Mittwoch, 9. März 2011

Der Glücksspielmarkt von morgen

Positionen der deutschen Unterhaltungsautomatenwirtschaft

Erstmalig wurde 2004 zwischen den Ländern ein Staatsvertrag zur Regelung des Glücksspiels geschlossen. Im Jahre 2006 wurde der damalige Lotteriestaatsvertrag durch das Bundesverfassungsgericht mit der Maßgabe „gekippt“, entweder das Glücksspiel für den freien Markt freizugeben oder das pathologische Spiel optimal zu bekämpfen. 2008 trat der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft. Dieser wurde am 8. September 2010 vom Europäischen Gerichtshof mit dem zentralen Hinweis beanstandet, dass insbesondere Lotto im Widerspruch zum Ziel der Bekämpfung pathologischen Spielverhaltens zu sehr für das Spiel geworben habe. Zudem wurde beanstandet, dass in der Gesamtschau nicht alle Spielformen ausreichend Berücksichtigung finden, so dass die Regelungen nicht kohärent sind. Vor dem Hintergrund dieser Historie ist die aktuelle Situation zu betrachten.


Der Glücksspielmarkt heute

• Die Umsätze des staatlichen Glücksspiels sind im freien Fall.
Offensichtlich erreicht das staatliche Glücksspiel die Konsumenten immer weniger. Innerhalb der letzten acht Jahre haben sich erdrutschartige Veränderungen bei den Einnahmen des staatlichen Glücksspiels ergeben:

Lotto - 18 %
Spielbanken - 44 %
Oddset-Wetten - 62 %!

• Die privaten Spielanbieter aus dem Ausland sind auf der Überholspur.
Als einziges legales Spielangebot verzeichnet das gewerbliche Automatenspiel normale Zuwächse.

Explosionsartig entwickeln sich die Online-Glückspiele, die in Deutschland noch illegal sind und über das Internet auf den deutschen Markt kommen. Diese Entwicklung lässt sich durch die Fortschreibung des Glücksspielmonopols nicht stoppen.

gewerbliches Automatenspiel + 25 %
Online-Glücksspiele (noch illegal) > + 800 %

• Dem Glücksspielmonopol fehlt die Legitimation.
In einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung muss ein Monopol die Ausnahme und nicht die Regel sein. Ein Monopol braucht deswegen eine tragfähige Legitimation. Bisher wurde die Suchtprävention zur Legitimation des (Lotto-)Monopols herangezogen. Es ist jedoch inzwischen wissenschaftliches Allgemeingut, dass gerade Lotto kein oder allenfalls geringes Suchtpotenzial hat. Die Suchtvorbeugung zur Legitimation des (Lotto-)Monopols scheidet also aus, denn ein Monopol kann sich nicht mit der Bekämpfung einer Gefahr legitimieren, die es nicht gibt. Eine starre Beibehaltung des Monopols mit Blick auf Lotto wird rechtlich allenfalls kurzfristig Bestand haben, weil ein derartiges Monopolkonzept einer rechtlichen Nachprüfung nicht standhalten wird.

• Das Internet macht das Glückspielmonopol objektiv unmöglich.
Das Internet überwindet alle Ländergrenzen. Es lässt sich dauerhaft nicht mit technischen Mitteln eingrenzen oder gar abschotten. Das derzeitige Internetverbot des GlückStV ist damit nicht mehr als eine Utopie. Verschärfend kommt hinzu, dass dieses Verbot die deutschen Spieler zu ausländischen Anbietern treibt.

Die Ziele der Neuregelung

Die Zurückdrängung von Glücksspielangeboten, wie sie durch den Glücksspielstaatsvertrag angestrebt wurde, ist gescheitert. Auf den ersten Blick scheinen die Rückgänge beim Lotto und den sonstigen staatlichen Glücksspielen für einen Erfolg im Sinne der Zurückdrängung zu sprechen. Dies ist ein Irrtum. Die Befriedigung der Spielbedürfnisse hat sich auf andere – zum größten Teil illegale - Spielangebote verlagert. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden: Der natürliche Spieltrieb der Menschen muss in einer individuell befriedigenden und zugleich sozial verträglichen Weise sowie möglichst unter sozialer Kontrolle kanalisiert werden. Deswegen sollen möglichst alle Glücksspielangebote nach deutschem Recht geregelt und kontrolliert werden. Illegales Glücksspiel gefährdet Arbeitsplätze in Deutschland. Steuern und sonstige Abgaben sollen dem deutschen Fiskus und den gemeinwohlorientierten Zwecken in Deutschland zufließen.

Der Glücksspielmarkt von morgen

• Für Lotto wird nur eine Konzession für die Bundesrepublik Deutschland vorgesehen.
Die Konzessionsbedingungen – insbesondere die Abgaben – regeln die Länder unter fiskalischen Gesichtspunkten und unter dem Aspekt der Förderung des Gemeinwohls. Es ist zu erwarten, dass der deutsche Lotto- und Toto-Block den Lizenzwettbewerb angesichts der Marktbedingungen in Deutschland – besonders wegen der Infrastrukturvorgaben und Kosten – für sich entscheiden wird. Faktisch wird es bei der bisherigen Anbieterstruktur bleiben, allerdings unter besseren Wettbewerbsbedingungen (z.B. Werbung und Online-Angebot)

• Alle anderen Glücksspiele – terrestrisch wie online – bedürfen der Konzessionierung.
Wettbewerbsverzerrende Beschränkungen wie Ausweiskontrollen und Sperren bei Spielbanken werden durch interaktive Präventions- und Schutzkonzepte ersetzt. Durch die jeweiligen Lizenz-Regelungen wird sichergestellt, dass nur zuverlässige Anbieter eine Lizenz erhalten. Wichtige Aspekte des Spieler- und Jugendschutzes und der Spielsuchtprävention können so in den Lizenzauflagen verlangt und durchgesetzt werden. Durch das erhöhte Steuer- und Abgabenaufkommen werden zusätzliche Fördertöpfe für sportliche und sonstige gemeinwohlorientierte Zwecke gespeist.

• Die gewerbliche Automatenwirtschaft ist der größte terrestrische Spielanbieter.
Das engmaschige Regelwerk des gewerblichen Spielrechts, insbesondere der Spielverordnung, sorgt heute schon für einen größtmöglichen Spielerschutz bei gleichzeitiger effektiver sozialer Kontrolle. Mehr als 200.000 Spielgeräte in Deutschland bieten dieses kontrollierte Spielangebot. Insofern ist diese Form des Geldspiel-Angebotes allen anderen Formen überlegen. Wesentliche Angebotseinschränkungen wären kontraproduktiv, weil die Spieler dann zur Befriedigung ihrer Spielbedürfnisse auf weniger gut geschützte und nicht kontrollierte Spielangebote z.B. im Internet ausweichen müssten.

• Steuern und gemeinwohlorientierte Abgaben werden mit dem Umsatz der in Deutschland ansässigen Spielanbieter wachsen (Schätzung der Umsätze bis 2015):

Lotto > + 50%
Spielbanken > + 100%
Online-Glücksspiele > +1000%

Illegale Glücksspielangebote aus dem Ausland werden Umsatzrückgänge von mehr als 75% erleiden.

Der skizzierte Lösungsweg erschließt effektive ordnungsrechtliche Regelungsmöglichkeiten im Sinne des Spielerschutzes, eröffnet neue Möglichkeiten für die wirtschaftliche Betätigung in Deutschland und bietet die Chance, große Teile des Glücksspielmarktes, der ins virtuelle Ausland abgewandert ist, wieder in das rechtliche und fiskalische Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zurückzuholen. Wir sind der festen Überzeugung, dass dies der einzige Weg ist, um eine stabile und zugleich gemeinwohlorientierte Basis für das Glücksspiel in Deutschland zu schaffen, die langfristig Bestand hat.
Quelle
Kontakt: Dirk Lamprecht, Tel.: 030 240877-60
Berlin, 09.03.2011