Mittwoch, 27. Oktober 2010

Schreiben an die Europäische Kommission vom 21.10.2010

von Meggi Erwig
Münster, den 21.10.2010

Europäische Kommission
B- 1049 Brüssel, Belgien

Betreff: Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 08.09.2010
(Rechtssache C-409/06, den verbundenen Rechtssachen C-316/07, C-358/07, C-359/07, C-360/07, C-409/07 und C-410/07 und in der Rechtssache C-46/08)

Sehr geehrte Damen und Herren,

Mit Urteil vom 08.09.2010 stellte der Europäische Gerichtshof fest, dass das deutsche Glücksspielmonopol mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar ist.
Aus diesem Grunde dürfen sämtliche, das Monopol betreffende, nationale Regelungen nicht mehr angewandt werden.

Dazu gehört auch der Rundfunkstaatsvertrag (RStV), wenn dieser entgegen der Feststellungen des Bay.Verwaltungsgerichtshofs vom 28.10.2009 (7 N 09.1377) als Verbots- und Eingriffsgesetz angewandt wird, um damit missliebige Konkurrenz vom Markt fern zu halten um so die Umsätze der Monopolbetriebe weiterhin zu schützen. Urteil im Volltext

Mit dem § 8a RStV umgehen manche Glücksspielaufsichtsbehörden die eindeutigen Rechtsbefehle aus den Urteilen des EuGH vom 08.09.2010, indem auf den Präzedenzfall VG Münster vom 14.06.2010 verwiesen wird.

In einem Telefonat vom 11.10.2010 wurde dies von Rechtsanwalt xxxx / xxxxxx Tel. xxxxxxxxx mir gegenüber so auch bestätigt.

Mit der Falschanwendung des § 8a RStV verstoßen die Behörden gegen Europarecht und die Bundesdeutsche Verfassung.

Mit dem § 8a RStV werden Telefongewinnspiele "ausschließlich" in Rundfunk und Fernsehen geregelt, um eine Senderfinanzierung zu ermöglichen.

Die Justiz in NRW hat diese Ausnahmeregelung rechtsmissbräuchlich und verfassungswidrig als Eingriffsgesetz ausserhalb des "Rundfunks" gegen eine Privatperson angewandt. Mit der Falschbehauptung einer Verlosung wurde ein Präzedenzfall geschaffen, indem man den Streitwert so hoch ansetzte, dass eine juristische Klärung über den Instanzenweg unmöglich wurde. Urteil des VG Münster (1 L 155/10) vom 14.06.2010

Festzustellen ist, dass die o.a. rechtswidrige Vorgehensweise besonders durch die Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder Bayern (Aufsichtsbehörde Mittelfranken) und NRW (Aufsichtsbehörde Düsseldorf) bekannt wurde, da diese auch die Aufsicht über den Rundfunkstaatsvertrag durchführen.

Die Bezirksregierung Düsseldorf (Aufsichtsbehörde NRW) veröffentlicht noch immer:
"Gemäß § 58 Abs. 4 i.V.m. § 8a des Staatsvertrages für Rundfunk- und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag) ist ein Gewinnspiel im Internet u. a. dann zulässig, wenn für die Teilnahme nur ein Entgelt bis zu 0,50 Euro verlangt wird."

Auch wird durch die Behörde noch immer so getan als würden die Urteile vom 08.09.2010 nicht existieren.

In Bundesländern, in denen die Kontrolle des Rundfunkstaatsvertrages den Landesmedienanstalten obliegt, wird in ähnlich gelagerten Fällen eine "Rundfunkähnlichkeit" bzw. die Zugehörigkeit zum Rundfunk verneint.

Ich bitte Sie zur Kenntnis zu nehmen, dass die tatsächliche Anwendung (als Verbotsgesetz) des § 8a RStV entsprechend der Urteile vom 08.09.2010 unionsrechtswidrig ist.

Bitte unterrichten Sie mich über den weiteren Fortgang in dieser Angelegenheit.

Mit freundlichen Grüßen
Meggi Erwig Quelle

Pressemitteilung zum Beschluß des VG Münster vom 14.06.2010

Auf die Veröffentlichungen auf der Informationsseite www.haus-gewinnspiele.de zur Petition
möchte ich hinweisen:

Am 3. September 2010 (mittlerweile genau vier Monate nach Einreichen der Petition beim Bundestag) kommt die zweite und endgültige Ablehnung der Petition seitens Petitionsausschuss:
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Auch hier ist der politische Einfluss ersichtlich, den Bestand des Monopols mit allen Mitteln weiter verteidigen zu wollen. Nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs in seinen drei Urteilen vom 8. September 2010 ist das Monopol nicht mit Europarecht vereinbar.

Die beschränkenden Regelungen des deutschen Glücksspiel-Staatvertrags dürfen wegen des Vorrangs des Europarechts bis zur Herstellung einer europarechtskonformen Sach- und Rechtslage nicht mehr angewandt werden.


Zu einer eigenen Entscheidung über die Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht sind nationale Gerichte - gleich welcher Instanz - nicht befugt. EuGH 22.10.1987, Rs 314/85, Foto-Frost, Slg. 1987, 4199.

Der EuGH gesteht seinerseits den nationalen Gerichten nur in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutes insoweit eine Kompetenz zur Entscheidung hierüber zu, als sie bei erheblichen Zweifeln an der Gültigkeit von Sekundärrecht, zur Vermeidung schwerer und irreversibler Nachteile und unter Beachtung der Interessen der Gemeinschaft die Vollziehung des Gemeinschaftsrechts aussetzen dürfen, wenn sie gleichzeitig gemäß Art. 177 EGV den Gerichtshof mit den einschlägigen Fragen befassen.
EuGH 21.2.1991, Rs C-143/88 u. C-92/89, Zuckerfabrik Süderithmarschen, Slg. 1991, I-415; jüngst 9.11.1995, C-465/93, Atlanta Fruchthandelsgesellschaft.

Nicht das Recht, sondern die Vernunft muss Richter sein über den Menschen !

update vom 15.11.2010