Mittwoch, 9. April 2014

Studie: Richter signalisieren bei der Auftragsvergabe von Gutachten, welche Ergebnisse sie erwarten

wirtschaftliche Abhängigkeit gefährdet Neutralität 

Jeder vierte Gutachter aus dem medizinischen oder psychologischen Bereich hat in Bayern sogenannte Tendenz-Signale von der Justiz erhalten.

Das bedeutet, Richter geben bei der Auftragsvergabe einen Hinweis, welches Ergebnis erwartet wird.

Bei Psychologen ist der Anteil derer, die "in Einzelfällen" oder "häufig" solche Signale bekommen haben, noch wesentlich höher als bei Medizinern: Fast jeder zweite psychologische Sachverständige hat offenbar solche Erfahrungen gemacht. Das ergibt eine Studie, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Der Sachverständige" im Beck-Verlag Anfang April veröffentlicht werden.

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Beeinflussung von Gutachtern
"Die Strukturen sind teilweise regelrecht mafiös"


Gutachter gelten als die heimlichen Herren des Gerichtsverfahrens. Ihre Befunde sollten deshalb sachlich und unparteiisch ausfallen. Daran weckt eine Studie nun Zweifel: Viele Gutachter seien von den Aufträgen der Gerichte wirtschaftlich abhängig – und jeder Vierte erhalte gelegentlich Signale, welches Ergebnis gewünscht ist. Höchste Zeit für Reformen, meint die Medizinerin Ursula Gresser

LTO: Frau Professorin Gresser, die Studie über das Gutachterwesen ist die Dissertation Ihres Doktoranden Benedikt Jordan. Inzwischen berichten zahlreiche große Medien darüber. Hatten Sie eine solche Resonanz erwartet?

Gresser: Die Resonanz war für uns nicht das Thema, uns ging es um die Ergebnisse – und die hatten wir so tatsächlich nicht erwartet. Jetzt ist uns wichtig, dass darüber diskutiert wird, und deshalb freuen wir uns über das mediale Interesse. Wie die Arbeit der Gutachter so aussieht, ist ja hochgradig relevant, auch vor dem Hintergrund von Verfahren wie denen von Gustl Mollath, Horst Arnold, Ulvi Kulac oder Jörg Kachelmann. Es gibt zum Gutachterwesen und insbesondere zur Frage der gutachterlichen Unabhängigkeit seit Jahrzehnten keine wissenschaftlichen Untersuchungen, wir mussten also Pionierarbeit leisten. Das fing schon damit an, welche Fragen wir in welcher Form in den Fragebogen aufnehmen.
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