Dienstag, 14. September 2010

Behörden setzen Vollzug von Untersagungsverfügungen aus

Ein Beitrag der Rechtsanwälte Dr. Ronald Reichert, Imke Schneider, Marco Rietdorf und Hans Wolfram Kessler

Nach der klaren Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs können private Sportwettanbieter in mehreren Bundesländern die Wettkassen wieder anschließen. Während die Vertreter des deutschen Monopols noch versuchen, die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in ihrer Bedeutung zu relativieren, haben einige Aufsichtsbehörden offensichtlich die Zeichen der Zeit erkannt und setzen den Vollzug der bereits ergangenen Untersagungsverfügungen gegen private Sportwettvermittler aus.

Den Unterzeichnern gegenüber wurden von den zuständigen Behörden in Baden-Württemberg, Hamburg, Rheinland-Pfalz, dem Saarland entsprechende schriftliche Erklärungen abgegeben. Aus Bayern sind ebenfalls erste Vollzugsaussetzungen bekannt.

Niedersachsen hatte zunächst auf eine informelle Anfrage hin mitgeteilt, den Vollzug auszusetzen, der Innenminister hat sich davon aber heute distanziert und will jeweils Einzelfallprüfungen vornehmen. Nordrhein-Westfalen wartet noch eine entsprechende Entscheidung des Innenministeriums ab.

Eine Aussetzung des Sofortvollzuges erscheint nicht nur im Hinblick auf die dadurch mögliche Vermeidung einer kaum zu überblickenden Zahl von Abänderungsverfahren aus Behördensicht sinnvoll. Mit den nun vorliegenden klaren Aussagen des Europäischen Gerichtshofes dürfte das Schicksal des Glücksspielstaatsvertrages auch politisch spätestens zu seinem Auslaufen Ende des Jahres 2011 besiegelt sein. Schon deshalb sollte unnötiger Verfahrensaufwand im Hinblick auf die damit verbundene Belastung der öffentlichen Haushalte vermieden werden. Mit rechtskräftigen Entscheidungen in Hauptsacheverfahren ist ohnehin kaum vor einer Neuregelung des Glücksspielmarktes zu rechnen. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes kann eine unmittelbare Aussetzung des Sofortvollzuges darüber hinaus das Risiko von Staatshaftungsklagen zumindest für die nun folgenden Monate verringern. Die durch einige Behörden bereits erfolgte Vollzugsaussetzung ist damit als Schritt in die richtige Richtung zu begrüßen. Quelle: RA. Dr. Ronald Reichert, Redeker Sellner Dahs


Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden führt in seiner Einstellungsverfügung nach § 170 Abs. 2 StPO vom 14.9.2010 wie folgt aus: „Das Verfahren war einzustellen, da auf der Grundlage des Beschlusses des Europäischen Gerichtshofs vom 08.09.2010, mit dem die deutschen Regelungen zum Glücksspielmonopol als nicht mit EU-Recht vereinbar erklärt wurden, ein strafbares Handeln des Beschuldigten nicht festgestellt werden kann.“