr reduzieren. Als Beispiel nennt der Artikel "Spielhallen in der Nähe von Kindergärten und Schulen oder wenn es in solchen Spielstätten kriminell zuginge." - Ein Schelm wer Übles dabei denkt und auch die 'Süddeutsche' schlussfolgert, dass "die Konkurrenz schließen soll, die staatlichen Casinos aber expandieren wollen".

Gerade die Ausdehnungspläne staatlicher Spielbanken im Internet sind insofern interessant, als Verbandschef Lutz Wieding den Spielgästen Sicherheit vor Kriminalität im Netz garantiert: "Der Schutz der Kunden sei bei den staatlichen Spielbanken auch im Internet gewährleistet", so wird er zitiert. Das mag stimmen, wenn damit der Schutz vor Raubüberfällen gemeint ist. Erinnert sei hier an den Überfall im März 2010 auf das Pokerturnier der Spielbank Berlin.

Dass auch die Bundesländer versuchen, Spielhallen zu kriminalisieren, zeigt auch ein anderes Beispiel: So stellten die Stuttgarter Nachrichten am 08.März 2011 fest, dass die Innenminister der Länder über das Bundeskriminalamt eine Studie über Delikte im Umfeld von Spielhallen und Casinos erstellen ließen. Aufgrund der mageren Ergebnisse wurde selbige zur Verschlusssache erklärt. Gedacht war die Studie offensichtlich, um gewerbliche Spielhallen in die Nähe eines kriminellen Umfeldes zu rücken. Denn die Studie war laut Stuttgarter Nachrichten in Auftrag gegeben worden, um "Kriminalitätsformen im Umfeld des gewerblichen Glücksspiels "beleuchten" zu lassen". Allerdings waren die Ergebnisse eine herbe Enttäuschung, denn so wurde nur ein eingeschränkt aussagefähiges Lagebild erstellt, die Stuttgarter Nachrichten sprechen ganz offen von "einem Schuss in den Ofen". In einzelnen Bundesländern ließ sich laut der Studie kein eindeutiger Sachzusammenhang konstruieren, an anderen Stellen werden Delikte als rückläufig eingestuft, Mecklenburg-Vorpommern ließ gar übermitteln, dass die abgefragten Kriminalitätsformen nur eine sehr untergeordnete Rolle spielten. Auch das BKA warnte laut Stuttgarter Nachrichten davor, dem Bericht zu viel Bedeutung zu schenken.

Dies stimmt mit anderen Erkenntnissen aus den Medien überein: So stellte das LKA Berlin in der RBB-Abendschau vom 14.03.2010 fest, dass Spielhallen eher Opfer von Kriminalität werden würden, als das von ihnen kriminelle Handlungen ausgingen. Auch das BKA teilte der Automatenwirtschaft auf Anfrage im März 2010 nach verschiedenen Presseberichten mit, dass keine negativen Erkenntnisse zum Umfeld gewerblicher Spielhallen vorlägen.

Dennoch hielten es die Innenminister vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse für erforderlich, auf eine Beschränkung des gewerblichen Unterhaltungsautomatenspiels hinzuwirken.

Wie nun ausgerechnet der Deutsche Spielbankenverband mit Hilfe eines Gutachtens eine Kriminalisierung des gewerblichen Automatenspiels beweisen oder in die Öffentlichkeit bringen will, bleibt schleierhaft.

Zu wünschen wäre eine Versachlichung der Diskussion, die Herausnahme des gewerblichen Geldgewinnspiels aus den Überlegungen zum Glücksspieländerungsstaatsvertrag und ein Ende der Vermischung privatwirtschaftlich gewerblichen Unterhaltungsspiels mit staatlichen Glücksspielformen.

AWI Automaten-Wirtschaftsverbände-Info GmbH
Dirk Lamprecht
Geschäftsführung
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