Sonntag, 12. September 2010

Pressemitteilung zum Beschluß des VG Münster vom 14.06.2010

Auch hier konnten sich unsere "gewählten" Volksvertreter, und die in einer Demokratie dem Bürger verpflichtete "Bürokratur" wieder mal so richtig gegenseitig auf die Schulter klopfen – wie sie das staatliche Glücksspielmonopol über den Umweg des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) gegenüber einer Privatperson verteidigt haben.
Wie man heute weiß, dauerte die Freude nicht lange - nur bis zum 8.9.2010!

Beängstigend ist, dass die Gewaltenteilung auch in diesem Bereich nicht zu funktionieren scheint, wenn sich selbst die "unabhängige" Justiz vor diesen Karren spannen lässt, indem sie eine Ausnahmeregelung für den Rundfunk, in dem schnelle Glücksspiele im Rahmen der Rundfunkfreiheit geregelt sind, rechtsmissbräuchlich als Eingriffsgesetz gegenüber einer von einer Privatperson als Geschicklichkeitsspiel konzipierten Auslobung anwendet.

Die ALM/ZAK-Pressemitteilung 05/2009 hat folgende Überschrift: "Mehr Verbraucherschutz bei Call-In-Sendungen/Neue Gewinnspielsatzung für Radio und Fernsehen gilt". Der § 46 Abs. 1 Rundfunkänderungsstaatsvertrag sieht eine Umsetzung des § 8a durch die von den Landesmedienanstalten gemeinsam zu erlassenen Satzungen vor, wodurch die von privaten Rundfunkunternehmen veranstalteten Telefongewinnspiele seit 1.3.2009 über die Gewinnspielsatzung geregelt werden.

Der BayVGH hat am 29.10.2009 wesentliche Teile für rechtswidrig erklärt, darunter die Erstreckung der Satzung auf Telemedien.

Der § 8a RStV wurde für die als "Call-In" bezeichneten Spielangebote geschaffen, die über Mehrwertdienste abgerechnet werden, wodurch Stundenverluste bis zu 300,--€ möglich sind (Stefan Bolay, Mehrwertgebührenpflichtige Gewinnspiele, S. 146 ). Daß im Einzelfall eine exzessive Beteiligung an Fernseh-Gewinnspielen zu erheblichen Kosten führen kann, zeigt das Urteil des LG Berlin vom 28.9.2004, 5 O 241/04, in dem die Beklagte, die innerhalb von 6 Wochen insgesamt 47.024 Mal eine 0137-Rufnummer angewählt hatte, zur Zahlung von 23.087,10 € verurteilt wurde.

Obwohl bereits am 28.10.2009 der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit seinem ausführlichen Urteil zur Rechtskonformität rundfunkrechtlicher Gewinnspielregelungen Stellung nahm, begründet das VG Münster die Untersagung mit den gewinnspielrechtlichen Normen aus dem RStV und erklärte eine private Webseite zu Rundfunk, um die Ausnahmeregel für den Rundfunk auch noch falsch - als Verbotsgesetz gegen eine private Weseite anzuwenden!

Die wesentlichen Punkte der umfangreichen Entscheidung des BayVGH vom 28.10.2009 (7 N 09.1377) im Hinblick auf die Rechtskonformität rundfunkrechtlicher Gewinnspielregelungen wurden von Dr. Marc Liesching in dem Aufsatz vom 07.01.2010 wie folgt ausgedrückt:

"1. Die in § 8 a RStV normierten Anforderungen an Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele stellen gesetzliche Ausgestaltungen der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) und keine Eingriffsgesetze i. S. d. Art. 5 Abs. 2 GG dar. Der Rundfunkgesetzgeber durfte die Landesmedienanstalten in § 46 Satz 1 RStV ermächtigen, zur Durchführung des § 8 a RStV eine “gemeinsame Satzung” zu erlassen.

2. Aus § 8 a Abs. 1 Satz 1 RStV geht die Grundsatzentscheidung der Landesgesetzgeber hervor, wonach die im Rundfunk veranstalteten Gewinnspiele, selbst wenn es sich wie bei den Call-in-Formaten um zufallsabhängige, entgeltliche Spiele und damit je nach Einsatzhöhe um Glücksspiele handelt, keiner behördlichen Erlaubnis bedürfen, so dass die entsprechenden straf- oder bußgeldrechtlichen Vorschriften keine Anwendung finden.

3. Die Bestimmungen der von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien erlassenen Gewinnspielsatzung sind teilweise unwirksam, soweit es die vorgesehene Geltung für vergleichbare Telemedien sowie punktuelle Einzelregelungen zu Transparenzanforderungen, zur Mehrfachteilnahme und zu zeitlichen Beschränkungen des Spielablaufs betrifft."

Der Rn 31 des Urteils lässt sich entnehmen:
"Die in § 8 a Abs. 1 Sätze 2 bis 6, Abs. 2 RStV niedergelegten Anforderungen an eine "ordnungsgemäße Durchführung" von Gewinnspielsendungen und Gewinnspielen sind aus grundrechtssystematischer Sicht als gesetzliche Ausgestaltungen der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) und nicht als Eingriffsgesetze im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG anzusehen. Sie normieren keine rechtlich eigenständigen, programmunabhängigen Verhaltenspflichten der Veranstalter, sondern definieren den Rahmen, innerhalb dessen der Normgeber Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele auch im Interesse der Veranstalter ermöglichen will. Die genannten Anforderungen präzisieren und legitimieren die in § 8 a Abs. 1 Satz 1 RStV getroffene Grundsatzentscheidung, wonach die im Rundfunk veranstalteten Gewinnspiele, selbst wenn es sich wie bei den Call-in-Formaten um zufallsabhängige entgeltliche Spiele und damit je nach Einsatzhöhe um Glücksspiele handelt (vgl. Bolay, MMR 2009, 669 ff.), keiner behördlichen Erlaubnis bedürfen, so dass die entsprechenden straf- oder bußgeldrechtlichen Vorschriften (§ 284 StGB, Art. 9 Abs. 1 Nr. 1 AGGlüStV) keine Anwendung finden können. Der Rundfunkgesetzgeber hat mit dieser Entscheidung zugleich klargestellt, dass neben den zum Unterhaltungsprogramm gehörenden, herkömmlichen Spielsendungen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 17 RStV i. d. F. des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 18.12.2008, GVBl 2009 S. 193) auch die erst in neuerer Zeit aufgekommenen "interaktiven" Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele, an denen sich das Publikum mittels individueller Kommunikationsmittel (insbes. Telefon) kostenpflichtig beteiligen kann, ein in Fernsehen und Hörfunk zulässiger Programminhalt sind und damit für private Rundfunkveranstalter eine erlaubte Einnahmequelle bilden (vgl. LT-Drs. 15/9667 S. 15).

Unter der Rn: 63 steht:
a) Die Erstreckung des Geltungsbereichs der Satzung über den Bereich des Rundfunks hinaus auf die sogenannten vergleichbaren Telemedien (§ 1 Abs. 1 GS), also vor allem auf Gewinnspielangebote im Internet, findet in den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags keine tragfähige Grundlage.

Das Urteil des BayVGH vom 28.10.2009 (7 N 09.1377) im Volltext

In den Anwendungs- und Auslegungsregeln der Landesmedienanstalten für die Aufsicht über Fernseh-Gewinnspiele (GewinnSpielReg) steht unter 1. Kosten: „Die Kosten i. H. v. 50 Cent/Anruf aus dem deutschen Festnetz stellen derzeit den Höchstbetrag dar.“ Dadurch ist festgelegt, dass damit ausschließlich Telefongewinnspiele geregelt werden, wie das Gericht auf Seite 11 auch richtig zitiert: "Anlass für die Einfügung des § 8a RStV war es gerade, eine Rechtsgrundlage für die Call-In-Gewinnspiele im Rundfunk zu schaffen, die nach inzwischen einhelliger Meinung als zufallsabhängige und entgeltliche Spiele eingeordnet werden. Um diese zu legalisieren, wurde das Gewinnspiel (als zufalls- oder geschicklichkeitsabhängiges Spiel) geschaffen, bei dem nur unerhebliche Entgelte von maximal Euro 0,50 pro Teilnahme anfallen dürfen. s.o. Bolay S. 671“.

Das VG Münster zitiert auf Seite 10 den Anwendungsbereich: "Satz 1 stellt klar, dass Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele im Fernsehen und Hörfunk zulässig sind, wenn nur ein Entgelt bis zu 0,50 € einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer verlangt wird. Die Regelungen des Glückspielstaatsvertrages der Länder bleiben unberührt. Ein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ist bei diesen Sendungen zu verneinen, da ein Entgelt von Höchstens 0,50 € einschließlich gesetzlich geltender Mehrwertsteuer als unerheblich angesehen wird."

Aus der aktuellen Präambel lässt sich ebenfalls entnehmen, dass der RStV Regelungen für den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk in einem dualen Rundfunksystem der Länder enthält und damit darauf beschränkt ist, ausschließlich diesen Bereich zu regeln. Eine Anwendung des RStV über diesen Bereich hinaus ist über die Rundfunkfreiheit und die Möglichkeit der Senderfinanzierung durch Gewinnspiele nicht gedeckt.

Dem VG Münster dürfte somit völlig klar sein, was mit dem § 8a RStV geregelt wird – und zwar ausschließlich Telefongewinnspiele im Fernsehen und Hörfunk !

Überschreitung der Länderkompetenzen

Die Länder übersteigen ihre Kompetenzen, wenn diese in Bundesrecht eingreifen, indem sie Gewinnspiele und Wettbewerbe unzulässigerweise dem GlüStV/RStV unterwerfen, obwohl diese dem Bundesrecht unterliegen. So werden reine Geschicklichkeitsspiele ohne Prüfung zu Glücksspielen und private Webseiten zu Rundfunk umdefiniert, und die Streitwerte so hoch angesetzt, dass eine juristische Klärung nicht möglich ist. Die Länder sind nach den zwischen den Bundesländern geschlossenen Staatsverträgen ausschließlich für Glücksspiele i.S. des § 3 GlüStV und für Gewinnspiele im Rundfunk i.S. des § 2 , Abs. 2/3 RStV zuständig.

Nach Art. 74 Abs.1 Nr. 11, 72 Abs.1 GG steht grundsätzlich dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für Gewinnspiele zu.

Die langlaufende Auslobung als Quizturnier mit einem nur Sekunden dauernden Telefongewinnspiel gleichzusetzen, erscheint willkürlich. Auch ist die Anwendung des RStV nicht geeignet das Bundesgesetz, hier § 657 ff. BGB einzuschränken.

Der Beschluß des VG Münster erscheint konstruiert, da im Umkehrschluß nach Meinung des Gerichtes das Anbieten von Telefongewinnspielen (Call-In) zu 50 ct/Anruf im Internet ja dann für jedermann erlaubt wäre, was in der Tat eben nicht der Fall ist, weil dies über die Ausnahmeregelung „RStV/Gewinnspielsatzung“ gerade nicht gedeckt wäre.
Das VG Münster widerspricht mit seiner Rechtsmeinung den nachfolgenden Entscheidungen. LG Köln (Urt. v. 07.04.2009 - Az.: 33 O 45/09) , VG Düsseldorf (Beschl. v. 16.07.2009 - Az.: 27 L 415/09, StA München (Beschl. v. 09.12.2009 - Az.: 385 Js 43144/08) VG Ansbach (Beschl. v. 15.06.2010 - Az.: AN 4 S 10.00573); VG München (Urt. v. 03.03.2010 - Az.: M 22 K 09.4793):
Ein auf einer Internetplattform angebotenes Spiel, bei dem die Teilnehmer mit einem Einsatz von 50 Cent auf den Ausgang von Fußballbundesligaspielen wetten, verstößt gegen den GlüStV. Leitsätze:.... 2. Da nach der Amtlichen Begründung zum Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag durch die Einfügung des § 8a RStV die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages der Länder unberührt bleiben sollen, kann § 8a RStV nicht diejenigen Gewinnspiele legalisieren, die als Glücksspiele vom Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrages erfasst werden.

Dem Urteil des BVerwG 8 C 2.10 vom 31. Mai 2011 lässt sich unter Rn 36 entnehmen:
Glücksspiele im Rundfunk und in anderen Telemedien (vgl. §§ 8a, 58 Abs. 4 RStV) werden vom Glücksspielstaatsvertrag erfasst (vgl. LTDrucks 14/1930 S. 6 zu § 3 GlüStV; LTDrucks 14/2705 S. 26 zu § 8a RStV; Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 54). -s.u.-

update:Um seine Begründung für ein eigenständiges Internetverbot nicht zu gefährden, stellte der BGH im Urteil (I ZR 93/10) vom 28.09.2011 unter der Rn 64 und 66 fest: Teilnahmeentgelte von höchstens 0,50 € sind glücksspielrechtlich unerheblich. Derartige wettbewerbsrechtlich zulässige Gewinnspiele unterliegen eindeutig nicht den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags. weiterlesen
Gemäß § 8a, 58 Abs. 4 RStV sind Ausnahmen für Rundfunk und Fernsehen möglich, wodurch auch zufallslastige schnelle Telefongewinnspiele mit Mehrwertdiensten (50 ct Call-In Spiele) möglich sind.

In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, dass alle gegen Fernsehsender verhängten Bußgelder von der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) beschlossen wurden. Die ZAK war soweit ersichtlich an dem Verbot des einmaligen Veräusserungsgeschäftes der im Eigentum der Veranstalterin stehenden Immobilie nicht beteiligt.

Das VG Münster erklärte die private Webseite zu Rundfunk, obwohl nachweislich kein Rundfunk im i.S. des § 2, Abs. 2/3 RStV (die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters) veranstaltet wurde.

Rundfunk wird als Informationsangebot definiert, dem eine planvoll gestaltete Struktur zugrunde liegt, durch die in einer solchen Weise auf die öffentliche Meinnungsbildung Einfluß genommen wird, dass die Einstufung als Rundfunk gerechtfertigt erscheint.
Das BVerfG definiert Rundfunk als die auf Dauer angelegte, planmäßige und strukturierte Ton- und Bildabfolge. (BVerfGE 97, 298, 310) Der Begriff “Rundfunk“ wird vom Institut für Rundfunkökonomie in seinem Gutachten ausführlich beschrieben. mehr ganz unten

Der Bund ist für die Dienste ohne redaktionelle Inhalte und die Länder für die Dienste mit redaktionellem Inhalt zuständig. Juristen verstehen unter »journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten« Beiträge, die zu einer Meinungsbildung beitragen können.

Eine Feststellung, dass die Webseite der Anbieterin dem Rundfunk zuzuordnen ist, und dass eine rundfunkrechtliche Zulassungspflicht besteht, hat die allein zuständige Landesmedienanstalt gerade nicht getroffen.

Mit dem Verbot stellte das VG Münster den RStV über die bundesrechtliche Regelung (TMG). Beide Gesetze gehen hier unterschiedliche Wege. Der RStV erklärt - so jedenfalls die Interpretation des VG Münster – sogar Telefongewinnspiele bis maximal 50 Cent Einsatz "auch außerhalb des Rundfunks" für rechtlich zulässig. Das TMG und auch das sonstige Bundesrecht hingegen sehen keinerlei Entgelt-Begrenzung vor. Durch die Bestimmungen des RStV würden aber, nach der Rechtsansicht des VG Münster, die Länder den Takt in puncto Online-Gewinnspiele vorgeben. (Quelle: RA. Dr. Bahr)

Eine einheitliche Rechtsanwendung ist gerade nicht ersichtlich, wenn sich das VG Münster über die Zulässigkeit des Gesetzes hinwegsetzt und gegen die Länderkompetenzen verstößt, indem es im völligen Gegensatz zu dem Beschluss des Bay. Verwaltungsgerichtshofes den RStV unzulässigerweise als Verbotgesetz außerhalb von Rundfunk gegenüber einem privaten Angebot mit der Begründung anwendet, dieses sei “rundfunkähnlich”.

Eine Rundfunkähnlichkeit sehen die im § 8 a RStV normierten Anforderungen an Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele als gesetzliche Ausgestaltungen der Rundfunkfreiheit gerade nicht vor.

Das VG Neustadt stellte mit Urteil vom 21.12.2010 [Az: 6 K 1371/09.NW] fest: Anspruch auf Zulassung als Rundfunkveranstalter hat nur, wer tatsächlich Rundfunk betreibt

Gemäß dem RStV sind Angebote kein Rundfunk, die ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen und die nicht journalistisch-redaktionell gestaltet sind. (§ 2, 3 RStV) Juristen verstehen unter ”journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten” Beiträge, die zu einer Meinungsbildung beitragen können.

Außerdem wird in dem seit 1.4.2010 gültigen (13. RStV) unter § 8a RStV (Gewinnspiele) von ”Programm” und unter § 58 von “fernsehähnlichen Telemedien” also von ”Fernsehähnlichkeit” gesprochen.

Festlegung der Ausgestaltung der Anforderungen des § 8a RStV erfolgt durch die Gewinnspielsatzung und wird durch die zuständige Landesmedienanstalt beaufsichtigt.

Die Universität Hohenheim definiert TV-Gewinnspiele als :

(Einzel-)Gewinnspiel: = Bestandteil eines Rundfunkprogramms (...), der den Nutzerinnen und Nutzern im Falle einer Teilnahme die Möglichkeit auf den Erhalt eines Vermögenswertes (...) bietet

oder als

Gewinnspielsendung = inhaltlich zusammenhängender, nicht durch andere Programmelemente unterbrochener Teil eines Rundfunkprogramms von mehr als 3 Minuten Länge (...), bei dem die Durchführung eines oder mehrerer Gewinnspiele (...) den Schwerpunkt darstellt.

Konsequenz der Überschreitung der 50 Cent-Grenze des § 8a RStV?

Lösung 1: Einsatz überschreitet den Korridor, der vom Gesetzgeber im RStV als Privilegierung für TV-Gewinnspiele eingeräumt wird, damit ist die Anwendung des GlüStV eröffnet.

Lösung 2: Mit der spezialgesetzlichen Regelung des § 8a RStV ist der Weg zum GlüStV insgesamt versperrt, Sanktionierung innerhalb des RStV. Hierfür spricht das Bedürfnis nach Gleichbehandlung mit nicht zufallsbasierten Spielen. (s. Seite 25)

Gewinnspielsatzung sieht für die Überschreitung Bußgeld vor. Gewinnspiele in den Medien

Auch aus Gründen der Rechtswidrigkeit des Monopols sind die Regelungen des RStV nicht ausserhalb des Rundfunkrechts anwendbar. Andernfalls würde über den Weg des Rundfunkrechts ermöglicht, eine unionsrechtswidrig in Grundrechte (Art. 12 GG) und Grundfreiheiten (Art. 49 bzw. 56 AEUV) eingreifende Monopolstruktur vorläufig aufrechtzuerhalten.

Das private Angebot unterliegt dem Telemediengesetz (TMG) und nicht dem Rundfunkrecht und damit auch nicht dem Rundfunkstaatsvertrag (RStV). Es ist i.S. des § 2, Abs. 2/3 RStV kein Rundfunk und damit auch nicht vergleichbar. Gemäß dem RStV sind Angebote kein Rundfunk, die ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen und die nicht journalistisch-redaktionell gestaltet sind. Der RStV enthält entsprechend der Präambel grundlegende Regelungen für den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk in einem dualen Rundfunksystem der Länder des vereinten Deutschlands. Auch aus dem Dritten Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten ergibt sich nichts anderes.

Im Anwendungsbereich des Telemediengesetzes sind Telemedien diejenigen elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, bei denen es sich nicht um Rundfunk im Sinne des RStV und nicht um bestimmte Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne des Telekommunikationsgesetzes handelt. Alle Webseiten bis auf Ausnahmen unterliegen grundsätzlich dem Telemediengesetz (TMG)

Die private Veranstalterin einfach mit einem gewerblichen und zulassungspflichtigen Rundfunksender und das Quizturnierspiel mit einem Telefongewinnspiel gleichzusetzen, kann aus meiner Sicht als Rechtsbeugung angesehen werden. Insbesonders da die behauptete Verlosung niemals geplant war.

Manche Behörden verwenden den RStV rechtsmissbräuchlich in dem sie diesen als Verbotsgesetz gegen Geschicklichkeitsspiele im Internet verwenden, die gar keine Mehrwertgebührenpflichtigen Call-In-Gewinnspiele i.S.d. § 8a RStV sind.

Durch die üblicherweise exorbitant hohen Streitwerte ist es privaten Veranstaltern i.d.R. nicht möglich eine höchstrichterliche Entscheidung herbeizuführen. Dies ist verfassungswidrig. s.u. (BvR 1682/07) Eine dauerhafte Gewinnerzielungsabsicht liegt bei einer zur privaten Vermögensveräußerung durchgeführten Auslobung nach § 657 BGB gerade nicht vor. Die bisherigen Beschlüsse betrafen ausnahmslos den gewerblichen Bereich.

Die von der Veranstalterin angebotene Auslobung als Wissenstest ist allein schon von der Aufmachung nicht geeignet Suchtgefahren herbeizuführen. Durch den Teilnahme- und Gewinnausschluss Minderjähriger ist dem Jugendschutz entsprechend den Vorgaben aus der Gewinnspielsatzung genüge getan.

Festzuhalten ist, dass die Bürgerrechte mit Füßen getreten werden, wenn die für die Umsetzung der Regelung erlassene Gewinnspielsatzung bereits mit Urteil des BayVGH vom 28/29.10.2009 für Telemedien als verfassungswidrig erklärt wurde, dann in rechtswidriger Weise gegenüber einer Privatperson angewandt wird.

Das VG Münster ist dennoch der Meinung, dass der § 8a RStV als Verbotsgesetz für das Internet taugt.

Dadurch das Behörden den RStV ausserhalb der Rundfunkfreiheit als Verbotsgesetz einsetzen um das durch den EuGH festgestellte, unzulässige und damit rechtswidrige Monopol zu schützen, unterlaufen diese unzulässigerweise die Urteile vom 8.9.2010.

Wenn der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) Grundrechtseinschränkend angewandt wird verstößt dieser gegen das Zitiergebot (Art. 19.1.2 GG) und ist unwirksam. weiterlesen

Da die absolut private Webseite ohne jeglichen redaktionellen Inhalt war, erscheint die Entscheidung des VG Münster willkürlich und aus meiner Sicht grob verfassungswidrig.

Aber mit Monopolen hat man in der Vergangenheit ja auch so seine Erfahrungen gemacht. Wenn die damalige Deutsche Bundespost ihre ohnehin überzogenen Telefongebühren (s.u.) auch noch falsch abrechnete - war man (praktisch) rechtlos.

Das Bundesverfassungsgericht räumte den Ländern ein, ein Staatsmonopol "konsequent am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren auszurichten."
Weil sich die Monopolbetriebe eben nicht an die rechtlichen Vorgaben hielten, und die staatliche Kontrolle mangelhaft war, fiel der Glücksspielstaatsvertrag am 8.9.2010 beim "Scheinheiligkeitstest" des EuGH durch. Durch die vom EuGH festgetellte Inkohärenz und fehlende Konsistenz ist die Begründung für das Monopol entfallen.

Doch gerade der Staat muss sich seiner Vorbildfunktion bewusst sein und dafür sorgen, dass die von ihm kontrollierten Monopolbetriebe die gesetzlichen Vorgaben buchstabengetreu einhalten.

Mit der Entscheidung des EuGH war der GlüStV seit 1.1.2008 europarechtswidrig und somit auch verfassungswidrig. Die Übergangsfrist bis zum 1.1.2008 war von Anfang an europarechtswidrig. Die Vorläuferregelung, das am 29. April 1999 in Kraft getretene
Bayrische StaatslotterieG (BayGVBl. S. 226) wurde am 28.3.2006 durch das BVerfG für verfassungswidrig bzw. für unvereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG erklärt. Das hier verfügte staatliche Wettmonopol sei „verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt,“ wodurch er auch gemeinschaftswidrig wurde.

Wie sich zeigt, bestand in Deutschland seit 29.04.1999 durchgängig eine verfassungs- und/oder gemeinschaftswidrige Rechtslage.

Ein moderner "Rechtsstaat" sieht anders aus !

Mit diesen Entscheidungen vom 8.9.2010 stellt der Europäische Gerichtshof klar, dass das staatliche Glücksspielmonopol für Sportwetten und Lotterien gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt und erteilt den eindeutigen Rechtsbefehl, dass die europarechtswidrigen nationalen Regelungen nicht weiter angewandt werden dürfen !

Nach ständiger Rechtssprechung des Gerichts gelten seine Urteile sofort, rückwirkend und uneingeschränkt, da das Geltungsbedürfnis des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Vertrauensschutzbelangen der Betroffenen vorgehe.
Das heißt im Klartext: sowohl behördlichen Anordnungen als auch wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen ist mit den Urteilen vom 8.9.2010 die Grundlage entzogen worden.
Eingegangene Verpflichtungen oder geleistete Zahlungen haben nachträglich ihre Rechtsgrundlage verloren, weshalb Aufhebung und Rückzahlung verlangt werden kann. Quelle

Mit dem Urteil (I ZR 93/10) vom 28.09.2011 hält der BGH auch zufallslastige 50-Cent Gewinnspiele für zulässig und stellt unter der Rn.: 62 fest: "Die Vorschrift des § 8a RStV lässt Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele im Rundfunk unter bestimmten Voraussetzungen zu. Nach § 58 Abs. 4 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV gilt § 8a RStV entsprechend für Gewinnspiele in mit Rundfunk vergleichbaren Telemedien, die sich an die Allgemeinheit richten. Dazu zählen auch Internetportale, die redaktionelle Informations- und Unterhaltungsangebote für die Allgemeinheit bereitstellen (vgl. Bolay, MMR 2009, 669, 673)." Rn.: 67 : "(cc) Durch die Zulassung von Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV auch in Internetportalen mit redaktionellem Inhalt werden die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrags nicht beeinträchtigt. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die fraglichen Spiele ein höheres Suchtpotential als die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Spiele haben (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 71 - Carmen Media Group). Sie können infolgedessen auch nicht zur Unionsrechtswidrigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV führen."

Die Entscheidung vom 1. Dezember 2010 hat es in sich.
Das Bundesverfassungsgericht (BvR 1682/07) hat einstimmig beschlossen:

„Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 23. Januar 2007 - 13 Sa 954/06 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.“

„Mit seiner rechtzeitig eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).“ Rn 14

„Dazu gehöre, nicht durch Kostenbarrieren von der Verfolgung berechtigter Interessen und geschützter Positionen auf dem Rechtsweg abgehalten zu werden oder zu deren Durchsetzung aussichtslose und zugleich kostenträchtige Gerichtsverfahren führen zu müssen.“ Rn 15

Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich (Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union)
Ihr Volker Stiny

Stefan Bolay - Mehrwertgebührenpflichtige Gewinnspiele
Michael Benz - (Bachelorarbeit) Systematische Kategorisierung der im deutschen Radio- und Fernsehprogramm vorhandenen Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen

Urteil des VG Münster
mehr zum RStV
mehr zum Grundgesetz Deutscher Bundestag
Schreiben an die Europäische Kommission vom 21.10.2010
mehr zu:
Telemedien
Rundfunkrecht ist ein Teilbereich des Medienrechtes
Rundfunkstaatsvertrag Der Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (RStV) ist ein Staatsvertrag zwischen allen sechzehn deutschen Bundesländern, der bundeseinheitliche Regelungen für das Rundfunkrecht schafft
Medienrecht
Föderalismusreform
Bundesgesetzblatt
Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern bei der Gesetzgebung
Rechtsgrundlagen/Gesetze
lfm - Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen Medienrecht-Materialien
ALM - Arbeitsgemeinschaften der Landesmedienanstalten in der BRD
Rahmenbedingungen für die Durchführung des Drei-Stufen-Tests
Drittes Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten, Stand 2006

ZAK-Pressemitteilung 17/2010 vom 24.11.2010
"Neun Live nimmt außerdem die eingelegte Revision im Normenkontrollverfahren gegen die Gewinnspielsatzung zurück, die gegenwärtig beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist. Damit wird ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem Oktober 2009 rechtskräftig, das die Satzung in ihren entscheidenden Bestandteilen zu Jugendschutz, Transparenz und Hinweispflichten bestätigt hatte."

Anmerkungen des VPRT zum Entwurf des RStV und des TMG im Rahmen der Umsetzung der AVMS-RL
Stand: 17. April 2009/30. April 2009
A. Vorbemerkung:
Der VPRT begrüßt eine textnahe Umsetzung der Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (AVMS-RL) in den Rundfunkstaatsvertrag (RStV). weiterlesen


Stellungnahme des VPRT zum Arbeitsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den „Westdeutschen Rundfunk Köln“ (WDR-Gesetz) - Umsetzung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages -
(Stand: 15. Juni 2009/Drs. 14/9393)
A. Vorbemerkung:
Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien e. V. (VPRT) bedankt sich für die Möglichkeit der Stellungnahme zum vorliegenden Regierungsentwurf zur Änderung des Gesetzes über den „Westdeutschen Rundfunk Köln“ (WDR-G-E). Der Entwurf (WDR-Gesetz-E) hat insbesondere eine Umsetzung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages (12. RÄndStV) in das Landesrecht zum Ziel, dem der Landtag am 1. April 2009 seine Zustimmung erteilt hat. weiterlesen

Stellungnahme des VPRT zum Entwurf einer Handreichung der Landesmedienanstalten für die Veranstaltung von Hörfunkgewinnspielen
(Stand: Mai 2006)
A. Vorbemerkung
Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e. V. (VPRT) bedankt sich für die Möglichkeit der Stellungnahme zur „Handreichung der Landesmedienanstalten für die Veranstaltung von Hörfunkgewinnspielen“. weiterlesen


Stellungnahme des VPRT zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften
(Stand: Stellungnahme des Bundesrates vom 7. Juli 2006; Drs. 359/06 – Beschluss)
Der VPRT ist die Interessenvertretung von ca. 150 privaten elektronischen Medienanbietern der Bereiche Fernsehen, Hörfunk und Multimedia. Der VPRT hat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bereits mehrfach Stellung genommen, insbesondere hinsichtlich der Bestimmungen zur Nummerierungsverordnung (§ 66 ff. TKG), zuletzt auch zur geplanten Regulierung von „Neuen Märkten“. Die nachfolgenden Anmerkungen beschränken sich auf die Bundesrats-Stellungnahme. weiterlesen


TV-Veranstalter begrüßen überarbeitete Gewinnspielregeln
Berlin, 26. Juni 2007 Die TV-Veranstalter im Verband Privater Rundfunk und Telemedien e. V. (VPRT) begrüßen die heute von der DLM verabschiedete Überarbeitung der TV-Gewinnspielregeln. „Unter Mitwirkung der betroffenen Fernsehunternehmen ist nun ein Regelungsinstrument zustande gekommen, das weitergehende Konkretisierungen vor allem in puncto Transparenz für den Zuschauer und zum Schutz von Minderjährigen enthält und gleichzeitig Rechtssicherheit für die Unternehmen schafft“, so VPRT-Präsident Jürgen Doetz. Die VPRT-Unternehmen hatten den Landesmedienanstalten im Vorfeld ergänzend zu den bestehenden Gewinnspielregeln einen Maßnahmenkatalog für Call-In-TV-Sendungen vorgelegt. Dieser wurde nunmehr in die Gewinnspielregeln integriert. Die überarbeiteten und ergänzten Gewinnspielregeln seien nun in den Call-In-TV-Sendungen umzusetzen, so Doetz weiter. weiterlesen

Anmerkungen des VPRT zum Entwurf der Satzung der Landesmedienanstalten über Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele (Gewinnspielsatzung)
(Stand: 7. Oktober 2008)
A. Vorbemerkung
Im Nachgang zur Anhörung am 27. Oktober 2008 fasst der VPRT noch einmal die wichtigsten Punkte und Forderungen zusammen. Der VPRT möchte erneut sein Anliegen zum Ausdruck bringen, Hörfunk und Fernsehen stärker zu trennen, sowie deutlicher zwischen Gewinnspielsendungen und Gewinnspielen zu differenzieren.
Nachfolgende Ausführungen stehen selbstverständlich unter dem Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit der Satzung. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf das zur Sitzung vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. Vesting, das u. a. die Kompetenz der Landesmedienanstalten im Bereich des Verbraucherschutz- und des TK-Rechts in Frage stellt. Die Regelung von z. T. unbestimmten Ordnungswidrigkeitentatbeständen auf Satzungsebene ist zudem mit dem Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar.
Wir möchten dringend darum bitten, dass die Landesmedienanstalten die Anmerkungen des VPRT in die anstehenden Erörterungen zur Satzung einbeziehen. weiterlesen


VPRT begrüßt EuGH-Entscheidung im Fall Placanica
Berlin, 6. März 2007 Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien e. V. (VPRT) hat heute die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im italienischen Fall „Placanica“ als klares Signal an die Länder in Deutschland gewertet, sich bei dem zur Zeit in Vorbereitung befindlichen Glücksspielstaatsvertrag auf ein duales System, also ein reguliertes Nebeneinander von privaten und staatlichen Wettanbietern, festzulegen. Von einem Konzessionsmodell ausgehend, hat der EuGH den vollständigen Ausschluss bestimmter Wirtschaftsteilnehmer – wie bei einem Staatsmonopol der Fall – als unverhältnismäßig bewertet. weiterleiten

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Rundfunkänderungsstaatsvertrag (10. RfStV)
Rundfunkänderungsstaatsvertrag (12. RÄStV)
Rundfunkänderungsstaatsvertrag (13. RÄStV)
Rundfunkänderungsstaatsvertrag (15. RÄStV)

Das Institut für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln beschreibt den Begriff Rundfunk u.a. auf S. 46 ff und 54 ff des Gutachtens wie folgt:

Insgesamt ist – abgesehen von der aus der Rundfunkfreiheit folgenden Vorgabe, "Rundfunk" zu veranstalten – der Auftrag der Rundfunkanstalten nicht gegenständlich abzugrenzen, sondern von seiner Funktion für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung her ("funktional") zu bestimmen.

Um Begriffsverwirrungen zu vermeiden: Der für die Bestimmung des Schutzbereichs der Rundfunkfreiheit relevante weite verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff schließt außer den "Rundfunkprogrammen" auch (bestimmte) Telemedien mit ein.

Meinung wird dabei in einem umfassenden Sinn verstanden und bezieht sich neben politischen Meinungen auch auf alle sonstigen möglichen Gegenstände der Diskussion sowie der Identitäts- und Wertebildung.

Im Einzelnen ist von den Rundfunkanstalten grundsätzlich selbst zu entscheiden, wie – d. h. durch welche Inhalte und auf welchen Übertragungswegen und Plattformen – sie ihre Funktion erfüllen.

Dagegen wird der Umfang der Programmleistungen im Rundfunkbereich in gewissem Maße gesetzlich begrenzt. So geben, was die Zahl der Fernsehprogramme und terrestrisch verbreiteten Hörfunkprogramme betrifft, die Rundfunkgesetze den Rundfunkanstalten vor, wie viele (im Fernsehbereich auch: welche) Programme sie veranstalten dürfen.

Der Auftrag ermächtigt die Rundfunkanstalten nicht nur zur Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote, sondern auch zu allen damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten.

Diese gesetzliche Auftragsdefinition setzt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkfreiheit um, die für den Gesetzgeber und den Rechtsanwender (hier: den Rundfunkrat) verbindlich ist.

Die Rundfunkfreiheit dient demnach dem Zweck der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, d. h. Rundfunk soll unter den Bedingungen moderner Massenkommunikation den Prozess der freien und umfassenden Meinungsbildung gewährleisten. Das Bundesverfassungsgericht entnimmt dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit eine Gewährleistungspflicht insbesondere des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dafür, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet.

Das Bundesverfassungsgericht bezieht in die Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die Möglichkeit mit ein, neben klassischen Rundfunkangeboten auch "rundfunkähnliche Dienste" bzw. "neue Medien" anzubieten, sofern sie eine vergleichbare Funktion für die freie Meinungsbildung wahrnehmen. Unter diesen Rundfunkbegriff fasst das Bundesverfassungsgericht auch rundfunkähnliche Dienste, etwa Abruf- und Verteildienste, sofern sie eine vergleichbare Funktion für die Meinungsbildung erfüllen.

In der Amtlichen Begründung deutet der Gesetzgeber an, dass der Funktionsauftrag im Bereich (journalistisch-redaktionell gestalteter) Telemedien jedenfalls grundsätzlich ebenso zu verstehen sei wie im „klassischen“ Rundfunkbereich. So begründet der Gesetzgeber den neuen eigenständigen Telemedien-Auftrag der Rundfunkanstalten mit der wachsenden publizistischen Bedeutung des Internets, das zunehmend als eigenständiger Angebotssektor wahrgenommen werde, und betont, dass die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Funktionsauftrags für die mit der neuen Technologie verbundenen Anforderungen fortgeschrieben würden.

Vielmehr müssen sich rundfunkrechtliche Regelungen allein an der Funktion der Rundfunkfreiheit, also der Sicherung der Meinungsvielfalt, orientieren. Dieser Aspekt sollte bei der Auslegung der Rechtsbegriffe aus der Negativliste vom Rundfunkrat berücksichtigt werden. Quelle PDF-Download


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Telekom scheitert mit Klage gegen EU-Bußgeld
Die Deutsche Telekom ist mit ihrer Klage gegen ein EU-Bußgeld in Höhe von 12,6 Millionen Euro endgültig gescheitert. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigte am Donnerstag in Luxemburg in letzter Instanz eine Entscheidung der EU- Kommission von 2003 (Az: C-280/08).
Nach Ansicht der Richter hat die Telekom jahrelang ihre beherrschende Stellung auf dem Markt für Festnetz-Anschlüsse missbraucht und muss deshalb zurecht die Strafe zahlen.
"Dadurch dass die Deutsche Telekom die Margen ihrer zumindest ebenso effizienten Wettbewerber beschneidet und diese so vom Markt verdrängt, stärkt sie ihre beherrschende Stellung und schädigt damit die Verbraucher", schrieben die Richter in der Urteilsbegründung. Der Verbraucher habe weniger Auswahl gehabt und musste höhere Preise zahlen. Quelle

update: 01.09.2011


BVerwG Urteil ( 8 C 2.10) vom 31. Mai 2011, Rn 36:
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c) Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, im Wesentlichen gleiche Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der ehemaligen DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Landes Baden-Württemberg ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Glücksspiele im Rundfunk und in anderen Telemedien (vgl. §§ 8a, 58 Abs. 4 RStV) werden vom Glücksspielstaatsvertrag erfasst (vgl. LTDrucks 14/1930 S. 6 zu § 3 GlüStV; LTDrucks 14/2705 S. 26 zu § 8a RStV; Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 54). *

BVerwG: Urteil (8C 15.09) vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 54 PDF-Download
Hinsichtlich der Spielbanken und der Gewinnspiele im Rundfunk liegt ebenfalls keine Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Bayern ein staatliches Monopol. § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der unter bestimmten Einschränkungen Gewinnspiele im Rundfunk gestattet, lässt nach der amtlichen Begründung zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages unberührt (vgl. LTDrucks 15/9667 S. 15 zu § 8a RStV; LTDrucks 15/8486 S. 13 zu § 3 GlüStV). Soweit Rundfunkgewinnspiele nach § 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, sind sie daher ebenso erlaubnispflichtig und von denselben Erlaubnisvoraussetzungen abhängig wie die übrigen dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallenden Spiele. Für Gewinnspiele in dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien nach § 58 Abs. 4 RStV gilt das selbe, da diese Vorschrift auf § 8a RStV verweist.


Zu den Urteilen des
BVerwG vom 24.11.2010
Zu den Urteilen des BVerwG vom 01.06.2011

Der BGH stellte im Urteil (I ZR 93/10) vom 28.09.2011 unter der Rn 64 und 66 fest: Teilnahmeentgelte von höchstens 0,50 € sind glücksspielrechtlich unerheblich. Derartige wettbewerbsrechtlich zulässige Gewinnspiele unterliegen eindeutig nicht den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags. weiterlesen

Gewinnspiele in vergleichbaren Telemedien, §§ 8a, 58 IV RStV
https://gluecksspiel.uni-hohenheim.de/fileadmin/einrichtungen/gluecksspiel/Symposium2011/JEnnuschat.pdf

Fünfzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag (1.55 MB)
Begruendung 15. RAESt V (254.55 kB)

update:
In der Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) in Form des Glücksspieländerungsstaatsvertrags (GlüÄndStV) ist eine (erfreuliche) Klarstellung für Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele im Rundfunk vorgesehen. Diese sollen vom Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags ausgenommen werden. Stattdessen sollen für sie ausschließlich die Vorgaben des § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV) gelten. Zuvor war das Verhältnis des gleichrangigen Rundfunkstaats- und Glücksspielstaatsvertrags in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Insbesondere innerhalb des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hatte es hier zuletzt unterschiedliche Auffassungen gegeben. Quelle

vgl. Urteile des BVerwG vom 24.11.2010 und vom 01.06.2011 und des BGH vom 28.09.2011