Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) wird seine Urteile in den beiden niederländischen Vorlageverfahren Betfair (Rechtssache C-203/08) und Ladbrokes (Rechtssache C-258/08) am Donnerstag, den 3. Juni 2010, um 9:30 Uhr verkünden. Beide Verfahren waren von der Zweiten Kammer des Gerichtshofs am 12. November 2009 verhandelt worden. EuGH-Generalanwalt Yves Bot hatte seine Schlussanträge am 17. Dezember 2009 veröffentlicht.
Hintergrund der Vorlagesache Betfair ist ein langjähriger verwaltungsgerichtlicher Rechtsstreit zwischen der Wettbörse Betfair (offizieller Firmenname: The Sporting Exchange Ltd) und dem niederländischen Justizminister. Die Vorlage betrifft im Übrigen die Vergabe einer Glücksspielkonzession. Betfair hatte sich nämlich, nachdem sich das Justizministerium geweigert hatte, den Zugang der Wettbörse für niederländische Bürger für unbedenklich zu erklären, 2004 für zwei Glücksspielkonzessionen beworben. Das Ministerium stellte sich allerdings auf dem Standpunkt, dass diese Konzessionen automatisch zu verlängern seien, solange der bisherige Konzessionsinhaber dies wünsche (d.h. dass keine Ausschreibung zu erfolgen habe).
Der Rechtssache Ladbrokes liegt ein umfangreiches Gerichtsverfahren zwischen dem Buchmacher Ladbrokes und dem niederländischen Monopolanbieter De Lotto zugrunde. Dem Buchmacher Ladbrokes war 2002 untersagt worden, Sportwetten von niederländischen Bürgern anzunehmen.
Nach Auffassung des Generalanwalts in seinen Schlussanträgen vom 17. Dezember 2009 ist es den Inhabern von Ausschließlichkeitsrechten (Monopolanbietern) für Glücksspiele unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, ihr Angebot durch Einführung neuer Spiele und durch Werbung attraktiver zu machen. Soweit die niederländische Regelung die Verbraucher gegen die Spielsucht schützen wolle, müssten jedoch die Einführung neuer Spiele und die Werbung vom Mitgliedstaat streng kontrolliert und begrenzt werden. Das Angebot der Inhaber ausschließlicher Rechte und die Werbung für erlaubte Spiele dürften nicht zu übermäßigem Spiel verleiten, das die Verbraucher oder zumindest die labilsten unter ihnen dazu bringen könnte, mehr als den Teil ihrer Einkünfte auszugeben, den sie zu ihrem Vergnügen verwenden können. Im Übrigen ist er der Ansicht, dass die zuständigen Behörden eine angemessene Ausschreibung durchführen müssen, wenn sie einem privaten Wirtschaftsteilnehmer das ausschließliche Recht für den Betrieb eines Glücksspiels im Rahmen eines Verfahrens der Zulassung oder der Erneuerung dieser Zulassung verleihen wollen.
Quelle: http://wettrecht.blogspot.com
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
3. Juni 2010(*)
„Art. 49 EG – Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs – Glücksspiele – Betrieb von Glücksspielen über das Internet – Regelung, die eine Erlaubnis einem einzigen Veranstalter vorbehält – Weigerung, einem Veranstalter, der bereits in anderen Mitgliedstaaten über eine Erlaubnis verfügt, eine Betriebserlaubnis zu erteilen – Rechtfertigung – Verhältnismäßigkeit – Kontrolle jeder konkreten Maßnahme zur Durchführung der nationalen Regelung“
In der Rechtssache C‑258/08
betreffend
ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge
Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 13. Juni 2008,
beim Gerichtshof eingegangen am 18. Juni 2008, in dem Verfahren
Ladbrokes Betting & Gaming Ltd,
Ladbrokes International Ltd
gegen
Stichting de Nationale Sporttotalisator
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter
Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues
(Berichterstatter), der Richterin P. Lindh sowie der Richter A. Rosas,
U. Lõhmus und A. Arabadjiev,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der
Ladbrokes Betting & Gaming Ltd und der Ladbrokes International Ltd,
vertreten durch W. Hoyng und M. Meulenbelt, advocaten, beauftragt von
S. Kon und M. Evans, Solicitors,
– der
Stichting de Nationale Sporttotalisator, vertreten durch E. Pijnacker
Hordijk, J. van Manen und M. van Wissen, advocaten,
– der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels, M. de Grave und Y. de Vries als Bevollmächtigte,
– der
belgischen Regierung, vertreten durch A. Hubert und L. Van den Broeck
als Bevollmächtigte im Beistand von P. Vlaemminck, advocaat,
– der dänischen Regierung, vertreten durch J. Bering Liisberg und V. Pasternak Jørgensen als Bevollmächtigte,
– der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und B. Klein als Bevollmächtigte,
– der griechischen Regierung, vertreten durch A. Samoni-Rantou, O. Patsopoulou und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
– der spanischen Regierung, vertreten durch F. Díez Moreno als Bevollmächtigten,
– der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
– der finnischen Regierung, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski als Bevollmächtigte,
– der norwegischen Regierung, vertreten durch P. Wennerås und K. Moe Winther als Bevollmächtigte,
– der
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch
E. Traversa, A. Nijenhuis und S. Noë als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Dezember 2009
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 49 EG.
2 Es
ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Stichting de
Nationale Sporttotalisator, einer Stiftung niederländischen Rechts (im
Folgenden: De Lotto), und den im Vereinigten Königreich ansässigen
Unternehmen Ladbrokes Betting & Gaming Ltd und Ladbrokes
International Ltd (im Folgenden: Ladbrokes-Unternehmen) wegen des
möglicherweise vorschriftswidrigen Verhaltens der Ladbrokes-Unternehmen
auf dem niederländischen Glücksspielmarkt.
Rechtlicher Rahmen
3 Art. 1 des Gesetzes über Glücksspiele (Wet op de kansspelen, im Folgenden: Wok) bestimmt:
„Vorbehaltlich der Bestimmungen des Abschnitts Va dieses Gesetzes ist es verboten,
a. die
Möglichkeit zur Teilnahme an einem Preis- oder Prämienwettbewerb zu
bieten, wenn die Ermittlung der Gewinner allein dem Zufall überlassen
bleibt, den die Teilnehmer im Allgemeinen nicht entscheidend
beeinflussen können, es sei denn, dass eine entsprechende Erlaubnis nach
diesem Gesetz erteilt worden ist;
b. ohne
eine Erlaubnis nach diesem Gesetz die Teilnahme an einer unter
Buchst. a genannten Veranstaltung oder einer entsprechenden
Veranstaltung in Europa außerhalb des Königreichs der Niederlande zu
fördern, oder zu diesem Zweck zur Veröffentlichung oder Verbreitung
bestimmte Dokumente vorzuhalten; …“
4 Art. 16 Wok sieht vor:
„1. Der
Minister der Justiz und der Minister für Wohlfahrt, Gesundheit und
Kultur können unter Berücksichtigung der Interessen gemeinnütziger
Einrichtungen insbesondere auf dem Gebiet des Sports und der
Körpererziehung, der Kultur, der gesellschaftlichen Wohlfahrt und der
Gesundheit der Bevölkerung einer juristischen Person mit vollständiger
Rechtsfähigkeit für eine von ihnen zu bestimmende Zeit eine Erlaubnis
zur Veranstaltung von Sportwetten erteilen.
2. Der
Ertrag einer Wette ist … für die Zwecke zu verwenden, die die
juristische Person mit der Veranstaltung und Annahme von Sportwetten
fördern will.
3. Mindestens 47,5 % der
Gesamterträge, die mit den nach diesem Abschnitt und nach Abschnitt IVa
veranstalteten Glücksspielen erzielt und auf der Grundlage eines
Kalenderjahrs berechnet werden, sind für die Gewinnausschüttung
bestimmt. …“
5 In Art. 21 Wok heißt es:
„1. Die in Art. 16 genannten Minister erlassen Vorschriften über die Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten.
2. Diese Vorschriften regeln insbesondere
a. die Zahl der zu veranstaltenden Wetten,
b. die Ermittlung der Ersatzergebnisse und das Gewinnschema,
c. die Verwaltung und Deckung der mit der Veranstaltung verbundenen Kosten,
d. die Verwendung der Erträge der veranstalteten Wetten,
e. die Satzung und die Geschäftsordnung der juristischen Person,
f. die staatliche Aufsicht,
g. den
Aufbau des von der juristischen Person jährlich vorzulegenden Berichts
über ihre Tätigkeiten und deren finanzielle Ergebnisse sowie die Art und
Weise der Veröffentlichung dieses Berichts.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
6 Die
niederländische Regelung über Glücksspiele beruht auf einem System
ausschließlicher Erlaubnisse, nach dem es verboten ist, Glücksspiele zu
veranstalten oder zu fördern – es sei denn, dass eine entsprechende
behördliche Erlaubnis erteilt worden ist –, und die nationalen Behörden
nur eine Zulassung für jedes erlaubte Glücksspiel erteilen.
7 Aus
den dem Gerichtshof vom vorlegenden Gericht übermittelten Akten des
Ausgangsverfahrens ergibt sich, dass in den Niederlanden keine
Möglichkeit besteht, Glücksspiele interaktiv über das Internet
anzubieten.
8 De
Lotto ist eine privatrechtliche Stiftung ohne Gewinnerzielungsabsicht,
die Inhaberin der Zulassung für die Veranstaltung von Sportwetten, Lotto
und Zahlenspielen ist. Sie verfolgt nach ihrer Satzung den Zweck, durch
die Veranstaltung von Glücksspielen Mittel zu beschaffen und diese
zwischen dem Gemeinwohl dienenden Einrichtungen, insbesondere im Bereich
des Sports, der Körpererziehung, der allgemeinen Wohlfahrt, der
öffentlichen Gesundheit und der Kultur, zu verteilen.
9 Die
Ladbrokes-Unternehmen veranstalten Sportwetten und sind insbesondere
für ihre Tätigkeiten im Bereich der Quotenwetten bekannt („bookmaking“).
Über ihre Website bieten sie mehrere, hauptsächlich sportbezogene
Glücksspiele an. Ferner bieten sie die Möglichkeit, über eine
gebührenfreie Telefonnummer an von ihnen veranstalteten Wetten
teilzunehmen. Diese Unternehmen üben keine materiellen Tätigkeiten im
niederländischen Hoheitsgebiet aus.
10 De
Lotto, die den Ladbrokes-Unternehmen vorwarf, in den Niederlanden
ansässigen Personen über das Internet Glücksspiele anzubieten, für die
sie nicht über die nach der Wok erforderliche Zulassung verfügten,
wandte sich an den für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
zuständigen Richter der Rechtbank Arnhem (Gericht erster Instanz
Arnhem), um den Unternehmen aufzugeben, dies abzustellen.
11 Mit
Urteil vom 27. Januar 2003 gab der für die Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes zuständige Richter diesem Antrag statt und gab den
Ladbrokes-Unternehmen auf, Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu
ihrer Website für in den Niederlanden ansässige Personen zu sperren und
diese daran zu hindern, telefonisch an Wetten teilzunehmen. Diese
Maßnahmen wurden mit den Urteilen des Gerechtshof te Arnhem
(Berufungsgericht Arnhem) vom 2. September 2003 und des Hoge Raad der
Nederlanden (Oberster Gerichtshof) vom 18. Februar 2005 bestätigt.
12 Am
21. Februar 2003 erhob De Lotto außerdem Klage gegen die
Ladbrokes-Unternehmen bei der Rechtbank Arnhem. De Lotto beantragte, die
von dem für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen
Richter gegen die Unternehmen verhängten Zwangsmaßnahmen zu bestätigen.
Mit Urteil vom 31. August 2005 gab die Rechtbank der Klage von De Lotto
statt und gab den Unternehmen unter Androhung einer Geldbuße auf, die
Maßnahmen zur Sperrung des Zugangs zu Glücksspielen über das Internet
und das Telefon für in den Niederlanden ansässige Personen
aufrechtzuerhalten. Auf die Bestätigung dieses Urteils mit Urteil des
Gerechtshof te Arnhem vom 17. Oktober 2006 hin legten die
Ladbrokes-Unternehmen Kassationsbeschwerde an das vorlegende Gericht
ein.
13 Da
der Hoge Raad der Ansicht ist, dass die Auslegung des Unionsrechts
erforderlich ist, um ihm die Entscheidung des bei ihm anhängigen
Rechtsstreits zu ermöglichen, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem
Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Erfüllt
eine auf die Lenkung der Spielleidenschaft in bestimmte Bahnen
gerichtete, restriktive nationale Glücksspielpolitik, die tatsächlich
dazu beiträgt, dass die mit der betreffenden nationalen Regelung
verfolgten Ziele, nämlich die Eindämmung der Spielsucht und die
Betrugsbekämpfung, erreicht werden, indem sie dafür sorgt, dass dank des
regulierten Angebots von Glücksspielen der Umfang des Spielens (viel)
begrenzter bleibt, als es ohne das nationale Regulierungssystem der Fall
wäre, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften, insbesondere im Urteil vom 6. November 2003, Gambelli
u. a. (C‑243/01, Slg. 2003, I‑13031), aufgestellte Voraussetzung, dass
die Wetttätigkeiten durch diese Politik in kohärenter und systematischer
Weise begrenzt werden, auch wenn dem oder den Inhabern der Genehmigung
erlaubt ist, ihr Glücksspielangebot durch die Einführung neuer
Glücksspiele attraktiver zu machen, das Augenmerk einer breiten
Öffentlichkeit durch Werbung auf ihr Glücksspielangebot zu lenken und so
(potenzielle) Spieler von dem illegalen Angebot von Glücksspielen
fernzuhalten (vgl. Urteil vom 6. März 2007, Placanica u. a., C‑338/04,
C‑359/04 und C‑360/04, Slg. 2007, I‑1891, Randnr. 55 a. E.)?
2. a) Hat,
wenn eine nationale Regelung der Glücksspielpolitik mit Art. 49 EG
vereinbar ist, das nationale Gericht bei ihrer Anwendung in einem
konkreten Fall stets zu untersuchen, ob die zu erlassende Maßnahme, wie
etwa die Anordnung, eine Website für die Teilnahme Gebietsansässiger des
betroffenen Mitgliedstaats an den dort angebotenen Glücksspielen durch
eine hierfür verfügbare Software unzugänglich zu machen, unter den
konkreten Umständen des Falles als solche an und für sich die
Voraussetzung erfüllt, dass sie den zur Rechtfertigung der nationalen
Regelung geltend gemachten Zielen tatsächlich Rechnung trägt, und ob die
sich aus dieser Regelung und ihrer Anwendung ergebende Beschränkung des
freien Dienstleistungsverkehrs unter Berücksichtigung dieser Ziele
nicht unverhältnismäßig ist?
b) Macht
es für die Beantwortung der Frage 2a einen Unterschied, wenn die zu
erlassende Maßnahme nicht im Rahmen der Anwendung der nationalen
Regelung von der Behörde beantragt und auferlegt wird, sondern im Rahmen
eines Zivilverfahrens, in dem die mit der erforderlichen Genehmigung
tätige Veranstalterin von Glücksspielen beantragt, die Maßnahme auf der
Grundlage einer nach bürgerlichem Recht ihr gegenüber begangenen
unerlaubten Handlung anzuordnen, die darin besteht, dass die Gegenpartei
die betreffende nationale Regelung missachtet und sich damit einen
unlauteren Vorsprung vor der mit der erforderlichen Genehmigung tätigen
Partei verschafft?
3. Ist
Art. 49 EG so auszulegen, dass bei Anwendung dieser Bestimmung die
zuständige Behörde eines Mitgliedstaats aufgrund des in diesem
Mitgliedstaat geltenden geschlossenen Genehmigungssystems für das
Anbieten von Dienstleistungen bei Glücksspielen nicht verbieten kann,
dass ein Dienstleistungsanbieter, dem bereits in einem anderen
Mitgliedstaat eine Genehmigung für die Erbringung dieser
Dienstleistungen über das Internet erteilt worden ist, diese
Dienstleistungen auch im erstgenannten Mitgliedstaat über das Internet
anbietet?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
14 Mit
seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob bei einer
nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens, die die Eindämmung
der Spielsucht und die Betrugsbekämpfung bezweckt und tatsächlich zur
Verwirklichung dieser Ziele beiträgt, davon ausgegangen werden kann,
dass sie Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise
begrenzt, obwohl der oder die Inhaber einer ausschließlichen Erlaubnis
berechtigt sind, ihr Angebot auf dem Markt durch die Einführung neuer
Glücksspiele und durch Werbung attraktiver zu machen.
15 Art. 49
EG verlangt die Aufhebung jeder Beschränkung des freien
Dienstleistungsverkehrs – selbst wenn sie unterschiedslos für
inländische Dienstleistende wie für solche aus den anderen
Mitgliedstaaten gilt –, sofern sie geeignet ist, die Tätigkeiten des
Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, in
dem er rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu
behindern oder weniger attraktiv zu machen. Die Dienstleistungsfreiheit
gilt sowohl zugunsten des Dienstleistenden als auch zugunsten des
Dienstleistungsempfängers (Urteil vom 8. September 2009, Liga Portuguesa
de Futebol Profissional und Bwin International, C‑42/07, Slg. 2009,
I‑0000, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).
16 Eine
Regelung eines Mitgliedstaats, die die Veranstaltung und die Bewerbung
von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines
einzigen Veranstalters unterwirft und es allen anderen – auch den in
einem anderen Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im
Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung
erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten, stellt eine
Beschränkung des in Art. 49 EG verbürgten freien Dienstleistungsverkehrs
dar (Urteile Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin
International, Randnr. 52, sowie vom heutigen Tag, Sporting Exchange,
C‑203/08, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 24).
17 Zu
prüfen ist jedoch, ob eine solche Beschränkung im Rahmen der
Ausnahmeregelungen, die in den nach Art. 55 EG auf diesem Gebiet
anwendbaren Art. 45 EG und 46 EG ausdrücklich vorgesehen sind, zulässig
oder gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus zwingenden Gründen
des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil
Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International,
Randnr. 55).
18 Art. 46
Abs. 1 EG lässt Beschränkungen zu, die aus Gründen der öffentlichen
Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind. Die
Rechtsprechung des Gerichtshofs hat eine Reihe von zwingenden Gründen
des Allgemeininteresses herausgestellt, die diese Beschränkungen
ebenfalls rechtfertigen können, wie die Ziele des Verbraucherschutzes,
der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu
überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der
sozialen Ordnung im Allgemeinen (Urteil Liga Portuguesa de Futebol
Profissional und Bwin International, Randnr. 56).
19 In
diesem Kontext können die sittlichen, religiösen oder kulturellen
Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für
den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten
einhergehen, ein ausreichendes Ermessen der staatlichen Stellen
rechtfertigen, festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der
Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (Urteile Gambelli u. a.,
Randnr. 63, sowie Placanica u. a., Randnr. 47).
20 Den
Mitgliedstaaten steht es frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet
der Glücksspiele ihrer eigenen Wertordnung entsprechend festzulegen und
gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen. Die von
ihnen vorgeschriebenen Beschränkungen müssen jedoch den sich aus der
Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen, insbesondere
an ihre Verhältnismäßigkeit, genügen (vgl. in diesem Sinne Urteile
Placanica u. a., Randnr. 48, sowie Liga Portuguesa de Futebol
Profissional und Bwin International, Randnr. 59).
21 Im
Einzelnen müssen die Beschränkungen, die auf die in Randnr. 18 des
vorliegenden Urteils angeführten Gründe gestützt werden, geeignet sein,
die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie
kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen
(vgl. in diesem Sinne Urteil Gambelli u. a., Randnr. 67).
22 Nach
der Rechtsprechung des Gerichtshofs obliegt es den nationalen
Gerichten, zu überprüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften
tatsächlich den Zielen, die sie rechtfertigen könnten, entsprechen und
ob die darin vorgesehenen Beschränkungen nicht im Hinblick auf diese
Ziele unverhältnismäßig sind (Urteile Gambelli u. a., Randnr. 75, sowie
Placanica u. a., Randnr. 58).
23 Im
vorliegenden Fall ist dem Wortlaut der ersten Vorlagefrage zu
entnehmen, dass das vorlegende Gericht die mit der Wok verfolgten Ziele
klar angibt, nämlich den Verbraucherschutz durch Eindämmung der
Spielsucht und die Betrugsbekämpfung, und dass es der Auffassung ist,
dass die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung diesen Zielen
tatsächlich entspricht und nicht über das zur Erreichung dieser Ziele
Erforderliche hinausgeht.
24 Das
vorlegende Gericht hat allerdings insoweit Zweifel an der Kohärenz und
Systematik der nationalen Regelung, als diese zwar die in der
vorstehenden Randnummer genannten Ziele verfolgt, gleichzeitig aber den
Wirtschaftsteilnehmern, die in den Niederlanden über eine
ausschließliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen verfügen
und zu denen De Lotto gehört, erlaubt, ihr Angebot auf dem Markt durch
die Einführung neuer Glücksspiele und durch Werbung attraktiver zu
machen.
25 Wie
der Gerichtshof bereits entschieden hat, kann eine Politik der
kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor durchaus mit dem Ziel in
Einklang stehen, Spieler, die als solchen verbotenen Tätigkeiten
geheimer Spiele oder Wetten nachgehen, dazu zu veranlassen, zu erlaubten
und geregelten Tätigkeiten überzugehen. Zur Erreichung dieses Ziels ist
es erforderlich, dass die zugelassenen Veranstalter eine verlässliche
und zugleich attraktive Alternative zur verbotenen Tätigkeit
bereitstellen, was als solches das Angebot einer breiten Palette von
Spielen, einen gewissen Werbeumfang und den Einsatz neuer
Vertriebstechniken mit sich bringen kann (Urteil Placanica u. a.,
Randnr. 55).
26 Zwar
wird in den Gründen des Urteils Placanica u. a. nur auf das Ziel der
Bekämpfung der Kriminalität im Glücksspielsektor Bezug genommen, während
die niederländische Regelung im Ausgangsverfahren auch die Eindämmung
der Spielsucht bezweckt, doch sind diese beiden Ziele in ihrer
Gesamtheit zu würdigen, weil sie sich auf den Schutz der Verbraucher
sowie den Schutz der Sozialordnung beziehen (vgl. in diesem Sinne
Urteile vom 24. März 1994, Schindler, C‑275/92, Slg. 1994, I‑1039,
Randnr. 58, vom 21. September 1999, Läärä u. a., C‑124/97, Slg. 1999,
I‑6067, Randnr. 33, sowie vom 21. Oktober 1999, Zenatti, C‑67/98,
Slg. 1999, I‑7289, Randnr. 31).
27 Es
obliegt dem vorlegenden Gericht, in Anbetracht der Umstände des bei ihm
anhängigen Rechtsstreits zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren
fragliche nationale Regelung dadurch, dass sie die Inhaber einer
ausschließlichen Erlaubnis ermächtigt, neue Spiele anzubieten und
Werbung zu treiben, als Teil einer Politik der kontrollierten Expansion
im Glücksspielsektor zur wirksamen Kanalisierung der Spiellust in
rechtmäßige Bahnen anzusehen ist.
28 Sollte
sich herausstellen, dass das Königreich der Niederlande eine Politik
der starken Expansion der Glücksspiele verfolgt, indem es den
Verbrauchern übermäßige Anreize und Aufforderungen zur Teilnahme an
Glücksspielen bietet, um vor allem Mittel zu beschaffen, und dass die
Finanzierung sozialer Tätigkeiten über eine Abgabe auf die Einnahmen aus
zugelassenen Glücksspielen deshalb keine nützliche Nebenfolge, sondern
der eigentliche Grund der von diesem Mitgliedstaat betriebenen
restriktiven Politik ist, wäre festzustellen, dass eine solche Politik
die Glücksspieltätigkeit nicht auf kohärente und systematische Weise
begrenzt und daher nicht geeignet ist, die Verwirklichung des Ziels der
Eindämmung der Spielsucht der Verbraucher zu gewährleisten.
29 Im
Rahmen dieser Prüfung hat das vorlegende Gericht insbesondere zu
untersuchen, ob die rechtswidrigen Spieltätigkeiten in den Niederlanden
ein Problem darstellen können und ob eine Ausweitung der zugelassenen
und regulierten Tätigkeiten geeignet wäre, diesem Problem abzuhelfen.
30 Da
nämlich das Ziel, die Verbraucher vor der Spielsucht zu schützen,
grundsätzlich schwer mit einer Politik der Expansion von Glücksspielen,
die insbesondere durch die Schaffung neuer Spiele und die Werbung für
sie gekennzeichnet ist, vereinbar ist, kann eine solche Politik nur dann
als kohärent angesehen werden, wenn die rechtswidrigen Tätigkeiten
einen erheblichen Umfang haben und die erlassenen Maßnahmen darauf
abzielen, die Spiellust der Verbraucher in rechtmäßige Bahnen zu lenken.
31 Sollte,
wie De Lotto in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die
Nachfrage nach Glücksspielen in den Niederlanden, insbesondere im
Bereich des heimlichen Angebots, bereits erheblich zugenommen haben, ist
dies zu berücksichtigen.
32 Die
im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung soll nicht nur Betrug
und andere Straftaten im Glücksspielbereich bekämpfen, sondern auch den
Verbraucherschutz gewährleisten. Somit muss das richtige Gleichgewicht
gefunden werden zwischen dem Erfordernis einer kontrollierten Expansion
der zugelassenen Glücksspiele, um das Glücksspielangebot für die
Öffentlichkeit attraktiv zu machen, und der Notwendigkeit, die
Spielsucht der Verbraucher so weit wie möglich zu verringern.
33 Bei
dieser Prüfung könnten sich bestimmte Anhaltspunkte, die sich den dem
Gerichtshof vorliegenden Akten entnehmen lassen, als hilfreich erweisen.
34 Nach
der Entscheidung von 2004 über die ausschließliche Zulassung von De
Lotto für die Veranstaltung von Sportwetten trägt diese „Stiftung dafür
Sorge, dass die Tätigkeiten der Kundenwerbung und der Werbung
zurückhaltenden und ausgewogenen Inhalts sind, und sie achtet
insbesondere darauf, dass die übermäßige Teilnahme an nach dieser
Entscheidung veranstalteten Glücksspielen eingedämmt wird“.
35 Darüber
hinaus hat der niederländische Justizminister mit Schreiben vom 23.
Juni 2004 die Zulassungsinhaber aufgefordert, „die Zahl der
Werbenachrichten stark einzuschränken und dieser restriktiven
Werbepolitik dadurch Form und Inhalt zu geben, dass sie für die
Glücksspielveranstalter einen Verhaltens- und Werbekodex erarbeiten, der
für alle Veranstalter gelten soll“. Dieser Kodex ist in den
Niederlanden am 15. Februar 2006 in Kraft getreten.
36 Diese
Gesichtspunkte könnten den Willen der nationalen Behörden belegen, die
Expansion der Glücksspiele in den Niederlanden in engen Grenzen zu
halten.
37 Das
vorlegende Gericht muss jedoch prüfen, ob die Entwicklung des
Glücksspielmarkts in den Niederlanden erkennen lässt, dass die Behörden
dieses Mitgliedstaats die Expansion der Glücksspiele sowohl hinsichtlich
des Umfangs der von den Inhabern einer ausschließlichen Erlaubnis
durchgeführten Werbung als auch hinsichtlich der Schaffung neuer Spiele
durch diese Veranstalter wirksam kontrollieren und damit die mit der
nationalen Regelung verfolgten Ziele angemessen miteinander in Einklang
bringen.
38 Nach
alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass bei einer nationalen
Regelung wie der des Ausgangsverfahrens, die die Eindämmung der
Spielsucht und die Betrugsbekämpfung bezweckt und wirksam zur Erreichung
dieser Ziele beiträgt, davon ausgegangen werden kann, dass sie die
Wetttätigkeit in kohärenter und systematischer Weise begrenzt, obwohl
der oder die Inhaber einer ausschließlichen Erlaubnis berechtigt sind,
ihr Angebot auf dem Markt durch die Einführung neuer Spiele und durch
Werbung attraktiver zu machen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu
prüfen, ob die illegalen Spieltätigkeiten im betreffenden Mitgliedstaat
ein Problem darstellen können, dem eine Expansion der zugelassenen und
regulierten Tätigkeiten abhelfen kann, und ob diese Expansion nicht
einen Umfang hat, die sie mit dem Ziel der Eindämmung der Spielsucht
unvereinbar macht.
Zur zweiten Frage
39 Mit
seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das
nationale Gericht im Hinblick auf die Anwendung einer mit Art. 49 EG
vereinbaren mitgliedstaatlichen Regelung über Glücksspiele verpflichtet
ist, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Durchführungsmaßnahme, die
die Einhaltung dieser Regelung sicherstellen soll, zur Erreichung des
mit dieser verfolgten Ziels geeignet ist und dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit entspricht. Das vorlegende Gericht möchte auch
wissen, ob diese Frage anders zu beantworten ist, wenn die zu erlassende
Maßnahme nicht von den Behörden, sondern von einem Einzelnen im Rahmen
eines Zivilverfahrens beantragt wird.
40 Wie
in Randnr. 22 des vorliegenden Urteils ausgeführt, obliegt es den
nationalen Gerichten, zu prüfen, ob mitgliedstaatliche
Rechtsvorschriften, die eine im Vertrag verankerte Grundfreiheit
beschränken, zur Erreichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele,
die diese Rechtsvorschriften rechtfertigen könnten, geeignet sind und ob
die darin vorgesehenen Beschränkungen nicht im Hinblick auf diese Ziele
unverhältnismäßig sind.
41 Der zweiten Frage liegt die Annahme zugrunde, dass die niederländische Glücksspielregelung mit Art. 49 EG vereinbar ist.
42 Im
Ausgangsverfahren beruht die Beschränkung des in Art. 49 EG verbürgten
freien Dienstleistungsverkehrs unmittelbar auf den Bestimmungen der Wok,
da sie die Veranstaltung und die Bewerbung von Glücksspielen einer
Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Veranstalters
unterwirft, die es allen anderen – auch den in einem anderen
Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im Hoheitsgebiet des
betreffenden Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste
Dienstleistungen über das Internet anzubieten.
43 Eine
Maßnahme zur Durchführung der im Ausgangsverfahren fraglichen
nationalen Regelung, wie die von dem für die Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes zuständigen Richter an die Ladbrokes-Unternehmen
gerichtete Anordnung, für in den Niederlanden ansässige Personen den
Zugang zu ihrer Website zu sperren und es ihnen unmöglich zu machen,
telefonisch an Wetten teilzunehmen, ist unerlässlich für den Schutz, den
dieser Mitgliedstaat in seinem Hoheitsgebiet im Glücksspielbereich
gewähren will, und kann daher nicht als eine zusätzliche Beschränkung
gegenüber derjenigen angesehen werden, die sich unmittelbar aus den
Bestimmungen der Wok ergibt.
44 Diese
Durchführungsmaßnahme stellt nämlich lediglich die praktische
Wirksamkeit der niederländischen Glücksspielregelung sicher. Ohne eine
solche Maßnahme würde dem in der Wok vorgesehenen Verbot jede
Wirksamkeit fehlen, weil von den nationalen Behörden nicht zugelassene
Wirtschaftsteilnehmer Glücksspiele auf dem niederländischen Markt
anbieten könnten.
45 Da
die vom nationalen Gericht angeordnete Durchführungsmaßnahme als solche
nicht zu zusätzlichen Beschränkungen auf dem Markt führt, steht die
Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht in engem Zusammenhang
mit der Prüfung, die das nationale Gericht im Hinblick auf die
Vereinbarkeit der Wok mit Art. 49 EG durchgeführt hat.
46 Unter
diesen Umständen braucht, anders als die Ladbrokes-Unternehmen
vortragen, nicht mehr geprüft zu werden, ob die Durchführungsmaßnahme
wirklich durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses
gerechtfertigt ist, ob sie geeignet ist, die Ziele der Eindämmung der
Spielsucht und der Betrugsbekämpfung zu erreichen, oder ob sie nicht
über das zur Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinausgeht.
47 Zudem
ist es für die Entscheidung des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen
Rechtsstreits unerheblich, ob die Durchführungsmaßnahme aufgrund des
Tätigwerdens der Behörden zur Durchsetzung der nationalen Regelung oder
auf Antrag eines Einzelnen im Rahmen eines Zivilverfahrens zum Schutz
der von ihm aus dieser Regelung hergeleiteten Rechte erlassen wurde.
48 Der
Gegenstand dieses Rechtsstreits betrifft nämlich die Anwendung des
Art. 49 EG, der dem Einzelnen Rechte verleiht, die er gerichtlich
geltend machen kann und die die nationalen Gerichte zu wahren haben
(vgl. Urteile vom 3. Dezember 1974, van Binsbergen, 33/74, Slg. 1974,
1299, Randnr. 27, und vom 11. Januar 2007, ITC, C‑208/05, Slg. 2007,
I‑181, Randnr. 67).
49 Die
nationalen Gerichte haben unabhängig davon, in welchem Verfahren sie
befasst worden sind, alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind,
um sicherzustellen, dass Wirtschaftsteilnehmer in einem Mitgliedstaat
in Situationen, die unter das Unionsrecht fallen, das Recht auf freien
Dienstleistungsverkehr ausüben können.
50 Demnach
ist auf die zweite Frage zu antworten, dass das nationale Gericht bei
Anwendung einer mit Art. 49 EG vereinbaren mitgliedstaatlichen Regelung
über Glücksspiele nicht verpflichtet ist, in jedem Einzelfall zu prüfen,
ob die Durchführungsmaßnahme, die die Einhaltung dieser Regelung
sicherstellen soll, zur Erreichung der mit dieser verfolgten Ziele
geeignet ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht,
sofern diese Maßnahme unerlässlich ist, um die praktische Wirksamkeit
dieser Regelung sicherzustellen und keine zusätzliche Beschränkung
gegenüber derjenigen enthält, die sich aus dieser Regelung ergibt. Für
die Entscheidung des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen
Rechtsstreits ist es unerheblich, ob die Durchführungsmaßnahme aufgrund
des Tätigwerdens der Behörden zur Durchsetzung der nationalen Regelung
oder auf Antrag eines Einzelnen im Rahmen eines Zivilverfahrens zum
Schutz der von ihm aus dieser Regelung hergeleiteten Rechte erlassen
wurde.
Zur dritten Frage
51 Mit
seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob
Art. 49 EG dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines
Mitgliedstaats wie der des Ausgangsverfahrens entgegensteht, die die
Veranstaltung und die Bewerbung von Glücksspielen einer
Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Veranstalters
unterwirft und es allen anderen – auch den in einem anderen
Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im Hoheitsgebiet des
erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste
Dienstleistungen über das Internet anzubieten.
52 Diese
Frage stellt sich im gleichen rechtlichen Rahmen wie die erste
Vorlagefrage in der Rechtssache, in der das Urteil Sporting Exchange
ergangen ist, und hat den gleichen Wortlaut.
53 Die
Ladbrokes-Unternehmen machen geltend, dass sie Inhaber einer von den
Behörden des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
erteilten Erlaubnis seien, nach der sie Sportwetten und andere
Glücksspiele über Internet und Telefon anbieten dürften, und dass sie in
diesem Mitgliedstaat sehr strengen Vorschriften unterlägen, um Betrug
und Spielsucht vorzubeugen. Wenn ein Mitgliedstaat die Veranstaltung von
Glücksspielen beschränke, müsse er berücksichtigen, dass das
öffentliche Interesse, das die fragliche Beschränkung rechtfertige,
bereits durch die Regeln geschützt werde, die der Mitgliedstaat
aufgestellt habe, in dem der Dienstleister über eine Erlaubnis zum
Betrieb solcher Spiele verfüge. Diese Kontrollen und die Garantien
dürften nicht verdoppelt werden.
54 Dazu
ist festzustellen, dass der Sektor der über das Internet angebotenen
Glücksspiele in der Europäischen Union nicht harmonisiert ist. Ein
Mitgliedstaat darf deshalb die Auffassung vertreten, dass der Umstand
allein, dass ein Veranstalter wie die Ladbrokes-Unternehmen zu diesem
Sektor gehörende Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat, in dem
er niedergelassen ist und in dem er grundsätzlich bereits rechtlichen
Anforderungen und Kontrollen durch die zuständigen Behörden dieses
anderen Mitgliedstaats unterliegt, rechtmäßig über das Internet
anbietet, keine hinreichende Garantie für den Schutz der nationalen
Verbraucher vor den Gefahren des Betrugs und anderer Straftaten bietet,
wenn man die Schwierigkeiten berücksichtigt, denen sich die Behörden des
Sitzmitgliedstaats in einem solchen Fall bei der Beurteilung der
Qualitäten und der Redlichkeit der Anbieter bei der Ausübung ihres
Gewerbes gegenübersehen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Liga
Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 69).
55 Außerdem
bergen die Glücksspiele über das Internet, verglichen mit den
herkömmlichen Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren
Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und
größere Gefahren in sich, dass die Verbraucher eventuell von den
Anbietern betrogen werden (Urteil Liga Portuguesa de Futebol
Profissional und Bwin International, Randnr. 70).
56 Dass
ein Veranstalter, der Glücksspiele über das Internet anbietet, vor
allem deshalb keine aktive Verkaufspolitik im betreffenden Mitgliedstaat
verfolgt, weil er dort keine Werbung treiben kann, steht nicht im
Gegensatz zu den in den beiden vorstehenden Randnummern angeführten
Erwägungen. Diese beruhen allein auf den Auswirkungen der bloßen
Möglichkeit des Zugangs zu Glücksspielen über das Internet und nicht auf
den möglicherweise unterschiedlichen Folgen eines aktiven oder passiven
Angebots von Leistungen dieses Veranstalters.
57 Demnach
kann die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beschränkung in
Anbetracht der Besonderheiten, die mit dem Anbieten von Glücksspielen
über das Internet verbunden sind, als durch das Ziel der Bekämpfung von
Betrug und anderen Straftaten gerechtfertigt angesehen werden (vgl. in
diesem Sinne Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin
International, Randnr. 72).
58 Auf
die dritte Frage ist daher zu antworten, dass Art. 49 EG dahin
auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der des
Ausgangsverfahrens nicht entgegensteht, die die Veranstaltung und die
Förderung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten
eines einzigen Veranstalters unterwirft und es allen anderen – auch den
in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im
Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung
erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten.
Kosten
59 Für
die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein
Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen
Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem
Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
1. Bei
einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens, die die
Eindämmung der Spielsucht und die Betrugsbekämpfung bezweckt und wirksam
zur Erreichung dieser Ziele beiträgt, kann davon ausgegangen werden,
dass sie die Wetttätigkeit in kohärenter und systematischer Weise
begrenzt, obwohl der oder die Inhaber einer ausschließlichen Erlaubnis
berechtigt sind, ihr Angebot auf dem Markt durch die Einführung neuer
Spiele und durch Werbung attraktiver zu machen. Es ist Sache des
vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die illegalen Spieltätigkeiten im
betreffenden Mitgliedstaat ein Problem darstellen können, dem eine
Expansion der zugelassenen und regulierten Tätigkeiten abhelfen kann,
und ob diese Expansion nicht einen Umfang hat, die sie mit dem Ziel der
Eindämmung der Spielsucht unvereinbar macht.
2. Bei
Anwendung einer mit Art. 49 EG vereinbaren mitgliedstaatlichen Regelung
über Glücksspiele ist das nationale Gericht nicht verpflichtet, in
jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Durchführungsmaßnahme, die die
Einhaltung dieser Regelung sicherstellen soll, zur Erreichung der mit
dieser verfolgten Ziele geeignet ist und dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit entspricht, sofern diese Maßnahme unerlässlich ist,
um die praktische Wirksamkeit dieser Regelung sicherzustellen und keine
zusätzliche Beschränkung gegenüber derjenigen enthält, die sich aus
dieser Regelung ergibt. Für die Entscheidung des bei dem vorlegenden
Gericht anhängigen Rechtsstreits ist es unerheblich, ob die
Durchführungsmaßnahme aufgrund des Tätigwerdens der Behörden zur
Durchsetzung der nationalen Regelung oder auf Antrag eines Einzelnen im
Rahmen eines Zivilverfahrens zum Schutz der von ihm aus dieser Regelung
hergeleiteten Rechte erlassen wurde.
3. Art. 49
EG ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats
wie der des Ausgangsverfahrens nicht entgegensteht, die die
Veranstaltung und die Förderung von Glücksspielen einer
Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Veranstalters
unterwirft und es allen anderen – auch den in einem anderen
Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im Hoheitsgebiet des
erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste
Dienstleistungen über das Internet anzubieten.
Unterschriften
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
3. Juni 2010(*)
„Art. 49
EG – Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs – Glücksspiele –
Betrieb von Glücksspielen im Internet – Regelung, die eine Erlaubnis
einem einzigen Veranstalter vorbehält – Verlängerung der Erlaubnis ohne
Ausschreibung – Grundsatz der Gleichbehandlung und Gebot der Transparenz
– Geltung im Glücksspielbereich“
In der Rechtssache C‑203/08
betreffend
ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Raad
van State (Niederlande) mit Entscheidung vom 14. Mai 2008, beim
Gerichtshof eingegangen am 16. Mai 2008, in dem Verfahren
Sporting Exchange Ltd, Inhaberin der Firma „Betfair“,
gegen
Minister van Justitie,
Beteiligte:
Stichting de Nationale Sporttotalisator,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter
Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues
(Berichterstatter), der Richterin P. Lindh sowie der Richter A. Rosas,
U. Lõhmus und A. Arabadjiev,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der
Sporting Exchange Ltd, Inhaberin der Firma „Betfair“, vertreten durch
I. Scholten-Verheijen, O. Brouwer, A. Stoffer und J. Franssen,
advocaten,
– der Stichting de
Nationale Sporttotalisator, vertreten durch W. Geursen, E. Pijnacker
Hordijk und M. van Wissen, advocaten,
– der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels, M. de Grave und Y. de Vries als Bevollmächtigte,
– der
belgischen Regierung, vertreten durch A. Hubert und L. Van den Broeck
als Bevollmächtigte im Beistand von P. Vlaemminck, advocaat,
– der dänischen Regierung, vertreten durch J. Bering Liisberg und V. Pasternak Jørgensen als Bevollmächtigte,
– der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma als Bevollmächtigten,
– der griechischen Regierung, vertreten durch M. Tassopoulou, Z. Chatzipavlou und A. Samoni-Rantou als Bevollmächtigte,
– der spanischen Regierung, vertreten durch F. Díez Moreno als Bevollmächtigten,
– der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
– der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, P. Mateus Calado und A. Barros als Bevollmächtigte,
– der finnischen Regierung, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski und J. Heliskoski als Bevollmächtigte,
– der norwegischen Regierung, vertreten durch P. Wennerås und K. Moen als Bevollmächtigte,
– der
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch
E. Traversa, A. Nijenhuis und S. Noë als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Dezember 2009
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 49 EG.
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Sporting Exchange Ltd, Inhaberin
der Firma „Betfair“, mit Sitz im Vereinigten Königreich (im Folgenden:
Betfair), und dem Minister van Justitie (Justizminister, im Folgenden:
Minister) wegen der von diesem ausgesprochenen Zurückweisung erstens der
Anträge von Betfair auf Zulassung als Glücksspielveranstalter in den
Niederlanden und zweitens der von Betfair gegen die Zulassung zweier
anderer Veranstalter eingelegten Rechtsbehelfe.
Nationales Recht
3 Art. 1 des Gesetzes über Glücksspiele (Wet op de kansspelen, im Folgenden: Wok) bestimmt:
„Vorbehaltlich der Bestimmungen des Abschnitts Va dieses Gesetzes ist es verboten,
a. die
Möglichkeit zur Teilnahme an einem Preis- oder Prämienwettbewerb zu
bieten, wenn die Ermittlung der Gewinner allein dem Zufall überlassen
bleibt, den die Teilnehmer im Allgemeinen nicht entscheidend
beeinflussen können, es sei denn, dass eine entsprechende Erlaubnis nach
diesem Gesetz erteilt worden ist;
b. ohne
eine Erlaubnis nach diesem Gesetz die Teilnahme an einer unter
Buchst. a genannten Veranstaltung oder einer entsprechenden
Veranstaltung in Europa außerhalb des Königreichs der Niederlande zu
fördern, oder zu diesem Zweck zur Veröffentlichung oder Verbreitung
bestimmte Dokumente vorzuhalten; …“
4 Art. 16 Abs. 1 Wok sieht vor:
„Der
Minister der Justiz und der Minister für Wohlfahrt, Gesundheit und
Kultur können unter Berücksichtigung der Interessen gemeinnütziger
Einrichtungen insbesondere auf dem Gebiet des Sports und der
Körpererziehung, der Kultur, der gesellschaftlichen Wohlfahrt und der
Gesundheit der Bevölkerung einer juristischen Person mit vollständiger
Rechtsfähigkeit für eine von ihnen zu bestimmende Zeit eine Erlaubnis
zur Veranstaltung von Sportwetten erteilen.“
5 In Art. 23 Wok heißt es:
„1. Die Erlaubnis zur Veranstaltung von Totalisatorwetten kann nur nach den Bestimmungen dieses Abschnitts erteilt werden.
2. Unter
Totalisatorwette ist jede Gelegenheit, auf den Ausgang von Trab- und
Galopprennen zu wetten, zu verstehen, vorausgesetzt, dass die gesamten
Einnahmen, abgesehen von dem nach dem Gesetz oder aufgrund des Gesetzes
zulässigen Abzug, unter denjenigen verteilt werden, die auf den Gewinner
oder auf einen der Preisgewinner gewettet haben.“
6 Nach
Art. 24 Wok können der Minister für Landwirtschaft und Fischerei und
der Minister der Justiz einer juristischen Person mit vollständiger
Rechtsfähigkeit für eine von ihnen zu bestimmende Zeit die Erlaubnis zur
Veranstaltung von Totalisatorwetten erteilen.
7 Art. 25 Wok sieht vor:
„1. Die
in Art. 24 Wok genannten Minister versehen die Erlaubnis zur
Veranstaltung von Totalisatorwetten mit bestimmten Auflagen.
2. Diese Auflagen betreffen insbesondere
a. die Zahl der Trab- und Galopprennbahnen,
b. die Höchsteinnahmen pro Person,
c. den vor der Aufteilung auf die Wettgewinner abzuziehenden Anteil sowie dessen Verwendung,
d. die behördliche Aufsicht,
e. die
Pflicht, nicht zugelassene Wetten oder die Vermittlung von Wetten auf
dem Gelände, auf dem Trab- oder Galopprennen stattfinden, nach
Möglichkeit zu verhindern oder verhindern zu lassen.
3. Die Auflagen können geändert und ergänzt werden.“
8 Art. 26 Wok sieht vor:
„Die
nach Art. 24 erteilte Erlaubnis kann von den dort genannten Ministern
vor Ablauf zurückgenommen werden, wenn gegen die nach Art. 25
festgelegten Auflagen verstoßen wird.“
9 Nach
Art. 27 Wok ist es verboten, der Öffentlichkeit Vermittlungsdienste in
Bezug auf den Abschluss von Wetten bei einem Veranstalter von
Totalisatorwetten anzubieten oder zu erbringen.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
10 Die
niederländische Regelung über Glücksspiele beruht auf einem System
ausschließlicher Erlaubnisse, nach dem es verboten ist, Glücksspiele zu
veranstalten oder zu fördern – es sei denn, dass eine entsprechende
behördliche Erlaubnis erteilt worden ist –, und die nationalen Behörden
nur eine Zulassung für jedes erlaubte Glücksspiel erteilen.
11 Aus
den dem Gerichtshof vom vorlegenden Gericht übermittelten Akten des
Ausgangsverfahrens ergibt sich, dass in den Niederlanden keine
Möglichkeit besteht, Glücksspiele interaktiv über das Internet
anzubieten.
12 Die
Stichting de Nationale Sporttotalisator (im Folgenden: De Lotto), eine
privatrechtliche Stiftung ohne Gewinnerzielungsabsicht, ist seit 1961
Inhaberin der Zulassung für die Veranstaltung von Sportwetten, Lotto und
Zahlenspielen. Die Zulassung für die Veranstaltung von
Totalisatorwetten auf die Ergebnisse von Pferderennen wurde der
Gesellschaft mit beschränkter Haftung Scientific Games Racing BV (im
Folgenden: SGR) erteilt, einer Tochtergesellschaft der Scientific Games
Corporation Inc., die ihren Sitz in den Vereinigten Staaten hat.
13 Aus
den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass De Lotto nach
ihrer Satzung den Zweck verfolgt, durch die Veranstaltung von
Glücksspielen Mittel zu beschaffen und diese zwischen gemeinnützigen
Einrichtungen, insbesondere im Bereich des Sports, der Körpererziehung,
der allgemeinen Wohlfahrt, der öffentlichen Gesundheit und der Kultur,
zu verteilen. De Lotto wird von einem fünfköpfigen Kollegium geführt,
dessen Präsident vom Minister ernannt wird. Die anderen Mitglieder
werden von der Stichting Aanwending Loterijgelden Nederland (Stiftung
für die Verwendung der Lottoeinnahmen), der Vereniging Nederlands
Olympisch Comité/Nederlandse Sportfederatie (Niederländisches
Olympisches Komitee/Niederländischer Sportbund) benannt.
14 Betfair
ist im Glücksspielsektor tätig und bietet ihre Dienstleistungen nur
über Internet und Telefon an. Vom Vereinigten Königreich aus stellt sie
den Dienstleistungsempfängern auf der Grundlage britischer und
maltesischer Zulassungen eine Plattform für Sport- und Pferdewetten zur
Verfügung, die unter dem Namen „betting exchange“ bekannt ist. Betfair
hat keine Niederlassung oder Verkaufsstelle in den Niederlanden.
15 Da
Betfair ihre Dienstleistungen in den Niederlanden aktiv anbieten
möchte, ersuchte sie den Minister um Auskunft darüber, ob dafür eine
Zulassung erforderlich sei. Sie beantragte auch eine Erlaubnis zur
Veranstaltung – auch im Internet – von Sportwetten und Totalisatorwetten
auf die Ergebnisse von Pferderennen. Mit Entscheidung vom 29. April
2004 wies der Minister diese Anträge zurück.
16 Die
gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde wurde vom Minister am 9.
August 2004 zurückgewiesen. Der Minister vertrat insbesondere die
Auffassung, dass die Wok ein geschlossenes Zulassungssystem enthalte,
das keine Möglichkeit vorsehe, Zulassungen zu erteilen, um die
Gelegenheit zur Teilnahme an Glücksspielen über das Internet zu bieten.
Da Betfair nach diesem Gesetz keine Zulassung für ihre derzeitigen
Tätigkeiten im Internet erhalten könne, dürfe sie ihre Dienstleistungen
nicht Empfängern anbieten, die in den Niederlanden ansässig seien.
17 Betfair
legte auch Beschwerde gegen die Entscheidungen des Ministers vom 10.
Dezember 2004 und vom 21. Juni 2005 zur Verlängerung der Zulassungen von
De Lotto und von SGR ein.
18 Mit Entscheidungen des Ministers vom 17. März und vom 4. November 2005 wurden diese Beschwerden zurückgewiesen.
19 Mit
Urteil vom 8. Dezember 2006 erklärte die Rechtbank ’s‑Gravenhage
(Bezirksgericht Den Haag) die Klagen von Betfair gegen die genannten
ablehnenden Entscheidungen für unbegründet. Betfair legte daraufhin beim
Raad van State Berufung gegen dieses Urteil ein.
20 Diese
stützte sie im Wesentlichen darauf, dass die niederländischen Behörden
verpflichtet seien, zum einen ihre britische Zulassung anzuerkennen und
zum anderen bei der Erteilung einer Zulassung für das Anbieten von
Glücksspielen gemäß dem Urteil vom 13. September 2007,
Kommission/Italien (C‑260/04, Slg. 2007, I‑7083), den Grundsatz der
Transparenz zu wahren.
21 Da
der Raad van State der Ansicht ist, dass die Auslegung des Unionsrechts
erforderlich ist, um ihm die Entscheidung des bei ihm anhängigen
Rechtsstreits zu ermöglichen, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem
Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist
Art. 49 EG so auszulegen, dass die Anwendung dieser Bestimmung dazu
führt, dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats aufgrund des in
diesem Mitgliedstaat geltenden geschlossenen Genehmigungssystems für das
Anbieten von Dienstleistungen bei Glücksspielen nicht verbieten kann,
dass ein Dienstleistungsanbieter, dem bereits in einem anderen
Mitgliedstaat eine Genehmigung für die Erbringung dieser
Dienstleistungen über das Internet erteilt worden ist, diese
Dienstleistungen auch im erstgenannten Mitgliedstaat über das Internet
anbietet?
2. Ist die Auslegung,
die der Gerichtshof Art. 49 EG und insbesondere dem Gleichheitssatz und
dem sich daraus ergebenden Transparenzgebot in Rechtssachen beigemessen
hat, die sich auf Konzessionen bezogen haben, auf das Verfahren für die
Erteilung einer Genehmigung für das Anbieten von Dienstleistungen bei
Glücksspielen in einem gesetzlich geregelten Ein-Genehmigungs-System
übertragbar?
3. a) Kann
in einem durch Gesetz geschaffenen System der Zulassung eines einzigen
Betreibers die Verlängerung der Genehmigung für den gegenwärtigen
Genehmigungsinhaber, ohne dass mögliche Interessenten die Chance
erhalten, sich um diese Genehmigung mit zu bewerben, ein geeignetes und
verhältnismäßiges Mittel zur Verwirklichung der zwingenden Gründe des
Allgemeininteresses sein, die der Gerichtshof als Rechtfertigung der
Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs bei Glücksspielen
anerkannt hat? Falls ja, unter welchen Voraussetzungen?
b) Macht
es für die Antwort auf die Frage 3a einen Unterschied, ob die zweite
Frage zu bejahen oder zu verneinen ist?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
22 Mit
seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 49 EG
dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie
der des Ausgangsverfahrens entgegensteht, die die Veranstaltung und die
Förderung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten
eines einzigen Veranstalters unterwirft und es allen anderen – auch den
in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im
Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung
erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten.
23 Art. 49
EG verlangt die Aufhebung jeder Beschränkung des freien
Dienstleistungsverkehrs – selbst wenn sie unterschiedslos für
inländische Dienstleistende wie für solche aus den anderen
Mitgliedstaaten gilt –, sofern sie geeignet ist, die Tätigkeiten des
Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, in
dem er rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu
behindern oder weniger attraktiv zu machen. Die Dienstleistungsfreiheit
gilt sowohl zugunsten des Dienstleistenden als auch zugunsten des
Dienstleistungsempfängers (Urteil vom 8. September 2009, Liga Portuguesa
de Futebol Profissional und Bwin International, C‑42/07, Slg. 2009,
I‑0000, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).
24 Eine
Regelung eines Mitgliedstaats wie die des Ausgangsverfahrens stellt
eine Beschränkung des in Art. 49 EG verbürgten freien
Dienstleistungsverkehrs dar (vgl. in diesem Sinne Urteile Liga
Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 52,
sowie vom heutigen Tag, Ladbrokes Betting & Gaming und Ladbrokes
International, C‑258/08, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 16).
25 Zu
prüfen ist jedoch, ob eine solche Beschränkung im Rahmen der
Ausnahmeregelungen, die in den nach Art. 55 EG auf diesem Gebiet
anwendbaren Art. 45 EG und 46 EG ausdrücklich vorgesehen sind, zulässig
oder gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus zwingenden Gründen
des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil
Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International,
Randnr. 55).
26 Art. 46
Abs. 1 EG lässt Beschränkungen zu, die aus Gründen der öffentlichen
Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind. Die
Rechtsprechung des Gerichtshofs hat eine Reihe von zwingenden Gründen
des Allgemeininteresses herausgestellt, die diese Beschränkungen
ebenfalls rechtfertigen können, wie die Ziele des Verbraucherschutzes,
der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu
überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der
sozialen Ordnung im Allgemeinen (Urteil Liga Portuguesa de Futebol
Profissional und Bwin International, Randnr. 56).
27 In
diesem Kontext können die sittlichen, religiösen oder kulturellen
Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für
den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten
einhergehen, ein ausreichendes Ermessen der staatlichen Stellen
rechtfertigen, festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der
Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (Urteile vom 6. November
2003, Gambelli u. a., C‑243/01, Slg. 2003, I‑13031, Randnr. 63, sowie
vom 6. März 2007, Placanica u. a., C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04,
Slg. 2007, I‑1891, Randnr. 47).
28 Den
Mitgliedstaaten steht es frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet
der Glücksspiele ihrer eigenen Wertordnung entsprechend festzulegen und
gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen. Die von
ihnen vorgeschriebenen Beschränkungen müssen jedoch den sich aus der
Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen, insbesondere
an ihre Verhältnismäßigkeit, genügen (vgl. in diesem Sinne Urteile
Placanica u. a., Randnr. 48, sowie Liga Portuguesa de Futebol
Profissional und Bwin International, Randnr. 59).
29 Nach
der Rechtsprechung des Gerichtshofs obliegt es den nationalen
Gerichten, zu überprüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften
tatsächlich den Zielen, die sie rechtfertigen könnten, entsprechen und
ob die darin vorgesehenen Beschränkungen nicht im Hinblick auf diese
Ziele unverhältnismäßig sind (Urteile Gambelli u. a., Randnr. 75, sowie
Placanica u. a., Randnr. 58).
30 Unter
Bezugnahme insbesondere auf die Urteile Gambelli u. a. sowie Placanica
u. a. hat das vorlegende Gericht festgestellt, dass die Ziele des
Verbraucherschutzes und der Bekämpfung von Kriminalität und Spielsucht,
die dem in der Wok vorgesehenen System der ausschließlichen Erlaubnisse
zugrunde lägen, als zwingende Gründe des Allgemeininteresses im Sinne
der Rechtsprechung des Gerichtshofs angesehen werden könnten.
31 Das
vorlegende Gericht meint auch, dass die sich aus diesem System
ergebenden Beschränkungen weder unverhältnismäßig seien noch auf
diskriminierende Weise angewandt würden. Zur Verhältnismäßigkeit stellt
es fest, dass die Zulassung nur eines Veranstalters dessen Kontrolle
erleichtere, so dass die Überwachung der mit der Zulassung verbundenen
Regeln wirksamer sein könne, dass sie aber auch verhindere, dass es
zwischen mehreren Zulassungsinhabern zu einem verschärften Wettbewerb
komme, die zu einem Ausgreifen der Spielsucht führe. Das an jedermann
außer dem Zulassungsinhaber gerichtete Verbot, Glücksspiele anzubieten,
gelte gleichermaßen für Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden wie für
solche, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig seien.
32 Die
Bedenken des vorlegenden Gerichts rühren daher, dass Betfair im
Ausgangsverfahren behauptet, dass sie keiner Zulassung durch die
niederländischen Behörden bedürfe, um in den Niederlanden wohnenden
Wettteilnehmern ihre Sportwetten über das Internet anbieten zu können.
Dieser Mitgliedstaat sei nämlich verpflichtet, die ihr von anderen
Mitgliedstaaten erteilten Zulassungen anzuerkennen.
33 Dazu
ist festzustellen, dass der Sektor der über das Internet angebotenen
Glücksspiele in der Europäischen Union nicht harmonisiert ist. Ein
Mitgliedstaat darf deshalb die Auffassung vertreten, dass der Umstand
allein, dass ein Veranstalter wie Betfair zu diesem Sektor gehörende
Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er
niedergelassen ist und in dem er grundsätzlich bereits rechtlichen
Anforderungen und Kontrollen durch die zuständigen Behörden dieses
anderen Mitgliedstaats unterliegt, rechtmäßig über das Internet
anbietet, keine hinreichende Garantie für den Schutz der nationalen
Verbraucher vor den Gefahren des Betrugs und anderer Straftaten bietet,
wenn man die Schwierigkeiten berücksichtigt, denen sich die Behörden des
Sitzmitgliedstaats in einem solchen Fall bei der Beurteilung der
Qualitäten und der Redlichkeit der Anbieter bei der Ausübung ihres
Gewerbes gegenübersehen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Liga
Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 69).
34 Außerdem
bergen die Glücksspiele über das Internet, verglichen mit den
herkömmlichen Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren
Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und
größere Gefahren in sich, dass die Verbraucher eventuell von den
Anbietern betrogen werden (Urteil Liga Portuguesa de Futebol
Profissional und Bwin International, Randnr. 70).
35 Dass
ein Veranstalter, der Glücksspiele über das Internet anbietet, vor
allem deshalb keine aktive Verkaufspolitik im betreffenden Mitgliedstaat
verfolgt, weil er dort keine Werbung treiben kann, steht nicht im
Gegensatz zu den in den beiden vorstehenden Randnummern angeführten
Erwägungen. Diese beruhen allein auf den Auswirkungen der bloßen
Möglichkeit des Zugangs zu Glücksspielen über das Internet und nicht auf
den möglicherweise unterschiedlichen Folgen eines aktiven oder passiven
Angebots von Leistungen dieses Veranstalters.
36 Demnach
kann die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beschränkung in
Anbetracht der Besonderheiten, die mit dem Anbieten von Glücksspielen
über das Internet verbunden sind, als durch das Ziel der Bekämpfung von
Betrug und anderen Straftaten gerechtfertigt angesehen werden (vgl. in
diesem Sinne Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin
International, Randnr. 72).
37 Auf
die erste Frage ist daher zu antworten, dass Art. 49 EG dahin
auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der des
Ausgangsverfahrens nicht entgegensteht, die die Veranstaltung und die
Förderung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten
eines einzigen Veranstalters unterwirft und es allen anderen – auch den
in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im
Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung
erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten.
Zur zweiten und zur dritten Frage
38 Mit
der zweiten und der dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte
das vorlegende Gericht zum einen wissen, ob die Rechtsprechung des
Gerichtshofs zur Auslegung von Art. 49 EG sowie zum Grundsatz der
Gleichbehandlung und zu dem sich daraus ergebenden Transparenzgebot auf
dem Gebiet der Dienstleistungskonzessionen auf das Verfahren zur
Erteilung einer Zulassung für einen einzigen Veranstalter im
Glücksspielbereich anwendbar ist. Es möchte zum anderen wissen, ob die
Verlängerung dieser Zulassung ohne Ausschreibung ein geeignetes und
angemessenes Mittel zur Erreichung von Zielen sein kann, die auf
zwingenden Gründen des Allgemeininteresses beruhen.
39 Beim
gegenwärtigen Stand des Unionsrechts werden
Dienstleistungskonzessionsverträge von keiner der Richtlinien erfasst,
mit denen der Unionsgesetzgeber den Bereich des öffentlichen
Auftragswesens geregelt hat. Die öffentlichen Stellen, die solche
Verträge schließen, haben jedoch die Grundregeln des EG-Vertrags,
insbesondere Art. 49 EG, im Allgemeinen sowie den
Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen
der Staatsangehörigkeit und das daraus folgende Transparenzgebot im
Besonderen zu beachten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Dezember
2000, Telaustria und Telefonadress, C‑324/98, Slg. 2000, I‑10745,
Randnrn. 60 bis 62, vom 10. September 2009, Eurawasser, C‑206/08,
Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 44, und vom 13. April 2010, Wall, C‑91/08,
Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 33).
40 Dieses
Transparenzgebot gilt, wenn die betreffende Dienstleistungskonzession
für ein Unternehmen von Interesse sein kann, das in einem anderen
Mitgliedstaat als dem, in dem diese Konzession erteilt wird, ansässig
ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juli 2005, Coname, C‑231/03,
Slg. 2005, I‑7287, Randnr. 17, und Wall, Randnr. 34).
41 Ohne
zwangsläufig eine Ausschreibung vorzuschreiben, verpflichtet das
Transparenzgebot die konzessionserteilende Stelle, zugunsten der
potenziellen Konzessionsnehmer einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit
sicherzustellen, der eine Öffnung der Dienstleistungskonzessionen für
den Wettbewerb und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren
unparteiisch durchgeführt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom
13. November 2008, Coditel Brabant, C‑324/07, Slg. 2008, I‑8457,
Randnr. 25, und Wall, Randnr. 36).
42 Aus
der Vorlageentscheidung und dem Wortlaut der zweiten Vorlagefrage des
nationalen Gerichts ergibt sich, dass die Maßnahme der niederländischen
Behörden zur Ermächtigung bestimmter Wirtschaftsteilnehmer, in den
Niederlanden Dienstleistungen im Glücksspielbereich anzubieten, von
diesem Gericht als Erteilung einer einzigen Zulassung angesehen wird.
43 Wie
in Randnr. 10 des vorliegenden Urteils ausgeführt, beruht die Wok auf
einem System ausschließlicher Erlaubnisse, nach dem es verboten ist,
Glücksspiele zu veranstalten oder zu fördern – es sei denn, dass eine
entsprechende behördliche Erlaubnis erteilt worden ist –, und die
nationalen Behörden nur eine Zulassung für jedes erlaubte Glücksspiel erteilen.
44 Diese
einzige Zulassung ist eine Maßnahme der Behörden zur Regulierung der
Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, nämlich der Veranstaltung von
Glücksspielen.
45 Die
Zulassungsentscheidung enthält Auflagen dieser Behörden, u. a.
bezüglich der Höchstzahl der pro Jahr zulässigen Sportwetten, ihrer
Beträge, der Verteilung der Reinerträge auf gemeinnützige Einrichtungen
und der eigenen Einnahmen des Veranstalters in dem Sinne, dass dieser
nur die entstandenen Kosten ausgleichen, aber keinen Gewinn erzielen
darf. Dieser Veranstalter darf außerdem jährlich eine höchstens 2,5 %
der im vorangegangenen Kalenderjahr erzielten Einnahmen entsprechende
Reserve bilden, um die Fortführung seiner Tätigkeit sicherzustellen.
46 Dass
die Erteilung einer einzigen Zulassung nicht einem
Dienstleistungskonzessionsvertrag gleichzustellen ist, kann für sich
allein nicht rechtfertigen, dass die sich aus Art. 49 EG ergebenden
Erfordernisse, insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung und das
Transparenzgebot, bei der Erteilung einer behördlichen Erlaubnis wie der
im Ausgangsverfahren in Rede stehenden missachtet werden.
47 Wie
der Generalanwalt in den Nrn. 154 und 155 seiner Schlussanträge
ausgeführt hat, erscheint das Transparenzgebot nämlich als eine
zwingende Vorbedingung des Rechts eines Mitgliedstaats, das
ausschließliche Recht zur Ausübung einer Wirtschaftstätigkeit an einen
oder mehrere private Unternehmer zu vergeben, wie auch immer diese
ausgewählt werden. Dieses Gebot ist auch zur Anwendung im Rahmen eines
Systems berufen, nach dem die Zulassung von den Behörden eines
Mitgliedstaats in Ausübung ihrer ordnungsrechtlichen Befugnisse einem
einzigen Wirtschaftsteilnehmer erteilt wird, weil die Auswirkungen einer
solchen Zulassung auf in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene
Unternehmen, die möglicherweise an dieser Tätigkeit interessiert sind,
die gleichen sind wie die eines Konzessionsvertrags.
48 Zwar
verfügen die Mitgliedstaaten, wie sich aus der Antwort auf die erste
Frage ergibt, bei der Bestimmung des im Glücksspielbereich angestrebten
Schutzniveaus über einen ausreichenden Ermessensspielraum, so dass sie –
wie im Ausgangsverfahren – eine Regelung wählen können, bei der nur ein
einziger Veranstalter zugelassen wird.
49 Eine
solche Regelung kann jedoch keine Ermessensausübung der nationalen
Behörden rechtfertigen, die geeignet ist, den Bestimmungen des
Unionsrechts, insbesondere wenn sie eine Grundfreiheit wie den freien
Dienstleistungsverkehr betreffen, ihre praktische Wirksamkeit zu nehmen.
50 Nach
ständiger Rechtsprechung muss ein System der vorherigen behördlichen
Genehmigung nämlich, damit es trotz des Eingriffs in eine solche
Grundfreiheit gerechtfertigt ist, auf objektiven, nicht
diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, damit der
Ermessensausübung durch die nationalen Behörden hinreichende Grenzen
gesetzt werden (Urteile vom 17. Juli 2008, Kommission/Frankreich,
C‑389/05, Slg. 2008, I‑5397, Randnr. 94, und vom 10. März 2009,
Hartlauer, C‑169/07, Slg. 2009, I‑1721, Randnr. 64). Zudem muss jedem,
der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden einschränkenden
Maßnahme betroffen ist, der Rechtsweg offen stehen (vgl. in diesem Sinne
Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a., C‑205/99, Slg. 2001, I‑1271,
Randnr. 38).
51 Zur
Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und des sich daraus
ergebenden Transparenzgebots gehört zwangsläufig, dass die objektiven
Kriterien, die die Eingrenzung des Ermessens der zuständigen Behörden
der Mitgliedstaaten ermöglichen, ausreichend bekannt gemacht werden.
52 Zum
Verfahren zur Verlängerung der nach der Wok erteilten ausschließlichen
Erlaubnisse hat die niederländische Regierung in ihren schriftlichen
Erklärungen ausgeführt, dass die Zulassungen stets befristet erteilt
würden, und zwar meist für einen Zeitraum von fünf Jahren. Damit werde
Kontinuität gewährleistet, wobei an bestimmten Stichtagen entschieden
werden könne, ob die Anpassung der Zulassungsbedingungen gerechtfertigt
sei.
53 Mit
Entscheidungen vom 10. Dezember 2004 und 21. Juni 2005 hat der Minister
die De Lotto für fünf Jahre und SGR für drei Jahre erteilten
Zulassungen ohne jedes Ausschreibungsverfahren verlängert.
54 In
diesem Zusammenhang ist nicht danach zu unterscheiden, ob sich die
beschränkenden Wirkungen einer einzigen Zulassung aus deren Erteilung
unter Missachtung der in Randnr. 50 des vorliegenden Urteils genannten
Erfordernisse oder aus ihrer Verlängerung unter solchen Umständen
ergeben.
55 Ein
Verfahren zur Verlängerung einer Zulassung wie das des
Ausgangsverfahrens, das die genannten Bedingungen nicht erfüllt,
verhindert grundsätzlich, dass andere Veranstalter ihr Interesse an der
Ausübung der betreffenden Tätigkeit bekunden können, so dass ihnen der
Zugang zu den Rechten verwehrt bleibt, die sie aus dem Unionsrecht,
insbesondere dem in Art. 49 EG verankerten freien
Dienstleistungsverkehr, ableiten.
56 Die
niederländische Regierung hebt hervor, dass das vorlegende Gericht
festgestellt habe, dass die Beschränkungen, die sich aus dem System der
Zulassung eines einzigen Veranstalters ergäben, durch zwingende Gründe
des Allgemeininteresses gerechtfertigt seien und dass sie geeignet und
angemessen seien.
57 Es
ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich die Ausführungen des
vorlegenden Gerichts, auf die die niederländische Regierung verweist,
auf ein System einer ausschließlichen Erlaubnis wie das in der Wok
vorgesehene und nicht speziell auf das Verfahren zur Verlängerung der
Zulassung beziehen, die dem Veranstalter erteilt wurde, dem das
ausschließliche Recht zur Veranstaltung und Förderung von Glücksspielen
zusteht.
58 Wie
der Generalanwalt in Nr. 161 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist
zwischen den Auswirkungen der Öffnung des Wettbewerbs um den
Glücksspielmarkt, deren Nachteiligkeit eine Beschränkung der Tätigkeit
der Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen kann, und denjenigen der Öffnung
des Wettbewerbs um die Vergabe des betreffenden Auftrags zu
unterscheiden. Die nachteiligen Folgen der Einführung des Wettbewerbs um
diesen Markt, d. h. zwischen mehreren Veranstaltern, die das gleiche Glücksspiel
betreiben dürfen, ergeben sich daraus, dass diese Veranstalter versucht
wären, einander an Einfallsreichtum zu übertreffen, um ihr Angebot
attraktiver zu machen, und damit für die Verbraucher die mit dem Spiel
verbundenen Ausgaben sowie die Gefahr der Spielsucht erhöhen würden.
Diese Folgen sind im Stadium der Zulassungserteilung hingegen nicht zu
befürchten.
59 Allerdings
könnten die Beschränkungen der in Art. 49 EG verankerten Grundfreiheit,
die sich speziell aus den Verfahren zur Erteilung und zur Verlängerung
der Zulassung eines einzigen Veranstalters wie denen des
Ausgangsverfahrens ergeben, als gerechtfertigt angesehen werden, wenn
der betreffende Mitgliedstaat beschlösse, die Zulassung einem
öffentlichen Veranstalter, der hinsichtlich seiner Leitung unmittelbarer
staatlicher Aufsicht untersteht, oder einem privaten Veranstalter,
dessen Tätigkeiten die Behörden genau überwachen können, zu erteilen
oder sie zu verlängern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. September
1999, Läärä u. a., C‑124/97, Slg. 1999, I‑6067, Randnrn. 40 und 42,
sowie Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International,
Randnrn. 66 und 67)
60 In
diesen Fällen würde die Verleihung oder die Verlängerung von
Ausschließlichkeitsrechten für die Veranstaltung von Glücksspielen
zugunsten eines solchen Veranstalters ohne jedes Ausschreibungsverfahren
im Hinblick auf die mit der Wok verfolgten Ziele nicht
unverhältnismäßig erscheinen.
61 Es
ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Inhaber von
Zulassungen für die Veranstaltung von Glücksspielen in den Niederlanden
die in Randnr. 59 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen
erfüllen.
62 Nach
alledem ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass
Art. 49 EG dahin auszulegen ist, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung
und das daraus folgende Transparenzgebot in Verfahren zur Erteilung und
zur Verlängerung der Zulassung zugunsten eines einzigen Veranstalters
im Glücksspielbereich gelten, sofern es sich nicht um einen öffentlichen
Veranstalter handelt, der hinsichtlich seiner Leitung unmittelbarer
staatlicher Aufsicht unterliegt, oder um einen privaten Veranstalter,
dessen Tätigkeiten die Behörden genau überwachen können.
Kosten
63 Für
die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein
Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen
Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem
Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 49 EG
ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie
der des Ausgangsverfahrens nicht entgegensteht, die die Veranstaltung
und die Förderung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung
zugunsten eines einzigen Veranstalters unterwirft und es allen anderen –
auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern
untersagt, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser
Regelung erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten.
2. Art. 49
EG ist dahin auszulegen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung und
das daraus folgende Transparenzgebot in Verfahren zur Erteilung und zur
Verlängerung der Zulassung zugunsten eines einzigen Veranstalters im
Glücksspielbereich gelten, sofern es sich nicht um einen öffentlichen
Veranstalter handelt, der hinsichtlich seiner Leitung unmittelbarer
staatlicher Aufsicht unterliegt, oder um einen privaten Veranstalter,
dessen Tätigkeiten die Behörden genau überwachen können.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Niederländisch.
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
YVES BOT
vom 17. Dezember 20091(1)
Rechtssache C‑203/08
The Sporting Exchange Ltd
gegen
Minister van Justitie
Rechtssache C‑258/08
Ladbrokes Betting & Gaming Ltd,
Ladbrokes International Ltd
gegen
Stichting de Nationale Sporttotalisator
(Vorabentscheidungsersuchen des Raad van State [Niederlande] bzw. des Hoge Raad der Nederlanden [Niederlande] )
„Freier
Dienstleistungsverkehr – Glücksspiele – Wetten und Lotterien im
Internet – System ausschließlicher und alleiniger Zulassung – Einem in
einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen auferlegtes Verbot,
seine Dienstleistungen zu erbringen – Beschränkung des freien
Dienstleistungsverkehrs – Rechtfertigung – Schutz der Verbraucher und
Bekämpfung von Betrug – Kohärente und systematische Begrenzung – Umfang
der Verhältnismäßigkeitskontrolle – Nationale Durchführungsmaßnahme –
Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung – Grundsatz der Gleichbehandlung
und Transparenzgebot – Anwendung auf Glücksspiele im Rahmen eines
Systems der Zulassung eines einzigen Betreibers – Verlängerung der
Zulassung ohne Ausschreibung“
1. Das
Problem, in welchem Umfang die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im
Bereich der Glücksspiele durch die Verkehrsfreiheiten begrenzt wird, hat
bereits zu einer verhältnismäßig umfangreichen Rechtsprechung geführt
und wirft nach wie vor zahlreiche Fragen auf(2).
2. In
den beiden vorliegenden Vorabentscheidungssachen soll geklärt werden,
ob die einschlägigen niederländischen Rechtsvorschriften mit den
Bestimmungen des EG‑Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr
vereinbar sind. Da die Rechtssachen die gleiche nationale Regelung
betreffen und die von den beiden Gerichten vorgelegten Fragen sich
überschneiden, habe ich mich dafür entschieden, sie gemeinsam zu
behandeln.
3. Die
niederländischen Rechtsvorschriften sollen die Verbraucher vor der
Spielsucht schützen und die Kriminalität bekämpfen. Sie verbieten zum
einen die Veranstaltung oder Förderung von Glücksspielen ohne
entsprechende Erlaubnis und beschränken zum anderen diese Erlaubnis auf
einen einzigen Anbieter je Spielkategorie.
4. Die
Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten, von Lotto und von
Zahlenspielen wurde der Stiftung Stichting de Nationale Sporttotalisator
erteilt(3).
Sie wurde im Dezember 2004 um fünf Jahre verlängert. Die Erlaubnis zur
Veranstaltung von Pferderennwetten, die der Gesellschaft mit
beschränkter Haftung Scientific Games Racing BV(4) erteilt worden war, wurde im Juni 2005 verlängert.
5. Die
Rechtssache C‑203/08 geht auf den Rechtsstreit zwischen The Sporting
Exchange Ltd mit Sitz im Vereinigten Königreich, die unter dem Namen
Betfair auftritt(5),
und dem Minister van Justitie (niederländischer Justizminister) wegen
der Zurückweisung ihrer Anträge auf Zulassung zur Veranstaltung von
Glücksspielen in den Niederlanden sowie ihrer Klagen gegen die
Entscheidungen über die Verlängerung der Zulassungen von De Lotto und
der SGR zurück.
6. Die
Rechtssache C-258/08 steht im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel von
Ladbrokes Betting & Gaming Ltd und Ladbrokes International Ltd(6),
beide mit Sitz im Vereinigten Königreich, gegen die von De Lotto gegen
sie eingeleiteten Verfahren, mit denen ihnen untersagt werden soll, auf
ihrer Internetsite Personen mit Wohnsitz in den Niederlanden
Glücksspiele anzubieten, für die sie keine Erlaubnis besitzen.
7. Diese beiden Vorabentscheidungssachen werfen insgesamt die folgenden vier Probleme auf.
8. Erstens:
Kann die Regelung eines Mitgliedstaats, die das Anbieten von
Glücksspielen einschränkt, um die Spielsucht einzudämmen und
Betrügereien zu bekämpfen, und diese Ziele tatsächlich erreicht, als
kohärente und systematische Verfolgung dieser Ziele betrachtet werden,
obwohl dem oder den Inhabern des Ausschließlichkeitsrechts erlaubt ist,
ihr Angebot durch die Einführung neuer Spiele und durch Werbung
attraktiver zu machen (erste Frage in der Rechtssache C‑258/08)?
9. Zweitens:
Muss das nationale Gericht, das sich vergewissert hat, dass die
nationalen Rechtsvorschriften über Glücksspiele dem Gemeinschaftsrecht
entsprechen, prüfen, ob eine Durchführungsmaßnahme, die die Einhaltung
dieser Rechtsvorschriften sicherstellen soll, dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit entspricht (Fragen 2a und 2b in der Rechtssache
C‑258/08)?
10. Drittens:
Hindert der Umstand, dass ein Wirtschaftsteilnehmer die Erlaubnis
erhalten hat, im Gebiet des Mitgliedstaats, in dem er seinen Sitz hat,
Online-Spiele zu betreiben, einen anderen Mitgliedstaat, in dem
Glücksspiele einer Ausschließlichkeitsregelung unterliegen, daran,
diesem Wirtschaftsteilnehmer zu untersagen, solche Spiele in seinem
Hoheitsgebiet ansässigen Personen anzubieten (erste Frage in der
Rechtssache C‑203/08 und dritte Frage in der Rechtssache C‑258/08)?
11. Viertens:
Gelten gemäß Art. 49 EG der Grundsatz der Gleichbehandlung und das
daraus folgende Transparenzgebot im Bereich der Glücksspiele im Rahmen
des Systems der Zulassung eines einzigen Betreibers? Falls dies zu
bejahen ist: Inwieweit kann eine Verlängerung der Zulassung des einzigen
Betreibers ohne Ausschreibung erfolgen (zweite Frage und Fragen 3a und
3b in der Rechtssache C‑203/08)?
12. Diese
Fragen beruhen auf der Prämisse, dass es mit dem Gemeinschaftsrecht
vereinbar ist, wenn ein Mitgliedstaat ein Ausschließlichkeitsrecht für
die Veranstaltung eines Glücksspiels einem einzigen Betreiber gewährt.
In diesen Schlussanträgen werde ich dem Gerichtshof empfehlen, diese
Prämisse zu bestätigen.
13. Ich
werde sodann vorschlagen, als Antwort auf die erste Frage für Recht zu
erkennen, dass die Regelung eines Mitgliedstaats, die das Anbieten von
Glücksspielen einschränkt, um die Spielsucht einzudämmen und
Betrügereien zu bekämpfen, und diese beiden Ziele nach dem Urteil des
nationalen Gerichts tatsächlich erreicht, als kohärente und
systematische Verfolgung dieser Ziele zu betrachten ist, selbst wenn dem
oder den Inhabern des Ausschließlichkeitsrechts erlaubt ist, ihr
Angebot durch die Einführung neuer Spiele und durch Werbung attraktiver
zu machen.
14. Hinsichtlich
der Beantwortung der zweiten Frage bin ich der Auffassung, dass das
nationale Gericht nach der Feststellung, dass die in den nationalen
Rechtsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen dem
gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen,
nicht in jedem Einzelfall zu prüfen und zu belegen hat, dass eine
einfache Maßnahme zum Vollzug dieser Rechtsvorschriften ebenfalls diesem
Grundsatz entspricht, sofern die Maßnahme sich strikt darauf
beschränkt, die Anwendung dieser Rechtsvorschriften sicherzustellen,
ohne eine weitere Beschränkung zu schaffen. Der Umstand, dass diese
Maßnahme von einem Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen eines Rechtsstreits
zwischen Privatpersonen und nicht von einer Behörde verlangt wird, ist
für die Beantwortung dieser Frage ohne Bedeutung.
15. Die
Antwort auf die dritte Frage folgt zum einen aus dem Urteil vom 8.
September 2009 in der Rechtssache Liga Portuguesa de Futebol
Profissional und Baw International(7),
wonach der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung nicht für eine
Genehmigung des Anbietens von Online-Spielen gilt, und zum anderen aus
der Rechtsprechung, nach der ein System von Ausschließlichkeitsrechten
mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sein kann.
16. Was
schließlich die Tragweite des Grundsatzes der Gleichbehandlung und des
Transparenzgebots betrifft, werde ich dem Gerichtshof als Antwort
vorschlagen, dass beide auf ein System der Zulassung eines einzigen
Wirtschaftsteilnehmers im Bereich der Glücksspiele anwendbar sind und
einer Verlängerung der Zulassung ohne Ausschreibung entgegenstehen,
sofern die Nichtdurchführung der Ausschreibung nicht durch einen im
Vertrag angeführten oder in der Rechtsprechung anerkannten Grund
gerechtfertigt ist, was das nationale Gericht zu prüfen hat.
I – Das niederländische Recht
17. Gemäß Art. 1 des niederländischen Gesetzes über Glücksspiele (Wet op de kansspelen)(8) ist es vorbehaltlich der Bestimmungen des Titels Va verboten,
„a) die
Möglichkeit zur Teilnahme an einem Preis- oder Prämienwettbewerb zu
bieten, wenn die Ermittlung der Gewinner allein dem Zufall überlassen
bleibt, den die Teilnehmer im Allgemeinen nicht entscheidend
beeinflussen können, es sei denn, dass eine entsprechende Erlaubnis nach
diesem Gesetz erteilt worden ist;
b) ohne
eine Erlaubnis nach diesem Gesetz die Teilnahme an einer unter a)
genannten Veranstaltung oder einer entsprechenden Veranstaltung in
Europa außerhalb des Königreichs zu fördern, oder zu diesem Zweck zur
Veröffentlichung oder Verbreitung bestimmte Dokumente vorzuhalten;
…“
18. Das
niederländische Gesetz sieht weiter vor, dass für verschiedene Arten
von Glücksspielen, insbesondere für Sport- und Totalisatorwetten, die
jeweils in Titel III bzw. Titel IV dieses Gesetzes geregelt sind, eine
Erlaubnis erteilt werden kann.
19. Die
Sportwetten werden als Spiele definiert, bei denen die Teilnehmer die
Ergebnisse zuvor bekannt gegebener Sportwettbewerbe mit Ausnahme von
Pferderennen erraten oder voraussagen müssen.
20. Gemäß
Art. 16 Abs. 1 des niederländischen Gesetzes können die zuständigen
nationalen Behörden einer einzelnen juristischen Person, die voll
rechtsfähig ist, die Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten für
eine von ihnen festzulegende Dauer erteilen. Art. 16 Abs. 2 des
Gesetzes bestimmt, dass die bei einer Wette erzielten Einnahmen nach
Abzug der Gewinne und Kosten für die Zwecke zu verwenden sind, die die
juristische Person mit der Veranstaltung der Sportwetten fördern will.
21. Personen
unter 18 Jahren dürfen nicht an Wetten teilnehmen. Im Übrigen ist die
Erlaubnis mit Auflagen versehen, die insbesondere die Anzahl der Wetten,
die Art der Ermittlung der Ersatzergebnisse und das Gewinnschema, die
Verwaltung und die Deckung der mit der Veranstaltung verbundenen Kosten,
die Verwendung der Einnahmen, die Satzung und die Geschäftsbestimmungen
der juristischen Person, die Kontrolle der Behörden hinsichtlich der
Einhaltung der Vorschriften sowie die Vorlage und die Art der
Veröffentlichung des Berichts, der jährlich von der juristischen Person
über ihre Tätigkeiten und die Geschäftsergebnisse zu erstellen ist,
betreffen.
22. Totalisatorwetten
sind in Titel IV des niederländischen Gesetzes geregelt. Darunter wird
jede Gelegenheit verstanden, auf das Ergebnis von Pferderennen zu
wetten. Die gesamten Einsätze sind vorbehaltlich der in diesem Gesetz
vorgesehenen Abzüge unter den Personen zu verteilen, die auf den oder
die Sieger gewettet haben.
23. Gemäß
Art. 24 des niederländischen Gesetzes können die zuständigen nationalen
Behörden einer einzelnen juristischen Person, die voll rechtsfähig ist,
die Erlaubnis für die Veranstaltung von Totalisatorwetten für eine von
ihnen festzulegende Dauer erteilen.
24. Die
Erlaubnis für die Veranstaltung von Totalisatorwetten kann mit Auflagen
versehen werden, die insbesondere die Anzahl der Pferderennen, den
Höchsteinsatz je Person, Bestimmung und Höhe des vor der Verteilung auf
die Wettgewinner einzubehaltenden Prozentsatzes, die Kontrolle der
Behörden hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften sowie die Pflicht
betreffen, im Rahmen des Möglichen unerlaubte Wetten oder Vermittlung
von Wetten auf dem Rennbahngelände zu verhindern oder verhindern zu
lassen.
25. Den
Akten, insbesondere den Erläuterungen der niederländischen Regierung,
ist zu entnehmen, dass die Erlaubnis grundsätzlich auf die Dauer von
fünf Jahren ausgesprochen wird.
26. Die
Erlaubnis enthält eingehende Bestimmungen über die Modalitäten der
Veranstaltung der Wetten, für die sie erteilt wird. Sie kann vorzeitig
zurückgenommen werden, wenn der Inhaber der Erlaubnis gegen diese
Bestimmungen verstößt.
27. Die
Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten ist De Lotto 1961
erteilt worden. De Lotto besitzt ebenfalls die Erlaubnis für die
Veranstaltung von Einzellotterien, des Zahlenlottos und der
Zahlenspiele.
28. De
Lotto ist eine Stiftung und verfolgt daher keinen eigennützigen Zweck.
Die Nettoeinnahmen werden vollständig an Begünstigte für die Zwecke des
Sports, der Körpererziehung, des gesellschaftlichen Wohls, der
öffentlichen Gesundheit und der Kultur verteilt.
29. Die
Zulassung von De Lotto zur Veranstaltung von Sportwetten sowie des
Lottos und der Zahlenspiele wurde mit Entscheidung vom 10. Dezember 2004
um fünf Jahre für die Zeit vom 12. Dezember 2004 bis 11. Dezember 2009
verlängert.
30. Die
Erlaubnis für die Veranstaltung von Totalisatorwetten ist seit 1998 im
Besitz von SGR. SGR ist im Gegensatz zu De Lotto gewinnorientiert(9).
31. Die Erlaubnis wurde mit Entscheidung vom 21. Juni 2005 um drei Jahre verlängert.
II – Sachverhalt und Vorabentscheidungsfragen
A – Rechtssache C‑258/08
32. Ladbrokes
veranstaltet Sportwetten, insbesondere Quotenwetten. Auf ihrer
Internetsite (www.ladbrokes.com) bietet sie vor allem in Zusammenhang
mit dem Sport mehrere Glücksspiele an: Sie bietet ferner die Möglichkeit
an, sich telefonisch an den von ihr veranstalteten Wetten zu
beteiligen.
33. Ladbrokes hat diese Online-Spiele Personen mit Wohnsitz in den Niederlanden angeboten.
34. De
Lotto, die in diesem Verhalten einen Verstoß gegen das niederländische
Gesetz zu ihrem Nachteil sah, verklagte Ladbrokes bei der Rechtbank
Arnhem (Niederlande). Sie beantragte insbesondere, Ladbrokes aufzugeben,
niederländische Staatsangehörige daran zu hindern, an den von ihr
angebotenen Glücksspielen telefonisch oder in jeder anderen Weise
unmittelbar oder über Mittelsmänner teilzunehmen. Des Weiteren
beantragte sie, Ladbrokes zu untersagen, ihre Spiele auf einer
Internetsite mit niederländischer Adresse (im vorliegenden Fall unter
www.ladbrokes.nl) anzubieten.
35. Mit
Urteil vom 31. August 2005 gab das Gericht der Klage von De Lotto statt
und gab Ladbrokes unter Androhung eines Zwangsgelds auf, den Zugang zu
ihren Glücksspielen über das Internet oder über eine kostenlose
Telefonleitung durch entsprechende Maßnahmen zu sperren.
36. Ladbrokes
legte beim Gerechtshof Arnhem (Niederlande) Berufung ein. Mit Urteil
vom 17. Oktober 2006 bestätigte dieser das Urteil erster Instanz.
37. Er
stellte fest, dass Ladbrokes gegen die Bestimmungen des Art. 1 des
niederländischen Gesetzes verstoßen habe. Er verwarf das Vorbringen von
Ladbrokes, dass das nationale Gericht konkret zu prüfen habe, ob die ihr
unter Androhung eines Zwangsgelds auferlegten Beschränkungen im
Hinblick auf die Ziele des niederländischen Gesetzes notwendig und
verhältnismäßig seien. Er vertrat ebenfalls die Auffassung, dass das
niederländische Gesetz angesichts seines Inhalts und der Bedingungen,
unter denen es angewandt werde, tatsächlich dazu beitrage, die Ziele des
Gesetzes zu verwirklichen, d. h. die Spielsucht einzudämmen und
Betrügereien zu bekämpfen. Das Vorbringen von Ladbrokes, sie sei
berechtigt, ihre Glücksspiele im Vereinigten Königreich zu veranstalten,
sei unerheblich. Schließlich sei das niederländische Gesetz nicht
diskriminierend, weil zum einen das in Art. 1 ausgesprochene Verbot ohne
Unterschied auf alle Unternehmen, sowohl niederländische als auch
ausländische, anwendbar sei und zum anderen auch in anderen
Mitgliedstaaten ansässige juristische Personen eine Zulassung erhalten
könnten.
38. Ladbrokes hat gegen dieses Urteil Kassationsbeschwerde beim Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) eingelegt.
39. Angesichts
der geltend gemachten Rechtsmittelgründe hat der Hoge Raad der
Nederlanden das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden
Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Erfüllt
eine auf die Lenkung der Spielleidenschaft in bestimmte Bahnen
gerichtete, restriktive nationale Glücksspielpolitik, die tatsächlich
dazu beiträgt, dass die mit der betreffenden nationalen Regelung
verfolgten Ziele, nämlich die Eindämmung der Spielsucht und die
Betrugsbekämpfung, erreicht werden, indem sie dafür sorgt, dass dank des
regulierten Angebots von Glücksspielen der Umfang des Spielens (viel)
begrenzter bleibt, als es ohne das nationale Regulierungssystem der Fall
wäre, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften, insbesondere im Urteil vom 6. November 2003, Gambelli
u. a. (C‑243/01, Slg. 2003, I‑13031), aufgestellte Voraussetzung, dass
die Wetttätigkeiten durch diese Politik in kohärenter und systematischer
Weise begrenzt werden, auch wenn dem oder den Inhabern der Genehmigung
erlaubt ist, ihr Glücksspielangebot durch die Einführung neuer
Glücksspiele attraktiver zu machen, das Augenmerk einer breiten
Öffentlichkeit durch Werbung auf ihr Glücksspielangebot zu lenken und so
(potenzielle) Spieler von dem illegalen Angebot von Glücksspielen
fernzuhalten (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften vom 6. März 2007, Placanica u. a., C‑338/04, C‑359/04 und
C‑360/04, Slg. 2007, I‑1891, Randnr. 55 a. E.)?
2. a) Hat,
wenn eine nationale Regelung der Glücksspielpolitik mit Art. 49 EG
vereinbar ist, das nationale Gericht bei ihrer Anwendung in einem
konkreten Fall stets zu untersuchen, ob die zu erlassende Maßnahme, wie
etwa die Anordnung, eine Website für die Teilnahme Gebietsansässiger des
betroffenen Mitgliedstaats an den dort angebotenen Glücksspielen durch
eine hierfür verfügbare Software unzugänglich zu machen, unter den
konkreten Umständen des Falles als solche an und für sich die
Voraussetzung erfüllt, dass sie den zur Rechtfertigung der nationalen
Regelung geltend gemachten Zielen tatsächlich Rechnung trägt, und ob die
sich aus dieser Regelung und ihrer Anwendung ergebende Beschränkung des
freien Dienstleistungsverkehrs unter Berücksichtigung dieser Ziele
nicht unverhältnismäßig ist?
2. b) Macht
es für die Beantwortung der Frage 2 a einen Unterschied, wenn die zu
erlassende Maßnahme nicht im Rahmen der Anwendung der nationalen
Regelung von der Behörde beantragt und auferlegt wird, sondern im Rahmen
eines Zivilverfahrens, in dem die mit der erforderlichen Genehmigung
tätige Veranstalterin von Glücksspielen beantragt, die Maßnahme auf der
Grundlage einer nach bürgerlichem Recht ihr gegenüber begangenen
unerlaubten Handlung anzuordnen, die darin besteht, dass die Gegenpartei
die betreffende nationale Regelung missachtet und sich damit einen
unlauteren Vorsprung vor der mit der erforderlichen Genehmigung tätigen
Partei verschafft?
3. Ist Art. 49
EG so auszulegen, dass bei Anwendung dieser Bestimmung die zuständige
Behörde eines Mitgliedstaats aufgrund des in diesem Mitgliedstaat
geltenden geschlossenen Genehmigungssystems für das Anbieten von
Dienstleistungen bei Glücksspielen nicht verbieten kann, dass ein
Dienstleistungsanbieter, dem bereits in einem anderen Mitgliedstaat eine
Genehmigung für die Erbringung dieser Dienstleistungen über das
Internet erteilt worden ist, diese Dienstleistungen auch im
erstgenannten Mitgliedstaat über das Internet anbietet?
B – Rechtssache C‑203/08
40. Betfair
ermöglicht – unmittelbar oder mittelbar über das Internet – den
Abschluss und das gegenseitige Aushandeln von Wetten über
Sportereignisse, insbesondere Pferderennen. Sie behauptet, sie verfüge
im Vereinigten Königreich und mehreren anderen Staaten über eine
Erlaubnis für die Erbringung dieser Dienstleistungen.
41. Sie wollte diese Dienstleistungen auch auf dem niederländischen Markt anbieten.
42. Sie
beantragte daher beim Justizminister die Zulassung zur Veranstaltung
von Sportwetten sowie von Totalisatorwetten über den Ausgang von
Pferderennen über das Internet oder anderweit. Der Justizminister wies
diese Anträge zurück, ebenso den Widerspruch von Betfair gegen diese
Zurückweisung. Betfair erhob daher Klage bei der Rechtbank ’s Gravenhage
(Niederlande).
43. Zugleich
legte sie Beschwerde gegen die Entscheidung vom 10. Dezember 2004, mit
der die Zulassung von De Lotto zur Veranstaltung von Sportwetten, Lotto
und Zahlenspielen verlängert worden war, und gegen die Entscheidung vom
21. Juni 2005 ein, mit der die Zulassung von SGR zur Veranstaltung von
Totalisatorwetten über den Ausgang von Pferdewetten verlängert worden
war.
44. Der
Justizminister wies diese Beschwerden als unbegründet zurück. Betfair
erhob auch gegen diese ablehnenden Entscheidungen Klage bei der
Rechtbank ’s Gravenhage.
45. Mit
Urteil vom 8. Dezember 2006 wies die Rechtbank ’s Gravenhage die Klagen
von Betfair als unbegründet ab. Betfair legte dagegen Berufung beim
Raad van State (Niederlande) ein.
46. Angesichts
der von Betfair geltend gemachten Gründe hat der Raad van State das
Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur
Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist
Art. 49 EG so auszulegen, dass bei Anwendung dieser Bestimmung die
zuständige Behörde eines Mitgliedstaats aufgrund des in diesem
Mitgliedstaat geltenden geschlossenen Genehmigungssystems für das
Anbieten von Dienstleistungen bei Glücksspielen nicht verbieten kann,
dass ein Dienstleistungsanbieter, dem bereits in einem anderen
Mitgliedstaat eine Genehmigung für die Erbringung dieser
Dienstleistungen über das Internet erteilt worden ist, diese
Dienstleistungen auch im erstgenannten Mitgliedstaat über das Internet
anbietet?
2. Ist die Auslegung des
Art. 49 EG und insbesondere des Gleichheitssatzes und des sich daraus
ergebenden Transparenzgebots durch den Gerichtshof in Rechtssachen, die
sich auf Konzessionen bezogen, auf das Verfahren für die Erteilung einer
Genehmigung für das Anbieten von Dienstleistungen bei Glücksspielen in
einem durch Gesetz geschaffenen System der Zulassung eines einzigen
Betreibers übertragbar?
3. a) Kann
in einem durch Gesetz geschaffenen System der Zulassung eines einzigen
Betreibers die Verlängerung der Genehmigung für den gegenwärtigen
Genehmigungsinhaber, ohne dass mögliche Interessenten die Chance
erhalten, sich um diese Genehmigung mit zu bewerben, ein geeignetes und
verhältnismäßiges Mittel zur Verwirklichung der zwingenden Gründe des
Allgemeininteresses sein, die der Gerichtshof als Rechtfertigung der
Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs bei Glücksspielen
anerkannt hat? Falls ja, unter welchen Voraussetzungen?
3. b) Macht
es für die Antwort auf die Frage 3a einen Unterschied, ob die zweite
Frage zu bejahen oder zu verneinen ist?
III – Untersuchung
47. Vor
Untersuchung der verschiedenen Fragen in den vorliegenden Rechtssachen
scheint es mir notwendig zu sein, zu den Prämissen, auf denen die
Vorabentscheidungsfragen der niederländischen Gerichte beruhen,
Folgendes vorzutragen.
48. Erstens
ist in der Tat die Vereinbarkeit der niederländischen Regelung nach
Maßgabe der Bestimmungen des Art. 49 EG zu prüfen.
49. Glücksspiele stellen nämlich eine Wirtschaftstätigkeit im Sinne des Art. 2 EG dar(10)
und werden als eine Dienstleistung betrachtet. Die
Wirtschaftsteilnehmer, die sich mit ihnen befassen, können sich daher
auf die Art. 43 EG und 49 EG berufen(11).
Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die die Möglichkeit des
Anbietens von Glücksspielen im Inland einschränken, können folglich eine
durch diese Vorschriften verbotene Beschränkung der Ausübung der
Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs
darstellen(12).
Im Übrigen sind die Glücksspiele bis heute nicht Gegenstand einer
Verordnung oder einer Harmonisierungsmaßnahme auf Gemeinschaftsebene
gewesen.
50. Aus
dem Sachverhalt der beiden untersuchten Rechtssachen ergibt sich
eindeutig, dass Betfair (in der Rechtssache C-203/08) und Ladbrokes (in
der Rechtssache C-258/08) Personen mit Wohnsitz im niederländischen
Staatsgebiet über Internet oder Telefon Glücksspiele anbieten wollen,
und zwar vom Vereinigten Königreich aus, ohne sich in den Niederlanden
niederzulassen. Mithin können sich diese Unternehmen nur auf die
Bestimmungen des Vertrags über die Dienstleistungsfreiheit berufen.
51. Zweitens
können die beiden vorlegenden Gerichte zu Recht davon ausgehen, dass
ihre nationale Regelung, nach der das Recht, Personen mit Wohnsitz im
niederländischen Staatsgebiet Glücksspiele anzubieten, einem einzigen
Wirtschaftsteilnehmer zusteht, der damit Inhaber eines ausschließlichen
Rechts ist, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sein kann.
52. Somit
steht zunächst fest, dass die niederländische Regelung, die bezweckt
und bewirkt, Dienstleistungserbringer mit Sitz im Vereinigten Königreich
wie Betfair und Ladbrokes daran zu hindern, ihre Glücksspiele Personen
mit Wohnsitz im niederländischen Staatsgebiet anzubieten, und damit den
Letztgenannten auch den Zugang zu diesen Spielen zu versperren, eine
Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des Art. 49 EG
darstellt.
53. Sodann
entspricht es ebenfalls gefestigter Rechtsprechung, dass die
Mitgliedstaaten die Veranstaltung und den Betrieb von Glücksspielen auf
ihrem Gebiet einschränken können, um die Verbraucher gegen übertriebene
Ausgaben in Zusammenhang mit dem Spielen zu schützen und die öffentliche
Ordnung gegen die Gefahr von Betrügereien zu verteidigen, die wegen der
bedeutenden Geldsummen besteht, die durch Glücksspiele eingenommen
werden können(13).
54. Damit
aber entsprechende Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats mit dem
Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, müssen sie in nicht diskriminierender
Weise angewandt werden, zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet
und schließlich verhältnismäßig sein, d. h., sie dürfen nicht über das
hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist(14).
55. Bei
der Prüfung, ob diese Voraussetzungen eingehalten sind, hat der
Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass ein Mitgliedstaat das Recht
zum Betrieb von Glücksspielen legitimerweise einem einzigen Betreiber
übertragen könne(15).
Nach seiner Meinung bietet die Übertragung eines
Ausschließlichkeitsrechts an einen einzigen Betreiber, der seinen
Tätigkeiten unter staatlicher Kontrolle und entsprechend seinen
Zielvorgaben nachgeht, tatsächlich den Vorteil, die Spiellust und den
Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, den Gefahren eines
solchen Betriebs im Hinblick auf Betrug und andere Straftaten
vorzubeugen und die sich daraus ergebenden Gewinne zu gemeinnützigen
Zwecken zu verwenden(16).
56. Die
Entscheidung für ein System eines ausschließlichen Rechts eines statt
mehrerer Betreiber, dessen Tätigkeit eng begrenzt bleibt, liegt im
Ermessen der Mitgliedstaaten(17).
Somit kann allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes
Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, keinen Einfluss
auf die Beurteilung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit der
einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind allein im Hinblick auf die
von den Behörden des betreffenden Staates verfolgten Ziele und das von
ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen(18).
57. Diese
Rechtsprechung verdient meines Erachtens volle Zustimmung. Wie das
vorlegende Gericht in der Rechtssache C-203/08 zu Recht unterstreicht,
vereinfacht die Zulassung eines einzigen Betreibers nicht nur die
Kontrolle über ihn sowie die Überprüfung der Einhaltung der mit den
Zulassungen verbundenen Vorschriften, sondern verhindert auch, dass ein
Wettbewerb zwischen den Inhabern einer Erlaubnis für die gleiche
Kategorie von Spielen entsteht, der möglicherweise zu einem Überangebot
und einem Übermaß an Werbung führt.
58. Die
Befugnis der Mitgliedstaaten, sich für eine Ausschließlichkeitsregelung
zugunsten eines einzigen Betreibers zu entscheiden, sollte meines
Erachtens ebenfalls beibehalten werden, weil Wettbewerb innerhalb der
Gemeinschaftsrechtsordnung keinen Selbstzweck darstellt. Er ist ein
Mittel, um die in Art. 2 EG angeführten Ziele der Europäischen
Gemeinschaft zu verwirklichen. Der freie Wettbewerb fördert eine
harmonische Entwicklung der Wirtschaftstätigkeiten und der Beschäftigung
und damit eine Verbesserung des Niveaus der Lebensqualität der Bürger
in der Europäischen Union, weil er, wenn es ein lauterer Wettbewerb ist,
den technologischen Fortschritt sicherstellt und die Qualitäten einer
Dienstleistung oder Ware verbessert und zugleich Kostensenkungen
garantiert. Er kommt daher den Verbrauchern zugute, weil sie so Waren
und Dienstleistungen von bester Qualität zum besten Preis erhalten.
59. Diese
Vorteile treten allerdings im Bereich der Glücksspiele nicht auf. Diese
Spiele können nämlich nur funktionieren und auf Dauer angeboten werden,
wenn die Spieler in ihrer übergroßen Mehrheit mehr verlieren als sie
gewinnen. Das eigentliche Prinzip des Spielens, an dem ein lukratives
Interesse wegen der Anziehungskraft der Träume besteht, führt durch die
Vorspiegelung der Möglichkeit des Reichwerdens zur Verarmung derjenigen,
die sich dem Spiel hingeben. Ein Wettbewerb zwischen den
Dienstleistungserbringern bezüglich der gleichen Kategorie von Spielen,
der sie dazu zwingen würde, den Verbrauchern immer attraktivere Spiele
anzubieten, um so die höchsten Gewinne zu erzielen, würde Haushalte
womöglich dazu verleiten, mehr als ihre für das Vergnügen verfügbaren
Mittel auszugeben, ja sie geradezu in die Spielsucht treiben. Man könnte
sogar sagen, dass eine rein wirtschaftliche Logik ihrer Natur nach zu
diesem Verhalten führen würde. Damit wären wir weit von den Zielen des
Art. 2 EG entfernt.
60. Der
Gerichtshof sollte daher die Tragweite der Freiheiten im Bereich der
Glücksspiele nicht in Richtung einer Pflicht der Mitgliedstaaten zu
einer Öffnung dieses Marktes auslegen, weil eine solche Öffnung keine
Quelle für Fortschritt und Entwicklung ist, sondern sollte die
Mitgliedstaaten ihre Verantwortung übernehmen und wahrnehmen lassen.
61. Dies
soll weder die Rechtsprechung, der zufolge Veranstaltung und Betrieb
von Glücksspielen eine Wirtschaftstätigkeit darstellen, noch das Recht
der einer solchen Tätigkeit nachgehenden Wirtschaftsteilnehmer, sich auf
die Verkehrsfreiheiten zu berufen, in Frage stellen. Diese
Rechtsprechung ist unbedingt notwendig, um kontrollieren zu können, ob
die Mitgliedstaaten ihre Kompetenz in diesem Bereich wie in den anderen
Bereichen der ihnen vorbehaltenen Kompetenz in einer Weise ausüben, die
mit ihren gemeinschaftsrechtlichen Pflichten vereinbar ist.
62. Ich
möchte einfach nur feststellen, dass angesichts der besonderen Natur
der Glücksspiele ein Mitgliedstaat nur dann, wenn er sich entschieden
hat, ein Spiel als eine normale oder gewöhnliche Wirtschaftstätigkeit zu
behandeln, deren Hauptzweck die Erzielung eines möglichst hohen Gewinns
ist, verpflichtet sein sollte, dieses Spiel dem freien Wettbewerb
zugänglich zu machen.
63. Die
Vorabentscheidungsfragen in den vorliegenden Rechtssachen betreffen
vier Probleme, die ich nacheinander prüfen werde. Sie betreffen erstens
die Kohärenz nationaler Rechtsvorschriften, die die Verbraucher gegen
Spielsucht schützen und Betrügereien bekämpfen sollen, wenn dem Inhaber
des Ausschließlichkeitsrechts die Einführung neuer Spiele und Werbung
erlaubt ist (Frage 1 in der Rechtssache C‑258/08), zweitens den Umfang
der Verhältnismäßigkeitskontrolle, die das nationale Gericht bei der
Würdigung der Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit dem
Gemeinschaftsrecht anzustellen hat (Fragen 2a und 2b in der Rechtssache
C‑258/08), drittens die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen
Anerkennung auf die Erlaubnis für das Anbieten von Spielen im Internet
(Frage 1 in der Rechtssache C‑203/08 und Frage 3 in der Rechtssache
C‑258/08) und viertens die Anwendung des Grundsatzes der
Gleichbehandlung und des Transparenzgebots im Fall der Zulassung eines
einzigen Betreibers und der Verlängerung dieser Zulassung (Fragen 2, 3a
und 3b in der Rechtssache C‑203/08).
A – Zur
Kohärenz nationaler Rechtsvorschriften, die die Verbraucher gegen
Spielsucht schützen und Betrügereien bekämpfen sollen, obwohl sie die
Einführung neuer Spiele und Werbung zulassen (Rechtssache C‑258/08)
64. Mit
seiner ersten Vorabentscheidungsfrage will das vorlegende Gericht im
Kern wissen, ob die Regelung eines Mitgliedstaats, die das Angebot von
Glücksspielen einschränkt, um die Spielsucht einzudämmen und
Betrügereien zu bekämpfen, und tatsächlich zur Erreichung dieser Ziele
beiträgt, als kohärente und systematische Verfolgung dieser Ziele
angesehen werden kann, auch wenn dem oder den Inhabern des
Ausschließlichkeitsrechts erlaubt ist, ihr Angebot durch die Einführung
neuer Spiele und durch Werbung attraktiver zu machen.
65. Das
vorlegende Gericht stellt diese Frage aufgrund der Äußerungen des
Gerichtshofs in den angeführten Urteilen Gambelli u. a. sowie Placanica
u. a. Im Urteil Gambelli u. a. hat der Gerichtshof die Auffassung
vertreten, dass die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die die
Veranstaltung und den Betrieb von Sportwetten einschränken sollten, um
die Verbraucher gegen übertriebene Anreize zum Spielen zu schützen,
während in Wirklichkeit die Behörden dieses Mitgliedstaats die
Verbraucher dazu anreizten und ermunterten, an diesen Spielen
teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zuflössen, dieses
Ziel nicht kohärent und systematisch verfolgten und daher gegen das
Gemeinschaftsrecht verstießen(19).
66. Im
Urteil Placanica u. a. hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die
zugelassenen Betreiber, falls die Glücksspielregelung eines
Mitgliedstaats das Ziel habe, die Glücksspieltätigkeiten in
kontrollierbare Bahnen zu lenken, um ihrer Ausnutzung zu kriminellen
oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen, eine verlässliche und zugleich
attraktive Alternative zur verbotenen Tätigkeit anbieten müssten, was an
sich das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen
Werbeaufwand und den Einsatz neuer Vertriebstechniken beinhalten könne(20).
67. Das
vorlegende Gericht möchte wissen, wie diese beiden Urteile im Hinblick
auf die nationale Regelung, die wie erinnerlich zugleich die Verbraucher
gegen einen übertriebenen Anreiz zum Spielen schützen und Betrügereien
bekämpfen soll, miteinander in Einklang zu bringen sind.
68. Ich
bin der Meinung, dass die Einschätzung des vorlegenden Gerichts, wie
sie im Vorlageurteil und noch einmal in der zu prüfenden Vorlagefrage
zum Ausdruck kommt, dass nämlich die betreffende Regelung tatsächlich
zur Erreichung dieser beiden Ziele beiträgt, klar eine Bejahung dieser
Frage erlaubt. Ich möchte dies wie folgt begründen.
69. Wie
bereits gesagt, setzt die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit der
Regelung eines Mitgliedstaats, die die Ausübung einer Verkehrsfreiheit
beschränkt, insbesondere voraus, dass sie zur Erreichung des von ihr
verfolgten Ziels geeignet ist. Nach der Rechtsprechung ist dazu
erforderlich, dass sie dieses Ziel kohärent und systematisch verfolgt(21).
70. Dieses
Erfordernis ist sinnvoll. Eine Maßnahme, die eine Verkehrsfreiheit
einschränkt und das ihr zugrunde liegende Ziel nicht kohärent und
systematisch verfolgt, ist wegen dieses Umstands ungeeignet, dieses Ziel
zu erreichen. Deshalb kann das Ziel, das zur Begründung dieser Regelung
angeführt wird, die Einschränkung einer im Gemeinschaftsrecht
vorgesehenen Grundfreiheit nicht rechtfertigen, weil es auf keinen Fall
erreicht werden kann. Anders ausgedrückt: Der angeführte Grund dient in
einem solchen Fall nur als Vorwand.
71. So
hat der Gerichtshof jüngst Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die
die Werbung für medizinisch-chirurgische Behandlungen in privaten
Gesundheitseinrichtungen über nationale Fernsehsender verbieten,
zugleich aber unter bestimmten Voraussetzungen deren Verbreitung über
lokale Fernsehsender erlauben, als inkohärent erklärt(22).
Nichts anderes gilt für Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die
die Genehmigung für die Eröffnung einer Zahnpoliklinik von einer
Bedarfsprüfung abhängig machen, während diese Voraussetzung für die
Gründung einer Gruppenpraxis mit den gleichen Leistungen nicht gilt(23).
72. Das
angeführte Urteil Gambelli u. a. fügt sich nahtlos in diese
Rechtsprechung ein, auch wenn die vom Gerichtshof in diesem Urteil
festgestellte Inkohärenz nicht den Rechtsvorschriften selbst, sondern
deren Anwendung durch die nationalen Behörden anhaftete. Diesem Urteil
ist nämlich zu entnehmen, dass ein Mitgliedstaat keine restriktive
Regelung für Glücksspiele allein mit dem Zweck einführen kann, die
Verbraucher gegen die Gefahren übertriebener Ausgaben zu schützen, wenn
er in Wirklichkeit eine Politik verfolgt, die starke Anreize für eben
diese Verbraucher zu einer Teilnahme an diesen Spielen schafft.
73. Bei
allen diesen verschiedenen Fallgestaltungen erweisen sich die
nationalen Rechtsvorschriften also als ungeeignet, das von ihnen
verfolgte Ziel zu erreichen, weil sie entweder selbst fehlerhaft
konzipiert sind oder aber ihre konkrete Anwendung diesem Ziel
zuwiderläuft.
74. Dies
ist in den vorliegenden Rechtssachen nicht der Fall. Anders als bei dem
Sachverhalt, der dem angeführten Urteil Gambelli u. a. zugrunde lag,
will das niederländische Gesetz nicht nur die Verbraucher gegen die
Spielsucht schützen, sondern dient auch der Betrugsbekämpfung. Die
Eignung dieser Regelung zur Erreichung dieser beiden Ziele ist nach der
Rechtsprechung im Hinblick auf die Ziele in ihrer Gesamtheit zu prüfen(24).
75. Mithin
ist im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit des niederländischen
Gesetzes mit dem Gemeinschaftsrecht das Verhalten der Inhaber der
Ausschließlichkeitsrechte für den Betrieb von Glücksspielen nicht nur im
Hinblick auf das Ziel des Schutzes der Verbraucher gegen die
Spielsucht, sondern auch im Hinblick auf das Ziel der Bekämpfung von
Betrügereien zu würdigen.
76. Im
Urteil Placanica u. a. hat der Gerichtshof, wie wir gesehen haben,
anerkannt, dass das letztgenannte Ziel es notwendig machen kann, dass
die zugelassenen Betreiber eine breite Palette von Spielen anbieten,
einen gewissen Werbeaufwand bieten und neue Spiele einführen, um eine
verlässliche und zugleich attraktive Alternative zum heimlichen und
verbotenen Spiel bereitzustellen. Dem ist zuzustimmen. Soll das
Verhalten der Spieler in legale Bahnen gelenkt werden, müssen die
legalen Möglichkeiten ausreichend attraktiv sein, um den Spielwunsch
möglichst vieler Verbraucher zufriedenzustellen, damit diese sich nicht
unerlaubten Spielen zuwenden oder deren Entwicklung begünstigen.
77. Daher
ist die den Inhabern ausschließlicher Rechte für den Betrieb von
Glücksspielen in den Niederlanden eingeräumte Befugnis, ihr Angebot
durch die Einführung neuer Spiele und durch Werbung attraktiver zu
machen, als solche nicht inkohärent mit den von der niederländischen
Regelung verfolgten Zielen in ihrer Gesamtheit, weil dieses Verhalten
durchaus zur Bekämpfung von Betrügereien beiträgt.
78. Soweit
die niederländische Regelung die Verbraucher ebenfalls gegen die
Spielsucht schützen will, müssen jedoch die Einführung neuer Spiele und
die Werbung vom Mitgliedstaat streng kontrolliert und begrenzt werden,
um ebenfalls mit der Verfolgung dieses Ziels vereinbar zu sein. Damit
die beiden von der niederländischen Regelung verfolgten Ziele
miteinander in Einklang stehen, müssen das Angebot der Inhaber
ausschließlicher Rechte und die Werbung für erlaubte Spiele einen
ausreichenden Anreiz bieten, damit die Verbraucher weiterhin im legalen
Rahmen spielen, dürfen gleichzeitig aber nicht zu übermäßigem Spiel
verleiten, das die Verbraucher oder zumindest die labilsten unter ihnen
dazu bringen könnte, mehr als den Teil ihrer Einkünfte auszugeben, den
sie zu ihrem Vergnügen verwenden können.
79. Es
liegt auf der Hand, dass das Gleichgewicht zwischen diesen beiden
Zielen konkret schwer zu finden ist. Es ergibt sich aus einer komplexen
Abwägung der vorhersehbaren Risiken und der Folgen der in dem
betreffenden Mitgliedstaat angebotenen Spiele sowie der dafür
betriebenen Werbung. Bei der Beurteilung, ob die Rechtsvorschriften
eines Mitgliedstaats wie das niederländische Gesetz dieses Gleichgewicht
beachten und damit als kohärente und systematische Verfolgung der
besagten Ziele betrachtet werden können, sollten daher folgende
Grundsätze befolgt werden.
80. Erstens
muss, wie das vorlegende Gericht dargelegt hat, den Mitgliedstaaten
wegen der beachtlichen Schwierigkeit dieser Einschätzungen ein weiter
Ermessensspielraum zugestanden werden. Dieses Zugeständnis findet sich
übrigens auch in der Rechtsprechung zu den Glücksspielen, nach der den
Mitgliedstaaten ein ausreichendes Ermessen bei der Festlegung der
Erfordernisse zugestanden werden muss, die sich aus dem Schutz der
Spieler und allgemein – unter Berücksichtigung der soziokulturellen
Besonderheiten jedes Mitgliedstaats – der Sozialordnung ergeben(25).
81. Zweitens
bleibt die Beurteilung der Eignung der betreffenden nationalen
Rechtsvorschriften zur Erreichung der von ihnen verfolgten Ziele den
nationalen Gerichten überlassen, die am besten in der Lage sind, im
Einzelfall die Bedingungen der Anwendung dieser Vorschriften und deren
konkrete Folgen zu beurteilen(26).
82. Folglich
müssen die betreffenden nationalen Rechtsvorschriften als geeignet
betrachtet werden, die von ihnen verfolgten Ziele zu erreichen, wenn das
nationale Gericht, wie dies in der vorliegenden Rechtssache der Fall
ist, zu dem Ergebnis kommt, dass diese Vorschriften tatsächlich dazu
beitragen, alle diese Ziele zu erreichen. Ein solches Urteil des
Gerichts bedeutet nämlich, dass es festgestellt hat, dass das
Spielangebot und die Werbung, die erlaubt sind, keinen übermäßigen
Anreiz zum Spielen für die Verbraucher darstellen, der zu Verschuldung
oder Spielsucht führen könnte.
83. Die
Kommission folgt in ihren schriftlichen Erklärungen nicht ganz dieser
Betrachtungsweise. Sie bezweifelt insbesondere, dass die besagte
niederländische Regelung durch das Ziel der Betrugsbekämpfung
gerechtfertigt werden könnte, und verweist auf die Rechtsprechung zur
Beweislast, die dem Mitgliedstaat obliegt, dessen Regelung eine
Verkehrsfreiheit beschränkt(27).
Nach ihrer Meinung ist diese Rechtsprechung ohne Weiteres auf den
Bereich der Glücksspiele übertragbar, wie sich aus dem Urteil Lindman(28) ergebe.
84. Nach
Ansicht der Kommission lässt nichts im Vorlageurteil den Schluss zu,
dass heimliche Spiele in den Niederlanden ein ernsthaftes Problem
darstellten. Sie verweist darauf, dass in der genannten Rechtssache
Placanica u. a. die italienische Regierung Tatsachen angeführt habe, die
belegt hätten, dass die heimlichen Spieltätigkeiten und Wetten ein
schweres Problem in Italien darstellten.
85. Ich
teile nicht die Zweifel der Kommission, ob die niederländische
Regierung ihre Regelung mit der Bekämpfung von Betrügereien
rechtfertigen kann.
86. Gewiss
ist es nach der Rechtsprechung Sache eines Mitgliedstaats, dessen
Rechtsvorschriften eine Verkehrsfreiheit einschränken, den Nachweis der
Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit dieser Beschränkung zu
erbringen. Der Umfang dieser Pflicht ist indessen anhand des Interesses
zu beurteilen, das die betreffenden Rechtsvorschriften schützen sollen.
87. So
ist, wenn es um den Schutz der Gesundheit von Menschen geht, anerkannt,
dass ein Mitgliedstaat Rechtsvorschriften erlassen kann, die eine
Verkehrsfreiheit einschränken, ohne dass er warten muss, bis der Beweis
für das tatsächliche Bestehen einer Gefahr vollständig erbracht ist(29).
Eine potenzielle Gefährdung der Gesundheit reicht aus. Die gleiche
Auslegung muss meines Erachtens gelten, wenn es um den Schutz der
Gesellschaft gegen die Gefahr einer schweren Störung der öffentlichen
Ordnung geht.
88. Bei
Glücksspielen darf ein Mitgliedstaat davon ausgehen, dass in seiner
Bevölkerung ein Hang zu diesen Spielen besteht, dem sie, wenn dies
innerhalb legaler Bahnen nicht möglich ist, im heimlichen Rahmen
nachgehen wird. Außerdem lässt die Höhe der Summen, die bei dieser
Tätigkeit eingenommen werden können, zu Recht befürchten, dass sich
heimliche Netze entwickeln und zu ernsthaften Störungen der öffentlichen
Ordnung führen.
89. Der Gerichtshof hat insoweit anerkannt, dass Klassenlotterien(30), Glücksspielautomaten(31), Sportwetten(32) und Kasinospiele(33)
wegen der erheblichen Geldbeträge, die mit ihnen verdient werden
können, eine erhöhte Gefahr von Straftaten und Betrügereien beinhalten.
90. Ein
Mitgliedstaat kann auch zu Recht davon ausgehen, dass der Hang eines
Teils der Bevölkerung zu Glücksspielen sowie die Risiken, die drohen,
wenn diese Tätigkeit nicht in kontrollierte Bahnen gelenkt wird, durch
die modernen Kommunikationsmittel, insbesondere das Internet, noch
vergrößert werden. Dieses Kommunikationssystem ermöglicht nämlich jedem,
der darüber verfügt, den Zugang zu einer Vielzahl von Online-Spielen.
Deren potenzielle Gefährlichkeit hat der Gerichtshof in dem angeführten
Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Baw International
eindeutig bestätigt, in dem er die Auffassung vertreten hat, dass die
Glücksspiele im Internet, verglichen mit den herkömmlichen
Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen
dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und größere Gefahren in
sich bergen würden, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern
betrogen würden(34).
91. Weiter
haben wir gesehen, dass die Mitgliedstaaten über ein ausreichendes
Ermessen bei der Festlegung der Erfordernisse verfügen, die sich aus dem
Schutz der Spieler sowie der Gesellschaftsordnung entsprechend ihrer
soziokulturellen Besonderheiten ergeben.
92. Aufgrund
dieser Erwägungen und dieser Rechtsprechung rechtfertigt meines
Erachtens die Wahrung der grundlegenden Verkehrsfreiheiten es daher
nicht, von den Mitgliedstaaten zu verlangen, dass sie die Entstehung
wirklicher Netze für geheime Spiele auf ihrem Gebiet abwarten, bis sie
Maßnahmen zur Regelung der Ausübung dieser Tätigkeit und zur Bekämpfung
dieser Praktiken entwickeln. Ein Mitgliedstaat kann sich auf die mit dem
Spiel verbundene Gefahr von Betrügereien als Grundlage restriktiver
Rechtsvorschriften für diese Tätigkeit berufen, ohne nachweisen können
zu müssen, dass auf seinem Gebiet tatsächlich Betrügereien begangen
werden.
93. Ein
Mitgliedstaat ist mit anderen Worten berechtigt, präventiv restriktive
Maßnahmen zur Bekämpfung von Betrügereien im Bereich der Glücksspiele zu
ergreifen.
94. Demgemäß
schlage ich dem Gerichtshof als Antwort vor, dass die
Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die das Anbieten von
Glücksspielen einschränken, um die Spielsucht einzudämmen und
Betrügereien zu bekämpfen, und nach denen dem oder den Inhabern des
Ausschließlichkeitsrechts für den Betrieb dieser Spiele erlaubt ist, ihr
Angebot durch die Einführung neuer Spiele und durch Werbung attraktiver
zu machen, als kohärente und systematische Verfolgung dieser Ziele zu
betrachten sind, wenn sie dem Urteil des nationalen Gerichts zufolge
angesichts ihres Inhalts und ihrer Durchführung tatsächlich dazu
beitragen, die beiden angestrebten Ziele zu erreichen.
B – Zum Umfang der Prüfung der Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften (Rechtssache C‑258/08)
95. In
Randnr. 75 des angeführten Urteils Gambelli u. a. hat der Gerichtshof
erklärt, dass es Sache des vorlegenden Gerichts sei, zu prüfen, ob die
nationale Regelung angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten
tatsächlich den Zielen Rechnung trage, die sie rechtfertigen könnten,
und ob die mit ihr auferlegten Beschränkungen nicht außer Verhältnis zu
diesen Zielen stünden. Der Hoge Raad der Nederlanden möchte wissen, wie
weit diese Pflicht geht.
96. Er
möchte daher mit seiner Frage 2a wissen, ob das nationale Gericht nach
der Feststellung, dass die nationalen Rechtsvorschriften mit Art. 49 EG
vereinbar sind, bei ihrer Anwendung in jedem Einzelfall noch zu prüfen
hat, ob eine Maßnahme, die die Einhaltung dieser Vorschriften
sicherstellen soll, wie etwa eine Anordnung gegenüber einem
Wirtschaftsteilnehmer, seine Website mit Angeboten von Glücksspielen für
im nationalen Hoheitsgebiet ansässige Personen unzugänglich zu machen,
zur Erreichung der mit diesen Rechtsvorschriften verfolgten Ziele
geeignet und ob sie verhältnismäßig ist.
97. Mit
seiner Frage 2b möchte er zugleich wissen, ob die Antwort auf diese
Frage anders ausfällt, wenn der Erlass der Maßnahme im Rahmen eines
Zivilprozesses von dem Wirtschaftsteilnehmer, der Inhaber des
ausschließlichen Rechts für den Betrieb von Glücksspielen ist, und nicht
von der Behörde verlangt wird.
98. Diese
Fragen stellen sich, weil Ladbrokes im Rahmen ihres Rechtsmittels vor
dem vorlegenden Gericht in der Rechtssache C‑258/08 vorgetragen hat,
dass die in Randnr. 75 des Urteils Gambelli u. a. genannte Voraussetzung
vom Tatsachengericht im konkreten Fall in Bezug auf die von De Lotto
beantragte Anordnung hätte geprüft werden müssen. Das nationale Gericht
hätte, so Ladbrokes, im Rahmen dieser Prüfung ebenfalls berücksichtigen
müssen, dass sie im Vereinigten Königreich die Erlaubnis erhalten habe,
Glücksspiele über das Internet anzubieten.
99. Ich
bin der Meinung, dass das von De Lotto angerufene Tatsachengericht
nicht zu prüfen und nachzuweisen brauchte, ob eine einfache
Durchführungsmaßnahme wie die gegen Ladbrokes verhängte Anordnung zur
Erreichung der von den niederländischen Rechtsvorschriften verfolgten
Ziele geeignet und ob sie verhältnismäßig war. Meines Erachtens hängt
diese Antwort auch nicht davon ab, dass diese Anordnung im Rahmen eines
privaten Rechtsstreits und nicht auf ein Ersuchen staatlicher Behörden
beantragt und erlassen wurde.
100. Zur
Begründung verweise ich auf den sich aus der Rechtsprechung und
insbesondere aus Randnr. 75 des Urteils Bambelli u. a. ergebenden Umfang
der dem nationalen Gericht obliegenden Kontrolle, ob der
Verhältnismöglichkeitsgrundsatz eingehalten worden ist, sowie auf Inhalt
und Wirkungen der gegen Ladbrokes verhängten Anordnung.
101. Nach
der Rechtsprechung muss ein Mitgliedstaat, der in Ausübung seiner
Kompetenzen die Ausübung einer Verkehrsfreiheit beschränkt, um ein im
Vertrag genanntes oder in der Rechtsprechung als legitim anerkanntes
Interesse zu schützen, nachweisen können, dass die von ihm vorgesehene
Beschränkung geeignet ist, dieses legitime Interesse tatsächlich zu
schützen, und in angemessenem Verhältnis zu diesem Ziel steht.
102. Von
der Eignung hängt das Recht dieses Mitgliedstaats ab, sich auf das in
Anspruch genommene legitime Interesse als Grundlage der Beschränkung zu
stützen. Verhältnismäßigkeit im strengen Sinne bezweckt, die
Beschränkung auf das zu begrenzen, was für den Schutz dieses Interesses
erforderlich ist. Die Voraussetzungen der Eignung und der
Verhältnismäßigkeit sind zwingend, weil die Mitgliedstaaten ihre
Kompetenzen unter Beachtung der Verpflichtungen, die sie im Rahmen des
Vertrags eingegangen sind, und insbesondere der grundlegenden
Verkehrsfreiheiten ausüben müssen. Wenn ein Mitgliedstaat eine dieser
Freiheiten beschränkt, erlauben die beiden Voraussetzungen es, das
richtige Gleichgewicht zwischen dem, was der Schutz des betreffenden
Interesses, und dem, was die betreffende Grundfreiheit verlangt, zu
finden.
103. Ich komme
somit an diesem Punkt meiner Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die
Handlung eines Mitgliedstaats im Rahmen seiner Kompetenzen im Fall der
Beschränkung einer Verkehrsfreiheit die beiden genannten
Voraussetzungen, d. h. den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit im weiten Sinne erfüllen muss(35).
Liegt keine Beschränkung vor, ist dieser Grundsatz nicht anzuwenden und
die Handlung eines Mitgliedstaats kann nur anhand der allgemeinen
Grundsätze seines nationalen Rechts überprüft werden(36).
104. Die
Rechtsprechung hat ferner den Umfang der Verhältnismäßigkeitsprüfung
klargestellt, die das nationale Gericht durchzuführen hat. Zum einen hat
es jede Beschränkung nach nationalem Recht gesondert zu prüfen(37).
So musste, was die im Urteil Placanica u. a. in Rede stehenden
italienischen Rechtsvorschriften angeht, das nationale Gericht aufgrund
dieser Pflicht nacheinander prüfen, ob die Verpflichtung der
Wirtschaftsteilnehmer zur Beschaffung einer Konzession, die Art der
Vergabe der Konzession und insbesondere der Ausschluss von
Gesellschaften, deren Anteilseigner nicht jederzeit feststellbar waren,
die Verpflichtung zur Einholung einer polizeilichen Genehmigung und
schließlich die strafrechtlichen Sanktionen zur Bekämpfung der Verstöße
gegen diese Vorschriften gerechtfertigt waren oder nicht.
105. Zum
anderen hat das nationale Gericht eine doppelte Prüfung vorzunehmen.
Erstens muss es den Inhalt der nationalen Rechtsvorschriften ihrem
Buchstaben nach prüfen. Rechtsvorschriften, die eine Verkehrsfreiheit
beschränken, sind nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn sie
so, wie sie der nationale Gesetzgeber formuliert hat, diskriminierend
oder zur Erreichung der von ihnen verfolgten Ziele ungeeignet oder gar
unverhältnismäßig sind.
106. Diese
theoretische Prüfung reicht indessen nicht aus. Das nationale Gericht
muss zweitens auch die Bedingungen prüfen, unter denen die nationalen
Rechtsvorschriften konkret angewandt werden. Es hat somit zu
untersuchen, ob die betreffenden Rechtsvorschriften so, wie sie von den
zuständigen Behörden oder gegebenenfalls von den Wirtschaftsteilnehmern
durchgeführt werden, nichtdiskriminierend, im Einklang mit ihren Zielen
und verhältnismäßig angewandt werden(38).
107. Diese
Überprüfung der Durchführung der betreffenden Rechtsvorschriften ist
zwingend geboten, damit die Beschränkung der Verkehrsfreiheit auch
wirklich durch die Wahrung des legitimen Interesses gerechtfertigt ist,
das als Begründung dieser Beschränkung dient. So kann sich gemäß Randnr.
69 des Urteils Gambelli u. a. ein Mitgliedstaat, dessen Behörden die
Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Glücksspielen teilzunehmen,
damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, im Hinblick auf die
Notwendigkeit, die Gelegenheit zum Spiel zu verringern, nicht auf den
Schutz der öffentlichen Sozialordnung berufen, um Beschränkungen seiner
nationalen Rechtsvorschriften zu rechtfertigen.
108. Im
Ausgangsverfahren hat das vorlegende Gericht dargelegt, dass diese
Überprüfungen durchgeführt worden sind und das Tatsachengericht aufgrund
dessen die Auffassung vertreten hatte, dass die niederländische
Regelung mit Art. 49 EG vereinbar sei. Die Beurteilung dieser Frage
fällt, wie wir bereits gesehen haben, in die Zuständigkeit des
nationalen Gerichts.
109. Mithin
ist für die weitere Untersuchung der hier zu prüfenden Frage von der
Prämisse auszugehen, dass diese Beurteilung begründet ist, ohne dass an
diesem Punkt den Folgerungen vorgegriffen werden soll, die aus der
Antwort des Gerichtshofs auf die vierte Frage zu ziehen sind, die mit
der Tragweite des Grundsatzes der Gleichbehandlung und dem sich aus
Art. 49 EG ergebenden Transparenzgebot in diesem Fall zusammenhängt.
110. Mithin
lautet die Frage hier, ob das nationale Gericht nach der Prüfung
entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs, ob das niederländische
Gesetz mit Art. 49 EG vereinbar ist, auch zu prüfen und nachzuweisen
hat, dass die Anordnung gegenüber Ladbrokes, den Zugang zu ihrer
Internetsite für in den Niederlanden ansässige Personen zu sperren,
wirklich zur Erreichung der mit diesem Gesetz verfolgten Ziele geeignet
und ihnen angemessen ist.
111. Meiner
Auffassung nach ist das nationale Gericht nicht zu einer solchen
Prüfung verpflichtet, weil die Anordnung sich streng darauf beschränkt,
die Anwendung des Art. 1 Buchst. a des niederländischen Gesetzes
sicherzustellen, wonach jeder beliebigen Person, die keine entsprechende
Erlaubnis besitzt, untersagt ist, Glücksspiele in den Niederlanden
anzubieten. Die Anordnung begründet für sich genommen keine Beschränkung
des freien Dienstleistungsverkehrs, die nicht schon in dieser
Vorschrift enthalten wäre. Sie bezweckt und bewirkt lediglich deren
Anwendung.
112. Das
nationale Gericht hat somit nicht zu prüfen und nachzuweisen, ob die
betreffende Durchführungsmaßnahme unter den besonderen Umständen des bei
ihm anhängigen Rechtsstreits und insbesondere im Hinblick auf den
Wirtschaftsteilnehmer, auf den sie Anwendung finden soll, mit dem
gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar
ist. Die Feststellung des nationalen Gerichts, dass das niederländische
Gesetz mit Art. 49 EG vereinbar ist, erstreckt sich zwangsläufig auf
alle Maßnahmen, die lediglich die Durchsetzung des Gesetzes
sicherstellen, und zwar ohne Rücksicht auf den betreffenden
Wirtschaftsteilnehmer und den Rechtsstreit, in dem diese Durchsetzung
verlangt wird.
113. Zum
Nachweis der Nutzlosigkeit einer solchen Prüfung genügt die
Feststellung, dass die Auffassung von Ladbrokes, wenn man ihr folgte,
dazu führte, dass die betreffende Anordnung möglicherweise aufzuheben
wäre, wodurch den niederländischen Rechtsvorschriften jegliche Wirkung
gegenüber diesem Wirtschaftsteilnehmer genommen würde, obwohl
festgestellt worden ist, dass die in diesen Rechtsvorschriften
vorgesehene Beschränkung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Die
Auffassung von Ladbrokes läuft mit anderen Worten in Wirklichkeit darauf
hinaus, diese Vereinbarkeit in Frage zu stellen.
114. Diese
Erwägungen erlauben mir weiter den Schluss, dass diese Beurteilung
nicht davon abhängig sein kann, ob diese Durchführungsmaßnahme von den
Behörden verlangt wird oder wie im vorliegenden Fall im Rahmen eines
Rechtsstreits zwischen Privatpersonen von dem Wirtschaftsteilnehmer, der
Inhaber der Erlaubnis für den Betrieb von Glücksspielen in dem
betreffenden Mitgliedstaat ist.
115. Entscheidend
ist, dass die nationalen Rechtsvorschriften, die eine Verkehrsfreiheit
einschränken und deren Anwendung durch die betreffende Maßnahme
lediglich sichergestellt werden soll, tatsächlich dem Gemeinschaftsrecht
entsprechen. Ist diese Voraussetzung erst einmal entsprechend der
Rechtsprechung des Gerichtshofs erwiesen, fällt die Entscheidung des
betreffenden Mitgliedstaats über die Maßnahmen, die nur die Anwendung
dieser Rechtsvorschriften sicherstellen sollen, in seine Zuständigkeit.
Er kann daher frei entscheiden, ob solche Maßnahmen ausschließlich auf
Antrag einer Behörde getroffen werden dürfen oder aber wie im
vorliegenden Fall auch im Rahmen eines privaten Rechtsstreits auf Antrag
einer Privatperson.
116. Ich
schlage daher dem Gerichtshof vor, die Fragen 2a und 2b des Hoge Raad
der Nederlanden wie folgt zu beantworten. Zum einen ist das nationale
Gericht nach der Feststellung, dass die nationalen Rechtsvorschriften
mit Art. 49 EG vereinbar sind, nicht verpflichtet, im Einzelfall zu
prüfen, ob eine Maßnahme zur Durchsetzung dieser Rechtsvorschriften, wie
etwa die Anordnung gegenüber einem Wirtschaftsteilnehmer, seine
Internetsite mit Angeboten von Glücksspielen für im nationalen
Hoheitsgebiet ansässige Personen unzugänglich zu machen, zur Erreichung
der mit diesen Rechtsvorschriften verfolgten Ziele geeignet und ob sie
verhältnismäßig ist, sofern die Maßnahme sich strikt darauf beschränkt,
die Anwendung dieser Rechtsvorschriften sicherzustellen. Zum anderen ist
es für die Beantwortung dieser Frage ohne Bedeutung, ob diese Maßnahme
von einer Behörde oder im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen
Privatpersonen verlangt wird.
C – Zur
Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung der Erlaubnis
für das Anbieten von Glücksspielen im Internet, die einem
Wirtschaftsteilnehmer vom Mitgliedstaat seines Sitzes erteilt worden ist
(Rechtssachen C‑203/08 und C‑258/08)
117. Der
Raad van State möchte mit der ersten Vorabentscheidungsfrage in der
Rechtssache C‑203/08 und der Hoge Raad der Nederlanden mit der dritten
Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache C‑258/08 wissen, ob Art. 49
EG dahin auszulegen ist, dass der Umstand, dass einem Erbringer von
Online-Spielen die Ausübung dieser Tätigkeit vom Mitgliedstaat seines
Sitzes erlaubt worden ist, die zuständigen Behörden eines anderen
Mitgliedstaats, in dem Glücksspiele einem System der Zulassung eines
einzigen Wirtschaftsteilnehmers unterliegen, nicht daran hindert, einem
solchen Dienstleistungserbringer zu untersagen, im Hoheitsgebiet dieses
anderen Mitgliedstaats ansässigen Personen Spiele über das Internet
anzubieten.
118. Diese
Frage ist dem Gerichtshof vorgelegt worden, weil Betfair vorgebracht
hatte, dass das Königreich der Niederlande aufgrund des im Urteil
Rewe-Zentral (Cassis de Dijon) herausgearbeiteten Grundsatzes der
gegenseitigen Anerkennung(39) verpflichtet gewesen sei, die ihr von anderen Mitgliedstaaten erteilten Zulassungen anzuerkennen.
119. Nach meiner Meinung kann diesem Vorbringen nicht gefolgt werden, und zwar aus den beiden folgenden Gründen.
120. Nach
dem vom Gerichtshof im angeführten Urteil Liga Portuguesa de Futebol
Profissional und Baw International vertretenen Standpunkt gilt der
Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung nicht für die Erlaubnis für das
Anbieten von Glücksspielen über das Internet.
121. So
hat der Gerichtshof in diesem Urteil festgestellt, dass der Sektor der
über das Internet angebotenen Glücksspiele in der Gemeinschaft nicht
harmonisiert sei und ein Mitgliedstaat deshalb die Auffassung vertreten
dürfe, dass der Umstand allein, dass ein Wirtschaftsteilnehmer zu diesem
Sektor gehörende Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat, in
dem er niedergelassen sei und in dem er grundsätzlich bereits
rechtlichen Anforderungen und Kontrollen durch die zuständigen Behörden
dieses anderen Mitgliedstaats unterliege, rechtmäßig über das Internet
anbiete, nicht als hinreichende Garantie für den Schutz der nationalen
Verbraucher vor den Gefahren des Betrugs und anderer Straftaten
angesehen werden könne, wenn man die Schwierigkeiten berücksichtige,
denen sich die Behörden des Sitzmitgliedstaats in einem solchen Fall bei
der Beurteilung der Qualitäten und der Redlichkeit der Anbieter bei der
Ausübung ihres Gewerbes gegenüber sehen könnten(40).
122. Folglich
kann der Umstand, dass Ladbrokes und Betfair vom Vereinigten Königreich
Großbritannien und Nordirland, in dessen Gebiet sie ihren Sitz haben,
erlaubt worden ist, Online-Spiele anzubieten, die
gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit einer Regelung wie des
niederländischen Gesetzes, das das Recht, Glücksspiele in den
Niederlanden ansässigen Personen anzubieten, einem System der Zulassung
eines einzigen Wirtschaftsteilnehmers unterwirft, nicht in Frage
stellen.
123. Es ist
gerade der Zweck eines Systems ausschließlicher Rechte, jedem anderen
als dem oder den Inhabern dieser Rechte die Ausübung einer unter dieses
System fallenden Tätigkeit zu untersagen. Ist ein solches System
stichhaltig begründet und somit mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar,
ist es ohne Bedeutung, dass die Wirtschaftsteilnehmer, die Glücksspiele
in dem Staat betreiben möchten, in dem ein solches Monopol besteht, die
Erlaubnis besitzen, diese Tätigkeit im Mitgliedstaat ihres Sitzes
auszuüben.
124. Ich
schlage daher dem Gerichtshof als Antwort vor, dass Art. 49 EG dahin
auszulegen ist, dass der Umstand, dass einem Erbringer von
Online-Spielen die Ausübung dieser Tätigkeit vom Mitgliedstaat seines
Sitzes erlaubt worden ist, die zuständigen Behörden eines anderen
Mitgliedstaats, in dem Glücksspiele einem System der Zulassung eines
einzigen Wirtschaftsteilnehmers unterliegen, nicht daran hindert, diesem
Dienstleistungserbringer zu untersagen, im Hoheitsgebiet dieses anderen
Mitgliedstaats ansässigen Personen Spiele über das Internet anzubieten.
D – Zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und des Transparenzgebots (Rechtssache C‑203/08)
125. Der
Raad van State möchte überprüfen, ob die Verlängerung der Zulassungen
von De Lotto und von SGR durch die Entscheidungen vom 10. Dezember 2004
bzw. vom 21. Juni 2005 mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, und
geht dabei davon aus, dass diese Entscheidungen ohne vorherige
Ausschreibung getroffen wurden.
126. Er
möchte daher mit seiner zweiten Frage wissen, ob der Grundsatz der
Gleichbehandlung und das daraus folgende Transparenzgebot, denen die
Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung unterliegen, wenn sie bei
Glücksspielen Konzessionen für öffentliche Dienstleistungen vergeben,
ebenfalls im Rahmen eines Systems der Zulassung eines einzigen
Wirtschaftsteilnehmers gelten.
127. Mit
seiner Frage 3a möchte er wissen, ob und gegebenenfalls unter welchen
Voraussetzungen bei einem System der Zulassung eines einzigen
Wirtschaftsteilnehmers die Verlängerung der Zulassung des Inhabers der
Zulassung ohne die Eröffnung des Wettbewerbs mit anderen
Dienstleistungserbringern ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel
sein kann, die Ziele zu verwirklichen, die in der Rechtsprechung als
legitime Gründe für die Einschränkung der Verkehrsfreiheiten im Bereich
der Glücksspiele betrachtet werden.
128. Mit seiner Frage 3b will er wissen, ob die Beantwortung der zweiten Frage die Antwort auf Frage 3a beeinflussen kann.
129. Ich
schlage dem Gerichtshof vor, diese drei Fragen wie folgt zu verstehen.
Zuallererst stellt der Raad van State die Grundsatzfrage, ob das
Transparenzgebot für ein System der Zulassung eines einzigen
Wirtschaftsteilnehmers im Bereich der Glücksspiele gilt. Zweitens möchte
er bei Bejahung dieser Frage wissen, ob und gegebenenfalls unter
welchen Voraussetzungen die Verlängerung der Zulassung zum Betrieb von
Glücksspielen ohne eine Ausschreibung aus legitimen Gründen wie dem
Schutz der Verbraucher gegen die Gefahren der Spielsucht oder die
Verteidigung der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt sein kann.
130. Vor
der Untersuchung dieser beiden Fragen ist es notwendig, die großen
Linien der Rechtsprechung zum Transparenzgebot in Erinnerung zu rufen,
wie sie im Rahmen der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und von
Konzessionen entwickelt wurden.
1. Die großen Linien der Rechtsprechung zum Transparenzgebot
131. Die
öffentlichen Stellen eines Mitgliedstaats müssen, wenn sie einen
öffentlichen Auftrag oder eine Konzession vergeben möchten, die
Grundregeln des Vertrags und insbesondere die Verkehrsfreiheiten
berücksichtigen(41).
132. Wenn
ein solcher Auftrag oder eine solche Konzession auch für ein
Unternehmen von Interesse sein kann, das in einem anderen Mitgliedstaat
ansässig ist als dem, in dem sich die Vergabestelle befindet, stellt
nach der Rechtsprechung die ohne jede Transparenz erfolgende Vergabe
dieses Auftrags oder dieser Konzession an ein im Mitgliedstaat der
Vergabestelle ansässiges Unternehmen eine unterschiedliche Behandlung
zum Nachteil des erstgenannten Unternehmens dar(42).
133. In
Ermangelung jeglicher Transparenz hat nämlich dieses Unternehmen nicht
wirklich die Möglichkeit, sein Interesse an dem Auftrag oder der
Konzession kundzutun.
134. Der
Gerichtshof hat daraus den Schluss gezogen, dass eine solche
Ungleichbehandlung, die durch den Ausschluss aller in einem anderen
Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen hauptsächlich diese
benachteilige, eine nach den Art. 43 EG und 49 EG verbotene mittelbare
Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit darstelle, sofern sie
nicht durch objektive Umstände gerechtfertigt sei (43).
135. Das
Transparenzgebot ist daher unbedingt notwendig, um es allen
Unternehmen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem der
Vergabestelle ansässig sind und möglicherweise an dem betreffenden
Auftrag oder der betreffenden Konzession interessiert sein könnten, zu
ermöglichen, den betreffenden Auftrag zu erhalten. Dieses Gebot stellt
somit eine konkrete und besondere Ausformung des Grundsatzes der
Gleichbehandlung dar, das den Unternehmen erlauben soll, ihre Rechte aus
Art. 43 EG und 49 EG effektiv auszuüben.
136. Fallen
die betreffenden öffentlichen Aufträge oder Konzessionen unter eine der
Richtlinien über öffentliche Aufträge, so bestimmen diese
Koordinierungsrichtlinien durch die Festlegung genauer Vergaberegeln die
Voraussetzungen und Modalitäten zur Verwirklichung dieses
Transparenzgebots.
137. Fallen
die betreffenden öffentlichen Aufträge oder Konzessionen nicht unter
die genannten Koordinierungsrichtlinien, so sind die Mitgliedstaaten
gleichwohl gehalten, dem Transparenzgebot nachzukommen, weil dieses aus
den Grundregeln des Vertrags sowie aus dem Grundsatz der
Gleichbehandlung folgt(44).
138. So hat der Gerichtshof in dem vom Raad van State angeführten Urteil vom 13. September 2007, Kommission/Italien(45),
festgestellt, dass die Vergabe der Annahme und Abwicklung von
Pferdewetten in Italien eine öffentliche Dienstleistungskonzession
darstelle, und daran erinnert, dass die Verträge über diese öffentlichen
Dienstleistungskonzessionen vom Anwendungsbereich der Richtlinie
92/50/EWG des Rates(46)
ausgenommen seien. Er hat sodann darauf hingewiesen, dass die
öffentlichen Stellen, die sie erteilten, gleichwohl die Grundregeln des
EG-Vertrags im Allgemeinen, insbesondere die Art. 43 EG und 49 EG, und
das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im
Besonderen beachten müssten, die eine besondere Ausprägung des
Grundsatzes der Gleichbehandlung seien, und dass diese beiden Grundsätze
eine Verpflichtung zur Transparenz begründeten(47).
139. Der
Umfang dieser Verpflichtung ist, wenn der geplante Vertrag unter eine
der Richtlinien über öffentliche Aufträge fällt, vom Gerichtshof anhand
der mit dieser Verpflichtung verfolgten Ziele festgelegt worden. Sie
soll es jedem potenziell interessierten Unternehmen ermöglichen, sich zu
informieren und zu bewerben, und die Nachprüfung der unparteiischen
Durchführung des Vergabeverfahrens sicherstellen.
140. So
gebietet die Verpflichtung zur Transparenz nach der Rechtsprechung
nicht zwangsläufig die Durchführung einer Ausschreibung, bedeutet aber,
dass die konzessionserteilende Stelle zugunsten aller potenziell
interessierten Unternehmen einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit
sicherstellen muss, der den öffentlichen Auftrag oder die
Dienstleistungskonzession dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung
ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden
sind(48).
141. Einem
in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen muss daher
vor der Vergabe Zugang zu angemessenen Informationen über diesen Auftrag
oder diese Konzession ermöglicht werden, so dass es, wenn es das will,
sein Interesse an diesem Auftrag oder dieser Konzession bekunden kann(49).
142. Außerdem
müssen die Kriterien, auf deren Grundlage der Auftrag oder die
Konzession erteilt wird, objektiv, nichtdiskriminierend und im Voraus
bekannt sein, damit dem Ermessen der Vergabestelle Grenzen gesetzt
werden, die eine missbräuchliche Ermessensausübung verhindern(50).
143. Von der Verpflichtung zur Transparenz gibt es indessen Ausnahmen.
144. Zum
einen besteht diese Verpflichtung, wie sie sich aus den Vertragsregeln
ergibt, nicht, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession nicht
von grenzüberschreitendem Interesse ist(51).
Sie gilt mit anderen Worten nicht, wenn dieser Auftrag oder diese
Konzession für ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenes
Unternehmen nicht von Interesse sein kann(52), insbesondere wegen der sehr geringfügigen wirtschaftlichen Bedeutung(53).
145. Zum
anderen gilt die Verpflichtung zur Transparenz, selbst wenn der Auftrag
oder die Konzession unter eine Richtlinie fallen, auch dann nicht, wenn
der öffentliche Auftraggeber über den Zuschlagsempfänger eine Kontrolle
wie über seine eigenen Dienststellen ausübt und wenn dieser zugleich
seine Tätigkeit im Wesentlichen für die Gebietskörperschaft oder die
Gebietskörperschaften verrichtet, die seine Anteile innehaben(54).
146. Diese
zweite Ausnahme beruht darauf, dass eine öffentliche Stelle die
Möglichkeit hat, ihre im Gemeininteresse liegenden Aufgaben mit ihren
eigenen administrativen, technischen und sonstigen Mitteln zu erfüllen,
ohne sich an externe Einrichtungen wenden zu müssen, die nicht zu ihren
Dienststellen gehören(55).
147. Somit
ist nun zu prüfen, ob diese Rechtsprechung im Bereich der Glücksspiele
im Rahmen eines Systems Anwendung finden kann, das einem einzigen
Betreiber ein ausschließliches Recht verleiht.
2.
Zur Anwendung des Transparenzgrundsatzes im Bereich der Glücksspiele im
Rahmen eines Systems, das einem einzigen Betreiber ein ausschließliches
Recht verleiht.
148. Der
Raad van State möchte mit seiner zweiten Frage wissen, ob Art. 49 EG
dahin auszulegen ist, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung und das
daraus folgende Transparenzgebot auch für ein Zulassungssystem im
Bereich der Glücksspiele gelten, nach dem diese Zulassung nur einem
einzigen Betreiber erteilt wird.
149. Nach
Meinung der niederländischen Regierung gelten dieser Grundsatz und
dieses Gebot im vorliegenden Fall nicht. Sie seien auf Konzessionen
beschränkt, die nicht unter die Koordinierungsvorschriften der
Gemeinschaft fielen, da solche Konzessionen den Regeln des Vertrags
nicht entzogen sein dürften. Das Transparenzgebot könne indessen nicht
auf ein Zulassungssystem ausgedehnt werden, das auf einer
ordnungsrechtlichen Ermächtigung und nicht auf Vertrag beruhe. Außerdem
hätte die Einführung des Wettbewerbs um diesen Markt dieselben
nachteiligen Folgen wie ein Wettbewerb innerhalb des Markts.
Insbesondere wäre der Inhaber der Zulassung, wenn diese Zulassung
zeitlich begrenzt wäre, versucht, den größtmöglichen Gewinn während
deren Geltungsdauer zu erzielen.
150. Die
niederländische Regierung und De Lotto tragen weiter vor, dass das
Transparenzgebot keine Anwendung finde, weil nach der niederländischen
Regelung die Inhaber der Zulassung die Einnahmen aus dem Betrieb
bestimmten Zwecken zukommen lassen müssten. De Lotto könne keine Gewinne
erzielen, so dass kein Handelsunternehmen an einem Betrieb unter diesen
Voraussetzungen interessiert sein könne.
151. Die
dänische, die griechische, die österreichische, die finnische und die
norwegische Regierung sind ebenfalls der Meinung, dass das
Transparenzgebot für ein System der Zulassung nur eines einzigen
Betreibers nicht gelte.
152. Ich
teile diesen Standpunkt nicht. Die Rechtsprechung zum Transparenzgebot
ist meines Erachtens auf ein System der Zulassung eines einzigen
Betreibers im Bereich der Glücksspiele aus folgenden Gründen anwendbar.
153. Erstens
beruht diese Rechtsprechung auf den Auswirkungen der Vergabe eines
öffentlichen Auftrags oder einer Konzession auf die Verkehrsfreiheiten
und nicht auf dem vertraglichen Ursprung dieser Auswirkungen. Wie wir
bereits gesehen haben, muss solchen Verträgen eine Ausschreibung
vorausgehen, weil sie bezwecken und dazu führen, dass eine Tätigkeit
einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern besonders zugeteilt wird.
Ohne eine angemessene Öffentlichkeit würde gegen den Grundsatz der
Gleichbehandlung verstoßen, weil es den in anderen Mitgliedstaaten
niedergelassenen Unternehmen, die möglicherweise an dieser Tätigkeit
interessiert sind, unmöglich wäre, ihr Interesse kundzutun und damit
ihre Rechte aus den Art. 43 EG und 49 EG auszuüben.
154. Das
Transparenzgebot erscheint damit als eine zwingende Vorbedingung des
Rechts eines Mitgliedstaats, das ausschließliche Recht zur Ausübung
einer Wirtschaftstätigkeit an einen oder mehrere private Unternehmer zu
vergeben, wie auch immer diese ausgewählt werden.
155. Das
Transparenzgebot sollte daher meines Erachtens auch im Rahmen eines
Systems, wonach die Zulassung von den Behörden eines Mitgliedstaats in
Ausübung ihrer ordnungsrechtlichen Befugnisse einem einzigen
Wirtschaftsteilnehmer erteilt wird, Anwendung finden, weil die
Auswirkungen einer solchen Zulassung auf in anderen Mitgliedstaaten
niedergelassene Unternehmen, die möglicherweise an dieser Tätigkeit
interessiert sind, die gleichen sind wie die eines Konzessionsvertrags.
156. Außerdem
ist die Gefahr der Parteilichkeit, der das Transparenzgebot ebenfalls
vorbeugen soll, nicht beseitigt, wenn das Monopol zum Spielbetrieb auf
einer im Rahmen eines ordnungsrechtlichen Verfahrens erteilten Zulassung
statt auf einem Konzessionsvertrag beruht.
157. Zweitens
bin ich der Auffassung, dass die besondere Natur der Glücksspiele es
nicht rechtfertigt, einem Mitgliedstaat zu gestatten, eine Ausnahme von
diesem Gebot vorzusehen.
158. Aufgrund
der mit dieser Tätigkeit verbundenen Gefahren und der moralischen
Erwägungen im Zusammenhang mit ihr muss meines Erachtens einem
Mitgliedstaat das Recht zugestanden werden, diese Tätigkeit durch eine
ihm gehörende Einrichtung selbst auszuüben. Es ist wohl unbestreitbar,
dass ein Mitgliedstaat die Tätigkeit einer solchen Einrichtung noch
leichter leiten und kontrollieren kann, als er dies bei einem privaten
Wirtschaftsteilnehmer tun könnte. Ein solches System bietet daher einen
besseren Schutz der Verbraucher gegen die Gefahr der Spielsucht und der
öffentlichen Ordnung gegen die Gefahren von Betrügereien und heimlichen
Spielen(56).
159. Wie
ich bereits ausgeführt habe, rechtfertigt es die besondere Natur der
Glücksspiele ebenfalls, einem Mitgliedstaat zu gestatten, einem privaten
Betreiber ein Monopol zum Spielbetrieb zu übertragen.
160. Sobald
aber ein Mitgliedstaat sich entscheidet, den Betrieb einer bestimmten
Art von Glücksspielen dem Privatsektor zu übertragen, muss er den
Grundsatz der Gleichbehandlung aller potenziell interessierten
Wirtschaftsteilnehmer beachten.
161.
Ich bin nämlich nicht der Meinung, dass die Öffnung des Wettbewerbs um
den Markt dieselben nachteiligen Folgen wie der Wettbewerb auf dem Markt
hat. Die Einführung von Wettbewerb auf dem Markt, d. h. unter mehreren
Wirtschaftsteilnehmern, die die Zulassung für das gleiche Glücksspiel
erhalten haben, ist deshalb ungünstig, weil Wirtschaftsteilnehmer
versucht wären, einander an Einfallsreichtum zu übertreffen, um ihr
Angebot attraktiver zu machen, und damit die mit dem Spiel verbundenen
Kosten und die Gefahren der Spielsucht sich erhöhen würden. Solche
Folgen wären hingegen im Stadium der Zulassungserteilung meines
Erachtens nicht zu befürchten.
162. Im
Rahmen eines Systems, das das ausschließliche Recht einem einzigen
Betreiber verleiht, werden der Schutz der Verbraucher gegen die Gefahr
der Spielsucht und der Bekämpfung von Betrügereien durch die Auflagen
sichergestellt, die dem einzigen Betreiber vom Mitgliedstaat gemacht
werden, um dessen Tätigkeit genau einzugrenzen. Diese Ziele werden
ebenfalls durch die Maßnahmen verfolgt, die dieser Mitgliedstaat
erlässt, um die Folgen dieser Tätigkeit zu beurteilen und die Einhaltung
der dem Betreiber gemachten Auflagen zu überprüfen. Ich vermag nicht zu
erkennen, inwiefern eine Ausschreibung im Stadium der Auswahl dieses
einzigen Betreibers zwangsläufig die Gefahr beinhaltet, dass dieser die
Vorgaben zur Eingrenzung seiner Tätigkeit nicht einhält.
163. Ebenso
ist meines Erachtens durchaus anzuerkennen, dass ein solcher Wettbewerb
die zuständigen Behörden in die Lage versetzen könnte, demjenigen
Dienstleistungserbringer die Zulassung zu erteilen, der ihnen am
geeignetsten erscheint, alle diese Auflagen zu erfüllen. Außerdem
scheint es angesichts der Größenordnung der finanziellen Einsätze bei
den Glücksspielen höchst wünschenswert, dass die Voraussetzungen, unter
denen ein Mitgliedstaat einer privaten Einrichtung ein Monopol einräumen
will, transparent sind und dass ihre Unparteilichkeit überprüft werden
kann.
164. Wenn die
niederländische Regierung und De Lotto schließlich vorbringen, dass das
Transparenzgebot wegen der Verpflichtungen, die den Inhabern des
Monopols mit ihrer Zulassung bezüglich der Verwendungen der Einnahmen
auferlegt würden, außer Betracht zu bleiben habe, so stellt dies die
Geltung dieses Gebots unter den konkreten Umständen meines Erachtens
nicht in Frage.
165. Ein
Mitgliedstaat kann gewiss bestimmen, dass die durch den Betrieb eines
Glücksspiels im Inland erzielten Einnahmen ganz oder teilweise im
Allgemeininteresse liegenden Zwecken zugeführt werden müssen. Es trifft
ebenfalls zu, dass das Transparenzgebot nach der Rechtsprechung nicht
gilt, wenn der betreffende Auftrag wegen der sehr geringen
wirtschaftlichen Bedeutung nicht von grenzüberschreitendem Interesse
ist.
166. Dieser
Begriff des sehr geringen wirtschaftlichen Interesses zielt indessen
meines Erachtens nur auf den wirtschaftlichen Wert des betreffenden
Auftrags(57).
Darunter fällt z. B. die Durchführung eines bescheidenen Bauvorhabens
in einer verhältnismäßig großen Entfernung von den Grenzen des
Mitgliedstaats. Der bescheidene Zuschnitt des geplanten Bauvorhabens und
die Entfernung sprechen dafür, dass kein in einem anderen Mitgliedstaat
niedergelassenes Unternehmen an diesem Bauvorhaben interessiert sein
dürfte. Dagegen erfasst der Begriff des sehr geringen wirtschaftlichen
Interesses nicht den Fall, dass das schwache wirtschaftliche Interesse
eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmens an
einem Auftrag auf Auflagen zur Eingrenzung der betreffenden Tätigkeit
und auf die Auswahlkriterien für den Auftragnehmer zurückzuführen ist.
167. Diese
Auflagen und diese Kriterien gehören meines Erachtens zu den Punkten,
deren Kenntnis das Transparenzgebot den Dienstleistungserbringern gerade
vermitteln soll, die möglicherweise an dem betreffenden Auftrag
interessiert sind. Auch wenn in der Praxis die vom Mitgliedstaat
festgelegten Bedingungen die Unternehmen davon abhalten könnten, ihr
Interesse an der betreffenden Tätigkeit kundzutun, müssen diese
Bedingungen ihnen doch tatsächlich zur Kenntnis gebracht werden, damit
sie eine solche Entscheidung treffen können.
168. So
dürfte im vorliegenden Rechtsstreit unbestreitbar sein, dass die
Aufträge, nämlich der – außerdem monopolistisch angelegte – Betrieb des
Lottos, der Sportwetten und der Glücksspiele oder auch der
Pferderennwetten, in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene
Spielbetreiber angesichts der bedeutenden Einnahmen, die mit diesen
Tätigkeiten erzielt werden können, interessieren könnten(58).
169. Ich
bin daher der Meinung, dass sich die niederländische Regierung nicht
auf die Ausnahme des Fehlens eines grenzüberschreitenden Interesses
berufen kann.
170. Diese
restriktive Auslegung der besagten Ausnahme dürfte meines Erachtens
angesichts des weiten Ermessensspielraums, der den Mitgliedstaaten im
Bereich der Glücksspiele sowohl bei der Festlegung der Ziele ihrer
Rechtsvorschriften als auch bei der Wahl der Mittel zu deren Erreichung
zur Verfügung stehen muss, gerechtfertigt sein. Die Transparenz, die
eine stetig wachsende Rolle im öffentlichen Leben moderner
Gesellschaften spielt, so dass sie eines der sichtbaren Zeichen der
Demokratie geworden ist, erweist sich hier als das richtige Gegengewicht
zu den Beschränkungen, die die Mitgliedstaaten bei Ausübung ihrer
souveränen Befugnisse in diesem Tätigkeitsbereich bezüglich der
Verkehrsfreiheiten festsetzen können. Das Transparenzgebot ist mit
anderen Worten gerade deshalb so notwendig, weil den Mitgliedstaaten bei
den Glücksspielen ein weites Ermessen zuerkannt wird.
Ausschließlichkeit ist kein Synonym für Undurchsichtigkeit.
171. Daraus
folgt, dass die niederländischen Behörden, die für die Erteilung einer
Erlaubnis für den Betrieb eines Glücksspiels in den Niederlanden
zuständig sind, eine angemessene Ausschreibung durchführen müssen, es
sei denn, sie können nachweisen, dass sie über den Zuschlagsempfänger
eine Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausüben können und
dieser seine Tätigkeit im Wesentlichen für diese Behörden verrichtet.
172. Es ist gegebenenfalls Sache des vorlegenden Gerichts zu prüfen, ob dies auf De Lotto zutrifft.
173. Demgemäß
ist Art. 49 EG meiner Auffassung nach dahin auszulegen, dass der
Grundsatz der Gleichbehandlung und das aus ihm folgende Transparenzgebot
auch im Bereich der Glücksspiele im Rahmen eines Systems der Zulassung
eines einzigen Wirtschaftsteilnehmers gelten.
3. Zur Verlängerung einer Zulassung zum Betrieb eines Glücksspiels ohne Ausschreibung
174. Nach
niederländischem Recht werden die Zulassungen grundsätzlich für eine
Dauer von fünf Jahren erteilt. Betfair bringt vor, dass die Zulassungen
von De Lotto und von SGR im Dezember 2004 bzw. im Juni 2005 verlängert
worden seien, ohne dass sie sich um diese Zulassungen hätte bewerben
können.
175. Der Raad
van State will im Kern wissen, ob und gegebenenfalls unter welchen
Voraussetzungen die Verlängerung einer Zulassung zum Betrieb eines
Glücksspiels ohne eine Ausschreibung durch einen der legitimen Gründe
für die Beschränkung der Verkehrsfreiheiten im Bereich der Glücksspiele
gerechtfertigt werden kann.
176. Vorab
ist darauf hinzuweisen, dass die zuständigen nationalen Behörden vor
dem Tatsachengericht vorgebracht haben, die Beschränkung der Zulassung
auf fünf Jahre solle den zuständigen Verwaltungsstellen lediglich einen
zeitlichen Bezugspunkt liefern, um die mit der Zulassung verbundenen
Regeln gegebenenfalls ändern zu können, so dass die Zulassungen in
Wahrheit zeitlich fast unbegrenzt seien.
177. Das
vorlegende Gericht, dass das anwendbare nationale Recht auszulegen und
den Sachverhalt des von ihm zu entscheidenden Rechtsstreits zu würdigen
hat, ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Mit seiner Frage, ob und unter
welchen Voraussetzungen eine Ausnahme vom Transparenzgebot zulässig
ist, geht es stillschweigend, aber zwingend davon aus, dass die
Zulassungen von De Lotto und von SGR tatsächlich verlängert oder
erneuert worden sind.
178. Anderenfalls
hätte es den Gerichtshof nach der gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit
eines Systems eines zeitlich nahezu unbegrenzten ausschließlichen
Rechts gefragt.
179. Wenn es dies getan hätte, hätte ich meine Zweifel gehabt, ob ein solches System mit den Verkehrsrechten vereinbar ist.
180. Die
Gründe, die eine Einschränkung der Verkehrsfreiheiten im Bereich der
Glücksspiele rechtfertigen können, können meines Erachtens die
Übertragung ausschließlicher Rechte von ausreichend langer Dauer, für
mehrere Jahre, rechtfertigen. So kann ein Mitgliedstaat der Auffassung
sein, dass der Schutz der Verbraucher vor den Gefahren unerlaubter
Spiele, insbesondere von Online-Spielen, eine gewisse Beständigkeit bei
der Wahl des Inhabers eines oder mehrerer ausschließlicher Rechte
erforderlich macht.
181. Wir
haben ebenfalls gesehen, dass in einem monopolistischen System die
erzielbaren Gewinne begrenzt zu sein pflegen. Wenn ein Mitgliedstaat
sich entscheidet, dieses Monopol einem unabhängigen privaten Unternehmen
zu übertragen, kann die Dauer der Zulassung ein Mittel zum Ausgleich
der bescheidenen wirtschaftlichen Bedeutung dieses Auftrags sein, das
zweckmäßig ist, um das Interesse mehrerer Wirtschaftsteilnehmer zu
wecken und so eine Auswahl vornehmen zu können.
182. Ich bin insoweit der Auffassung, dass die Übertragung ausschließlicher Rechte auf unbestimmte Dauer a priori
schwer zu rechtfertigen ist, weil sie den Markt eines Mitgliedstaats
für alle möglicherweise interessierten Wirtschaftsteilnehmer ohne jede
zeitliche Begrenzung verschließt. Will ein Mitgliedstaat den Betrieb
eines Glücksspiels einer unabhängigen privaten Einrichtung übertragen,
kann ich schwerlich Gründe erkennen, weshalb dieser
Wirtschaftsteilnehmer dieses ausschließliche Recht auf unbegrenzte Dauer
erhalten sollte(59).
183. Zu
der Frage, inwieweit eine auf begrenzte Dauer erteilte Zulassung ohne
Ausschreibung verlängert oder erneuert werden kann, hat die
Rechtsprechung, insbesondere das bereits angeführte Urteil vom 13.
September 2007, Kommission/Italien, den Grundstein zu einer Antwort auf
diese Frage gelegt.
184. Erstens
ist nicht ausgeschlossen, dass die Erneuerung einer ausschließlichen
Zulassung zum Betrieb eines Glücksspiels ohne Ausschreibung aufgrund
eines in den Art. 45 EG und 46 EG vorgesehenen grundlegenden Interesses
oder eines in der Rechtsprechung anerkannten zwingenden Grundes des
Allgemeininteresses wie des Schutzes der Verbraucher vor überhöhten
Ausgaben für das Spielen und vor der Spielsucht sowie der Bekämpfung von
Betrügereien gerechtfertigt sein kann(60).
185. Zweitens
ist es Sache des Mitgliedstaats nachzuweisen, dass diese Ausnahme vom
Grundsatz der Gleichbehandlung und des Transparenzgebots durch einen
dieser Gründe gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit entspricht(61).
186. Im
vorliegenden Fall verweist die niederländische Regierung lediglich auf
ihr Vorbringen im Rahmen der vorhergehenden Frage. Warum ich dieses
Vorbringen nicht für überzeugend halte, habe ich bereits dargelegt.
187. Ich
vermag nämlich nicht zu erkennen, inwiefern eine Ausschreibung zur
Vergabe des Auftrags am Ende des fünfjährigen Zulassungszeitraums die
Ziele der niederländischen Rechtsvorschriften, nämlich den Schutz der
Verbraucher vor der Spielsucht und die Kriminalitätsprävention,
beeinträchtigen könnte. Diese Ziele werden, wie ich ausgeführt habe,
effektiv durch die Übertragung eines Monopols für den Spielbetrieb sowie
durch die Auflagen zur Eingrenzung der Tätigkeit des zugelassenen
Betreibers sowie durch die vom Mitgliedstaat für die Beurteilung und
Kontrolle festgelegten Modalitäten verfolgt. Die niederländische
Regierung hat nicht dargetan, dass die Wirksamkeit eines solchen Systems
durch eine Ausschreibung am Ende des Zulassungszeitraums gefährdet
wäre.
188. Es kann
ebenso durchaus gesagt werden, dass die Einhaltung dieser Bedingungen
durch eine solche Ausschreibung nachhaltiger gewährleistet ist, wenn die
Fähigkeit zur strikten Einhaltung dieser Bedingungen zu den Kriterien
gehört, auf deren Grundlage die Zulassung erteilt wird.
189. Der
Umstand, dass das von einem Mitgliedstaat geschaffene System der
Zulassung eines einzigen Wirtschaftsteilnehmers nach Konzeption und
Durchführung wie in den vorliegenden Fällen die Erreichung der
verfolgten Ziele ermöglicht, kann meines Erachtens keine ausreichende
Rechtfertigung für eine Verlängerung der Zulassung ohne Ausschreibung
sein. Der Mitgliedstaat muss erläutern, weshalb die Ziele, die er mit
seinen nationalen Rechtsvorschriften im Bereich der Glücksspiele
verfolgt, es nicht zulassen, zu diesem Zeitpunkt den Betreiber zu
wechseln.
190. Ich
will also nicht ausschließen, dass eine solche Rechtfertigung unter
besonderen Umständen möglich und zulässig ist. Ich möchte nur sagen,
dass diese Rechtfertigung nur dann anerkannt werden kann, wenn
nachgewiesen ist, dass die Ausschreibung tatsächlich eines der
Interessen gefährden könnte, die in den Art. 45 EG und 46 EG genannt
oder in der Rechtsprechung als zwingendes Erfordernis des
Allgemeininteresses anerkannt worden sind.
191. Ich
schlage daher dem Gerichtshof vor, dem Vorschlag der Kommission zu
folgen und als Antwort auf die vorgelegte Frage die Randnr. 33 des
angeführten Urteils vom 13. September 2007, Kommission/Italien,
aufzugreifen, wonach Art. 49 EG einer Verlängerung der Zulassung des
einzigen zugelassenen Betreibers ohne Ausschreibung entgegensteht,
sofern diese Verlängerung nicht zum einen einem wesentlichen Interesse
im Sinne der Art. 45 EG und 46 EG oder einem in der Rechtsprechung
anerkannten zwingenden Erfordernis des Allgemeininteresses und dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Es ist Sache des
nationalen Gerichts, festzustellen, ob dies der Fall ist.
IV – Ergebnis
192. Demgemäß schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt für Recht zu erkennen:
1. Die
Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die das Anbieten von
Glücksspielen einschränken, um die Spielsucht einzudämmen und
Betrügereien zu bekämpfen, und nach denen dem oder den Inhabern des
Ausschließlichkeitsrechts für den Betrieb dieser Spiele erlaubt ist, ihr
Angebot durch die Einführung neuer Spiele und durch Werbung attraktiver
zu machen, sind als kohärente und systematische Verfolgung dieser Ziele
zu betrachten, wenn sie dem Urteil des nationalen Gerichts zufolge
angesichts ihres Inhalts und ihrer Durchführung tatsächlich dazu
beitragen, die beiden angestrebten Ziele zu erreichen.
2. Das
nationale Gericht ist nach der Feststellung, dass die nationalen
Rechtsvorschriften mit Art. 49 EG vereinbar sind, nicht verpflichtet, in
jedem Einzelfall zu prüfen und zu belegen, ob eine Maßnahme zur
Durchsetzung dieser Rechtsvorschriften wie etwa eine Anordnung gegenüber
einem Wirtschaftsteilnehmer, seine Internetsite mit Angeboten von
Glücksspielen für im nationalen Hoheitsgebiet ansässige Personen
unzugänglich zu machen, zur Erreichung der mit diesen Rechtsvorschriften
verfolgten Ziele geeignet und ob sie verhältnismäßig ist, sofern diese
Maßnahme sich strikt darauf beschränkt, die Einhaltung dieser
Rechtsvorschriften sicherzustellen.
Für die
Beantwortung dieser Frage ist ohne Bedeutung, ob diese Maßnahme von
einer Behörde oder von einem Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen eines
Rechtsstreits zwischen Privatpersonen verlangt wird.
3. Art. 49
EG ist dahin auszulegen, dass der Umstand, dass einem Erbringer von
Online-Spielen die Ausübung dieser Tätigkeit vom Mitgliedstaat seines
Sitzes erlaubt worden ist, die zuständigen Behörden eines anderen
Mitgliedstaats, in dem Glücksspiele einem System der Zulassung eines
einzigen Wirtschaftsteilnehmers unterliegen, nicht daran hindert, diesem
Dienstleistungserbringer zu untersagen, im Hoheitsgebiet dieses anderen
Mitgliedstaats ansässigen Personen Spiele über das Internet anzubieten.
4. Art. 49 EG ist dahin
auszulegen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung und das aus ihm
folgende Transparenzgebot auch im Bereich der Glücksspiele im Rahmen
eines Systems der Zulassung eines einzigen Wirtschaftsteilnehmers
gelten.
Art. 49 EG steht nationalen
Rechtsvorschriften entgegen, die eine Verlängerung der Zulassung des
einzigen zugelassenen Betreibers ohne eine Ausschreibung vorsehen,
sofern diese Verlängerung nicht einem wesentlichen Interesse im Sinne
der Art. 45 EG und 46 EG oder einem in der Rechtsprechung anerkannten
zwingenden Erfordernis des Allgemeininteresses und dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit entspricht. Es ist Sache des nationalen Gerichts,
festzustellen, ob dies der Fall ist.
1 – Originalsprache: Französisch.
2 –
Vgl. die beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen Winner Wetten
(C‑409/06), Markus Stoß u. a. (C‑316/07, C‑358/07 bis C‑360/07, C‑409/07
und C‑410/07), Carmen Media Group (C‑46/08), Santa Casa da Misericórdia
de Lisboa (C‑55/08), Zeturf (C‑212/08) sowie Sjöberg und Gerdin
(C‑447/08 und C‑448/08).
3 – Stiftung für Spiele mit Sportvoraussagen (im Folgenden: De Lotto).
4 –
Im Folgenden: SGR. SGR ist eine Tochtergesellschaft der Scientific
Games Corporation Inc. mit Sitz in New York (Vereinigte Staaten).
5 – Im Folgenden: Betfair.
6 – Im Folgenden: Ladbrokes.
7 – C‑42/07 (Slg. 2009, I‑0000).
8 – Im Folgenden: das niederländische Gesetz.
9 –
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften gibt an, dass nach dem
Jahresbericht des Spielkontrollausschusses die Totalisatorwetten 2007
einen Umsatz von 34,3 Mio. Euro erzielt hätten, was nach Abzug von 25
Mio. Euro ausgezahlter Gewinne und 6,2 Mio. Euro an Kosten Spielerträge
von 3,1 Mio. Euro und Nettoeinnahmen von 3,4 Mio. Euro ergeben habe. Von
diesem Betrag stünden nach dem niederländischen Gesetz und der
jeweiligen Zulassung den karitativen Einrichtungen und Organisationen
des Pferderennsports sowie dem Verband für Pferderennsport 3,2 Mio. Euro
zu. Der Gewinn von SGR betrage 200 000 Euro.
10 – Urteil vom 11. September 2003, Anomar u. a. (C‑6/01, Slg. 2003, I‑8621, Randnrn. 46 und 47).
11 – Vgl. in diesem Sinne Urteil Gambelli u. a. (Randnr. 59).
12 – Ebd.
13 – Urteil Placanica u. a. (Randnr. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).
14 – Urteil vom 26. Oktober 2006, Kommission/Griechenland (C‑65/05, Slg. 2006, I‑10341, Randnr. 49).
15 –
Urteil vom 21. September 1999, Läärä u. a. (C‑124/97, Slg. 1999,
I‑6067, Randnr. 37). Vgl. auch Urteile vom 21. Oktober 1999, Zenatti
(C‑67/98, Slg. 1999, I‑7289, Randnr. 35), und Anomar u. a. (Randnr. 74).
16 – Urteil Läärä u. a. (Randnr. 37).
17 – Urteile Läärä u. a. (Randnrn. 35 und 39), Zenatti (Randnr. 33) und Anomar u. a. (Randnr. 87).
18 – Urteile Läärä u. a. (Randnr. 36) und Zenatti (Randnr. 34).
19 – Urteil Gambelli u. a. (Randnr. 69).
20 – Urteil Placanica u. a. (Randnr. 55).
21 – Vgl. in diesem Sinne Urteil Gambelli u. a. (Randnr. 67).
22 – Urteil vom 17. Juli 2008, Corporación Dermoestética (C‑500/06, Slg. 2008, I‑5785, Randnr. 40).
23 – Urteil vom 10. März 2009, Hartlauer (C‑169/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 63).
24 – Vgl. die in Fn. 15 angeführten Urteile Läärä u. a. (Randnr. 33) und Zenatti (Randnr. 31).
25 – Urteil Gambelli u. a. (Randnr. 63).
26 – Urteile Zenatti (Randnr. 37) und Gambelli u. a. (Randnr. 66).
27 –
Die Kommission verweist auf das Urteil vom 7. Juli 2005,
Kommission/Österreich (C‑147/03, Slg. 2005, I‑5969, Randnr. 63), wonach
es „Sache der nationalen Behörden [ist], die sich auf eine Ausnahme vom
fundamentalen Grundsatz der Freizügigkeit berufen, in jedem Einzelfall
nachzuweisen, dass ihre Regelungen im Hinblick auf das verfolgte Ziel
notwendig und verhältnismäßig sind. Neben den Rechtfertigungsgründen,
die ein Mitgliedstaat geltend machen kann, muss dieser eine Untersuchung
zur Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der von ihm erlassenen
beschränkenden Maßnahme vorlegen sowie genaue Angaben zur Stützung
seines Vorbringens machen.“
28 – Urteil vom 13. November 2003 (C‑42/02, Slg. 2003, I‑13519).
29 –
Urteile vom 19. Mai 2009, Kommission/Italien (C‑531/06, Slg. 2009,
I‑0000, Randnr. 54) und Apothekenkammer des Saarlandes u. a. (C‑171/07
und C‑172/07, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 30).
30 – Urteil vom 24. März 1994, Schindler (C‑275/92, Slg. 1994, I‑1039).
31 – Urteil Läärä u. a. (angeführt in Fn. 15).
32 – Urteil Zenatti (angeführt in Fn. 15).
33 – Urteil Anomar u. a. (angeführt in Fn. 10).
34 – Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Baw International (Randnr. 70).
35 – Vgl. in diesem Sinne Urteil Placanica u. a. (Randnr. 49).
36 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. April 2005, Deponiezweckverband Eiterköpfe (C‑6/03, Slg. 2005, I‑2753, Randnr. 63).
37 – Urteil Placanica u. a. (Randnr. 49).
38 – Urteile Zenatti (Randnr. 37) und Gambelli u. a. (Randnr. 75).
39 – Urteil vom 20. Februar 1979 (120/78, Slg. 1979, 649).
40 – Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Baw International (Randnr. 69).
41 –
Urteile vom 13. November 2007, Kommission/Irland (C‑507/03, Slg. 2007,
I‑9777, Randnr. 26), und vom 10. September 2009, Sea (C‑573/07, Slg.
2009, I‑0000, Randnr. 39).
42 –
Urteile vom 21. Juli 2005, Coname (C‑231/03, Slg. 2005, I‑7287, Randnr.
17), und vom 17. Juli 2008, ASM Brescia (C‑347/06, Slg. 2008, I‑5641,
Randnr. 59).
43 – Urteil ASM Brescia (Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).
44 –
Vgl. insbesondere Urteil vom 13. November 2008, Coditel Brabant
(C‑324/07, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 25 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
45 – C‑260/04, Slg. 2007, I‑7083.
46 –
Richtlinie vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Verfahren für die
Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1).
47 – Urteil vom 13. September 2007, Kommission/Italien (Randnrn. 22 bis 24).
48 – Urteil Coditel Brabant (Randnr. 25).
49 – Urteil Coname (Randnrn. 21 und 28).
50 –
Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juli 2008, Kommission/Frankreich
(C‑389/05, Slg. 2008, I‑5397, Randnr. 94 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
51 – Urteil Kommission/Irland (Randnr. 33).
52 – Ebd. (Randnr. 32).
53 – Urteil Coname (Randnr. 20).
54 –
Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. November 1999, Teckal (C‑107/98,
Slg. 1999, I‑8121, Randnr. 50), vom 11. Januar 2005, Stadt Halle und RPL
Lochau (C‑26/03, Slg. 2005, I‑1, Randnr. 49), und vom 13. Oktober 2005,
Parking Brixen (C‑458/03, Slg. 2005, I‑8585, Randnr. 62).
55 – Urteil Coditel Brabant (angeführt in Fn. 44, Randnr. 48).
56 – Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 14. März 2007, EFTA-Überwachungsbehörde gegen das Königreich Norwegen(E-1/06, Report of EFTA Court, S. 7, Randnr. 51).
57 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Mai 2008, SECAP und Santorso (C‑147/06 und C‑148/06, Slg. 2008, I‑3565, Randnr. 31).
58 –
Die Kommission gibt an, dass nach dem Jahresbericht des
Spielkontrollausschusses 2007 die mit Sportwetten erzielten Umsätze 22,3
Mio. Euro und der Gesamtumsatz von De Lotto 270 Mio. Euro betragen
hätten. Der Umsatz von SGR für dieses Jahr belaufe sich auf 34,3 Mio.
Euro.
59 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur (C‑454/06, Slg. 2008, I‑4401, Randnr. 73).
60 – Urteil vom 13. September 2007, Kommission/Italien (angeführt in Fn. 45, Randnrn. 26 bis 32).
61 – Ebd. (Randnr. 33).