Mittwoch, 8. September 2010

EuGH beendet Deutsches Sportwettmonopol

In der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 8. September 2010 in den verbundenen Rechtssachen C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07 hat der Europäische Gerichtshof das lange erwartete Urteil heute verkündet. Mit für die Verfechter des Monopols wohl unerwarteter Deutlichkeit stellte der Europäische Gerichtshof fest, dass die aktuelle gesetzliche Regelung in Deutschlad (Glückspielstaatsvertrag) mit Europäischem Gemeinschaftsrecht unvereinbar, weil inkohärent ist. Er führte aus:
"Mit dem im Rahmen der Organisation von Sportwetten und Lotterien in Deutschland errichteten staatlichen Monopol wird das Ziel der Bekämpfung der mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgt”.
Im Weiteren heißt es unter Randnummer 106 der Entscheidung:
"Nach alledem können die vorliegenden Gerichte auf der Grundlage der von ihnen getroffenen und in Randnummer 100 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Feststellungen berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben, dass der Umstand, dass die zuständigen Behörden in Bezug auf andere Glücksspiele als die, die dem in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden staatlichen Monopol unterliegen, eine Politik betreiben oder dulden, die eher darauf abzielt, zur Teilnahme an diesen anderen Spielen zu ermuntern, als darauf, die Gelegenheit zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen zur Folge hat, dass das der Einrichtung dieses Monopols zugrunde liegende Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, mit ihm nicht mehr wirksam verfolgt werden kann, so dass es im Hinblick auf die Art. 43 EG und 49 EG auch nicht mehr gerechtfertigt werden kann”.
In der Pressemitteilung heißt es zudem in Ergänzung hierzu:
"Zum einen führen nämlich die Inhaber der staatlichen Monopole intensive Werbekampagnen durch, um die Gewinne aus den Lotterien zu maximieren, und entfernen sich damit von den Zielen, die das Bestehen dieser Monopole rechtfertigen. Zum anderen betreiben oder dulden die deutschen Behörden in Bezug auf Glücksspiele wie Casino- oder Automatenspiele, die nicht dem staatlichen Monopol unterliegen, aber ein höheres Suchtpotential aufweisen als die vom Monopol erfassten Spiele, eine Politik, die der zur Teilnahme an diesen Spielen ermuntert wird. Unter diesen Umständen lässt sich das preventive Ziel des Monopols nicht mehr wirksam verfolgen, so dass das Monopol nicht mehr gerechtfertigt werden kann”.
Abschließend weist das Gericht auf folgenden Gesichtspunkt hin:
"Im Übrigen weist der Gerichtshof darauf hin, dass die dieses Monopol betreffende nationale Regelung, die gegen die Grundfreiheiten der Union verstößt, auch während der Zeit, die erforderlich ist, um sie mit dem Unionsrecht in Einklang zu bringen, nicht weiter angewandt werden darf”.
Danach steht aus unserer Sicht unzweifelhaft fest, dass die Ermächtigungsgrundlage, auf die Behörden Untersagungsverfügungen stützten, nicht mit europäischem Gemeinschaftsrecht in Einklang zu bringen ist und aufgrund des Anwendungsvorrangs unmittelbar, d. h. bereits durch die Behörde außer Anwendung bleiben muss. Dies insbesondere unabhängig davon, ob und wann der Gesetzgeber nun infolge des Urteils des EuGH oder entsprechender folgenden Urteile nationaler Gerichte eine neue gesetzliche Regelung auf den Weg bringen wird.

Angesichts der Eindeutigkeit der vorliegenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes gehen wir davon aus, dass die nationalen Gerichte, die bisher gegen die Vermittler entschieden haben, nicht mehr an der bisherigen Rechtsprechung festhalten können. Erste dahingehende Reaktion deutscher Gerichte liegen bereits vor. Die Behörden werden nun aufzufordern sein, auf Vollstreckungsmaßnahmen und den Erlass weiterer Verfügungen zu verzichten. Sollte ein solches Signal nicht folgen, werden wir bei den zuständigen Gerichten entsprechende Abänderungsverfahren einleiten, in denen die Entscheidung des EuGH einzubeziehen sein wird. Quelle: RA. Peter Aidenberger